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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.02.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-02-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940213022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894021302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894021302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-02
- Tag1894-02-13
- Monat1894-02
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Es verlautet, daß dir gestrige Sitzung deS preußischen StaatswinisteriumS sich gleichsaU« mil diesen Fragen besaßt nnv über das Votum Preußens im BundeSrath Entscheidung getroffen habe. Gleichzeitig soll der preu ßische Ministerralh sich mit der Frage der Staffeltarife beschäftigt baden. Was er hierüber beschlossen und ob er bereit« zu einem definitiven Beschlüsse gekommen ist, ist au« den heute vorliegenden Meldungen nicht zu rrseheu. Wohl aber sind die „Bert. Polit. Nachr." in den Stand gesetzt, über die Stafseltarifsrage, die zu so schroffen Lorwürscn prcußisch-osficiöfer Federn gegen die bayerische Regierung und za einer noch fortdauernden Eootroverse zwischen preußisch- und kanjlerisch-osficiösen Blättern geführt hat, Folgendes zu äußer n: „Wen» dabei (bei der Berathung des preußischen Staatsminisle- rüuu« über den deulsch-rusiiichen üandelSvenraa und dir Aushebung de- Idealitäts-Nachweises) zugleich der preußischen Staffeltarif« yedachi sei» dürste, so hängt die- nicht direct mit dem russiiche» paadeltvertrag«, vieimebr damit zusammen, daß von Seiie» Bayerns aus Anlaß der geplanten Aushebung des JdrntitätS- uachweisrs für vetreide die Beseitigung der preußische» Staffeltarife augeregt ist. Diese Stoffeitarise fürttzclreibr und Mehisabrikale find drkanutiich zumeist aus dem Grunde «mgesührl worden, um den uuirr den ungüaftigeo VerhaUinsien der Vavd- wirlhschast leidenden Ostproviuzen einen weiteren »nd bessere» Markt für ihren Uederschuß an Getreide und Mehlsabrikaten zu verschaffen. Di« Eiorichtung der Staffeltarife hat oder darüber hinaus nicht nur «in« erheblich« finanzielle Tragweite, indem daraus Mehret» nah»«» von rund b Millionen Mark erwachsen, sondern sie ist auch insofern von grundiatziicher Bedeutung, als in dem System der Staffeltarife die Gatwickeiung erblickt wird, weiche da» Tariswelra der preußischen Siaatsbahuen in der Zukunft zu uehmen haben sollte. Die Bedenken, weiche bayerifchrrsettS gegen die preußischen Stafseitarise er- hoben sinh, beruhe» auf der seitens Bayern- vertretenen Annahme, daß dadurch der bayerische» Productiv» an Getreide und Mehisabrikate» eine verschärfte tLoncurreaz oußrrbayrrischer Product« dieser Art erwachie. Die Bedenken, vo» denen die bayerische Kammer der Abgeordneten bei ihrem Volum gegen die Aushebung de< Jdentitälenachweises sich leiten ließ, liegen nach derselben Richtung. Man befürchtet, infolge der zollfreie» Einfuhr auf Grund von Einsuhrschrinen eine verschärfte Eoncurrenz aus- ländischen Getreides i» Bayern. Diese Bedenken werden mithin durch die von bayerstcher Seile befürchtete Wirkung der Staffel tarife noch verstärkt und eS liegt daher nahe, daß, wenn man sich bayerijchrrseltS zu der Aushebung d«S Identitätsnachweise« verstehen soll, man wenig st en den Wunsch hegt, von der Besorgniß der Stassellarife befreit zu werden. Dies ist der ulal»8 causae cvucrnveruae, um den eS sich augenscheinlich bei der bayerischerseitS angeregten Erörterung wegen Aufhebung der Elaffeitarise handelt. PiecouS mag da» Gerücht entstanden sei», daß Bayern gegen de» russischen