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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.02.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-02-03
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940203021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894020302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894020302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-02
- Tag1894-02-03
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Nachr." auf das Bündigste die schon an sich unglaubliche und deshalb von uns bisher nickt erwähnte Behauptung, bei dem Besuche de« Fürsten viSmarck in Berlin seien Professor Schweninger und sein Assistent vr. Cbrysander nicht der Wichtigkeit ihrer Personen entiprcchcnd ausgenommen worden. Es ist erfreulich, daß von Friedrichsruh aus solchen Unterstellungen, die keinen andern Zweck haben, als die kaum vollzogene Versöhnung zwischen dem Kaiser und dem Altkanzler zu stören, der Boden entzogen wird. Be fremden können solche Bersucke freilich nicht. Jahrelang haben es einige Blätter verstanden, aus der Verstimmung zwischen dem Kaiser und dem Fürsten Capital für sich zu schlagen. Diesen Blättern muß es daher unangenehm sein, daß die Verstimmung durch die hochherzige Initiative des Kaisers beseitigt worden ist. Sie suchen daher aufs Neue Zwietracht zu säen. Ein solcher Versuch liegt auch in der „Zukunst" vor; nur bestrebt sich dieses Blatt, nicht am kaiserlicken Hofe Verstimmung über angebliche unbe rechtigte Ansprüche der Vertrauten des AltkanzlerS zu errege», sondern dem Fürsten den Verdacht einzupslauzen, er habe eigentlich nur als Dekorationsstück dem militairischen Jubel feste des Kaisers beiwohnen müssen. Es heißt näm- sich in der „Zukunft": „Die Theiliiahme, die der Kaiser von Güns aus dem Leidenden gezeigt, die Grütze, die er von Bremen aus durch den Grafen Wilhelm BiSinarck dem Genesenden gesandt hat'«, verpflichteten den prcuhischeil Edelmann und den alten Soldaten, persönlich als Tankender vor dem Souverain zu erscheinen, sobald die physische Verhinderung gewichen war. Und nun sandte nicht nur der Monarch eine Stärkung, nun lud auch, in freundlich drängenden Ausdrücken, der oberste Kriegsherr zweimal in zwei Tagen zu seinem militairischen Jubelfest, — und nun gab es für den Generalobersten kein Säumen mehr. Es war gewiß kein Zufall, daß die Einladung, die „Le» Mann, der das deutsche Schwert geschliffen hat", nach Berlin ries, die Unter- ichrift Wilhelm Ke» trug; der preutzifche König beging den Tag, an dem er auf sünsundzwanzig Dienstiahre zurück- blicken durste, und er wollte in seiner Nähe den Geueralobersten nicht missen .... Wie die Ordre, die die (militairische) Auszeichnung (des Fürsten BiSinarck beim Scheiden aus dein Amte) bekannt machte, so trug auch jetzt die gnädige Einladung zu einem niilitairijchen Feste die Uuterichriii des Königs von Preußen, die damit unzweideutig ausgcdrückt hat, daher an seinem Ehrenlage aus daS Erscheinen des General obersten besonderen Werth legte. — Ter Kriegsherr empfängt den Inhaber der höchsten militairischen Ehrensleüung als Gast; er erweist ihm die gnädigsten Auszeichnungen und nimmt im engsten Familienkreise mit ihm das Frühstück ein; der Gast nimmt die Meldungen der Osficiere des Regiments entgegen, zu dessen Ches er ernannt worden