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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.03.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-03-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940312022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894031202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894031202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-03
- Tag1894-03-12
- Monat1894-03
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Wenn trotzdem die Eonservalivcii aus allgemeinen politischen Gründen den bcutige» Fortgang der zweiten Lesung zu einer große» rednerische» Aktion gegen den Reichskanzler benutzen, so ist ihre Position keine ganz ungünstige. Mit Recht können sie an der Hand der AbstimmungSliste die Frage auswerfcn, ob die Mebrheil für den Vertrag auch eine Mehrheit für die Ent schädigung der ReickSeassc für die aus der Handels politik erwachsende Schmälerung darstellen werde. Diese Blöße wird durch die Erböbung der Einnahmen und die Minderung der Ausgabe» im Reichsctat nur scbr noibdürftig bedeckt. Ein solcher Etat kann nicht darüber hinwegtäuschcn, daß im ReichSsiiianzwcscn das Umgekehrte Thalsache geworden ist: die Einnahmen sind vermindert und die Ausgaben er höht. In den Gralulanonsartikeln der demokratischen Zeitungen werden böbnische Seitenblicke auf 0r. Miguel geworfen, dem nichts gelinge, wäbreud Graf Eaprivi als -rriumpbator einherschreite. Man sollte meinen, der deutsche ReichSkanzlermüsscmiudestenS dasselbe Interesse an einigermaßen geordneten Reichssiiiauzcn haben, wie der preußische Finanz minister. Ob das wirklich der Fall ist, wird sich ja bald berauöstellcn. Jedenfalls sollten die Bewunderer des Grasen Eaprivi Eines nickt vergessen: Die Handelspolitik war eine Action, deren Natur den Uebclstand, daß die Aemter des Reichskanzlers und des preußischen Ministerpräsidenten ge trennt sind, wenig oder gar nickt störend hervortreten ließ. Bei der Steuerreform scheint hingegen der Umstand, daß der Kanzler vom politischen Lebe» der Einzelstaaten, die sich Uber die Finanznöthe des Reiches die Köpfe zu zerbrechen haben, losgelöst ist, den stärksten Factor des bis herigen Mißerfolgs zu bilden. Stellt sich bei den weiteren Verhandlungen über die Steuerreform wirklich heraus, daß der Reichskanzler infolge seines Rücktritts vom Posten des preußischen Ministerpräsidenten das rechte Verständniß und das reckte Interesse für die durch seine Ansprüche a» die ReichScasse hervorgerufcne Finanznoth deS Reiches und der Einzelstaaten verloren hat, so verwandelt sich auch seine Triumphatorrolle in das Gcgentheil. Dabei wird cs ihm nichts »iltzcii, wenn er den Mißerfolg auf den Reichöschay- Secretair und den preußischen Finanzminiftcr abzuwälzen sucht. Beide haben das Ihrige gethan und dürfen getrost beim etwaigen Rücktritt dem Kanzler zurufen: Ercellenz, thun Sic das Ihrige. Gegen den „Kladderadatsch" und seine angeblich mit den schlagendsten Beweisen für „gemeingefährliche Intrigue»" der Herren v. Holstein» v. Kiderlen-Wächter und Graf Philipp Eulenburg ausgerüsteten Hintermänner scheint trotz der Herausforderungen zunigerichtlichen Einschreiten, welche in der letzten Rümmer de« Witzblattes enthalte» sind, inchts unternommen werden zu sollen, wenigstens darf mau dies daraus schließen, daß die „Nordd. Allgem. Ztg." aus der „Straßb. Post" eine Auseinandersetzung abdruckt, in der es u. A. beißt: „Die Regierung nnd die angegriffenen Beamten sind diesem Trecken