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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.01.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-01-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940109024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894010902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894010902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-01
- Tag1894-01-09
- Monat1894-01
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Die auSicheidcnden Herren sind insgesamnit wieder wählbar. — Tie Wahl, diesmal von <i Mitgliedern, findet stall Sonntag, den Ll. Januar d. I.. v«n Vormittag 11 bis Mittag 12 llbr in der St. Lucastirchc. Hierbei ist Folgendes zu beachten: 1) Stimmberechtigt sind Tiejenige», welche vom 27. bis mit 29. Deamder v. I. der erlassenen Bekanntmachung gemäß sich an- gemeldet und in die seitdem geprüfte Wählerliste ausgenommen sind. 2) Wählbar sind alle slimmbercchliglc» Mitglieder der LucaS- zcmeurd« (nicht bloS die in die Wahlliste eingetragenen), welche LaS 3V. Lebensjahr vollendet haben. 3) Die Wahl hat durch persönlich zu bewirkende Abgabe eines Stimmzettels zu erfolgen; ;eder Wähler kann jein Wahlrecht nur in eigener Versau ausüben. 4) Jeder Wühler hat k Geweindeglieder. welche der Parochie Leivjig-Lotkmarsbors (vergl. Bekanntmachung vom 8. Decembcr 1803) aagetzorea und mindestens 30 Jahre alt sind, nach Bor- und Zuname», staub und Berus genau zu bezeichnen. Dir bitten alle ftimmberechtigte» Gemeiudeglieder herzlich und dringend, Sonntag, den 21. Januar, innerhalb der genannien Ieit khr kirchliches Wahlrecht ausübeu und „ihr Augenmerk aus Monn« von gutem Rus, bewährtein christlichen Sinn, kirchlicher Einsicht und Erfahrung" richten zu wollen. Tie von dem Rath der Stadt Leipzig und dem unierzeichneten Kirchenvorstande geprüfte Wählerliste ist vom ,5 dis mit 19. Januar Boruritttag 0—12 Ilhr und Nachmittag 3—6 Uhr zur Einsichtnahme in der Expeditiou der St. Lucaskirche öffentlich aurgelegi. Lrivztg-Volkmarsdors. den 5. Januar 1894. Ter Airchrnvorstan» Ser Lurasgcmktnde. Pfarrer Weicksel. politische Tagesschau. * Leipzig, 9. Januar. Die «»agitatorische und „nnNaktische' Politik der meisten Parteien, welche ei» Zeichen dcr Zeit ist. hat sich in den letzten Jahren mit besonderer Beflissenheit auf die .^nttiattv- anträge" geworfen. Früher mehr eine Eigentbiimlichkcit der Radikalen, ist Vas Einbringen von Gesetzentwürfen, deren Annahme die Antragsteller selbst für nicht möglich oder für nicht noibwendig oder gar für nicht wünschcnSivcrlb halten, cincS der beliebtesten Mittel geworden, sich bei den Wählern „recommandirt zu ballen". Mit Ausnahme der Mittelpartcicn, die — wie die Nationalliberalcn bci den Anträgen auf Reform dcr Börse und Ber- bciserung des MilitairstrafversahrcnS — die gesetzgeberische .initiative aus dringlich gewordene und trotzdem von dcr Re gierung nicht angegriffene Angelegenheiten beschränken, opfert nachgerade Alles auf dem Altar bcS popularitätspendcndcn Sauet Schwerin. Die Sache ist ja so einfach Uebcrall, namentlich aber in allen Erwerbsschichten, aiebt cS Leute, die an ein Speeificum gegen ikrr wirthschastlichen Gebresten glauben, JudenauSlreibung, Befähigungsnachweis, Unterdrückung der Eonfumvereine, der Abzahlungsgeschäfte u. s. w. Man nimmt einen Doctor Eisenbart aus der Fraktion, läßt ihn da« Mc- ncament, äivisnm in ziaragrupkov ckscow vvl ckuo- zttWi» ,ln , 3 r - ir, - Feirilletsn. Auf und nieder. 