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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.02.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-02-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940201029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894020102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894020102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-02
- Tag1894-02-01
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Mil wie hoher Befriedigung den Kaiser gerade diese Kundgebungen erfüllt haben, gebt aus folgender Danksagung hervor, die der Reichskanzler auf kaiserliche» Befehl im „Reichs Anzeiger" veröffentlicht und deren wesentlichsten Inhall der Telegraph bereits gemeldet bat: Beim Eintritt in ein neues Lebensjahr war cs Mir durch Gottes Gnade vergönnt, zugleich aus eine fünsund- zwanzigjährige Zugehörigkeit zur Armee zurückzublicken. Waren es auch ernste Gedanken, welche Mir in Erinnerung an den weihevollen Tag Meines Emlriils in die Armee die hehren Gestalten Meines Mir allzufrüh entrissenen Herrn BaterS und Meines unvergeßlichen Herrn Großvaters besonders lebendig vor Augen führten, so wurde Ich doch hoch beglückt durch die mannig fachen Beweise treuer Liebe seitens deS deutschen Volks, welches mit seinen Erlauchten Fürsten darin wetteiferte, Mich an Meinem doppelten Festtage zu ehren und zu erfreuen. Zahlreicher noch als sonst sind die schriftlichen und telegraphischen Glückwünsche, welche Mir von nab und fern zugegangen sind. Eineinnigc Be friedigung gewährte es Mir.ausdense Iben wahr- zu nehmen.wiedievonallen patriotisch fühlen den Herzen Meinem Feste entgegen gebrachte freudige Theilnahme durch den Mir gewordenen Besuch des um Kaiser und Reich so hochverdienten Staatsmannes noch eine besondere Steigerung erfahren hat. Indem ich Alle», welche Mir bei dieser Gclegenbeit so liebevolle Aufmerksamkeit erwiese» haben, aus diesem Wege Meinen tiefgefühlteste» Dank auS- spreche, gebe Ich gern Meiner freudigen Zuversicht in die friedliche und segensreiche Weitereittwickelung unseres Ibeuren Vaterlandes Ausdruck. Ich ersuche Sic, diesen Erlaß zur öffentlichen Kcnnlniß z» bringen. Berlin, den »l. Januar 1891. An den Reichskanzler. Wilhelm. I. R. Besonders bcmerkenSwerlh ist an dieser kaiserlichen Kund gebung, daß der Monarch des eigenen Verdienstes um die Herbeiführung des beglückenden Ereignisses der Ver söhnung mit dem Fürsten BiSmarck nicht gedenkt und lediglich die Bedeutung deS „um Kaiser und Reich so bochverdientcn Staatsmannes" hcrvorbcbt. Gerade weil man im „Rcichöanzeiger" belehrt worden ist, wie v:el Gewicht der Kaiser daraus leg:, daß seine an de» Allkanzler ergangene Einladung als sein eigenstes Werk betrachte! wirk, ersteht man auS seinem Danle, wie sehr es ihm Be- Lürsniß ist, die Verdienste des Fürsten Bismarck in de» Vordergrund zu rücken und sie im ganzen Reiche ebenso anerkannt zu wissen, wie von ihm selbst. Erinnert man sich, wie Fürst Bismarck offen und frcimülhig seine Be denken gegen die Politik deS „neuen Eurseö" ausgesprochen und welche Herabsetzung seiner Verdienste er sich deshalb von sehr hoher Stelle aus hat gefallen lassen müssen, so kann man sich unmöglich in der Annahme iricii, daß der Kaiser in dem offenen