gegenüber nahezu macht los. Aber — Io sragt manches naive Gemiith — warum verklagt man den „Kladderadatsch" denn nicht? Ec will es ja! Allerdings, aber — wie würde sich Nllii unter solchen tlinsländen die Beleidigungsklage gehalten'? Zu nächst würde der Berlheidiger des „Kladderadatsch" alle mögliche» Dinge aiibringen, die den Klägern unangenehm zu hören sein würde», man würde sie vor Gericht beleidigen, und schließlich sich erbieten, den Beweis der Wahrheit anzutrete» durch Berufung aus das Zeugniß des Reichskanzlers und des Staatssecretair« de- Auswärtigen Amtes Diese also wird man vorsordern, um darüber auszusagen, weshalb Herr v. Radowitz nach Madrid versetzt ist, weshalb die anderen obengenannten Beamte» ihren Abschied genommen haben re. Es liegt aus der Hand, daß das Auswärtige Amt kaum in der Lage ist, anläßlich eines Beleidigungs- proceffeS öffentliche Auslunst über die intimsten Tinge in seinem Berwallungsbereich: die Anstellung, Absetzung, Versetzung der höchsten Diplomaten, zu geben, und da es eine solche Auskunft zweifelsohne verweigern wiirdc, da ferner die vom „Kladderadatsch" angegriffenen Beamten als solche auch nicht das Recht hätten, eine Aufklärung zu geben, so würde sich die Sache in den Angen des Richters vielleicht so darstelle», als vb der Wahrheitsbeweis mit einem nou liguet abgeschlossen hätte." Der Verfasser und sein e Hintermänner scheinen dabei zu vergessen, daß daS Gericht berechtigt sein würbe, im Staats inleresse geheime Verhandlung zu beschließen. Der Gefahr, baß eine gerichtliche Verhandlung nur der lingestrasten Verbreitung beleidigender Anschuldigungen dienen würbe, könnte also eben so leicht vorgebeugt werde», wie der Gefahr, daß das Auswärtige Amt öffentliche Auskunft über die intimsten Dinge i» seinem VerwaltungSbereich geben müßte. Geschiebt trotzdem nickt«, so wird c« kein Mittel geben, die Gefahr abzuwenden, daß in der öffentlichen Meinung die Uebcrzcuguiig von der Richtigkeit der vom „Kladderadatsch" rehobenen Anklagen sich scstsctzt. Und daS zu verhüten, liegt nickt allein im Interesse der bctressenden Beamten, sondern auch im Interesse der gesammlen deutschen Diplomatie und de- Reiches selbst. Was Graf Hohenwart dem Wahlgesehentwur der österreichischen Regierung entgegensetzt, ist ein wahres Monstrum. Der Führer der conscrvaliv klerikalen Partei, der noch im Rovember erklärte, mit der Linien gehen zu wollen, niulhet dieser heute zu, für eine Wahlresorm zu stimmen, durch welche fast die Hälfte der Abgeordneten von den Landtagen gewählt würde. Die österreichische Geschichte soll um zwanzig Jahre zurückgesckraubt, der mühselig errungene Erfolg, durch welchen der constitiitionelle Kampf in der Hauptsache beendigt, der Rcichsralh von den Landtagen unabhängig wurde, soll umgcstoßcu werden, das ganze Elend >c»er Zeiten soll wieder- kchre», in welchen die Landtage das Parlament durch Abstinenz und Widersetzlichkeit verstümmeln konnten, die Existenz der Volksvertretung auf dem Willen von siebzehn gesetzgebenden Wablkö rpern ruhte. DaS würde die Zermalmung der deutschen Minorität in Böhmen und die Vernichtung der liberalen Minderheit in den klerikalen Alpenländern, Salz bürg, Obcröstcrrcich und Tirol, bebenle». Der böhmische Landtag würde keinen deutschen Abgeordneten entsenden, da die Deutschen in allen Eurien in der Minorität sind, und auch aus Tirol würde kein Liberaler geschickt werden. Wie aber würde nach Hohcnwart's Wünschen die andere Hälfte de« Reichsralhs auSschen? Nur der