Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.01.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-01-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940129026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894012902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894012902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-01
- Tag1894-01-29
- Monat1894-01
- Jahr1894
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Vez«gS.PreiS M ^ Haoptqpedittoa oder den im Stadk» dqtrk mrd drn Vororten errichteten -lue- «obeftellra abgeholt: vtrrtelMrlich 4 50. btt zwttnioligei tägliche Zustellung in« öau- » b.SO. Durch dir Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: virneliäkrlich >» -. Direrir tägliche Mreuzbandiendung in» Ausland: monatlich 7 SV LieMorgen-AuSgabe rrfchrinttäglich '/.? Uhr, dir Adend-AuSgabe Wochentag« b Uhr. Lrdaction und Erpedition: A»tzan«e«,affr 8. DirTrvrdition ist Wochentag« nauntrrbrochea gedssoct von früh 8 bi- Abend- 7 Uhr. Filialen: Ott« «lemm's e-rtim. «Alfrr» Hahnk, Uuivrrsitätsstrab« I, Loui» Lösche, »atharinensir. 14, pari. und Kvuigsplatz 7. Abend-Ausgave. Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgcschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Montag den 29. Januar 1894. Anzeigen-PreiS dir 6 gespaltene Petitzeile 2» Pf,. Reclamen unter dem Redoctioneikrich <4g«» tpalten, kO^, vor Len Familiranachnchtra (6gespalte»i 40/^. iSroßere Tchriften laut unserem Preis. Verzeichnis. Tabellarischer und Zifferulatz nach höherem Toris. t-rtra-Beilagen (gesalzt), nur mir der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung .« 6t)—, mit Posldesvrderuug -Sl 70.—. 2innat,meschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Ubr. Marge n-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh ' .,0 Uhr Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« Halde Stunde früher. Anzeigen sind stets an die ErPeStnon zu richten. Truck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 88. Jahrgang. politische Tagesschau. * Leipzig. 29. Januar. Heute beginnt im Reichstag die Beratlmng der Steuer reformvorlage und damit das parlamentarische AlltagS- lrciben nach den Festtagen. Die „beben Häuser" sind zwar auch in der Bismarckwoche geöffnet gewesen und cS sollen außer den Präsidenten auch noch einige andere Abgeordnete dagewcsen sein. Letztere« kann jedoch nicht verbürgt werden. Die Zeitungen brachten, wie hertöminlick und pflichtgemäß, idre ParlamentSberichtc, aber es bält schwer, Unentwegte zu ermitteln, die sie gelesen habe». Daß Freiherr von Haiiimerstei» die Reichsregierung hart bedräut, daß Herr von Ploctz „geschrieen" trotz Rupreckt-Nansern und Ajax — die Welt weiß nichts davon. Schon am Dienstag, al« die erste Meldung über das große Ereigniß bekannt wurde, erstarb das Interesse an den'Verhandlungen. Selbst die ironische Bemerkung, die nach seiner eigenen Versicherung ui der „Freis. Ztg." Herr Richter im preußischen Abgeordneten haus«: über Bismarck gemacht haben soll, verhallte. Die Änderen hatten sich überhaupt einer völligen Nichtbeachtung zu erfreuen, so große Anstrengungen sic auch machten, um bemerkt zu werde». Unter den menschlichen Docuiiientcn, die in der Festwoche zu sammeln waren, befinden sich auch, wie natürlich, reichlich solche menschlicher Niedertracht Es rrrlobnr nicht» die letzteren auszubewahren. Wenn Herr Richter wieder ganz in den alten Ton gegen den Fürsten Bismarck verfällt und von den Pläne» der „Faniilic Bis marck", von einem angestrebten „HauSmeierthum" spricht, so ist das allerdings deshalb bcachtcnSwertb, weil eS die Furcht