ist, er darf den König von Sachsen, einen er- lauchtcn Kriegskameraden, bei sich begrüßen und hat die Freude, an dem rein inililairischen Diner spater auch seine Söhne Iheiinchme» zu sehen. Politische Erörterungen haben im Verkehr des Kriegs herrn mit seinem Generaloberst keine» Platz ...." Eine Zurückweisung dieser Unterstellung hat der Kaiser bereits selbst sich angelegen sein lassen. Nachdem er schon in seinem durch den Reichskanzler veröffentlichten Dankerlassc den Besuch „deü um Kaiser und Reich so hochverdienten Staatsmannes" besonders hervorgehoben hatte, sagt er in seinem Danke an die Berliner Stadtverordneten aus drücklich, daß er in den dem „Altreichskanzler" bereitete» jubelnden Empfange ein beredtes Zeugniß der treuen Gesinnung erblicke, der die Einwohnerschaft Berlins beseele. Mit diesen Worten ist die Jnsinualion zurückgewiesen, daß der Kaiser bei seinem Militairjubiläum nur den Generalobersten Fürsten Bismarck nicht habe misten wollen; unv dadurch, daß der Monarch den dem „Altreichskanzler" bereiteten jubelnden Empfang als ein Zeugniß der Treue zu ibm selbst aus- aßl, beweist er, daß er dem Besuche des Fürsten und der Ausnahme desselben durch die Bevölkerung eine ganz andere und ungleich tiesere Bedeutung beigemessen sekcn will, als dem Vorgänge von der „Zukunft" mit unverkennbarer Absichtlichkeit bcigemesten wird. Man kann nur wünschen und besten, daß auch ferner sowohl von Berlin, wie von FriedrichSruh aus mit allem Nachdruck allen Bcrsuche», die Bedeutung und Trazweile des großen historischen AclcS zu verdunkeln und durch Erregung neuer Mißslim mungen abzuschwächc», mit gleicher Entschiedenheit entgegen getreten wird. an dem Mangel an Diäten, das beweist der weit zahl- reichere Besuch der Abgeordnetenhäuser in allen deutschen Landtagen, wo es auö diesem Anlaß sehr selten zu Störunge» der Geschäfte kommt. Noch mehr aber liegt die Schuld an einer eingewurzelten Geringschätzung der übernommenen par lamentarischen Pflichten seitens vieler Abgeordnete» und an der Slumpsbeit der Wähler dagegen. Bei den leitenschasl- lich erregten Wahlkämpfen sollte man meinen, das Wohl deS Vaterlandes und jedes einzelnen Wahlkreises hänge von dem Siege dieses ober jenes Bewerbers ab, ist aber die Wabl vollzogen, so bleibt der größte Tbeil der Vertreter fast daS ganze Jahr über zu Hause sitzen. Kein Ab geordneter hat daS Recht, ohne die zwingendsten Abhaltungen den parlamentarischen Verhandlungen seruzu- bleiben. Daraus sollten die Wähler bringet, »ud keinem Man» ibre Stimme geben, der in dieser Beziehung nickt die bindendste» Verpflichtungen übernimmt Schärfung des Pflicht gefühls vieler Abgeordneten thut in erster Linie nolk. Aeußer- liche Vorschläge zur Abkilfe. wie Herabsetzung der Besckluß- ähigkeilSzisier, Zusammenbrängung der Abstimmungen, baden auch viele Bedenken gegen sich und würden am Ende den Besuch der gewöhnlichen Sitzungen noch mehr kerabbrücken. Eö wäre Hobe Zeit, baß endlich einmal von sachkundigen und wohlmeinenden Männern ernstlich geprüft und erwogen würde, wie diesem nachgerade unerträglich gewordenen Miß stank abzuhclfcn sei. Unser ganzes constilutionellcs Wesen droht dabei zu verkümmern und zu entarten. Im Reichstag wurde bekanntlich am DonnerSlag wieder einmal die Beschlußunsäbigkeit seslgestellt; es waren nur 154 Abgeordnete anwesend, also