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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.01.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-01-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940111029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894011102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894011102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-01
- Tag1894-01-11
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VezugS-PretA A tz« atz«» da» l» Statzt» tz«,ir1 »nd de» Vororte» errichteten So«, qabestelle» abgeholt: vierteljährlich,^!4L0. bei zweimaliger täglicher Kuiiellinig in« Hanl » LVO. Durch die Post bezogen sSr Deutschland and Oesterreich: vierleljädrlich 6.—. Direkte tägliche Dreiudandieadung i»< BuZlaad: monatlich ^ 7.ÜO. Ti« Morgen.vnSgabe erscheint täglich '/,7 Uhr, di« Lbead-Aurgade Wochentags 5 Uhr. Ne-artio« und ErveLittoa; J»tza»ue«,assr 8. Die Expedition ist Wochentag« ananterbrocheA geönaet voo früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. /Male«: vtt« «e»«'s e«rti«. («lfte» d«htt), Universitatrslrab« t, L-«i« Lösche. tathariuenstr. I«. part. und «önig-vstr» 7. Abend-Ausgabe. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. «»zei-en-PreiA tne (gespaltene Petitzeile SO Pf^ Reclame» unter demA^actionsstrich (4««» ipalien) bv^j. vor de» Familiennachrichten (Sgelpaltrn) 40 »j. Kroger« «chrisleu laut unserem Pvei«- verjeichnib. Tabellarischer und Ziffernhatz nach höherem Tarif. <krtra-vc»lagr» (gesalzt), aur mit der Morgen »Ausgabe . ob ne Postbesörderung SO.-, mit Poftdeförderuug 7V.—. Avvahmelchluk für Anzeige«: Abeud-Ausgabe: Bormittag» tO lltr. Morgen.Ausgabe: Rachmtttag» 4 ltzdr. Sonn- und Festtag« sräd ' »S Uhr. Bei den Filialen und Annadmeslellea j« ein« halbe Liuad« früher. Anzeige» siad stet« au die ArtzePtti«» zu richte». Druck rmd Berlog von E. Polz i» Leipzig. ^?1S. Donnerstag den 11. Januar 1894. 88. Jahrgang. politische Tagesschau. * Leipzig, tl. Januar. Wie schon ein Telegramm im heutigen Molgenblatte ge meldet bat. dcmeniirt die „Nordd. Allg. Ztg." die neuesten Meldungen mckrcrer Blätter über ein angebliches Rück- iriilSgesuch des Reichskanzlers und wendet sich dann gegen die «risengerüchtc im Allgemeinen. Der uns Keule vorliegenden Rümmer des ofsiciösen BlalteS entnehmen wir der legieren Polemik die folgenden stellen: „In de» letzten Wochen sind allerlei -trisengerüchtc bald da, bald dort durch die Blatter zu verbreiten versucht worden. Da« -tueMal wurde» au« einer längeren Sitzung de« preußischen Sia'atSniin i sleriu ln« rein willkürliche Schlüffe gezogen, das andere Mal wurde ein Coiislict wegen der Finanzvorlage» erionne», welch« die verbündeten Regierungen dem Reichstage gemacht liabc», >:nd endlich ward« „zuverlässig" und „von gul linlerrichicier Seite" ein abiolut ersiindenes, angeblich mit den (Lolo» in lverhäu Nisse» zusammendäiigende« Enilasjuiigsgejuch des Neichslanzlers aufgebracht. >)ade» einzelne Rätbe der Krone »nt einander oder »ach einander Borlräge bei Sr. Majestät, so fehlt e« »ichl an Zeichendeulern. die Lärm em Symptom für unsichere Auslände in der Regierung er- kennen wolle». A» diesem ebenso Ihörichle» wie verwersilcheu Treiben waren nicht nur untergeorLiiele Geister der Journaiislit bciheilig», auch ganz ernnhait« Blätter