Handelsvertrag stimmen wolle, salls die preugifchen Staffeilariie nicht aufgehoben würben." Hieraus geht ziemlich deutlich hervor, daß Preuße» er hebliche Bedenken gegen die Beseitigung seiner Staffeltarif'« bat, Bedenken, die vom Reichskanzler wenigstens nicht ganz gelheitt werden. Auch bei dieser Gelegenheit tritt das Mißliche einer Trennung der Aemler de« Reichskanzler- und de- preußischen Ministerpräsidenten hervor. Trotzdem wird man hoffen dürfen, daH die Bundesstaaten, deren verschiedene Interesse» bei der Staffeltariffragc collidiren, den Weg finden. auf dem die Interessen de« ganzen Reiches am besten gewahrt werken. Was den Reichstag betrifft, so wird in ihm der russische Handelsvertrag noch im Laufe dieser Woche erwartet; die Entscheidung kann dann noch vor der Ostervcrtagung allen. Es wird zwar ohne Zweifel eine Eommissions- bcratbung beschlossen werden, aber es liegt in der Ratur der Sache, daß auch eine solche nicht gar zu viel Zeit in Anspruch nehmen kann. Tie wirthschastlichen GesichlSpuncte. die bei der Frage inBelrachi kommen,sind schon so oft und gründlich erörtert worben, daß wesentlich Neue- dabei nicht mehr zu Tage kommen kann, und Abänderungen im Einzelnen kann man an einem Vertrage selbstverständlich nicht vornehmen, lieber- zeugen werben einanderbie Gegner nicht mehr Man wird eben möglichst bald eine rasche Entschließung fassen müssen. Die Erregung, die seit Monaten über diese Frage und die Steuer- projccle die weitesten wirrbschasklicken Kreise ergriffen bat, muß, wenn sie nicht tiefgehende Schävigungen hinlerlafsen sott, möglichst bald zur Ruhe gebracht werben. Au« Hannover geht der „Weser-Zeitung" die folgende interessante Meldung vom ll. d. zu: „Seil gestern ist hier ein bisher allerdings nicht genügend verbürgtes, aber nach den Quellen, ans denen eS stammt, glandhafl erscheinendes Gerücht ausgetreten, nach welchem die eutzgitttge Regelung »er Vranuschweigrr Thronfolge zwischen dem Kaiser unv dem Herzog von Eumbertanv erfolgt sein sott. Wie eS heißt, will der.Hcrzog seine Rechte an seinen ältesten Sobn, den Prinzen Georg Ludwig adlrelrn, der znnächsi von Ostern d. I. ab in DreSoen erzogen werden, dann später in die preußische Armee eintrclen und nach erlangter Volljährigkeit den Thron in Braunsckweiz unter vollständiger Berzicht- leistung aus Hannover kinnehiven soll. Dieses Abkommen soll der eigenen Initiative des Kaisers zu verdanken sein; jedenfalls ist der Gedanke, den eventuellen Thronfolger in völlig deutsch-nationaler Weise erziehen und a»S- bilden zu taffen, ein glücklicher. Daß derselbe dann später die Erwartung rechtfertigt und vorbeballloS aus seine Ansprüche aus Hannover verzichtet, darf wohl als sicher betrachtet werken." Unwahrscheinlich ist diese Meldung nicht, denn eS ist bekannt, daß der Kaiser schon längst eine» Ausgleich niit dem Welfcnhausc wünscht und die Anbahnung eines solche» wiederholt versucht hat. Ebenso bekannt ist eS, daß eine definitive Regelung der Braunschweiger Thronfolge im Interesse des Lande« wie des ganzen Reiche« liegt. Ist cs jetzt gelungen, den Herzog von Eumberland zur vollständigen Vrrzichtleistung aus Hannover für sich »nd seine Nachkommen zu bewege», so ist taö ein Erfolg, dessen der Kaiser und mit ihm alle aufrichtigen Freunde des Reiches sich freuen dürfen. Für die welfische Partei ist eö freilich ein harter Schlag; aber ihr Aufgehen in anderen Parteien wird außer ihr und dem Eeutrum wohl Niemand beklagen. Daß davon die Rete ist, den Prinzen Georg Ludwig von Ostern ab in Dresden erziehen zu taffe», ist eine wohlverdiente