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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.03.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-03-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940315026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894031502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894031502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-03
- Tag1894-03-15
- Monat1894-03
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Rosebery eine sehr kritische gewesen und der Premierminister balle die Vertrauensfrage stellen müssen. Die Gefahr de« Sturze-, der wahrscheinlich zugleich da« Wiedererscheinen Salisbury« bedeutet hätte, ,st also noch rechtzeitig be» schworen, aber sie kann und wird wiederkommen. Ob sie sich dann ebenso glatt wird abwenden lasten, darf billig be zweifelt werden, denn da- Eine hat Labouchöre dock erreicht, daß Harcourt für da« neue Cabinet hat offen Farbe be- kennen müssen. Die Karten sind vrrrathen, und weder die Homeruler noch die Radicalen dürften Lust haben, noch lange mitzuspielen, nachdem sie gesehen haben, daß Rosebery es nicht eben eilig hat, seine Trumpfe gegen Oberhaus und Unionisten auSzuspielen. Beide irische Fractionen sind empört über die rein »platonische Grnugthuung", die Rosebery ihnen gegeben, sie halten fortwährend MißtrauenSconferenzen ab, was nicht dafür spricht» daß sie auch in Zukunft die treueste Stiche de« liberalen Cabinet« sein werden, und der Arbeiterkreise hat sich eine große Unzufriedenheit bemächtigt, weil weder in der Thronrede noch in den Erklärungen de« Premierministers von der Lage der Arbeiter die Rede ist. Soviel steht fest, die ministerielle Mehrheit ist erschüttert, nachdem sie gleich bei der ersten Abstimmung nur mit Hilfe der conservative» Opposition z, erzielen gewesen ist. Diese Erfahrung mag den alten englischen Parteien Anlaß zu etwas weiter schauender Überlegung geben. Immer offener nämlich tritt in die Erscheinung, daß auch aus englischem Boden der über» lieferte Schematismus der alten, geschichtlich entwickelten Parteiorganisation sich überlebt hat, daß nach dem alten einfachen Recept des AlternirenS von conservatrven und liberalen Regime« nicht ferner acwirthschastet werden kann, sondern daß neue Mittel und Wege gesunden werden müssen, die Stabilität der politisch-parlamentarischen Einrichtungen ru sichern. DieConservalivrn suchen dirseSZiel be kanntlich mittelst konsequenter Durchbildung des ReichSgedankenS zu erreichen, während Gladstone und nach ibm Rosebery daö deceutralifirende Princip zum leitenden GcsichtSpunct ihres Programms erboben haben. Sie trauen offenbar dem Reichs- gedanken auch ohne besondere Pflege Kraft genug zur Ueber- windung zersetzender Einflüsse zu. Das blinde DrausloS- gehen der Radicalen und Iren scheint aber doch darzuthun, daß die Kühlung des leitenden Staatsmannes mit den nach links aravitirendea Elementen der Gladstoneschen Unterhausmehr' heit noch nicht enge genug ist, brrw. daß Harcourt die Lenk barkeit dieser Gesellschaft überschätzt hat. Die Durchführung einer Aufgabe aber, wie Lord Rosebery sie sich gestellt hat, ist nur möglich unter der Voraussetzung einer wahrhaft eisernen Parteidisciplin, die nicht gleich in einem unbewachte» Augenblicke in die Brüche gehl. Deutsches Reich. 