liegen sich in die Täuschung ver- wickeln Ob da« Motiv der Urheber für die Fabrikation von «risengeruchte» mehr in BöSwiUigleit oder in niedriger Senialionsjucht besieht, bleibe, dahingestellt. Wer die Presse des Aurlandes, und leider auch de« un« bcsreundeicii, versolgl, kann über die Wirkung nicht im Unklaren sein. Um so mehr erscheint der Rach zur Vorsicht gegenüber Lerarligcn lcichtserligen Aus» streuuagen am Platze." Jedenfalls ist der Rath zur Borsicht gan; angebracht, denn nichts kann daS Ansebcn DeulsckiantS im AuSlande »och inebr erschüttern, als die ewigen Kriscngerücbtc. Aber trotz aller Borsia>t werten solche (Gerüchte Gläubige auch ilnrcr den Besonnensten finden, so lange der (5urS der ReichSpolilik im Zickzack sich bewegt, der Reichskanzler aus die preußische Politik nicht den wünschenSwertbcn E>n- fluß besitzt und lauge Sitzungen des Minisierraths nötbig lind, uni die Ansichten der Mitglieder zu klären. Und die Gerüchtbilkung wird um so leichter sich vollziehen, je mekr diejenigen Personen, um die es bei diesen Gerüchten sich bandelt, bcsiissen sind, sich in den Schleier des Geheimnisses zu hüllen. Wie mit Zangen muß de» Lfsiciösen eine Mil- ideilung über die langen Sitzungen ecS MimsterralbS herauS- gezogen werde», an die sich gan; selbstverständlich allerlei Vermulbnnge» knüpfen, weil cS dem deutsche» Bolle noch nicht aleichgiltig geworden ist. waS in solchen Sitzungen vor- gchl. Und gerade, wenn dort nicht s Au ßcrg e wö hnl i ch c S und Ausrrgenvc« dcrardcn wird, bar eine Miltdcitunq darüber nichts Bedenkliches. So muß also das Ausbleiben solcher Millbei- lungen zur Bildung von Gerüchten sichre». Ihnen von vorn herein den Boden zu entziehen, liegt hauptsächlich in der Hand des Herrn Reichskanzlers, der weil bester tbäle, die „Norddeutsche AUgem. Ztg." nicht erst nach dem Aus- brülen der Krisis-Enten, sondern sofort nachdem lange Ministersitzungen die Eier gelegt haben, in Bewegung zu setz-n. Tie einzige größere gesetzgeberische Aufgabe, welche außer der Borlage wegen Errichtung von LandwirtbschaftS- kammer» dem prrntztschrn Landtage voraclrgt werden soll, betrifft die Verpfändung von Eisenbahnen. Es bandelt sich dabei um die Wiederaufnahme eines gesetz geberischen Planes, welcher schon 1879/80 den Reichstag beschäftigt bat. zunächst aber zu leinen, positiven Ergebnisse gelangt ist. Er ist damals nicht wieder ausgenommen worben, weil durch die inzwischen eingeleitete Verstaatlichung der preußischen Privatdabnen LaS Bedürsniß zu gesetzlicher Ordnung der Frage geschwunden war. Die Entwickelung tcü KleinbahnwesenS, zu der daS Gesetz über Kleinbahnen und Privalanjchlußbabnen vom 28. Juli >892 den Anstoß geben sollte und zum Tbcil auch gegeben bat, stellt die Frage jetzt wieder aus die Tagesordnung. Bei dem freiere» Spielraum, der neuerdings der Prioatunternebmung auch aus dem Gebiete der Nebenbahnen cingcräumt isl, gewinnt diese Angelegenheit auch für Unternehmungen dieser Art größere Bedeutung. Angesichts der doch allmählich näher rückenden Verwirklichung der Unisiealio» des bürgerlichen Rechtes in Deutschland trägt mau aber innerhalb der ReickSregierung Bedenken, im Wege der Rcichsgesotzgebung an die Regelung der Maicrie jetzt beranzutrclc». Die preußische Regierung bal sich daher ciuschlosscn, aus dem Wege der LandcSgefttz- gcbung