4j Roman von Edwin Heinz. (kW« Rkchik rer^khellni) (Fortsetzung.) Leise überflog sie die Summe. ..E» sind 21 Mark 50 Pf.", sagte sic. Marie wurde jetzt ernstlich böse. ..Di« viel e« ist, ist glrichgiltiz, machen Sie nur schnell." Jetzt entfernte sich Frau Kugler, und in wenig Augen blicken hörte man sie die Treppen binab eilen. Käthe war etwa« ruhiger geworden. „Die alt war Meta?" ..Sieben Monate." ..Der ist der Vater?" „Ach. Marie, das ist eine traurige Geschichte." ..Ärlkbe?" „Mit meinem Schatz." „Nun, das glaube ich Dir, aber so erzähle sie doch!" „Wozu?" „Liebe Käthe, wenn ich Dir helfen soll, so mußt Du auch wahr gegen mich sein." „Sage mir vor Allem, wo er ist." Käthe weinte. „Er ist todt", sazle sie. „Todt?" „Ja. schon ein Jabr. Er war Bauführer und tam bei dem Bau dcr Billa de« BankdirectorS Trübe um. Wir wollten un« vierzehn Tage später beiratbcn." „Arme Käthe. Ich erinnere mich an den UnglückSsall. Ein berunterstürzender Balken erschlug ihn." „Er lebte nur noch einige Stunden. Der Bankdirector war gerade aus dem Bau anwesend. Jbm hat mem Richard die letzten Grüße an mich ausgctragen und ibm unser Ver hältnis crzäblk. Da hat ilim Herr Trübe gelobt, mich zu unterstützen." „Hat er caS gcthan?" „Gewiß, er ist so gut.. er hat uiir jeden Monat sechzig Mark geschickt und ich lebte so zusrirden. Ich nähte noch ckcrcim, anffckreibc» und schickt cS iu die Apotheke in der Leipziger Straße von Berlin. Bcrwcigerk der Rcichsta g die Herstellung, um so besser: der Beweis ist erbracht, daß noch nimmer nicht genug „von nnS" im Parlament sitzen, und „wer cS gut mit sich meint", wird bei den nächsten Wahle» dafür sorgen, daß der Fehler verbessert wird. Noch willkommener, wenn die Regierungen cS ablehnc», di: verschriebene nnv znsammeugebranlc Mekicin dem Kranken cinzuflößcn. Dann müssen „wir" erst recktt stark werden, nm die verblendeten Bnreankratcn zu den alleinrettenden Maßregel» zn zwingen. Da« ist die vielgcübte Therapie leidender Parteien. Sie ist vortrefflich, nur Eines darf nicht eintreten: das nämlich, daß die Patien ten rebellisch werden. Dem Cent rum, einem der beschäftigtsten unter den Cliar- latanen des Parlaments, ist dieses Unglück jetzt widerfahren. Sei» Antrag auf weitestgehende Einschränkung de« Hausirh andelS und speeic» des Colportage gesckäste«, der in diesem Umfang „glücklicherweise" in, Reichstag und bei den Regierungen keine Aussicht ans Annahme hatte, stößt unglücklicherweise bei den Parteigenossen aus heftige» Wider spruch, und ei» Mann wie Herr v. Strombcck stebt a» dcr Spitze dieser sachlichen Opposition im eigenen Lager. Einige Tausend Interessenten »cbmen den Antrag ernst und man kann ihnen doch nicht sagen, daß er nur eingebracht wurde, uni einige Zehntausend Andere zu ködern. Taö ist fatal und rechtfertigt die Neugier aus die Wendungen, mit denen die Herren vom Eentrum sich aus dcr sclbstgclcgten Schlinge zu ziehen suchen werden — wenn der Antrag überhaupt zur Beraibung gelangt. Die Frivolität, ohne Sachkenntnis; und lediglich um des ParleivorthcilS willen die unklaren Wünsche eines BruchtheileS der Wähler zu Gejctzciitwürsen zu