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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 29.03.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-03-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940329017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894032901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894032901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-03
- Tag1894-03-29
- Monat1894-03
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Taoellanscher und Zigerasatz nach höhere« Tarts. Urtra-Veilagea (gesalzt», nor mit da Morgen-Ausgabe, ohne PosidesSrlxrnng >t 60.—, mit Posldesorderuag 70.—. AnaalMtschlaß fir Aazei-e«: Abend-AuSgab«: vormittag» »0 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag« 4Uhr. Sonn- und Festtag« früh '/,S Uhr. Bei den Filialen und «nnadmeslelle, je A» halbe Stand« früher. Nnzeigra stn» stet« an di« Grpevtdi»» zu richten. Druck und Verlag von L. Pol» t» Letpztg. 158. Donnerstag den 29. März 1894. 88. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Lekanntmachung. Wegs» Reinigung bleiben die Geschäftsräume unserer Tiefbau- Verwaltung Sonnabend, den 31. diese« Monats und Montag, den 2. küosligen Monats für den Verkehr mit dem Publicum geschlossen. > Leipzig, am 23. März 1894. Der Rath der Stadt Leipzig. U) 1438. Or. Tröndlin. l)r. Gumpert. III. Realschule. Pestalozzistratze. N'cktt schlagen 'dürfe, wenn es schwerer Vergeben wieder W«: L LV ' ' >"i>»ch, >ch->°P «-»» Leipzig, am 28. März 1894. k. klm-ker. Dir. werden soll daß d,c Schuld der Vater an den Kindern sich ^—I furchtbar rache, so muß der Lehrer durch geeignete und -dlilllllsche Föt'lUllvUUHölchUle fUr ! notbigenfalls strenge Strafmillel auSzurotten suchen, was lTdomaskirchhos 24). I Mangel an häuslicher Erziehung und üblcS Beispiel dem Das Schuljahr beginnt für die neueintrrtenden Schülerin»«» der I .Kinde an üblen Neigungen ""d Gewohnheiten eingepslanzt Motten «taffen am 2. April vormittags 8 Uhr. Die rrstcn I haben. Die erzieherische Pflicht de« Lehrer» und ganz be- ttaffen baden um 10 UI>r und diestnigen jungen Mädchen welche sonder« de« VolkSschullebrerS wächst in demselben Äaße, in ^urse angemeldet sind, Nachmittag« ^ Uhr zu erlcheinen. s häusliche Zucht infolge der Schwierigkeit des Erwerbes jetzt von neumodischen Philosophen so oft citirten und so ent setzlich mißverstandenen Naturgesetze trösten, daß die Schuld der Väter an den Kindern bis ins dritte und vierte Glied sich rächt, oder soll er, um von den armen Kindern eine noch furchtbarere Strafe, vielleicht den Galgen, und von der Mitwelt eine Reihe der schlimmsten Verbrechen abzuwendcn, zum Stocke greifen, der schon manchen anscheinend unver besserlichen Bengel auf bessere Wege gebracht Kal? Allerdings gehörte eigentlich gar mancher Schlag, der aus den Rücken eines Kindes fällt, gleichzeitig auf einen andern Rücken. Aber daraus, daß der Lehrer keine Gewalt über diejenigen hat, die ibre erzieherische Pflicht an dem Kinde nicht thun und deshalb die Hauptschuld an dem Vergeben des Kindes tragen, folgt doch keineswegs, daß der Lebrcr das Leipzig, den 28. März 1894. vr. ckalin. Die Strafen in der Schule. abnimmt und das Beispiel, das außer dem Hause und der Schule dem Kinde gegeben wird, sich verschlechtert. Wie dieses Bei spiel beschaffen ist, brauchen wir kaum zu schildern. Ist auch glücklicherweise nur der kleinste Tbeil von dem wahr» was gerade die Socialdemokratie den „herrschenden" Elasten vor -7. Die lies in die materiellen Verhältnisse aller I wirft, so kann doch kein Unbefangener lengnen, daß Genuß Staatsbürger einschneidenden Beschlüsse, die in den beiden und Vergnügungssucht die