vorzugcbc». Ter zu diesem Zwecke geplante Gesetz entwurf sicdl ja »ock nicht in allen Emzelbenen fest. Aber über die Grundlinien besteht volles Einverständnis; und die »eck bleibenden Einzelsragcn werde» sich voraussichtlich rasch erledige» lassen, so daß der Landtag bald nach seiner Eröffnung mit der Vorlage wird besaßt werten kennen. Dies ist allerdings in hohem Grade erwünscht, wenn daS Gesetz zu Stande kommen und die Tauer der Session nicht übermäßig erstreik! werde» soll. Denn es handelt sich zwar uni eine Specialität, aber dock, um ein umsangreiches und rechtlich schwieriges gesetzgeberisches Unternehme». In mekr als i>(« Paragraphen soll die Errichtung von Bakngrund- bück'crn, die dinglichen Rechte an den Baken im allgemeinen, Thcilschuldverschrcibungen auf de» Inhaber, Zwangsvoll streckung, Zwangsliqmkalio» geregelt und die erforderlichen Schlnßbtslimmungen getroffen werten. Tic gesetzgeberischen Vorschläge bewege» sich zwar in der Richtung der dem Reichs tage seiner Zeit gemachte» Vorlage, weichen aber im Einzelnen mehrfach von ihnen ab. Die holländischen Socialdcmolraten beabsichtigen eine „Hungcrproccssion" nach 'S-Gravenbage zu veranstalten, wo sie der Zweiten Kammer ihre Aufwartung zu machen wünschen. Der Plan ist sehr rassinirt ersonnen. ES handelt sich hierbei i» erster Linie darum, den Onspolizcibchördcii Schwierigkeiten ;» bereiten, denn cS ist sehr webt begreiflich, daß die Gemeinden, welche durch die ans allen Orten de« Landes aumarschirenden Socialdcmokraicn bcimgesnchl werden, sick, nickt bereit erklären dürsten, de» revolntionairen Spazier gängern Untcrkunsi und womöglich auch noch Kost zu gewähren. Wenn je jüuszig Burschen — eS wird in Gruppen von fünfzig marschnl — m einer Gemeinde einrücke», wo die öffentliche Ordnung durch eine» oder zwei Flnrschützcn ausrechl erhalten wirk, und sich durch ihre Führer zu Ausschreilunge» dinreißcn lassen — wer muß da»» die Ordnung aufrecht erhallen? Es ist ja bekannt, daß in jüngster Zeit im Norden tcö Landes der Revolver zu den netbwcndigen HauSgerälbschasien gezählt wird; eine solche Waffe läßt sich leicht verbergen bis zu dem Augenblicke, da man sie nölkig bat. Ein Flurickützc, und wenn er noch so schneidig ansträtc, dürste dann kaum im Stande sein, einem so bewaffneten sanatisiricn Hausen gegenüber seine Autorität gellend zu machen. Militair zu reauirirrn, ist auch nicht so leicht, da man die Garnisonen doch nicht so zersplittern laun, das; Etappe» in alle Ortschaften gelegt werde», in denen die „Hungernden" ver- muthtich Untcrluiist suchen, zumal da die Processivn gleichzeitig in allen Tbeilcn des Landes, welche in der wenig bencirens- wcrthen Lage sink, revolutionaire Elemente unter den Be wohnern zu besitze», ihren Anfang nimmt. Do jedoch die Behörden im Stande sind, daS Wort durch die Tbat zu unterstützen, dürfte die Bewegung schnell im Saude ver laufen. Jedenfalls wird Alles daran gesetzt werden müssen. einer Anhäufung rcvolutionairrr Elemente in der Residenz vorzubeugen, denn einige Tausend — größer ist die Anzahl überzeugter Soeialdcmokraten in den Niederlanden überhaupt nicht — mttertunsislose Männer dürsten, zumal dei kalter Witterung, wohl zu Ausschreitungen geneigt sein. Der RadicaliSmuS und der ihm wurzelverwandte Anarchismus FrantrcichS sind wieder um eine Erfahrung