verrätb, die Begegnung zwischen dem Kaiser und dem Alt- Kanzler könnte unmittelbar greifbare Folgen haben. Er wartungen dieser Art werden übrigens aus so vielen Seite» gehegt, daß ibrer wenigstens Erwähnung geschehen muß. Aus der andern Seite ist die Warnung der „Hamb. Nachr." vor Ueberschätzung rer Eonscgueuzen wohl zu beachten. Jedenfalls würde der Gang der Geschichte nickt durch den Umstand aus gehalten werden, daß die demokralische „Franks. Ztg." dem Grasen Eaprivi „ein Ucbermaß von ritterlicher Gesinnung" bezeugt. Es ist diesem Blatte nicht zu verarge», wenn cs die rasche und gründliche Vernichtung seiner Legende, daß Freiherr von Marschall eigentlich die Sache mit FricvrichSruhe gemacht habe, verworren-verlegen zu eseamolireu sucht Den« Versuche aber, preußische Minister als die im „ReickS- anzcigcr" Gemeinten hinzustellen, muß entgegengetreten werden. Gezielt wird auf De. Miguel, gegen dessen Person sich auch ankere Ausstreuungen richte», deren Hcrtunft und ^wcck leicht erkennbar ist. Aber auch diese Liebes mühe ist verloren. Die Ofneiösen der Wilhelinstraßc werden, selbst wenn sie fortfahrcn sollten, den Kanzler als den Schutzherrn der würltcmbergischen Weinbauern zu preisen, die Stellung des preußischen Finanzministers ebensowenig er schüttern, als sie die ihrer Gönner zu beseitigen vermögen. DaS wird sich bald zeigen. Zunächst freilich sind wenigstens die parlamentarischen Eampagne-AuSsichlcn für den Kanzler besser als für vr. Miguel. Nach der Kanonade gegen den russischen Hand elsvertrag im preußische» Abgeordneten haus ist erst recht zu sehen, daß die Eonservalivcn die Ablehnung nicht herbciführcii werden. Freiherr v. Hammcrstein bat «n diesem Falle keineswegs die ganze Partei hinter 'sich, die Eonservalivcn werden nicht zustimme», aber den Ausweg des „no8 pkrssnrosG betreten. Aber auch für einen Theil der Miqucl'schen Pläne liegen die Dinge nach der Rede des Herrn vr. Lieber im Abgeordnetenhause und Angesichts deS Umschwungs, der sich zu Gunsten des Princips der Tabak- sadrikalsteuer hier und da zu vollziehen begonnen hat, erheblich günstiger. Bei den beute beginnenden Verhandlungen über die „Finanzreform" wird das klar hcrvorlrcle». In den am 2.',. Januar in Lurembnrg (Stadt, voll zogenen Stadtverordnetenwablen errangen die ver einigten Protcstler, Fra »z öSlinge und llllramontanc» den Sieg über de» kauptstädlischcn Bürgermeister Brasseur und die zu ibm hallende Ordnungspartei. Jene Elemente stellen zwar an und für sich eine Minder heit dar; aber es war ihnen gelungen, durch eine Reibe mehr oder weniger unerfüllbarer Versprechen tie Stimmen der unteren Elasten und eines Tbciles der Handels Welt cinzusangen. Letztere namentlich wnrde dadurch geködert, Laß man ihr die Abschaffung deö Oclroiü versprach. Den Ullramontanen war es vor Allem darum zu Um», den ihnen verhaßten Bürgermeister, eine der Hauptslützcn des Liberalismus in Lurembnrg, zu stürzen. Brasseur lnrtte nach Beendigung der S"rvaiS'jchcn Mißwirtbschaft die Stadl Verwaltung in mustergiltigcr Weise geführt und die Politik dabei gänzlich serngebalte». Aber daraus lemmt es dem Bischof Koppes und seinen Mannen nicht a», wenn cs einen liberalen Parteiführer zu fällen gilt und wenn dies durch die Verbindung mit andern unlautern Elementen sich erreichen läßt. Der Bürgermeister hat bekanntlich »»mittelbar nach den Wahlen seine Entlassung eingcreichl. Run sind ja interne Vorgänge in der Luxemburger Stadtverwaltung schwerlich geeignet, das europäische Gleichgewicht aus dem Leibe zu bringen, allein dieser Sieg der Gegner der Ordnungspartei verdient immerbin insofern Beachtung, als