8«. Berlin, l4 März. Der Reichstag hat, wie vvrauS- zusehcn war, den Antrag der Budgetcommisston, für das Kaiser Wilhelm-Denkmal ein für alle Mal 4 Millionen Mark zu bewilligen, mit großer Mehrheit angenommen. Die Erklärung des Herrn v. Bötticher hinsichtlich weiterer Forderungen war kaum bestimmter, als die in der Commission abgegebene. Unter dem durch die Geschichte dieser Angelegen heit gebotenen Borbehalt geben wir eine uns zukommeude Nachricht wieder, wonach der Kaiser bei dem Diner des Kinanzminister« l)r. Miquel erklärt habt, sich mit 4 Millionen begnügen und die Ausarbeitung eines dem Minderauswand entsprechenden ProjectS anordnen zu wollen. U verttn, l4. Marz. Gerüchte über angebliche Ber- änderugen in den höchsten Stellen der Reichs und Staatsverwaltung tauchen seit einiger Zeit immer wieder aus, um in jedem einzelnen Falle alsbald ein Dementi hervorznrufen. Neuerdings ist u. A. die Behauptung ver breitet worden, daß der StaatSsecretair Herr v. Bötticher amtSmüde geworden sei und durch den Oberpräsidenten der Rheinprovinz, Herrn Nasse, ersetzt werden solle. Letzteres ist nur die Aufwärmung von Gerüchten, welche vor etwa 14 Tagen an dir Thatsache aiiknüpftcn, daß Ober präsident Naffe in Berlin anwesend war und vom Kaiser empfangen worden ist. Jene Thatsache findet ihre ein fache Erklärung in dem voraussichtlich noch in der lausende» Landtagssession zur Vorlage gelangenden Plan eines Canals von Dortmund nach dem Rheine. Auch ist jene Be hauptung alsbald wieder demcntirt worden. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß eS nicht im Interesse der All gemeinheit liegt, wenn Gerüchte und Behauptungen dieser Art verbreitet werden, die trotz ihrer Berichtigung doch immer erneuert werden und den Glauben an die Festigkeit und Stetigkeit unserer Zustände zu schwächen geeignet sind. Forscht man aber nach der Quelle dieser schädlichen Gerückte, so wird man freilich ausnahmslos finden, daß sie aus gewisse parlamentarische Correspondenten zurückzuführen sind, welche das, was ihnen in den Foyers der parlamentarischen Körper schaften zugetragcn wird, weiter verbreiten, ohne zu einem kritische» Urtbeile im Stande zu sein, und welche auch nicht mit Sicherheit zu beurtheilen wissen, ob sie das Opfer eines FoyerscherzeS sind oder gar sich zum Werkzeuge einer politischen Intrigue machen. * verlt», 14. März. An der Berliner Börse wird wieder einmal ein verwerfliche« Spiel mit teodenzivseo Gerüchten getrieben, die sich mit dem Gesundheitszustände de« Kaiser« beschäftigen. Diesen Gerüchten fehlt, wie dem „Hambg Eorr.* au» bester Quelle bestätigt wird, jegliche thalsächliche Unterlage. Man wärmt die alte Fabel von einem Ohrenleiden de« Kaiser« auf, das einen operativen Eingriff »öthig mache; thatsächlich hat der Kaiser seit vier Jahren keine» Ohrenarzt gesprochen. Er bewegt sich unausgesetzt im dienstlichen wie im gesellschaftlichen Verkebr vor aller Ocffentlichkeit; seine Spazierritte und Spaziergänge geben Jedermann, der sich in der ReichSbaupistadt befindet, Gelegenheit, zu sehen, welcher uneingeschränkten Frische und Rüstigkeit er sich erfreut. Werden in gewissen Kreisen der Berliner „Gesellschaft" ander« lau tende Gerüchte vertrieben, so handelt eS sich um einfachen Klatsch, der in einer Zeit politischer Erregung wie di« gegen wärtige dazu dient, daß Leute, die gern wichtig thun, etwas zu zischeln und mitzutheilen haben; eS ist verwerflich, wenn solcher Klatsch von Börsenblättern zu unlauteren Zwecken auSgebeutet wird. — Bezüglich der MandatSniederlegung des Ab geordneten von KoScielSki hatten wir von einem dem Krakauer „CzaS" auö Berlin zugegangenen Telegramm Notiz genommen, in welchem eS beißt: „Tie polnische Fractivn deö Reichstage« erklärte sich in ihrer gestrigen Abendsitzung gegen den Credit für die Panzerschiffe. l)r. von Iazdzewski nannte diesen Beschluß die Antwort aus die Erklärungen Bofse S in der Angelegenheit der polnischen Sprache. Infolge dessen legte Herr v. KoScielSki sein Mandat für den Reichstag nieder." Hierzu wird der „Germania" vom Abg. vr. v.IazdzewSki geschrieben, daß der „CzaS" falsch berichtet worden ist, denn ein solcher Beschluß sei in der Fraction überhaupt nicht gefaßt worden, und eine Aeußerung, wie die ihm zugeschricbene, habe