verdichten, rächt fick» hier einmal. Vielleicht dient dieser unerwünschte Erfolg dem Eentrum und seinen Mitbewerbern um die Boltsgunst zur Warnung. WaS die geschäftliche Behandlung tcr Ltruer-bent- wärfe im Reichstage betrisst, so wurde bekanntlich nach Be cndigung der ersten Lesung deö Stcmpelstenergcsetzcs beschlossen, die Vorlage einer Eoinmission von 28 Mitgliedern zu überweisen. Dies geschah aus Grund einer Verständigung im Seniorcucoilvent, wonach in tcr Folge auch die weiteren Steuervorlagen der Tabak- und dcr Wcinstcucr der selben Commission überwiesen werden sollte», und mit dem Vorbehalt, daß die einzelne» Fractionen für die Tabak-, bez. Weiusteu« beiviider« sachverständige Mitglieder an Stelle der für die Bcratlmng dcr Slenipelstelierdelkgirten in die Cominission absende» sollten. Dem Anscheine »ach soll dem nächst versucht werden, die Einsetzung besonderer Com missionen für die Tabaksteuer sowohl wie für die Wcinsteuer angeblich im Interesse der Beschleunigung der Verhandlungen herbeizusükrc». Ta nur in Commissionen von 28 Mitglied«»» alle Fractionen des Hauses angemessen vertreten sein können, was aber unerläßlich ist, wenn die Beschlüsse dcr Commis»»» auch dem Bcrbältnif; der Parteien im Plenum ent sprechen sollen, so würden also diese drei Stencrcominisstoncn nicht weniger als 81 Mitglieder in Anspruch nehmen. Daneben haben auch noch die Budgetconimissiou und die Petitionscommissiou je 28 Mitglieder. Daß cs fiir die leitenden Mitglieder der einzelnen Parteien ganz uiimöglich sein würde, sich an den Verhandlungen aller dieser Com Missionen in zwcckenrsprcchcutcr Weise zu bctbciligen, liegt aus dcr Hand, namentlich da ein erheblicher Tbcil von ihnen gleichzeitig dem Äbgeortneteiihausc angekört. Bei diesen Um ständen ist cü nicht unwahrscheinlich, daß die Einführung der drei Steucrcommissionen nicht zu cincr Beschleunigung, sondern zu einer Verlangsamung dcr Verhandlungen führt. Die Commissionen würden sich in die verfügbare Zeit thcilcn für ein Geschäft und er wollte mir auch noch mehr sicher stellen!" „Dann muß er dock» erfahren» wo du bist. Cr wird das volle Unglück schon kennen." „Nein, Marie, nein. Es wußte ja Niemand, daß ich ein Kind habe, Niemand, bloS er Auch meine WirthSleutc wußten cS nicht. Sic waren taub und es schrie ja auch nicht, meine Meta war so gut, so lieb .. „Niemand wußte etwas, sagst du? Es war aber doch getauft?" „Nein auch nicht, nicht angcmeldet, nicht getauft. Ich nannte da« Kind Meta. Ich scheute mich. Ankeren etwas zn sagen. Ich ganz allein »ur habe c« gekannt!" - Marie staunte. Sic schüttelte den Kopf „DaS war sehr unverständig von dir! Was soll jetzt die Polizei denken? Sie muß dock Nachsorschungcn nach dcr Mutter anstelle» und dann kommt die Geschichte erst reckt an die große Glocke." Käthe weinte. Inzwischen war Frau Kuglcr zurückgckchrt. Sic bereitete Kaffee und Essen für Kätbc und fick. Bald saßen die drei beisammen. Käthe schluchzte und weinte und Frau Kugler versickerte, daß sie Niemanden etwas sagen wollte. Es wisse ja Niemand, daß Kätbe bei ibr sei. „Liebe Frau, eS ist gut, wenn Sie jetzt nichts sagen. Aber Sie wissen cS nicht mehr allein Eckart hat daS alles beute schon in der Kneipe erzählt, ohne Absicht, aus rein mensch lichem Mitgefühl, aber bekannt ist es doch. UebrigcnS", fuhr