Genügsamkeit und Einfachbeil sächsischen Kammern während ihrer letzten Tagung gefaßt rbenso verdrängen, wie die Gewissenhaftigkeit m der Well worden sind, haben begreiflicherweise die Debatte in den der Erwerbsmittel. Und WaS die Eoccaldemokratic zur Ver- Hintergrund gedrängt, die in der Zweiten Kammer an den I bessernng des Beispiels für d,e Jugend gethan hat, lehrt Antrag de« socialdemokratischen Abgeordneten Goldstein jeder Blick m Werkstätten, Versammlungen »nd Straßen, stch knüpfte, daß in den Schulen dir körperliche! Tie Unterordnung unter Autoritäten ist verschwunden; die Züchtigung als Strafmittel verboten werden möge. LkbrUnste bespötteln den Meister, die Gesellen schnüren lieber Auch diese Debatte selbst batte zu leiden durch die Einwirkung I Bündel — wenn sie eins baden —, als daß sie sich der anderer Alifgaben. deren Lösung die Mitglieder der hohen Hansordnnng fügen; aus den Straßen lümmelt sich die Arbeits- Körperschaft lebhaft beschäftigte. Da aber die Frage, die sch«», die auf den erträumten Zukunstsslaat wartet, obgleich Herr Goldstein anregte, von hober kultureller Bedeutung noch keiner seiner Propheten Brakwnritbänme für die Faulle» er ist und — wie schon der Antrag Goldstcin beweist — trotz- >" Aussicht gestellt bat; der AusstchtSbcamte vermag Zucht dem in weiten Kreisen sebr oberflächlich behandelt wird, so und Ordnung und sich selbst nur dann zu schützen, wenn ee halten wir e« für Pflicht, ibr in ruhiger Stunde gründlicher bewaffnet ist. Kann unter solchen Verhältnissen die Schule nahe zu treten und das natürliche Strafrecht der wre verdoppelte und doppelt schwere Erzicherpsticht mit Schule sachlich und fachlich zn beleuchten. Mareipan durchführen? Strafe ist zu allen Zeiten und unter allen Völkern als I Wollte und müßte die Volksschule diesen Versuch conscquent eins der wichtigsten Erziehungsmittel anerkannt worden. Und I durchführen, die unausbleibliche Folge wäre Anarchie, ein bat auch die fortschreitende Eivilisation manche der früheren ! Zustand, dessen Folgen wahrscheinlich die zu Gewalttbatc» Strafmittel als zu bart verworfen und den milderen den ! geneigten Anarchisten sebr bald am eigenen Leibe in höchst Vorzug zucrkannt: ganz entbehrlich sind die Strafen doch I unliebsamer Weise erfahren dürsten. Die Schule hat schon nickt, wenigstens nicht in der Zeit der Entwickelung de» > längst die Erfahrung gemacht und macht sic täglich auss Menschen: denn wo weder der eigene Wille de« Kindes, I Nene, daß die gewaltsamen „Weltverbesserer" am rück- noch die bestimmte Willensäußerung des Erziehers anSreicht, I sichtSloscstcn auch an ihren Sprößlingen herum „verbessern", um das Tbun und Lassen des Erstcren dem Ermessen des Er-1 freilich auch am empfindlichsten sind, wenn die Schule zn ziebers gemäß zn regeln, da bleibt nichts Anderes übrig, als I ähnlichen Besscrungsmitteln greift. Ter so empfind durch Zwang, durch unsanfte Mittet nachzuhelfcn. So lange! same Herr Abgeordnete, der die körperliche Züchtigung die Sinnlichkeit noch in dem Menschen vorherrscht, wie! a»S der Schule verbannt seben wollte und behauptete, daß dies in den Jahren der Kindbeil der Fall ist, so lange I die in der Kindcrwelt häufig austretcnde Epilepsie zumeist sind liebevolle Ermahnungen nickt immer die rechten Mittellauf die Schläge in der Schule zurnckzusübren sei, mag nur um dauerbafte Vorsätze zu erzeugen; das Kind muß von I einmal statistisch seslstellen lassen, in welchen Familien und Handlungen betroffen werden, welche ihm den Anstoß zum I von welchen Eltern die Kinder am meisten geprügelt werden Rechten geben, und diese bestehen in einem in erziehlicher I und wo sich das Blatt am raschesten wenden kann, wenn