er weder in diesem noch in in einem anderen Zusammenhang gethan. — Tie „Nordd Allg. Zig." schreibt: „Die „Times" vom 6. d. MtS. veröffentlichen einen Schriftwechsel zwischen einem deutschen Kaufmann in Zanzibar und dem Vertreter der Britisch'Ostafrikauischcn Gesellschaft in Mombasa, wonach der deutsche Kaufmann sich erboten bat, ans Mombasa 1000 Sclaven freizukanfen und nach Madagaskar auS- zuführen. Die Britische Antisclavcrei Gesellschaft knüpft hieran die Bemerkung, daß die deutsche Regierung Maßregeln er greifen sollte, um derartige Anwerbungen zu verhüten. Die Britische Gesellschaft geht anscheinend von der Voraussetzung au», daß die deutschen Reichsangehörigen in Mombasa ver deutschen Gerichtsbarkeit unterstehen. Das ist indessen nicht der Fall. Für die Controle von Arbeiteranwcrbunge» in Mombasa würden vielmehr die "britischen Behörden Sorge zu »ragen haben." — Im Reiche gehören nach den amtlichen Ergebnissen der letzten Volkszählung 24230 832 dem männliche», 25 197 638 dem weiblichen Geschlecht an. Ans IVO männliche kommen t0 t weibliche Personen. Auch die übrigen Zählungen ergaben iu Deutschland einen Frauenübcrsckuß; es standen nämlich >00 Männern im Jahre 1885 101,3. 1880 103,9, 1875 103,6 und 1871 103,7 Frauen gegenüber; das Verhältniß hat sich also kaum geändert I» den einzelnen Staate» und LandcSthcilen hat da« GeschlechtSvcrhaltniß ebenfalls nur geringen Schwankungen unterlege». In manchen Gebiets- theilen liegen die Verhältnisse aber anders. Vor Allem ist in der Stadl Berlin, wo anf 100 männliche Bewohner 1871 98 und 1875 99,1 weibliche kamen, seither an die Stelle des Männer-UeberschusseS ein vergleichsweise nicht unbedeutender Frauen-Ueberschuß getreten: 1880 kamen in Berlin ans 100 männlicke schon 106,8 weibliche Bewohner, 1885 108,2 und 1890 107,8. — Die Besprechungen über die Ausnahmen von der Sonntagsruhe in der Zuckerindustrie werden am 20. März statifindcn. Dann soll, der „Post" zufolge, die Papier- und Cellulosefabrikation, demnächst die der Felle und Oele an die Reihe kommen. — Eine anerkennenSwerlhe Neuerung bat der preußische Eisenbahnminister angeordnet; sie besteht darin, daß die Ermittelung de« voraussichtlichen Wagcnbedarfs für die nächste VerkebrSperiode innerhalb der zu den einzelnen Gruppen des StaatöbahmWagcn-VerbandeS gehörigen Ersen- bahndirectionSbezirke im Wege mündlicher Verhandlungen mit Vertretern aller betheiligten Industrie- uud Handels zweige stattzufinden habe. — Das Abgeordnetenhaus erledigte heut« einige kleine Gesetzentwürfe. Die Vorlage über da« Ruhegehalt der Lehrer und Lehrerinnen an den öffentlichen nicht staatlichen mittleren Schulen wurde unverändert angenommen. In einer Resolution wurde die Regierung ausgesordert, die Pension-- und Relictenverhältnifse der an öffentlichen nicht- staatlichen höheren Lehranstalten angcstellten Lehrkräfte ein heitlich zu reaeln. Auch der Gesetzentwurf, betreffend Ab änderung de« Berggesetzes wurde unverändert angenommen. Sodann wurden Petitionen erledigt. Morgen zweite Be- rathung der Secundairbahnvorlage. — Die Commission des Abgeordnetenhauses für die Vor lage über die Gewinnung vonKali-und Maguesiasalzeu hat heute ihre Arbeiten erledigt «ad den Gesetzentwurf, unter Au-schluß der Provinz Hannover, angenommen. — Ueber den Berlauf de« Festmahle« beim Finanz- minister schreibt die „Boss. Ltg." u. A. wörtlich: „Der Kaiser war bei allerbester Stimmung, zeichnete mehrere Anwesend«, namentlich Gegner de« russische» Handel«, vertrage«, durch freundliche und scharf ironische An sprachen au« . . ." — Der preußisch« Gesaudt« in München, Gras zu Lulea- barg, hat einen ihm bewilligten kurzen Urlaub angetreten. — Im „Vorwärts" ist zu lesen: „Für da« Krieg-Ministerium ist die Bestimmung erfolgt, daß ein Jeder, «elcher nicht