sie fort, und ihre Miene wurde sogar lustig, „nehmen Sie mir cS nickt übel, Frau Kugler, ick sinke Eckart« Wohnung nickt gerade bequem, höchstens hock genug und nicht zu sehr besetzt, um den hochfliegenden Plänen nachzuhängen, sonst wäre eS mein Geschmack nicht. Wir sitzen hier zu zweien aus seinem Belle und Sie haben den einzigen Stubl inne". ,'S ist nicht schön hier. Aber Herr Eckart befindet sich hier noch wohler als wo ander-. Hier oben brücken ihn die Sorgen weniger. Er ist traurig, daß er so wenig verdient. Ader er ist gut und er ist gescheut, ich baue daraus, ick glaube an idn unt er muß eS noch zu etwa« bringen. Da« girbt mir Math. Einmal muß doch da- Ei« brechen und er anerkannt werden." Marie sagte nichts. Ibr imponirte die Zuversicht der alten Frau. Das Gespräch steckte wieder. Marie sah nach ihrer Uhr. Sie mußte eilen. Käthe war wieder ganz theilnahmloS geworden. Schnell müssen, käme» also viel langsamer vom Fleck, als wenn eine einzige Commis non die Slciiervorlagcn dcr Reibe »ach in Angriff nimmt und dcmzlisotge täglich Sitzungen halten kan». Aus kiesen Gründen bat man sich vor dcr Veriagung für die Uoberweiiiliig sämmtlicher Slenervorlagen an eine einzige Csminifficm entschieden, und dabei wirk cs wobt auch jetzt sein Bewenden habe». Den Iiingezeche» ist cS bekanntlich gelungen, in n. a- zösischcn Blättern Berichte abzulagcrn, welche die Berbält- »isse in Böhmen io tarsteltte». als trüge a» dem kürz lich vcrgctoinmcncn politischen '.Norde die frühere Regie rung die Schuld und als stünde die Bevölkerung Böhmens mit ihren Sumpatl'ien aus dcr Seite dcr Mörcer des gerotteten Mrva. Es wäre daraus, daß französische Blätter solchen Berichten Raum geben, lein Gewicht zu legen, denn daß solche Darstellungen in sranzösischcn Zeitungen Vorkommen, ist oft nur ihrer Un kcnlitiiiß der Berbälttiisic zuzuschrcibcn. I„ dem vorliegende» Falle verdient aber diese Erscheinung einige Beachtung, renn wie der „Kreuzztg." auSParis berichtet wird, deutet Mancherlei daraus bin, daß fick' die revolulioiiaire» Bestrebungen dcr Iuug- czecken extremster Sorte tbatsächlich der Unterstützung ge wisser französischen Kreise — ja wie von mancher Seile behauptet wird, nickt blos tcr „moralischen" — erfreuen. „Es zeigt dies", so schreibt dcr Gewährsmann dcS Berliner Blattes, „allerdings nur, daß man i» den erwähnten Kreisen über die Verhältnisse in Oesterreich nickt besser unterrichtet ist, als über jene anderer Staaten, und daß man »»r dem „kniileln Drange" folgt, überall dort aus der Seite dcr inilcrcn Gegner zu stehen, von welchen man annimmt, daß sie tem einen oder dem anderen tcr dem Dreil'unde aiigcl'vrigc» Staaten Schaden zusügc» können." In Belgien dauert trotz aller bisherige» Ver»iittcl»»izs versuche dcr Zwist zwischen dem Miiiistcrpräsitenicn Bcer- nacrt und dcr klerikalen Reckten der beiten Kammern fort. Herr Beeruacrt erklärt fest: „Entweder stimmen die Reckten dcr Einsiikrting dcr verhält,iißmäßigcn Vertretung zu, oder ick trete zurück". Die Rechten erklären: „Wir könne» dieses Wahlsystem nicht zulassen, aber wir wolle», daß Herr Bccrnaert im Amte bleibt". In dcr Thal liegt das Letztere im ultrainoittaiien Interesse, denn mit einem neuen Ministerium werten die Klerikalen bei de» Wahlen wenig Glück habe». In diesem Wirrwarr tritt