Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.12.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-12-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189212263
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18921226
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18921226
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-12
- Tag1892-12-26
- Monat1892-12
- Jahr1892
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.12.1892
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
AbormemenlSprers Hi der Hauptexpedltlo» oder den im Stadt« decirk und den Vororten errichteten Aus- -abtstellen abgetzolt: vierteljährlich»4^0, bei zweimaliger täglicher Zustellung m» Haus -4l 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteliährlich ^4 6.—. Direct» täglich« Rreuzbandsenduag in» Nutlaad: monatlich ^4 0.— Die Morgenausgabe erscheint täglich'/,? llhr, di« Adend-Ansgad« Wochentag» 5 Ühr. LeLarlion und ErprLitiou: A«d«nne»>aste 8. Die Erveditiou ist Wochentags ununterbrochen gedijaet v»n früh 8 bi« ltlbead» 7 Uhr. Filiale»: Ltt« Rte«m » Lertim. (Alfred Hahn>. UaiversilatSl,ratz« 1, LoniS Lösche, »atharioeustr. 14. pari, «r» SönigSvlatz 2. MM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. JnsertionSprei» Die 6 gespaltene Petitzeile L0 Psg? Reclamrn unter dem Redaction-strich (4ge> spalten) 50/4, vor den gamtliennachrichte» (6gejpatt«n) Größere Schriften laut unserem Preis« verzelchoitz. Tabellarischer and ZIfferasatz nach höherem Tarif. Extra-yrilagcn (gesalzt), nur mit de» Morgen-Ausgabe, ohne Postbefördernug ^4 60.—, «>1 Postdesörderuug 70.—. Iinnahmeschluß für Inserate: Abeud-Ausgabe: vormittag» 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag» »Uhr. Sonn- und Festtag» früh '/,8 llhr. V«i den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Inserate sind stet» an di, Eh-ehitin» zu richten. Druck and Verlag von E. Poll in Lelhjlg. «59. Montag- den 26. December 1892. 88. Jahrgang Amtliche Bekanntmachungen. Holzauktion. Sonnabend» den 7. Zaiuiar 1804 sollen von Vormittags 9 Uhr an aus den MitteUvaldschlägen im sogenannten Schanz, Staditz «ud in der Hölle des ÄraSdorser Forstreviers 01 Langhausen und 44 Abrauuiitaiiscn unter den im Termine öjscntlich auehangenden Bedingungen und gegtn die übliche Anzahlung an de» Meistbietenden vertäust werden. Zusammenkunft: Vormittags 9 Uhr im Schanz und ',',12 Uhr in der Hölle bei Seegeritz. Leipzig, am 22. Tecember 1892. Tos NattzS-Aorftdrtzutatio». Steckbriefs-Erledigung. Der am 12. October 1892 hinter dem Soldat Lindiicr l der 3. Compagnie diesscitigen Regiments erlassene Steckbries bat sich durch Aujgretsung des pp. Lindner erledigt. Leipzig, den 24. Decembcr 1892. Königllch Lächsiiches 8. 2„saiiterikRr,iuieut „Prinz Johann tOcor," Nr. 107. I. V. Hiimmitzjch, Obersttieuteuant. Lckunntmalllung. Die ösfentlichen Hrbammcn-Prüsungr» finden Freitag, den SO., und t Nachmittag» ' (»-- / von 3—5 Uhr, Lrier'jchcs In- Sonnabend, drn S1. Tecember dS. IrS im Buoilvrium der Uaivecjuäis.Fraueuluntl stüut — statt. Leipzig, deu 21. Tecember 1892. Dt« Direktion der Ü. Hrbauimrnschnle. Pros. Or. lLnoltul. Nitolai-Gymnajlum. Anmeldungen für dir Ljtcraujua-nur nehme ich am 11, 12. und 13. Januar, Vvrmittng» von '/,11bis'„1 Uhr in meinem Dteustzimmer lKünigsftraße 30, pari.) entgegen. Gleich bei der An- Meldung erbitte ich mir ein« Geburtsurkunde, den Jmpjjchem uns die letzt« Schulceusur. Die nächste Osterceusur ist ipälesiens bl» zum 8. Aprcl uachzuliefern. Die Vorprüfung für Sexta findet Mittwoch, dc»8. März, Vormittag« von 8 Uhr ab. statt. Di« Auinahmrprüsuug sur die übrige« Elasten. Montag, de« 10- Aprtt» ed«n,aü» von 8 Uhr ad. Leipzig. 