direct im Ministerium angesiellt ist, durch eiae Milttair-Ordonnanz zu begleiten ist und zu seinem anaegebenell Ziel begleitet wird. Die Ordonnanz wird durch den Lastella» heroeigerusen. Früher suchte man sich bekanntlich selbst da« Zimmer de- belressenden Herrn aus, den man zu sprechen wünschte." * Ktek, 14. März. Die Marineverwaltung läßt aus der kaiserlichen Werft eine Zerreißprobe de« vom „Vulkan" für die Maschinen der »Brandenburg" gebrauchten Material- vornehmen. * Hamburg, 14 Miirz. Dle Bürgerschaft wühlte in ihrer heutigen Sitzung den bisherigen Präsidenten Siegmund Hinrichsen wieder zum Präsidenten der Bürgerschaft für das Jahr 1894 95. -r- Alteuburg, 14. Mürz. In der zweiten Plenarsitzung de« Landtags wurde die Regierungsvorlage über eine nolhwendig gewordene Steuerverwilliguug aus Antrag des Abg. Herr mann wieder von der Tagesordnung abgeletzt, damit die Berathung nicht überhastet werde. Zur Mobiliar-AuSstattung de- neue» Minislerial» und Landschastsgebäude«, dessen Baukosten eine Million betragen, wurden 30 000 ./» bewilligt. Einzelne Gemeinden erhielte» Staat-- Unterstützung zu Kirchen- und Brückeubaulen, sowie zur Wieder- Herstellung der Saale-Ufer. Eine Anfrage des Abg. Donath, ob dle Regierung eine Revision der im Lande bestehenden Städte- Lrdnnngea beabsichtige, konnte vom Staaisrath v. Borries nicht mit Bestimmtheit beantwortet werden. * Volttivg, 14. März. Der Großherzog vou Hessen ist zum Besuch am hiesigen Hose eiiigelrossea. * Tltt iiistadt, 14. März. Die Zweite Kammer genehmigte die Ausnahme einer Anleihe vou 3 850 000 für Zwecke der Lanteücreditcasse. Q Etuttgart, 14. März. Die 85 Kläger gegen die Ccntral-Invalidencasse der Buchdrucker inLiq., die mit ihrer Klage auf Anerkennung ihrer Mitgliedschaft resp. HerauSzablung der geleisteten Beiträge und Sicherstellung ihrer Forderungen vom Landgericht abgewiescn worden, haben Berufung eingelegt. Die Verhandlung findet im Juni vor dem hiesigen OberlandeSgericht statt. * Ttrnijburg t. 14. März. Der LandeSauSschuß nahm heute in dritter Lesung den nächstjährigen Etat an. Er balancirt mit 56 752 000 ^ * München, 14. März. Die Abgeordnetenkammer nahm in erster Lesung die Ergänzung des PolizeistrafgesetzbncheS zur Ermöglich»»»-; deS Verbotes des Verkehrs ausländischer Brieftauben in Bayern an. Der Minister thcilte mit, eS sei jüngst in Westbaycrn der Versuch gemacht worden, fünf tausend ausländische Brieftauben anszulassen. Oesterreich-Ungarn. * Wien, 14. März. Das Abgeordnetenhaus nahm heute dle Regierungsvorlage, betreffend die Wiener BerkehrSa »lagen, an. Weiter theilte der Finanzminister Or. v. Plener mit, daß im Laufe de- Sommer- eine Commission, bestehend auS Berlrctern sämmtticher Ministerien, zusannnenireten werde, um eine Vorlage wegen Neuregutirung der Bezüge der Staatsbeamten anSzuarbeiten. Er hoffe, den bezüglichen Gesetzentwurf im Laus« des nächsten Jahres dem Hause unterbreiten zu kämien. *Wten, 14.März. Die Mißstimmung der städtischen Feuerwehrleute ist im Wachsen begriffen, falls der Ge meinderath den Forderungen wegen Verbesserung der materiellen Lage nicht baldigst gerecht werden sollte. Dieselben sind fest entschlossen, in einen Streik cinzutreien. — Aus die Erklärung der Direktion der Neuen Wiener Tramway-Gesellschast, daß die Streikenden entlassen werden sollen, kam es beule Vormittag zu bedenklichen Aus schreitungen. Anf der Strecke der Meidling-Mariahilfer Straßen wurden die Fenster der dort verkehrenden Wagen eingescklagen und auf anderen Strecken die Wage» nmgcstiirzt. Die Kutscher wurden geohrseigt und die Weiber der Streikenden rissen die Borreiter von den Pferden und jagten dieselben mit Besen in die Flucht. Der Verkehr mußte fast vollständig sistirt werden. * Abbazla, 14. März. Das Wetter hat sich gebessert, so