cnrlick, der Herrn 'Bccrnaert befreundete „Patrivte" mit einem für alle Tbcile ehrenvolle» Vermittcliingsvorschlage hervor. Die Reckten scllcn Herrn Beeruacrt gestatten, ein Gesetz über die Minderheiten cinzuhringen; jedes Rechtenmitglicd kann nach Belieben dafür oder dagegen stimmen, so daß Jedermann seine Freiheit behält. Lehne» die Kammern das Gesetz ab, so fällt die Reform in das Waffe», aber eS ist z» erwarten — und darauf rechnet Herr Bccrnaert —, daß ciesclbe An nahme sinket. Die Mehrheit des Senates ist dafür gewonnen und in tcr Kammer ist eine kleine Mehrheit möglich, da die Fortschrittler und eine Gruppe Toetrinair Liberaler dafür stimme» werden. Am Sonntag habe» in ganz Frankreich die Nenwalilc» zum Senat stattgesunden. Es waren zusammen 04 Mandate in 3«> Departements zu vergebe», m> austretcndc Senatoren wurden wieder, 28 neu gewählt. Die Republikaner brachten cS aus 75, die Radikale» aus l", die Ralliirien aus 3 und die Monarchisten aus 6 Sitze. Dieses Ergebnis; ist ebenso, wie schon im Sommer das Resultat der Wahlen zur Dcputirlcnkaminer, ein unleugbarer Erfolg dcr gemäßigt- republikanischen Richtung, ein Erfolg, der in einem verabschiedete sich Marie und versprach am andern Tag wieder zu kommen^ Frau Kugler gab cs aus. mit Käthe zu plaudern. Sie legte die übrig gebliebenen Speise» aus einen Teller und setzte Kaffee daneben. „Für ib». wenn er hungrig nach Hause kommt", sagte sic. Dam» sing sic an, darüber nachzudenkc», wo sic oder Eckart die Nackt scklascn würde», denn daß Käthe das Zimmer bebakten mußte, war ibr selbst verständlich. Marie begab sich in das Contor der VoltSbant und wünschte Herrn Dircctor Trübe zu spreckeu. Der Herr Direktor war jedoch auSgegangcn. Sie überlegte, ob sic ihm ein paar Zeilen zurücklaffen oder ob sie die Nachricht auf den ander» Tag verschieben sollte. Sic entschied sich für letzteres. Vorderhand waren die Mittel geschafft »nd bis morgen würden sie sicher reiche». m. DaS Leben eines Musikers ist nickt sorgenfrei. Musiker werden sckleckt bezahlt, am schlecktest«, wohl von allen Künstlern. Wenn sic im große» Thcalcr sitzen, da merkt man ihnen freilich nicht an, daß sie sich für lnoo —I5ix» geistig auSbeutcn lassen z»»i Vergnügen Anderer, da spielen sic so slott, da llingt Alles so harmonisch zusammen, weil sie daS Stück eines Ander» spiele»; sollten sie ibr eigenes Leid, ihre eigenen Sorgen spielen, daS würde eine schreckliche Dissonanz geben. Nack, vielen Jahren SlndinniS gicbt cs schließlich eine AuShilfsstclle, die, wenn das Glück günstig ist, nach halbem Jabrc eine feste wird. Dann in aber anck, schon da« beste ManncSaltcr überschritten Proben z» Hause, Proben im Tkcatcr, Vorstellungen, Eoncerle, jeden Tag Arbeit, keinen Sonntag und dafür im hoben Falle l5"0 .2!, da« ist ein Lob», bei dein man die geistige Spannkrast ver lieren muß. Er reicht natürlich nickt zum Leben, und nun werken noch Privaistunven gegeben, HauSconcertc über nonimen, Ständchen gebracht, damit nur glücklich 2000 .