nicht Absicht zugesngtcn körperlichen oder seelischen Schmerze. I die Schule die leidige Aufgabe übernimmt, den armen Wesen Dock nickt ein bloßer VergeltungSact, eine Sühnung vor I mit bcilsamcm Ernst den Respect vor der natürlichen Antori- dem Gesetz soll die pädagogische Strafe sein, ihr Zweck ist I tät wieder beizubringen! Jedenfalls würde die Abschaffung vielmehr die Erzielung von Bessernng. Ihren äußeren An-1 der körperlichen Züchtigung in der Volksschule zur ersten knüpfungspunct hat zwar die pädagogische Strafe auch im I Folge die Anarchie in dieser Scknle haben. Man nehme Bei-gangenen, in dem, waS das Kind gethan bat, ihre innere I nur mit dieser Strafe auch die Furcht vor dieser Strafe Tendenz aber geht aus Zukünftige«, aus daö, waS anS dem! hinweg! Man Präge den Kindern nur ein: „Der Lehrer Kinde werden soll. Unter allen Umständen soll und muß I darf dich nnter keinen Umständen schlagen: er durch die Strafe Rene erzeugt werden, wenn daS Vergehen I macht sich selbst unter allen Umständen strafbar, wenn er des Kindes nicht wiederholt werden und das Kind nicht zur! dich schlägt": man richte als Ersatz für daS hinweggenommene Untugend erwachsen soll. I körperliche Strafmittel in jeder Volksschule eine Straszclle Bei unverdorbenen Kindern wird zur Erweckung der I (Earcer) ein und bestimme überdies, daß mit dem zn strafenden Reue der höchste Grad der Strafe nur selten erforderlich I Schüler auch ein Lehrer cingcsperrt werde, der de» un fein; ein Blick, ein Wort, ein ernster Tadel, unter vier I gebcrdigen Bengel von Tuminheilen abhält und mit Straf- Angcn oder öffentlich ertheilt, wird in vielen Fällen aus-1 predigten zu bessern versucht; dann darf mau auch getrost reichen. Jeder verständige Lehrer wird daher mit einem I nach einigen Jahren ein neues Strafmittel für unverbesser- Appcll an daS Ehrgefühl zunächst sein Heil versuchen.! liche Anarchisten einsühren. Man macht sic zn VotkSschul- Steigerungen dieser Ebrcnstrasen lassen sich ja noch mannig- l lebrcrn und giebt sie mit gebundenen Händen der Verhöhnung fach einricktcn, so Aufsteben vom Platze, AuStrcten aus der! solcher Buben preis, welche die Hand gegen die Mutter er- Bank, Nachsitzen, Einschreiben in daS Strasbuch, Mittheilung I beben oder die Schwestern mit unzüchtigen Znmuthungen vcr- an das ElternbauS, niedrige Ecnsure» ,c. Allgemeine Be-! folgt haben. Gegen die Unmenschlichkeit dieses Strafmittels stimmungcn lasten sich nickt gebe», e» kommt immer auf den I würde wohl der Herr Abg. Goldstcin noch energischer pro- Grund an, welcher die Strafe herbcisührt, wie nicht minder I tcstiren, al- gegen die körperliche Züchtigung in den Volks aus die Individualität des Kindes. Es kann B. ein Kind I schulen! sehr hart gestraft werden, wenn ihm die Theilnabme an I Die höheren Schulanstalten kennen allerdings diese Züchti- einem Spaziergange versagt wird, während ein andere« froh I gung so ant wie nicht. Aber abgesehen davon, daß das den ist, dieses lästigen Ganges überboben zu werden. Ferner, I höheren Gesellschaftsklassen ein Zeugniß ausstellt, daS im WaS einem Achtjährigen heilsam ist, kann einem Vierzehn- I schroffsten Gegensätze zn den Behauptungen der GesinnungS- jährigen verderblich werden. Der eine Schüler fühlt sich durch I genossen de« Abg. Golbstein steht, kann die höbere Schule auch ein tadelndes Wort gekränkt, der andere ist wvmöglich gegen I oeShalb diese Züchtigung entbehren, weil ihre ErzickungSpflicht Schläge gleichgiltig. I eine Grenze bat. Die vöberen Schulanstalten dürfen „nnvcr- Dabei wird jeder vernünftige Lebrer immer so verfahren, I desserliche" Zöglinge ausschließen. Ein solches Reck' bat daß da- Kind in der Strafe eine