22. December 1892. vr. Ott» Koemwvl. Politische Lngesschau. * Lcipzig, 25. December. Statt de» uralten heiligen WeihnachtSgrußes „Friede aus Erden" bat das Oberhaupt der katholischen Kirche, Papst Leo XIII., dem EarduialScolleginnl das Herannakcn eines Sturmes verkündet, der das letzte Anzeichen eines allgemeinen Unheils und Unterganges sei. ES ist kaum anzunehinen, daß die bereits mitgetheilte telegraphische kurze Meldung über die Rede deS Papstes den Inkalt correct wiedergebe, denn ver gebens würde man sich sragtzn, woher die Anzeichen des großen Unheils kommen sollen, die Leo Xlll. wabrgenommen haben will. Für den durch den Panamascandal in seinem „ge liebten Frankreich" herbeigesührten „moralischen Krach" kann doch nicht die ganze christliche Well verantwortlich gemacht werden. Andererseits kann ein Sturm des Unheils durch Frankreich nicht entfacht werden, wenigstens kein Sturm, den Leo XIII. zu beklagen hätte. Seil 1793 ist Europa nickt allein um hundert Jahre älter geworden, sondern in seiner Milte ist auch eine Macht erstanden, an der die Stürme au- dem Westen und Osten sich brechen müsse». DaS Selbstvertrauen ist bei dieser Macht auch mit Kraft gepaart, und so dankbar wir daher auch für den Antdeil an dem Segen sink, den der Papst angesichts der drohenden Gefahren auf die ganze Welt derabflcht, fv wenig lasten wir Deutsche uns durch die vorhergegangene düstere Prophezeiung schrecken. Nach einer anderen Meldung aus Nom soll der Papst auch beabsichiigen, die Initiative zn ergreifen, um eine internationale Abrüstuugsconjerenz zu Slante zu dringen. Ter Plan wäre jedenfalls des Oberhauptes der katholischen Kirche würdig. Als ein seltsames Zusammentreffen muß es bezeichn« werde», daß außer dem Papste noch Jemand den „Anfang vom Ende" verkündet, nämlich der publi- cislische Prophet der deutschen Socialtemokratie, Herr Liebknecht, in dem bekannten socialistischcu Eentralvrgan „Vorwärts". In einem „Der Anfang vom Ende" über- sckriebenen Artikel beißt cs nämlich: „Und nun kracht es, bricht eS hier, da. dort, überall, und die ganze Herrlichkeit löst sich vor unseren Augen auf — und sinkt herab in die hungrige, gurgelnde Schlammslu tl>." Ja, diese „Schlammflnth!" Wer wüßte nicht, daß sich in dieser die großen focialdemokratischen Weltverbesserer am woklsten fühlen würden. Einstweilen sind wir noch nicht so weit; vielmehr trägt die deutsche Nation die Kraft in sich, den verheerenden Fliitbc« einen undurchdringlichen Damm entgcgcnstellen zu können. Leider sind bisher noch äußerst geringe oder gar keine Anzeichen hervorgelrrten, daß die leitenden Männer der Reichsregierung in der Militairsrage irgend welche Zugeständnisse von Erheblichkeit zu machen geneigt sind, um einer Verständigung die Wege zn ebnen. Glcickwobl möchten wir dies nach unS zuaegangenen zuverlässigen Mittbeilungen noch keineswegs für ganz ausgeschloffen halten. Diejenige Grenze allerdings, bis zu welcher, die Zustimmung einer bedeulenden ReichStagSmehrheit bis jetzt