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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.01.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-01-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940115024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894011502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894011502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-01
- Tag1894-01-15
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Tabellarischer und Ftssrrosatz «ach höherem Tarif. Artra-Veilagkn (gesalzt,, nur mit der Morgen»Ausgabe. ohne Posldesördrruug SV—, mit Postbesärderuug ^ 70.—. ^naat,mrschlllk für Anzeigen: Abend-Au-gabe: Bonnittag- 10 Uhr. Morgeu»Au»gabe: Nachmittag« 4Uhr. Sou»- und Festtag- früh '/,9 Uhr. Bei deu Filialen und Annahmestelle» je ei»e halbe Stund« früher. Unreige» silld stet- an dt« Expeditiaa zu richten. Druck und Verlag von E. Pol» k> Leipzig. ^°26. Montag dm 15. Januar 1894. 88. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig. 15. Januar. Wenn die principicllen Gegner der Reicksfinanz» resorm aus dem bisherigen Verlaufe der ReickStagSdcbatle über die Tabakfteucrvorlage ans die völlige Verwerfung dieser Vorlage schließen und darüber in Entzücken geratbcn, so ist da- nicht gerade verwunderlich. Wer sich in reiner Negation gefällt, ist schon zufrieden, wenn er etwas zu Falle bringen kann, und denkt nicht an die Folgen. Aber schwer begreiflich ist eS, wenn Leute, die von der Nothwendigkeit und Unabwendbarkeit einer solchen Reform überzeugt sind und nur von der Tabaköindustrie das Schicksal einer neuen Belastung abwenden wollen, über den bisherigen Verlauf jener Debatte trininphircii und dieses Schicksal bereits für abgewendet ballen. DaS ist ein schwerer Irrlhum, der leicht vcrhängnißvoll für kiese Industrie werden kann. Gerade die völlige Ablehnung der jetzigen Vorlage müßte und würde eine Strömung zu Gunsten einer stärkeren Heran ziehung dcS Tabak- Hervorrufen, gegen die alles Ankäinpscn vergeben- wäre und die höchst wahrscheinlich eine unheil vollere Form der Belastung bcrbeisnhren würde, als die, mit welcher die verbündeten Regierungen bei der jetzigen Lage der Dinge sich zufrieden geben dürsten. Die wahren Freunde dieser Industrie und die Interessenten selbst sollten daher, statt zu früh zu trinmpbiren und die übelsten Folgen über sich und ihre Interesse» heraufzubeschwöreu, die sich darbietcnde günstige Gelegenheit benutzen und aus eine annehmbare BcstencrungSfeiin binzuwirken suchen, die vor künftigen größeren Nebeln schützt. Diese Mah nung begründet unser Berliner Ks-Eorrespondent heute ausführlicher im Folgenden: „Wo immer in den letzten Tagen den Behauptungen einer „definitiven Niederlage Miguel «" cntgegengrlrcten worden ist, geschah die- nicht etwa, um da- Gegenthcil zu versichern. Man kann eben von einer Ent scheidung nicht sprechen, nachdem hervorragende EcnlrnmS- Politikrr im Lande und angesehene Organe dieser Partei sich für die Finanzresorm ausgesprochen haben und auch nicht zu berechnen ist, wie in anderen Parteien sich das Berhältniß der Zustimnienden zu den Ablehnenden stellen wird. Vor läufig bleibt die Bewilligung der allerdings sehr modi- sicirten Tabaksteuern or läge im Bereiche der Möglichkeit. Die augenblicklichen Adspccle» lassen die Wahrscheinlich keit eine« solchen AnSgaugS allerdings nicht groß erscheinen. Aber das kann sich ändern Wenn die Tabaksteuer aus eine Sandbank gerälh, so wird da« hauptsächlich dadurch ver ursacht sein, daß man versäumt ha», ihre Segel durch Luxus- steuern und die Webrslcucr zu blähen. Ob »S technisch möglich ist, diesen Fehler vor dem 1. April gut z» mache», ist