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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.02.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-02-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940208028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894020802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894020802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-02
- Tag1894-02-08
- Monat1894-02
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Goldstern in Hamburg, Fuhlen- twiete 8t NI. v. 10./6.93, an C F. W. Müller in Sachsenhausen b. Frankfurt (M.) v. 37 8. 93, an Richard Schröter, Lithograph in Bad Ahlbeck (Ostsee) v. 12./7. 93, an George Küylhorn in Cobar (Austtalicn) v. 6.,'10. 92, an Tivoli, hauplpostrestanle Budapefl /Ungarn) v. 5./10. 93, an Fri. Hedwig Meyer bei H. Friedmann in Prag, Rabdinergasse 95 v. 26/9. 93, an C. Teber z. Z. Bernburg (Saale), LcistnerS Holet v. 20. 9. 93, an Carl Telschow im Hause Julius Horww i» Dresden-A., Zeughaus- Platz v. L8./9. 93; aus Zwickau (Lachsrn): an Frau Helene Raykowitz in Szerb-Jttlebc (Tüdungarn) v. 29. 10. 93. Itrtvkv mit r»Ict»t »,>zrozr^bi.i»e ii» «vrNit»»l»»»lt. Aus Göh- nitz (T -A ): an August Horn in Eilbeck-Hamburg. Wands- beckerstr. 175, 1. v. 16./4. 93; a»S Zwickau (Sachsen): an dir Leihanslatt der Stadt Chemnitz v. 17./7. 93; auS Plaue» (Vogtl.): an Adolf Rohrmann in Budapest v. 31./I0. 93. Aus Töbcln: a» die Verwaltung der Fracht- gutercasse in Chemnitz v. 10. 8. 93 über 12 .«l, au dir Berwallung der Frnchkgülercasse in Buchloe v. 10-,8. 93 über 24 >t: aus Zwickau (Lachsen): nach Leipzig v. I.?5. 93 über 5 .4!; aus Zeitz: an B. Bauer in Werdau, postlagernd v. L2./6. 93 über 1 40 H für eine Nachnahmesendung: aus Plauen (Bogll): nach Leipzig o. 17./4. 93 über 16 ,/4 45 /st; au« Hrrinsvors (L.-A-): »ach Neustrelitz o. 24. 4. 93 über 1» 63 /H; aus Limbach (Lachscn): »ach Bacharach v. I3./5. 93 über 7 . au» (zheninitz: nach Juditten v. 9 /6. 93 über 21 67 L*«vl»4>t aus Ptittg an F. W. Äelittich in Gera (Zteiiß), postlagernd v. 7.,8. 93. Die unbekannte» Absender der vorbezeichneten Sendungen werden hiermit ausgefordert, ihre Ansprüche dmneu 4 Wochen, vom Tage Le» C» scheinen» dieser Bekanntmachung an gerechnet, bei einer Posianstalt des Ober-Posidirections-BezirkS Leipzig geltend zu mache». Wenn sich innerhalb dieser Frist zur Cinpsaugnahme Berechtigte nicht ge- meldet haben, werden die Geld- und Poslanweisungsdeträge der Poslunterstützungscasie überwiese» und d>« in den Sendungen be findlichen zum Verkauf geeigneten Gegenstände zum Besten dieser Lasse öffentlich versteigert werden. Leipzig, 6. Februar 1894. Der Kaiserliche Lbrr-Pastdirrctor, Geheime Lbrr-Postrath. Walter. Politische Tages schau. * Leipzig, 8. Februar. Der russische Handelsvertrag bildet natürlich in der Presse, wie in allen parlamentarischen und außerparlamen tarischen Kreisen den hervorragendsten Gegenstand der Er örterungen, und cö zeigt sich bei Gegnern unk Freunden eine Erregung, die noch heiße Kämpfe vorauSscbe» läßt. Die „Nal.