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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.02.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-02-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940220029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894022002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894022002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-02
- Tag1894-02-20
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Der Besuch, den Fürst Bismarck dem Kaiser auf dessen besondere Einladung am Vorabend de« kaiserlichen Geburts lage« in Berlin abstattete, bat weit über die Grenzen Deutschland« hinaus so stürmische Freude erregt und so große Hoffnungen erweck«, daß der Gegenbesuch, den der Kaiser »steril ,n FriedrichSruk abstatlete, eine Steigerung dieser Freude und Hoffnungen nicht zuließ Man betrachtet überall diesen Gegenbesuch al« die natürliche Folge und die nächste Frucht jene« Besuche«: über die weiteren Früchte hat man sich schon so gründlich ausgesprochen, daß man jetzt eine Wiederholung für überflüssig erachtet. Nur auf die Einzel heiten der neuen Begegnung war man gespannt, weil man au« ihnen einen Schluß aus den näheren oder ferneren Heitpunct de« Reisen« der ersehnten weiteren Frücvle ziehen zu dürfen glaubte. Die bi« jetzt vorliegenden Mel dungen gestatten aber einen solchen Schluß noch nickt. Das „Wolffsche Telegrapbcn-Bureau" sckildert die Begegnung de« Fürsten und seine« kaiserlichen Gaste«, wie die Abschiedssccne etwa« kühler und formeller, als da« „Hirsch'sche Bureau" und die Special» Berichterstatter einzelner Blätter. Alle Berichte zu sammen aber sind ziemlich dürftig, wa« freilich auf die getroffenen Vorkehrungen, die eine Belästigung de« Kaiser« verhüten sollten, und auf den intimen Charakter der Vorgänge in dem fürstlichen Schlöffe zurückzusühren ist. Nickt einmal darüber, ob der Kaiser wirklich, wie da-.Hirsch'sche Bureau" erfahren haben will, mit dem Fürsten im „gelben Salon" de« Schlöffe« eine einstündige Unterredung gcbabt hat, oder nicht, liegt bi« jeyt eine zuverlässige Meldung vor. ES ist aber auch von geringer Bedeutung, ob eine ver trauliche Unterredung zwischen dem Kaiser und dem Alt- lanzler stattgefunden bat. Die Hauptsache ist, daß eine neue Begegnung zwischen ihnen erfolgt ist, daß der vom Kaiser angebahnte persönliche Verkehr mit dem Fürsten fortgesetzt worden ist und jedenfalls fortgesetzt werden wird. Eine solche Fortsetzung Hiebt aber auch die Gewähr, daß die äußere Wiederannäherung des Kaiser« an seinen alten Rathgeber mehr und mehr eine innere zur Folge haben wird, die auch auf politischem Gebiete sichtbar werden muß. Gerade die Kühle, mit der von einer Seile die Aenßer- lichkeiten der neuen Begegnung geschildert werken, läßt ver- muthen, daß e« eine einflußrcickc Stelle giebt, welche die unauSbleiblicken Consequenzcn einer öfteren Begegnung fürchtet. Diese Befürchtung beflügelt aber die Hoffnungen ter großen Mehrheit des deutschen Volkes. Der «entsch - russische HantzelSvertras ist gestern im LuudeSrathe, wie von mehreren Seilen versichert wird, einstimmig angenommen worden. Ist da« richtig, so ist jedenfalls auch zwischen Preußen und den an der Frage des Fonbestehens oder der Aufhebung der preußischen Staffeltarife ür Getreide und Mühlenfabrikate besonder« inter- essirten Staaten ein principielleS Einverstänbniß über diese Frage bereits erzielt. Trotzdem ist eS für das Schicksal des Handelsvertrags im Reichstage, wo