reicher: Wie schon telegraphisch gemeldet, hat der Proccs; vor dem Pariser Schwurgericht gegen den auö der Schule des SecialismuS dcrvvrgegangcnen Anarchisten und llrbcber des BembenattcnlatS in der Pariser Depulirtcnkammer, Vaillant, gestern mit der Verurtbcilung desselben zum Tote geendet Tie Geschworenen, welche 2', Minuten über die Fällung ihres Spruches bcricthe», bejahten säinmt- tiche vierSchulksraaenaufvorbedack>le» Mordversuch und Zerstörung eines ösfcntlicheu GcbäudcS und erkannten dem Mortbubcn keinerlei mildernde Umstände zu, wofür belannUich die Pariser Bourgeois-Presse i» unbcgrcislicher, aber gegenwärtig an der Seine sehr in Mode stehender Sciiiimenialiläl allen anarchistischen „Heltentbaicn" gegenüber in de» riibreudstcn Tönen wochenlang angelegentlichst plaidirt halte. Diese Festigkeit der wechselnden Strömungen der Velksstiuimung gegenüber ist den französischen BerusSnchtern, nameuttich aber den Geschworene» hoch anzurechnen. Man konnte in der Erinnerung an daS Verdick der Geschworene» vcn Ängvulömc geneigt sein, ein milderes Urtkcil für Vaillant zu erwarten, denn der dort gefällte Ricktcr- spruch stand ersichtlich unter dem Eindruck tcS sonveraincn VvllswiUens und ließ der Befürchtung Raum, daß die Recht sprechung in Frankreich ini Niedergänge begriffen sei. TaS gestern gefällte Unheil rettet den Ruf der französische» Rechtspflege: E« gicbt noch Richter in — Paris, in Franl reich, sobald nicht nationaler Fanatismus und Revanchckurst der Gerechtigkeit übcrmächlig in die Arme sallen, oder daS sonst unbestechliche Unheil bestechen und trübe». Aber auch »och nach einer ankeren Seile ki» ist das Verriet im Proccß Vaillant von großem, actucllem Interesse, denn es zeigt, daß die maß gebenden Kreise Frankreichs entschlossen sind, den u»i- stürzenten Bestrebungen der Anarchistcnbandc kräftig ent gegenzutrelen und sich nicht mit Palliativmitlcln zu bc- jttiügcn. DaS furchtlose, ziclbewußte Bor geben Easimir Pener'S ist von erfreulichem, nachhaltigem Einfluß auf das Unheil der UrtbcilSsäbigcn gewesen, unk daü neue Eabincl darf sicher sein, das; eS sich durch seine Politik der Tbatkrast und der rücksichtslosen Entschlossenheit gegen alle den Bestand der Republik gefährdenden Elemente die festeste» Stützen gebaut bat. Dieser Erfolg ist auch vom deutschen Gesichtspunn aus nur zu beglückwünschen. Eine andere Frage ist, ob, wenn der Kopf Baillaiil's gefallen ist, der Anarchismus sick erschrocken znrückziebc» unk teiiic» Bote» mehr für leine Propaganda sinken wird. Diese Frage muß leider bestimmt verneint werden. Auch Ravachol'S Haupt fiel, er wurde zum Märtyrer seiner Genessen, eS kam Loaulhier, cs kam Vaillant und eS werten nach ihm noch Andere kommen, denen cS nach solchen, Martyrium gelüstet. Der Anarchismus ist eine ansteckende Krankheit, die sich auStobc» muß, Sacke der Regierungen aber ist es, dafür ;n sorgen, daß dieser pathologische Proceß unter möglichst wenig Gefahr für die Gesellschaft verlause, und dazu bedarf cS allerwärtS eines wachsamen ÄngeS und einer festen Hand. Möchten sic nirgends fehlen! Ter dem italienischen Ministerium nahestehende „Popolo Romano" predigt als Anlwort aus LaS Urtbcil von Angoulöme den wirtbschastlichen Krieg gegen Franl- rcich und erklärt: „Wir müssen Sorge trage», unsere Be Ziehungen zu Frankreich