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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.12.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-12-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18921229027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892122902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892122902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-12
- Tag1892-12-29
- Monat1892-12
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Die CentrumSpartei hat schon wieder den Antrag auf Aufhebung des Icsuitcngesetzes gestellt. Dieser Antrag ist eine erneute Herausforderung des deutschen BolkeS und seiner Regierungen, die erneut eine gebührende Antwort erheischt. Vor kaum zwei Jahren eingebracht, wurde er vom Centrum wieder zurückgezogen, nachdem vielfach Proteste gegen ihn eingegangen waren. Jetzt wird er angesichts der Militairvorlage wieder eingebrachl, um durch ihn einen Druck auf die Reichsregierungen zu üben, indem man ihn als ein Tausch ob zect in die Waagschale wirst. Die gegenwärtigen politischen Verhältnisse unseres Vaterlandes machen jedem reichstrcuen Patrioten eine entschiedene Stellung hierzu doppelt und erneut zur Pflicht, denn die hier vor zwei Jahren gegen den da maligen CcntrnmSantrag schnell aufgebrachten circa 19 900 Stimmen baden heule keine Geltung mehr. Eine möglichste Erhöhung dieser. Zahl ist aber er- trforderlich, um jesuitischen Mißdeutungen vorzubeugen. Darum bitten wir alle unsere Mitbürger ohne Unterschied der Confessio», als friedliebende Patrioten, in Treue zu unserem erhabenen Kaiser und dem Reich, in Verehrung unseres gottbegnadeten Königs und in Liebe zu deutscher Eultur und deutschem Familienleben, einen von uns aufgesetzten Protest gegen den Antrag auf die Wiederzulaffung der Jesuiten in das geliebte deutsche Vaterland mit uns zu unterschreiben." Der an den Reichstag zu sendende Protest selbst hat fol genden Wortlaut: „Die CentrumSpartei hat im Reichstage ausS neue den Antrag auf Aufhebung des Jesuitengesetzes vom 4. Juli 1872 eingebracht. Wir Unterzeichneten national gesinnten Einwobner der Haupt- und Residenzstadt Dresden und ihrer Um gebung erblicken in diesem Anträge nach wie vor eine Herausforderung des deutschen Volkes und seiner ver bündeten Regierungen. Wir wollen mit unfern katholischen Brüdern „ein einig Volk" in Frieden leben, sind aber überzeugt, daß durch die Rückkehr der Jesuiten und der ihnen ver wandten Orden ins deutsche Reich der consessionclle Friede in unserem Vaterlande in verderbenbringenden Haß und Kamps verwandelt, die bürgerliche Freiheit, sowie die deS Glaubens und Gewissens schwer beeinträch tigt und unsere ganze auf dem Boden der Reformation erwachsene deutsche Cultur arg gefährdet werden würde. Wir begründen diese unsere Ueberzeugung mit dem inweis auf das Wesen, die Lehren, die Moral, die iele und die Geschichte des Jesuitenordens. Dieser verfolgt mit Zähigkeit, List, Gewalt und Verhetzung den ausgesprochenen Zweck, nicht nur den Protestantismus zu vernichten, sondern die katholische Kirche selbst, die staatliche Obrig keit und die gcsammte Bevölkerung von ihm ab hängig und ihm dienstbar zu machen. Zum Beweise hierfür berufen wir uns auf die offenkundigen, nicht wegzuleugncnden, maßgebenden Lehren und Aussprüche jesuitischer Autoritäten selbst. Tie Thatsacke, daß der Jesuitenorden seit seinem Bestehen 24 Mal aus