die erste Lesung am Montag beginnen wird, von wesentlicher Bedeutung, daß die Staffeltarissrage vor rer Scklußabstiinniunz über den Handelsvertrag Uber das Stadium principleUenEmversiäntnisscs zwischen den betreffenden Regierungen hinauSkommt. Wenn, wie verlautet, morgen im preußischen Ab ge ordneten banse, wo die Tlasfeltariffrage zur Erörterung kommt, die Regierung die Erklärung abgicbl, sie werde einem Drucke von dundcS- taatlicker Seile nicht nachgeben, aber die Sache nochmal- ernster Prüfung unterziehen und zu diesem Zwecke baldigst den Landeseisenbabnralb einberusen, so mag eine solche Er klärung den in die preußischen Pläne einzeweibten Re gierungen genügen, viele Mitglieder de- Reichstages aber wird sic nicht befriedige». Wie viel Gewicht im Süden und ini Weste» darauf gelegt wird, daß die Aushebung der preußischen Slasfellrrift der Annahme des russischen Hankels- tariss wenigsten- unmillclbar folge, crziebt sich aus den Ein gaben mehrerer Handelskammern an den Reichstag, die sich für die Annahme des Vertrag- au-spreche», aber die Aushebung jener Tarife dringend fordern. So beißt eS z. B. in den Ein gaben aus Göttingen und Heidelberg: „Ebenso bestimmt müssen wir aber auch die Erwartung auSsprecheq, daß mit dem InSlebentreten des Vertrages die preußischen Tiaffel- tarise für Getreide und Müblensabrikate in Wegfall kommen. Diese Tarife schädigen jetzt schon das süb- und westdeutsche Müblengewerbe auss Empfindlichste, indem sic das natur gemäße Absatzgebiet desselben in künstlicher Weise beschränken und Verschiebungen hervorbringen, welche der geographischen Lage nicht entsprechen; sie werben aber unsere Mühlen industrie vollständig zu Grunde richten, wenn einmal daS aus russischem Getreide in den Grenzmüblcn erzeugte Mekl zu diesen Frachtsätzen nach dem Süden und Westen Deutsch lands verladen wird. Mit unseren Müblen aber werden auch die Käufer verschwinden, an welche unsere Landwirtbe ihr Getreide abzusetzen in der Lage sind." DaS am 22. Februar wieder zusammentretende öster reichische ReichSrathSabgeordnetenhau« wird wahr scheinlich mit kurzer Unterbrechung bi« Juni versammelt bleiben. Bis Ostern sollen nur verhältnißmäßig wenige Plenarsitzungen stalisinden, um dem Budgeiausschuffe Zeit zur Beralbung zu lassen. Zunächst soll da« Parlament die Vorlage über die Einziehung der Staatsrenle», sowie die Gesetzentwürfe, betreffend die Wiener BerkehrSanlagen, er ledigen. Die künftige Session soll überhaupt wirthschaft- lichen und sinan icllcn Gegenständen gewidmet sein, da da- Cabinct Windischgrätz daran scstbalt, vor Er ledigung der Wahlresorm, über welche bekanntlich das Cadinet Taaffe zu Fall kam, alle großen politischen Fragen ruhen zu taffen. WaS die Waklrcfoim anbetriff», von der eS in letzter Zeit ausfallend still gewesen ist, so ist gutem Vernehmen nach im Schooße des Ministeriums nun mehr ein Einvcrnebmen über die wesentlichsten Grundlagen derselben erzielt, doch wird das Cabinet mit keinem ab geschlossene» Elaborate vor daS Parlament treten, sonder» vorder mit den Vertrauensmännern der coalirten Parteien Bcrathungen pflegen. DicS soll schon in Bälde ge- schcben. — Nachdem der VerwaltungsgerichtSkos als oberste Instanz entschieden Kat, daß der Prager Stadtrath in seinem eigenen autonomen Wirkungskreise handelte und hierzu berechtigt war, als er die Ersetzung der doppelsprachigen Straßentafeln durch nur tschechische anordnete, bleibt den Deutsche» Prag« nichts übrig als die Selbsthilse. In Prager