die neue, höhere Stufe der gesellschaftlichen Ordnung, des menschlichen Verhaltens; aber andererseits zeigt sich seine - aus den Be dingungen der deutschen Entwicklung erwach sene - Begrenzung: die leichtgläubige Naivität, die dem Betrug Tür und Tor öffnet, die Enge, die Beschränkung des Blickfeldes auf die »eigene Stube«. Nur deshalb kann die doch recht plumpe Intrige, ihr eigentliches Ziel verfehlend, zur tragischen Zerstörung führen. Es geht hier nicht um Theaterkritik, nicht um Ein zelleistungen, nicht um Feststellung dessen, was erreicht ist und dessen, was noch ungelöst geblieben sein mag. Es geht um grundsätzliche Erkenntnisse. Das Schillerjahr 1959 hat bedeu tende Ergebnisse für die wissenschaftliche Klä rung des Gesamtwerkes von Friedrich Schiller gebracht. Doch nur, wenn es den Theaterschaf fenden gelingt, diese Erkenntnisse künstlerisch umzusetzen, das literarische Werk zum Bühnen erlebnis zu machen, kann das große Ziel er reicht werden: den Dichter zum Allgemeinbesitz unserer Zeit, unserer Menschen werden zu lassen. Das letzte Wort hat dabei die Bühne. Wird sie, wie hier, ihrer Aufgabe gerecht, dann erweist sich die immer neu erregende, die unsterbliche Kraft und Klarheit des Dramatikers Schiller auch dem Publikum unserer Tage. Dann behaup tet das Theater seinen Rang, seine Unersetz- lichkeit auch unter den neuen Bedingungen viel fachen Angebotes an künstlerischen Erleb nissen. Dann erweist sich, daß die Besonderheit, die Einmaligkeit unmittelbaren Erlebens das Theater immer wieder zum Bedürfnis des Menschen werden läßt. Die Leipziger »Kabale und Liebe« von 1964 hat bewiesen, daß unser Theater lebt und wirkt, wenn es - immer wieder von neuem — zum Theater der Klarheit und der Kraft, zum Theater der dramatischen Poesie wird.