katholischen und 6 Mal aus protestantischen Staaten ausgcwiesen, vom Papste Elemens XIV. „für ewige Zeiten" aufgeboben wurde, sowie die Folgen seiner gegenwärtigen Wirksamkeit in katholischen Ländern, kennzeichnen zur Genüge seine überall, und von der katholischen Kirche selbst, anerkannte Gemein- gefäbrlichkeit. Die Wunden, welche die Jesuiten in den von ihnen errungenen und erschlichenen einflußreichen Stellungen während ihres WirkenS unscrm Vaterlande geschlagen, sind noch nicht völlig vernarbt und würden in der empfindlichsten Schärfe wieder aufbrechen, wenn den Unter- wüblungen der valerlandslosen Jünger Loyolas der deutsche Bode» wieder preisgegeben würde, welcher im Laufe der Zeiten „eine feste Burg" der Glaubens- und Gewissensfreiheit geworden, und auf welchem stehend „wir Deutsche Gott fürchten und sonst Nichts auf der Welt". Zwar stänke die Zulassung des Jesuitenordens ins deutsche Reich in offenem Widerspruche mit unserer sächsischen Staatsvcrfassuna. Dennoch würde durch die Aushebung des deutschen JesuitcngesctzeS auch für Sachsen die Gefahr entstehen, daß durch Bestrebungen zu Gunsten der Jesuiten der gerade hier bisher so sorgfältig be hütete und glücklich bewahrte confcssionelle Friede einer heftigen, in ihren Folgen gar nicht zu ermessenden Stö rung ausgesetzl sein würbe. Sagt doch Papst Elemens XIV. in oer Bulle vom 2l. Juli 1773 selbst: „Es ist kaum oder gar nicht möglich, daß, so lange die Gesellschaft Jesu besteht, der wahre und dauernde Friede der Kirche wieder hergestellt werden kann." Haben wir auch das Vertrauen zu den Reichsregie rungen, sie werden bei ihrer ablehnenden Haltung gegen die Zulassung der Jesuiten beharren, so fühlen wir »ns doch in unserm Gewissen gedrungen, den hohen gesetzgebenden Gewalten auss Neue zu zeigen, wie das deutsche Volk sich auch beute noch zu dem wiederholten Anträge des Eentrums stellt. Aus allen diesen Gründen erheben wir Protest gegen den Antrag, die Aufhebung des Jesuitengesetzes vom 4. Juli 1872 betreffend, unv bitten einen hoben Reichstag, alle auf Aushebung dieses Gesetzes abzielenden Anträge abzuleynen." Das Comitv, das den Protest entworfen und unterzeichnet hat, besteht aus folgenden Herren: Generalmajor z. D. v. Kusscrow, erwählter Vorsitzender. Schul- dcrector Altner. Pastor Vr. Npielsledt Genbnitz). Stadtverordneter Bernh. Behrens. Rector Pros. De. Benser. Rector Pros. ltr. Bernhard. Kaufmann Blank. Major a. D. v. Blücher. Bürger meister Bönisch. Ingenieur BuschkiehlsNiedersedlitz) Bergwerks- directvr Dannenberg (Hänichen). Eonrcctor Pros. 4>r. Ticsiel. Commissionsrath Fo erst er. Rechtsanwalt Or. G v lisch ald. Sladt- raty Grabowski. Conrector Harick. Buchhändler Heinze. Bildhauer Prof. Hultzsch. Rittergutsbesitzer Huslig. Pvsicassirer klink. Stiftsprcdigcr Koall. Schuldirector H. Kreisch mar. l>r. moct. Krug. Rechtsanwalt ttr. Lehmann. Buchdruckerei- besitzer O. Lehman». Consul G. H. Luder. Commerzienrath l»r. Lubvldt. Oberlehrer 1>r. Maaß. ltr. weck. Mathb. Schul director Meyer. Amtsrichter M. Menz. Itr. meck. Moßdorf. Fabrikbesitzer A. Müller. Apotheker Müller. Archidiakonus ltr. Neubert. Pastor Nicolai. Rechtsanwalt Lehme. Schul director Pawlikowski. Reiitier Penzig. Rechtsanwalt Pseil- schmidt. Redacteur E. Roeder. Oberlehrer I»r. Scharfer. Kirchenrath Schmalz (Blasewitz). Stadtverordneter Landgerichtsrath Schmidt. Major a. T. Schmackenburg. Gemeindevorstand