-Lib. Corr." bewahrt in dieser allgemeinen KampseShitze ihre gewohnte Rübe, indem sie schreibt: „Wir wünschen und hoffen, daß der Pertrag z» Stande kommt. Daß er unserer Industrie wesentliche Bortheile, theils durch mcbr oder minder erhebliche, die Wiedergewinnung verlorener Absatzmärkte er möglichende ZoUerinäfiigtingcn und ebenso durch eine auf längere Zeit gesicherte Stetigkeit der Handelsbeziehungen in Aussicht stellt, tan» nicht bestritte» werden. Ebenso wenig kann man sich leichthin über die politische Bedeutung besserer wirthschaftlicker Beziehungen der beiden großen Reiche, von denen in erster Linie die Äufrechlerhaltung des Weltfriedens abbängt, binwegsetzen. Tie Beraiitwortnng für die möglichen Folgen einer Ablehnung dieses Vertrags wäre in der Thal schwer zu tragen. Freilich stehen sich über die Wirkungen der Ermäßigung der Getreibezölle gegenüber Rußland die Meinungen so schroff gegenüber, daß auf eine Bcrständigung hierüber nicht zu hoffen ist. Wir verdenken e» Denjenigen, die sich zur Bertbeibigung der landwirthschaftlichcn Interessen besonders berufen glauben, nicht, wenn sie eine nach ihrer Ansicht für die deutsche Landwirlbschaft schädliche Maß regel mit aller Kraft abzuwrbren suchen. Indessen auch sie können sich der Einsicht nicht verschließen, daß die Sache eigentlich mit den vor zwei Jahren mit Zustimmung einer großen Mehrheit des Reichstags abgeschlossenen Handels verträgen entschieden war und daß die Abwebr an diesem einen letzten Puncl jetzt nicht mehr viel nützen kann. Gleich wohl möchten wir jetzt noch nicht in die Triumhbrufe vieler Berlragssreunde einstimmcn, als ob die Zustimmung dcS Reichstags schon so gut wie feststände. Es ist heule noch müßig, darüber Berechnungen und Schätzungen anslellen zu wollen. Tic Entscheidung wird, wie immer, wieder in erster Linie beini Eenlrum liegen. Wir glauben an eine Zu stimmung mit mäßiger Mehrheit, sicher ist sie aber noch nicht." Wir haben dieser Auslassung binzuzusugen, daß, wenn der Bei trag abgelehnl wird, dieOfsiciösen und dicD emo traten daran die Hauptschuld tragen. Wie sic gemeinsam die Bäter des Beitrags i» den Himniel beben und seine Gegner als Feiglinge oder LanteSverräthcr behandeln, ist gerade;» ekelhast. Gastrin, Nickolsburg und Frankfurt werden bei kiesen Leuten zu Nichtigkeiten im Vergleich zu „diesem Erfolg des neuen CurseS, den BiSmarck zehn Jahre vergeblich erstrebt." Wen seine Ueberzeugung zur Befürwortung dcS Abkommens drängt, wird sich sagen muffen: eS thut mir weh, daß ich mich in der Gesellschaft seh'! Der Widerwille ist indessen keineswegs nur ei» ästhetischer. Wenn der Borwurs wieder holt würde, eine gewisse Richtung habe Jahrzehnte hindurch einen Scheinkampf für Liberalismus, EonstitutionaliSmuS und Parlamentarismus gekämpft, lediglich um wirtbschastSpolitische Ziele zu erreichen, so wird lein ehrlicher Mann ccm An kläger mebr erwidern können: Du lügst. Herr Richter, der noch in den letzten Monaten deö alten EurseS aus gering fügigem Anlaß mit der Miene eines Hohenpriesters deS EonstitutionaliSmuS die Anklage erhob, man habe die Fahne dcS Kaisers in das politische Kanipfgetüminel getragen, derselbe Herr Richter dckueirl jetzt auS den Dorten des Kaisers über den russischen Handelsvertrag die patriotische Pflicht der BolkSvcrtreter, ihre Zustimmung zu gebe». Noch viel mehr. Jkm gilt es als unerhört, daß Präsident v. Levetzow bei einer „offieiellen Gelegenheit" eine von der Aiissassnng des Monarchen abweichende Meinung knndgegcbc». Ei» Abend essen bei Eaprivi eine ofsiciellc Gelegenheit in den Augen dcS BolkSmanncs, der ein Vierteljahrhiiilderl lang nur den ver fassungsmäßigen Faclorcn Einfluß auf die staatlichen An gelegenheiten cinräumen zu wollen unausgesetzt versichert bat! Und dem Demokraten, der ebensolange einen Gegensatz zwischen Krone und Bolkßvertretung im nicht parlamentarisch regierte» Staate behauptet hat, gilt rozm vokuntas, weil sic seiner