Frcimulh des Fürsten nicht» erblickt, was seine unsterblichen Verdienste vermindern könnte, jene Herab setzung dagegen ausgcwischt sehen möchte aus dem Gedächl- niß der Mit- und Nachwelt. Und deshalb hat auch die Danksagung deS Kaisers eine hohe politische Bedeutung, deren Folgen picht auSblciben können. Die vier Finanz- und Steuerreformvorlagen sind jetzt im Rcichstagc in erster Lesung erledigt »nd samntt und sonders an eine einzige Sleuercomiiiission ver wiesen worden. Die Eulschcidung zickt sich damit fast ins Unabsehbare in die Länge. Die Eominission, die zuerst daS Stempclsteuergesetz in Bcratbung genommen hat, arbeitet mit außerordentlicher Gründlichkeit und Langsamkeit; ihre Be- ralhungen allein über diese Vorlage werben sich noch wochenlang, vielleicht bis gegen Ostern bin ausdebne». Und dann sollen erst die anderen Geietzeiilwürfe noch an die Reibe komme». Darüber wird es Hochsommer. Es stellt sich jetzt heraus, daß eS zweckmäßiger gewesen wäre, wenn man für dieses Bündel von ganz verschiebenarligcn Gesetzenlwürfe», bei denen in der Eominission doch jeweilig Personalerneuerungen stattfinden werden, mehrere Commissionen eingesetzt hätte. Auch die Gegner dieser Vorlagen können doch unmöglich ein Interesse daran habe», die (Entscheidung monatelang hinauszuzieben. statt die Erregung der berhciliglcn ErwerbSkrcise möglichst bald zur Ruhe zu bringen. In Belgien ist unter den Socialisten eine Partei spaltung zum Ausbruche gekommen, da die revolutionaircn Elemente von den cooporalive» Genossenschaslen und von dem Parlamentarismus nichts wissen, auch den Militarismus schonungsloser bekämpft sehen wollen. Sie haben einen an sebnlichen vlämischeu Anhang gewonnen und geben in Gent eine eigene sehr heftig geschriebene Zeitung ,.De Fakkel" heraus, welche bekanntlich als Motto die Liebknccht'schen Worte sübrl: „Der EocialismuS ist keine theoretische Frage, sondern eine Machtfrage, welche nickt in den Parlamenten, sondern aus der Straße, auf dem Schlachtfeld- entschieden werden muß." Liebknecht wird über diese Verwendung seiner Devise wenig erbaut sein, da die deutsche Social- dcmokralie cs gegenwärtig opportun sinket, die Phrase vom Hineiliwachsen der Gesellschaft in den socialistische» Zukunfts staat zu dresche», womit sie die Regierungen zu beschwichtige» und den Masse» Sand in die Auge» zu streuen sucht. — Die Zustände an der Brüsseler Universität werden immer wüster. Die Radicalen haben sich der Sache vollständig be mächtigt, den von Proreclor Vanderkindere» gemachten Ver- söhiiiiiigövcrsuch binlertriebc» und als Triumph aus die infolgedessen ausgesprochenen Relegationen die Einsetzung eines ans drei radicalen Deputirle» bestehende» Eomilös auSgcspiell, welches den VcrwaltuiigSrath gerichtlich belangen soll, da die relegincn Studenten sür das ganze aladcinijche Jahr bcreils ibre Gebühren hezablt habe». Die Valer der betroffenen Stndcnlen, allen voran die belheiligtcn Professoren, veröffentlichen heftige an den Proreclor gerichtete Briese, in denen sie ibre» ELbiie» Rech» gebe», und verklagen den VcrwaliungSrath wegen Contracl- bruchcS und auf Herausgabe der bezahlten Honorare. Die Zahl der rcleginen Studenten beträgt gegen sechzig, mit denen sich ein großer Theil der Commilitonen soli