gesichert wäre — Gewäbrung der zweijährigen Dienstzeit unler Innehatlung der jetzigen Präsenzstärke —, wird als Boden einer Verständigung von der Regierung niemals an erkannt werden; da würde sie lieber dem jetzigen Zustand den Vorzug geben, da sie in diesem Fall nicht glaubt, die Ziele der Reform auch nur annähernd erreiche» zu können, wohl aber fürchtet, ohne Ersatz die möglicherweise immerhin bedenklichen Folgen einer abgekürzten Dienstzeit tragen zu müssen. Zwischen der unverminderten Präsenz und den Forderungen der Regierung liegt aber noch «in weiter Spielraum, und e- er- schint nicht «»»-«schloffen, d«ß di» Regierung «in gute« Stück entaegenkommt, wenn sie sich überzeugt, daß sie mit ihren Vorschlägen in vollem Umfang nickt durckdringen kann, ebenso wie der Reichstag, wenn er erkennt, daß eine gefähr liche Krisis anders nicht zu vermeiden ist. Die Entscheidungen werden jetzt bald berankommen; wir haben den woblbcgrün- dcten Eindruck, daß man an allen denjenigen Stellen, von denen sie in erster Linie anszugeben haben, die folgenschwere Bedeutung der letzten Entschließungen sich noch einmal sehr ernstlich klar machen wird. Wahrscheinlich durch die Ungewißheit veranlaßt, die ncch über das Schicksal der Militairvorlage herrscht, bat ein Herr Waldteufel aus Straßburg an den Kaiser eine Tcnk- schrifl gerichtet, die sich mit der Rückgabe von Elsaß- Lothringen an Frankreich beschäftigt. Der Verfasser will ich aus Grundlage eines Briefwechsels mit dem Abg. Bebel von der Obnmachl der deutschen Socialistc» überzeugt haben, und da diese die einzige Partei in Deutschland seien, bei denen französische Wünsckc noch Gehör finden könnten, so Wendel er sich nun, da c« mit lenen nichts ist, an den deutschen Kaiser selbst, sucht nachzuweisen, daß eS ein grober geschichtlicher Irrthum sei, Elsaß-Lothringen als alte Bestandtbeile Deutschlands gelten zu lasten, und sucht den Kaiser für die Idee eines LoskanseS des RcichslandcS gegen Gcldcswcrtb zu gewinnen. Ueberraschen kann diese oder nickt, cs sink noch tollere in den Köpfen clsässischer FranzöSlinge aus- gcstiegen. Wunderlich erscheint nur, daß einzelne deutsche Blätter die Narrbeiten dieses sonderbaren Heiligen mil einem gewissen Wohlwollen behandeln, weil sie in seinen Vorschlägen einen Fortschritt gegen früher und eine mittel bare Anerkennung unseres Rechts aus die Ncichslaiide zu finden meinen. Wir denken, der jür einen Deutschen einzig correcle und richtige Standpunct wäre der, die Ansicht der Franzosen über unser Recht auf Elsaß- Lothringen als vollkommen aleichgiltig zu behandeln und Das, was die Herren jenseils der Vogeicn in diesem Punetc dcnlen und wünsche», als gulmtilS usgligeahlo zu betrachten. Ti« Ekre langer Auszüge und Erörterungen verdienen solche französische Stilübuugcn ganz gewcß nicht, am allerwenigsten jetzt, wo Frankreich erst Len Kvpj wicdcrsinden muß, den es verloren hat. Je mehr es den Anschein gewinnt, als sei auch der Prä sident der Republik wenigstens Mitwisser der unerhörten Diebereien gewesen, die dcr Panania-Skandal ansLickt bringt, uni so eifriger siebt sich bereits sic Pariser Presse »ach einem Heiser in der Noch um, der die Zügel der Regierung crgpeifcn kann, weil sie Earnot'S Hände» einsinke». DaS „Petit-Journal", das verbreitetste Blatt in Paris, bezeichnet den Panama Skandal als daS Ente der