Schneider <Laubegast). Lberstlieutenant a. T. Scholl. Fabrik besitzer Seume. Pastor en>. Sierk. Itr. mcck. Spitzner. Pastor 1)r. Sturm. Rentier C. Tbuinb. Fabrikbesitzer A. Türpc. Rector Prof. l>r Vogel. Or. pstil. P. Vogel. Stadtrath C. Weigandt. Fabrikdircctor ltr. Wilkens. Generalmajor z. D. Wischer. Möchten in allen deutschen Gauen sich Männer finden, die zu ähnlichen Kundgebungen auffordrrn und dadurch der Möglichkeit vorbaue», kaß Deutschland die Sicherung seiner Grenzen erkaufen muß mit ihrer Ocssnung für die vatcr- landslosc» Todfeinde oer Glaubens- und Gewissensjreiheit und unsrer auf dem Boden der Reformation erwachsenen Eultur! politische Tagesschau. * Leipzig, 29. December. Die Wcibnachtsansprache des Papstes an das Cardinals- collegium, über die der Telegraph schon eine kurze, von uns bereits besprochene Inhaltsangabe vcrbercitet bat, liegt jetzt im Wortlaute vor. ES ergiebt sich auS diesem, daß wir Leo XIII. Unrecht gethan haben, als wir annahmen, er habe die Protestanten als eine schädliche oder übelgesinnte Sccte verdammt. Bon der protestantischen Kirche hat er diesmal nicht gesprochen, sondern sich wieder einmal mit den Frei maurern beschäftigt, die er als die Wurzel aller Nebel zu betrachten scheint. Er sagte über sie: „Die Pflicht Unseres Amtes und aufrichtige Vaterlandsliebe be wegen Uns neuerdings, in besonderer Weise Unser Augenmerk auf die moralischen Zustände unserer Halbinsel zu richten, wo unter der »och rauchenden Asche der politischen Veränderungen sür die Seelen Verderben bringende Pläne geschmiedet werden und zwar besonders durch die Thäligkeit einer übelgesinnten Secte, welche keine wahre Freundin des Volkes ist und es nie sein wird, da sie die Feindin Gottes ist. Wir unternahmen es schon früher, die finsteren Ziele und die hinterlistigen Kunflgrifse der srei- maurerischenGesellschastenzu e» lhüllen; nichtsdestoweniger aber Huben Wir es sür gut befunden, in derselben Angelegenheit noch in Len letzten Tage» die Stimme zu erheben, in Anbetracht, daß die schuldige Seele jetzt freie Bahn bat, die Geister und Herzen zu verderben, und ebenso bartnäckig und halsstarrig ist, wie der Geist des Bösen, der sie erzeugt hat. Dieselbe würde gar nicht so verhüngnißvoll werden, wen» sie nur aus die eigene» Kräfte angewiesen wäre; sie findet aber in den regierende» Kreisen nur zu sehr Begünstigung und Unterstützung zum großen Unglücke sür eine Ratio», die nicht nur getauft, sondern von dem gütigen Gott vor allen anderen bevorzugt ist. Möge man diese Nation, welche Unserem Herzen doppelt thcuer ist, zur Wohlsabrt und zur Größe anleilcn, möge man sie nach Gutdünken dazu anspornen, gleichen Schritt mit den eivilisirrestcn Völkern einem vernünftigen bürgerlichen Fortschritt entgegen z» schreiten, aber ihren Glauben und die Ein- eichtiingen, welche sie beleben, darf man nicht antasten; diese heilige Erbschaft darf man nicht an eine Secte ausliesern, welche die Rechte Christi des Erlösers profanirt. Und das um so weniger, da der erbarmungslose Krieg, den diese gegen die geistige Ordnung führt, in logischer Folge auch die Grundlagen der bürgerlichen Ordnung erschüttern nnd bloßlcgen muß. Tenn cs wäre ein ver gebliches Bemühe», zu leugnen, daß die sreimaurcrischcn Lehren und Einflüsse, welche jede» religiöse» Zügel beseitigen, den maßlosen neuerungSsllchtlgen Bestrebungen des Volkes großen Vorschub leisten. . . Da der Freimaurerbund