WirthschaslSpolitik entspricht, als supromu lox. Die in Wahrheit liberal sind, mögen sie zu der Tagcsfrage wie immer stehen, haben die große Pflicht, darzuthun, daß sie mil solchen« VolkSbelrug nichts gemein oattcn und haben. Die scharfe Opposition, auf welche die Steuervorlazen der verbündeten Regierungen innerhalb und außerhalb deö Reichstages gestoßen sink, hat, wie der Telegraph bereits ge meldet bat, die Väter dieser Vorlagen veranlaßt, wenigstens den unpopulärsten der Entwürfe, die Weinsteurrvarlagr, einer wesentlichen Acnderung zu unterziehen oder vielmehr Lurch eine ganz neue Vorlage zu ersehen. Dieselbe bezweckt, wie wir heute erfahren, die Flaschenweine beim Verkauf von einer gewitzen Wertbgrenze an zu besteuern. Diese Grenze steht noch nicht fest, doch wird sie so bemessen werden, daß der geringe Nein ganz frei bleibt und der gewöhnliche Eonsumenl sowohl als der Winzer verschont wird. Die Steuer wird je nach dem Werthe progressiv sein. Außerdem wird die Besteuerung der Schaum- und Kunsrwrinc aufrecht erhalten werde». Dieser neue Vorschlag berührt scch mit Anregungen von verschiedener Seite, namentlich aus der nationalliberalen Partei unk dem Eentruni, welche bei der ersten Bcratliung der Weinsteuervorlage zum Ausdruck gelangten. Dem Wcin- steuerproject würde damit vollständig der Ebarakler einer Lnxuösteuer verliehen und der Widerspruch gegen diesen ganzen BcsteuerungSvorschlag würde voraussichtlich erheblich abacschwächl werden. Auch die finanziellen Ergebnisse dieses beschränkten ProjecteS würden keineswegs ganz gering zu veranschlagen sein. Man kann nur wünschen, daß die ver bündeten Regierungen auch hinsichtlich der Tabaksteuer- vorlage sich nicht auf ihre Vorschläge versteifen und den berechtigten Bedenken gegen diese Vorschläge ebenso Rechnung tragen, wie de» gegen das ursprüngliche Weinsteuerproject erhobenen Protesten. Seit dem Amtsantritte der neuen österreichische» Re gierung war für die Wcilercnlwickelunz der Verhältnisse die wichtigste Frage die, ob der EoalitionSgedanlc auch in den Kronländern und deren Landtagen Wurzel fassen werde. Mil besonderer Svannuna sab man daher namentlich der Haltung der böhmischen Großgrundbesitzer ent gegen. die, soweit es sich um das Reich handelt, dem EoalitionSgedanken beigekrcken waren, über deren Haltung in Böhnie» man aber bisher zu keinem bestimmten llrtheile zu gelangen vermochte. Nun iu auch in dieser Beziehung », ersreulichcr Weise Klarheit geschaffen: kenn während noch vor einigen Tage» verbreitet worden ist, daß die conscrvative AkelSpartei in Bödmen mil der Gruppe wieder i» Verhand lungen trete» wolle, die sich infolge des Eintritts der Aristo kratie in die Eoalition von ihr loSgesagl und der national- tschechische» Partei angeschlosscn halte, ist nuncintKnndgehung des WablcomilöS der conservativen AvelSpartei erfolg», die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig läßt. Da« Wablconntv wahrt zwar kaS Programm, dem der conser- vativc Adel seit jeher huldigt, erklärt sich aber gegen dir verfassungswidrige, zum Thcil aniidynastische Pol,»! der nationalen Partei und räth von dem Beitritte zu einer poli tischen Vereinigung ad, die einen einzelnen Volksstamm Böhmens einseitig begünstige, von österreichischem Patrio tismus aber nichts wißen wolle. Der Ausruf und die ihm beigegedene Erklärung sind von den hervorragendste» Ver- irekern der altadcligen Großgrunebcsiyerpartel in Böhmen unterzeichnet. Rechnet man hinzu, daß auch die Eonser- vativen in Mähren von