zweiselhaft. So kann c- komme», daß wir in das nächste Etatsjahr mit einem rcichSfinanzicllc» Provisorium binein- gehen, und Diejenigen, die „aus BoSbeit »nd Plaisir" die schärfere Heranziehung de- Tabaks bekämpfen, können dann von ihrem Sieg und der Niederlage de« Herr» Miquel reden. Nicht so die Interessenten. Diese werden erleben, daß Herr v. Schraut zu wenig gesagt hat, als er in Aussicht stellte, die Ablehnung der Vorlage werde eine Beruhigung der Tabakbranchc nicht zur Folge baden. Im Geaeniheil, die Beunruhigung würde erst eigent lich beginnen. Wir nebnicn da-, >va« Gras Posadowsky von Zuschlägen zu directcn Steuern in den Eliizclstaateii gesagt hat — 31 bis 75 Prcccnt — sehr >:»m zrruno «rllü. Da das neue HeercSgescy im nächsten Jahr noch nicht die vollen Kosten verursacht und die einzelstaatlichen Etats noch einige Einschränkungen vertrage», so würde die Ueberwälznng eine« ThcilcS der neuen HecreSlasten auf die über wiegend durch directe Steuern gespeisten bundes staatlichen Lassen zunächst nicht überall drückend empfunden werben. Ader dieser Zustand kann nicht lange anhalten, die Zeit muß kommen, wo die höhere Besteuerung de- Tabaks im Lande viel stürmischer verlangt werden wird, als man sie jetzt bekämpft, lind kein Finanz- minister, mag er selbst Theodor Barth heißen, würde widerstehen können. Tie Nichlintercssenten könnten dabei bestimmt auf den SuccurS der großen Interessengruppe der Tabakpslanzer rechnen. Denn darüber darf man sich nicht lauschen: die durch den sinnbethörenden Trommel wirbel der letzten Monate zu Streitern gegen ihren eigenen Vortbeil geworbenen Tabakbauern werden sebr bald inS andere Lager bescrtiren. Ter für den Fall der Ablehnung der Tabakvorlage angckünbigtc Antrag Clemin aus Erhöhung des TabakzellcS, der von diesem Reichstag selbstverständlich auch abgelehnt würde, muß der Ausgangs- punct einer >en Inleresie» der Fabrikation ganz besonder- bestig widerstrebenden Agitation werden. Die „Beruhigung" der Tabakindustrie, die durch die pure Ablehnung der Vor lage berbcigefübrt würde, hätte eine verzweifelte Aebnlichkeit mit der Beruhigung des Kranken, de» man unverrichteter Dinge von dem Operationstisch mit dem Bedeuten bebt, der Schnitt werde vier Wochen später gemacht werden. Ist die Vertagung der Fabrikalsteuer nicht ii» Interesse der Stetig keit gelegen, so kann sie noch weniger der definitiven Regelung in einer die Wünsche der Industrie möglichst be rücksichtigenden Weise frommen. Eine vom Lande geforderte Tabatstcucr würde sehr viel anders a»S dem Reichstag bcrauS- koniinen, als die jetzige, spontan von den Regierungen vor- geschlagenc, vom Pnbiicum tbcilS gleichgillig, tbeils unwirsch aiisgcnommcnc. Eine so günstige Situation, eine Tavaksicncrvorlage im Sinne der Industrie zu in o dificircn, toin in t wahrscheinlich niemals wieder: die Pflanzer schwanken, die Erwartungen der Regierungen sind herabgestiininl, die großen Massen von der Notbwcndig- leit einer höhere» Besteueruiig de« Tabaks nicht überzeugt. Man thul gut, zuzugreifeu. Durch die complicirten Parteiverhältniffe in Böhmen sind besonders die Alte zechen in eine arge Position geratbeu. Sic zählen freilich kaum mehr als Parlci, da sie Niemand hinter sich haben und dir Mehrzahl ihrer Anhänger in daS junezechische Lager Ubcrgegangen ist. Waö noch bei der Fahne auSbarrt, daS schwebt gewissermaßen in der Lust, und an» Berichten aus Prag .st deutlich die Ratb- losigkeil dieser Gruppe zu erkennen. Da» Baud, daS sic mit deu conscrvatlve» Großgrnndbesitzcrn verknüpfte, ist zerrissen, da sich diese Len EoalitionSparteien angcschlosien habe», die Altczechen aber gleich den Iungczechen gegen Vir Eoalition Stellung