darisch erklärt hal. Daß sich die von ihren eigenen Välern, einer Anzahl Prosessorc» und den Führern der radicalen Partei in ihrem Vorgehen unterstützten jungen Leute zu Ausschreitungen würden forlreißcn lasten, war vorauSzusebcn, sie haben gegen den Proreclor in rüpelhaftester Weise kemoiistrlrt und den UniversitälSiiispretor derart beleidigt, daß cS darüber zu einer Schlägerei aus offener Straße kam. So sah sich der Verwallungsrath zum äußersten Mittel gedrängt und verfügte am Montag die Schließung der Universität, die seitdem von starken Polizei- abtbcilungen bewacht wird. Unterdessen sammeln die Radicalen Gelder, um beim Beginn des neuen akademischen Jahres, am l. Letober, eine neue „wahrhaft freie" Brüsseler Universität eröffnen zu können. Es ist jetzt weniger die französische Presse, die sich mit Vaillant beschäftigt, als der Pöbel von Paris. Es ver gebt keine Nackt mehr, okne daß sich nach Mitternacht vor dem Zellengesängniß de la Grante-Roquettc eine meist aus den niedrigsten Volkstypc» zusamnicngesctzle Menschen menge versammelt, in der Angst, die Behörden könnten die Enthauptung Vaillant'S geheimhalten und ebne vorhergehende Anzeige vollziehen lassen. lieber das Datum der Hinrichtung, sowie über die Entschließung Earnol'S, ob dieselbe überhaupt stattsinden wird, ist noch nichlS bekannt geworden. Vaillaut selbst weigert sich nach wie vor entschieden, ein Gnadengesuch an Earnot oder an dessen Frau zu richten. Er trägt sein LooS mit anscheinend sehr viel StoiciSmuS. Er spricht nur wenig mil seinen Wärtern, spielt selten Karte mit ihnen, raucht täglich einige Cigaretten, liest mit Vorliebe Reisebeschreibungen, ißt gul, schläft gut und zeigt nicht die geringste Aus- regunz. Er beklagt sich nur über die Enge seiner Zelle und über die sorlwäkrente Anwesenheit zweier ib» üder- wachcndcu Gendarmen. Er ließ den Gesängnißgeistlicken nur unter der Bedingung zu sich kommen, daß er ibi» nickt von überirdischen Dinge» spreche. Die Bewachung des Gefängnisse« ist eine ungewöhnlich starke, und zwar in Folge der Anträge de» GesäiignißtirectorS. aus welche» die fortwährenden anarchistischen Drohbriefe anscheinend nicht ohne Einfluß gewesen sind. Ai» Morgen der Hin richtung selbst werden ganz au ße »ordentlich e «icke rhcitS- m aßkegeln in Anwendung gebracht werden, um sedcn Putschversuch seilen« der Anarchisten zu verhindern. UcbrigenS scheinen dieses Mal wirkliche Gründe vorbandcn zu sein, welche derartige Maßregel» als »ötbig erscheinen lassen. So constalirlc die Polizei, daß eine kleine Wobnung in einen« dem HinrichlungSpiatzc gegenüber liegenden Hause in diesen Tagen von eurem Anarchisten geniielhet wurde. Das Haus t»irs in Folge dessen scharf bewacht. In letzter Zeit war vielfach von einer Kundgebung des Vatikans zu Gunsten der Katbolikcn in Russisch- Polen die Rede, wo ihnen bckainttlich das Leben reckt schwer aeinachl wird. Bia» glaubte zu wissen, daß der Bischof von TiraSpol, Msgr. Zerr, seine leyie Reise nach Rom dazu benutzt habe, um Len Papst zu einer Encrstlica in kieier Richtung zu vermögen, allem der Bischof fetzl allen dies bezügliche» Nachrichten ein beharrliches Deinenl, enlgegen. Er behauptet, zu ganz anderen Zwecken in Nom gewesen zu lei», und ivenn ein Mitarbeiter der „Köln. Zig." aus