Auszeichnung unseres Königs hauses, dessen Einfluß aus den tünsttgen Herzog von Braun» schweig dem Reiche nur znm Segen gereichen könnte. Jüngst sind in Moskau eingehende Verhandlungen gepflogen worden, die den zehnten russischen archäologischen Eongreß betroffen haben, der auf allerhöchsten Befehlt«- Haren in der Zeit vom l. bis 2". August t806 in Riga statlstiiden soll. Vier Balten baden al« Abgesandte an den Vorverhanv- iungen lheitgenommen, bei denen man sich den Deutschen überaus entgegenkommend gezeigt bat. Obgleich man bisher auf allen diesen Eongi essen" streng an der Reget sestgcbalten hatte: „alle Vorträge haben in russischer Sprache zn erfolgen", war die Sprackensrage bercilS vor Eintreffen der baltischen Abgesandten von den MoStauern ent- chieten worden, und zwar diesmal zu Gunsten deSD eu lschcn. Man hielt eS überhaupt für selbstverständlich, von den Balten nur deutsche Mittbeilungen zu hören, „weil diese Herren ihre wiffenschastliche Ausbildung aus gesetzlicher Grundlage in deutscher Sprache errungen Hallen". Die Balten sind in Moskau ans das Beste und LiebciiSwürtigsie ausgenommen worden und man ist im Entgegenkommen sogar so weit ge gangen, daß ihnen nicht allein gestattet worden ist, auch bei de» Moskauer Verhandlungen sich der deutsche» Sprache zu bediene»: selbst Seine kaiserliche Hoheit der Groß 'iirst Serge», Generalgouvernenr von Moskau, bat sich die Balten n» deutscher Sprache vorslellen lasten, bat sic mit kräftig - deutschem Handschlage begrüßt und sie in der Sprache ihrer Väter angeredet. — Noch wollen wir erwähnen, daß die Rigaer für den Eongres; eine große prähistorische, archäologische, ethnographische, »umiSmatische und spbragistische Ausstellung planen, zu der bereits jetzt die Vorbereitungen n> Angriff genommen werden und a» der sich nicht nur die Deutschen, sondern auch Letten und Esibcn sehr ledhast bciheltige». Die Balten führen dio Ausstelliiiig ganz ans eigenen Kräften au« unk baden die Bedingung gestellt, daß jede Einmischung unterbleibe, was auch aiigeiiommen worden ist. — Diesen uns von vertrauenswürdigster Seite zugcken- den Nachrichten darf in Zusammenhalt mit ankeren Vor kommniffen jüngster Zeit aus dem Gebiete der tkntsch- russischen Beziehungen — so den besonder- syiiipaihischc» Aeußerungen deS Kaisers Wilhelm über den Zaren, der jreundschastlichcn Sprache der meisten russischen Blätter angesichts des Ab>chlusscS der HandelSvcrtragSvcrhand- tuligeii, denl wichtigen Zugeständniß, daß bei der Reor ganisation der baltischen Volksschulen diesen der alte Name „evangelisch - lutherische VotkSschulen" belassen weiten soll, und manchem Ankeren — eine symptoma tische Bedeutung zngesprochen werten. Seil der Er setzung des deutschfeindlichen, reactionaire» Iusti;n»nisie>ö Manassein durch de» als frei und gerecht denkender Jurist bekannlc» Murawjcw webt in Petersburg ohne Zweifel eine dcntschsreuntlichcre Lust, wozu die Rußland so nach thcitige Schutzzollpolitik, zu der sich die französische Re gierung entschlossen, nicht unwesentlich beigerragen baden mag. Wir sind nun zwar weit entfernt davon, in diese», ein gewisses Entgegenkommen gegen Deulschland bekuntenden Vorkommnissen eine grunksätzlichc Verän derung der internationalen politischen Stellniigiiahme Rnß lands zu erblicken, und wir möchten dringend davor warnen, sich weuergebeiibkii Hoffnungen biiizugebcii, bevor der deutsch- russische Handelsvertrag völlig unter Dach und Fach ist. Webt der Wind in Petersburg anck dann noch gleich freundlich, wie eben jetzt, werten die Drähte, die man jetzt angctnüpst