Großgrundbesitz bleibt unange tastet, den Städten und Märkten werden zehn Mandate genommen, dajür werden de» neu zu gründenden ailtisem Nischen Ge- wcrbekammern zwöls Stimmen gegeben, und so zuckt auch hier die Tolchspitze gegen die liberalen Deutschen hervor. Auch der stmstand, daß achtzig Abgeordnete aus dem all gemeinen Stiminreckl heroorgcben sollen, komnit den Deutschen nickt zu Gute. Im Gegenthett! In Galizien und in den Alpen- ländcrn wird da« allgemeine Stimmrechl kaum anders wirken als der CcnsuS. während die industriellen Gebiete, die von den Deutschen bewohnt werten, von den Soeialislcn leichter erobert werden können. Tie 80 Abgeordnete» des allgemeinen Stimm rechtes sind für die Klerikale», Slowenen »»d Polen eine Stärkung, für die liberalen Deutschen eine Schwächling. So ist der Plan de« Grasen Hobenwart ei» Stoß in das Herz der Linke», und das Eoalitioiisministeriiini deS Fürsten Wintischgrätz wird nie daraus eingeken könne». Gelegentlich dcSNtlenIates aus die italienische Deputieren- kann»er wurde der Niederlage gedacht, welche die Mehrheit der Abgeordneten de» Befürwortern der für das nächste Iabr geplanten römischen Ausstellung bereitet bat, indem sie den Antrag ans Gcnchinigung einer AussleU»»gsloUeric im Betrage von 5 Millionen Lire niil 120 gegen l05 Stimmen ableb nie. Man kan» die Kaninler unter den gegenwärtigen wirtbsckaslliche» Verhältnissen Ilaliens zu dem besonnenen und verständigen Schritte, der hoffentlich dem sonst unvermeidlichen FiaSeo einer Aus- stclliiiig verbeugt, nur beglückwünschen, teil» er zeigt, daß die Volksvertretung dom »och unter llnistänLcn fähig ist, über daS llürmische Drängen unverantwortlicher, intcrcssirter und popularitäissüchligcr Eliqucn binwegzugebc» und der laut angedrobtcn Uupopusarilät die Stirn zu bieten. Diejenige Presse, welche ihre Liede zum Bolle damit zu beweisen glaubt, daß sie dciiisclben von einer Ausstellung goldene Berge verspricht jvbwohl fast alle Ausstellungen i» (Italic» schwere finanzielle Mißerfolge ausgewiese» haben), zetert über die „Feindseligkeit der Kaninierinekrbeit gegen Rom", ihre Unbilligkeit und ihren „verkappten Klcrikalismus". Die Regierung ist so klug gewesen, der Sache ihren Laus zu lasten und sick völlig reservirt zu Hallen. Anzuerkeniieii ist, daß der UnterrichtSminisler Baccelli, der früher als Abgeordneter für Rom die Ausstellung immer mit großem Schalle befürwortet batte, diesmal keine Lanze sür dieselbe brach. — Von »och größerer Wichtigkeit ist der mit großer Sliilluiciiiilcbrhcit gefaßte Beschluß der Kammer, welcher der Regierung die Ermächiiguiig zur gerichtlichen Verfolgung des soeialistischcn Abgeordnete» de Felice Giufsrida wegen Thciluahmc an der Ver schwörung gegen die Sicherheit deS Staate« und Aufreizung zum Bürgerkrieg erthcilt, denn der am Tage »ach dem Attentat auf dem Palazzo Monteeilorio gefaßte Beschluß zeigt, daß die Volksvertretung sich durch die Schreck mittel de« Anarchismus nickt im Geringsten hat einschüchlern lassen. Sie spendete der Entschiedenheit, mit welcher Erispi für die Processirung de- Führers der italienischen Umstürzler und gegen die von Ultraradicalen trotz des Belagerung« zustande« verlangte Verweisung de« ProceffeS vor da« ordent liche, anstatt vor das Kriegsgericht eintrat, lebhafteste» Bei fall. Bezeichnend ist, daß in der italienischen Presse im Zusammenhänge mit diesen Vorgängen, insbesondere mit Rücksicht auf da« jüngste anarchistische Verbrechen, nicbrfack der Vorschlag auflritt, die Todesstrafe wieder einzilsübren; auch die Anbabnung internationaler Schritte gegen den Anarchismus wirk energisch befürwortet. PortugiesisckerscitS wird bezüglich des Zwischen falls an, Zanidesi geltend gemacht: Allerdings räumt die 1891 zwischen Poriugal und England abgeschlossene Eonvenlien den Eontraheiiten ausdrücklich daS Recht ein, eine Tele grapbenliiiie durch ihre gegenseitigen Territorien zu bauen, aber dieses Recht ist, genau genommen, nur dem britischen Reich cingeräu m l. Im vorliegenden Falle maßt sich dasselbe der bekannte Leiter der Südafrikanischen Gesellschaft Eccil RhodeS an. Ibm »nd seiner Gesell chaft gegenüber berufen sich die Portugiesen aus ihr sou veraincs Reckt und behaupten, Rbodcs bade sich an die englische Regierung zn wenden und diese sich mit der portugiesischen zu benebinen. Jedenfalls lebitten sie cö ab, einer Privalgescllschast zugcslatteii, so obneWeitcrcS cincTelegrapben linie gegen ibren Wille» durch portugiesisches Gebiet zu lege». AiigcsichlS der provocatorischen Haltung der Engländer erboten sich die Portugiese» sogar, selbst da« englische Telegraphen kabel über den sraglichru Tbcil des portugiesischen Gebietes zu legen, und forderte» die englische Gesellschaft aus, die iiöthigcii Angaben über AiiSgangS und Endpunkt der Linie zu inacken, damit der von den Portugiesen gelegte Tbeit de« Kabel« prompt mit dem englischen verbunden werden könne. Tie Portugiesen schassten sogar alles Notlüge Material herbei, aber Eeril Nbodes lehnte jede Verständigung schroff ab, erklärte, sein Kaöcl auch über portugiesisches Territorium lege» zu wolle», müsse er dabei selbst zur Ge walt greisen. — Die Gercchlialcil erfordert, auch dieser Darstellung Gehör zu geben. Der Rücktritt des »»manische» KricgSministcrS I. Lahovary und die sosoriige Genehmigung deö Ent- lassungSgesuchö durch den .König sind so uniiiittelbar auf den Streik der Eavallerieossicicre und die Entlassung eine« TkeilS derselben gefolgt, daß das Gerücht ciilstehcu konnte, mail wolle jetzt, wo den Anjorderuiigei, der Diseiplin wenigstens der Hauptsache nach Genüge geleistet worden sei, auch der Uiizusricdeiihcil der Eavallcrievssiciere »nt der gegenwärtige» Heeresverwaltung ein gewisses Zugeständnis) machen. Ja l»a» spricht sogar von einer lbeilwcisen Zurück ' »ahme oder Milderung Lcr gegen die Ossieicrc ergriffenen Maß regeln. Davon kann aber durchaus keine Rede sein, vielmehr hält sich die Regieruug zur eviisegueutc» Durchsübrung rer ge troffenen Maßregeln auch nach dem Rücktritt deS Kriegsniinister« verpflichtet und zwar um so mehr, als i» dieser Angelegenheit sowohl die Deplittrltttkainincr, wie auch der Senat mit er drückender Majoriläi rer Regierung ihr Vertrauen zum Aus drucke gebrackl bat. Wie zuverlässig bekannt wird, hängt der Rücktritt de« KriegsiiiiilislerS mit dem OssicierauSstand nur ins» ser» zusammen, als man höheren Orts sehr unzufrieden darüber war, daß der oeianlworlliche Leiter der Heeresverwaltung es so lange für übe»flüssig gehalten Halle, den obersten Kriegsherrn über die im H ffir>crcerpo der Eavallerie herrschende, von der oppositionelle» Presse geschürte Unzufriedenheit zu unter richten, bis schon durch den Ausbruch des AusstalideS eine »ickl mehr rückgängig zu machciidc, im Inleresse der Heeres diseipli» aber hockst bedauerliche Thatsache geschaffen worden war. UebrigciiS dürste in Zulunsl deu rumänischen Ofsicicren Feuilleton. Ellida Lilflröm. 3b! Roman von H. Palmö-Paysen. Nachdruck verdaten. (Fortsetzung.) 43. Capitel. Der Professor hatte sich, nachdem ihn sein Freund ver lassen, sogleich zu seiner Familie begeben, um dort Umschau zu batten und mit der Krautenpstegerin über die beabsichtigte Veränderung in der Hauswirthschaft Rücksprache zu ncbme». Es sollte und mußte ein neuer Dicnstbote und womöglich a»ck eine zweite Wärterin beschafft werden, uin die kleine aufopfernde Silström der aiistrengendcii und zugleich gefahr vollen Pflege zu überbebcn. Ibr Wohl lag ihm ja eben so sehr, wenn nickt noch mehr am Herzen, wie dem Intendanten sein Theater. Der balde Tag verging, bis eS endlich einer diensteifrigen Nachbarin gelungen war, die gesuchten Persönlichkeiten berbei- zuschaffcn. Nun stand denn — nack dieser Richtung bin — dem Umzug des jungen Mädchens nichts mcbr im Wege, als ikre etwaige Weigerung. Demnach sab der Professor seiner Begegnung mit ihr mit einer gewissen Sckcu entgegen. Wahr scheinlich balle sein Freund inzwischen mit ibr geredet, denn er hörte von der alle» Souffleuse, daß ihre junge Herrin, „das Fröken", in die Stadt zur Kanzlei gefahren sei. Ver abredeter Weise sollte der Professor bei ihrer Wiederkehr so fort bcrbeigerusen werden »nd daS geschah auch. Ellida batte sich kaum ikrer Slrasienklcikung entledigt, so stand der gute Professor mit seinem freundlichen, aber heute clwa« unruhigen Gesichte ibr schon gegenüber. „Dacht' ich mir'« doch", sagte er zu sich selbst, als er auf den Wangen de« jungen Mädchens eine crböble Farbe, in den Augen »och jenen leuchten Schimmer enltcckle, den sriscb gcwciiile Tbränen zurücklaffen. „Der Rücksichtslose bat sie mit scin--r Hesligkcil erschreckt, sie vielleicht aus- Ticffte verletzt, rin Tvrann ist er, das habe ich beute gemerkt. Hat sic ibm nicht nachgcgcben, wie soll ick cS nun fertig bringen." Der gelehrte Professor, welcher die Gesetze der Natur und Wissenschaft mit seinem Geiste zu durchforschen und verarbeiten und sicherlich die aller bedeutendsten und geistreichsten Reden darüber zu halten vermochte, verstand von der Diplomatie sehr wenig. Er begann höchst schwerfällig von fernlieaenden Dingen z» rede», ebne sich dainit dem beabsichtigte» Gegen stände zu näbern, bis er endlich nack großen Umschweisen, durch allerlei auffällige Wendungen a»f den Kern der Sacke -erirth, der ihn hierhergesührt hatte. Wie erstaunte er, als Ellida sogleich sagte: „Der Intendant wünscht so cnisdrücklick. daß ich in die Nähe des TbeaterS »nd hier fortziehe, um ibm nickt durch Erkrankung einen Strich durchs Repertoire zu machen, daß ich cinwilligcn und gehorsam sein mußte wie ein Kind dem Befehle des ValcrS oder Vormundes." Sie errölhete dabei ans liebliche Weise — unter Tbränen —, wie der sie heute scharf beobachtende Professor sogleich be merkte. Ihr ganzes Weleu gestaltete sich ibm überhaupt i» dieser Stunde zu einem psychologischen Rätbsel. Denn wenn sie einen Augenblick traurig, bi« zum Weinen auSsah, so im nächsten bereit« wieder ganz beiter, ja beinahe glückselig. Im impulsiven Dankgesühl hatte die kleine Tänzerin ihm die Hand gereicht. „Wie fürsorglich, wie grenzenlos gut sind Sie gewesen!" sagte sic innig, „Sie haben mir, wie >ch höre, eine Wohnung, ei» U»tcrlo»imeii gesucht. Ick weiß zwar nicht wo — ganz gleich — aber bester als bicr werbe ick cS doch nirgends be kommen, nirgends lieber sei»7 at« hier. Trotz alledem herz lichsten Dank dafür." „Das ist doch noch die Frage", bemerkke der Prosessor mit einiger Befangenheit, „ob Sie es nicht besser, viel bester dort, als hier erhalten und den Tausch noch späterhin gut lieißen." In welch' kritische, peinliche Lage hatte ihn der schnell bandelnde Freund gebracht. Er sollte für sich den Dank ent- gcgennebnien, der diesem gebübrle! Und was die Wohnung anbctraf — so batte er nicht die leiseste Ahnung, wo in der Stadl und wie dieselbe sein mochte. Sick etwas abwenkend und in seiner Brusttasche nack- siichend, fand er endlich den ibm ausgezwungenen Zettel mit der Adresse. „Hier finden Sic Straße nnd Hausnummer, Etage und dergleichen inebr, mein liebes Fräulein", sagte er unrubig, in der Angst, sich zu verwickeln, indem er sick des Zettels mit einer gewissen Hast entledigte. „Ich hoffe, Sie werden, wenn sich hier Alles wieder der Gesunrkeit erfreut, der ganze Haus halt wieder i» Ordnung gebrackt ist, die Ibnen so lieb ge wordenen Zimmer dereinst von Neuem beziehen." Ellida lächelte dankbar. „Für diese Erlaubniß würde ick Ihnen dankbar sein", sagte sie und wurde plötzlich sehr ernst. Wer konnte wissen, wie lange sie überhaupt noch i» dieser Stadt verweilen durste! Kurze Zeit nur, wenn sie dem Pudlieuni beim nächsten Mal nicht besser, als bei der ersten Vorstellung gefiel Bei diesem Gedanken stieg ein beiße« Angstgesübl in ihrem Herze» aus. i» da« sich ein brennendes, bisher ganz unbekanntes Web mischlc. DaS war der Augen blick. in dem der Professor wieder den glänzenden Tropfen in ihrem Auge wahriiahm und ein wchmüthigeS Zucken in dem Gesichtcken. „Er muß ihr sehr Weh gethan haben", dachte er nun wieder und füblte i» sich einen förmlichen Zorn gegen den Freund aufkeimen. Ellida batte zerstreut aus das Blatt i» ibren Händen ge blickt, sie laS mechanisch de» Namen der Straße ab. Ibr sorgender, überlegender Sinn machle sich jetzt wieder geltend. „Was habe ich da zu bczablen?" fragte sie ängstlich. „Alles in Ordnung — Alles meine Sache", enlgcgnclc er schnell. „O, nicht doch", wagte sic cinzuwenden, obgleich sie beim Lesen des Straßennamens erschrak; sic kaiinlc das vornebme Viertel, in dem sich diese Wohnung befand, koch ließ sich der Prosessor nicht drein reden und brach ganz »nvcrn»ttcll das Gespräch ab. „Ja, dann müssen wir nnS Wohl Adieu sagen", Hub er an, „ich bekenne eS gern: Sie werde» mir fehlen Vergessen Sie nicht ganz den alten Mann, der in seiner stillen Klause durch Sie etwas von dem Soniienschein des Leben« keniic» gelernt bat." Dieser „alte Man»" spürte, als er da« sprach, ein merk würdige- Brennen im Auge, welches eine Art Nebel darin entstehen ließ, so daß er, wie kurzsichtig, beinahe die Klintc der Thür nicht zu finde» wußte. Es gelang aber dock, und draußen zog er mit scheuer Hast sein Luch und rieb sich den Nebel fort. „DaS nette Kind", dackte er bei sich, „mir ist'«, als säbe ich cS im Leben »ickl wieder", und er ging langsamen, schweren Schrittes den Laubgang hinunter und tan» i» seine einsame Stube. Für Murre gab eö au diesem Nachmittag viel zu Il,»n. Schränke und Eonimoden wurden entleert und der Inhalt in Körben, Koffern und Schachtel» unlcrgebracht, gegen Abend dann eine Droschke bestellt »nd darnach ein thatsächlicb herz licher Abschied von den Kindern gcnoiuinen DaS Kranken zimmer der erschöpften, inimcr wie schlummernd dalirgende» Frau Delponda durfte aus strengen Beseht des Arztes nur von den Krank.»Wärtern betreten werde», »nd so verließ denn Ellida Silttröm daS Haus diese» Frau, die ibr immer nur Böses zugesügt unk der sie nur Gutes erwiesen, ohne persönlichen Abschied. Es dunkelte bereit«, als die Fahrt nach der neuen Woh nung angclreten wurde. Ellida war « wehmütbig um s Herz. Ihr erschien Alles wie ein Abschied, wie eine Abreise in eine ferne, fremde Stadt. Murre dagegen sreute sich, die liebte Veränderung und war nicht wenig gespannt aus das neue Ouarticr. Das Gewimniel der Straße, die glänzend er leuchteten Läden mit ibren zur Schau gestellte», jetzt zur Weihnachtszeit besonder« reichballigen nnd mannigfaltigen Kostbarkeiten, das Alles ergötzte nnd erfreute ihre schanlustigcn Augen. Im Stillen war sie auch srob, daß ihr „Fröken" — Angst batte sie doch ausgestanden — au« dem ungesunden Hause gewaltsam entfernt worden war. Und als sie nun erst die breite, taghell erleuchtete Straße sah, i» der die neue Wobniing nach Ellida'« Angabe zu finden sei, als diese er reicht und die boben, gut eingerichlcteil Zimmer, die ans diese schöne, belle Straße binanSgingen, gründlich von ihr besichtigt Worten waren, da wußlc sic gar nicht genug des guten Pro sessorS Güte und Fürsorge zn preisen. „Und daS Beste ist", sagte sie, „daß wir nichts dafür zu bezahlen brauchen, da« bat mir der Herr ausdrücklich noch gesagt, und daß das Fröken sich ui» nichts zu sorgen habe. Die Herren und Dame» vom Tbeater werden staunen", meinte sie, eifrig beschäftigt, die Koffer z» entleeren, „Neidische wird « zwar genug geben, Fräulein Editb freilich nicht, die gönnt Ihnen das Beste, am liebsten einen Prinzen", fuhr sie redselig fort. „Den können wir auch allenfalls hier annehmen, vornehm genug siebt'« jetzt bei »n« au«, Neue Tapeten, feine Möbel — daö altmodische ProsessorhauS ist '»e wakrc Spelunke dagegen." Ellida halte nur halb bingcbört, die letzte Bemerkung aber nur halb verstanden. Sie kämpfte mit einem beklemmenden Gefühl. Hohle Pracht tonnte ihr nie imponiren und gerade die trauliche Einiachbeit im Hause deö Professors batte ihr die Räume lieb gemacht. Sic hatte de», geschäftigen Treiben und Rede» Murre« bis jetzt schweigend und zerstreut zugeschaut und gehört, jetzt sagte sic: „Tamil Dn'S weißt, Murre, vorläufig braucht « -Keiner zn erfahre», das; wir liingezogen sind. Ick bin dann sicher vor unliebsamen unk lästige» Besuchen. Ja schüttle nur den Kopf und brumme — außer Acht lasse ich sicher nicht Deine Ralhschlägc, im Gegcnthcil, noch in dieser Woche soll der Bestick bei der einstigen >>n,»u I.uIIoiim» gemacht werden. Es muß ja sein", seufzte sie, „das und noch Viele« mehr." Sic versank i» Nachdenken, Freundliche, gute Gesichter, nichr »och der gefürchteten traten neck vor ibr inneres Auge. Sic füblte »bcrzeuguiigSvoll, das; sie jetzt, wo sie auch aus dem schützenden Bereich re« Professors gewichen war, gänzlich vereinsamt und einzig aus die Klarheit ihres Blickes und GciilcS, auf die Krajl ihres Willen« und EbaraktcrS ange wiesen sei Licht und Schatten flogen über diese Vorstellungen Das Licht zu strahlend, zu blendend, uni vor ibren an das Dunkel gewohnten Auge» die Zukunft erhellen, der Schatten wiederum zu schwarz, um all' die finsteren Gcsabren übersebeu und vermeiden zu können, welche die Gegenwart barg. So jung sie war, da- Leben schien ibr nicht leicht zu sein Sie kannte nur Streben, aber kein Hoffen, nicht riesen belebenden Nerv de« Daseins Malte sich ihre Phantasie ein schönes Bild aus, so glich cS einer bat» morgani». Es stieg am Horizont ilire« Geistes auf, blieb dort eine Weile basten und verschwamm dann in ein NichlS. Auf so ei» NicktS war ihr Holsen gestellt. (Fortsetzung folgt.)
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