unvermeidliche Folge seines l die Volksschule nicht. Sie muß auch die schlimmsten Schüler Vergehen- erblickt, eine Folge, die auch im gewöhnlichen I behalten »ud nicht nur ihre Erstehungspsticht an ihnen üben, Laufe der Dinge au« dem Vergehen entspringt. Hat daS I sondern auch die Schule vor Vergiftung durch solche Jndi- Kmv unordentlich gearbeitet, so muß cS seine Arbeit noch I viduen hüten. Uebrigen« spielen in den höberen Leb» einmal fertigen, benutzt cS seine Freiheit schlecht, so wird i anstalten auch die Eenfnren eine viel wichtigere Rolle al« in diese beschränkt, springt es leichtfertig mit der Wahrheit um, so der Volksschule, die gar häufig dir Erfahrung machen muß, entzieht man ibm da-Vertrauen, bereitet eS Anderen Verlust, l daß die Eltern ibrer Zöglinge die Censuren kaum beachten, so mag e« Schadenersatz leisten u. s. w. I Wie ganz ander» ist da« bei den Eltern der Schüler der WaS ist aber dann zu tbun, wenn ein Kind widersetzlich l höheren Anstalten. Wir sind überzeugt, die Välrr gar ist, wenn eS in boSbaster Weise Kleider und Bücher seiner I mancher solcher Schüler würden eS viel lieber seben, wenn Mitschüler besudelt, wenn eS wicderbolt lügt und stiebst, I diese verdienten Falle- aus frischer Thal eine Backpfeife er- Thiere qnält, Steine ans daS PscrdebahngleiS legt, Insassen I kielten und nicht einige Monate später eine schlechte Ecnsur von Kähnen und Gondeln mit Steinen wirst, Getreidrseimen I ,m Betragen mit nach Hause brächten. Tbatsacke ist e«, daß anzündrt, wenn sich ein vierzebnjäbriger Bube an der als I gar mancher tüchtige Mann in reiferen Jahren für einen Wlttwe dastehenden Mutter vergreist, welche die Schule I rechtzeitigen Hieb sich dankbarer erwiesen hak, als für eine um Hilfe anfleht? Soll in solchen Fällen, die leider nur gar I schlechte Ecnsur» ja sogar danlbarer, als sür allzu milde »u oft sich ereignen, der Lehrer in dem Bewußtsein, daß liebe-! Zurechtweisungen. volle Ermahnungen und Ekrenstrasen fruchtlos bleiben, diel lieber WaS beklagen sich überbaupt Diejenigen, die im HL»d« jammernd ü, den Schooß legen und sich mit dem > Leben durch üble Ebaraktereigenschaften Schiffbruch rrlilten haben und mit dem Strafgesetz in Eonflict gerathen sind, am häufigsten und am bittersten? Daß die Estern nicht streng, die Lehrer nickt energisch genug gewesen seien, den jungen Baum zu biegen, so tanze er noch biegsam war; daß die Erzieher aus Wcichherzigkeit, Bequemlichkeit oder Kurzsichtig keit nickt daS letzte Mittel angewendet baden, um die ver derblichen Neigungen auSzutreibcn, deren Eonsegucnzen der Verbrecher in Kerkcrmaucrn verbüßt. Wenn cS freilich dabin kommen sollte, wohin manche unserer „modernen Philosophen" eS bringen zu wollen scheinen, daß jeder Lump und Schuft sich al» das willen- und schuldlose Product der Sünden und Schwächen seiner Vorfahren betrachtet, — bann freilich wird man auch von Kcrkermancrn ebenso wenig mehr hören, wie von Klagen der Sträflinge über die sträfliche Milbe ihrer Ettern und Erzieher. Dann wird, wenn über baupt noch ein Mensch »lit einem Schuldgefühl sich quält, der verkommene Sobn sich an den, Vcrerbcr seiner Ver kommenheit rächen. Von Schulen als Erziehungs-An stalten kann dann überhaupt keine Rede mehr sein, denn Erziehung und Strafe sind Unsinn und zwecklose O.nälcrei, wenn das vererbte Blut allein die Handlungen bestimmt und kein Wille epistirt, der durch pädagogische Mittel m eine be stimmte Bahn geleitet werden kan». So lange man aber noch an die Möglichkeit einer Erziehung glaubt und die Schulen als ErziebuiiaS-Änstallcn betrachtet, so lange muß man ihnen auch die Mittel cinräumen, deren Nicktanwendniig ihnen zum schlimmsten Vorwurf