Republik, da alle geistig hervor ragenden Republikaner ihre politische Rolle auSgespiell hätte» ; es stellt fest, daß die Aussichten des Prinzen Victor Napoleon täglich steigen. Der „Figaro" veröffentlicht eine Sludic über die Prätendenten, die wie hungrige Geier aus den Moment warten, wo das verendende Wild fallen wird. „Die Re publikaner haben aus der französischen Revolution eine Pastete, und aus der Republik einen Freßnaps gemacht!" rusl er auS, um den Schrei nack einer Aenderung zu begründen. Gleichzeitig warnt er jedoch vor Uebereilunge», weil sonst die Aenderung nicht von Dauer sein könnte. Der OrleanismuS spricht nur zum Verstände, nicht zum Herzen der Nation. DaS Kaiserreich ist nichts als eine Zuflucht, die erbliche Monarchie ist seit lvO Jahren todt; so urtheilt daS Blatt über die Dinge, und kaum minder hoffnungsvoll klingt es, wenn eS von den Personen heißt: „Der Graf von Paris ist unpopulär und Prinz Victor Napoleon ist, wa« man in der Algebra eine unbekannte Größe nennt. . . . Dennoch ist er in jeder Beziehung des großen Namens würdig, den er trägt, und man behauptet, daß er seinen Ehrgeiz nach der Größe diese- Namens bcmißt. Sollte eS ihm bestimmt sein, den Thron der Napoleons wieder aufzurichten?" Der „Figaro" glaubt eS nicht und schließt seine Betrachtungen mit nach stehendem, sehr bemerkcnswerlhcm Programm: „Die für die Demokratie passendste Regierungssorm scheint mir he.it» die Consular-Repudlik zu sein, wie sic »ns Bonaparle in einem unvergeßliche» Typus vermacht bat. Gin populäres Staatsoberhaupt, vom Volke selbst ernannt und von diesem mit ge nügenden Vollmachten versehe», um in allen Tinge» und überall den bestimmten Willen und die unmittelbaren Interessen des Landes »ur Geltung zu bringen, ein solid begründeter Staatsralh zur er sprießlichen und sicheren Ausarbeitung der Gesetze, ein Parlament, in seiner Macht so balancirt, da» es immer eine Controle und kein Hemmnitz bilde: das wäre ersorderlich, um eine möglichst voll- kommen« Regierung zu bilden." Im Parlamentarismus, wie er jetzt herrscht, machen nur rücksichtslose Leute von Talent ihren Weg, so klagt das Blatt weiter; dir Heldenthatcn dieser Leute hätte das Land mit Skandal und Ruin zu bezahlen. Tie Dictatur sei nolb- wcndig. „Freilich ist eS für ein Volk, das daö Alter der Vernunft erreicht hat, eine wahrbajl traurige Lage, daß cs sich gezwungen sieht, eine solche Vormundschasl zu fordern, aber die Schuld trifft Jene, die eS in diese Be- drängniß gebracht haben. Es giebl keine schlimmere Sklaverei als in Oligarchien, namentlich da, wo die Herrschenden die Gelüste und Leidenschaften der Neger haben . . . Tie Dictatur würde uns wenigstens die Freiheiten wiedcr- aeben, die in den Augen ehrenhaster Männer einigen Werth haben. Und daher kommt eö, daß aus jeder Brust derselbe sehnsüchtige und hoffnungsvolle Sckrci nach dem un bekannten Befreier aussteigt." Das ist gewiß Alle« sehr wahr; aber der „Figaro", der zu seinem Tbcile zur allgemeinen Corruption ehrlich mitgeholfcn bat, scheint zu vergesse», daß nicht die Institutionen allein, sondern auch die Menschen, die sich ihrer bedienen, die öffentlichen Zustände eines Lande- zu Dem machen, was sic sind. Gegen dir Institutionen und zugleich gegen die Menschen, die sich ibrcr bis jetzt bedienten, erhebe» natürlich die Socialdemokraten ihre