genommen baden. Sie sind nun un schlüssig, wie sic diese Opposition maniscsliren sollen. Nach einer Lesart ist eine korporative MandatSniederleguiig geplant, nach einer ankern soll ein Manifest a» daS böhmische Volk erlassen werden. Aber weder mit der einen, noch mit der andern Actio» wird ein Erfolg »» erzielen sein, denn die Rolle der Altrzechen ist überhaupt auSgespielt. Sie batten eS in der Hand, in der Frage deS böhmischen An« gleich«, als vermittelndes Element zwilchen den Iuiigczccheii »nd den Deutschen, die Wege für ein ruhige- Nebeneinantcr- leben beider Nationalitäten zu ebne», und eine Zeit lang schien eS, als ob sie fest gewillt seien, mit den Wiener AnSgleichspnnctationcn zu sieben und zu falle», allein sic ließen sich zuletzt doch wieder von den jungczechischen Führer», die i» maßlosen Agitationen die allezechilchen Wähler gegen sic aufwühlte», terrorisiren, wurden schwankend und gingen, Feuilletsi». Auf und nieder. UZ Roman ron Edwin Heinz. t»ll« Rechte veltchaltni > (Fortsetzung.) VI. Der Frühling war in« Land gekommen Ueppig hatte die Natur ihren Blntbcnschnee anSgetheilt, die Saaten stände» vortrefflich, die Vögel sangen vor Lust und man begegnete sogar in den Straßen manchmal z»srictei>e» Gesichtern. Nach einem kalten Winter war wieder Arbeitsgelegenheit gekommen, die Sonne lockte zum Kausen und mit dem Frühling in der Natur war auch Frühling an der Börse tingckebrt Handel und Wandel nahmen einen sichtlichen Aufschwung und dabei profitirle schließlich rin Jeder, auch wenn er nicht zur Kanf- mannschasl gehörte. Draußen an der Mumpcndorfcr Ebaussee bauten die Maurer lustig, ein HauS war schon bis zum ersten Stock gebracht, die fünf anderen strebten eilig in die Höhr. In siebcrbasler Tbätigkeit befand sich Bankdirrclor Trübe. Er war früh zur Stelle »nd Abenrs einer der letzten. Oft glanzte sein Auge vor Schaffensfreudigkeit und wenn er AbendS nach Hause kam, oft spät ans irgend einer Sitzung, war er toktmüde. Die Bank batte viel zu thun, und ihre Gelder wurken stark in Anspruch genommen. Sie war ja hauptsächlich für die Handwerker und kleinen Kauflenle da und diese brauchten um diese Zeit Mittel über Mittel. Bei den Kaus- leuten wurden die Winterrcchnnngen, bei den Handwerkern wurde Geld für Arbeitslohn und Material, soweit solches nicht auf mebr als nenn Monate geborgt wurde, fällig. Da kam eS denn schließlich vor, ^aß Trübe Privataudienren er- theilrn mußte, in denen ibm einTapezierer oder ein Schlosser auS- emandrrsetztc, daß er de» Lobn doch bezahle» muffe, daß er daS Geld absolut gebrauche, und daß die Bank ja zum Herbst, wenn die Häuser scrtig waren, alle« zurückerhielt. Wechsel wurden bervorgebrachi. die sich zum Verwechseln ähnlich saben, fünfzig Mark, achtzig Mark, hundert Mark, selten zweihundert Mark lauteten kic Beträge, und die Hand Ichrfflen und Namen waren Trübe schon so bekannt, daß er nicht mehr hinsah. Da zog der Stellmacher auf den Klempner, der Klempner aus den Ofensetzer, der Ofensetzer auf den Tischler, der Tischler aus Robliescranten und so weiter, alle Handwerker waren vertreten, nur Bäcker und Fleischer nicht, »nd man sah eS kiesen Wechseln »nd Wcchselche» a», daß sie in der Kneipe gemacht waren, daß ein guter Freund einem andern seine Unterschrift geliehen halte, daß dieser wieder jenem gefällig gewesen war. E» war Gcld- macherci, wie sie jetzt so i» Blüthc steht. Trübe durch schaute daS ganze Getriebe, er wußte genau wie eS stand, aber er stellte sich oft genug unwissend. Wen» dann der Eassirer daS Accept kcö Lackircr» zurückwicS. weil er wußte, daß dieser effectiv nicht- besaß, unk schon aus vielen Wechsel» als Acccptant, als Aussteller, als Girant