gerade von denen gemacht wird, die das Leben in seine unbarinherzige Schule nimmt. Schon daran-, daß wir körperliche Strafen nur bei wieder holten schweren Vergeben in Anwendung gebracht wissen wollen, ergicbl sich, daß wir uns nicht zn Vertbeidigcrn solcher „Erzieher" auszuwerscn gedenken, die den Stock für daö bequemste Zuchtmittcl anseben. Und obgleich diese „Erzieher" in der verschwindenden Minderheit sich befinden, bestreiten wir doch die Nolbwendigkeit solcher Bestimmungen nicht, welche die Anwendung dieses Zuchtmittcls auf bestimmte Fälle beschränken. Ja, wir geben noch weiter. Wir wünschen, daß man in Lehrerkollegien und Lehrervcrcinen außer den vielerörterten Fragen: In welcher Weise, zu welcher Zeit, an welchem Orte und in welchem Maße darf und muß die körperliche Züchtigung vorgenouimen werden? noch häufiger und eingehender dir Fragen erörtern möge: Wa» können und müssen wir tbun, um die körperliche Züchtigung auf daS denkbar gering^-- Maß zn beschränken? Welche Hindernisse sieben dem enigcgen und wie sind sic zn bekämpfen? Aber wenn diese Erörterungen fruchten sollen, so dürfen sie nicht allein in Lchrerkrciscn angcstellt werden, sondern auch in Eltern kreisen, die bei solchen Besprechungen erfahrene und Wohlwollende Lebrcr binzuziehcn sollten. Wenn diese ihre Erfahrungen miltbeilen, so wird sicherlich ans die letzte Frage mit Einstimmigkeit die Antwort erfolgen: Das schwerste Hinderniß der Be seitigung der körperlichen Züchtigung in der Schule ist die mangelhafte Erziehung im Eltern- hause, und das erfolgreichste Mittel zur Besci tigung dieses Hindernisses ist eine sorgsame conscquente, Milde und Strenge zur rechten Zeit in Anwendung bringende häusliche Erziehung. Wenn daher der Herr Abgeordnete Goldslein sich wieder einmal angetriebcn fühlen sollte, in unserer Zweiten Kammer das pädagogische Roß zu tummeln und seinen Antrag auf gesetz liche Abschaffung der körperlichen Züchtigung als Strafmittel in der Scknle zu erneuern, so möge er wenigsten» zugleich ben Zusatzanlrag stellen, daß der Schule nur wohlgczvgciie Kinder zngesübrl werden dürsten. Man wird auch diesen Antrag ablehncn müssen, aber dem Antragsteller wenigstens zngestehen, daß er eine heilsame und beberzigcnSwcrtbe An regung gegeben nnd nicht, wie in der verflossenen Tagung, eine grobe llnkcniitniß der Ibatsächliche» Verhältnisse und der erziehlichen Ausgabe vcrrathcn hat, die der Schule gestellt ist. Deutsches Reich. Berlin, 28. März. Während den Reichstag in der kommende» FrühjahrSlagung vorwiegend Finanz- und Stcncr- fragen beschäftigen werbe», ist der preußische Landtag bereit« in der Lage, an einem bestimmten Puncte sich mit den großen Fragen zu befassen, die sich direct auf die Wiederherstellung eines gesunden nnd lcbcns- fähigen Mittelstandes beziehen. In einer besonderen Hinsicht stehen ja, wie wir kürzlich bereits bervorgchobcn haben, auch die reich-gesetzlichen Finanz- und Stcuerfragen mit dem LcbcnSinlcrcsse des Mittelstandes in Beziehung, insofern eS sich darum handelt, ihn als die eigentliche breite Piaffe der birccten Steuerzahler vor unbilligen Belastungen infolge der gesteigerten Bedürfnisse des Reiches zu behüten. Doch dies ist negativer Natur. Nack einem posi tiven Ziele aber streben die Nesormgedanken, die zum einen Theil im preußischen Landtag bereits zur Behandlung stehe», zum ander» Tbeil in Gestalt eines Bürgerliche» Ge setzbuchs nnd von gcwerbegesetzlichen Vorschlägen sür die neue Organisation des Handwerks an den Reichstag kommen sollen. Diese sänimtlichen positiven Maßregeln sind untereinander derart lebendig verknüpft und verbunden, daß auch außerhalb Preußen« die weitere Bcratbung und endliche