Stimme. In den Arbeitervierteln von Paris sind massenhaft Mauer anschläge verbreitet, worin eS heißt: „Arbeiter! Die Reaction, die nie etwas Andere« war al- eine Partei de» Diebstahl» und der Bestechung, beutet die Verbrechen dcr rcpubtikanijchen Bourgeoisie au«, di« Ihr trotz unserer Mah- nungen seit zwanzig Jahren an der Gewalt erhaltet. Arbeiter, seg» Kläger und Angeklagte tn die Seine; sie sind Mit schuldig« an denselben Uebelthatrn, an der Ausbeutung der Arlektrr zur Stillung ihrer Begierden. Eure Stunde ist gekommen. Sine einzige Partei gehl rein aus all diesen Schändlichkeiten hervor, die der focialinisch-revoluijonairen Arbeiter. Nieder mit der Vom- gepisst, Platz der Arbeit!" Einem nach der Dictatur strebenden General würde es Wohl am willkommensten sein, weil ihm ein social- revolutionairer Putsch Gelegenheit gäbe, die „Gesellschaft zu retten". In einzelnen Gegenden Rußlands ist auch in diesem Iabre der Notksiand wieder sehr grcß, so z. B. im Gouvernement Tula. AuS de», Kreise Bogoroditzk schreibt Gras Bobrinski, daß da« Elend gar »och größer sei al« im vorigen Iabre. Geerntet wurde absolut nichts: weder Roggen, »och Hafer, noch Heu, selbst die Malve, dcr Ersatz für Brod, sei vollständig mißratben. Brennholz und Stroh fehlen gänzlich; man reißt die Dächer ab. um die Stuben zn beizen, man zerschlägt die Karren und verbrennt sie. und wirst die Holzgcrälbe in den Ösen. Zudem Wülsten in der (stegend Typhus und epidemische Kintcrkrankbeilen. DaS Dartcstcn der Regierung, 3N Pfund Brvd monatlich pro Kopf, »ach Ausschuß dcr Kinder unter drei Iabre» und der arbeitsfähige» Bevölkerung, reicht bei Weitei» nickl ans, namcnilich da Tausende des ländlichen und städtischen Prolctarials biuzukeinmen, die gleichfalls Brob ver langen. Die Baueriidültcn weisen überall ein Bild jammer vollen Verfalls ans: da die Dächer fort sind »nd nur ein Notstdack die Insassen vor der llnbill des Winters schützt, träufelt überall dcr anstbauente Schnee durch; da cs an Heizmaterial mangelt, sind die Wände mit Schimmel bedeckt, der Boden, durchnäß! und durchweicht, ist förmlich ein Sumpf, und in diesen Hütten liegen oft süns, sechs Per- sene», Männer, Frauen, Kinder, dickt zusammengedräugt aus dem laugen russischen Dhcm, Alle >m Typhus, vstue Pflege, ebne jegliche Nastrung ... mit dem laugen, kalten russischen Winter vor Augen! Immerhi» werden der russi schen Regierung nech einige Rubel übrig bleiben, um in Frankreich einem „Retter" unter die Arme ;« greifen, der im eigene» Lande nicht mehr genug zu „leihen" findet, um mit klingender Münze die Säulen der Republik und mil Kanonen die Anarchisten zu bekämpfen. Deutsches Reich. L Berlin, 25. Decembcr. Die Beschlüsse der am 27. November in Heidelberg abgrbaltencn Dele- girtenversamm lung der Nalionalliberalen aus Sttdwcslkeutschland, die zunächst gckeim gehalten werden sollten, dringen allmälig in die Oefscntlickkeit, niitunler aber in lückenbasker und nicht ganz corrccler Form. So wird jetzt wieder eine Mitiheilung au» der Besprechung derMilikair- vortage in jener Versammlung veröffentlicht und eS werden daran in der Presse allerlei mehr oder minder zntreffeudc Bemerkungen geknüpft. Vollständig und richtig ist das Erzcbuiß der Besprechung jener Versammlung über die Militairvorlage dahin zusaniiiienzusasten: Es wnrde allseitig anerkannt, daß die