er ei» weiteres Sumplom für die politischen und kirchlichen Sympathien des „neutralen" Zwischen lautes ist. Man erinnert sich an zwei Ereignisse der jüngste» Zeit: tie Vermählung des protestantischen ErbgroßbcrzvgS mit einer katholischen Prinzessin und die Nachäffung der Tvuloner Feste bei der Anwesenheit einiger russischer Ossicierc in Luxemburg, die gewiß beite nicht ohne Einfluß aus die letzten Stadtverordnetenwahlen gewesen sink. Eine Zuschrift des vatiranischr» BcrichtcxslallerS der „Pol. Eorr." beschäftigt sich mit emem Artikel des „Osscr- vatvre Romano", in welchem der Köiiigin-Regentin von Spanien, Marie Ehrisline, wanne Anerkennung dafür gezollt wurde, daß sie in einem Schreiben an tie spanischen Eardmälc dem Papste die Gastfreundschaft Spaniens antrug, falls der heilige Vater fick je zum Abgänge aus Rem gcnölhigl sehe» sollte Die Zuschrift erklärt im An schlussc an diese» 'Artikel: „Es wäre eine durchaus irrige Auslegung, wenn mau ans derartige» Erörterungen der kirch lichen Presse den Schluß ziehen wollte, daß diese Frage in de» vaticanischen Kreisen als actnell betrachtet und etwa im Hinblick auf eine »abe bevorstehende Nothwcntigkcit einer Entscheidung in dieser Richtung ve»tilirl werte. Wenn man sich im Valiea» manchmal mit dieser Frage beschäftigt, so erklärt sich dies einfach daraus, daß man den Eintritt der bezeichne!!» Eventualität bei gewisse» Verwicklungen, sei cs i» Italien selbst, sei cs überhaupt in Europa, nie ganz a»ü den Auge» verlieren darf. Begreiflicherweise biete» besergniß erregende Erscheinungen in der einen oder andere» Richtung dem Vaiican Anlaß, diese Fratze neuerlich in Erwägung zu ziehen. So ist cü z. B. eine Thatsache, daß der Papst an gcsichlS der Unruhen, die kürzlich an verschiedenen Pnnclc» I talicnS auSdrachen, mit mehreren Eardinälen die Gefahren besprochen hat, welche dem Valiea» bei einer weiteren Aus breiiung und bedentlicheren Gestattung dieser Bewegung drohen tönnten. Selbstverständlich handelte cs sich hierbei nicht lim eine Beschlußfassung, sondern bloS um Meinnngö äußerungc». Die Mehrzahl der befragten Eardinäle hat sich dahin ansgcjprochen, da>: der Papst sowohl im Falle kriege rischer Verwicklungen in Europa, wie Lei einer revolulienairen Bewegung in Italien im Interesse seiner persönlichen Sicher heil, sowie der Freiheit seines VerlehrS mit der latholischen Welt die ewige Stadt verlassen müßte. Sollten tie Dinge eine dcrarligc Wendung nehmen, so dürfte fick der Papst unzwciselhast »ack Spanien zuriickziekcu und höchst wahr schcmlich i» Valencia Ausenthalt nehmen." -- Dabei ist nur Eines nickt erfindlich: was der Papst in Spanien stickt. Kein Land der Welt ist vom Anarchismus so nnlcrwühll, wie dieses. Uclerall platzen dort Dynamithomhen und die Hände, die sic lege», tennc» leinerlci Autorität, auck nickt, wenn sie sich mit göttlichem Nimbus nmgiebt. Nach unserem Dafür halten dürste also Spanien für den heiligen Stuhl das un- gcmütlilichstc Refugium werden. Die liberale Regierung in benglauv siebt ein, daß sie, sosern sie nicht der Opposition für tie Neuwahlen eine wirksame Waffe mehr in die Hank gebe» will, die Frage der Flotten- verstärkinig jener praktische» Lösung zusübrc» muß, welche die öffentliche Meinung verlangt, mag auch dieses Drängen von den Uniouisten aus taktischen Gründen immerhin etwas stürmischer hingcstellt werde», als cs wirtlich ist. Die Admiralität hat nunmehr, wie ver sickert wird, ihr Schiffsbau Programm nahezu vollendet. Die Fünfzig Doniiengeschütze, welche statt der 67-To»ne» Kanonen die Hauptbewastnung der großen Schlachtschiffe bilde» selten, sind