Beschlußfassung be treffs der Landwirtbschastskammcrn mit Interesse verfolgt werden möge. Wie dir preußische Staats regicrung dcS Oefteren betont bat, sollen diese Land- wirlhschastSkammern ralbsamen Beistand leisten, insoweit die Form der Hypoibekenschnld durch eine allmäblich zu tilgende Rcntenschnlb ersetzt und sür den landwirtbschafklichen Grund besitz ein besonderes Erbrecht geschaffen werken soll. DaS sind RechtSinatericn, die, wenn sie spruchreif sind, aus reichsgcscy- lichem Boden zu lösen sein werden. Andererseits bandelt eS sich um Organisationsgedanken, die ebensall« Uber die preußische Landesgrenze hinaus Beachtung verdienen. Da ist vor Allem der Gedanke des BeitrittSrwangeS, lcr bei den Fachgenossenschasten, wie sie Minister von Berlepsch als den Unterbau der Handwerkcrkammer anregt, eben fall« von entscheidender Bedeutung ist. Dann erbebt sich die Frage, wie die ZwangSgenossenscdast und die sreir Vereinigung nebeneinander leben oder ob ei» Gebilde in dem anderen ausgebcn soll. Je mehr man das zwangsweise geschaffene Organ mit Vefugniffen und Rechten ansitattet, die biSber durch nachgewiefenes Interesse am corporativen Leben und durch belhätiztcS StandcSbcwiißtsein erworben werden mußten, desto sicherer wird die Innung, beziehungs weise der laiidivirthschafkliche Verein, innerlich verarmen und endlich zerfallen, ohne daß die Gewähr eines frischer pul ircndcn, wirklichen Lebens in der Zwangsorganisation gegeben wäre. Es wird vorbildlich für die ipärer zu behandelnde Organisation de» Handwerks sein, waS demnächst der preußische Landtag de, der Organisation der Lantwirthschasl hierzu al« AuSknnsi-niittcl sinder. Ist diese Frage erst gelöst, o bandelt e» sich uni die Einrichtung der oberen Instanzen nnd nin die reckte Zutheilnng der Eouipetenzen. Die Vor läge über die Landwirthschaslökaniincrn bezeichnet einstweilen nur den Unter- und Mittelbau, die etwas mehr als lockere Geuicinschafl der Wahlberechtigte» im Kreise und die aus der Wahl hcrvorgchcnde Landwirtbschaslskammcr in der Provinz. Die Spitze dazu wird nickt zn entbehren sein, wenn mit Erfolg vorgcbcugt werden soll, daß r» politischen Macktbestrcbungeu oder in radical agitatorischer Absicht plötzlich eine centrale Stelle ich auftbut, die sich vom Bewußtsein der Verantwortlichkeit im öffentlichen Leben nicht im »lindesten bedrückt fühlt. Endlick ist die Frage der Berechtigung, zn wählen und gewählt z» werden, da« BcstenernngSrectit und vieles Andere von all gemeiner und sachlich hoher Bedeutung, und so erregend und verwirrend die öffentlichen Erörterungen gewesen sink, während Militairvorlage nnd Handelsverträge die Lage beherrschte», so wchllhätig kann cö werden, wenn allen diesen Fragen die ruhige Erörterung zu Tbeil wird, die als erste Vor anSsetzung eines gedeihlichen Abschlüsse« der ganzen Arbeit erachtet werben inuß. Aber auch in anderer Hinsicht kann unter solchen Umständen die sachlich verstä» digc Behandlung dieser Reorganisation» Gedanken Nutzen stiften, insofern nämlich leibst in ernsthaften Kreisen immer wieder einmal der Gedanke austauchi, als ob mit öffentlich rechtlichen Organen die Bctrie hören re irgendwie zu ge wäbrlcisten wäre. E» würde eine besonders schätzenswert! e Wirkung der erneuten nnd erweiterte» Organisation deö Mittelstände» sein, wen» sie derartigen Ansprüchen an den Staat endlich einmal Schranken zöge. Brrlin, 28. März Nach den Ausführungen» welche der preußische HandelSminister in der Sitzung de« preußischen Abgeordnetenhauses vom 23. Februar d. I. über de» Fort bildungSunterricht an Sonntagen gemacht bat, ist cö »ickl zn bezweifeln, daß wenigstens von preußischer Seite der Versuch gemacht werden wird, noch