figurirte, so drang der Aussteller, ker Schuhmacher, bis zu Trübe vor und machte ibm klar, baß ker Lackircr jetzt drei Baue habe, die ankern sicher nächsten« kriegen könne, daß er mehrere Gesellen beschäftige und ebne Zweifel gut sei. Wen» dann der Direktor nach dem Ursprung der Wechselschuld fragte, erzählte der Schuhmacher, der selbst genug Sorgen für sich hatte und dessen Accepte für Leder vor Neujahr schon manchmal protestirl worden Ware», daß er dem Lackircr im Winter eine größere Summe baar geliehen bade, wogegen dieser »un sein Accept gegeben hätte. Trübe lbal ihm den Gesalle», als er noch zwei Giranten brachte und diScontirte den Wechsel und so ging cö alle Tage. Er wußte, daß er vielleicht hier »nd da Gefahr liefe, wenn ihm aber tic Sache für die Bank zu kritisch vorkam, so gab er in seiner Person Sicherheit, denn er hatte die Leiden eine« Handwerker« durchgemacht und er kannte seine Mitbürger, daß sie im Grund ebrlich waren »nd daß sie Alles daran setzen würde», die Wechsel zu bezahlen, aus eine Pro longation ober mehrere durste eS nicht ankominrn. Aber mit der Prolongation verdiente die Bank Geld, den Hand werkern freilich wurde die Sache tbeuer. Aber in dieser Beziehung war ihnen da» Rechne» unbekannt, sie wollten ja wegen ker Kosten lieber ei» paar GlaS weniger trinken, bann würbe e» schon geben. Baar Gelb lacht, und wenn Jemand für ein Papier mit drei Unterschriften, einem Datum und der Zahl ll>«> nur 96,89^ erhält, so ist ihm die Differenz nickt«, er geht wohl »och inS WirthShauS und runket die Ziffer ans 96 oder gar 95 ab. Bankdirector Trübe begriff den Werth seiner Stellung und was er tbuii konnte, tha« er Schon oft war er wegen seiner „Gutmüthigkeit" von dem Vorsitzenden de» AussicvtSratbe«, Kübne. freundschaftlich getadeii worden, allein er bewic«, daß bei riaorosem Vorgehen die Bank, die im Handwerkerstand wurzele, ihre Aufgabe verkennen würde. Die Verdienste, die sich als in Folge der Omladina-Demvnstrationen der BelagerungS zustanv über Prag verhängt wurde, in bellen Hausen i»S Lager der radikalen Iungczechen über, denen sie nunmehr für immer verfallen sind. In Belgien bat bekanntlich in der vorigen Woche ein .internationaler Eolonialverein" (lu-ititutintor- national colonial) das Licht der Welt erblickt. Der Verein, der in Brüssel seinen Sitz bat, soll ausschließlich wisseiischafllichen Zwecken dienen und leine» irgendwie amt lichen Ebaraklcr tragen. Als Ziel seiner Tbätigkeit wird in den Satzungen bezeichnet die Erleichterung und AnSdcbnllng der vergleichenden Studien über Eolvnial- reckt und Eolonialverwaltung und die Anbahnung vc» iiiternationalcn Beziehungen zwischen den Vertretern ker Eolenialwissenschastcn, wen» man sich so auSdrücken bars. Zu diesem Zweck soll eine internationale „AuSkunstci" gebildet werken, besser gesagt eine Art von ständigem wisieiischasllicheli Ausschuß, welcher die besten Arbeiten durch te» Druck veröffentlichen wird. Die Zahl der ordentlichen Mitglieder dieser Eolonialakadeniie ist a»f litt beschränkt, denen kaS Recht znstebt, weitere außerordentliche Mitglieder zu wählen. Alle politischen Fragen sind auSgeschlvssc». H» jedem Iabr soll eine Versammlung an einem vorder zu bestimmenden Ort slattsindcii. ES ist benierktliSiverlh, daß die begründende Versammlung, wie sich jetzt beranöstellt, von Deutschland und England, den beiden Völker», welche in den letzten Iabrzehulen die größte Zabl bedeutender Eelonialsvrscher ge liefert haben, nicht besucht war. Die Anwesende» waren ausschließlich Belgier, Holländer und Franzosen. A»S diesen drei Nationen ist denn auch mit Hinrufüg»»,, eines Engländer- der Ausschuß zusammengesetzt, bestehend a»S den HH. Leon