in Submission gegeben. Ackt Schlachtschiffe erster Elaste werde» in 'Angriff genommen werde». Die Kosten sind ans siebe» Millionen Pfund ver anschlagt unk das Parlament wird dieserhalb um eine be sondere Bewilligung angegangen werden. Die Umrisse des Bauplanes sind den Superintendenten der Dockböse bereits »gegangen, damit dieselbe» die DockS und Slips in Bereitschaft etzcn können. Auch der Mannschastsbestand der Marine soll nickt »nbedeiitcnv vermehrt werde»: über die Einzel heiten ist man jedoch »ech nickt schlüssig geworden. Dem gesammte» Schiffsbanplane liegt tie Anschannng zu Grunde, daß im nächsten Seekriege die Geschicklichkeit im Manövrircn die Haupleiitschcidung bilde» werde. Die neuen Pauzerschisse werden bedeutend größere Kehlenräume besitze», als die bisherigen, damit sic im kritischen Momente von den Kohlcitslalioncn niiabbängig sind. Auch die Ausrüstung mit Torpedos wird eine Neuerung bieten. Bisher batten die großen Schlachtschiffe nur eine unter Wasser befindliche Tor vctoröbre vorn und eine hinten. Die neuen Schisse werden je zwei Torpedoröbreu am Bug und am Hinteren Tbcile de tommen» damit, wenn ein Torpedo sein Ziel verfehlt, sofort ein anderer abgeschlossen werden lann. Von den acht Schissen sollen vier auf den Staatswcrstcn und vier aus Privatwcrslc» gebaut werde». In dem schwedische» Budget für das Jahr >>!>.', sind er hebliche Summen für r«e Vermehrung der schwedischen Kriegsflotte vorgesehen. Der jetzige Flotlenbestand zählt einige 60 Schisse, die jedoch zumeist veralteten und unzuläng lichen Tnpen angchöre». An Neubauten sind geplant drei Panzertburmschistc, ein Tepesche»hoot, zehn Torpedoboote erster Elaste, sechs Torpedoboote zweiter Elaste und ei» Proviantschiss. Die Kosten für den Neubau dieser Schisse sind inögcsammt ans lo 022000 Kronen veranschlagt, welche fick über einen Zeitraum von fünf' Iabrc» vcr- tbeiten Eine Rate vcu 2 5>oooOo Kronen ist bereits in das Ftottcnlmdaet tcS Jahres G05. eingestellt, welches da durch ans die Höhe von beinahe Io Millionen gebrückt werden würde. Zweck der vorerwähnten Marineauswrukungen ist, dm Secstrcilträstc Schwedens aus das Niveau der modernen Seelriegsicchnik zu bringen, was man im Lansc der nächsten süni Jahre zu erreichen hofft. Wie ungemein nolbwendiz und unaui chiebbar diese für Schwede» 'Norwegen sehr beträchtlichen Aus gaben sind, wurde schon angetcutei. c.S. den Artikel „Schwedens internationale Stellung" in Nr. bi» de« „Lpz. Tagcbl.") Es ind i» erster Linie die Absichten der russischen Politik ans daö nordöstliche, von den Lofoten bis zu der strategisch so wichtigen eisfreien Waranger Bucht reichende norwegische Küstengebiet, die Schweden dazu zwingen und denen man fick um so weniger entziehen tan», als die tiefgehende» Differenzen zwischen de» beiden unter dem schwedischen Secplcr vereinigten nordischen Königreichen die russische Begehrlichkeit besonders activnSlustig machen müssen. Eben jetzt sell denn auch ein neuer Schritt in dieser Richtung getban werden, indem russischerseits die Verbindung deS Nor wegen benachbarte» Eismcergcländeö mit dem russisch-finn ländischen Hinterlande durch die Erbauung einer 75,o Kilometer langen Eisenbahnlinie von Ulcaborg a» bas nördliche Eis mcer in 'Angriss genommen wird. Die Bahn dient, durch cvmnic> zielt und wirtbschaftlich gar nicht in Betracht kommendes ödes Gebiet führend, selbstverständlich nur in ilit di rischen Zwecken, und von welchem Belang sic ist, gehl schon daraus hervor, daß llleaborg der nördlichste Punct deS sinntändischen, über HclsingforS nach Petersburg reichenden Eisenbahnnetzes in. Man will