mehr als 40 linker der Be- schlußfäkigkeilSziffer. Thatsächlick war der Reichstag die ganze Session hindurch, mit Ausnahme weniger Tage bei den Handelsverträgen und dem Iesuitenantrag, beschluß- unsäbig; es wird nur i» der Regel nicht seslgestellt. wenn nicht einige Abgeordnete ein Interesse daran habe», die Sitzung abzubrechen, oder aus „Bosheit" eine» AuS- zäblungsantrag Hellen. Selbst die Beralbung der Sleuer- vorlagen, bei denen man sich geberdcte, als ob daS ganze deutsche Volk völlig zu Grunde gerichtet würde, ging vor ganz dün» besetzten Bänken vor sich; sogar in Commissionen ist die Beschlußfähigkeit mitunter zweifelbaft. Würdig und dem Ansehen des Reichstags förderlich ist der Zustand einer, mit Ausnahme der wichtigste» Abstimmungen, sortdaucrndc» Bc- schlußunfäbigkcit gewiß nickt, und cS war »och in keiner Session so schlimm. Man könnte überhaupt die Ver- sassungsmäßigkeit unv Rechtsgiltigkeit der großen Mehrzahl der RcickStagSbeschlüsse in Zweifel ziehen. Art. 28 der ReichSvcrsassung bestimmt: „Der Reichstag beschließt noch absoluter Stimmenmehrheit Zur Giltigkeit der Beschlutzsassung ist die Anwesenhei der Mehrheit der gesetzlichen Anzahl der Mitgliede erforderlich." Diese klare Bestimmung wird dadurch nickt aus de Welt geschafft, daß man die Augen vor der tbatsächlich säst immer vorhandenen Beschlußunsäbigkeit verschließt. Wen» man jetzt die gewaltigen Räume des seiner raschen Voll endung entgcgengekenden neuen ReichSlagSgebäudeS beschaut, so drangt sich Bielen das erkältende Gefühl auf: Das war auch in anderem Sinn und mit anderen Hoffnungen begonnen! — Ueber die Ursachen der fortdauernden Beschlußunsähigkeit deS Reichstags und die Abhilfemitlcl dagegen ist schon viel geredet worden. Viel liegt offenbar In den ungarischrn Parteiverbält nissen hat aber mals eine Scheidung der Geister starlgesundcn und zwar im Pester Nationalcasino, dem Vereinigungspiinct deS in der ungarische» Hauptstadt weilenden Adels. Der Vorstand des Casinos bestand bisher aus zumeist regierungssreundlichci, Aristokraten und gewesenen und activen Ministern, darunter Männern wie Deal, Andrasiy und TiSzä. In der letzten Zeit agiiinen die Gegner der ministeriellen Kirckenpolitik im Nalionalcasino für die Ersetzung der liberalen Vorstands mitglieder durch antiministeriellc, und diese im Stillen betriebene Agitation erzielte bei der vor einigenTagen stattgehabten Neuwahl des Vorstandes einen fast vollständige» Erfolg, indem nahe zu alle Persönlichkeiten von ausgesprochen liberaler politischer Parteistellulig durch Gegner der kirchenpolitischen Reformen ersetzt wurden. Die Verpflanzung deS politischen 'iampfcö in das Nationalcasino scheint aber selbst die leitenden Persönlichkeiten der conscrvativen Partei unangenehm berührt zu haben, denn cö liegen zahlreiche Erklärungen vor, i» welche» wieder- und »eugcwäblle VorstankSmilglicder die Wahl ab- lclinen, weil ihnen die übersallmaßige Art, wie diese vollzogen wurde, nickt zusagt. Offenbar ist es de» Gegnern der kirchen politischen Vorlagen um eine Art Generalprobe der Abstimmung lui Magnate »hause zu tbun gewesen, denn die Haltung des NationalcasinoS gestattet einen gewissen Schluß aus die Stim mung im Magnaten!,ausc, und der Vorgang zeigt jedenfalls, daß es im Obcrhause an zähem Widerstand gegen die Re gierungsvorlagen nickt