bat, dann nicht wieder abgerissen, sondern durch neue vermehrt, dann, aber auch dann erst, läßt sich von den Vorboten einer neuen inlernationalen Aera in Europa spreche». In Frankreich scheint der Abschluß der deutsch- russischen HandclsvertragSvcrhandluiigcn das Unterste zn oberst kehren zu wollen Wie wir iin heutigen Mcrzenblaitc aus englischer Quelle melken sonnten, soll der italienische Botschafter in Paris in Nom einzetroffen sein, um vo» seiner Regierung Weisungen wegen Abschlusses eines italienisch-französischen Handelsvertrages zu empfangen. Dieser sensationellen Nachricht folgte aus dem Fuße die wesentlich einschränkende, daß zwischen Rom und Paris nicht von einem eigentlichen Hanvelsverlrag, sondern nur von der Anwendung deS französische» MinkesttarifS aus italienische Erzeugniffe und den entsprechenden Gegenleistungen Italiens die Rede sei. In beiden Formen ist die Nachricht so außer ordentlich überraschend, daß man geneigt ist, dieselbe ernstlich in Zweifel zu sieben Zu keinem Zeitpuncle seit dem Ausbruch des Zollkriege« zwischen Frankreich und Italien sind die unerläßliche» Vorbedingungen für eine handclk'poliilsche Wiederannäherung der beide» Länder in so geringem Maße Vorbauten gewesen, wie eben jetzt; in einem Augenblicke, da tie Franzescn sich anschicken, ihren schutz- röllncrischkn Trieben ohne Rücksicht aus Rußland nachzubäiigeu, hat, so sollte man meine», Italien noch weil weniger aus irgend ein Entgegeillommcn zn rechne». Vielleicht wird Erispi im Hinblick ans die gedrückte Stimmung der erwerbenden Elasten nechnial«, wie schon vor einigen Jahren, Frankreich die Hand zur bändel-politischen Versöhnung anbieten, sei e« auch auf die Gefahr Inn, daß die- im ersten Augenblick an der Seine als Hissung der weißen Fahne aiisgcteulct werden sollte; aber bei allem Glauben an seinen Stern würde er sich ans einen wirklichen Erfolg in dieser Richtung keine ernste Hoffnung macken können. Zweifellos wird einmal eine Zeit kommen, da der Zollkriegszustand zwischen Frankreich und Italien ausbört, aber sie dürfic noch i» cioiger Ferne liegen und nicht früher erscheinen, als bis Frankreich des „MöliniSiuuS" gründlich satt geworden ist. Oder sollte ihm tie handelspolitische An näbernng Rußlands an Denlschlaiiv und die Entrüstung des Vribündele» an der Newa über den französischen Pro tcetikiiiSinnS bereits de» Appetit an eine», übertriebenen Schutzzoll verdorben habe»? Die nächste» Tage müssen ja die Anlwort ans diese die vitalsten Interessen Frankreichs lies berührende Frage bringen. ES erscheint heute so gut wie zweifellos, daß die spantsch-maroktanischen Verhandlungen bi« zur Erzielung eines befriedigende» Resnliaic« gcrannio Zeit in Anspruch nehmen werden, dafür sorgen die Rathgcber des Sultans und die Vertreter der übrige» Interessenten >» Marokko. Dazu kommt auch noch als besonders hinderlicher Umstand die enge Ver bindung der marokkanischen Dinge mit der allgemeinen Gestal tnng in Nordwcst- »nd Westasrita. Dieselben Mächte, welche einander aus »iarolka»ischcm Boten und am marokkanische» Hose mit der Zähigkeit wohlgcschulicr nc!'ciih»hlcrischkr Ränke^ schmiere jeden Schrill breit Terrain streitig mache», sind jetzt wegen der Abgrenzung ihrer M'achtipbärc» im Hinlertande der Senegal- und Niggercolonieii »i Streit gerathcn, und Frankreich inSbefonderc bat sich mit TiinbnUn eine Affaire auf den Halü geladen, die cs vielleicht v-'ranlaßt, seine ganze Afrika Aelivn bis aus Weiteres in einem überaus schwierigen Tnarcgkricgc scsizulegen. Unter solchen Um ständen mag man in der Umgebung des