in der Lage sein, ersorkerliche» Falles Truppe», Schiffsmannschaften und Geschütze aus Siidsinnland oder ans Petersburg i» de» äußerste» Norden zu werfen und mit ibrer Hilfe das angrenzendc norwegische Gebiet zu beherrsche». Für Schweden gilt cs daher, auf rer Wacht zu sein und vor außerordentliche» Ausgabe» nicht zurückzuschrccken. Deutsches Reich. ^ Berlin, 28. Januar. Die Wa hlprüfungscom- mission des Reichstags bat über drei Wahlen schrisl licken Bericht erstattet. Die Wahl de- Abg. von Benda (Wanzlebcitt war mit 775,8 Stimme», nur 08 über die ab solute Mehrheit, zu Stande gekommen; die Soeialdemokraten brachten 5,420 , die Freisinnigen 205,0, das Ecntrum 5,2 Stimmen ans. Ein socialteinokralischcr Wablproteü richtete sich hauptsächlich gegen daö Vcrsahrcn des Fabrik besitze»« Sckäper in Wolmirslcben, der durch Beeinflussung und Ev»>role seiner Arbeiter diese» die freie Ausübung ihres Wahlrechts unmöglich gemacht habe. Die Evmniissivn be anlragt daher, die Entscheidung über die Giltigkeit der Wahl anSznseveil und über diese Vorgänge Erhebungen zu vcr anstalten — Ter zweite Bericht betrifft die Wahl des Abg. Gesckcr «cons.> in MörS-RceS. Derselbe batte bei der Wahl mit >2.'>62 über II 821 Ecntrums- und eine An zahl zersplitterter Stimme», 222 über die absolute Majorität, gesiegt. Die 'Anfechtung der Wahl seitens der Eentrums Partei stützte fick hier banptsäcklich aus die behauptete Beein flussung durch den Landralb des Kreises Mörs, v». Haniel, welcher in einem Rnildschreibcn an die ibm unlerstellten Bürgermeister ftir die Wahl eines regierungssrcundlicke», nalionalgcsinntc» Manne« cingctrelc» sein sell Es wurde Beweiserhebung über tie Echtheit dieses landräthlichen Schreibens und die wirtliche Ahseiidnng an die Bürgermeister beschlossen und tie Entscheidung bis dahin auSgesetzl. — Der dritte Bericht bezieht sich auf die Wahl des Abgeordneten l)> Pichler-Pastait (Ecntrum). Derselbe hatte mil 6712 Stimme», l über die absolute Mehrheit, gegen einen Bauern bündlcr mit 6»2I nnd einige Kundert socialtcinvkratische oder zersplitterte Stimmen gesiegt. In einem Protest sind Feuilleton. LUida Silström. Roman von H. Palmü-Paysc». -> N->-trilck verboten, Motto: Glaube nur. es ist eine ernste Sache um die reine Freude. I. Eapitel. Der erste Schnee siel, es war an einem Sonntag in der Morgenstunde. Ja der frischen, aber bewegungslosen Luft fielen die flockigen Sterne senkrecht leise und weich aus die Dächer und Straßen der Großstadt. Trotzdem leuchtete bald wieder röthlick goldenes Licht durch die dünne Wolkenschickt. Der Winter nahm eS jetzt, im December, noch nicht ernst, und das erwachende Leben in der Stadt verwischte gar bald dort wieder die Spuren seines erste» Grußes. Länger als dort erhielt sich in den Vorstädten, in den stillen Alleestraßcn und einsamen Gärten das weiße Sonntagskleid. Da lag abgesondert von einer Reibe koch in die Lüsle ragender Hänser ein einstöckiges alte-, aber »och woblerhallencs Wohnhaus mitten in einem dichtdehuschlen Garten. Ein niedriges, wctteraraueS Stacket trennte cs von der Straße. Der Schnee halte Rasen und Beete ebenso dicht und gleichmäßig bedeckt, wie die Wege, die sich um das HauS herum in dcii schmalen langauSgedehnte» Hintergartc» zogen. Man erblicklc keine Abgrenzungen, nur eine Anzahl frischer Fußspuren, die von der Straße direct nach einem kleinen, ganz von Epbcu mnrankten Häuschen führten. Derjenige, der sie hinterlasten, mußte bier gut Bescheid gewußt habe». Ohne von den ver steckten Wege» abzuirren, ginge» sie den vielfachen Windungen um Rasen, Beete und Buschwerk sicher nach, bis zur