der tschechischen Parlci sich loSgesagl haben, so hat man hierin eine» erfreulichen Fortschritt zu erblicke» und cS eröffnet sich die Aussicht aus eine» späteren Eompromiß zwischen der conservativen und der liberalen Adelögruppe. Durch einen solchen Eompromiß in entgegen gesetzter Richtung wurde seinerzeit von dem verstorbenen «Zürnen Earlos Auersperg ;dcr diesen Fehler nie wieder gut- zuiuachen vermochte) den, System Taasse Vorschub geleistet. Nichts konnte daher die Wendung zum Bester» klarer kenn zeichnen, als wenn nun an die Stelle jenes EompromisseS ei» neuer, der Verwirklichung deS EoalilionSgrdankenS auch in Böhmen dienender träte. Der AuSdehnungsbrang der Franzosen in Afrika kennt und achtel keine Grenzen. Bon der algerischen Grenze wird langsam, aber unanshallsam gegen die ^uat-Oasen vor- Feuilleton. Ellida äilström. 10> Roman von H. PalmL-Payscn. NaittruL rerdeien. (Fortsetzung.) Bis zu diesem Moment batte Zinndorf neben Ellida Posten gestanden. Jetzt sagte er ärgerlich: „Ich habe Ihre Erklärung vorauSgescben iind in dieser Sache henke da- letzte Wort gesprochen. Ihre sittliche Entrüstung ist — Sie wissen, ick nehme kein Blatt vor den Mund —, ist einfach lächerlich. Wollen Sie sich nicht den hiesigen Tbeatcrgcsetzcn unterstellen, so wird eS keineswegs zu einem festen, einem kauernde» Engagement kommen. Und das würde Ihren Wünschen doch nicht entsprechen. Fügen Sie sich also, Herr v. Hochstedt erwartet cS." Ellida erschrak. „Herr v. Hochstedt?" fragte sic zurück, „wird de»» Alles mit dem Herrn Intendanten besprochen, selbst Nebeiisächlichcs?" „Gewiß nicht, wir behelligen unfern vielbeschäftigten Ehes nnr in durchaus -wichtiger Angelegenheit, wenn nnS andere Adhilse nicht bleibt. Er ist die letzte Instanz." „Für wichtig halten Sie diese Sache?" Er sab mit einem halb mitleidigen, balb spöttischen Blick aus sie bernieder. „Sie sind, merke ich, noch sehr unerfahren, sebr barmloS, trotz Ihrer bald zwanzig Jahre Sic sind ein Kj„d, noch ein richtiges Kind. E« tbnt mir fast leid. Sie verklagt zu haben, doch was machen? Sic gcvorcken mir ja nicht." „In diesem einen Punctc nicht, sonst gern in Allem, bier nur bann, wenn ich gezwungen werke. Kennen Sie Tlwr- waldsen'S Terpsichcre? Wabrscheinlich. Warum ihn ver bessern wollen? Ich habe einen Widerwillen gegen alle« Unschöne." .Find. Kind, mit solchem Idealismus dringen Sie hier vichl durch." „Ich werde selbst mit Herrn v. Hochstedt sprechen." „Und gedenken Sie bei ibm mebr zu erreichen, als ich?" „El gelingt mir vielleicht nicht, aber ick, möchte cS versuchen." »Nicht «inen i-Punct streicht der au« den Thealerzeseyen, sage ich Ihnen. Sie erzürnen ibn nur. Aber wer sich nicht ralden läßt, dem ist nicht zu helfen." Mit verdrießlicher Miene wandte sich der Balletmeister von dem jungen Mädchen ab und nahm die Probe wieder auf. Die Tänze und Stellungen des letzten Tableaus diese« meisterhaft eingeübten Ausstattungsstückes brauchten heute nur noch flüchtig durchgeprobt zu werden. Vom nächsten Tage an sollte» dann die Proben auf der Bühne stattsindc». Ellida Silström seyte sich aus eine unweit der AuögangS- tbür stehende Bank. Sie hatte noch mitzuwirken und wartete den Augenblick ab, in dem sie mit dem erste» Tänzer in die Gruppe» hineinzuspringen und dort ihre kunstvollen Evo- lttlioncn auözufiihren dabe. Das Auge aus daS bunte, be wegte Bild vor sich gerichtet, scheinbar ausmerksam und doch gedankenabwesend. die Hände im Schooße gefaltet, die zier lichen Füße leicht übereinander gelegt, so saß »e da in einer Wolke zartweißen Tüll«, in einem Anzug, der sich iin Schnitt ausfällig von denen des Gros ihrer Gefährliunen unterschied. Ihre zartgerundeten Schultern blickten nur wenig auS dein Ausschnitt deö Kleides kcrauS, und der Tanzrock reichte weit über daS Knie weg. Sie sah dadurch größer auS und man hätte glaube» können, rin festlich gekleidetes Kind irgend einer sittsamen BürgerSsamilie, nicht eine Tänzerin von Beruf vor sich zu sehen. „Wen Sic d e n Eindruck machen wollen, dann hätten Sic nicht Tänzerin werden müssen", batte idr schon gestern der Dalletmeister in scharfem Tone gesagt, worauf sie er widerte: „Aus irgend einen Effect bade ich e« nicht abgesehen. In Schweden tragen wir Tänzerinnen nnS alle nicht andcr- nnd haben AnstandSstrasen z» zabtcn bei willkürlichen Aeiide- rungr»." — „Dann geben Sie koch nach Schweden zurück", war eS ibm verdrießlich entfahre». Uebcr diese und andere kränkende Worte dachte Ellida nach. Es schien ihr in der Thal da» Beste. Sic würde sich hier nicht «ingewöhncn können, sich unter der Strenge und Lieblosigkeit dieser Menschen ver bluten. Was fesselte sie hier noch? Nur der Eontract, vor läufig nur für ein halbe« Jabr, nach verstrichener Frist konnte sie sich wieder ihrer Freiheit erfreuen. Es blieb freilich fraglich, ob sic in Schweden so schnell wie hier Engagement, ein so glänzende-, finden würde. Aber wa« lag ihr jetzt noch an Geld und Gut, ja selbst Lorbeer und Blumen batten völlig ibren Werth verloren, settdem die geliebte Pflegemutter ver schieden, seitdem Ellida nur für sich zu sorgen hatte. Da traurige Mädchen büllte sich ganz ein in schwerniütbige Ge danken. Die Wunde, die ihr der Tod beigebracht, war noch zu frisch und schmerzhaft, um sofort vergessen und überwunden werden zu können Und Leid solcher Art batte sic bisher noch nicht, am allerwenigsten an sich selbst kennen gelernt. Ob sic dann Tänzerin geworden wäre? ES gehörte nicht nur daS Talent und der leichte Fuß dazu, anch der leichte Sin», der nach seiner Richtung hin Skrupel kannte, daS sah sie jetzt erst ein. Ihre Gedanke» wurden durch den an sie berantretcndcn Thcatcrdiener nntcrbrcche», der einen Brief in ihre Hände legte. Ganz dieselbe Handschrift vcrrieth dieser wie »eiilich, ganz dasselbe Unbehagen ergriff sic wie damals beim Lesen de« kurzen, räthselhasten Jnbalö. „Sie haben mein Schreiben unbeantwortet gelassen", bieß eS darin, „ich sürchte Lader, daß Sic mich mißverstanden haben. Eine kurze Rücksprache in der Sic persönlich betreffenden, nicht unwichtigen Angelegenheit, ein kurze« Zusammentreffen, entweder in ihrer Wohnung, in einem Easü ober «in Theater, wie eS Ihne» paßt, würde zur hoffentliche» Einigung der nicht gut brieflich zu erörternden Sache führen. Gestalten Sie mir daher die erbetene mündliche AuSeiiiandersetzung. Ein Entgegenkommen würde Ihnen zum Vortbeil gereichen. Um Ihnen möglichst keine Störung oder Unbequemlichkeit zu bereiten, bin ,ch selbst der Ueberbringcr diese« Brieses und hoffe bestimmt, daß Sie mich nicht adweiscn, mir hier im Theater eine kurze Unterredung gestatten »erden. Dieses balb beschlcrischc, halb höfliche Schreiben entbehrte wie das kürzlich erhaltene der Unterschrift. Nur daß in diesem, viel kürzer gehaltenen Schreiben die damals angegebene Ad resse in Form von Buchstaben mit der Notiz „postlagernv" nickt wieder vermerkt worden war. Ellida, eingedenk der Mahnung ihrer erfahrenen Murre, niemals anonume Briefe zu beachten, überflog unter Herzklopfen den Inhalt und sagte dann zu dem aus Antwort darrenden Diener ohne Weitere- Besinnen: „Ich kann den Herrn nicht sprechen, nirgend«, weder hier, noch anderswo. Sagen Sie ihm kaS." „Und auch den Grund, Fräulein?" fragte zögernd der Bediente, der häung schon die meisten« gut bezahlte Vermittler rolle zwilchen de» Tänzerinnen und deren Verehrern über nommen vatlc. ,,Ein Grund braucht nicht angegeben zu werden", c> widerte Ellida küklen Tone«, ebne den Fragenden anzusehe». Der Diener rührte sich nicht vom Fleck. „Fräulein besinnen sich vielleicht noch", bemerkte er dreist. DaS junge Mädchen wandte sich ihm langsam zu. „Geben Sie", sagte Ellida ui einem Ton, mit einem gerückt. Timbuktn wurde von Oberst Bonnier erst „ebne Auftrag" besetzt, dann erklärte der „TempS" officiö-, man könne die Besatzung nicht ebne Weiteres zurückzicben; im Hinterlande von Sierra Leone kommen schon daS zweite Mal „bedauerliche Zwischenfälle" vor, bei denen britische Truppen angegriffen und »icvergeschoffen werden, und bei den de»tsch-französischkn Grenzverdcmdlungen suchen sich die französischen Unterhändler alle möglichen und unmöglichen Gebiete zu sicher», die der deutschen Hinterlandspbäre von Kamerun gehören. Jetzt haben sie auch noch einen Eonflict mil der Republik Liberia vom Zaune gebrochen. Wie telegraphisch gemeldet, hißten sie in Kavally die Tricolore, an einem Orte also, den vor drei Monaten liberianische Truppen erobert und besetzt batten. Tic Kunde von dem Vorfall erregte in Monrovia, der Hauptstadt Liberia«, au dessen Ostgrenze Kavally liegt, große Entrüstung und die Regierung gedachte den Eongrcß einzubcrusen, um die zu ergi-eisenden Maßregeln zu bcrathschlagcn, da man Kavally als Eigcnthum Liberia- betrachtet und nicht Willens ist, es an die Franzosen abzutrctcn. — Die Pläne Frankreich« in Nordasrika sind bekannt, sie geben langsam, aber sicher und erfolgreich auf nicht- GeringcreS, als auf die Bildung eines großen sranzösischcu EolonialrcicbeS in Nord- weslafrika, welche-, von der Sabarababn durchschnitten, einen uisaminenbängciikcn Eomplcr von Tripolis bi« zum Niger und Senegal bildet. Das Hauptbinderniß, das sich der Berwirklichnnz dieses Ideals in den Weg stellt, ist Marokko, der einzige selbstständige, einigermaßen widerstandsfähige Araberstaar: aber seit der Eroberung Algeriens bat Frank reich die Hände dort fortwährend im Spiel, und seit dem eS ihm gelungen ist, im Süden Marokkos immer festeren Fuß zu fassen, ist eS bei der von den Fran zosen gerade in coloniale» Angelegenheiten in leyter Zeit an den Tag gelegten Energie und der Energielosigkeit des concurrirendcn England nicht ausgeschlossen, daß eine- Tages von den beiten Syrlen bis zur Küste des Atlantischen Oeeans ein neues Weltreich unter de» Farben der Tricolore aus- gerichtet wird. Der gegenwärtige xpiritus reetor in Serbien, Erkönig Milan, batte letzter Tage mit dem Belgrader Eorrcspon denken der „Frkf. Ztg." eine Unterredung, in welcher er u. A. sagte: „Der König bat den festen Entschluß, da« Land ans dem einseitigen Parteistrcben hinaiisziiheben, und er hofft dabei aus die Unterstützung aller Patrioten. In diesem Sinne ist auch das jetzige Eabinct auszufassen, welches nur reine und patriotische Männer in sich schließt, mit einem Programm, wie cS schwieriger noch von keiner Regierung übernommen worden ist, und dessen Durch führung ihnen do» einer späteren Generation gedankt werden wird. Ich habe Vertrauen in diese Gentlemen, wenn auch große Hindernisse ;n überwinden sind. Gelingt