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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.03.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-03-13
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940313023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894031302
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894031302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-03
- Tag1894-03-13
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Nach Ansicht des Präsidenten soll heute die zweite Lesung des russischen Handels vertrags, nöthigenfalls unter Zuhilfenahme einer Abend- litzung zum Abschluß kommen, dazu ist noch ein Theil des Etats auf die Tagesordnung gesetzt. Am Mittwoch soll die dritte Lesung des IdentitätSnachweis- gesetzcS und der Rest der zweiten EtalSberatbung erledigt werde», am Donnerstag die dritte EtatSberatkung, am Frei tag die dritte Lesung des Handelsvertrags, worauf die Oster vertagung eintrilt. Diese parlamentarische Dampsarbeit ist für den Reichskanzler nicht ungünstig; um so trüber gestalten sich für ihn die Aussichten, wenn nach Ostern gerate diejenigen Parteien, die jetzt Manu für Manu binter ihin stehen und seine Triumphatorrolle preisen, mit innigstem Behagen sich an die Zerpflückung seines SteuerbouqetS machen. Was er von dieser Leite bei ter Weilerberathung der Eteucrreformvorlagen zu er warten hat, ergiebl sich auö einer Berechnung der „Freis.Z." über die Deckung des NeicbSdeficitS, die zu folgendem Ergebniß tvmiut: Nach den bisherigen oder noch mit Lichcrheit zu erwartenden Beschlüssen des Reichstages sind die Einnahmen des ElatSentwurfö um ll>/n Millionen höher veranschlagt «Porto Einnahmen der Post und Telegraphenverwaltung 3>.2 Millionen, Einnahmen der Reichseisenbahncn 3 Millionen, Einnahmen aus der Zuckerstcuer l> Millionen). Die Aus gaben sind um I I Millionen gekürzt worden (ü'ft Millio nen im Militair Etat, N/, Millionen im Marine-Etat, dazu einige kleinere Abstriche in anderen Etats), das macht zusammen 22>,r Millionen Mark. Die in der Steuer commission angenommene und auch der Zustimmung des Reichstages sichere Erhöhung der Steuer aus Börsengeschäfte und Lolterieloose wird im Ertrag aus 22 ioo 000 -4k geschätzt. Das Alles zusammen würde rund 4b Millionen Mark er geben und sonach die i» dem neuen EtatSenlwurs vorgesehene Erhöhung der Matricularbeiträge ziemlich auSgleichen. — Das liehe sich ja cinigermaßc» hören, wenn die Be rechnung nickt sehr erhebliche Lücke» hätte. Zunächst ist ne höhere Ausctzung der genannten Einnahmeposten trotz der Rcickstagsbeschlüsse eine ziemlich willkürliche, mit den bisher maßgebenden Grundsätzen bei solchen Voranschlägen und einer vorsichligen Finanzpolitik nicht vollständig vereinbar; auch die Schätzung dcö Ertrages aus der neuen Börsenstcucr dürfte bei den heutigen gevrücklcn GeschäflSverhälttiissen manchen Zweifeln unlcrlicgcn. Sodann muß eine 'Anzahl der jetzt ab- gelchisten AuSgabepostcu ohne Zweifel in allernächster Zeit bewilligt werden und die Ausgaben haben überhaupt derNatur der Sache gemäß eine stets steigende, das Anwachsen der Ein nahme» überschreitende Richtung. Ferner konnten auch nach dem bisherigen Beryältuiß die Einzelstaalen, nameiillich die tlcineren, ihren Staatshaushalt ohne neue LandeSsleuern nickt mehr im Gleichgewicht hatten. Aus der Richtcr'scken Be rechnung geht also höchstens hervor, daß man zur Noch für ven Augenblick ohne neue^ RcichScinnabmcn außer der Börsensteuer auSkommen konnte. Das allerdringendste Bedürsniß, und auch das nur mit schwerem finanziellen Druck in den Einzelstaatcu, wäre aber unr aus böckstens Jahresfrist befriedigt und die Reichssleuerfrage wäre nicht bauernd gelöst, sonder» bliebe nach wie vor bestehen mit all ihrer Beunruhigung der wirthschaftlichen Verhältnisse. Das wäre eine Augenblicksauskunft der Ver legenheit und woblseilcr Popularitälssuckt, nicht aber ein Werk staalSmännisch und patriotisch denkender, mit großer Auffassung die Verhältnisse beurtheilendcr Politiker. Gras Eaprivi wird sich darüber nicht täuschen und daher nicht ohne Beklemmung an die Triumphatorrolle denken, die ihm seine Stützen von heute nach Ostern zugedacht baden. Die Angelegenheit des Rationalsrnkmals für Kaiser Wilhelm I., deren Behandlung einen so kiesen Ingrimm in einem großen Tkeilc des Volkes erzeugt bat, kann nun als erledigt betrachtet werden. Die Budgetcoinmission bat mit großer Mebrhcit den Antrag Limburg aus Bewilligung eines PauschguantnmS von vier Millionen Mark angenommen und die Rückforderungen auS- sckließende Resolution desselben Abgeordneten abgclebnt. Die Racksorderungen — Herr v. Bötticher batte besten kein Hehl — werden kommen und bewilligt werden müssen. Eignet sich, woran nicht zu zweifeln, der Reichstag die Be schlüsse seiner Eommissivii an, so begiebt er sich jeden Einflusses aus diese Angelegcnbeit. Denn die Mittel für die Fortführung eines balbfcrtigen Werkes kann er nickt ver weigern und noch weniger kann er ihre Bewilligung von Bedingungen abhängig machen. Die AuSsübrung des BegaSschc» EnlwursS wird sogleich in Angriff genommen werden — sie ist es eigentlich schon — und bei den künftigen Mebrfvrderungc» gebt es nicht an, einen Löwensckwcis oder dergleichen abzuhandeln. Die Sache ist abgetban, der neue Eurö hat wieder einen Erfolg errungen — aus Kosten seiner selbst. Zur großen Enttäuschung der Anarchisten ist die Schweiz bekanntlich dabei, die Propaganda der Thal und die Bor bereitungen dazu auf eidgenössischem Gebiete, soweit irgend angängig, »nmöglick zu machen. Unmittelbar nach dem Allcntal auf die französische Deputirtenkammcr wurde ein Gesetzentwurf, betreffend Verbrechen gcgen dieösscnt- liche Sicherheit, ausgearbeitet, der bis Ende voriger Woche der Vorberatbung der national und ständerätkliche» Com missionen unterlag. Diese Woche wird der Entwurf von den eid genössischen Rälben behandelt werden. In den Commissionen er litt derselbe manche Anfechtung; schon als Ganzes wurde seine VersassungSmäßigkcit bestritten, da in der ganzen Bundes verfassung nirgends eine Bestimmung zu finden sei, welche den Erlaß eines solchen Bundesgesetzes rechtfertige. Es machte» sich vereinzelte Stimmen gel.end, wonach das neue Bundesgesetz sich nur gegen den Gebrauch von Explosivstoffen richten sollte, um als willkommene Ergänzung zu den canto- naten Gesetzen, welche die Rolle der Sprengstoffe noch nicht in ihrem Slrafrechtscodex vorgesehen baden, zu dienen. Allein die Mekrbeit der Commissionen wollte dabei nicht sieben bleiben, vielmehr der Bundesgesetzgebung bas Recht ein räumen, nicht allein gegen den Mißbrauch der Explosivstoffe einzuschrciten, sondern ebenso sehr auch gegen die Auf reizung zu Thaten, die die gegenwärtige sociale Ordnung über den Hanfe» zu werfen suchen. 'Aus Grund dieses Beschlusses werden die Bestimmungen des Entwurses eine schärfere Fassung erhalten, wodurch alle diejenigen Verbreche» von der Jurisdiction des Bundes auSgeschlolicn werden, die unter eantonaleö Strafrecht fallen. Als Strasmariului» wurde die Todesstrafe gesetzt, welche bis her sckon in einigen Cantonen gesetzlich eingesührt ist. Ver worfen wurde hingegen rie Bestimmung, welche die Gebeini- halluiig von geplanten Verbrechen bestraft. In dieser Weise verbessert, gelangt »un der Gesetzentwurf vor die Bundes Versammlung und wird dort zweifellos zur definitiven An- nabme gelangen: das Referendum dürfte kaum von irgend einer Seile ergriffen werden. Gestern ist daS englische Parlament zur neuen Tagung zusammcngetrelen, eröffnet mit einer Thronrede, der alle Parteien mit größter Spannung cntgegensahcn, weil sie, so erwartete man, erkennen lassen würde, ob Lord Roscbcry daS RegierungSprogramm Gladstone'S in vollem Umfang zu dem seinen gemacht, oder ob er die Absicht bade, die Thcile desselben, um welche der Kampf am heißesten entbrannt war, stillschweigend fallen zu lasten oder doch vor läufig zurückzustellcn: Homerule und Oberhaus.Zuallgemeinster Verwunderung cnlbätl die Thronrede von beiden Slrcilpunctcn nicht ein Wort, weder pr» noch ountra. Dagegen hat der neue Premierminister Gelegenheit genommen, gestern in einer liberalen Versammlung sowohl wie im Oberhause sein Programm zu entwickeln. Was er da offenbarte, hat die Hoffnungen der liberalen llnionisten, Rosebcry werde durch theitweise Ausgabe der Glatstone'schen Forderungen ihnen den Wieteranlchluß an die Regierungspartei ermöglichen, völlig vernichtet ; Roscbery hat eS rällsticker befunden, fick die Unterstützung der Iren und der Radicalen zu sichern — ob zum Vortheil seiner Position und des Landes, mag dahin gestellt bleiben. Er hat feierlich verkündigt, die politische Erbschaft Gladstone'S im breitesten Umfange zu über nehmen, die bisherige Homerule Politik unentwegt sort- setzen zu wollen und sich hinsichtlich der Oberhauöfrage eines LinneS mit Gladslone zu wissen. „Grundsätzlich" bat also Lord Rosebcry die Losungsworte Homcrute und Kamps gegen daS Oberbaus zu den seinen gemacht. Dennoch bleibt adzuwarten, ob das Zi «Ina saeiuni ickoni, nun e>8t ickoiu nicht auch auf den Fall Gladstone - Roscbery anwendbar sein wird. Die bisherige Homcrute Politik soll unentwegt fort gesetzt werden. Aber diese Politik war bald stürmisch drängend, bald — und gerade in den letzten Monaten — zögernd und abwartend; welche dieser Methoden wird Roscbery an wenden? Und was den Kamps gegen daS Oberbaus betrifft, so deuten mehrere Acnßerunge» Rosebern S daraus bin, daß seine Absichten nicht Uber eine Reform der Ersten Kammer binauSgchen und nickt auf ihre völlige Abschaffung gerichtet sind; auch in dieser Frage ist sein Programm trotz schnei diger Worte noch sehr einer bestimmten Fassung bedürftig, und eS bleibt auffallend, daß die Thronrede die Erwähnung Homerulcs und der LordhauSfrage vermeide!, die Thronrede, die doch mindestens ebcnfo sehr Anspruch daraus bat, als Programmkundgedung des neuen KabinetS zu gelle», wie Reden des Premierministers. Sollte eö zu dein von Rose bcry angckündigten Appell an das Volk kommen, und das „Fort mit dem Oberhause!" zum Kampsrns gemacht werden, so ist eS ja nicht völlig unmöglich, baß sich die Mehrheit der 'Wähler aus die Seile der Regierung stellt, aber was bat daS Cabincl Rosebcry damit gewonnen? Den gewaltigen Verfassungs kamps um die Existenz der Peerskammcr, ja »ur um eine Einschräntung ihrer Rechte und Cvmpctcnze», ei» Kamps, Len der Riese Gladstone zu übernehme» nicht gewagt, wird eö nicht eher in Form eines Gesctzenlwurscs beginnen können, als bis cs durch eine Reformarbcil in großen« Stile aus ganz anderen Gebieten einen uiillbcrwiiit lich starken Rückhalt an der öffentlichen Meinung des Landes gewonnen habe» wird. Bis dahin wird aber noch viel Waßer die Themse hinabslicßeii, und cs fragt sich »och sehr, ob die Iren und die radialen HilsStruppe» Geduld genug haben, um so lange bei Rosebcry auszuhalten. Aber wenn auch, so wird die alte Zwickmühle von Neuem in Function treten: DaS Unterhaus wird die Ab sctzung tcS Obcrbauscs beschließen und bas Oberhaus wird sie verwerfen. Bevor aber diese Frage zum Auslrag gebracht ist, wird auch Homerule nickt unter Dach kommen. Man wird sich also anscheinend zunächst auf eine Ver- zögerungSpolittk des neuen CadinetS hinsichtlich der beiden brennendsten Fragen gefaßt machen dürfen. Wie dem „Reuler'schcn Bureau" aus Valcutta gemeldet wurde, besagen briefliche Berichte vom 8. d. M., daß die englische Colonne unter Führung des Capitain Maxwell, deren Schicksal Beunruhigung ciiigcstößt batte, wohlbehalten drei Tagcniärsche von Sadina eingetroffen ist, nachdem sie Membii, ein Abordors, genommen und niedergcbrannt batte. Diese AborS oder Padam, ein wildes indisches GebirgSvolk, be wohnen die obere» Tbäler des Dibong, eines Nebenflusses des Brakmapulra an der Grenze der Provinz Assam, in welche die AbvrS des öftere» raubend und mordend rin- bracken. Den» trotz mcbrsachcr Strasexpeditioncn ist eS den Engländern bislang »ickl gelungen, sie wirklich zu unter- wcrscii, und die indische Regierung bat eö für zweckmäßig erachtet, sich durch jährliche Geschenke von Gewebe», eisernen Werkzeuge» u. s w. mit denselben ans besseren Fuß zu stellen. Vor einige» Monaten forderten die 'AborS jedoch eine Ver mehrung dieses Tributs, unk als ihnen dies abgeschlagen wurde, übcrstele» sie einen Posten der Grenzpolizei, wobei 6 Mann der letztere» gelobtet wurden, und die Angreijer bereiteten bald darauf einer anderen Abtbcil»»g ein gleiches Schicksal. Nunmehr brach Capitain Maxwell zur Strasexpckilion gegen bic'AborS aus, nahm aber, obwohl man mußte, daß die Äbvrs etwa 7000 Mann stark sind, und daß ihre primitive Bewaffnung mit Bogen unk oft genug vergifteten Pfeilen reichlich durch den schwierigen Gebirgscharaktcr und die wegelosen Dschungel» ihres Landes ausgewogen wurde, »ur etwa ioo indische Reguläre- und Grenzpolizislen sanimt einer halben Gebirgsbatterie. mit. Tic durch Zurücklassung kleinerer Abtbcilungc» an einzelnen strategisch wichtigen Puncien »och besonders geschwächte Hauplttiackt vcnnochle denn auch nickt das Hauptdorf Dam- rob einzunebmen, sonder» mußte sich mit der Nicterbrcnnung eines kleineren Dorfes begnügen, ja es beißtsogar, Maxwell habe sich zuinRückzug, der eine» sluchläb»lichcn Charakter angenommen, entschließe» müsse». Ob derselbe »ach seinem Eintreffen in Sadiya noch einmal, durch die dort stehende 600 Mann starke Reserve verstärkt, gegen den 'Aborslamm aufbrechen wirk, steht noch dahin. Tie Beziehungen der Bereliiigte» Staaten zu den Sandwich-Insel» sind bekanntlich zu cinci» Slreitpunct zwischen dem Präsidenten Clevclant und der republika nischen Opposition geworden. Letztere stützt ihr Streben nach Anglieterung jener Inselgruppe a» die Union auf verschiedene Umsläntc. Sic weist daraus hin. daß die Bevölkerung der Inselgruppe durch die Anstren gungen anicrikaiiischcr Missionare civilisirt wnrde, und daß i» Folge dessen die Gesetze des kleinen Königreiches denen Amerikas mehr als denen irgend einer andern Nation ähneln. Tie geographische Lage der Inseln würde sie als «inen Anlegeplniet für die anicrikanischcn Pacific- Occan Dampsschifse aus ihrem Wege von und nach dem Orient sehr wichtig gestalte». Die Produkte dieser Insel» bestehen genau aus dem, was »ia» in den Ver einigte» Staaten »ötbig bat. Alles dies macht den Besitz der Inseln für Amerika gewiß sehr wünschcnSwcrtb. Das ist aber nach dem Dafürhalten küble» »rlbeilendcr Poli tiker, wie Clcvclaud und Blount, noch lange kein Grund, in Hawaii annceiircnd vorzugehcii. Im Repräsentantcnhause wurde den» auch s. Z das cigcnmächligc Vorgehen des amerikanischen Verlrclers in Henoluln, Mr. Stevens, mit l77 gegen 73 Stimmen tcsavonir», »int wenn seitdem die Feuilleton. Ellida Silström. 38> Roman von H. PalmS-Paysen. Nachdruck verdorr». (Fortsetzung.) 44. Capitel. Fräulein Carola Sonfidia batte eine wahre Gemiatbuung empfunden über daö vollständige FiaSco ihrer Nachfolgerin, obgleich sie persönlich gar keine Vortbeile dadurch haben konnte. Es befriedigte nur ihren maßlosen Ehrgeiz, neben dem sie eine unbegrenzte Selbstliebe, demgemäß auch eine nickt minder große Eitelkeit besaß, die fick mit einem kleinlich denkenden Geist verband Sie wünschte in der Residenz entbehrt und nickt ersetzt werden zu können. Zudem batte sie Ellita'S Zurückhaltung, die Thalsache, daß kiese ibre Person vollständig unbeachtet gelassen, mit Groll und rachsüchtigen Wünschen erfüllt. Die also Gedemütbigte nun an sich herankommcn zu sehen und ihren Besuch zu empfange», das bereitete ibr nun ein außerordentliches Bebagen, das sie gewillt war, auch voll kommen auszukosten. Sic beabsichtigte daher ihren Besuch auzunebinen und hatte ihrer Dienerfchast dcmentsprecheuden Befebl crtheilt. Daß Ellida bestimmt kommen würde, das wußte sie durch de» Liculeuant v. Hochstedt, und auch, daß er Leu Anlaß dazu gegeben habe. Sebr natürlich, daß sic ihm versprochen, feinen Schützling zu ihrem Feste cinznlaten, sehr natürlich, daß sie ihm auch ankere tleiue Gefälligkeiten nigesazt. So erhielt denn Werner um die heutige Mittags stunde ein zierlickeS, nach Patckouli duftendes Brieschen, in rem seine Gönnerin il»n mitlbcillc, daß eine „gewisse, kleine, leichtfüßige Dame" soeben in ihrer Wohnung ausactalickst und anzutreffen sei, wenn er seiner Sehnsucht ein Paar schnelle Flügel verliebe. Der junge leichtsinnige Osstcier zögerte nickt, dieser lockenden Aufforderung sofort Folge zu leiste» »nt seine strategischen Pläne in der Mittagsstunde — er beabsichtigte gerate einige formelle Besuche zu macken — einer Acnberung zu unterwerfen. Biel lieber gina er zur Sonsitia, um dort die kleine, nirgends zu ergatternde Lilstrom zu treffen, als in verbindlicher Haltung mit seinen RegimentSkamen eonventionelle Geipräcke zu führen . Der Lsficier befand sich gerade im vollen Wichs. Seine Kuöpfe blitzten wie Gold, denn der tadellos sitzende Wafsen- rock, der sich glatt an seinen schlanken und doch kräftig gebauten Oberkörper anschloß, war eben der Werkstätte des LchiiciderS entstiegen und bedurfte nickt eines einzigen Bürstenstrichcs. Werner stand vor dem Spiegel, der sein frisches, leicht ge bräuntes Gesicht mit der seinen Stirn und dem schwarte», leicht gewellten Haar getreu zuruckwars, rückte sich die Mütze davor zurecht und nahm von dem »eben ihm stehenden Colosser die Handschuhe und daS von kölnischem Wasser durchduslclc Taschentuch vom feinsten Linnen entgegen. Er war fertig und bereit, dem Winke der lange Erwarteten, beinahe Ersehnten zu folgen. Fräulein Carola Sonfidia batte sich eine Unterhaltung mit der kleinen Silström, „die noch nichts war", sehr leicht vorgestellt. Eine geraume Zeitlich sie daS junge Mädchen anlichambriren in einem der glänzend eingerichteten Vorzimmer ihrer Etage, die des Barons Güte aus daS Lururiöscstc anS- gcstattet batte mit tausenderlei Tand. Dann erschien sic, eine große, fast zu üppig gebaute Gestalt in auffälliger Toilette, einem dunklen Sammelklcide, überladen mit glitzerndem Schmuck. Aus dem halb entblößten Hals, der aus dem herzförmigen Ausschnitt ibreS Kleides stolz ausragte, trug sie ein diamanten' versiertes Medaillon, welches daS Bild ihres vornehmen Bräutigams barg. Da er gerade kein Adonis war, so spürte sic auch nickt oft das bräutliche Verlangen, ihn im Bilde an- zuschauen, unterließ cs aber nie, den prahlerischen Anhänger zur Schau z» bringe». AuS den kurz gebastene» Acrmeln ihres Kleides schimmerten weiße, volle Arme hervor, daS E»t zücken des verliebten Bräutigams und ibre nicht minder schön geformte Hand Ellida entgegenstreckend, mit der Miene einer herablassenden Fürstin bot sic derselben den ersten Gruß, dann saßen sie sich gegenüber, das genußsüchtige prahlerische Weib unk Ellida Silström i» der Einfachheit ihrer Kleidung und ihres Wesens. Die gefeierte Tänzerin halte angenommen, daß sie der armen Collegin ungebeucr imponire» würde, nickt nur durch die glänzende Wohnung, sondern auch durch ihre Persönlichkeit, durch de» Nimbus ihres gefeierten Namen«. Sie empfand daher etwas wie Aergcr über die ruhige, beinahe stolze Haltung de« „einfachen" Mädchens, etwas wie Verlegenheit über die seine Art. in der ibr die „unbedeutende" Tänzerin Rede stand. WaS sollte man mit der anfangen, mit ihr scherzen und lacken, aus welchen Ton die Unterhaltung stimmen? WaS den Lieute nant v. Hockstckt, diesen verwöhnten Frauenkenner, an dieser „langweiligen" Person fesselte, blieb ibr ein Rätbsel. Da war ia kein Esprit, keine Leidenschaft darin — Fräulein Son- sidia fühlte sich enttäuscht, angenehm enttäuscht — durch diese Tänzerin würde sie weder beim Publicum, »och bei den viele» ihr immer noch getreuen Verehrern in den Hintergrund gedrängt werde». DaS Bewußtsein konnte sic von dem Lchauplatz ihrer Triumphe mit in die Fremde nehme» Werner kam gerade zur rechten Zeit, um die ins Stocken gerathciie Unterhaltung wieder in Fluß zu bringe». Seine frische Stimme ließ sich schon erkennen — auch von Ellida erkennen, als er »och im Hausflur ablcgtc. — Impulsiv erhob sie fick und die Sonsidia bemerkte, daß eö mit Errötbe» geschah. Die Cvllczin wurde ihr nun plötzlich interessant. Eine Tänzerin, die bei so geringer Veranlassung errölhe» koniile, gehörte zu den Seltenheiten. „Aber, meine Liebe", sagte sie und legte, obnc sich selbst zu erheben, ihre Hand aus Ellida'S Arm, „eben gctomineii, wollen Sie doch nickt jetzt schon wieder ausbrcchcn — ick bc komme Besuch — was schadet da- — im Gcgciitheil —" sie dämpfte ibre Stimme, „Sir sollten diesem Besuche", betonte sic, „keinesfalls auSweichcn. Sic sollten sich", fuhr die Sou fidia fort, in dem sie ihre dunklen Augenbraue» mit einer Miene großer Wichtigkeit hochzvg, „hier sebr beliebt zu macken suchen, bas ist mein wohlmeinender Rath." Jetzt trat Werner sporcnklirrend ins Zimmer. Er sah die Sonfidia, wie sie nachlässig, aber mit bewußter Grazie, iin Sessel lehnte, und daneben der kleinen Silström Gestalt. Daß er sie immer „die kleine Silström" nannte, das war eigentlich ganz unbegründet. Eie war keineswegs klein zu nennen, sie erschien ibm nur so, wahrscheinlich durch ibr »»- schulvigeS Kindergesichtchen. Wie entzückend sic wieder auSsah — wie allerliebst ihr das Errötbe» stand. Ick fange an. mich ernsthaft in sie zu verlieben, dachte er, und werde meinen PyladeS — Relltoff schon zeigen, wer der Begünstigte sein wird. Laut sagte er: „Weich' eine reizende Ucberrasckung an diesem grauen Wiatertag! Während ich mich draußen vergeblich nach Licht und Sonne umschaue» strömt mir hier gleich alles ungesucht und verschwenderisch entgegen!" Er zog Fräulein Sonfidia'« Hand an die Lippen unk begrüßte Ellida mit einer ernsten, aber sehr verbindlichen Verbeugung. Die Gunst diese« eigcnlbümlichcn Mädchen«, besten war er inne geworden, war ja nur durch kluge Zu- rückbaltung und deshalb nur langsam zu gewinne». Eine wabrr Gedulbsprüfung! dachte seufzend der feurig empfindende rasche Mann. „Mir gebührt der Dank", lachte die Sonsidia mit ihren volle», spöttisch zuckenden Lippe:,, „die Sonne wollte sich gerade verberge», als Eie ans der Bildsläcke erschienen, und das habe ick, zu verhindern gesuckl Wie kann man sich auch so bcuierkiich machen, che man auftattckst." Werner crriclb den vcrstcck.cn Sin». „Also um uiir auszuwciche», haben Sie sich erhoben, Fräulein Silström?" fragte er vorwurfsvoll. „Richt doch — nein", stotterte Ellida verlegen. Ihre ganze Unbefangenheit »nd Eick'crlicit ballen die in sic drcin- rcdendcn Ratbgcber ibr sorigcschwatzl. Immer fürchtete sie etwas ru versehen, zu kalt, zu herbe zu sein, besonders dem „einflußreichen" Lieutenant v. Hochstedt gegenüber, den fürchtete sie beinahe am »leisten. „Also nein — freut mich I» dem Falle werken wir uns noch ein wenig unterhalten dürft»." Er schob Ellida einen Sessel heran. „Ich gestatte dem Herrn v. Hockstckt, sich nach meinem Befinde» zu ertundigcn", spöttelte die Sonsidia, indem sie mit einer kokette» Handbcwcgung dem jungen Ossieicr einen Platz neben sich anbot. „Meine Gönnerin siebt so frisch und beiter aus den Augen, so bewundernswürdig schön aus, daß ich eine derartige Er kundigung beinabc für verletzend balle" „Lie sind ei» Schäker! Der gute Baron dars übrigens so etwas nickst höre», er würde eiscrsüchtig", lautete die lachende Entgegnung. Ein Geplänkel von Ecker; und Phrasen, Neckereien und Witzeleien folgte, und Ellida dachte: also so niliß man eö machen, so wolle» die Herren Unterbalten sein, wie sade — wie langweilig, wie schwer ist das. Eie saß ganz stumm da »nd schaute bald aus de» Smyrnaleppich hinunter, i» den ibr Füßchen fast versank, bald aus das bunte Muster der Tischdecke von türkischem Gewebe vor sick. Sic mochte gar nickt hinüberschaucn zu den beiten Lachenden, auch weil sie empfand, daß Lieutenant Hochstedt immer wieder seine braune», seuerigcn Angen beiuberschweisen ließ. Plötzlich erbeb sich die Sonsidia und tral an sie heran: „DaS gebt so nicht", schalt sic. „Sic bekommen beiße Bäck chen in meinem übcibeirlen Zimmer und wen» Sic sich erkälten, so tönncn Sic nickt tanzen und ick trage daran die Schuld." Und somit »abm sic der Ucbcrraschicn ebne Weiteres da» Barel von dem blonden Kopse und nötbigte sie, sich auch de» Jäckchen« zu entledige». Dann schellte sie, »nd als nicht so gleich ein Dicnstbote erschien, verließ sie da» Zimmer, um eigenhändig einen seinen Wein zu besorge». Sie blieb sehr lange fort. Werner verharrte aus seinem Platze Er blickt»
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