Versamnilung der schwierigen Lage Rechnung trage» müsse, in welcher I ie in die Verhandlung bereits emgetrelcne nalioiiallll'erale ReichStagSfraclion sich befinde. Eine grund sätzliche Ablehnung dieser wichtigen Vorlage wurde einmüikiq als mit den guten Traditionen der Partei im Widerspruch stehend erklärt. Ebenso bestimmt aber erwartete die Versammlung eine sorgfältige Prüfung der Vorlage, daS Ausscheiden des lleberslüssigen von dem Nothwcnkigcii. Kür die endlicke Erreichung der zweijährige» Dienstzeit sollte» die erforderlichen Opfer, so schwer sie auch sein mögen, ge bracht werden, dagegen sollte auch bei Prüfung der finanzielle» Vorlagen nicht außer Acht gelassen werde», daß die gegen wärtigen Zeilverhällniste nicht dazu angethan sind, den Steuerpflichtigen weitere als absolut nelhwendige Laste» ausznerlegcn. Dabei wurde von allen Seilen aufs Entschiedenste verlangt, daß die Volksvertretung den gegen wärtigen Staub der Sache benütze, um auch ihren auf das Militairwescn gerichteten, langjäbrigen und berechtigten Wünschen endliche Erfüllung, unk zwar nickt blos in Worlen, sondern i» Thaten zn verschaffen. Es sind dies die be kannten Forderungen, welche abzielen auf eine Reform: a. der Militairstrasproceßordnung, d des Beschwerderechts, e. der Verordnungen über den Gebrauch der Schußwaffen seitens der Wachposten. * Berlin, 25. Tecember. Zum Fall Löwe-Boulangcr erkält der „Hambg. Eorr." aus Berlin „aus Grund zuver lässiger Information" die Nachricht, daß die Firma L- Löwe L Ev. von ihre» lliilerhandlnngcn mit dem französischen Kricgüininister der deutschen Regierung keine Kenntniß gegeben hal, weil es sich damals nur um geschäftliche Präli minarien gehandelt habe. Der Gewährsmann de- genannten BlattcS schreibt dazu: „Es enlipnchl dies durchaus der Gepflogenheit, welche die Firma in früheren ähnlichen Fällen stets befolgt hat. Es handclle sich vorläufig nur um geschäftliche Präliminarien, um Boutanger den Gedanken nah, zn legen, auch nach Berlin eine Comiiiiisio» Mliltairijcher Fachkuic zu senden, wie ein« solche nach Amerika gehen sollte. Ebcnfo selbstverständlich aber ist es, daß, wenn dcr französische ttriegsminisler «ine solche Eommijsion hierher ent- san-k haue, dies zur Kenntnis der deutschen Regierung ge ko in inen wäre und daß dies« in der Zeit zwischen dein Koniincn der Commission und dem etwaigen Abschluß deS Lst seriingsvertragc-, wie in vielen früheren Fällen, reichlich Ge- legcnheit gehabt hätte, zu erklären, daß eine Lieferung von Maschinen zur Herstellung von Waffen »ach Frankreich uncnvüntch» erscheine. Wir glauben versichern zu können, daß die Firma Löwe L Co. sich stets vorher der Zustimmung der deutschen Regierung bei bevorstehenden Lieserungen nach dem Ausland versichert hat und daß sie von dieser Zustimmung den endgiltigen Abschluß de» Lieserungsvertrages abhängig machte. Auch sollte nicht übersehen werden, wenn man den vorliegenden Fall in Beziehung aus seine polnische Tragweite gerecht würdigen will, daß et sich nicht um directes Kriegs material. sondern um Maschinen zur Anfertigung von Waffen, mithin »ur um eiue mittelbare Wassenerzeugung handelte. Für die Anfertigung solcher Maschinen hätte die Firma vielleicht zweier Jahre, wie s. Zt. bei der Ausführung eines gleichen Auftrags seitens der belgischen Regierung, bedurft. Vielleicht sind in