kein politischer ist, so läge für die deutsche Presse kein Anlaß vor, mit dieser päpstlichen Verdammung sich zu beschäftigen, wenn nicht betannl wäre, daß sowohl Kaiser Wilhelm I., als auch sein Sohn, der große Dulder Kaiser Friedrich, Protektoren und treue Mitglieder des Bundes waren nnd daß dieser in Italien im Wesentlichen ans der selben Grundlage beruht, wie in Deutschland. Scho» das genügt, um cs als eine Pflicht der gesammten deutschen Presse erscheinen zu lassen, gegen da- päpstliche VerdammungS- urthcil energischen Protest einzulcgen. Ein Bund, dem die beiden erbotenen Häupter des deutschen Reiches als Mit glieder und Schützer innig zugetban waren, kann weder vom Geiste des Bösen erzeugt, noch ein Feind Gottes sein, kann weder die Rechte Christi des Erlösers profanircn, noch andere finstere Ziele durch hinterlistige Kunstgriffe verfolgen. Wenn der Parst dies gleichwohl behauptet, so muß er sehr schlecht inforinirt und sehr übel berathcn sein. Vielleicht trägt an seiner mangelhaften Information die Freimaurerei in Italien einen Theii der Schuld insofern, als sie zu sehr als „Secte" Fenrlletsir. Dämmerungen. Roman in drei Büchern von Rudolf von Gottschall. 74j Nachdruck »erbot»». (Fortsetzung.) „Und der Graf?" fragte Enrico zaghaft. „Schenken Sie ein . . stoßen wir an ans das Glück der Vernünftigen, die frisch und gesund im Tage des Lebens wandeln nnd nicht zur geistigen Halbwelt gehören, deren tüderliches Seelenleben noch soweit den Anstandsrcgetn folgt, daß sie nicht unter polizeiliche Eontrolc gestellt zu werken braucht. Diese Halbwelt ist weiter verbreitet, als man ge- wöbnlich glaubt.. und wir Aerzte blicken hinter den Schleier. Der arme Graf gekört auch zu diesen; aber gerade die heftigsten Symptome der Krankheit sind am ersten der Heilung zugänglich. Unk in der Tbat, ich tin überrascht über die Fortschritte derselben; er hat bereits die Einsicht gewonnen, daß diese TobsuchtSfcille etwas Krankhaftes sind, das seiner nicht würdig ist; er selbst fürchtet sich vor denselben und Furcht ist der Anfang aller Weisheit." Ueber diese Mittheilung war Enrico bestürzt. Oswald aber schlürfte mit Behagen die Blume des Rheinweins und sagte dann: „Sie Erbarmungsloser — Sie möchten am liebsten hören, daß der arme Gras zeitlebens nickt aus der Dunkelkammer herauskommt und gegen die gepolstcrlen Wände tobt. Auch die Besten freuen sich, wenn ein feindliche- Geschick diejenigen aus dem Wege räumt, die zwischen sie und ihr Glück treten. Doch nur Muth, wir brauchen nicht so entsetzlich grausam zu sein, um noch einen Hoffnungsschimmer zu entdecken." „O ick bitte, reden Sie, erzählen Sie!" „Der Graf fühlt in seinen ruhigen Stunden sich seinen StandeSgenoffen gegenüber brsckänit, wenn er nackdenkt über seine wahnsinnige Tbat . . den mörderischen Ansall auf ein alte- Weib; er fürchtet, wenn er als genesen entlassen wird, kann ihm diese Thar doch als ein Verbrechen angerecknet derdea und einen Makel aus seine Ehre werfen; er spricht von großen und langjährigen Reisen »ach Asien; ein tüchtiger j Assistenzarzt der Anstalt müßte in seinem Gefolge sein: denn keiner von i»,S allen kann sich dafür verbürge», daß diese Anfälle nicht wiederkehren. Unser Wissen ist Stückwerk und unser Heilen ist Stückwerk.. nnd wenn auch der alte Adam im Menschen nicht ganz unüberwindlich ist, so schlägt er ibni doch oft genug wieder in den Nacken, wenn wir ihn ganz