daß die Kaiserin bereits Promenaden unternehmen konnte. Neuerdings drückte dieselbe ihre Zufriedenheit über den Aufenthalt i» Abbazia auS, und e- verlautet, daß die hohe Frau länger als ursprünglich geplant, möglicherweise sogar drei Monate, hier verweilen werde. * Abbazta, 15. März. (Telegramm.) Die Kaiserin machte gestern mit dem Kronprinzen oyne vorherige An sage ans dem „Moltke" einen Besuch. Da die Geschütz- mannschast an Land war, konnte daS Salut nicht gegeben werden. Der Kronprinz überbrachte die sonst auf der Villa gehißte Kaiserstandarte, die nun auf dem „Moltke" aufgezogen wurde; er bezeigt« lebhafte« Interesse für jeden Schiss-theil und ließ sich Alle» genau benennen. Ein Schiffsjunge, d«r gerade mit dem Boot angerudert kam, wurde von der Kaiserin, welche denselben von Kiel au« kennt, gefragt, da« Rudern mache wohl viel Müh«, worauf der Junge antwortete: „Rudern ist gesund, Majestät!" Für die Ankunft des Kaiser« wird ein große« venetianische« Nachtfest geplant. * Prag, 14. März. (Mrva-Proceß.) Der Mitange klagte Zicek leugnet die Mittbäterschaft an der Ermordung de« Mrva und erklärte, an der Verbreitung de« jungtschechischen Manifestes unschuldig zu sciu. Da« Verhör der Angestagten wurde hieraus geschloffen und mit dem der Zeugen begonnen. Frankreich. * Pari«, l4. März. In der heutigen Plenarsitzung der SanitätSconfercnz erstattete Pagliani über die Sanitätspolizei am Rothen Meer Bericht. Man laubt, daß die Conferenz ihre Arbeiten noch vor Ostern eendigen wird. — Heute früh wurden S Anarchisten verhaftet. * Parts, 15. März. (Telegramm) Au« BSsanxon wird gemeldet, daß hier große Erregung herrscht infolge einer anonymen Verdächtigung, durch die bei einem pensionirten Haup tmann Haussuchung nach anarchistischcnSchriften vorgenommcn wurde, die ergebnißloS verlief. Mau ist über das Vorgehen der Polizei sekr erbittert. Belgien. * Brüssel, 14. März. Wie das „Journal de Bruxelles" meldet, ist der König, welcher auf dem Schlöffe Ciergnon (Provinz Namur) weilte, heute nach San Remo abgereist. Großbritannien. * London, 15. März (Telegramm) Der Etat de« Kriegsministeriums für !89t'S5 veranschlagt die Aus gaben auf 18 810 000 L gegen 17 802 900 L im Vorjahre. Italien. * Nom, 14. März. Der Geburtstag des König» wurde im ganzen Lande festlich begangen. Der König hielt eine glänzende Parade ab und wurde lebhaft begrüßt. * Ron», 14 März. Deputirtenkammer. Der Krieg«, minister Moceuni erklärte, eine österreichische Firma habe ein Angebot auf die Lieferung von Gewehren für die italienische Arinee mit kurzer LieserinigSzcit gemacht: er habe dar Angebot jedoch nicht beantwortet und nchine eS auch ohne Zustimmung LeS Parlaments nicht an; er werde niemals etwa- zum Nachiheile der italienischen Arbeiter uud der nationalen Arbeit unternehme». * Rom, l5. März. (Telegramm.) In politischen Kreise» sängt man an, über die Langsamkeit, mit welcher die Arbeiten der beide» parlamentarischen Commissionen gefördert werden, heftig zu murren. Man wirft der Kammer vor, daß sie nickt genügend Energie besitze und beschuldigt dieRcgierung,dieLösu»gadsichll>chhinauSz»schiebcn.Ein baldiger Bericht wird bringend von derselben erwartet. — Der „Italia" zufolge soll sich die Polizei aus der Spur der Urbeber des Bom b enatte» ta leg aus dem MonteCitorio befinden. Es sei festgestellt, daß der Wachszüiidbvlz-Verkäuser, der Zeuge deS Attentates war, mit einigen Individuen gesprochen hat, welche das Kistcken mit der Bombe trugen. Diese Individuen hätten den Verkäufer dafür bezahlt, daß er das Kistchcn vor dem Kammergebäude »icdcrlege. lieber diese Umstäude soll ein Anarchist Angaben gemacht haben. Bei diesem und anderen in der letzten Nacht verhafteten Anarchisten wurden Papiere über eine anarchistische Verschwörung und über den Plan eines