de» Kreisen polnischer Katholiken recht unterrichtet ist, wäre die päpstliche Kundgebung bereits verhindert gewesen, als der Tiraspvler Bischof an seine Nomsahrt »och gar nicht dachte. Danach hatte schon Cartiiiak Levochowüki Leo Xlll. durch seine beredte Fürsprache zu Gunsten der vcrsvlgtcn Katholiken Rußlands dahin gebracht, daß derselbe eine Encyklica in jenem Sinne absafsen ließ, unk zwar durch seinen Aubilorc Fausti, der seil dem Tode des hochbegabte» Bvccali mil diesen Arbeiten betrau! ist. Die Kundgebung lag bereits fertig vor, als der Bcrlrcler des gerade abwesende» sranzösitcken Ge sandten im Einversländniß mil dem russischen Vertreter Iswolski und dem Cardmalstaatssecrelair Rampolla dem Papst in einer persönlichen Unterredung darlcatc, daß eine solche lriicylliea als eine feindselige Kundgebung g»gen Rußland und Frankreich bclracktel werden wurde.und deshalb uulerblcibcn müsse. Er setzte dem Papste derart zu, daß dieser, der sich in Allem, was die auswärtige Politik betrifft, vollständig dem EardinalstaalSsecreiair und kessen Verbündeten uiiierordilei, die Encyklica dem Feuer habe überanlwo>rten lasten. Es darf, nach dem Gewährsmann der „Köln, Zstg", überhaupt bezüglich der gei'amntten Politik deS Vatican/ö die Thaisache nicht aus dem Auge verloren werken, daß sie aus schließlich von dem Cardiiialstaalösccrctair gemach' wird, der seinerieils wieder völlig vom französisch russische» Einfluß abhängig ist. Von einer Politik Lev'ö XIU könne man gegenwärtig überhaupt nichl mehr reden, da der Papst sich )cit geraumer Zeit absichtlich von jedweder politischen Tftätig- keil fernhallc und sich nur dem rein geistlichen Theile seines HirtenamlcS widme. Großer Intel herrscht in Bulgarien über die G«-burt eine« Kronprinzen, welche am Montag früh der Be völkerung von Sofia durch den Donner von hundert uad eia Kanonenschüssen verkündet worden ist. In diesem Jubel drück: sich die richtige Empfindung ans, daß das ftteudigc Ercigniß eine neue Bürgschaft sür die staatliche Selbstständig keit Bulgariens bedeutet DaS bulgarische Volk l;zal seit dem Regierungsantritte des Fürsten Ferdinand er ne er staunliche politische EnIwickelungSsähigkeit vssenbart, Oder eS ist dabei auch sehr vom Glücke begümiigl worden; was ihm »och zum ungetrübten Sickerkeilsgejühle gebrach, wur der Besitz einer erbfähigen Dynastie. Diese ist »unmelw Vor bauten, und eie lünstige Stetigkeit der schwer crl-m»pften nationalen Existenz bängi nickt mehr blos an den zwei Augen res SlaalSoberhaupleS. Mobr als in cincm anderen Staate muß i» Bulgarien die Festigung des Thrones die oberste Sorge sein, denn in der Perlon des gcwäbllen Fürste» ver körpert sich der Wille des Volkes zum Datei», und die vor handene Nachfolge ist eine unschätzbare Bürgschaft der Zu kunft. Es besteht auch »i diesem Puncle schwerlich unter den Bulgare» eine Verschiedenheit der Meinungein. Die Opposition, welche vorhanden ist, richtet sich gegen die straffe Regicrungsmelhotc Slambnlow'S, aber eine dynastische Opposition, wie in Serb e», gicbt eS in Bulgarien nicht. Das ist der große Unterschied zwischen diesen beide» Nachbar völkern aus der Balla» Halbinsel, daß daS eine trotz der Jugendlichkeit seiner staatlichen Existenz lediglich der Ent wickelung seiner