bewältigt z» Kaden glauben." „Eine langjährige Reise nach Asien.. und seine Braut?" „Die wird er wohl vorher gcbeirarbet habe» und mit- nebme» zu den Lotosblumen, zu denen sie ja paßt; denn sie erhebt ibr den Göllern thenres Haupt aus der bciligön Fluch der Jugend und Unschuld, welche die lieblichen Blumen umspült. Nein, nein, fürchten Sie nichts, Enrico! Der Gras ist nicht unedel, aber es ist schwer, ibm ein großes Opfer zuzuinulben. Er liebt Marie . . dock ich habe nickt gezagt, ibm zu sage» und oft zu wiederholen, daß ibr Her; einem Andern gehörte und vielleicht noch gehört, daß sic nur ans Liebe zu ihren Eltern sich ibm verlobt . . nnd daß jetzt das Opfer ein vergebliches, beide Eltern sür sie verloren seien! Ick wagte viel . . »»d habe aniangS zwei Mal deftigen Wutbausbrüchcn gegenüber gestanden; dock taS dritte Mal fand ich ruhige Erwägung und Erwiederung; Mariens treue Pflege nnd Hingebung hatte ihn gerührt, und der Gedanke, daß sie dafür einen ander» Lobn verdiene, als seine Hand, tauchte dock wohl in seiner Seele auf; wenn er auch zunächst keine bleibenden Spuren zurückließ. Seit er den Plan der großen Reise gefaßt, kann er seine Brautschaft, seine Ehe schwer damit in Einklang bringe» , ich sah, daß er mit seiner Liebe zu Marie und einem Entschlüsse kämpfte, der sich in seiner Seele regte. Ta kam etwas hinzu, woraus er gar nicht gerechnet, was in ganz unerwarteter Weise den Sinn deS Grasen wankte." „Sie spannen mich auf die Folter", versetzte Enrico in großer Aufregung. „Ter Graf bat eS nie genau genommen mit den Moral- geboten, soweit sein eigener Wille in s Spiel kam. „Frei ist der Bursck" — beißt ja das alte Lied, taS auch er ans Universitäten gesungen und sür die Männer der Gesell schaft, sür die Eavalierc, bat es sein gutes Nec.it. Ihnen wird Alles zu Gute gehalten; sie haben für ihre Leide» sckaflen und Liebschaften einen unbeschränkte» Credil. Aber sür die Frauen gilt anderes Maß und Gewicht. Tie Fluckt der Baronin bat den Grase» ans'S Tiefste erregt. Tie Tockter einer solchen Mutter . .. Sic verstehen, Enrico .. . hincinzukcirathen in ei» beschimpftes Haus .. die Tochter einer Mutter, die nicht einmal mit einem Eavalier, die mit einem armselige» Literaten kaS Weite gestickt hat ... das war ein harter Schlag für sein Ebrgefünl. Wer weiß, ob diese Baronin nicht einmal als Ahnfrau spnkle, um daS ganze Geschlecht der Fchrenthal bis in seine» letzten Sprossen zu verderben .. . uno er zögert eine Schwiegermutter zu wähle», die so verbängnißvoll werde» könnte. Mcbr als alle meine Gründe, als alle Erwägungen seiner ruhigen Stunden, wirkte die Nachricht von der stadtkundigen Untreue der Edelkanie. Und wenn er sich gerade jetzt verpflichtet fühlte, den Schild seines NamenS ühcr die schuldlose Tockter z» halten, so sagte ich ihm, daß es solch eines Opfers nicht bedürfe, daß ein Anderer bereit sei, sic zu schütze». DaS alles braust und gährt in ibm, aber wir baden Mühe, den tobenden Kamps in Schranke» zu halten. Er ist eine leidenschaftliche Natur; er bat etwas vom geharnischten Manne, der, auö den Drachen zähnen hervorgegangen, von Vernichtungswuth erfüllt ist; aber er ist ein Tory jeder Zoll; der Adel seiner Gesinnung bricht zuletzt durch die schwersten Wetterwolken seines Wahns nnd seiner Wulb hindurch Fra» Abrakam, die wieder fast ganz genesen ist. hat er mit einem so großartige» Zühncgeld abgesunden, daß sie jetzt sür den