<S im Jahre hcrauSkommen. Ist e« da ein Wunder, wenn so ein Mann abstumpst, wenn die Kunst zum Handwerk wird? Eine gute Sängerin verschlingt so viel wie ein gute« Orchster. Und nun erst das Coniponiren! Da« bringt noch weniger ein. Wer die Musik nickt au-iibt, sondern sich der Composition widmet, dcr muß entweder vermögend sein oder sich auf Zeitlebens rem Hunger verschreiben, wenn nickt ei» Stück ihn bcrübnit macht. Für Eorrccturlesen. für Arran gement«, für E>avierau«zUgr ansertigen giebt eS blutwenig. Trotzdem hatte sich Eckart damit und mit seinen Compontunen iffernmäßig nickt unbedeutenden Gewinn an Sitzen best ekt, die biSber von den ertremen Parteien auf beiden Flüa eln. der nioiiarckisckcn Reckten, wie dcr radikal-socialistn ckcn Linien, behauptet worden waren. Besonders zusan» neu geschmolzen ist die erster«, die nunmehr »ur nock Iber 3" Sitze verfügt. Nachdem sic im Senat ursprün Alick die Mehrheit balle, in sic bei jeder Wahl zurückgegar cgei'.: 1870 vo» 160 ans 130. ,882 auf l05, 1885 auf ,.7. I88>> ans 6o, 1801 ans 5.0 und jetzt aus 30. E benso erfreulich ist. daß die Svcialisicn. die sich Heuer zum erne» Mal an den Seiialorcittvablc» detbeiligten, auck »icht einen ckrer Candikaten dnrchgebrackl haben. Sie des »lgcn. wie sie selbst verkündet haben, die Praxis, ihre Auhäu. «er in die parlamentarischen Körperschaften der Bourgeoisgescl lschast hineinzubriilgeii. weil sie in dieser Stellung die bestellenden Einrichtungen besser iiiitcrgrabeu zu tönncn meinen uold wcil sie hoffe», das; die soeiatistiscken Deputieren vom June rn dcr Festung aus die Bresche legen werten, durch die später einmal die von außen aiislürmeiitc socialistische Revolution ibr. m sieg reiche» Einzug ballen soll. Ihre Praxis bat sich am Sonn lag nickt bewährt und weder Tbivricr, der Mann unt der Blousc, nock der Schweiiictreiber, der sich anheischig czemackl balle, in Holzsihuhen »»d mit d-m Bauerntnüttcl seinen Eiiizug in den Senat zu halten, haben aus die Wähler einen ernsten Eiiikriick zu machen vermocht. Dafür werden die Socialisten ciiiigcrmaßeu durch die Wahl res bei den Dcpulirtcilwahlcn unterlegenen Führer« tcr Radikale», Floqnet, entschädigt, dcr gewiß bcmilkt sein wird, ihre Geschäfte zu letteileii. Wiedergewäblt würben vo» bcmerkonswcrlhen Abgeordnete» tcr sxüberc Senats- Präsident Chailcmel Laeour, der vormalige Minister im Cabinet Dnpuy, Pcytrai, und der gegenwärtige UnterrichlS- »iiniiler Spnllcr. Der trübere Botschafter in London Waddinglon hat seine Snmpalhien nie England, deren man ibn zeiht, niit dem Verlust seines Sitze« büßer» müsse». Welcher der einzelnen Gruppen der Republikaner die neu- gewählten gemäßigten Elemente fick einsügc» werMen, stebt noch nickt fest. Gegenwärtig gicbt es im Palais Luxembourg vier solcker Gruppen: das linke C c n t r u m inil. 35 Mit gliedern, die republikanische Linie, 120 Mitglieder, der r e p » i> l i l a n i s ck c V c r c > n, 81 Milglicvea. endlich die neugebiltctc demokratische Linke, 57 Tic bis jetzt überden sra» ,ö fisch-eng lisch cn.Zwischen fall im Hinlerlandc der englischen Colvnic Lrörra Lrone vorliegenden Nachrichten lassen es zwar kaum mehr zweifel haft erscheinen, daß der Befehlshaber der sranzösisck'en Colounc Lieutenant Gasio» '.Noritz, die Engländer für Sofa« ge halten bat, — das erteil»:» auck die englischen Blnttcr, alle» ding« nicht ohne ihrer Verwunderung darüber AnSkruck zu geten, an — allein der blutige Z»sani»ie»sloß bei Warina verliert deshalb Nickis an seiner rrnsien intcrnationaleu Bcdculiing. Ganz al-gestben davon, daß zwischen Fran! reich und England leine besonderen