inneren Woblsahrl lebt und von jeder über die Grenze hinansstrebcnde» Großmannssucht, von jeder Ucbcr- Ichätzung iciner Krä>le sich frei erhält, während das andere i» fortwährendem Parleihader, in gejährlichcn propagan distische» Zettelnngen und in Iittrignen gegen die eigene Dynastie sich selbst zerrüttet. Vom brasililttiisilien Kriegsschauplatz brachte der Trabt in den letzten Tagen tvibersprcck'cnrc Nachrichten, au« denen aber das Eine klar hcrvorgekt, das; die Negierung der Vereinigten Staaten von Amerlka fick eingemischt Kal, um dein Bürgerkriege ein Ende zu macken. Dabei scheint »n» aber der Frietcnsstister mit beiden Parteien in Streck geratbc» z» sein. Am 22. Januar, so melket der „Times"-Eorreipondcni in Nio unterm 25. tcss. Ni., lud der amerllanische Admiral den Fübrer der Insurgenten, Admiral da Gania, zu einer Besprechung a» Bord des Flaggschiffe« „NcwGjork" ei» Er sichle nachzuweisen, daß die Sacke der Insurgenten verzweifelt siebe, es sei daher der Zeilpunct sür eine Versöhnung hcrangelöninie». Admiral da Gania er- Fenilletsn. Ellida Zilllröm. Roman von H. Palms-Paysen. NiLrrirck verboten. Der Intendant durcklaS die Briefschaften der zweiten Tagespost. Das war keine leichte Arbeit. Zu Haufen stellten sich dieselben oft ein, von den Einsendungen der Manuscriple schreibwüthiger Autoren gar nichl zu reden. Die Bühnen stücke wurden nach Eintreffen von Secrclairen stets gleich numerirt, in ein großes Buch eingetragen und so lange unter Verschluß gehalten, bis der Dramaturg Zeit zur Ein sicht fand. „SieverS", rief der Intendant, nachdem er eine Anzahl Briese durckgesehen und aus Cvnceptpapier darauf bezügliche Notizen gemacht hatte, „beantworten Sie diese Schreiben sczletck — jene", er zeigte auf einen zweiten Haufen, „können Sie mir morgen zur Unterschrift verlegen." „Sehr, wohl Herr Intendant." Der hagere kleine Herr, mit dem glatten, bartlosen Gefickt, auS dem ein paar kluge, aber etwas stechende Augen hervor- luglen, war ausgestanden und batte die Sckriften in Empfang genommen, wobei er einen noch unerössneten Brief bemerkte, der sich dazwischengeschoben batte. „Ei. e>, daß mir daS entgeben konnte", bemerkte der Intendant, öffnete daS Schreiben und überlas den kurz gehaltenen Inhalt. Indem ließen sich draußen Stimmen und Sckritte kören. Ein Bureaukicner klopfte und meldete Fräulein Silström an. „Eintreten!" warf der Intendant kurz bin, ohne vom Brief aufzuschc». „Wie kann ich daS?" murmelte er vor sich hin — „solch' junge Herren baden gar keinen Begriff, wie das hier zugebt, »ämlick ebenso ordnungSgcniäß, soldatisch und diSciplinarisch streng geregelt, wie in einem milftairischen Regiment. Mit solchen Privatangelegenheiten, den LiaisvnS seiner Freunde, oder was da sonst vorlieat, mag mich Werner verschonen. Silström beißt sie — daS ist ja — ab —" Der Eintritt der Genannten unterbrach seinen Gedanken- gang. Er erhob sich. Trotz seiner Gleichgiltigkeit — fast koante man sagen Feindseligkeit — gegen da- we,bliche Geschlecht zeigte sich der feingebildele Mann gegen dasselbe, wenn auch zurückhaltend, doch stet- böslich und respectvoll. Er Pflegte der jüngsten und häßlichsten Schauspielerin, Tänzerin oder Statistin nicht anders als der schönsten und berühmtesten Primadonna zu