Attentates in Rom vorgefuuden. Eines der verhafteten Individuen wurde (wie schon berichtet. Red) von dem Zünd holzverkäufer erkannt. * Turin, 14. März. Kossuth verbrachte eine schlaflose Nacht mit leichter Pnlsschwächung und mit iu kurze» Zwischenräumen aus einander folgenden Delirien. Spanien. * Madrid, 15. März. (Telegramm) Im gestrigen Ministerrath wurde über die Einberufung der CorteS be- rathen. Der Zeitpunct derselbe» ist »och nicht bekannt gegeben. Der Herzog von Taracis wurde zum Gou verneur von Madrid ernannt. Rußland« * Petersburg, 14. März. Der Berathung deS deutsch- russischen Handelö-VcrtrageS im NeichSratbe wohnte auch der Großsürst-Tkronsolger bei. l— Nach der „Polit. Corresp." verständigte die russische Regierung die Pforte davvn, daß die freiwillige Kreuzerflotte im Frühjahr 1500 Soldaten nach Sachalin und 2000 von Wladi wostok nach Odessa befördern und die Dardanellen passiren werde. Die Pforte hat hierzu ihre Erlaubniß ertheilt. * Nach einer Meldung der „Kölnischen Zeitung" aus Petersburg begiebt sich der Botschafter General v Werder heute (Donnerstag) mit kurzem Urlaub nach Berlin. Orient. * Konstantinopcl, 11. März. Die Meldung, daß zwischen Rußland und der Türkei rin Abkommen getroffen sei. „Daß Sie mir gut bleiben — das würde mich glücklich machen", sagte sie mit leiser, schüchterner Stimme. Wort und Blick treffen ihn wie eine leuchtende Ahnung Sie haben sich in dieser Stunde beide viel gegeben. 48. Capitel. Den nächsten Tag, also einen Abend vor der Vorstellung der „Lyloienne", findet das Fest der Sonsidia statt, nicht in ihrer Wohnung, das würde dem „guten Baron" nicht gepaßt haben — wenn es ihm überhaupt paßte —, aber Derartiges erfuhr er nicht, und daraus rechnete die überlegende Carola Sonsidia. Sie wollte noch einmal, »um letzten Mal — und diesem Gedanken schickte sie einen liefen Seufzer nach — sich so recht sonnen in dem noch unverblaßten Gloriensckein ihres Ruhmes, ihrer Herrschaft und Ehren, die man ihr immer noch zu Theil werden ließ, ihrer Autorität auf den Brettern, denn immer noch kamen diese oder jene ihrer Colleginnen — arme Dinger —, die sie um schriftliche oder mündliche Em pfehlungen oder Fürbitten bei dieser oder jener Bühne an gingen, und da die neue prim» ballorlv», von deren Leistungen man anfangs Wunderdinge erzäblte, nickt gefallen hatte, so behauptete sie dem ganzen Troß ihrer Verehrer gegenüber immer noch die alte, glänzcnve Stellung. Daher sollte daS Fest auch ein reckt ausgedehntes und lneullischeS sein, die Tafel sollte die auserlesensten Leckerbissen ausweisen, den ver wöhntesten Gaumen befriedigen könne». Die ehrgeizige, genuß süchtige Baronin in 8>»o wollte sich ihren Freunden nicht nur dankbar zeigen, sic wünschte auch, daß man dermaleinst sagen sollte: niemals hätte eS eine schönere, stottere und lustigere Theaterzeit gegeben, als zur Zeit der Carola Sonsidia. DaS Fest liiivet in einem Hotel statt, in welchem die Künstlcrschaai seit Iabr und Tag zu verkehren pflegt. Der wohlhabende Wirtb bat auSiiabin-wcise, „um der verehrten Carola Sonsidia willen", seine nach hinten hinanSgehenden Privatziiiinier zur Versüßung gestellt, zwei zusammenhängende große, beute Abend glanzend erleuchtete Räume. In dem ersten saalartigen Gemach ist die mit Blumen geschmückte Tafel gedeckt, das andere ist ein große-, im altdeutschen Stil eingerichtetes Zimmer mit tiefen, traulichen Nischen an den Fenstern, deren kostbare Glasmalereien am Abend freilich nicht zur Geltung kcniinen. Dagegen rcpräsentiren sich die alle», geschnitzten Dckcänkc und Trübe», die ivnnkervollc Täfelung der Wände und Decken, alte Krüge und Urnen und andere Antiquitäten und Kostbarkeiten im vollsten Glanz der licht- spendendrn GaSkronen. Eine sehr gemischte, sehr heitere Gesellschaft bewegt sich