Sultans immer hin der Aiisichl sein, daß für Marolko die Zeit nicht mehr fern ist, wo e« ausbörcn werde, von den Mächten al« bwße tiuuntitö »ögligeahh- behandelt zn werte», wo eS also mehr Rücksichtnahme und insbesondere mehr Rückhalt gegen unbequeme Ansprüche fpanischerscits siiitc» dürste. Bis tabin gilt e«, sich lavircnd turehzuwintcn. Spanieno Drohung mil dem andalusisck'cn Armeceorp« lind mil der Flotte würde bei den marvktanischen Politikern vielleicht lieferen Eindruck gemacht haben, wenn ihnen nicht bekannt wäre, raß Spanien »» eigenen Lanke mit wachsenden Schwicrigleilen zn kämpfen bat und daß gerade in Andalusien die sociale Krise einen Hobegrad erklommen hat, der die Entblößung der Provinz von ihrem Aruicecorps mche i) gewagt erscheinen läßt. Daß der Sultan fort und fort Truppen »ach der Umgegend M'clillaS dirigier, ist auch kein besonders vertrauenerweckender Umstand, zumal angesichts Feuilleton. Ellida Silström. L4s Roman von H. PalmL-Paysen. (Fortsetzung.) „Schweigen Sie endlich still von der Lappalie", schalt Werner, „ehe Sie nicht den reiben Streifen tragen, mag ich nichts davon hören, die Sache ist nicht der Müde Werth. Für sich dachte er indessen darüber nach, wie er sich selbst auS der Klemme ziehen konnte, wenn er Lowitz auSgehclsen, denn er borgte und bürgte überall und lebte selbst nicht« weniger als haushälterisch Dies' Scrupel währten jedoch »ur momentan, sein leichter Sinn half ihm darüber hinweg. „Kommen Sie, Lowitz", lenkte er, sieden bleibend, ab, „breiten Sie einmal Ihre Maiitelschöße auS, wir wollen Licht macken, man kann ja nicht die Hand vor de» Äugen sehen." Somit zog Werner eine winzige Laterne auS seiner Manteltasche bervor, zündete dieselbe mit Hilfe seines Be gleiters nach einigen Bemühungen a», ging dann, mit dem Lichte voran, einen schmalen, stockfinsteren, mit Gestrüpp unv Unkraut überwucherten Weg, der i» das Dickicht deS Waldes führte. Lowitz folgte hintervrcin. Die Hindernisse und das triefende Laub nicht achtend, ging eS vorwärts, bis eine Lichtung kam. die quer übcrschriile» ward, dann mußte noch mals inS Dickicht gedrungen werde», und das jetzt durch zerrissene Wolken ausglänzende Montlichl ließ nun, unwcii de- kundigen Führers, zwischen Busch und Baum einen Steinbruch hinburchschinimer». „Wir sind nickt die Ersten, wette ich, einige sind schon da", bemerkte Werner, indem er sein Lickt dickt über den Erdboden hielt, „dir Fußspuren hier verratben eS. ab, und hier der Stamm, sie haben den Bach schcn übcrbrückl — da wären wir denn." So sprechend, hatte er schnell und gewandt die primitive Brücke, einen quer über da- kleine Gewässer gelegten, aus der unteren Leite abgeplatteten Baumstamm, überschritten, dem Freunde geleuchte» und nach einigen Schritten den Stein- bruH erreicht. Mit einer einzigen Handbewegunz verstand er die scheinbar uneniwirrbare» Masse» ineinander grcifenber Neste «ad Zweige, di« sich ihm wir eine Wand vor den Weg legten, auseinander zu biegen, daß er und sein Begleiter bequem hindurch zu schlüpfen vermochten. Eine gefck'ickle Hand batte hier in der raffinirtesten Weise eine knnsilichc Wilv- niß geschaffen, die der Natur bis in- Kleinste abaelauscht unv nachgeabmt war, so daß sich, selbst beim hellsten Sonnenschein, das Auge Kälte täuschen lasse» können und das, waS kunst volles Machwerk der Menschenhand war, für Natur nahm. Hinter den Herren schlug da- bei Seite und in die Hohe geschobene Geäst sofort wieder zusammen, als Werner die Hand davon löste. Wenige Schritte weiter blieb er stehe». Vor ibm stieg steil das schwarzgrane