gcgciit'cickigen Svni patbien bcstantcn haben und dabcr der Zwischeilfall leickt z» gereizten Aiisciliankcrsctziingcn Anlaß hätte gebe» töiiiien, können dergleichen Grenzeonsliete jeden Tag zwischen zwei Colonien besitzenden Mackte» verkomme», und mau kann der „N. Fr. Pr." nur zusiimmcn, wenn sie. wie uns telegraphisch gemeldet wird, beute die Mabntiiig an alle Colonialniächic rickict, die »i zahlreichen Fällen nock durchaus nickt geregelte Abgrenzung ihrer Interessensphären reckt bald vcrzniiehmcn, da eine Wiederholung solcher Con- sliete ernste Gefahren für den allgemeinen Frieden in Europa herbeisübreii könnte. — WaS die Vorgeschichte des Zusammenstoßes in Sierra Leone betrifft, so sei hier daran erinnert, daß der schwarze Eroberer Samory vor 6 oder fortgebolsc». Er batte noch Ideale, er glaubte nock an die Kunst. Am Tage vorher batte er einen Walzer vollendet, jetzt wollte er versuche» ibn los zn werden. Der erste ihm de kannte Verleger zuckle die 'Achseln und bedauerte, da« passe nickt in seine» Verlag, der zweite ließ sich verleugnen, dcr drille kaufte prineipiell jetzt nichts mebr, dcr vierte fragte spöttisch, ob er ibm einige Compositionen abncknicii wollte und »er fünfte war wirklich nickt zu Hause Seine Bekannt schast war erschöpft, seine Kräfte auck. Es war spät am Nachmittag geworden. Er zermarterte sein Hirn, was er tbu» sollte. Ta stand er vor dem Schaufenster einer Muff kalieiihandlniig. Es siel ib», der Titel eines Walzers in die 'Augen. Er sab daraus eine ibm noch unbekannte Firma steben. Ob man cS einmal mit dem Manne versuchte? Er ging in de» Laten und fragte nach dcr Adresse. Sic wurde ikui »litgclbcilt und nun stürmte er fort. Bald stand er kor de« Verleger« Hause. Ein kleines unscheinbares Schilt zeigte den 'Namen Franz Kübne. Das HanS war verschlossen. Er klingelte. Ein junges 'Mädchen öffnete. „Herr Kübne zu sprechen?" „Bitte, Papa ist da." Damit drehte sie de» Tbürslügcl zurück und lies; Eckart cintretcii. Er batte gerade noch Zeit seinen Hut zu lüsten, als ibm schon da« junge Mädchen die Tkürc zu des Vaters Ccntor geöffnet batte n»o ibn einznlrete» bat. Papa wirb gleich loinmc» und damit war sic verschwunden. Eckart be fand sich in großer Aufregung. Jetzt galt cS zu gewinne». Der Eindruck, den er empfing, war ein guter. Alles schien solid und wohlhabend und besonders imponirte ibm der große Gelkschrank in der Mitte der Ziminerwand. Alle möglichen Geranien gingen ibm durch den stopf, nur an das junge braunäugige und braunkaarigc hübsche Kind, das ibn so bereitwillig bei Papa vorgclaffen hatte, kachle er nicht. Wenn er freilich gewußt hätte, daß Frieda dies in gewisser Machtvollkommenheit getban batte und gewissermaßen gegen denWillen ikresVaterS.der sonst nur schriftlim z„ verkehren Pflegte, weiter,.sichsoiist ittckt vorBesiick'retten tonnte", batte er vielleicht auch dem Mädchen «inen srenndlichen Geranten gewcibt. Er war nur kurze Zeit allein gewesen, da omiete nck ein« Seiten tbür unk herein trat der Inhaber tcs Mnsikaticnverlags Herr Fran; Kübne, ein langer hagerer Man» mit sa» kahlem Haupt, glatt rasirl. Er machte ton ircnnttichcS Gestüt, man sah c« ihn, an, daß er wegen der Störung unzusrrcteu war. Immerhin begrüßte er den Fremden artig und fragte nach
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