hier zwanglos umber. Es soll bald zu Tische gegangen werden, denn die Gäste müssen — die Sonsidia sieht forschend umher — gleich vollzählig versammelt sein. DaS Hauptcon- tingent bilden selbstverständlich die Jünger und Jüugerinnen Thalia« und TerpsichoreS, außerdem siebt man eine Anzahl euer tonangebenden Herren der ersten Gesellschaft, die ihre lnisormen und Fracks natürlich zu Hause gelassen haben, und damit auch, wenigstens die meisten, alle conventionellcn Pbrasc» und Complimcnte. Einige sind jedoch mit diesen so ein-, daß sie auch hier, wo Jeder thun und lassen kann, wa« er will, auswarten. Unter de» meist sehr aussällig,auch phantastisch gekleideten Damen, den Frauen der Künstler, der Schaar unvcrbciratheter Schau spielerinnen,Soubrette» und Tänzerinnen.nebt man manch'nettes Gesicht, ohne Puder und Schminke aber kein einzige-. Die alleinige Ausnahme wird Ellida Silström bilden, die ist aber noch nickt er schienen, und Fräulein Carola Sousitia bemerkt mit beißendem Spott: „DaS Fräulein hat Gutes mit mir im Siun — sie will mich Geduld lehren! Mit kokettem Wenden und Biegen de- KopfeS, dessen dunkle Haarmaffcn vom Friseur koch hinausgeschwungen sind, wendet sie sich bald z» diesem, bald zu jenem der sie umschwärmenden Herren und fährt dann fort: „Damals, als ich, wie die Sil stein» jetzt, noch nickt- war, kannte man weniger Nachsicht — ich glaube nicht, daß ich e- gewagt hätte, «ine Cclrbrität warten zu lassen." Die Stimmung der in sich selbst verliebten Kokette wird bedenklich, ihre Augen blitzen unruhig umher. Da endlich öffnet der Kellner die Thür und läßt eine junge Dame herein. Sic trägt ein wenig besetzte- elfenbeinsarbige- CrSpekleid, da« am Halse einen einfachen Ausschnitt zeigt, nicht dir tiefrnt- blößten Sckultern, wie die meisten anwesenden Frauen und Mädchen. In dem kurz gebalteneu, welligen Haare hängt wir angeweht rin blüthenweißer Zweig russischen Klee«. Sie bleibt beim Eintritt, da die Wirthin ihr nicht gleich entgegen, kommt, einen Augenblick mit suchenden Augen bescheiden stehen, bi« sie von einem sich vor ihr leicht verbeugende« Herrn a«geredet wird. Sir erkennt de» jungen Bildhauer und nimmt den dargebotenen Arm mit leisem Erröthen an, um sich zu der in der Mitte de« Saale« stehenden Sonsidia führen zn lasten. „Sie sind ganz wieder hergestellt?' fragt Relltoff und geleitet sie langsam uud vorsichtig, al« galt« e« eine Gefahr, durch da« Labyrinth der Gäste. »Ich dank« — mir geht r« sehr gut.' Wirklich, sie schaut so heiter und glänzend aus den Augen, daß er'S glaube» kann. „Wer ist da«?„ zischelt r« hier »nd dort, „was ist daS für eine Dame? — Welche Dame? — daS Mädchen dort niit dem weißen Gesichtchen und den leuchtenden Angen? — Die neue prima dalleriua — ja — richtig", so gebt ta- nun hin und her, die Meisten aber erkennen Ellida Silström nicht. „Ich habe gelesen, daß Sie morgen wieder auftreten?" bemerkt Relltoff. „Ja", Ellida blickt zu ihm aus, „glauben Sie, daß Fräulein Sonsidia - Fest sich bi« in die Nacht hineinzieht?" „Bis zum frühen Morgen ganz sicher, so wenig wünschenS- wrrtb Ihnen da« sein mag. Ich begreife da«." „Glauben Sic", fragte sie vertrauensvoll wieder, „daß ich mich früher zurückzichen darf — unbemerkt vielleicht?" Er kann e« nun doch nicht unterlassen, ihr, die ibn ent zückt — in jeder Beziehung entzückt, denn Relltoff ist kein abgestumpfter RouL —, etwas Freundliche» zu sagen. „Ich würde e« Ihnen nicht rathen — eben weil e« nicht unbemerkt geschehen kann." „Aber da« glaube ich doch." „Entbehrt würden Sie immer werden." „Sir denken sehr aut von mir", lächelte sie freundlich. „ES ist so natürlich", murmelte er, und dann muß er sie leider abgeben, den» einige Secunden weiter da umschwirrt sie da« Heer der gaffenden, schwatzenden Künstler und Cavaliere. Wer