Gestein auf, am Fuße von wiltrerwachsenem Gestrüpp unk bochausgeschessene», jetzt braunen, blätterlosen Ranken nniklammert. Dort, wo der Granit eine scharfkantige Ecke bildete und etwa- zurücktrat, breitete sich das Buschwerk nicht ganz so dickt n»d »nturch- dringlich a»S. Nickt döber und breiter als eine Menschen gestalt ward ein Spalt sichtbar, in de» hinein sich der junge Officier stellte, mit dem Arm hinter da- Buschwerk griff, eS wiederum zurückbog, dahinter schlüpfte und min vor einer schmalen Lkffnung deS Felsen- stand. Ursprünglich mochte dieselbe größer und breiter, ja lborartig sich gezeigt haben, war aber künstlich verengt worden, so daß nickt niedr als eine Person zugleich eintrcte» kennte. Werner von Hochstedt befand sich niit feinem Freunde, als sich beide dinrurchzezivängt batten, nunmehr drinnen im Felsen, von der Außenwelt abgclrennt, in einem kurzen, dunklen Gange, der mehrfache Biegungen machte und sich zuletzt noch durch ei» ankere- Lickt erhellte, alS taS der kleinen Laterne, die Werner von Hochstedt koch über seinem Kopse hielt. Der ferne, allmäblick intensiver werdende Lichtschimmer drang durch einen feinen Spalt eine« VorbaiigeS, welcher de» Gang im Hiiilergrunte abschlvß. AnwachfendeS Slimmengeräiisch, fröhliches Lacken ward ver- nehnidar. Werner schlug den Vorhang auseinander und nun traten die Herren i» einen kleinen gewölbeartigen, von einer rosa Ampel malt erhellten Raum, dessen Wände ring-um mit Teppichen behängt waren. Es schien eine Art Garderobe ;»> sein, denn außer einem Spiegel und einem bunten Durchein ander von Mänteln, Rocken, Mütze». Hüte», Regenschirmen und Galoschen auf der Erde, einem Tischchen »nd einigen Stühlen sah man hier keine Gegenstände. „Sie haben sich - schon bequem gemacht", bemerkte Lowitz indem er sogleich an den dem Eingang gegenüberbängenden Teppich trat, der daS kleine Gewölbe von einem größeren Raum zu trennen schien, und denselben ein wenig bei Seite zog. Feuer und Millwosch sind da, auch Schardow, unser Recitator. Feuer scheint irgend eine» seiner mcquantcn Witze gemacht zu haben, aus Koste» Anderer natürlich, sic schüttet» sich Alle vor Lacke», wahrend er selbst mit dem ernsthafteste» Gesichte, als ginge ihm der Spaß nickt« an, Rauckringc in die Luft bläst. Hallborn und Relllos siycn sich i» kriegerischer Stellung in Fez und gestickte» Pantoffel» am Schachrisch gegenüber. Eolesier reicht einen Deiner vortrefflichen Weine umher. Da hast Du das Bild." „Tic vergesse» darin die spaßhafteste Figur, Lieber", cnt- gegnete Werner lächelnd, inrem er die Laterne auSIöschle, a» die Wand hing und sich seines durchnäßten Mantels ent ledigte. „Die wäre?" fragte Lowitz arglos. „Ter Lieutenant v. Lomitz, wie er in seine»! triefenden Mantel, seiner in den Nacken geschobenen Mütze und den ticken, kurzen, in Ka»e»icnsiiefelii steckende» Beinen breitspurig in de» Kiosk lugt, statt fick wie ich schleunigst zum Pasck'a umzuwaiidcln und, den Tsckibuk im Munde, niit rer ibm eigenen Grandezza unter den Fröhlichen drinnen a»s;nra»chcn." „Soll geschehen — soll geschehen", lackte Lowitz gutmüthig, während Werner durch einen leisen, aber eigenartigen Pfiff, der wobl vernommen sein mußte, den drinnen beschäftigten Diener herbeiries, den alten Eolosser, der nun mit unglaub licher Schnelle und Geschicklichkeit die Metamorphose der beiden Herren bewcrlstelligtc und in einem Nu a»S zwei deutschen Ossicicren ein paar persische Würdenträger schuf, zwei sich srcilick sehr uiitcrschcitcntc Gestalten. Werner v. Hochstedt sab mil seine» ruhigen, gcschmack vollen Bewegungen