aus eigenem Willen immer mekr cinzuschränkc», unsere Schulden gegen Frankreich immer mehr zu vermindern »nd für unsere Industrien die nölbigen Roh Nesse i» ankern Ländern statt in Frankreich zu suchen. Unsere Kausleiilc müsse» — es ist gegenwärtig eine patriotische Pflicht — ibr> Bcrbindnligc» mit französischen Geschäften adbvrchcn: die Einsuhr von LnruS Artikeln aus jenem Lande, die unserem Vaterlandc materielle und moralische Schätze kosten, muß aus- hören. Unser Volk, unsere Gewerbe- und Handeltreibenden müssen sich alle vereinigen, um sich so unabhängig wie mög lich von der uns feindlichen Naiion zu machen, wenn man nicht will, das; cS »och schlimmer kommt und noch größerer Schaden für alle verursacht wird. Frankreich bat unö seit sechs Monaten denwirlbschasllichenKrieg erklärt: Italien muß daraus mit allen verjügbarc» Kräften, mit allen möglichen Opsern aul Worten lind wir werden den Kamps gewonnen baden,wenn wir andere Märkte für unsere Einfuhr finden, wie wir andere Märkte für die AuSsubr unseres Weines gesunden haben. Binnen zwei Jahre» haben wir die WrinauSsubr nach Franl reich um 50 Prce. vermindert, aber zugleich diejenige nach den anderen Märkte» um IIO Proc. gehoben." — «v be dauerlich eS wäre, wenn Italien und Frankreich auch auf wirlhschastlichcm Gebiete sich immer mekr enlsremdcten, so erklärlich ist die Erbitterung, die weite Kreis« Italiens — mit Ausnahme etwa der BersöhnungSduslcr um Bongki und Menotti Garibaldi — gegen die „Schwesternation" er griffen bal. kenn Italien hat, seitdem e» sich der Dreibund- poliiik angeschlosscn, unter dem systematischen und erfolgreichen Bestreben Frankreich«, dasselbe wirihschasllich zu rniuircn, schwer zu leiden und eS hat in diesem ungleichen Kamps« Wunden davon getragen, die noch weil gefährlicher, weil nur allmälig heilbar sind, als der Wahrspruch der Geschworenen von Angonldme, über den eine Nalion, wie die italienische, mit Verachtung zur Tagesordnung übergehen kan». In «icilicu ist verbältnißmäßige Rübe cingetrcten. Bewirkt hat sic offenbar der Belagerung-zu st and. Ob sie von Dauer sein wird oder nur eine Panse darstellt, stebl vorläufig dabi». Die Truppenmacht, die sich ans der Insel befindet, erhält fortwährend Zuzug und ist schon jetzt stark genug, um jeden AnsstautSversuch zu ersuch«». DaS M-rnisest, welckeS die soeialistischcu Abgeorduelru nach der Verhängung des BelagcruugSzustandcS erließen, führt eine sehr ausreizenrr Sprache und nennt das Vorgehen der Regierung, deren Langmutb in» ersten Stadium der Bewegung vielfach in Italien selbst getadelt wird, „vorbedachte Gewaltsamkeit". Eolajanni dagegen, der als geborener Sicilianer die Ver hältnisse seiner Heimath genau kennt, mahnt in erfreulichem Gegensätze zu seine» ratiealen Genossen die Sicilianer zur Mäßigung und sag!, »nr Narre» oder Vcrräther könnten an eine bewaffnete Erhebung denke». Mit der Verhaslung des Geist liche» Orso bat die remische Polizei einen guten Fang gemacht. Ter wichtigslc und eompromitlircndsic Tbcst des Briefwechsels, den der Abgeordnete De Fcliec Giuffrida mit auswärtige» Socialisten nnterbiell. war in dem Anzenblicke, da die Pottzci in seine Wohnung eindrang, durch einen jungen Man» scrt- gcbrack't und im Hause seines Okeims, des Geistlichen Orso, versteckt worden. Als die Polizei zn diesem kam, übergab