Grafen begeistert ist und gewiß sich nach mehr solche» Kugeln sehnt, wenn sie hinter drein so reich vergoldet wurden." Der Doctor konnte außer dieser erfreulichen und boffnungö vollen Kunde noch mindeste», daß er selbst die Vorniundschaft über die Baroneß Marie von Senden übernehmen werde. Enrico war überglücklich nnd schied mit inniger Umarmung von dem Manne, anö dessen Händen er das Glück scinc- LcbenS zu empfangen hoffte. Schluß. Ein Jahr war seit jener Zeit verflossen. Doctor Bingen saß neben seinen, Weibchen Teresa im traulichen Gemach ... draußen lag eine weiche Sckncebülle aus den Feldern; dock darüber Heller, freundlicher Sonnenschein. Der Arzt war in austritt, die keinen Einblick in ihre Ziele und ihre Thätigkeit gestatten will: immerhin steht cs gerade dem „Vater der Christen heit" sehr übel an, sein Ohr nur den verbissensten Feinden teö Bundes zu leibe» und ohne eigene Prüfung ein Urtheil in die Welt zu schicken, dessen Ungerechtigkeit schon aus der erwähnten Thatsache hervorgeht. Wenn er den Bund ein fach bekämpft, so kann das nicht befremden. Er ist durch das Vaticanum für unfehlbar in Glaubenssachen erklärt worden, und hielte er selbst sich nicht für unfehlbar in solchen Dingen, so könnte er nicht Papst sein. Als solcher ist er rin Gegner Derer, die auf dem Boden der Toleranz, d. h. einer Weltanschauung stehen, die alle Menschen für den Jrrthum unterworfen und deshalb sür verpflichtet hält, nach der rechten Erkenntniß in Demuth zu streben. Sie können und sollen tolerant auch gegen den Papst und seine kleinen Abvilder sein, weil sich recht Wohl verstehen läßt, wie die großen und kleinen Päpste auS historischen und individuellen Gründen zu ihren, Glauben an die eigene Unfehlbarkeit gekommen sind. Aber vom Papste Vcrständniß und Toleranz für die Gegner seiner Intoleranz zu fordern, wäre thöricht. Was »ia» von ihm verlangen kann und muß, ba tst die Vermeidung grundloser Verdächtigungen, welche so lautere Christen, wie unsere heimgerufenen großen Kaiser, noch »» Grabe beschimpfen. Durch solche Mittel überwindet man einen Bund nicht, der die Duldung sich zum höchsten Princip macht. Hat jemals die römische Intoleranz sich selbst bloßgestcllt, so ist cö in diesem Falle, der in Deutschland sicherlich selbst aus gläubige Katholiken den übelsten Ein druck macht. Ein polnisches Blatt, daS gute officiöse Beziehungen unterhält, der Krakauer „Czas", ist im Stande, über da» neue Rcgierungsprogramm des Grafen Taaffe für die Mehrheitsbildung im österreichischen Abgeordneten haus einige Andeutungen zu geben. Danach wird da» Programm nur drei Puncte enthalten, nämlich das Festhalten an der Dreibundpolitik, die Ausrechterhaltung der gegen» wärtigen dualistischen Staatsversassung und dieBer» zichlleiftung auf spccielle Parteiwünscht, damit die neue Mehrheit sich ausschließlich den socialen und wirthschaftlichen Reformen widmen könne. Das Festhalten an der Dreibundpolitik wird nach dem genannten polnischen Blatt deshalb betont, weil der frühere deutsche Reichskanzler angeblich unaufhörlich auf die Gelegenheit harren soll, die loyale Haltung Oesterreich» zu bezweifeln und aus die Nothwendigkeit de» Anschlüsse» Deutschlands an Rußland hinzuweiscn. Es wird sich ja bald Herausstellen, ob diese Mittbeiliingen, die eine Spitze gegen den Fürsten Bismarck enthalten, der Wahrheit entsprechen. Wir möchten es bczweiseln, da daS Programm, wenn es sich