ganz vortrefflich, ja imposant a»S im türkischen Tatar und dem rotben Fez aus bei» schöne», duulcl- baarigcn Kopfe, während die Ileiiie, breitschultrige, untersetzte Figur de« Freundes sich zwar viel orientalischer, doch nickt« weniger als anziehend auSnabni. Trotzdem schien dieser sich in seinem buntsarbeiie» Anzug sehr gut zn gefallen, blickte iminer nieder von Neuem in den Spiegel, bi« ihm Eolesier den Tschibnk reichte. Ehe Werner solche» entgegennabm, lies; er fick noch die Hände von dein klaren Strahl eines über einem Becken bervorsxrudclnden, durch eine Röbreneinrichrnng ans dem Felsen wieder hinaus in de» Bach geleitete» Wässer chen- bespülen, daS in der Ecke deS pbautaiitisch auSgcschmücklcn Raumes auS dem Gestein unaushörlich mit der Gcfckwätzigkeit einer lustigen Quelle bcrvorrauscklc. Dabei fragte er den Diener nach de» schon anwesenden Herren, wann dieselben erschienen, ob sie auch gut und prompt bedient und versorgt seien, ertheiUe Befehle über die noch zu erwartenden Herren und begab sich dann erst, zufrieden lächelnd den gemessene:! Schritt des Orientalen annchmoiit, mit sciiicm Freunde in sein selbstgeschaffeiieö Reich, den sogenannten KioSk. 17. Eapitel. Freilich unterschied sich dieser in mehr als einer Weise von einem echt türkischen allein dadurch schon, daß derselbe nickt offen lag. Welcher Orientale auch bedurfte in seine: Heimath eines flackernde» Feiler-, eines Kamins, wie solcher hier hergcsteU» war, ziemlich primitiv zwar, bock aber mit Ersüllnng aller jener Bedingungen, welche Flamme und Rauch an eine derartige Einrichtung stellen. Die Natur war dem Scköpscr dieses Reiches gefällig zur Hand gegangen Tics- Einrisse hier und ta, schicßschartenartigc Locker >m Felsen loniite» zu Vorrichtungen benutzt werten, ui» die Lust je nach GesaUcn hcreinziilasie» oder abzuspcrrcn. Uno Lampen und Licklcr ersetzten bas Tageslicht, sie bestrahlte» weiche, niedrig fick an de» icppichbcbaugencn Wände» binzikbente Divans, bergcstcllt auS bcn farbenprächtigen Stoffen reS Orients, goldglänzentcn Brocaien, die cm Muster von warmem, niit rciblicheni Braun niiierniischlem Purpur durchlief. Diese glänzien »vierer iin bernsteinfarbene» Weine, der, auS fein geschliffenen Pocalcn geschlürft, »iemalS seine zündende Wirkung aus die phautastisch gctlcirctcii, abenteuerlustige», übermütbigcii Zecker auözuübc» verfc-bllc. Da saßen sie, Alle in gleichen Gewänder», gleicher Lust am Wein »nd Scherz, dock mit nn cnllick verschiedene» Aligesickiern und nickr minder verschiedenen individuellen Eig>»ick>a»tc». Die Emen rauchten, die Anderen spielten Sckack oder Seat oder ei» Hazarrspicl, Einige schauten. Weber rauchend »och plantcrnt, ab unb zu nur den, Weine zu sprechend, müßig, doch mit behaglicher Miene dein lebendigen Trecken zu. Als der Gastgeber und Besitzer dieses wobtdurchwarntten, lichten, eigenartigen Raumes mit seinem Frcnnve cintra», mit lächelnder Miene nach allen Seilen grüßend, ebne den Tsckc bnk bei Seile z» setzen, entstand bei der allgemeinen Begrüßung ein sörmlicher Aufruhr unv eine rancrnd erhöhte Lebhaftigkeit i» der Unterhaltung, die fick jetzt hauptsächlich um den Wirtl, cencentrirtc. Einige begnügten sich, ihm r>c Hände :u schütteln. Andere dagegen küßten scherzweise den Saum seine» Gewandes oder kniete» nieder, wir vor einem Sulla», kreuzten die Arme über die Brust nnv beugten den Kops kcmür'.'ig bi« tief ans die Erde. Dabei fielen allerlei »ürtlschc nnv persische Ausrufe und Redensarten, in denen „der große Allah" kein« geringe
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