begegnen. „Ich bade Sie hierher bitte» lassen", Hub er an, mit böslicher Handbewegung nach einem Sessel deutend, „um Ibnen Ibre Papiere zurückzustellcn. Unser Eontract bedarf außerdem der Unterschrift, »ub ich möchte mit Bezug hieraus bemerken, daß bis zu Ihrer eventuellen definitiven Anstellung »och einige Wochen verstreichen können. Zeit zur Uebcrlegung habe ich Ihnen gelassen." „Ick habe Alles überlegt", antwortete Ellida Silström »nd blickte mit ihren klaren, schönen Augen ansmerksam den Sprechenden an. Der Ernst dieses Gesichtes flößte ibr keine Furcht ein, ein Zug wohlwollender Güte machte cS beim Sprechen freundlicher, wenn die weißen Zähne zwischen dem dunklen Barte bervorschimmerten. Und daS Organ war ibr im höchsten Grade sympathisch. „Sie werden diese Probezeit inne halten?" „Ja, Herr Intendant." „Wenn Sie sich die Gunst dcS Publicums und der Kritiker erwerben können, so —" „O, ich boffe eS." „So", fuhr der Intendant ruhig fort, er war neben seinem Schreibtisch stehen geblieben, während Ellida Platz genommen batte — „so stebt Ihnen die Stelle de« Fräuleins «onsidia mit allen de» Ihnen bekannten Versprechungen offen. Ich möchte indessen keine vergeblichen Illusionen in Ihnen erwecken. Wir haben ein sebr verwöhntes, ein sehr kritisches Publicum — wenn Zinndorf sich auch mit Ihren Probeleistungen außerordentlich zufriedcngestellt sah, er fürchtete — doch —" Ellida borcktc aus. „WaS furchtet der Balletmeister?" fragte sie, als der Intendant zögerte. „Daß Sie die Bühne nickt recht auszusüllen im Stande wären. Sie haben eine so zarte Gestalt" — ein prüfender Blick überflog diese zarte, diese sebr reizende Gestalt, „dazu kommt", fuhr er nachdenklich fort, „daß Ihnen aus der Bühne", er betonte daS Wort, „noch die Routine fehlt, im Saale gebt das Alle» ja sehr schön, im Lampenlicht de« Theater« vor einem hundert- und tauiendköpsigen Publicum ist« eine ganz andere Sache. Es geschieht daher selten oder nie, daß wir Prima-Ballerinen engagiren, die nicht schon von anderen Bühnen anerkannt sind. DaS vorgclezte Zeug- niß de« bekannten BaUelmeislcrs Silström in Stockholm war die Veranlassung — nun, Sie wissen ja", brach er ab. ,Wic kommt es, daß «ie Ihr Können noch nicht öffentlich bestätigt baden?" „Dian verweigerte mir die Erlaubniß, und auch heule weiß meine Pflegemutter in Schweden nicht« von meinem Vorhaben." „Hm, hm." „Sic ist kränklich und alt geworden, ich will sie unter stützen." Ein mißtrauischer Blick traf sie. „Und Sie sieben hier in der fremden Stadt ganz allein, ob»c Freunde, ohne Bekannte?" fragte der Intendant mit seinem durchdringende» Forscherblick „Ich kenne liier Niemand", antwortete Ellida unschuldig „Tic wohnen?" inquirirte dee Intendant mit einem un behaglichen Gefühl weiter. So jung, dachte er. und so vcr- slelleriich. WaS wußten denn Werner und Herr v. Bracht von ihr, wenn sie hier in Wabrbeit Niemand kannte? Ellida nannte Straße und Hau«, und der Intendant meinte nun an dem Puncte angekommcn zu sein, auf den er loSgestenert. „Es dünkt mich sebr unpraktisch, so weil entfernt vom Theater zu wobnen, Fräulein, Sie sollten in dessen Nähe zielten", warf er bin. „O, das würde ich sehr ungern thun, ich bin mit mciucn hübschen Zin mern so zufrieden", antwortete Ellida. „Es wäre