möchte nicht gern mit Ellida Silström sprechen. Sie lernt heut« sämmlliche Freunde und Bekannten Werner«, sämmtliche Eingeweihte de« KioSk kennen. Die Sonsidia hat sich zusammeiigrnommrn und verbirgt ihre Mißstimmung, sie begegnet Ellida sehr zuvorkommend — um de« „reizenden CavalierS", um Herr» vou Hochstedt'« willen. Kaum hat dieser, von einer entfernten Nische aus, der kleinen Silström Eintritt bemerkt, so sucht er auch sogleich in ihren Gesichtskreis zu kommen. Der „verliebte Relltoff" — Werner ist ganz erbost aus ihn — ist ibm leider schon zuvorgekommen. Nun, er kann diesen Abead Zeuge seiuer — Werner'« Bevorzugung werden. Da« reizende Marcheu ist nun auch seine Tischdame. Relltoff hat schräg gegenüber srio Gedeck erhalten. Ja der Tbat sind die Plätze derart einaerichtet und Frau lein Carola Sonsidia — „welche Ebr« für di« Silström", zischeln neidische Colleginnen — sitzt ter schwedischen Tänzerin, die morgen vielleicht FiaSco machen uud bald übrrflüsfiaseiu wird, gegenüber. Ganz am unteren Ende der Tafel ist dir von der Sonsidia zum erste» Mal« mit einer Einladungbeehrte Edith Honnegger placirt worden. Sie weiß selbst am besten, weshalb sie dieser Beachtung und Auszeichnung für würdig befunden ist. Das hängl Alle- mit dem Lieutenant v. Hochstedt und Fräulein Ellida Silström zusammen. Wie stolz, wie unendlich dankbar und fröhlich sie sich suhlt, voll Mulh und Hoffnung für die vergötterte Ellida. Sie zweifelt nicht mehr daran, daß ihre, Gottlob endlich befolgten Ratbschlage gute Früchte tragen werden. Jetzt ist denn dieses „thörichte Kind", wie sie Ellida nennt, im Mittelpunkt der Interessen aller jener für das Theater bedeutsamen Persönlichkeiten, und wenn sie erst bei dem jungen Herrn von Hochstedt die Stelle der ver storbenen Ottilie Nolda einnimmt, eine vielleicht noch intimere — eS schwindelt Edith Honnegger bei dieser Vorstellung, deren Verwirklichung ihr gar nickt so unwahrscheinlich verkommt, denn ist die ihr nur wenig svnipatbiscke Sonfiria etwas Anderes, Besseres, als die liebliche Ellida Silström? Ganz gewiß nicht. Und die Sonfiria wird dock in Kurzem eine vornehme Baronin. Freilich der Gatte i» spo sab etwa- ander« aus, al« der junge Hochstedt mit seinen braunen, blitzenden Angen und der prächtige» Gestalt, die er so gefällig zu tragen wußte. Dieser war schön und jung, der Baron dagegen schon bei Jahren — nun, die Sonsidia war'S ja auch — der Baron batte eine peraameutartize Gesichtsfarbe und eine schwammige Nase mit vielen rothen Aeterckc», die eS verriethe», daß er anf gutem Fuße mit dein Weinbändlcr stand, er batte eine boye, leere Stirn, aus der die Haare zu zählen waren, und ein kleines Unlergesicht, ein dünnes zuruckstebeiideS Kinn »nd langgezogene, haltlose Züge um Mund und Nase. Immerhin durch seinen Reichtbum eine brillante Partie für die ver schwenderische und darum verschuldete Sonsidia. Der junge Hochstedt, wenn auch kein Baron und vielleicht nicht ganz so reich, war für die süße, kleine Silström wahrlich keine schlechtere. Edith HonnegaerS schivungkräftige Phantasie malt sich während de- ganzen Abend-, zwischen Lachen und Scherzen, beim Genuss« der ausgesuchtesten Speisen und de« reichlich zuge- sprochencn Seele« — eben deshalb vielleicht lebendiger — die schönsten Zukunftsbilder au-, in denen ihre Person natürlich auch eine Rolle übernommen hat. Aber auch der anvrren Gäste Phantasie wird genugsam angeregt, nicht allein durch die Weine de« „guten BaronS", der etwas von seinen Marken verstand, sondern auch durch die mitgebrachte, von den ver schiedensten geselligen Talenten nnterstützlc Frohlaune Vieler. E< herrscht der freieste, übermüthigstc Ton und sortwahreude Abwechselung iu der Unterhaltung. (Fortsetzung folgt.)
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