in der laufenden Tagung in, Reichstag einen Gesetzentwurf cinznbringen, durch welchen die sonst am l. Lctobcr l89l ablausenbe UebergangS zeit für die Bcstiiniuung deö is. 120 der Gewerbeordnung über den Forlbildnngönntcrrickt an Sonntagen weiter au gedehnt wird. Man kann sicher sein, daß regierungsseitig Alles versucht werden wird, um wenigstens de» Zeichenunterricht an den Sonntagen zn erhalten; denn nian ist innerhalb der Negierung fest davon überzeugt, daß dieser Unterricht nickt nur Tageslicht, sondern auch eine ansgeruhte Hand bedarf und daß seine Erlheilung deshalb an den Abenden der Wochentage nicht möglich oder wenigstens völlig unzweckmäßig sein würde. Man wird in der durch die Aendcrung de- is. 12" gewonnenen Zeit versuchen müssen, mit beiijenigc» kirchlichen Behörden, mit denen die- bisher nicht möglich war, zu einer Verständigung über die Einrichlnng besonderer Gottesdienste für die Fortbildniig-schülcr zu gelangen. Wenn inzwischen über dieses Thema Erörterungen gepflogen werde», so sollte, wie die» jetzt leider vielfach geschieht, von denjenige» Preßorganen, welche die Interessen der Kirche zn vertreten vergeben, nicht über sehen werke», daß der Kirche mit de», t>, 120 der letzten Gewcrbe- ordniingsnovelle ein neue» Reckt verliehen werken sollte. ES handelt sich bei dem ganzen Streitfälle also nicht »m elwa», waS man der Kirche nehmen will, sondern um elwaS, was ihr gegeben werten soll. Als die gesetzgebenden Factore» deö Reichs sich aber dazu entschlossen, in den 8- 120 der Gewerbeordnung die Vorschrift a»szu»cl„»cn, wonach die Unterrichtsstunden ain Sonntage so gelegt werben sollte», daß die Schüler am Besuch des Haupt- oder eine» besonderen Gottesdienstes nickt gehindert würde», lkatcn sie e» nur unter der ausdrücklich erklärten Voraussetzung, daß dadurch der nolhwentigc Unterricht an Sonntagen nicht gestört werden würde. Tritt diese Eventualität infolge Weigerung der Kirckenbelwrdcn in größerem Umfange dennoch ein, so würde die Voraussetzung sür da» Zngeständniß, welche» man der Kirche durch die jetzige Fassung de» 8- >20 gemacht bat, wegfallen und man würde zweifellos berechtigt sein, auch den materiellen Inhalt Lcr betreffenden Vorschrift des 8- >29 so abzuäiidcrn, daß derselbe dieser Voraussetzung lhatsächlicb entspricht. Es dürfte gut sein, wenn sich die Organe, welche in den Erörterungen über den FortbildungSuiilerricht a» Sonntage» die Interessen der Kirche zn vertreten behaupten, diese Sachlage stet» vor Augen dielten. * Berlin, 28. März. Nach der Statistik, die Herr Or. Hirschberg über die Bewegung der Brodpreise in Berlin in den „Jahrbüchern für Nationalökonomie" ver öffentlicht, zeigte das verflossene Jahr einen wesentlichen Rückgang der Brodpreise. lieber die Preise und das Ge wicht eine» 5,0 - Pfennig - RoggcnbrodcS giebt folgende Tabelle für die Jahre 188«; bis 1893 Auskunft: 190 Ic« Ein 50-Psg.-Brod losteten: wog: 1886 .... 20,80 >4 4,80 Psund 1887 .... 20.65 . 4,84 . 1888 .... 21,22 - 4,72 - 1889 . 24 72 » 4.04 - 1890 '. . '. '. 27.18 . 8,68 . >891 .... 31,«Ai » 3,16 . 1892 .... 29,52 - 3.40 - 1893 .... 21.89 . Hirschberg berechnet hiernach eine durchschnittliche Erspar nis; sür die Hausballung von über 30 im Jabre l893 gegen 1892 und von 38 gegen 1891. Die ArbeiterbauS- baltungen mit ibrem stärkeren Eoiffnm sind natürlich auch stärker entlastet worden. Auch der Preis des Wcizenbrode-, der sogenannten Schrippen, ist gegen das Vorjahr beträchtlich gefallen, nämlich von 43,.'><; aus 37,t>? .4! pro 100 Kfz. V Berlin, 28. März. (Delegramm.) Ter „Politischen Correspvndenz" zufolge soll die Be»r»n»na Vr« Jarrn «tl
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