deulsche» Kreisen wird bereits vorgeschlagcn, insbesondere die deutschen Haus besitzer und Geschäftsleute sollten dafür Sorge tragen, daß efort mit dein Verschwinde» ter ossiciellc» zweisprachige» Aufschriften die Slraßenbezeickiiungen auch in deulscker Sprache ersichtlich gemacht werken und zwar durch Zusätze an den Firnientafcln, Hausnummern :e. Der Prager tciilscke Verein- für städtische Augclegcnbciten dürfte die belreffende Äciion cinleiten, und es wirk angenommen, daß der tschechische Chauvinismus sich nicht allzu beslig zeterten wird, denn die tschechischen Geschäftsleute resleclireu stark aus Leulsches Publicum und sind am Frcmtcnverkckr wesentlich inlercssirt. In belgische» Fachkreisen stößt das liibnc Vorgeben der Silbermänner, welche die Rehabilitirung des Silbers erstreben und sogar die Errichtung einer internationalen bimetallisti scheu Liga anbabnen, auf nicht geringen Widerspruch. Auch in den belgischen Kammern, in denen die Ankänger der Goldwährung stark vertreten sind, sledl man diesen Bestrebungen der Silbcrmänner lübl gegenüber, da man der Ansicht znneigt, daß schließlich die Umwandlung des lateinischer, MunzbunteS unt die Annabme der Goldwährung unvermeidlich sein werden. Es ist beacklenSmerlb, daß daS bedeutende, maßvolle Blatt „Das liberale Flandern" vor allen Illusionen in der Silberfrage warnl und aussübrt, daß, nacktem der Silber preis auf 29>/, Pence per Unze gefallen ist, das silberne Fünssrankstück »ur noch 2,40 Franc« wertb ist. »Dieser so tiefe Fall ist unverbesserlich. Gleichwodl giebt e« noch Lenke, welche die Rebabilitirung dieses verfallenen Metalle« er warten; ja. man will sogar zu diesem Zwecke eine inter nationale Liga erricklen. Diese Agitation ist tie» bedauerlich, denn sie liefert den Regierungen, besonders ter belgischen, einen bequemen Vorwand, um nichts zu tbun. Man bringt vor, daß man eine Wiederausrichtung der Coursc erwartet; das entbindet davon, Maßnahmen zu ergreifen, um das Land von einer entwerthelen und hinderlichen Münze zu befreien." — Da Belgien nickt weniger alS 250 Millionen Franc- silberner Fünffrankstücke im Umlauft bat, so liegt eS aus der Hand, daß da« Land einen sekr erbeblichen Verlust zu tragen hal. DaS Ministerium schwankt über die ciiizujchlagcnbe Balm, giebt aber zu, daß Maßnahmen zu treffen sind. Da diese Frage eine brennende ist, so wird sie jetzt auch in der Kammer zur Sprache kommen. — Der heftige Ansturm der Radikalen aus die Universität, deren Verwaltung sie in ibre Hände bringen wollten, ist insofern glücklich abgeschlagen, als die Gemäßigt-Liberalen die Macht vorläufig dekalten, und der VerwallungSralh die Vorlesungen d«ü anarchistischen GeograpbieprosefsorS Elic RecluS definitiv untersagt bat. Alle», den Studenten gegenüber hat terVerwaltungSratb schließ lich doch in unbegreiflicher Milde nachgegeben. Der neue Rector Rommelaere bat den rclegirtcn Studenten erklärt, daß die vom VerwaltnngSratbe verlangte kostenfreie Wiedereinschreibung rein formell sei uno keinen Witerrus der Rekegiruiig bedeute, daß sie weder die Zurücknabmc der beschlossenen Tages ordnungen, noch die Anerkennung der Recklniäßigkeit der Relegation in sich schließe. Durch diese Erklärungen gerührt, waren natürlich die 18 relcgirten Studenten sofort bereit, der leeren Förmlichkeit zu genügen Daß aber diese schwäch liche Nachgiebigkeit die unrukigen Brüsseler Stutenlen »och wider haariger machen wird, ist gewiß. Im klebrigen ist die Krisis nur vertagt unv die Radicalen warten »ur