San, Mitglied der französischen Akademie, Lord Rcay, Frans va» de Pulte, ehe maligem holländischen Eolonialministcr, und Eamillr Iaiissc», ehemaligem Genrralgouverneur dcS E'ongo- staatcS. Deutschland ist ohne Vertreter geblieben, und daS drückt der ganzen Sache vorläufig de» Stempel der Einseitigkeit auf. ES wild die erste Aufgabe der neurn Akademie für Eolonialwissenschast sein, diesen Fehler auS- zngleichen. Ohne daS dürste doch die Weissagung der „Indöp. Belge", die der neuen Gründung einen »nglaudlicb über schwänglichen Artikel widmet, das Institut solle für die Eolonifation ei» elektrische« Licht im Dunkel der Nacht sein, nur zu einer sehr einseitigen Beleuchtung führe». Der Dichterpolitiker Björnstjerne Björnson, der eine Zeit lang seine gegen Lchmrden sich richtende aussracheliide Tbätigkeit einschrankle. aber seinen Eintritt in die Agitation für die diesjährigen Wahlen in Aussicht stellte, veröffentlicht in einer der letzten Nummern von „VcrdrnS Gang" eine» mit seinem Namen »nterzeichnelc» Artikel, der da« Gehässigste darstellt, was Björnson sich bisher i» seiner pnblicistiscken Tbätigkeit geleistet hat. ES wimmelt darin von Ver dächtigungen gegen den König, gegen die Rechte in Norwegen und gegen Schweden. Co erzählt er darin, daß man in Schweren nach einer ibm vo» dort gewordenen Mitlbeiluiig folgenden Plan hege: Wenn die norwegische» Radikale» bei de» Wahlen gewinnen und eine solche Mebr- beit erlangen, das; ein Reichsgericht (»ni das Stang'schr Ministerium zur Verantwortung z» ziehen> z» Stande komme, so solle der König so weit getrieben werden, die Ausführung dcS RcichtSgerichlSurlbeils zu verweigern, und wen» dann Unznsriedcnbkil und Ausruhr >» Norwegen entstehe, solle ei» schwedisches Heer ein rücken und die Flotte nacksolge». Angesicht» der „»ngebcilrrn Rüstungen" Schweden«, zu denen cs durch den s. Z erfolgte» Beschluß des außerordentlichen Reichstags, der die neue HeereS- organifation genebmigte, in Stand gesetzt worden sei, inabnl Björnson Norwegen zu starken Rüstungen. „Bewilligt leben, ja zehn Millionen — wenn wir nur die KriegSsurckk damit unterdrücken und wir damit nur freudige norwegische Lsficiere und frische» Mutb unter den Helmen schaffen." So spricht der Friedensapostel, der im AuSlande der Ab rnstnng das Wort redei, im eigenen Vatcrlande aber in seinem verblendcien Haß gegen da« Königshaus und Schweden Kricg«ri'>stuiigen empfiehlt. Daß die immer mehr an- scbwelleiide antiuiiionistische Bewegung in Norwegen der schwedischen Regierung und dem König Sorge bereiten und daß sic über kurz oder lang einer beide Tbcile befriedigenden Lösung cntgcgcngesübrt werken muß, läßt sich nickt leugnen; io dramatisch aber, wie Herr Biörnson es sich denkt, wird tic Sache denn doch nicht verlaufen. In Rußland bat das Neujahrsfest, wie der Telegraph bereits gemeldet bat, eine Anzahl von Eriicnnni: gen und AliSzcichnungcn gebracht, worunter namentlich zwei von besonderem politische» Interesse sind. Es erhielt der Staats sccretair und M»»slcr des Auswärtige», Herr v. Gier«, den Andreas-Orden und der Ober -Procuraior des heiligen Shuod, Herr Pobjcdonoßzcw, den Titel eine« Staats sccretairs dcS Kaisers, welche» Titel er, obgleich Mitglied de« Miiiistcr-Eoniitös, bisher noch nickt geführt batte. Für die auswärtige Politik Rußlands wird man die dem Leiter der selben zu Tbcil geworrene Ordensverleihung als ein neues FriedenSsymptoiil verzeichnen dürfe», dessen Bedeutung tnrch den Wortlaut deS bei dieser Gelcgenbcit an Herrn v. Gier« gcrichlctc» kaiserliche» Erlasse«, welcher die Zusriedenheit des ZarS mit der Tbätigkeit seines Minister« zu unzweideutigem Ausdrücke bringt, noch wesentlich erhöht