diesem Sinne auch Cisenbahnschiene» oder Waggons zu dem Kriegsmaterial zu rechnen: aber will man nicht so weit gehen, den Begriff Kriegsmaterial über Gebühr zu erwei tern, so darf doch daS nicht zweifelhaft sein, daß Torpedoboote lediglich für den »triegsgebrauch bestimmt sind. Und doch wird es als selbstverständlich bewachtet, daß unsere großen Privatwersten von fremden Regierungen Aufträge entgegcnnehmen. Noch bei seiner letzten Anweienheit in Clbing bat unser Kaiser ein Torpedo boot, so weit uns in dcr Erinnerung ist, besichtigt, daS Tag- vorher für die russische Regierung abgenommen worden war. Bei dieser Geschäftslage der deutschen Grotzinduswie, die, will sie existenz fähig bleiben, sich nicht aut daS Inland beschränken kann, erscheint es geradezu bedauerlich, und wird sich in Zukunft zweifellos schwer rachen, daß jetzt nicht die Großindustriellen ihren Standpunct gegen über den Anfeindungen gegen die Firmen Löwe L Co. und Krupp klar und deutlich dahin pracisirt haben, daß man den Absatz der deutschen Jnduftrieproducte nicht nur nicht hemmen, sonder» nach Möglichkeit ausdehnen müsse. Die dcntsche Großindustrie hatte sich Dank den gerade auf technischem Gebiete in den letzten Jabrzehnten in Deutsch- tand errungenen Fortschritten «rsreulichcrweise jo gehoben, daß in den letzten 20 Jahre» für mehrere hundert Millionen Mark an Auf trägen nach dem Auslände ausgcsiihrt worden sind. Durch diese Crtolge ist zwar ein höchst erbitterter Wettkampf zwischen dcr deut schen, englischen, französiichcii und belgischen Industrie ausgcbrochen, der >cdoä, für unsere dkntsche Industrie keineswegs aussichtslos ge wesen wäre. Wenn dieser Kampf jetzt zu Ungunsten der deutschen Industrie ausgehcn sollte, so wird man einen nicht geringen Theil derSchuld hieran den gegenwärtigen Discredittrungen derselben gegenüber dem Auslande beimesjen dürfen." Wie man siebt, ist der Berliner Gewährsmann deS „Hamburger Eorr." der Firma Löwe L Eo. durchaus wohl wollend gesinnt. Um so mehr bat seine Behauptung, die tciltjchc Negierung habe von den Verhandlungen der Firma Löwe mit dem General Boulangcr nichts gewußt, Anspruch aus Glaubwürdigkeit. Das Gegcnlheil hiervon war bekannt lich in der uns „von besonderer Seite" zugeaangcnen Mit- tticilnng, die wir am Donnerstag in dcr Morgennummcr unseres Blattes veröffentlichten, versichert Worten. Indessen — das letzte Wort in dieser Angelegenheit kann nur die Regierung selbst sprechen; daß sic es spreche» will und wird, ist mit Sicherheit zu erwarten, da, wie wir schon meldeten, auch der neue Fall Löwe im Reichstage erörtert werden soll. — Gestern Bormilkaa einpsing der Kaiser den Ehcf des Gcneralstabes dcr Armee, General-Lieutenant Grafen v. Schliessen II. Mittag« hatte der Kaiser eine Unter redung mit dem Ministerpräsidenten Grasen zu Eulen- burg. Der Weihnachtsabend wird in der Kaiscrsamilie im neuen PaltziS bei Poladam in dcr herkömmliche» Weise gefeiert werden. — Der Kaiser bat bestimmt, daß die Commandantur Tonderburg —Düppel in Folge Eingehens der Festung Svndcrburg auszulösen ist. — Tie „Kol. Ztg." hatte aus Kiel gemeldet, eS siebe nunmehr scsi, daß der Kronprinz das dortige Gvmnasium besuchen werbe; der Kaiser habe als künftige Residenz für den Kronprinzen daS Besitzlhum Korsteck gekauft. Der „Nord- ostsee-Zeitung" wurde aus ihre Anfrage an zuständiger