dessen Sck'westcr das Kistihcn, i» welchem die Briese sich be sauren, dem Saeristan der Kirche von Sanla-Lucia, der cs nnlcr seiner Soutane verbarg und damit weglief. Aber das Schicksal ereilte ibn in der Gestalt eines flinken Polizei Agenten, und nun sind die Behörden im Be sitze säminllichcr Schriftstücke. Sic sollen nach der Versicherung römischer Blätter vcn großer Wichtigkeit sein und eine llare Ucbersicht aller geheimen Fäden gestatten, welche seil längerer Zeit nicht nur über Sieilien, sondern Feuilleton. Äuf und nieder. 8s Roman von Edwin Heinz. <Me Rkchic «ordrhallen.) (Fortsetzung.) „Wen meinst Du, Milli? Deinen Eousin, gewiß kenne ich den, auch den andern Herrn, der mit ihm ging. Herrn Berger". > „Der, den ich meine, ging nicht mit meinem Cousin, der ging zuletzt". „Sv, ich weiß nickt, wer er ,ll". Milli kamen zwar Zweifel über diese Antwort, aber Frieda konnte doch auch die Wahrheit gesprochen haben. „DaS war Eckart, ich weiß wirtlich nicht, waS er mit meinem Cousin zu tbun hat, dieser Hungerleider." ^Hcrr Eckart? Wie kannst Du das sagen, Milli?" Milli'S Interesse war schon erschöpft. „Ich kenne ihn sehr genau, er wohnt in unserem Hause." „Papa ist aber mit ihm reckt zufrieden", entgcgncte Frieda. „Nun, da kennst Du ibn ja, kann galt wohl sein aus fallender Gruß Dir; ich glaubte schon, er wolle mich grüßen!" „Ich bade nichts bemerkt, Milli?" „Lassen wir das. Wie ist denn Dein Papa mir ibm dekaont geworden?" „Er schreibt sür Papa und da habe ich ihn einige Male gesehen, wenn er Manuskript brachte." „So?!" Damit war das Tbema verlassen. Die Mädchen schritten »och einige Zeit neben einander, dann trennten sic sich. Frieda eiste schnellen Fußes ihrer entfernt gelegenen Wohnung zu. Melanie bog um die Ecke, wartete einige Minuten auf die Pferdebahn und fuhr nach Hause. Frieda war nicht lange gelaufen, da traf sie von ungefähr Eckart. Er arüßte sic höflich, blieb aber stehen, als ob eS selbstverständlich wäre, daß auch sie stehen blieb und mit ihm plaudere. Frieda überlegte, wa» zu thun sei, aber wie von selbst ging sic langsam, so das; Eckart dies als eine Ein ladung zur Begleitung aussaffcn konnte. Er blieb an ihrer Seile. Sie sprachen von allem möglichen, recht banale» Zeug, aber beide merkte» nichts davon, eS war ihnen ja nur darum zu thun. ein Paar Worte ohne Aussicht zu reden. Nack dem ersten Besuche bei Kübne war Eckart wieder gekommen, und wenn auch Kühne nur sehr wenig sür die Manuskripte Eckart » bezahlte, so batte dieser dock sein gewisse« Einkommen und im Schaffen selbst kam ibm Niemand gleich. In der Tbal war der Geldgewinn nickt der Ansporn zum Fle ßc, eS war etwas anderes, was das Leben Eckart'ö günstig zu beeinflussen begonnen balle, der Einfluß Frieda s. Das sungc Mädchen batte in ihrer Frische und Natürlickkeil einen großen Eindruck auf Fritz gemacht und wenn er sie auck nur selten sab uud noch weniger sprach, so fühlte er sympathisch ihr Wallen und betrachtete sie alö seinen guten Sebutzgeist. Es war mekr als ein Gefühl des Inter esse«, was sie ibm entgcgenbrachtc, eS war eine gewisse Zu Neigung, au« dem Mitleid für den armen Künstler eulstandeii, eine Zuneigung, deren sreundschastliche Gefühle langsam schwanden und der Liebe Platz zu macken suchten. Bei Cckarl war da« Gefühl der Zuneiaung einer gewissen Tankbartcit entsprungen und auch ihn schien allmälig die Liebe zu be schleichen, die Liebe, von der er sonst nicht viel bictt, wie er auch leidenschaftlich nie geliebt batte. Er batte seiner Kunst gelebt und bei ihr und den, Sorgen und Mühen, die sie brachte, da« Lieben vergessen oder nickt gelernt. Immerhin war der Ton, den die beiten gegeneinander anschluge», nur ei» sreundschastlickcr, ein kamcratschasllichcr und zu irgend einer Andeutung eine» weitcrgebendcn Interesses war eS von keiner Seile gekommen. Frieda konnte dabcr mil gutem Ge wissen, als ibr Vater, welcher sie mit Eckart kommen sab. ihr darüber Vorkalt machte, behaupten, daß kein Grund zu irgend einem Verweise vorliege »nd daß. wenn der Vater ibr auch bemerkte, daß man niemals seine Mitarbeiter zn familiär behandeln dürfe. Lies nicht der Fall sei. Sie schätze den jungen Mann und bringe ibm ein Maß von Achtung entgegen, daS sich aus da« Unheil ihres Vater- ganz allein gründe. Herr Kühne batte hierzu nicht« bemerkt, sondern nur im Allgemein-» gesagt, daß alle freie» Berufe, Künstler und Schriftsteller, sofern nur die Leute über da« Handwerksmäßige binauSragtcn, ein pdilistcrmäßigeS Leben nicht gebrauchen könnten. Lolche Leute bedürften der Anregung und diese Hollen sie sich oft ohne Rücksicht aus ihre gesellschaftlichen und familiären Pflichten. Dazu batte Frieda lackend den Kops geschüttelt, war aus ibr Zimmer gegangen und ertappte sich bald in einer Träumerei» in der sie die Muse eines gottbegnadeten Künstlers war. Am Nachmittag desselben Tage« ipracy Eckart bei Direclor Trübe in der Wohnung vor. E« war selbstverständlich ge wesen, daß im Lause der Tage »ach deni Brande Eckart mit Trübe bekannt geworden war und daß sich auch dadurch sein Verbältniß zu Willy Trübe änderte, d. h. ein besseres wurde als da« nur ans dem gemeinsamen Knechtisch beruhende. So war Eckart in das Trübe'sckc Hau« gekommen und balle sich bald daselbst beliebt gemacht, so daß er ein gern gesehener Gast wurde. Besonders Frau Trübe fand Gefallen an dem geistig bedeutende» Gesprächen Eckart « und an seiner Kunst, so daß sic den jungen Mann init einer gewissen mütterlichen Fürsorge, wie sie cS naunle, protcgirtc. Sic wußte wie jeder, den die Sache anging, daß ibr Mann für Kätbe Hcndrich, die in Untersuchungshaft war, einen Rechtsanwalt genommen batte. Sie balle nichts dagegen gehabt, wie sie überhaupt sick in die Angelegenheiten ibrcS Manne«, seil er Dircctor der Bant geworden war, nickt mekr mischte, als ihr nölbig zur Aiiciftrnng erschien. Und ihren Mann anzueiscr», dazu batte sic in der letzten Zeit nicht viel Beranlassung gehabt Der Direktor arbeitete wie ein Bär. so sagte man im Comptoir, obgleich man dort einen Bären noch nicht batte arbeiten sehen. Er besorgte Alle» selbst, saß stnntculang über den Büchern, eonscrirle mil dem Rcchl-srcunde der Bant, hielt Aussicht«,aibssivungc» ab, ließ sich bei anderen Gesellschaften in de» VcrwattnngS- ratb wählen und war für die Einsäkelung gewiiinbringender Geschäfte für die Bank tbälig. DaS Schicksal Käthens be rritete ibm zwar einige Sorge, allein durch den RcckNSanwalt, den er sür Käthe gewonnen batte unk der sei» intimer Freund war» dem er auck den Sachverhalt mitgelheill batte, batte er immer Nachricht über sie erkalten. Unruhig machte ibn und den Recktösreunv nur, daß man eine eigentliche Anklage gegen Kälbr noch nicht forniulirl batte, weil sic in rin schwere« Nervenfiebrr gefallen war. Aber auch seiner Frau wollte er einen Lieblingswunsch erfüllen. Man batte schon viele Male in ibn gedrungen, sich zum Stadtverordneten ausstellen zu lassen, immer wieder batte er unter Hinweis aus seine Arbeitslast adgeleknt; ncucrdiug» aber hatte er sich dem Be streben seiner Geschäftsfreunde, die sich viel Vorthcil sür die Bank davon versprachen, mehr geneigt gezeigt, und unter rer Oberfläche, in den Kreisen der Bürgerpariei, war man mit Hochdruck sür seine Wahl tbälig. Man war übrigens sicher, ihn durchzubringen, aber man wollte eine recht große Stlmmrnzahl aus ihn verrinigru, daher die thärige Minir- arbcit. Einige schüchterne Stimmen sprachen sogar von einer Cantidatnr iiir den Landtag. Als Eckart einirat war nur Frau Trübe anwesend. Tircetor Trübe war schon in seine Bank gegangen »nd Will» schliei seine» Rausch von, Früksclwrpen aus. Frau Trübe saß am Fenster mit einer Handarbeit dcschäiiigt und schaute von -je>t zn Zeit aus die Straße. Ibr sein gcschnittene- Prosil hob sich in scharfen Umrisse» von dem Fenster ab, ihre Haltung gav »hr etwas ungemein Vornehmes. Sie ließ Eckart ei» paar Schritte in« Zimmer thu», dann stand sie aus und »am ibm »nt gewinnender Freuntlichkcil entgegen. „Ich bedauere", sagte sie, „taß mein Man» schon sori- gegangc» ist und Willi, »och schläft, so das; Sie schon mit meiner Gesellschaft sürlicb nehme» müiftn, Herr Eckart" Dabei bat sic durch eine Haurbcivegung Platz zu »ebmc» Sic selbst setzte sich wicrcr a»S Fenster und legte ihre Hand arbeit aus c>» Tischchen. „Mein Scbn gefällt mir in der letzte» Zeit gar inckt mebr", snbr sie kort, da Fritz nichts sagte, „es wäre mir reckt erwünscht, wenn Sic einmal aus ibn cinwirlen wollen, das; c» diese» unselige Kneipenlcben ausgicbt und sich mehr der Arbeit, sagen »vir nock kesser seiner Gesundheit widmet Es taugt nick>t sür ibn daS viele Biertrinte»: leider sin» meine Ermahnungen nmftnst und so muß ich mich wohl, da mein Ma»» der Sacke zu wenig Beachtung schenkt, nach Hilfe ninfthen. ^ie baden Einfluß aus Willn und ich bitte Sie recht sebr denselben in diesem Sinne Wirte» zu lassen." „Sic scheinen mir großes Vertraue» ,'ran Trübe", an! worletc Fritz lächelnd, „dock bin ick gewiß die iingccigncistr Persönlichkeit, zu solch einer Mission Ick selbst habe nock biS vor gan; kurzer Heit an diesem Gelage lbeilaciioiiimen und da ick bedeutend älter als Will» bin, so würde er wobt meine Belehrung unk meine Ermahnungen mit berechtigtem Spott zurückwcisen. Ick balle übrigen« die Tawe für nickt so schlimm. Binnen Kurzem gebt der Tisch, der Pandcltcnlisch, wir er sich nennt, so wie so den Weg alles Irdischen. ES sind nur nock einige Säulen da. die ibn ballen, aber diese wer den auch brecken Rcsrrendar Berger bat heute seinen Ab schied vom Tisch genommen, der Dienst, dt» e, bei der StaatSanwallschast bat, erfordert dock, mebr geistige »kraft, als ibm das Bier übrig ließ, der dicke Nlpia» ist abgcreist, SchindcrhanncS, oder wie er beißt Banmgarte». bängt nun schließlich doch seine Philologie a» den Nagel mir will sick dem Kausmannsstande widmen, wo er eher etwa« verdienen kann als mit der gelehrten Schulmeister«, ich din nur noch
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