niedrigen Thür der Eremitage. Den Eindruck machte der alte, von Epheu und Immergrün dichtumshonnene einsame Bau. Ein bobeS Stück Mauer, auf dem hier und da noch Gras nnd MovS grünte, bildete die Scheidewand zwischen Garte», Hau- und einem dahinter liegenden, noch »iibcbaulcn wüsten Grund stück. DaS alte Leben kämpfte mit der Neuzeit, die Vergangenheit mit der aufstrebenden, nivellirenden Gegenwart. Und wie Grund und Boden, so auch die Menschen. Im Wohnhaus» vor» an der Straße erblühte eine fröhliche Kindcrschaar, eine irische, genußsähigc Generation, für tie das Leben »eck große Berbeißungen bot. während der ergraute Bewohner des Garten hauses nur mehr die gesuchte Rübe für seinen rastlos dcntendc» Geist verlangte, abseits des Weges stank, aus dem die schnell lebige Jugend an ibm vorbeiglitt, um mit denselben gliibenden Hoffnungen nnd Erwartungen, wie er einst, nnd deck so ganz anders, die Höhen des Lebens zu gewinnen. „Ich danke Dir, daß Du gekommen bist, Gerhard", sagte er zu dem eben Angekvmmcne», einem älteren, vornehmen Manne, der seinen Pelz abgelegt nnd fick ihm gegenüber gesetzt hatte, an den einzigen Tisch des kleinen, mit Büchern, Globen, Landkarten und auchfestopstcn Bögcln aller An ge füllten StudirzimmcrS, „so citig war'« zwar nicht, cS handelt sich um eine Bagatelle. Bicllcicht habe ick Dir die einzigen Ruhestunden der Woche, den Sonntag-Morgc», unliebsam gestört." Das ernste, iiitclligeitte Gefickt kcö also Anaercdeten er hellte sich. „Gestört!" antwortete er, „wo ließe sich s den» besser anSrube», als bei Dir bier, Marlin, in diesem kleinen Itvll, vor dem die Wahrbcil» die Treue und die Gelebrsamteit Posten stehen. Bei mir in der Stadt gehe» Acrgcr, Intrigue», BersteUnng täglich durchs offene Tbor. Wie gern also lomnie ick zu Dir, an testen Wabrbaftiglcit ich alauben darf, käme viel öfter »och, wen» meine Zeit, die Hast der Arbeit cs erlaubte." Der Gelehrte blickte prüfend den Freund an. Die zwei Gesichter bildeten große Gegensätze. Der Prcsesser, der seit Jahr und Tag nur mit Mensche» verkehrte, die in seiner Eiiibilkung lebte», sich geistig mil einer Welt beschäftigte, die nickt über die Schwelle seines Zimmers ging, mit Dingen, die seine Füße hinaus in die einsame Natur, seinen Geist hinauf in die ätbcrklarcu Höben führten, ihm batte da« se ideale Leben Len Stempel ruhiger Heiterkeit auf das freundlich blickende Antlitz gedrückt. Obnc das früh ergraute Haar, das unbeschiiitlen um den schmalen Kops wallte, Härle das glatte, bartlose Gesicht mil dem sraucnbaft bellen Teint einem Jünglinge anzcbören können, trotz der bald ftinfzig LebenSjabre. Dem jüngeren Freunde gab man eher mehr, als weniger der Jahre, obwohl noch nickt ei» einziger grauer Faden in seinem duntlcn Hauvt- und Barthaar sichtbar ge worden. Die tiefe Falte zwischen den Brauen mochte ihn älter machen, die ernsten Augen, die so fest und prüfend blickten, der geschlossene Mund» der sicherlich heftig und schonungsios zu reden verstand. „Wen» Dir die Art meiner Lebensführung gefällt, so macke cs wie ick, Gerhard, zicke Dill» zurück", bemerkte der Gelehrte. „Tein annrenaenker Berns als Iittcntant des tönizlichcn Theaters reibt mit der Zeit Deine Gesundheit ans, und da» menschliche Leben ist ein flüchtig Ding." „Eben deshalb möchte ich nicht schon jetzt meine Kräfte, in deren 'Vollbesitz ich mich nock befinde, brach lege», bi» auch zu sebr mit der -Kunst »nd meinem Berufe verwachsen, mn schon die Einsamkeit sticken zu wollen Freilich" er lebnie sich zurück nnd subr mit der schmalen Hank über die Kobe Stirn — „die Künstler machen mir das Leben oil sauer ge nug, »nr »n -zewissen Sinne bin ich, so paradox cs »ringt, mitten in der Flnth des Lebens siebend auch einsam. Im leeren Hanse gäbnl mich die Ocde an, seitdem Werner aus izczogcn ist und sich auöichließtich der Kameradschaft widmet. Sein Stand fordert das. Er fehlt mir besrnders bei den Mahlzeiten, die ick jetzt allein nnd schweigend verzehren muß." „Lieber, bast Du nickt daran gekackt, Dich wieder zu vcr- heiralhrn?" fragte der Gelehrte. Der Intendant lackte, nnd in dem Augenblick sab er jung, beinahe schön aus. Die Stirn glättete sich und zwischen de» Lippen schimmerten weiße, geftoice Zähne hervor. „Alter, eingefleischter Junggeselle", ries er. „gicb mir darin ei» Bei spiel, ich will cs nachakincn." „Ich bin zufticden, wünsche keine 'Veränderung, auch leine llnlcrbaltnng: ftir mich wäre eine Frau ein wahres Kreuz, und tan», Herr Gott, ich zähle bald 16 Jahre." „Ganz reckt, ftir uno zwei alte Kerle bat EroS nickt« mcbr zu tlnin. Doch nicht deshalb bin ick gclommcn, nickt, nm zu klage» und von mir zu rede». 'Worin lann ich Dir dienen?" Der Gelehrte feistste. „Ich habe einen dummen Streich gemacht, Gerhard — meine Schwägerin ist sehr verstimmt, obgleich ick'S berzlick gut gemeint habe." „Was ist denn geschehen?" „Sic bat trüben i» meinem Hanse einige leerstehende Zimmer, die sic zu vermietbcn wünscht." „Hn vcrmielben?" „2ic lebt", erklärte der Professor, „seit dem Tote meines Bruders, der Jurist war, kein Vermögen, aber eine ganze Schaar Kinder hinterlasten hat, in etwas beschränkten Ver hältnisse», weödalb ich ihr mein Hau« abgetreten und mich hierher zurückgezogen habe." „Ja, ja." „Nun verreiste sie kürzlich, und da stellte» sich Mictbcr cm, auck eine junge Dame mit einer Mutter oder Dienerin, ick weiß nickt reckt, der habe ich denn aus ihr liebes Gesicht bin die Zimmer für mäßigen Preis abgetreten." „Nnil, das ist ja schön —" „Allerdings, wenn — wenn — sic nur leine Tänzerin wäre." „O web, o weh, was hast Du dg gemacht, alter Freund!" „Das sagst Du auch? Ist cö denn so etwas Schlimmes?" fragte der Gelehrte mit ganz unglücklichem Gesichl. „llnter Umstände», ja Diese Damen führen ein sebr unruhiges, meiiicnö auck ein recht leichtfertiges Leben, wovon Du großes, nnscbuldigcS Kind Dir allerdings leine Vorstellung machen lannsl. Indessen — Ihr könnt ja die Zimmer sofen wieder kündigen." „Das ist es eben. Das gebt nickt, sic bat dieselben laut Eeulract für ei» halbes Jahr gemiethel; so lange sind wir also gebunden." „DaS ist allerdings »nbcgiicm. Ihr gebt einem unruhige» Wiiilcr, Störungen aller 'Art entgegen, denn die Tbeatcrvor stellnngen endig.,, spät, und selten kehren die Mädchen vcr Anbruch der Nackt zurück." „Daö sagte Friederike auch, »nd dann spricht sie von un moralischem Lebenswandel, von bösem Beispiel für ihre Kinder, von dem guten Ruf ihres Hauses, was die Nachbarn davon denken »ne sage», mit einem Worte, sie machte mir die Hölle beiß »nd störte mich in meinem Denken und Tbun, wäbrene ich mich bisher Lee allergrößten Rnkc erfreuen konnte." „Liegt cö in meiner Mackt, Dir zu helfen, so bin ich bereit." „Vielleicht lönnkcst Du die junge Dame beeinflussen — sic veranlassen, tie Zimmer freiwillig wieder bcrzugcben und sorlzuzichcn —" brachte der Gelehrte stockend hervor. Der Freund lächelte. „Sic ist am löniglicken Theater angestellt", setzte er hinzu. „So. so", machte der Intendant und horchte auf. „Und beißt?" fragte er. „Sic beißt — warte 'mal —, ja, mein Gott, wie beißt das Kind dock" — er besann sich vergeblich. „Sie ist eine Schwedin, da« weiß ick." «.Fortsetzung folgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite