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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.02.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-02-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940209024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894020902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894020902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-02
- Tag1894-02-09
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Tabellarischer und Ziffernsatz ua«t> hvherein Tarif. Extra-Beilagen gesalzt), nur mit der Morgen - Ausgabe . ohne Postbesörderung .st M.—, mit Postbesärderullg 70.—. IXnnastmkschluk für Än',eigen: Abcnd-AuSgabe: Bormittags 10 Mr. Morgen.Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Soun- und Festtags früh ' ,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Aujeigrn sind stets an die Expedition zu richten. Druck uud Verlag von L. Polz ln Leipzig. ^73. Freitag den 9. Februar 1894. 88. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, o. Februar. Während das Plc» UNI des Reichstags gestern die Sproialberathung des Etats wieder ausnahm, trat der Budgetausschuß in die Bcratbung des Etats für tt»«eruu. Selbstverständlich bildeten Herr Leist und seine Thalen den GNenstand der Unterhaltung. Es ist über diese Vorkomm nisse, die beweisen, daß sich in unserer Eolonialpolitik Brutalität mit Schwäche vereinigt, nichts mehr zu sagen. Aber gegen die Verunglimpfung des Andenkens deS wackeren Freiherrn v. Gravenreutb, die sich die Herren Bebel und Richter beigeben ließe», muß Verwahrung eingelegt werden. Sein Kauf der bei ibren früheren Herren bald ver kommenen Dabomeer war lhatfächlich ein Loskauf sein Beweg grund ebensowohl bumanikair wie militairisck. Daß die Leute nicht nur den LoSkaus, sondern auch den Verbleib in deutschen Diensten als ein Glück empfanden, beweist der Umstand, daß kein Einziger sich enlsrrnlc, als man sie für frei erklärt batte. Gravenreulh und seine Nachfolger haben zweifellos als Träger der Civilisation an diesen Mensche» gehandelt; erst Herrn Leist blieb cS Vorbehalten, den deutschen Namen zu sammen mit dem deutschen Interesse zu compromittiren. Indessen. daS sind Episoden, wie sie in jungen Eolonicn Vorkommen können, Engländer und Franzosen baden auf den Blättern ihrer Colonialgefchichte viel schlimmere Tinge. Der Budgetausschuß wird hoffentlich der Re gierung nicht den Gefallen erweisen, über diese» Vorlommniß die deutsch-kameruncr Lebensfrage deS Ver trag« mit Frankreich zu vergessen. Urber diesen ver lautet sehr Trauriges. Deutschland soll nicht nur da» gesammte strittige Gebiet aufgrgeden, sonder» von dem, wa« ihm zweifellos gebührt, noch Einiges zugelegt haben. Ein labmeS Dcmenli in der „Nordd. Allg. Ztg." scheint die Hiobs post eher zn bestätigen, als zu widerlegen, und im klebrigen: orecko, qnis utisurunm ost, die Sache klingt glaublich, weil Gras Caprivi, der in unserem Colonialbesitze n»r eine Last erblickt, die man sich mit guter Manier vom Halle schaffen sollte, deutscher Reichskanzler ist. Er wird zudem im Pariser ..TempS" von einem Mitarbeiter gelobt, der während der Berliner Verhandlungen al» französische« Nationalgewifsen dinier den französischen Unterhändlern gestanden hat. Die Sache dürfte also richtig sein und der Reichskanzler sich einen neuen Anspruch auf die historische Benennung „Eaprivi der Verträgliche" erworben haben. Das übergroße Entgegenkommen, da« Graf Eaprivi bisher bei allen VertragSverhandlungen geübt bat, macht eS begreif lich, daß gegen ren Ve»tsch-rn,'fischen Handelsvertrag Miß trauen auch in solchen Kreisen sich knndgicbl, die principiell einem solchen Vertrage mit Rußland geneigt sind. Und was dieses Mißtrauen noch mehr näbrt, sind die mehr al« un geschickten Versuche der Osficiöfen, die Opposition durch Drohungen mit der Feindschaft Rußlands cinzu- schüchtern. Diese Drohungen können gar keine andere Wirkung haben, als daß nicht nur die Opposition, sondern auch die Zweifelnden und Unschlüssigen sich sagcv, ein Ver trag, den man mit Hilst angeblicher russischer Drohungen dnrchzudrücken sucht, könne nicht viel Werth für unS baden und müsse für Rußland vortheilhaftcr als für Deutschland sein. Mit vollem Reckte warnt die Münchener „Allgem. Ztg." vor der weiteren Anwendung solcher Druck- uns Droh- mittel, indem sie au-fübrt: „LS wäre da« denkbar versehlteste Mittel, wollte man den Reichstag und die öffentliche Meinung behufs Annahme des Handel», vertrage» unter den Druck einer riilsijchen Kriegsdrohung stellen. Gegen derartige Versuche mühte sofort und von allen Parteien Ver wahrung eingelegt werden, von den Freunde» deS Vertragt« abjchlusseS am schnellsten und entschiedensten; denn nichts könnte ihren Wünschen nachtheiliger, nichts dem Ansehen der eigenen Regierilng abträglicher sein, als wenn auch nur mit einem Schein von Recht die Ansicht sich besestigte, daß russische Drohung den Vertrag beeinflußt habe." UevrizcuS machen sich rie Folgen der Anwendung dieses höchst bedenklichen Mittels bereits in ver russischen Presse bemerkbar, die eine Sprache führt, als ob Deutschland wirklich vor ver Frage stände, entweder den Russen den heißbegeb»tcn Vertrag zu bewilligen oder sich auf eine Züchtigung gefaßt zu mache». So schreibt die „Now. Wreuija": , Wenn die parlamentarische Opposition die Berliner Regierung zwingen sollte, zu dem Status zurückzukehren, der den Zollkrieg zwischen Rußland und Deutschland zur Folge hatte, so würbe da», angesichts der Vertrüge, die mit anderen europuilchen Mächte» abgeschlossen worden, sehr weit führen und eSsehr zweiselhast erfcheinen lassen, daß der europäische Friede erhalten bliebe." Gegen eine solche Sprache muß der deulsche Stol^ sich ausbäumen, und bringt dieser Stolz den Vertrag zu Falle, so mag sich dafür der>enige Theil unserer Industrie, der von dem Vertrage zweifellos große Vortkeilc zn erwarten batte, bei den Kanzlerosficiösen bedanke». Tie gestern im preußischen Abgeordnetenhaus« in erster Bcratbung erledigte Vorlage über die LandwtrthschaftS kam«rrn hat im Allgemeinen nur sehr zurückdallentc Auf nahme gefunden; der Widerspruch wenigstens gegen mehrere grundlegende Bestimmungen war stärker als die Zustimmung. Den Standpunct der Nationallideralen legke in erster Linie Abg. vr. Sattler dar; er erhob Bedenken gegen das Skenerrecht und da« vorgeschlagene Dadlverfabren, gegen den zu besürchlcndcu allzu starken Einfluß der Landrälhe und Groß grundbesitzer aus Kosten de» kleinen Grundbesitzes, die Gefähr dung der Wirksamkeit der bewährten freien landwirthschaftlichcn Vereine durch eine bureaukratifche Einrichtung und gegen tcn obligatorischen Charakter der letzteren. Aehnliche Bedenken wurden auch von anderer Seile, namentlich au« dem Cen trinn, aber auch von Conservativen geäußert. Allgemein wurde zugestauken, daß man die Wirkung dieser neuen Ver tretung noch nicht hinlänglich übersehen könne. Es wird sich nun fragen, ob eS gelingt, in der Commission ein brauch bares und der Zustimmung einer ansehnlichen Mehrheit sichrre- Gesey berzusteUen. Ohne wesentliche Abänderungen wird eS nicht möglich fein; nanienllich hält man c« für wahr scheinlich , daß der Einrichtung der obligatorische Charakter adgestreift und ein faeultativcr gewählt wird Als ConipensationSobject für anderweite Wünsche und Beschwerden der Landwirthschast hat der Gesetzcnlwurf, wie sich schon jetzt erkennen läßt, genügende Wirkung nicht gehabt, lieber die unter Mitwirkung ver LanbwirlhschastS» kammern vorzubereitcndcn Reformen im Credit- und Echulden- wescn, sowie im Erbrecht für die Landwirthschast Kat die Verhandlung im preußischen Abgeordnetenhaus« wenig Lickt verbreitet. Die nebelhaften Umrisse, in denen diese Pläne aufgelaucht sind, wurden in keiner Weise aufgeklärt. Es war daher auch begreiflich, wenn sich allerseits große Zurückhaltung gegenüber vorläufig noch so verschleierten und undurchsichtigen Projeclcn zeigte. In Frankreich ist gestern das Parlament wieder zusammengetreten. Es findet als wichtigsten Gegenstand den von der Regierung unterbreiteten Gesetzentwurf zur Ab änderung der UebergangSabgabe» vor. der im Hin blick auf parallele gesetzgcbcrifche Arbeiten in Deutschland von Interesse ist. Der Entwurf enfhälk nämlich außer der Ab änderung der UcberaangSabgaben auch eine Reform der selben, ferner eine Acnderung und Reform der Erbschafts steuer, sowie eine Erhöhung der Stempelsteuer. Bisher Ferrillrtsn. Ellida Silström. UI Roman von H. Palmö-Paysen. Nmtdruck »erbeten. (Fortsetzung.) Herr von Bracht rührte fick nickt von der Stelle, ließ die langen Enden seine» weichen SchnurrbariS langsam durch die Hand gleiten und sagte mit einem höhnische» Lächeln: „Sie spielen meisterhaft, Fräulein. Warum sind Sie nicht statt Tänzerin — Schauspielerin geworden ? ES batte meiner Tante vielleicht weniger Kummer verursacht und ick hätte Ihnen nickt diesen Ucberfall zu bereiten brauche». Rechnen Sie mich doch um Himmels willen nickt zu Ihren Galan«, ich wünsche von Ihnen nicht- Anderes, als Sie von der Ans richtigkeit meiner Gesinnung, meiner Vorschläge zu überzeugen An eine Verehrung Ihrer Reize, Ihrer Künste, im Tröffe klingender Münze, denke ick gar nicht. Warum also eine Prüderie heucheln, die mir die kostbaren Minuten, daS müh sam errungene Rendezvous verkürzen? Können Sir meinen Worten nicht glauben, vielleicht dann diesen Papieren", er zog daS Päckchen auS der Brusttasche, schlug cS auseinander wie Karten und fnbr fort: „Sehen Sie, lauter richtige, un- gefälschte Hundert- und Taufend-Markschcinc, ein kiibsckrS ivümmchcn, da« Ihnen gehört, wenn Sie der Familie von Bracht willfahren und wieder in« Ausland gehen, aber Wie gesagt, vor Ihrem Auftreten — vorher." „von Bracht — Frau von Brackt", stieß Ellida hervor, der durch Nennung dieses Namens plötzlich ein halbe» Verstand- niß aufging für seine brüsken Worte — seine Cynik verstand sie nicht — „kommen Sie von Frau von Bracht?" Er lächelte boshaft und dachte: „Da baden wir-, Geld bleibt dock immer daS beste, oft da» einzige Mittel, die Zunge zu lösen. Jetzt werken wir zum Ziele kommen, nur muß ich ihr Kelsen, mit Anstand die Umkehr zu bewerkstelligen, und laut sagte er im Tone deS SelbstvorwurfeS: „Wie un geschickt von mir, Ihnen da eine lange, verworrene Rede zu halten, ohne mich vorher als Anwalt rer Familie von Bracht zu legitimiren. Nun degreise ick das Mißvrrstäntniß oder vielmehr Ihre taclvolle Zurückhaltung. Mein Eompliment dafür, Fräulein Ich erkläre Ihnen gern den Zusammeubang. Frau von Bracht, wie erwähnt, sendet mich zu Ihnen, be dauert, daß sic sich durch ihre allerdings begreifliche Erregung Kal Hinreißen lassen. Sie bei Ihrem Besuche aus Illenstein so kurz abgeferligl, ohne erklärt zu haben, daß zwischen ihr, respeclwe unserer Familie und Ihnen, Fräulein, selbstver ständlich ein Zusammenhang, überhaupt «ine Beziehung weder jetzt, neck später denkbar ist. Beweisen Sie un- in der Thal durch Ihren Taufschein — und diesen cinrusorvern, bin ich beauftragt —, Laß Sie Diedrich von Bracht S unv Karin Tclt- wära'S eheliche Tochter sind — so hieß ja wohl die Schau spielerin, die meinen unglücklichen Vetter auS seinem Erbe und den Banden seiner Familie riß —, beweisen Sie unS dies, so, wie gesagt, ist meine Tanlr unter den genannten Bedingungen bereit, Ihre Zukunft pecuniär sicher zu stellen. Ich denke, zu überlegen ist da nichts mehr, schließen wir in dieser Stunde den Pact ab. heute mündlich, unv schriftlich, sobalv der Schein in unseren Händen ist." Da» war Alle» in einem kalten, sehr bestimmten, zuletzt fast besrhlerischen Ton gesprochen, ohne Rücksicht aus die fast lähmende Wirkung, welche da» Gesagte ersichllick aus das b>- in die tiefste Seele verwundete unv erschreckte Mädchen her vorbrachte. Röthe »nd Bläffe wechselten in schneller Folge auf Ellida'» Gesicht. Die Erkenntniß der Sachlage überwältigte sie fast. Alle« Sträuben half nicht». Was sie damals nicht begreifen, nicht fassen konnte, wa» sie al» Mißverständnis ansah unv al- peinlick, berührend aus ibrer Erinnerung bannte, da- ver band sich in dieser Stunde mit jenen ungelösten Rätbseln, die wieder und immer wieder an sie berangetreten waren durch so manche Andeutung ihrer Pflegemutter, manchen unver standenen Hinweis aus die Vergangenheit. Sic, die Tochter des SobncS jener bartherzizen, hockmülhige» Frau aus Illen- stein, die sie au» dem Hause gewiesen Dieser Mann kort rin naher Verwandter von ihr, der elternlosen, der verein samten Waise, von ihr, der Tänzerin, dir man so bi- in drn Grund der Seele verachtete — haßte und fürchtete! — der man einzig nur deshalb näher trat, »m z» verhindern, daß sie drn hvchwoblgeborenen Namen mißbrauche, zu eigenen, geldgierigen Zwecken auSnutze, ihn auf Theaterzettel drucken laffe, sich überhaupt der Familie nähere, die nicht« von ibr wissen, nur den Taufschein besitzen wollte, um ibr sodann alle natürlichen Rechle, taS natürliche Verlangen nach Lieb« und Heimall, für eine Hand voll Banknoten adzukausen O, welch' ein Web! wie da» in» Herz schnitt, die» Erkennen, daß die nächsten Blutsverwandten ohne Herz waren Vater und muß bei jeder Erbschaft, ob groß oder klein, der Brutto-Betraz versteuert werden; man darf keine Schulven und nicht einmal die KrankheitS- oder Begrädnißkostcn abzieben, so daß in mancbcn Fällen nicht so viel übrig bleibt, daß die UebergangSstcuer be zahlt werden kann. Künftig soll es nun gestattet sein, Schulden, Begräbnißkosleii und dal. abzuziehen. Ferner sind die V»kausS- abgabcn bei Hinterlassenschaften nach vem bisherigen Svslem zuweilen sehr drückend. Es kommt nicht selten der Fall vor, daß ei» Grundstück mit Schulden belastet ist oder im Augenblick sich schlecht verkauft; es muß aber verkauft und die VcrkausSabgaben müssen dafür bezahlt werden, so daß schon Mancher durch eine Erbschaft gcrarezn ruinirt worden ist. Diese VcrkausSabgaben, die sehr Koch sind, sollen nun in einem stusrnwcisen Betrage bis zu 45 Proc. ermäßigt werken. Durch diese beiden Reformen er leidet der FiscuS einen starten Ausfall, den der Finanz- minister durch folgende Maßregeln zu decken vorsck'lägt: l) durch Erhöhung der Erbschaftssteuer und zwar in mäßiger Form bei der directen Linie und in stärkerer Weise bei den Seitenlinien: 2) durch eine Er höhung der Ouittungssleuer, indem stall deS bis herigen einfachen Satzes von 10 EenlimcS für jerc Outtlnng ein Satz von 10 di» 40 Centime» je nach der Höhe der OuittungSsummc bezahlt werten soll. Die Presse nimmt den Gesetzentwurf, soweit sie sich schon darüber äußern konnte, ziemlich günstig auf, und in ver Tbak ist die Reform der UtbergangSabgaben ein altes Bedürsniß und eine alle Forderung der fortschrittlichen Parteien; ob sie aber dem Schicksale zahlreicher früherer Resormvorschläge in gleicher Richtung: in den Commissionen begraben zu werden, entgehen wird, ist noch sehr fraglich. Die Bewegung der Arbeitslose» in England, sprciell in London, nimmt immer bedenklichere Formen an. Ucbec die Zahl der Arbeitslosen in London geben die An gaben zwar weil auseinander; die Einen sprechen von 200 000 oder 250 000, Andere von 8» 000 oder von lOO 000, Tbatsachc ist eS jedenfalls, daß viele Tausende von Arbeitern, auch von solchen, die arbeitswillig sind, keine Beschästignng, also auch keinen Verdienst haben, daß die der Armenpflege z» Gebote stehenden Mittel de» weitem nickt anSrcichen, die Masse der Notbleidenten auch nur einigermaßen vor Hunger und Frost zu schützen, und daß mit der langen Dauer de- Elends die Erbitterung unter den Hcimgesuchten wächst, so daß sie immer mehr geneigt werden, der Aufforderung zur Selbsthilfe, zu gewaludäligcm Vorgehen ihr Ohr zu leihen. Nun bat odrncin der Conslict, den sie am Sonnabend aus dem Marsche von Towerhill nach Trafalgar Square mit den Polizcimann- schaslen hatten, unter den Arbeitslosen viel böses Blut gemacht. Als am Montag daher ibr Führer und Organisator, der Socialist William», seinen früheren Brandreken da durch die Krone auffetzte, daß er seiner aus Towerbill vcr- sammellen Gefolgschaft zuries, sic möge bei nächster Gelegen heit die Polizei mit der chemischen Packet- post gen Himmel fei,den, lohnte ihm ein gewal tiger Beifallssturm. Die Regierung ist im Parlament und i» der Presse schon wiekerbolt gemahnt worden, den systema tischen Hetzereien Williams und anderer Agitatoren nach drücklich cntgegenzutrelen. Bisher hat jedocki ker Staats- secretair deS Znnern, Sir H. Asquitb, ein behördliches Ein schreiten stets abgelehnt, weil er cs für fraglich erachtete, ob rin veruribeilender Nickterspruch zu erzielen sein würde. Daß man William« auch nach seiner neuesten Leistung nicht daS Handwerk legt, erscheint der „Time-" denn doch al« hochbedenklicker OuittiSmus DaS Ctty-Blatt fordert ASqutth energisch auf, endlich einzuschreilen unv die Folgen seiner be- klagenswcrlben Unthäli^kcil zu bedenken. Im Allgemeinen ist brr Engländer kein Freund polizeilicher Intervention und Mutter waren tobt, gestorben zu einer Zeit, da der Verstand und da» Erinnerungsvermögen noch in ibr schlummerten, ge storben auch die Einzige, die ihr grenzenlose Liebe unv Wohl- thalen erwiesen und — lebte sic noch, barmherziger als dieser Mann von Stein dort den Schleier von der trostlosen Vergangenheit ibrer Eltern bätte lüste» können. Es war znni Weinen, zum Sterben. Und Ellida, keines Werte« mächtig, sank, die Hände vor das Gesicht schlagend, ausschluchzenb aus den Divan und weinte herzzerreißend. Herrn von Brackt ward e» einen Moment sehr unbehaglich zu Mutbc. Er batte einen ganz andern Eindruck von seinen Worten erwartet. Doch immer das Schlechteste und Niedrigste von Andern, speeiell von Mädchen diese« Berufe» denkend, bemächtigten sich seiner plötzlich Zweifel, ob taS, wa» er sab, Wahrheit oder Verstellung war. „E» ist eigentlich da« Klügste, wa« sie tbun kann", tackte er bei sich, „diese Wortkargbcit, und statt einer gewiß lcickt z» construirenden Antwort va« Gesicht zu ver stecken und die Verletzte »nd Gerührte zu spielen, außerordentlich überlegt und klug, aber für mich höchst langweilig. Wie bringe ich die Rete wieder in Fluß? Wenn man mich hier bei ihr in der Garderobe findet" — ein Geräusch, Schritte und Stimmen ließen idn aufbvrcken — „kommt man zu ganz verkehrten Schlüssen. Daker schnell zu Ende mit der ^acke." „Fräulein", bub er mit seiner kalten, scharfen Stimme an, „ich bedaure in ker Tbat, Ihnen diese aufregende Scene ge macht zu haben, es ist indessen mehr Ihre al- unsere Schuld. Sie batten Keffer getban, in Ihrer Heimatk zu bleiben. Kebren Sie wieder zurück in dieselbe. Fehlt eS Ihnen an Geld — hier, einige Banknoten voraus", er legte ein paar Geldscheine auf drn Tisch, „die übrigen sieben Ihne» nach Empfang deS TaiifsckeineS —" Herr v. Brackt kain nickt zn Ende mit seinen Worten. Ellida batte sich erhoben. Ibr schmerzersüllte-, tbräncn- benetzteS Gesicht verrietb genugsam, was sie in Wabrbcit empfand, dem konnte er sich — übrrsükrt durch so sichtbar licken Beweis — kenn doch nickt länger verschließen, und ibre Worte, anfangs zitternd, tbränenerfüllt. zuletzt erst in der Aufwallung liesgckränkter Gefühle im Tone fester, ja fast gebieterisch werdend, mußten ihm jeglichen Zweifel nehmen „Nicht weiter", schluchzte sic ihm zu. „Lie kennen mich nicht, sonst gäbe e» keine Entschuldigung für so böse Worte, für so beleidigende Zumutbungen Mögen Sie mir glauben oder nickt: bi» zu dieser Stunde bin ich in Ungewißheit über meine verwandtschaftlichen Beziehungen zu der Familie von Bracht gehalten worden. Irgend welch' unbekannte, aber ge- obrigkeillicher Präventivmaßnahmen, in diesem Falle aber dürste die Londoner Bürgerschaft in ibrer überwiegenden Mehrheit doch wünschen, daß die Regierung dem Drängen der „Times" Folge giebl und den William« und Genossen den Kappzaum anlcgt. Selbstverständlich muffen damit energische Maßregeln znr Milderung der Noch Hand in Hand gehen. Der Kamps, den Fiuiilimö ui» seine nationale Existenz gegenwärtig wieder zu kämpfen bat, wendet dein Groß lürstel.tbum die aUgeiucinstcn Svmpathicn zn und läßt gewiß die folgenden Mitibcilungoii als von actuellem Intercfie er scheinen: Es leben beute in Finnland etwa zwei Millionen Lutberancr, gegen 2500 Karboliken »nd 50 000 Griechisch Orlkodoxc. Schon seit Beginn der Regierung de« jetzigen Großfürsten-Zaren bat sich unter der überaus geschickten Leitung PobjcbonoSzew'S die ortbo boxe Kirche in Finnland rinzuiiisten gejuckt Von ker russisck sinn,sckcn Grenze an hat man mit dem Bau orlbokoxer .Kirchen begönne», und zwar sind diese Bauten zumeist kurch Privatst,stungen unk nicht aus Koste» der Regierung erfolgt. Finnland ist nämlick tie eigentliche Soinmersrische der Petersburger, »nk alle Törser bi« Wiborg und noch darüber binanS sind im Sommer von Petersburger Ausflügtern bewohn». In einzelne» Orten Finnlands halten sich in« Sommer bis zu 15 00" Ruffen auf. Mil Leichtigkeit bat cS die Regierung durch Ordens- »nd Titelvcrlcibnngcii durckgesctzt, daß die reichen Russen in ibre» Sommerailsenibalicn orthodoxen Gottesdienst eingerichtet baden. Die Proselyteninacherci, die sich in Ruß lank geradezu zu einem Erwcrbszweigc auSgcdilbct hat, ist um so leichter, als namentlich biS Wiborg ein ent schiedener Mangel an eoangklischcn Kirchen und Geistlichen herrscht, so daß in einzelne» großen Dörfern die Leichen selbst im Hochsommer oft acht Tage sieben bleiben müffen, ebe sie aus einem entfernten Kirchhof eine christliche Beerdigung finken können. Die Finnländer haben alle Ursache, in dieser Beziehung auf der Hur zn sein. Nicht minder aber als die Religion der Väter ist tie nationale Vertretung deö Volkes im Landtag bedroht. Man befürchtet nickt ebne Grund, daß der Grcßsürst-Zar denselben allmählich cinschlasen lassen will. Dann wäre cS um die Verfassung des Laaves geschehen, und die tdatsächliche, wenn auch nicht formellc, Einverleibung de« GrcßsürstenthumS in Rußland dürfte sich rasch vollziehen. Tie in Mittelasien vielfach collitircndcii englischen und russische» Interessen habe» betamttlich n. A. zu dem Vorschlag geführt, die immer wieder aus rer Tagesordnung erscheinende Pamirsragc durch Errichtung eines söge nannten Pusserslaatcs a»S ker Welt z» schassen Dieser projeclirtc Pufferstaat würde einen etwa 250 km breiten, von Ost nach West sich erstreckende» GcbictSstreiscn umsasicii, der nördlich von dem als äußerste Südgrenzc des mittelasiatischeil Rußland gedachten Lause des MnrghabstiisscS, südlich vomHindu- kusch, als Nordgrenze deS indischen Reiches der Engländer, nn- gescktoffen würde. Westlich der afghanisch chinesischen Grenzlinie sind die in einem gewissen AbhängigkettSverbällnifse von Afgha nistan stehenden Khanate Roschan, Tchignan, Garan unk Wakban vorgelagert, sowie noch einige herrenlose Gebiete, welche wohl an China ausgeanlworlel werken dürsten und eine» gute» Tbeil deS eigentlichen Pamir-Hochplateau« bilden. Rußland soll seine grundsätzliche Einwilligung znr Schaffung des hier fkizzirlen Pufferstaates gegeben habe». Tie in England darob empfundene Gcnugthunng wird aber kaum von langer Dauer sein, wen» eS sich bestätigen sollte, daß Rntzland vorläufig seine Pläne nach der Pamirscile aui sich beruhen lassen will und statt dessen sein Augenmerk au» die Besitznahme Hcrats, des Schlüssels zu Afgbanistrm von Turan auS, richtet. Von afghanischer Scitc wäre ein wiß liebevolle Beweggründe werde» meine thcurc Pflegemutter, tie jetzt gestorben »t, veranlaßt Naben, niick darüber zn täuschen. Mein Taufschein wirk mir mit anderen Papieren in dieser Woche zugrstellt. Sic, Herr von Brackt, werden denselben niemals zu Gefickt bekommen, aus welchen Namen dieser auch lauten mag. Verschließen Sie Ibre Banknoten nur wieder, ich laffe mir weder meinen Namen, noch meinen Berns, ich laffe mir nichts, nickt« abkaufen." Sie stand da wie eine Gebieterin, er konnte sich diese« Eindrucks wenigstens nickt envcbren, da sein Blick zufällig den gegknllbcrstebendcn Spiegel streifte, der beite Gestalten zurückwarf. Ter bagere, unschöne Mann kam sich trotz aller Hoffabrt und Sclbstverzötkernng diesem ibm plötzlich im ponircndcn Mädchen gegenüber, aus dessen Antliz^ ibm die schönen Augen der Bracht« in so abweisendem <^tol; ent gegenleuchteten, unbedeutend, i» dem sich ibm ansdräiigendeii Bewußtsein seines kleinlichen Denkens und Empfindens fast erbärmlich vor. Er beherrschte die Situation nickt mebr, seitdem er wußte, daß der Silberklang des Geldes keine Be dcutung für sie habe. Trotzdem wollte er um keinen Preis obne bestimmte Auslassungen und Erklärungen ihrerseits - von Versprechungen konnte zu seinem Ingrimm nickt mehr die Rede sein — das Feld räumen. „ES lbul mir leid", sagte er in bedeutend nachgiebigeren» Tone, sich gewaltsam beherrschend, denn am liebsten bätte dieser herrische Mann zwischen fick »nd ikr die Tbür zugc worsen, „daß Sie meine wohlwollenden Absichten und Vor schläge so fckroff, ja feindselig ablcbncn. Vom Abkausen irgend welcher Reckte kann wodl nicht die Rede sein. Wir wünschen nur, Ihne» eine pecuniär sorglose Zukunft zu sichern, hätten cS längst schon getban", heuchelte er weiter, „wenn wir eine Ahnung von Ihrer Existenz gehabt. Aber inkl» Beller war von >c her ein —" „O, bitte, keine Kritik, wenn Sic unter diesem Beller meinen Vater versieben — warum überhaupt noch Worte ver lieren Eine Gemeinschaft mil einer Familie wünschen, die meinen Vater enterbt, meine Mutter nickt anerkannt bat, sich meiner schämt» taS liegt mir fern. Beruhigen Sie sich. Herr von Brackt, der Name, den wir gemeinschaftlich tragen, wird zu eigennützigen Zwecken, wie Sic durchschauen lasten, niemals von mir auSgenutzt oder mißbraucht werden; daß derselbe zufällig aus meinem Taufschein siebt, da« ist nickt meine Schuld, und ick tan» auch nickt» mebr daran ändern. Sehen Sie jene- Parier als den einzigen äußeren Zwammea«
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