besser, Sie fügten sich diesem Wunsche und wechselten die Wohnung" , bemerkte er in einem sehr be stimmten Ton und in der Voraussetzung, sein Ziel schon erreicht zu haben, denn in diesen Räumen galten seine Wünsche als Befehle. DaS junge Mädchen blickle ruhig und furchtlos zu ihm auf. „Ich werde mich nie verspäten, werde immer pünctlich sein, eine andere Befürchtung liegt Ihrem Wunsche doch nicht zu Grunde, Herr Intendant", entgegnen die kleine Silström nicht minder bestimmt. Herr von Hochstedt sab sie daher ein wenig erstaunt an- ,.E« ist nicht meine Gewohnheit, Gründe für meine Wünsche anzugcben" — lautete seine frostige Antwort, die den Fade» de« Gespräche« abschnitt. Dennoch konnte er eS sich nicht versagen, daS ihm so ruhig enlgegentretenke Mädchen während der wetteren Unterhaltung verstohlen, doch ausmetk- san, zu betrachten, und dabei wachte er die Bemerkung, daß sich auch in ikreiu Angesicht bei allem heileren Liebreiz und scheinbar Kindereinsall eine gewisse ruhige Würde aussprach, die wohl dem gereisten Weibe, seltener aber einem so jungen Mädchen eigen ist. Er verzzaß darüber die kleine augenblick liche Verstimmung. Die Conlractangelegenbeit wurde noch einmal turchgesprochen. Alles in der kürzesten Form, und Ellida dachte: ick gefalle ibm nicht, er mag mich nicht leiden — dabei lächelte sie sorglos und dachte an Murre's Rath schläge und die ausgedrungencn Tvilcttcnkünstc. Sic merkt« schon jetzt, daß der (lntentanl kein Mann war, der sich durch Acußcrlichkeitcn bestimmen ließ. Ob geschminkt oder nickt, daS blieb sick, gleich, ihm schien mehr blinder Gehorsam als Schönheit zu gefalle». Ob der Intendant ibr diese Gedanken auS den beredten Augen licrauslas? Sic wird eine unbequeme Untergebene, tackle er, sie ist etwa« halsstarrig und eigenwillig, wie'S mir scheint, unk trotz der Jugend, der scheinbaren Unschuld und Kindlichkeit ihren Reden nach nntvabr und heuchlerisch. Von den Miilheilnngcn über ibre Vergangenheit glaubte er ibr lein Wort. Dergleichen rührselige 'Angaben, Unterstützung der Mutter, Armulb, Krankbcit und Anderes — kannte er zur Genüge. Das Vernommene war nur eine Wiederholung oft gehörter AuSeiiiantersctznngen anderer Künstlerinnen. Gleick- wobl bot sie einen guten Ersatz sür Sonsidia, mochte ihr Charakter sein, wie er wolle. f>r>>>>«»", sprach er laut, indem er zur Tbür schritt und gegen die elektrische Schelle drückte, „Herr Zinndorf möchte Sie spreche», er wünscht schon jetzt dringend Ihre Beibeiligung an den Proben. Hinz", wandte er sick an den emkrelentc» Burcaudiener. „Sie werden dem Fräulein unsere Räume zeigen, die Garderobe, den Balletsaal, nun, Sie wissen ja. Herr Zinndorf schon hier?" „Im Balletsaal. in der Probe." „Wohl", er machte Ellida eine kurze, höfliche Verbeugung, an der sie sah, daß die Unterredung beendet, daß sie ent lasten sei. Herr von Hochstedt erhielt eine ihrer reizenden» anmulbigen Verneigungen, wobei ibr Blick auch flüchtig den tnöckernrn Sccrctair SieverS streifte, testen einzige Zerstreuung ,n dem monotonen Burcaudienst dieses Zimmer« daS Erscheinen der Tbcalertamcn war. die zu bewundern mit mit verstecktem Seitenblick zu mustern er trotz aller ArbeitSübrrbürdiuig immer noch Zeit sank.
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