fehlen wird. Andererseits bat dieser jüngste Vorstoß der Ultramoniaiiki, die Folge, daß nunmehr sich auch der Adel in zwei streng geschiedene Lager tbeilt; in einem befinden sich die Ullramonlauen, im andern die liberalen Katholiken und die Protestanten. Damit ist die Lage in erwünschter Weise weiter geklärt. Die Protestanten werden nun stärker als je zur Ne gierung Hallen, und in dieser Beziehung hat die feind selige Haltung deS Casino- der Regierung gedient. — Die wegen ihrer ablehnenden Stellung gegen die Civilebc- gcsetzgebung aus der liberalen Partei aus geschiedenen 20 Abgeordneten haben einen besonderen „parteilosen" Club gebildet. Ihr Obmann ist Tbomas Pech», ei» Lutheraner, wobei bemerkt sein mag, daß dicLutheraner in Ungarn im Gegensatz zu den die überwiegende Majorität bildenden Resormirlen Gegner einer Neuordnung der Ebegesctze sind. Eine lange Lebensdauer wird man dem neuen Club nicht verheißen können, den» gegen eine Anzahl seiner Mitglieder liege» bereits Mißtraueiiokuiihgebungcn und Aufforderungen ur MandalSnicterleguiig seitens der Wähler vor. Der e»l- cheidende Kampf um das Schicksal der Ehegesetzreform wird am l5. Februar im Parlament beginnen. I» Frankrrich spukt wieder das Panama-Gespenst. Die Hiulcrdlicbenen LcS vielgenannten Rcinach, sowie die Liquidatoren der Panama-Gesellschaft Processi«» um die Cornelius Herz gehörenden, einen bedeutenden Wertk repräsenlirenden Pariser Immobilien. Die Ersteren wollen sich schadlos Hallen für die Millionen, um die Reinach die Panama-Aelionairc beschwindelte und die Herz ihm nachher wieder abpreßte, die Letztere sucht au« dem Krach zu retten, was eben noch zu retten ist. Dagegen webrt sich natürlich der noch immer in England flüchtige, noch immer „tobt kranke" Herz mit aller Macht, da er seine und seiner Familie Existenz ernstlich bedroht sieht, und ver langt seinerseits Ueberschreibung der Immobilien auf seine Frau unv Vertagung des ProceffeS. Für den Fall, daß die Vertagung nicht beschlossen wirb, droht er mit neuen Ent hüllungen und Veröffentlichungen von Doeumcnten, wodurch eine ganze Reibe hervorragender politischer Persönlichkeiten in Frankreich schwer belastet werden würde. Der Zweck dieser Drohungen, zu deren Veröffentlichung der „Figaro" sich kergegeheu.warder,ben2>laatSanwall cinzuscküchlern; Cornelius Herz kann ihn aber jetzt als verfehlt betrachte», denn am Donner« tag beantragte der Staatsanwalt, die Ueberschreibung der Immobilien auf den Namen der Madame Herz nicht gut- znbeißcn. Er erklärte entschiede», die Zahlungen, denen Cornelius Herz die Mittel zur Erwerbung seiner Immobilien verdankte, seien ohne Grund oder aus »»statlbafter Ursache erfolgt, somit könne deren Rückgabe verlangt werden. Min destens müsse jetzt schon die Sequcstrirung ausgesprochen werden, nm den geschädigten Panama-Glaubigern, welche wieder an die Remach'schen Erben Forderungen zu stellen haben, den Anfang einer Befriedigung zu gewähren. Die Justiz, sagte der Staatsanwalt, verachte die Drobnugen Herz' ; die Klage sei wohldegründet, Herz Vorgehen aber ein sraudliloseS. I» vierzehn Tagen wird der Gerichtshof sein Urtbeil verillndigen. Es wird nicht bczwciselt, daß jetzt wieder der Kranke von Bourncmoutb sich vernehmen lassen wird, und er scheint in der Thal noch einiges „Material" in petto zu haben. Der Khedivc von