wird. Darf man somit in der Auszeichnung des russischen Minister« de« AuS wartigc» ein gutes Zeichen für de» friedlichen EurS narb Anßc» erblicken, so liefert audercrscilS die Ernennung des Obcr-ProcuralorS des Heiligen Synod zu»> Slaaissecretair dcS Kaiser« de» Beweis, daß eS auch in der inneren Politik beim alten Eurse bleibt, wa« als ein minder gutes Zeichen bezeichnet werde» muß, da Pobjeboiivßzcw schon zahlreiche Beweise seiner aller srcibeitlicden Entwickelung des Zarenreiche- abholden Gesinnung gegeben bat und als ab gesagter Feind des DeiitsckiibninS und dcS deutsche» Prote stantismus berüchtigt ist. Namentlich die viclgequällr» Ost seeproviiizc» können ei» betrübliches Lied davon singe» Ob der Rücktritt de« Instizminisiers Ma nasse in und die Ernennung Mnrawjcw'S zu seinem Nachsolgcr geeignet ist, den Ein sl»ß Pobjcdvnoßzcw's einigermaßen zu paralvsircii, muß »och tabiiigcstclll bleibe», da ma» über die politische Richtung des neuen IuslizininislcrS noch z» wenig oricnlirl ist. Manassciil bat sich s'cseiitcrS bekannt gemacht durch seine als Senator anSgcsübrte „Revision" der Ostieeprovinzen. Sein Strebe» ging aus die Vernichtung des gcrinanischcn Elements, und er scheute vor keinem Gewaltsck>rilt zurück, um den Panslawismus i» jeder Weise z» fördern. Andererseits galt er als lebhafter Besürworlcr der Geschworenengerichte, ^ür die er bas russische Volk schon für reis hielt. Mnrawjew ist ei» noch junger Blau», der sich als Staatsanwalt beim Proceß gegen die Mörder Alexander II. seine Sporen ver diente. Seine Anklagcschrist wurde als incisierbasl vezeicknek. Er war dann Procuraior beim Senat in PclcrSbnrg und später in ähnlicher Stcllnng in Moskau. Vor Kurzem wurde er Schriftführer de« Rcich-ratbs. Ter neue Reich« secretair v. Plcbwe nahm ebenfalls Tbeil au de», Proceß gegen die Kaiscrmörtcr »nd soll ei» tüchtiger Jurist sein. DaS am russischen WcihnachlSscste i» allen Kirchen des Trübe um sic erworben Halle »nd dicTbalsacke, daß seit seiner Direktion ein nenuenSwerther Verlust nickt entstanden war, iuackte für die andere» AusslchtSrätbe, die selbst Handwerler waren nnk unter Umstände» Trübe selbst gebrauchten, die vorsichtigen Aeußerunge» Knhnc'S gegenstandslos. Freilich ging Trübe auch nickt weiter, als er vor sich selbst verantworten konnte. Wie oft balle Trübe schon eine» Vortrag darüber gehalten, daß da« Großcapital kein Herz für den Mittelstand habe, und daß einzig und allein die VolkSbank de» Bedürfnisse» entgegen käme, entgegenkommen müsse, dann hatte» sic iki» Alle zugestiinmt, und wenn in Berlin wieder argentinische und griechische Anleihen, oder amerikanische Eisenbahnen zur Zeichnung anslagen, da baue» sic Alle die Faust in der Tasche geballt und über das schöne Geld geklagt, da« nun inS Aus land ging, während eS im Inlandc nützliche, sichere und gcwiniibriiigcndc Verwendung finden konnte. So war der Bankdireelvr Kart Trübe in den Kreisen dcS gewerbliche» Mittelstände» ei» populärer Mann geworden, und als schüchtern der Gedanke anstauchte, ihn z»m Stadt verordneten z» wählen — wer ibn zuerst geäußert batte, wußte man nicht —, da schlugen sie sich Alle an den Kops und wußten nicht, warum er nicht schon lange in den von so Vielen mit Ehrfurcht angesehenen Hallen saß. DaS stand bald fest, daß Trübe der einzige »nd richliHste Eandidat sei, und wenn auch Trübe im Privalgespräch die Ehre wegen seiner GeschästS- übrrbürdung ablebnle, so hals ihm da« »ichlS, er mnßic eS werten. Neben Denen, die auS Begeisterung für Trübe stimmten, gab eS eine Partei, die eS aus Berechnung that. Man wußte, daß Trübe energisch war und daß er, wenn er einmal ein öffentliche« Amt, mit Aus nahme des