in Wirklichkeit auf die drei Puncte beschränken sollte, doch gar zu durstig und nichtssagend ist, als daß eine große Partei, wie die vereinigte deutsche Linke, sich damit begnügen kann. Die neuesten aus Pari» eingetroffenen Nachrichten kaffen eS immer mehr außer Zweifel erscheinen, daß die fran zösische D eputirtenkamm er dem Schicksal der Auflösung verfallen ist. Die bisherigen Aussagen der verhafteten Verwalt,ingsräthe der Paiiamagesellschaft, sowie der Inhalt der mittlerweile ausgesundenen Aktenstücke sind so belastend, daß man allgemein annimmt, der General- procuralor Tanon werde sofort nach dem Zusammentritt de» Parlaments am 10. Januar die Auslieferung von mindestens 70 Abgeordneten und Senatoren bean tragen. Der Zeitung „XIX. Siöclc" zufolge erhielt der Justizministcr Bourgeois bisher schon 32 AuSIieferungS- begebren seitens der Staatsanwaltschaft. Gleichzeitig herrscht ein lebhafter Streit zwischen der Regierung und dem Panama - Untersuchungsausschuß. Brrsson erklärte dem Justizministcr Beurgcois, für den Fall, daß die Kammer dem Ausschuß nicht die gerichtliche Ge walt übertrage, werde der Ausschuß sein Amt nieterlegen heiterster Stimmung: er hatte den Abend vorher sein große» Werk vollendet, ein Werk, das ibm Ehre bei den Zeitgenossen und seinem Namen Dauer verschaffen sollte. DaS Ehepaar saß plaudernd beim Kaffee; sie schmiegte sich glücklich an den geliebten Mann. „Siebst Tu, mein Täubchen .. . zu Ende ist'ö für immer mit dem unsicheren Fl»a, den Zickzacklinien zwischen Himmel und Erde! Ich habe Dich cingcsasigen.. . und Deiner Seele ist Ruhe mir Frieden gewonnen. Gewiß .. . es gicbt eine ererbte Krankheit der Seele ... und Biele mögen daran zu Grunde gehen Aber sie ist doch beilbar, wenn der rechte Arzt darüber tominl. Tu gehorchtest einmal dem blinden Triebe . .. Du wolltest das Leben sorlwerfeii, daS Du nicht kanntest. Es war die Selbstmordnianic Deiner Mutter! Die ganze Existenz erschien Dir fremdartig, grauenbast, und blickte Dich an mit der Larve der Meduse! Dann lerntest Du das Leben und die Liebe tciinen; Dein Verbängniß riß Dich fort in Schult und Sünde ... Du stankest am Abgrund . .. und wieder winltc das Gespenst der Mutter, auflauchend aus den Wogen des Achensees. Da trat ich razwischc» mit dem Mulde echter Liebe, kic den Mantel reckt über Ver gangenes und ein schuldlos Herz erkennt, sei es noch so sehr i» Schuld und Febl verstrickt. Nicht utn dir Meinung der Welt kümmerte ich mich . . . nnd sieh . .. wir haben sie besiegt! Als ich zurücktchrte von Rügen« Kreidefelsen, wo Du »i der Dorflirche a>» Rande des rauschende» Meeres dir Meine geworden, in aller Stille — nur die treue» Stobitzcr waren die Zeugen uiiscrcs Bundes; als ich Dich am Arm führend dahinschritt durch die Stadt, durch die Salon- der Gesellschaft — ta war die feindliche Nachrede, da war die Verleumdung für initiier zm» Schweigen verurtbrilt. Jene Teresa Ster» war verlösche» in der Menschen Gedächtniß. Du bist meine Frau, de» geachteten Arztes geachtete Frau ... und wie ich sehe, wie ich suhle ... Tu bist glücklich." „Glücklich a» Deiner Seite, in Liebe und inniger Dank barkeit." „Und nie wird die alte Unruhe, nie die Angst »m Dein Lebe», nie die verderbliche Leidenschaft zurückkcbren?" „Ich babe erkannt, daß ein edler und kluger Mann de» Weibes höchstes Glück ist; ich babe aus Knien vor Dir
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