ISgypten scheint nach einem Artikel der in Kairo erscheinenden arabischen Zeitung „El Asram" den Kampf gegen England »och nicht ausgeden zu wollen. Der Artikel ist von AbbaS kl. inspirirt und enthält u. Ä. eine Darstellung de» Vorgangs in Wadi Halfa. Er beginnt mit einem arabische» Verse, welchen der Kbedive seinen Ministern widmet, und welcher lautet: „Ich nahm Euch als Krieger, mit Euch mich gegen meine Feinte zu vertbeidigen, aber ich habe gesunde», daß Ihr eine Hilfe für sie seid." — Rack einer ausführlichen Schilderung der enthusiastischen Ausnadmc, welche der Kbedive auf seiner Reise allenthalben gefunden, folgt dann der Vorgang in Wadi Halfa selbst: Nach der Truppenschau wiederholte der Khedive im Gespräch mit deuPGeneral Kitchener sein Lob über die Haltung der Truppen. Frurlletsn. Ellida Silström. ks Roman von H. PalmS-Paysen. Neudruck «erboten. „Mein geliebte« Kind", hieß cö gleich im ersten Brief, ,.wa« hast Du gethan! DaS Herz stand mir beim Lesen Deiner Zeilen fast still vor Schreck. Du hast durch Dein Engagement und Deine Mittheilsamkeit aus Gut Illenstein den ganz mühsam zusammengesetzten Bau meiner Pläne und Hoffnungen für Dich zusammengcstürzt. Ich kannte ja Deine innersten Wünsche allerdings. Du aber auch die meinigen. Wohl sah mein verstorbener Mann, den Tu wie einen Vater geliebt — und daS mag vielleicht Deinen Entschluß veranlaßt baden — auf der Bühne Tein Zukunstsglück, nährte in Dir die angeborene Neigung für die Kunst des Tanzes, lehrte und unterwies Dich darin, ich aber, Du weißt es, fürchtete diesen Berus für Dich. Ich kenne die Bretter, die Gefahren, den schlüpfrigen Boden, aus den Du jetzt so Vertrauens- und hoffuungvoll Deine kleinen Füße gesetzt. Ach, und noch andere schwerwiegende Gründe bestimmten mich, Dir abzuratben, in die Oeffentlichkeit zu treten, und am wenigsten in einer Residenz. DaS sind Rätbsel für Dich, nicht wahr, mein Kind? Und doch wollte und durfte ich bisher nickt offener gegen Dich sein. Vielleicht habe ich eben dadurch gefehlt und nun Alles verdorben. Jetzt wäre die Stunde gekommen, in welcher ich Dein Gesicht in meine Hände nehmen, Dich küssen möchte und Dir von einer leidvollen Vergangenheit erzählen, jetzt, wo eS nichts mehr für Dich zu hoffen und zu erwarten aiebt. Aber eS ist mir heute angst und weh ui»S Herz, meine Hand zittert und mein kranker Kopf denkt nicht klar genug, um die Feder statt der Lippen sprechen zu lassen. Habe noch eine Weile Geduld mit Deiner alten Mutier." Ein zweiter Brief zeigte noch kürzere Fassung. An die alte Souffleuse gerichtet, verricth derselbe eine fast krankhafte Angst um daS Wobl de« tbeuren Schützling«. Selbstanklagen, Borwürse mischten sich in tausend Rathsckläge >md Ver» baltungSmaßregeln. Der Inball des Schreibens ergab ein wirres Durcheinander, da« aus einen physisch krankhaften Znstand schließen ließ. Immer wieder ward eia Bries mit Erklärungen, zuletzt sogar daS Kommen der Schreiberin in Aussicht gestellt, ohne daß daS Eine oder Andere geschah. Die alte Schauspielerin war krank geworden, sehr krank, da hals kein Berbeimlichen mehr. Als sich diese Ansicht Ellida aufdrang, sagte sie zu der alten Dienerin: „Du mußt Deine Koffer packen, Murre, und Hin reisen, soll ich nicht vor Unruhe und Sorge für die Mutter vergeben." Die Alte schlug die Hände zusammen. „Ich reisen