Armcnpslcger», Halle, er bicS auch ordentlich verwalten würde. Trübe war neuen Idee» zugänglick, »nv brr Mann, dem Geschäft und der Bautust iviercr aus die Beine zu Helsen. Und eS harrten so viele Dinge der Er- lediguny. Der Durchbruch der Sandslraßc, die Entscheidung über die neue Easerne. eine neue Eisenbahnlinie, Umbaue, Schleußenanlagkn.Neupslastcriingen, Ba» eines BkamlenkanseS. elektrische Beleuchtung, Hebung teS Verkehr«, Ausstellungen, kurz ein Programm mit unendlich viele» Pnnctcn und Wün schen, ein Programm, von dem Icker prositircn wollte, ohne zu dessen Durchführung irgend etwas z» arbeiten oder zu zahlen. Man meinte, daß Trübe dies Alle« allein machen könnte, man fragte >k» nicht um seine Meinung, inan nahm einsach an, daß er der gleichen Ansicht sei wie der Wünschende und daß eS nur des Ausdrücken» der gemeinderätdlichen Dornenkrone bedürfe,« um a»S Trübe'- Hirn die Saat sprießen zu lassen, die man, ohne zu zahlen, ernten wollte. Trübe wußte daS und batte c« auck> oft genug gegeißelt, — aber bat schon jemals Icmank seinen Wunsch anfgegeben, wenn niai, ibm lackend die Erfüllung verweigerte? In der Seele Trübe » sah eS nickit so geordnet auS. wie ma» vo» dem Mainic verlange» konnte, rer der Stakt gegenüber da« Sinnbild der Solidität und Ordnung war. Z» Hause batte seine Fra» einen Ebaraktcr angenommen, eine Haltung, die er sich nickt zu deuten wußte. Er war mit seiner Auguste bald sünsnndzwanzig Iabre glücklich civcsen, glücklick, was man so glücklich nennt. Die Arbeit arte sic znsainiiieiigcsübrt, sic halten zusammen gespart, geschasst, nebenher batte Jeder zu seinen» Tbcile Will» erzogen und daS Leben baue sich als ein äußerlick glückliche« gestaltet. Aber in der Sorge um den Erwerb batten sic sich selbst vergessen und sic waren sich innerlich fremd geworren, ebne daß sie cü wußten. Es war nickt unbesrietiglcr Ehrgeiz, der die Falte um AugnslcnS Mund zog, cS war daS wie Trauer um die verlorene Maie»zeit der Liebe. Sie wurde dessen erst in»e, als sie nicht mehr so arbeitete, als sie mehr über fick nacktcnken konnte und ajs Will» ihrer Meinung nach falsche Bahne» cinschlug. lind Trübe selbst batte in der Snckt »ach Zerstreuung vo» seiner anstrengenden Arbeit, von seinen geschäftlichen Sorgen, die Auswahl unter tc» Mitteln zur Zerstreuung nickt so ge troffen, wie eS sei» sollte. In lustiger Gesellschaft war er länger i» der Kneipe geblieben, als cS ibm zuträglich war und darüber batte er seine Frau vernachlässigt, batte er sei» Familienleben bintcii angesetzt und feine Fra» war ibm darüber gram geworden, wen» sie ibn auch ,n entschuldigen stichle und sich nicht« merken ließ. E« traf sic aber doppelt schwer, daß ibr Mann AbendS erst um Mitternacht beiinkebrte »nt daß die» die Wockc drei oder vier Mal passirtr, daß ibr der Ilnigang mit einer glcickstcbcnken Frau fehlte, daß auck Willy dein Ncberniilib der Jugend rollig den Tribut zollte. UebiigcnS wurde die leise Enlsrcuitung nur den beide» Gatten gewahr, selbst Will», der dock ein scharfes Auge batte, mcrltc nicht» davon. Es war nur Gc»llblS«achc. Aus Trübe drückte die Ungewißheit über daS Schicksal Kätbe's schwer. Eine Anllage war iinmer neck nicht gegen sie sorinulirt, sic lag ja auch »och schwer lrank darnieder und ibr Vcrtbcidiger, Trübe - langjähriger Freund, l>r. Reinbolt, batte sie nur ein Mal sprechen können. Nun machte er sich Vouvürse, daß er sich zu wenig »in da« Mädchen gekümmert habe, dessen Verlobter gewissermaßen in seinen Diensten z» Tode ge kommen war und dem er sterdcnd die Sorge für das Mädchen abgenonimen halte. Diese Schuld nagte a» seinem Gemüthe. (Fortsetzung folgt.)
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