es indessen nicht, so wird die Krone keinen Augen blick unschlüssig darüber sein, waS daS StaatS- intcresse erfordert." Danach scheint Milan anch jetzt noch nicht ganz sicher zu sei», ob e« de», Ministerium Simitsch gelinge» wird, den verderblichen Einfluß der Ertrem-Radicalcn für immer zu breche». In der Tbat ist dies auch noch zweifelhaft, denn bei Gelegenheit mehrerer unlängst vollzogener Gemeindewablcn bat cS sich gezeigt, daß die radicalen Eandidale» noch da- GroS der Dahlerschaft hinter sich batte», während die liberal - fortschrittlichen Bewerber nur eine verschwindende Minderzahl von Stimmen a»lf sich zu vereinigen vermochten. Diese Erfolge flößen natürlich den radikale» Führern neuen Mutb ein, und daß sie zum äußersten Widerstand entschlossen sind, haben sic offen kundgegrben. Milan schein» aber auch bereits für de» Blick, der ibn erkennen ließ, hier sei jene gewisse Familia rität, die er sich anderen Tänzerinnen gegenüber zu erlauben pflegte, nicht angebracht „Die bat den Hochiiilllb-tenfcl in sich", lautete deS Diener- Urtbeil über die erste Tänzerin, und übellaunig begab er sich hinaus. Ellida starrte vor sich bin. Der Trauerfall hatte sie de» Empfang des neulichen Briefe- ganz vergesst» lassen, und erst beute dachte sie darüber nach, wer der aufdringliche Absender wobl sein möge, der nicht einmal den Mitth batte, sein Ge kritzcl mit seinem Namen zu unterschreiben. Wer sollte mit ihr, der hier Fremde», eine persönliche Angelegenheit, die ihr zuin Vortbeil gereichen sollte, zu bespreche» haben? Sie kannte Niemand unk sab diese gebeimnißvolle Art der An näbcrung eine- Unbekannten al« eine im Dunkeln schleichende Intrigne an. Während testen tbat sich, ohne daß sie oder Ziiiiidorf und die eifrig Beschäftigten im Saale etwas merkten, die Thür auf, und Herr von Hochstedt erschien. Schauend blieb er dort stehen, den ruhige», krilisircuden Blick ans das Leben und Treiben vor sick, heftend. Er schien Jemand zu suchen, obne denselben entdecken zu können. War e- die kleine Silström? Wahrscheinlich, denn nachdem er sic plöylich seil wärt« von sich erblickte, blieb sein Auge prüfend auf ihr Kasten, ebne ei» einziges Mal ans die Mitglieder deS Ballet- corps zurückziilchweifcu; nicht eher wenigsten-, als bi« die junge Tänzerin sich dort biiieingemischl und, mitten darin die Hauptfigur bildend, ihre reizvollen Tänze auSfübrte. „Ein reizende«, ein unbeschreiblich graziöse« Kind", dachte er bei sich, und weiter: „sonderbarer Anzug — Zinndorf bat Recht, ja — aber", er erwog den Geschmack de« Publicum« und er mußte sich sage», daß riese« nicht den seinigen theilcn würde. Tenn in der Tbat, er fand Gefallen daran. Und WaS da« Tanzen anbetraf, so wenig Vorliebe er im Allge meine» ftir das Ballet kegle, >» dem Tanz dieser kleinen Silström lag Etwa«, wa- ibn sesstlle, Etwa«, worüber er sick nickt gleich klar werten kvniilc, eine Natürlichkeit und eine Poesie in den Bewegungen, eine Weich!,cil und eine Rundung, eine Aninulh, die bezaubernd war, die tinzuengcn die so ge tadelte Kleidung nicht vermochte. Jeder Blnisiropfen lebte i» ibr. und doch lag in dieser Annuilk eine Unschuld — ab» da» war e«, was ibn entzückte — diese Reinheit und Keusch heit im AuSdruck ihre« Gesicklchen«, in jeder einzelnen Be wegung. Wie sie jetzt an« dem Hintergründe hcrroreiltc, er schien sie ibni wie der gcsckwingte Vogel, die zurücksallenden Arrmel wie ausslalternde Flügel, die ihr dir Kraft vrrliehrn.
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