und das Frökcn hier allein zurücklasscn — das gebt nicht, daS gebt nicht", protestirte sic. Eine längere Auseinandersetzung, ein kleiner Streit folgte, auS welchem die Jüngere zuletzt als Siegerin bervorging. „Wenn ick mich nicht selbst zu schützen verstehe", erwiderte Ellida aus die vielen Einwendungen der alten Dienerin, „was könntest denn Tu sür mich tbun ? Mache ick mir, alte Murre, überhaupt unser Vcrbältniß zu einander klar, so muß ich be ständig an eine Henne denken, die ein Entlein ausgebrütet bat. Angstvoll steht sie — »ein, Du lbörichle Murre, — am Ufer und schreist und schlägst mit den Flügeln, während ich lustig und wohlgemutb im klaren Wasser plätschere, in die Diese tauche, ausflattere und über Deine unnöthige Angst ver gnügt einen Purzelbaum schlage. Laß nur das Entlein schwimmen. cS wird nicht unlcrgehn." Die Alte seufzte sorgenschwer. „Ich wollte, wir waren in der Heimath geblieben, dann wäre ich der Verantwortung ledig", antwortete sie. „WaS soll ich machen?" „Deinen Koffer packen." „Die Reise kostet viel Geld." „Ack, Geld", — Ellida zuckle die Achseln — „können wir eS besser, als sür meine alte Pflegerin verwenden? Ist die Rübe eine« Herzens überhaupt bezahlbar? Warum noch Worte verschwenden? Du reisest, Murre." Dabei blieb es. Tie Reisetasche wurde Hervorgebolt. Die sonst so redselige Alle kramte schweigend ihre sieben Sache» zusammen, ein altmodisches, volantbesetzleS, ver schossene« Wollkleid, ein schwarzes, vielgetrageneL Mäntelchen, dessen Farbe durch den Einfluß der Lust in« Grünlicke spielte, einen scbr großen Blondrnhut mit einem Ballast verschossener Seidenbänber — eine Collrgin batte ibr die« Garderobestück vor Iabr und Tag. nachdem sie dasselbe unzählige Male als komische Alte aus der Bübne zur Schau getragen, ge widmet —, einen guten Regenschirm, den Ellida «br trotz allen Protestes gewaltsam aufgrdrungen, denn durch den ibrigen schimmerten durch lange Spalten schon Sonne, Mond und Sterne — Handschuhe, die über ihre langen Finger noch einen Tbeil hinwcgragten (Murre legte sich aus Sparsam keilsrücksichten nur Herrenbandschube zu, weil weite und lange Finger nach ihrer Meinung länger kielten, als zu enge und gut passende), eine mit Wäsche gefüllte, verblaßte, roth- gcsticklc Reisetasche, die auch schon Methusalem'« Alter erreicht hatte. Ellida hätte die Alte gern anders, besser gekleidet, wenn sie daS geduldet. Mit Bezug aus ibre Garderobe, überbaupt auf ibre Person aber litt sie keinen Einspruch, man mußte sie nehmen, wie sie war. „Nun denn, Murre, lebe Wohl und kehre gesund und am liebsten mit der Mutter zurück. Um mich sorge Dich nicht." „Ack, Fröken, nur zu sehr." Die Alle zog ein große- Taschentuch hervor, das ibr früher als Busenluch gedient, und drückte cs gegen daS graue, vcrschminkle Gesicht. „Sei aus Deiner Hut, Schäfchen, unv vergiß nickt, Wa ich Dir aeralhe» habe. Obne ein bi-cken Heuchelei und Schmeichelei, ohne cm wenig Spiegelfechterei — was ist'S denn, Geld kostet'« nicht — obne die- kommst Du nicht durch den dornigen Weg — nicht mehr so stolz sein, Kind, so widerspenstig, so, so — so übertrieben prüde. Ei» freund licher Blick, ein Händedruck, wie leicht ist's gelba» und Tu hast die Claquc und die Presse auf Deiner Seite. Und was den Capellmeister anbetrifft — der Mensch — Lämmchen, Lämmcken, den sürckte ich mehr, als den kurz angebundenen Intendanten, den —" Tie kleine Ellida kielt sich lachend die Obren zu. „Ich weiß — ich weiß", ries sie, „mach', daß Du fort kommst — ick habe genug gehört — tbue doch nur, was ick will. Ich bin, wie ick bm — anders gebe ich mich nicht. Und höre. Murre, sobald ich die erste Gage in Hände» babr, macke ich einen Scheiterhaufen von allen Deinen Scharteken, Deinen Hüten, Deinen Mänteln. Deine» Kleidern und Hand schuhen und verbrenne den Kram. Daraus, wie ein Pkönix auS der Asche, gebt dann eine Garderobe für Dich hervor, die anznlegen eine reiche BankierSfrau sich nicht zu schämen brauchte. Und dann — und dann —" „Ach, Du —", die Alte streckte ibre hageren Arme nach dem vor ihr stehenden schönen Mädchen auS, zog cS zu sich hernieder und rief in ausqueUendcr Empfindung: „Du Gold kind. erst denk' mal an Dich, mich laß, wie ich bin, da« heißt" — sie ließ plötzlich dir Arme sinken und trat einen Sckrilt zurück — „daS beißt, Fröken. wen» Sie sich meiner nicht so saämen — ich bin und bleibe ja Ihre Dienerin." „Eine raffinirtc, schlechte, superkluge Person bleibst Du, ja, ja, ich kenne die alte Murre. Und wie sehr ich mich ihrer schäme, will ich gleich zeigen. Komm, wir gehen mit einander zur Bahn, ich hin überdies bange, daß Du schon beim ersten Kreuzweg umkchrst; laß Dich also über die Grenze bringen." «o ihre Bewegung sortscherzend, nahm Ellida Hut und Mantel, und Beide verließen das Haus. 9. Capitel. AuS einem der oberen Fenster blickte ibnen die Doctorin Delponta nach, eine bochgewacksene. trotz ibrcr vierzig Jahre noch gut erhaltene, aber etwas zur Woblbeleibthcit neigende Blondine Ihr rundes, energisch geschnittenes Gesicht mit den klugen, graue» Augen und dem etwas vorspringcudrn Kuin halte sie dickt an die Fensterscheiben gedrückt, um die Tavongchcndcn mit deftig blickenden Augen zu verfolgen, bi« die schräg gegenüberliegende Nebenstraße sie ausgenommen. „Wäre ich doch"/murmelte sie, „diese Sippschaft erst wieder loö — eine wahre Vogelscheuche, eine eckle Komörianlen- mutler, diese Alte. Wenn sie sich auch als Dienerin de« Mädchens auSgiebt, das soll dem Berhältniß nur einen noblen Anstrich geben. Man schämt sich vor der Nachbarschaft, solche Gesellschaft ins HauS genommen zu haben. Na, ein Halles Iabr muß wobl oder übel auSgeballe» werden." Frau Tclponda ließ sich nach dieser Betrachtung seufzend in einen Sessel nieder und griff zur Zeitung Unter den Tbcatcranzeigen siel ibr sogleich dir in jetten Buchstaben ge druckte Ankündigung deS dcmnächstigen Auftreten» der ersten Tänzerin Fräulein Ellida Silström vom Stockholmer Theater in die Augen. „Gräßlich", murmelte sie wieder mit zusammcngepreßten Lippe» und krauser Stirne, „welch' einen Lebenswandel wird sie führen!" Sie ries dann ihr Dienstmädchen herein E« mußte berichten, ob und wann da« Fräulein gegen Abend nach Hause käme, und obgleich Frau Delxonda körte, baß da« Fräulein Abends überhaupt noch nickt ausgegangen sei, nur den Tag über, so forschte sic dock mißtrauisch weiter und vernahm nun von der redseligen Berichterstatterin in ge- heimnißvollem Tone, daß daS Fräulein aber häufig im Garten zu sehen sei, „so in der Dämmcruna" und lies vermummt, „so. als ob sie nicht erkannt sein wollBe» so als ob sic Iemaud erwartete."
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