Stelle erklärt, daß dort von dem oben Milgethcitten nichts bekannt sei. — Eine CabinctSordre vom 12. November d. I. be stimmt, daß die Vorschrift des ß. 33 der Militair-Kirchen- ordiiung vom 12. Februar 1832, nach welcher die evan gelischen Militairpfarrer zu ihrer Verbciralhung die Erlanbniß bei dem ihnen Vorgesetzten Consistorium nach zusuchen baden, in Wegfall kommt. — Der Präsident des kaiserlichen Patentamtes v. Könen und der Präsident des ReichsversichcrungSaniteS Bödiker lind zu wirklichen Geheimen Ober-NegierungSräthen mit dem Range der Räthe erster Elast«, der bisherige ReichSbank- dircctor Gallenkamp zum Vicepräsiventen des Reichsbank» birecloriumS ernannt worden. — Unmittelbar vor dem Jahresschlüsse bat sich ein Per sonenwechsel in den BerusSconsulaten vollzogen, wie er in solchem Umfange seit einer Reibe von Jahren nicht vor gekommen ist. Da« nach der Verabschiedung de- General- consulS Ilr. Reitz offene Eonsulat Tunis wurde dem Consul v. Bary in Basel verliehen, der Eonsul in Montevideo < Uruguay) A. Schass er wurde nach Kiew versetzt und sein Nachfolger am La Plata wurde dcr Eonsul Marheinecke vom Generalconsulat New-4)ork. Für den abberufenen Vicc- consut Kiliani wurde Freiherr v. Brück aus Nizza, jetzt mit der Verwaltung des GencralconsulateS Warschau betraut, zum Eonsut in Kowno ernannt. Danach ist anzunehmen, daß nun mehr der Legalionsralh Frhr. v. Wangenheim bald nach Warschau übersiedell und somit der Personenwechsel in Sofia eintritt, wvbin lw. v. VviglS-Rbctz, bisher in Valparaiso lviiinit. Nach Ehile ist der Vice-Consul von Shanghai, v. Loehr II., berufen Das Eonsulat in Kairo ist wieder besetzt durch den Bice-Eonsul v. Loehr I., der seit Anfang dieses IabreS da« Eonsulat Varna verwaltet. Dem bis herigen Inhaber dieses Postens, Becker, wurde das Con- sulat Havre verliehen und Eonsul v. Faber du Faure von letzterem Orte nach Paris versetzt; der dortige Consul Martens, der sich seit Errichtung eines Berussconsulates in der französischen Hauptstadt daselbst befand, wurde nach Alexandrien versetzt für den zum Vortragenden Rath im Auswärtigen Amte ernannte» Wirklichen LegationSrath Hellwig. Der Generalconsul Bartel« in Moskau ist nach Marseille versetzt und zu seinem Nachfolger in Moskau der bisherige Viccconsul und Hafenconsul in London, Freiherr v. Humboldt-Dachrorden, ernannt. Auf diesen Londoner Posten ist der Biceconsul v. Jecklin von Kopenhagen be rufen. Mit Len erwähnten Ernennungen sind zwar mehrere offene Consulate wieder besetzt; aber andere werden dadurch frei, nämlich Nizza, das jetzt vom Vicccvnsulat zum Con- snlat erhoben werden soll, serner Basel, Varna und die ConsulatSstelle im Gcneral-Consulate zu New-Jork. Bon Len bisher mit der Verwaltung von Consulaten betrauten VerwaltungSbeamten erscheinen drei zunächst in dem amt lichen Verzeichnisse nicht mehr, nämlich der Consul in Kiew Frhr. v. Redwitz, der Biceconsul Kiliani, seit etwa vier Jahren in Kowno, und der Assessor v. Hartbausen, seit einem halben Jahre in Marseille; ihre weitere Verwendung scheint für die nächste Zeit Vorbehalten. Wenn man diesen Personen wechsel übersieht und mit früheren ähnlichen Aenderunara vergleicht, so ist. wi« di« „Neue Preuß. Ztg." hervorhebt, manches schwer Erklärliche darin. Zuweilen kommt «D
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite