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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.03.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-03-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940314014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894031401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894031401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-03
- Tag1894-03-14
- Monat1894-03
- Jahr1894
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Bekanntmachung, betreffend den Autheil der Reichsbank an dem Gesammtbetrage deS steuerfreien ungedeckten Notenumlaufs. Vom 27. Februar 1894. Leipzig, den 9. März 1894. Der Rath der S»a»t Lechzt,. vr. Tröndlin. Krumbiegel. Bekanntmachung. Wir bringen zur allgemeinen Kennlniß, daß Dienstag, den 20. d. M-, während der Nacht eine Spülung des HanptrodreS der Wasserleitung für Leipzig-Plagniitz-Lindenan-Tchlkiistig- Kleinzschocher, sowie den 2l. und 22. d. M. eine Spülung dcS Rohrnetzes dieser Leitung durch die Spülschieber vorgenommen iverden wird. Die Spülung der Zweigrohrleitungen wird vom 24. d. M. ab am Tage slattstnden. Leipzig, den 9. März 1894. . Der Rath der Stadt Leipzig. Io. 1021. vr. Tröndlin. CichoriuS. Bekanntmachung. Die GeschüstSstrlle unserer WasierwerkSverwaltung in Leipzig-Plagwitz bleibt wegen Reinigung der Raume Dienstag den 87. dss. Mts. für den Verkehr mit dem Publicum geschloffen. Leipzig, den 10. März 1894. Der Rath der Stadt Leipzig. Io. 979. ve. Tröndlin. Tichorius. Versteigerung von Bauplätzen betr. Die folgenden, der Stadtgemeindc Leipzig gehörigen und in Leipzig-Reudnitz gelegenen Bauplätze deS ParccllirungSplans Nr. 6527 'l'. V., und zwar: !str. I. au der Ecke des Tänbchenweqs und der Straß« k des östlichen Bebauungsplanes .... von 7l9,1 qm » 2. am Täubchenwege » 386,8 » -4. » » 340,0 » -5. » » » 340,0 » - 6. an der Ecke deS Täubchen- und deS Gerichtswegs » 522,4 - » 8. an der Ecke des Gerichtswegs u. der Nostitzstraße - 53l,5 - - 9. an der Nostitzstraße - 333F . - 10 333,2 » » 11. -» » .-.»,»»»»« 399,1 - - 12. 408,0 » » 13. an der Ecke der Nostitzstraße und der Straße II des östlichen Bebauungsplanes .... » 615,3 » - 14. an der letztgenannte» Straße » 416Z » Flächengehalt sollen Dienstag, den 27. dieses Monat« von vormittags 10 Uhr an im Saale der Alten Waage, Satdartnrnftratzr Rr. I, n. Gtage, znm verkaufe versteigert werden. Der BersteigerungStermin wird pünctlich zur angegebenen Stunde eröffnet und die Versteigerung bezüglich eines jeden der einzeln nach einander in obiger Reihenfolge ausgebotenen Bauplätze geschloffen werden, wenn daraus nach dreimaligem Ausruf kein weiteres Gebot »nehr erfolgt. Di« Bcrsteigerullgsbedingnugeu und der Parcellirungsplan liegen aus dem Rathhause, I. Etage, zur Einsichtnahme aus. Exemplare davon werden in der Sportelcasse I, Naschmarkt Nr. 2, I. Etage, Zimmer Nr. 6, für 1 >1 abgegeben. Leipzig, den 9. März 1894. Der Rath der Stadl Leipzig !»9?I. vr. Lr-ndltn. Krumbiegel. Gesucht wird der am 28. Januar 1842 in Leipzig geborene Handelsmann Heinrich ttzduard Gustav Trefe, welcher zur Fürsorge sür feto Kind anzuhallen ist. Leipzig, den 12. März 1894. Der Rath der Stadt Leipzig, Armen-Amt, Atzth. IV ». X. L. IV«, 520ck, 94. Heutschel. Hr. Bekanntmachung. Wegen Reinigung der Geschäftsräume können in unserem Meideamte am 18. diese» Monats in Abtheilung II (für Fremde), ferner am 10 dieses Monats in Abtheilung I. Buchstabe äs—2 (sür bleibende Einwohner), sowie in Abtheilung III (für Dienstboten) nur dringliche Geschäfte erledigt werden. Leipzig, am 13. März 1894. Das Polizeiamt der Stadt Leipzig, v. L. 940 Bretschneider. H Bekanntmachung. Im Monat März d. I. empfing der Lamariter-Vereia voa Herrn Friedensrichter W. A Vogel ^ 10,— Sühne in Sachen R N. » 5,— » » » H /. G. » 8,— » » » L - 10,— » » » S / W » 100— » » » M - I,— Gebühren in Sache» G. Sa. 129,—. loorüber hiermit dankend quittirt wird. Leipzig, den 15. März 1894. Der Vorstand des Samartter-Vrrein». Anton Sieb er t, Schatzmeister. GteEOrtef vom 7. Hs«., den «a,smann Roth aus Hamburg betr., erleOtgt. ' Lemdgertcht Lei»»»,, den 12. März 1894. Tobio», U.-R. Der Zar als Gast des deutschen Botschafters in Lt Petersburg. * lieber daS Fest, daS der deutsche Botschafter in St. Petersburg am 8. d. M. gab und das der Zar mit seiner Gegenwart beehrte, geht uns von einem Augenzeugen eine interessante Schilderung und eine noch interessantere Betrach tung zu. Die Letztere zerfällt in zwei Tbeile, von denen der eine der Schilderung des Festes vorausgeschickt wird, während der andere dieser Schilderung nackfolgi. Wahrscheinlich liegt auch zwischen der Niederschrift beider Tbeile ein Zeitraum von mehreren Tagen; der erste dürfte vor dem Feste, der zweite nach demselben geschrieben sein. Nur so läßt sich der Widerspruch erklären, der zwischen der zuversichtlich-opti mistischen Einleitung nnd der vorsichtig zurückhaltenden, ja pessimistisch anqebauchlen Cchliißberrachtung scharf zu Tage tritt. Einen solchen Widerspruch Kälte ein Diplomat jedenfalls vermieden; er würde vor dem Feste seiner Hoff nung Zügel cngelegt baden, um nicht nachher zu doppelter Zügelung gezwungen zu sein. Aber von einem Diplomaten hätte man deshalb auch nickt erfahren, wie in den Gemülhern der übrigen Sterblichen in Rußland, denen es vergönnt war, die Vorbereitungen zu dem Feste, dieses selbst und die Nachklänge mit ihren beschwingenden Aufregungen, ihren Anregungen und — Ernüchrerunge» mit zu erleben, die Eindrücke und Schlüsse einander ablöstcn. Unser Gewährsmann, der nicht einmal den Anschein diplomatischer Schulung sich zu geben sucht, hat frisch von der Leber weg geschrieben und eröffnet dadurch einen interessanten Einblick gerate in die Unsicherbeit, auS der in Rußland auch Diejenigen nicht herausarlangen, die durch ihre gesellschaftliche Stellung mit den höchsten und einflußreichsten Persönlichkeiten in Berührung kommen. Seine Schlußbetracktung, die so eigentdümlich mit seiner Einleitung contrastirt, ist jedenfalls durch diplomatische Andeutungen mehr beeinflußt, als die Einleitung mit ihrer hochgespannten Erwartung. Diesen Eindruck werden auch unsere Leser be kommen, welche die nöthige Dreithcilunz des Briefes selbst vornehmen und im Geiste jedem Tbeile die rechte Uebcrschrift — die Einladung zum Ballt, der Ball uuv der Abschied von den Diplomaten — selbst geben können. Der Brief lautet: PeterSburn, 25 /9. März. Das Jahr 1894 gestattet sich immer friedlicher. Wenn sonst der Frühling nahte, war man gcwodnt, lautes Säbelgeraffel zu vernehmen, das die Be> sorgniß erweckte, jeder neue Morgen könne den lang und bang gefürchteten „unvorhergesehenen Zwischenfall" bringen, der die in Waffen starrenden europäischen Cutturstaaten zu männcruivrdeiidcn Völkerschlachten gegen eiliander zwingen werde. Und heute? Man glaubt seinen Augen und Ohren nicht trauen zu dürfen. Bon überallher nur Worte des Friedens, ja Demonstrationen dcS Friedens. Frankreich, das allein gern wieder einmal Unheil über Europa herc-us- beschworcn hätte, siebt jetzt, bitter belehrt, daß Niemand eine Allianz mit ibm wünsche, trotzig, doch ohnmächtig abseits. Der Schlag war auch zu bart und läßt sich nur allmählich verwinden. Wähnte die ehr- und ruhmsüchtige Gallia sich doch ihren Zielen schon nahe und sah im Geiste die verbüßten preußischen „Barbaren" durch die sranco-russischc „Allianz" bereits besiegt — nnd nun bleibt eS den Franzosen selbst Vorbehalten, die Welt darüber aus zuklären, daß diese samose „Allianz" in Wirklichkeit niemals bestanden hat. Wie empfindlich muß es die Franzosen berühren, wenn große, dem Hofe nabe siebende Petersburger Blätter scharfe Worte deS Tadels über die selbstsüchtige russenfeindliche Zollpolitik nach den Usern der Seine senden und rund heraus erklären, Rußland sei so groß und stark, daß cs keine Bündnisse einzugeben brauche; es werde seiner Politik der sreic» Hand, die sich während der letzten zwölf Jahre vortrefflich bewährt habe, nach wie vor treu bleiben und am allerwenigste» mit den wetter wendischen Franzosen paktiren, deren Regierungen und liebe,- zeugungen einem nur z» häufige» Wechsel unterliegen. ES kann daher auch nicht Wunder nehmen, wenn die beiden aneinander grenzenden großen Militairstaatcn Rußland und Deulschland, deren Volker monarchisch gesinnt und deren Negierungen fest und energisch den Frieden nach außen und im Innern aufrecht z» erkalten bestrebt sind, sich wieder nähern und diese Gemeinsamkeit terZielc und Interessen öffentlich docuinen- tiren. Der letzte und bedeutsamste Schritt in dieser Richtung ist gestern (?) vollzogen worden, cm Schritt, der auch den ein gefleischteste» Skeptiker von der aufrichtigen Friedensliebe deS russischen Zaren überzeugen muß. Der Kaiser von Rußland, der doch nur in seltenen AuSnabmesällcn die Feste der Ver treter der anderen Mächte in seiner Residenz besucht, bat den gestrigen (?) Ball de« deutschen Botschafter«, General von Werder, io Begleitung der Kaiserin und des ganzen kaiserlichen Hofe- mit seiner Anwesenheit beehrt. Ter Zar wünscht, wie hier erzählt wird, nicht nur eine Besserung, sondern eine vollständige Aeuderung in den poli tischen Beziehungen zu Deutschland und hat durch diesen freudig überra,chcndc» Besuch ,m deutschen Botschastcr- palais seinem kaiserlichen Wunsch und Willen den nöthigcn Nachdruck zu geben gewußt. Wenn die mächtigsten Herrscher Europas in Eintracht zu einander halten, können die Völker rubig schlafen. Der andere Tag geht ebenso klar auf, wie der vorige untergegangen. ES war halb elf Uhr Abends, als der Selbstherrscher aller Reußen mit seiner Koben Gemahlin, dem Greßsürstcn-Thro»- solzcr und der Großfürstin Xenia vor dem Botschasterpaiais verfuhr und im Vestibül vom deutschen Botschafter und dem aesammten Botschaft-personal ehrfurchtsvoll begrüßt wurde. Die Kaiserin wurde vom Botschafter in die GcsellschastS- räume geleitet, während der Zar die Gemahlin deS österreichisch- ungarischen Botschafter-, Gräfin Wolkenstcin-Trostburg, sübrte, welche für diesen Abend in liebenswürdiger Weise sich erboten halte, die Honneur» der Hausfrau im befreundeten deutschen Botschasterpaiais zu übernebmen — bekanntlich ist General» adjmant von Werder Junggeselle. Botschastsrath Graf Rex bot der Großfürstin Xenia den Arm. Ter Tbronfolger be gleitete seine Schwester. Zunächst hielten die Majestäten in den tageSbell beleuchteten Sälen, in denen sich bereits die übrigen Mitglieder der kaiserlichen Familie, die Hofstaaten und die übrigen ca. 400 Gäste versammelt batten. Ecrcle ab. Der Zar hielt sich sehr stramm und ging elastischen Schritte», aber freundlichen Blicke« durch die Reihen der Gäste. Nur an dem angegriffenen Ausdruck und an der geldlichen Gesichtsfarbe waren die Spuren überstandener schwerer Leiten zu bemerken. Die Zarin erglänzte i» anmulkiger Frische und jugendlicher Schön heit. Gleich der Herrscherin bot ein anziebendes. cinnebmendeS Bild die schöne Gestalt der Großfürstin Maria Pawlowna, geborenen Prinzessin von Mecklenburg-Schwerin, deren reicher Brillantschmuck selbst in diesen Raumen Bewunderer fand. Einfach und bescheiden, dafür aber desto lieblicher und gewinnender, bewegte sich die Großfürstin-Braut iu der Gesellschaft. Der Zar zog sich, nachdem er noch einige bockgestclltc Herren ins Gespräch gezogen batte, inS Spielzimmer zurück, woselbst er wiederholt mit General von Werder in längerem angeregten Gespräche beobachtet werben tonnte. Aus Wunsch seiner Aerztc verabschiedete sich der Monarch bald »ach l Uhr durch wiederholten Händedruck von seinem Gastgeber. Die Kaiserin dagegen verblieb mit den übrigen Mitgliedern der kaiserlichen Familie bis nach 3 Ilbr und cS war der hohen Dame anzuscbcn, wie befriedigt sic von dem Abend war. Allseitig wurde die ausgedehnte Gastfreundschaft und die gewinnende Liebenswürdigkeit deS deutschen Botschafters dankbar hervorgehoben. General von Werder ist ja bekannt lich der langjährige, überall in der russischen Gesellschaft gern qesebene Freund, wie er auch bei der Person de« Zaren sich (eit Langem eine« besonderen Vertrauens zu erfreuen bat. Be»» Souper saß die Kaiserin zwischen dem Hausherr» »nd dem Doyen des diplomatischen Corps. Grasen Wolken slcin-Trostburg, ihr gegenüber saß die Gräfin Wollenstem zwischen dem Großfürsten Michael Nikolajewitsch und dem Großfürsten Wladimir. An einem zweiten Tische batte die Großfürstin Wladimir, an einem dritten der Tbronfolger und daS junge Brautpaar Großfürstin Xenia und Großfürst Alexander Michailowitsch eine illustre Gesellschaft um sich versammelt. Die anderen Gäste saßen in den übrigen Sälen an zahlreichen Tischen vertbeilt. Der Botschaftsrat!» Graf Rex ging, seinen Chef vertretend, geschäftig durch die Säte, bier und da ein Wort wechselnd — überall für das leibliche Wobl der Geladenen sorgend. Nach dem Souper wurde weiter getanzt. Wie das Vestibül und alle Säle im Blumenschmuck zahlreicher zimmcrdober Kamclienbäuuie, Azaleen-, Flieder- rc. Gruppen prangte, wie hier die kostbarsten Veilchen, Maiglöckchen und Hyacintben ausgebotcn waren, um bezaubernde», die Sinne berückenden Duft zu verbreite», so wurden auch in den gold- verzierten Körben die prächtigsten Kinder Floras aus Nizza- Gärten als Eotillonangebinde dargebracht. Alles erstrahlte an diesem Abend in Freude, Glück undZusriedenheit und Alles schien zufrieden mit dem Verlauf deS Festes; selbst das sonst so ernste Antlitz Kaiser Wilhelm'- I., dessen Bildniß in Lebens größe im Rococosaalc seinem Enkel gegenüber von der Wand auf das bunle Treiben bcrabsckaute, schien sich zu erhellen und freundlich zum Enkel, unserem jetzt regierenden Herrn nnd Kaiser, hinüderzublicken, — sind doch lange, lange Jahre vergangen, seit der jetzige Zar die Schwelle der deutschen Botschaft zum letzten Male überschritt. Es war noch zu Zeiten des Botschafters Prinzen Reuß, als der Zar noch Thronfolger war. Wie viele Hoffnungen werden an diesen Besuch dcS russischen Herrscherpaarcs im deutschen BotschaslspalaiS geknüpft, wie viele Erwartungen in Dculschtand damit ver bunden werden — i» Rußland kaum — und wie wenige — doch hoffen auch wir das Beste! Zweifellos bat der Zar durch diesen auS eigenster Initiative bcrvorgeaangene» Schritt bekundet, daß er den besten Willen hat, mit Deutschland wieder i» nähere, herrlichere Beziehungen zu treten; ibm ist auch am Zustandekommen dcS Handelsvertrages gelegen. Hier in Rußland muß man indeß immer und bei Allem ein „Aber" anknüpscn. Die merlwürdigsten »nd unberechenbarsten, oft ganz plötzlichen Einflüsse machen sich da geltend nnd zerstören das schönste Werk der aus den Frieden und die guten Beziehungen der beiden inächligen Nachbarrciche bedachte» Männer. Die FrauzöSlinge und ihre Sippe unterwühlcn und vernichten mit ihrer MaulwurfStbätigkeit den mühsamen Ausbau treuer, dem Zaren aufrichtig ergebener Kreise. Man hätte nur scben sollen, wie scheu sie umhergingcn, als der „Figaro" die blamablen Eröffnungen aus Kopenhagen brachte, wie sie die Köpfe hängen ließen und sich vor dem Zorn deS Gewaltigen fürchteten! Kein Mittel wurde un versucht gelassen, um die Vorgänge vor ihm zu verheimlichen. DaS ist ihnen allerdings nickt gelungen — in ihrer wahren Gestalt aber hat der Zar sie bis zum heutige» Tage noch nicht gesehen. DaS ist ein Vorlbeil, den sic auSzunutzcn ver stehen werden. Ihren Minirarbcitcn und Kabale» gegenüber wird die mit offenem Visir, mit soldatischer Geradbcit und Offenheit vorgcbcnde deutsche Diplomatie eine» schweren Stand so lange haben, bis wieder ein Mgji» den M»tb und die Kraft findet, da« Netz von Jntrigiicii zu zerreißen, da« den Zaren umgicbt. Fassen wir unsere Ansicht nochmals kurz zusammen, so lautet sie: Gewiß ist es freudigst zu begrüße», daß Zar Alerander mit der kaiserliche» Familie das Fest beim deutschen Bot schafter bestickt bat, und gewiß ist cS berechtigt, Gutes von diesem Schritte für die zukünftige Gestaltung der nachbarlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland zu er hoffen. Der Zar selbst verdient hei seinem offenen und geraden Charakter volles Vertrauen. Aber wir möchten dringend davor warnen, sich zunächst schon zu großen Hoffnungen hin- zugeben. Warten wir ab, ob diesem ersten Schritte weitere folgen werden; jedcnsall« ist die ganze Sachlage noch nicht darnach angetdan, Deutschland den ersten Schritt zur all gemeinen Abrüstung anzuratben. „loujvur» eu veckotte!' — das ist auch heute noch der beste Ratbschlag, den wir Deutschen in Rußland unseren Landsleuten in Deutschland geben können. Deutsches Reich. «z. Berlin, 13. März. Die Gründe, welche Herrn v. KoscielSki bewogen, sein Reichstag« Mandat nieder- zu legen, werten nicht genannt. Seine Freunde befleißigen sich vielmehr einer gewissen Grbeimnißkrämcrei. Sie dürsten aber kaum etwas zu verrathen haben Der Entschluß des Poleosührer« erklärt sich ungezwungen au- der politischen Lage. Dir Polen haben so viel erreicht, daß ihr Appetit nach mehr bis zu einem Grad« gcstSigerl ist, wie ihn eia Man» von der Vergangenheit und den Beziehungen de« Herrn v. KoScielsti nicht nicbr zu stillen vermag. Wir baden Taafse'sche Politik gemacht und dürfen uuS daher nicht wundern, wen» der polnische Rieger geht, um den polnischen Gregr und Herold Platz zu machen. Wie weit die Dinge bereits gediehen sind, zeigt die Tbatsache, daß Gras Batlestrei», der vor »och nicht zwei Jahren die polnische Agitation iu Lderschlesicn aus daS Entschiedenste verurtheilte, sich jetzt znm Wortsührer eben dieser Agitation gemacht bat. Der polnische Edelmann tritt zur Seite, der deutsche Gras schließt ich, um nicht umgeraiint zu werde», dem vorwärtsdrängen den Hausen an. Die Schwarzenberg »ind Harrach bade» eben so gut ihr rcichSbcutsches Gegenstück, wie lue Rieger und Herold. Man wird voraussichtlich von persön licken Zusamnicustößcn erzählen, aber wenn Herr v. KoScielSki, was möglich ist, solche gehabt bat, so sind es nur Symptome des Zustandes, den die Rcgierungspolitik ui den ehemals polnijcbcn LandeStbeilcn bcrbcigcsührt bat. Die Polen sind chon zu weit „versöhnt", um eine» Führer zu dulden, der in dem Verdacht ausrichlizcr Staatstrcue stetst und nach ikrcr Meinung die polnischen Stimmen zu billig verlaust. Man giebt ibneii polnischcu Sprachunterricht, sie verlangen polnische Unterrichtssprache, mail bildet Regimenter von Pole», sic werden polnische Rcginicntcr mit polnisch sprechenden Ofsicicren und Untcrossicierc», polnische Beamte nnd Gymnasien ordern. Und gegenüber einer Regierung, welche die Ein silbriing des polnischcu Sprachuuierrichteö mit dem „Interesse des Deutschtbums" begründet, scheint die- Alles und noch mehr nickst zu viel verlangt. Die Hoffnung, daß die „lieber bolnng" des Herrn v. Koseielski den maßgebenden Kreisen Berlins zu denken gebe» werde, hegen wir nicht. 11 Berlin, 13. März. Wenn angesichts de« entschiedene» Widerstandes, aus welchen im Landtage der Gedanke stößt, die Unterhaltung der Volksschule ohne gleichzeitige Ordnung der inneren Entrichtung derselben neu zu regeln, zunächst wenigstens von der Vorlegung eines Schnldotalions Gesetze« abziisehen sein wird, so stehen die gleichen Schwierigkeiten doch einer gesetzlichen Ordnung des Lcbrer-BesoldungSwescnS nicht entgegen. Denn diese berührt, wie die Gesetze über die Pensio nirung und Rclictcnvcrsorgnng der Lehrer beweisen, die strittigen Fragen der Abgrenzung der Einwirkuug der Kirche auf die Schule nicht. Die Dringlichkeit eines solchen LehierbrsoldungSgeietzeS wird nickst in Abrede zu stellen sei». Tie jetzige Ordnung der Dinge weist zahlreiche iui Interesse der Schule wie der Lcbrer gleichmäßig unerwünschte Härten und Ungleichheiten aus, deren Beseitigung tbcits, wie in Hannover, durch positive Gesetzcovorschrisleu, tbeilö durch die Leisluugsschwäche zahlreicher Scdulverbände und die Unmöglichkeit einer weiteren Erhöhung der staatliche» Aufwendungen für Zwecke der Volksschule vertundcrt wird. Neben der Abänderung de» cnizegcnslehentcn positiven Gesetzes Vorschriften wird cs zur Abbitse der bestehenden Mißstände vor Allem darauf ankommcii, daß die verfügbaren Mittel deS Staates stets nur auf die bedürftigsten Stellen vertbeilt werden und die zur Zeit »och nnbcsr iedigten Bedürfnisse dadurch Berücksichtigung finden, daß die ersordcrliche» Mittel durch Ein ziebung oder Kürzung der zurZeit Minderbetürstigen zusließendcn iLtaatSgelder gewonnen werde». Die Lösung der so überaus schwierigen Frage der LcistnngSunfähigkcit bczw. Leistung« sädigkeit stetst daher im Mitlelpunete des gesetzgeberischen Problems. Im E">>nSmi»istcriu»l sind bereits eingekeilte Vorarbeiten für eine gesetzliche Regelung der Materie fertig gestellt worden Man dürste dabei an den in der vor jäbrizen Novelle zum LehrerpensionSgesetze burchHeführteii Gedanken der Bereinigung aller Schulverbände zu BezirkSeassen angeknupst haben Aber über dir Vor arbeiten ist man noch nickt hcrauSgelommen. Die Beschluß fassung auf Grund derselben sielst »och aus. * Berti», 13. März. Ter schweizerischen „N. Zürcb. Ztg." wird zur „Kladdcradat sch"-Angelegenheit von hier geschrieben: „Die ganze Geschichte bat sich allmäklüi' zu einem Scandal ausgewachsen, der stark a» Pariser Bor bildcr erinnert, wie überhaupt etwa« von den politischen Sitte» unserer lieben Nachbarn an der Seine so ganz langsam in unserem politischen Leben sich bemerkbar macht. Man brauckn darüber keinen Schreck zu bekomme». Die Entwickelung nach der Richtung hätte sich naturgemäß schon früher vollzogen, wen» nicht Bismarck mit seiner Persönlichkeit übermächtig sie rurückgedämml hätte. In der Zeit der Telegraphen, der Eisenbahnen und der Druckcrprcssc, also des verstärkten per sönlichcn und geistigen Verkehrs, nimmt jedes Volk um so leichter etwas vom Nachbarvolk«: an, wenn nicht ungewvb» licke Schranken dazwischen liegen Da haben wir znm Beispiel neben dem „Kladdcradatsch"-Scandal augenblicklich noch eine Eanipagnc von Jntrigucii um die Stellung von Caprivi, Miguel und anderer Minister, wobei bobe Würden träger» Hofschranzcn, Parlamenlaricr und Partei-Jour nalisten so lustig ihre Minen und Gegenminen aus springen lasse», daß man wirklich glauben lönnte. man sei in Pari-, Nom oder London, wo das Ministerstürze» doch ein weit üblicheres politisches Geschäft ist, als biSber in Berlin. Ich vergaß ganz, zu erwähnen, daß natürlich mit dem „Kladderadatsch"-Scandal wieder der Name Bismarck in Zusammciidaiig gebracht wird. DaS versteht sich eigentlich ganz von selbst, kenn die Zabl der Gläubige» ist noch stets unvermindert, die in Deutschland keinen Ziegel vom Dach fallen sehen, ohne sofort die Hand Bismarck s dahinter zu wittern." O.Il. Berlin, 13. März. (Privattelegramm? Das von einem hiesigen Eorresxondeisten auswärtiger Blätter wieder vusgcwärmte und von diesen Blättern hierher zurück gemelde Gerücht, SlaatSministcr k>r von Borttiiher habe seine Entlassung cingercicht, ist vollständig unbc gründet. Dasselbe gilt natürlich von dem weiteren Gerüchte, daß der Oberpräsideut Nasse in Eoblenz zum Nachfolger deS Herrn vo» Boetlichcr auSersehcn sei und dieser da- Ober Präsidium der Rheinprovin; erhalten werde. V. Berlin, >3. März. (Telegramm.) Die Meldung einiger Blätter, daß der G»ostknrft-Tdronk«>,er von Nuß tan- am Sonnabend zur Revue der Kaiser Alexander- Grenadiere hier emtreffen werde, »st unrichtig und offenbar
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