au- einen neuen Anlaß. Ein solcher wird sich sehr bald finden, wenn RöcluS seine Vorlesungen außerhalb der Universität begonnen bat. Tie Regierung will gegen ihn »ur einschreilcn, wenn er sich aus vergleichende Geographie beschränkt; das wird RöcluS voraussichtlich nickt tbun. Bon dem deutsch-russischen Handelsverträge hat auch die Schwoft wesentlichen Vortheil, und sein Abschluß wird daber von der dortigen Handelswelt lebhaft be-grüßt. Die Deutschland zugestanrenen Ermäßigungen kommen nämlich in Folge des von der Schwei; mit Rußland am 26. Teeember >872 abgeschlossenen McistbegünsligunzSvertraze; auch der Erslcrcn zu Gute. Besonders ersrcul sind die Ubrcn- induslriellen, deren guter Abnekincr Rußland ist. da künftig Uhrwerke in Rußland per Pud ---- l 6,5.8 lex nur nock 0,7,0 Rubel an Stelle der jetzigen 0,75 Rubel Eingangszolt zu bezahlen haben werte». Ebenso wird ter Zoll auf fertige lkren stark, nämlich von 2,7,0 aus l,7>0 Rubel per Stück, crmäßigl Auch der Zoll für allerlei Maschinen, von denen die Schwei; jährlich für rund 600 000 FrcS. nach Rußland aus mbrl, >sl etwas herabgesetzt worden, nämlich von 2 Rubel aus l,80 Rubel, für elektrische Maschine» sogar von 4,80 auf l,40 Rubel. Der Zoll auf Käse, dessen Ausfuhr nach Rußland im Iabre durchschnittlich 590 000 FrcS. betrug, wird in Zukunft stall 6 Rubel 5,40 per Pud betragen. Erwäbnt seien noch folgende Reductionen: Theerfarben, deren Ausfuhr rund >, Mill. Fr. beträgt, ton l7 aus 14 Rubel per Pud. seidene Stickereien von 7,50 auf 6,75 Rubel und wissenschaftliche Instrumenle von 8 auf 6,8«» Rubel. Die Verstimmung Frankreichs über den Abschluß des deutsch russischen Handels Vertrages erweckt in der Schweiz überall Gcnugtbuung. Dieselbe bat seil sieben Monaten mit der Nachbarrcpublik einen Zollkrieg, der die Schweiz ebenso empslilbkich schädigt, wie Frankreich. Leiter ist es auch zwischen der Schwei; und Italien noch zu keinen« Zollsriedcn gekommen. Man Kat chwcizcrischcrscilS mobrsach vorgeschlagcn, bei Streitfällen ein Schiedsgericht anzuruscii, alle», Italic» erlennt die Recht mäßigkeit eines solchen nicht an, und so wirb der Streit so lange sorltauern, dis er, worauf von beiten Seiten gebofft wird, in sich selbst zusamnieiifällt. Wie im vorigen Iabre, droht auch >ctzt wieder in Spauicu das Festhalten an den Sonderrechten (FueroS) der ein zelnen Provinze» zu ernsten Zerwürfnissen mit der Staatsgewalt zu führen. Diesmal isl eS die Provinz Navarra, die sich gegen den Einheitsstaat erhebt. Noch im Anfang diese« IabrbundertS führte Navarra, stolz und eiser süchtig aus seine Geschichte, die ihren christliche» Abschnitt mit dem Siege über Roland, den Riesen im Thal von Ronceval, einleilet, de» stolzen Titel „Königreich", und als Uederdleidsel der alten FueroS waren ter Provinz noch durch Gesetz vom Iabre l8Il gewisse Steuerbesreiungen zugeskanten worden. Ter liberale FinanPninister Gamazo bat nun bei der Aufstellung der letzte» Bnkgetgebarung ver sucht , Navarra in annähernd gleicher Belastung wie die übrigen Provinzen zu den Slcucrabgabon herauzuzieben; die FueroS sollen aushören und Navarra und das Baskcn- land nach den gleichen Gesetzen regiert worden, wie alle übrigen Spanier. Gegen die Anserlegung der gleichen Lasten hätten Navarrcsen und Basken grundsätzlich nichts ein zuwendcn, wobl ade» gegen die gleichen Gesetze. Ans Grund ikrer bisherigen Sontcrgcscyc sollen die Laste» be- willigl werde», nicht durch den spanischen Finanziniliistcr. An den »ach Boentignng des ersten CarliilenkliegcS feierlich »cubcsicgctlen FueroS müsse unter allen Umstände» und um jeee» Preis iostgcbalte» werken, auch uni den einer bewaffneten Erhebung. Tie gemeinsame Besteuerung dulde», hieße einen Piäcetenzsall schaffe», dessen Folgen unheilvoll wären; besser sei cü, abermals zu de» Bückst» zu greisen, wie öS denn überhaupt nolhwcndig sei, daß minteslens einmal in jedem Menschcnaller durch einen bewaffneten Aufstand der Madrider Regicrung wie dem nackttvachsenden Geschleckte des Ravarrcscn und BaSteiivolkö die Unanlastbarleit der FueroS schärsstens in Erinnerung gebracht werde. So argumcnlircn die Ab geordneten der Provinz Navarra, und um ihren Argumentcil den gehörigen Nachdruck zu geben, sind sic auö der Haupt- Fruillrtsn. Ellida Lilström. >v> Roman von H. PalmS-Paysen. Nachdruck «erdoie». (Fortsetzung.) 25. Capitel. Ellida beeilte sich sehr, aus die Straße zu gelangen. Dort durchschreitet sie lange, endlose Straßen, Kreuz- und Oucrwege, die sie endlich in ihre Wohnung führen. Sie hat ein sekr bedrücktes Herz und seknt sich unbeschreiblich nach einem Wesen, au dessen Brust sie sich lebnen und all' das drückende Web, da» sie gefangen nimmt, ausschluchzeu kann. Kaum hat sie ihr Zimmer betreten, so stößt sie eine» Freudenschrei auS und wirst sich unter hervorstürzende» Thränen der unerwartet zurückgekehrten alten Soussleuse an den Hals. Beite weinen. In der ersten Stunde schwirrt die Unterhaltung wirr durch einander. Fragen und Antworten jagen sich Die Alte ist zwar halb verschmachtet vor Durst und furchtbar hungrig, denn sie bat drei Tage reisen müssen, ohne sich mehr al« das Retbwendigste an Speise und Trank zu gönnen. In der Freude des Wiedersehen- aber achtet sie ibre- ermatteten Zu stande» nicht, bi« Ellida aus den Gedanken kommt, die heisere, trockene Keblc der Alten zu laben. Sie schleppt berbei, was sie bat, Milch und Brod und die Reste de- einfachen, ibr täglich ins Haus gebrachten Mittagsmahl«-. Sie schneidet selbst da- Brod — wa« sich die Alte sonst nie nehmen läßt — freilich ungeschickt genug, hier dünn, dort dick, kaum zum Durchdeißen. wa- Murre adcr Spaß macht. Und wäbrent diese speist und sich allmählich erholt, sitzt Ellida ihr gegenüber, und da« Erzählen nimmt kein Ende. In Zwischenräumen tönen die bellen Schläge der Uhr. die Stunde auf Stunde die Zeit angiebl, und e« weint und schluchzt auch wohl einmal dazwischen, denn wa- du schmalen, bebenden Lippen der Alten erzählen, das ist meist trauriger Art. Sie hat au- ihrer buntgrstickten Reisetasche ein Packetchen gezogen und eS Ellida in die Hand gelegt. Das verknitterte, unsaubere, mit grauem Strumpfgarn be wickelte Zeitung-Papier birgt für Ellida das Heiligste und Kostbarste, wa« sie besitzen wird: Familienpapiere, Tauf- und Eoosirmatousschrme, den Trauring ihrer Mutier» Briefe ihrer Eltern und jenen letzten testamentarischen Brief ihrer geliebten Pflegemutter, der ihr verbeißen, aber nicht abgesandt, nicht beendigt worden war. Noch während die sterbende -Hand auf dem Papier rubte, verlöschte der Athem, und die Seele entflob dem malten Körper. Ellida löst die Hülle und drückt erschauernd die Hciligtbümer ehr furchtsvoll an ihre Lippen. In stiller Stunde, wenn sie ganz allein ist. will sie die Blätter auseinandersalten, in stiller, weihevoller Stunde. Murre körte nicht aus zu schwatzen. „Und wie ist e« Fröken ergangen?" fragte sie und musterte Ellida von Kops bis zu Fuß. „Sehen auS wie immer, lieb zum Ausfressen. Wie slcbl's mit den Probe»? Hal's geschafft? Und wann haben wir Vorstellung?" So ging es in einem Athen«. Ellida stattet Bericht ab; wa- die Alt: beunruhigen konnte, läßt sie aus. Nur zuletzt sagt sie: „Im Ganzen fühle ick mich hier nickt glücklich Tie Menschen sind neidisch und inlriguant, sie sind ausdringlich und anmaßend, sie kaben wenig Herz, aber viel Hockmutb, ick werde froh sein, nach unserm Schweden zurückkcbren zu dürfen." ,Hm, hm", macht dir Alte. „Solch' gut bezahlte Stelle, wie die unserigc bier, giebt's nicht tagtäglich, Frölcn — aber Neid und Hochmulh und Falschheit überall, auch in Schweden. Sie kennen nur nichts vom Leben, da- ist'-, Lämmchen. Nur keck den Kops oben ballen und die Worte ein wenig glatt und das Mündchen lächeln machen; wie's inwendig auSliebt, merkt man ja nicht. Und wie stellt'« mit dem Capell- ineister, Fröken, und mit Herrn Zinndors? Immer noch gut, ja?" forschte sie begierig. „Herr Zinntors ist launisch, aber gereckt, der andere aber ein unangenehmer Mann", erwidert Ellida und schlägt die Augen nieder. Ihr weibliche« Empnnden sträubt sich gegen den Gedanken, das bäßlicke Erlebniß, an dem doch nichts mcbr zu ändern war, wiederzugebcn. Der Tag war in de» Abend übergegangen und dieser in die Nackt. Murre'S Erschöpfung machte sich gellend, sie ver langte nach Rübe und begab sich in« Schlafzimmer. Ellida wünschte nock auszudleiben. Geist und Her; waren erregt, ibr Auge wach; ehe sie mit den theuren Verstorbenen nickt geistige Zwiesprache gebalten, ebe sie nickt jene alten vergilbten Papiere in die Hände genommen und sich in deren Inbalt liebevoll hiaeinverftnki, eher hätte kein Schlaf ihre Liker ge schloffen. Sie süblte sich in einer gehobenen und doch so un endlich wehmüthigen Stimmuna, die in überwältigender Weise zur Wirkung kam, als sie sich endlich allein sab. Sie öffnete da- Fenster, um die kalte Nachtluft in das ihr allzu beiß dünkcnde Zimmer bineinströmen zu lassen, denn ihr Kopf glühte »nd ihr Herz klopfte in schnelleren Schlägen, als sonst. Wie wobl die Küble und Stille tbal! Das Getriebe der Stadt, jeglicher Lärm. Wagenrasscln, Rusen, Schreien, das schrille Pfeift» der Eisendabnen. das Läuten der bier am Tage vorbeijagenden Pferdebahnen, Alles rubte. Auch der Regen, der den ganzen Tag berniedergerieselt, batte a»s- gekört, vereinzelte Sterne leuchieien am Himmel, von de» kahlen, braunen, im Nacklwind gegen einander schlagenden Aesten der Garlenbäume sielen ab und zu vernehmlich noch schwere Tropfen aus die Erde, die Luft war schwer und scuckl, erquickend aber für daS in die Nackt binaliSschauentc einsame Mädchen. Als eS dann im Nebengemach still geworden, trat Ellida in« Zimmer zurück. Auf dem von der Lampe bell beschienenen Tisch lagen unberührl noch die Papiere. Mil liebkosender Bewegung subr ihre kleine Hand darüber, der seine Tust von „Maiglöckchen", da« LieblingSparsüm ibrer Pflegemutter, wedle ihr Erinnerungen zu, die bis i» die Kindbeil bineinreichlen. 'An allen den Gewänder», den prächtigsten wie den einfachsten, mit welchen sieb die schöne, kockgewachiene Frau aus ter Bübne z» schmücken balle, bastele dieser süßliche, auS der Ferne nul Kerube»getonimene, sie wunderbar berührende Tust. Und als Ellida m>l zögernder Hand langsam, beinahe feierlich die papierne Hülle löste, in welche die Briese unk Deciimenlc eingcschlagen waren, fiel ihr als erstes daS Bild der vielgeliebten Frau entgegen, ein kleines, eingerakmles Pastellbild, da« des bewegten Mädchens bebende Lippen nun mii beißen Küssen bedeckte». So wie das Bild sie zeigte, jung und schön, in der Bliilbe der Iabre, so batte Ellida sic nie gekannt Sic sab im Geiste nur ei» ernstes, blasses, edel- denkende« Anttitz vor sich, mit dunklen, etwas liefliegenkiir, bläu lich umränderten Augen, eine Kobe, einst stolz getragene, zuletzt leise gebeugle Gestalt, der berannsbendeS Atter und zunehmende Kränklichkeit immer mebr den Glanz, die Elasticität und die lanzerbattene Frische genommen Sic börte eine tieft, unendlich wohlklingende Altstimme, die da- Talent der großen, gefeierten Schauspielerin so viele Jahre wirksam unterstützt, biS auch tieft klanglos, unsicher und gebrochen ward und sie zu dem machte, wa« sie geworden, eine alternde, vergessene Tragödin, welche abseits von dem Getriebe der Well in Sorge und Kümmerniß ibre letzten Tage auszuleben halte. Nun war sie Ladin, da« Bild, da- letzte Angedenken an sie, dieser Brief da- letzte Wort von ihr. Ellida faltete die eng beschriebenen Bogen auseinander. Wie viele Tage und Stunde» mochten die zitternden Finger der Kranken an diesen zahllosen Seiten geschrieben haben, bis ihr die Feder aus der sterbenden Hand gesunken war. Mit tliräncnfchiiiimcrnten Augen suckle daS bewegte Mädckcu nach Anfang und Ende. 26. Capitel. „Mein Kind, meine geliebte, einzige Cllida", lautete der Anruf — und da« Ende — ach, nulte» im Satze war der Gedanke abgebrochen, einige »»sichere, battloje Stricke folgten, der letzte Krasiversuch, dann in kaum leserlichen Buchstaben, las man die Unterschrift: Cllida Silströni. Gab eS einen Ikcurercn Namen als diese» für die arme Waise, als den eigenen, den vermachten, den übergccrbtcn? Ellida blätterte zurück, die ansangs imnier wieder hervorquellenten Tbräncn verhinderten zuerst ei» ruhiges, »nunterkrocheiicö Lesen, die Buchstaben verschwamme» vor ibren weinenden Augen und die Reibe» tanzlk» tlircheinaneer, aber zuletzt trat dock innere Sammlung ein. Mil gerötbclen Wangen unk klopfenden Pulsen versenkte uck Ellida in die Vergangenheit derjenigen Menschen, die sie geliebt, ebne sie ;» kennen. In das Leben ibrer Eltern, die nach Gottes Wille» ihr niemals jenen Anlhcil an Liebe und Fürsorge geben dursten, wie eS Fremde gelkan, die ein furchtbares Geschick um des Glückes höchste Krone be trogen. ui» de» Friede» einer selbstlosen, hingehenden, reinen, aber von allen Seiten angegriffenen Liebe. Sie las: „Mein Kind, nicinc geliebte, einzige Ellida! Also schreiben muß ich, wa« ich gebesft, Tir, wenn auch unler Tbränen, dock unter liebevollem Blick, Aug' in Aug' sagen zu könne». Ich darf nickt viel Worte machen, ninß all' daS Leid und die kurze Seligkeit, woraus das schnell dabinge- schwunkcne Leben Deiner Eltern gewebt war, im enge» Rabmcn Dir vor die Seele fiibrcn, den» ick sndle cs: der Herr gebietet mir. Wie Jene, so muß auch ick Dick verlasse», nur allzu sekr geliebtes und beklagte« Kind! War cS recht, daß ick Dich die langen Jahre hindurch im Wabn ließ. Du badest »ur mich, sonst Niemand auf der weile» Wett? Sollte ich Dich binweiscn aus eine ganze Schaar liebloser Anverwandter, die sich ter kleinen Ellida v. Bracht schämten, der kleinen Ellida Silströni, wie sie seit Kindbeitslagen zu nennen sich ge wöbnt?! Urtbrile selbst Meine Veiganzenbei« kennst Du. Als Deine Mutier, eine junge Kunstnovizc, Karin Telwära, in meinen Lebenskreis trat, zählte ich sünlunddreißig, sie acht zehn Jahre. Ich war Tragövm am Stockholmer Theater,
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