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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.04.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-04-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940407028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894040702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894040702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Images teilweise schlecht lesbar
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-04
- Tag1894-04-07
- Monat1894-04
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Bezugs-PreiS «W ioZ7! -N 102.73 N87r 113.- 32,r« 73.- 63 23 111.30 113.- IOV.73 276.— 173 — 162,30 126 — 220,— Sv,- 233,— 87- 1SS,- 137,- >I«S,- 11125 M 220,30 108,- > — > 2S3,- 182^- 280- 31,30 136.— 120 — i 36.— 2825 82 35 88,50 25.— a. 8, >, Xi, wi. 1. Kr. 53 ». Xr. 3t. 8«.— 83,05 01.20 882 28 80 >14.— >54.— i«rv — 2840 SS« 25 28250 107,80 228 — 188,50 63 80 214,25 103 35 61,12». 124.75 48 37-, 8.81>, «1,12 ^ 134 122.— 100.— lut» »d- 68 80 820.— >25,— »4 03-r >83 — -3.30er. <!»>>> p5-r rd»I,«n' «<j 8trr <l»a>pker 4»u>I>f«r > 8«n>» Soutv r", Kei4« «o«r. tr, von >» Volle ,3,I»s>r>»e «l»n>ok >d«r hauptrxpeditton oder den im bfti^ sft»irk und den Bororten errichteten Au»- > «destrllen abgrholt: vierteljährlich ^>l!4ch0, m zweftnaliaer täglicher gnftellnng tn« hon« bckO. Durch dir Post bezogen für keLlschland nnd Oesterreich: virneimdrlich -I k.—. Direct» tägliche Srenzbandiendung iu< Antland: monatlich 7.ÜV. Pie M orgen-Au-gabe erscheint täglich'/,? Uhr, die Abrnd>Au»gabe Wochentags b Ühr. Redaction und Expedition: Lotzannr-gnffe 8. gS ununterbrochen früh 8 bi- Abend« 7 Uhr. Filialen: Ott« »kmm'S Lortim. (Alfred Hotz»), UniversitStsstratzr 1, L«t» L-sche. tntharinenstr. 14. part. und KOuigSplatz 7. Abend-Ausgabe Mttigcr.TWMaü Anzeiger. Drgan fSr Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Anzeige«-Prers bke 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem Redaction-ftrich (4g«, spalten) ÜO^, vor den gannlironachrichtea (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis- derzeichmß. Tabellarischer und Ziffernfatz aach höherem Tarif. Ikrtra-Veilaaen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderuug 60—, mit Postbesörderuug 70.—. Annatimeschlvß fir ^nzeigrn: Abend-Ausgabe: Bormittags 10 Nhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein» Halde Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Druck und Berlag von E. P olz in Leipzig. ^178. Tonnabend den 7. April 1894. 88. Jahrgang. Wegen der Messe ist unsere Expedition morgen Sonntag Vormittags bis 12 Uhr g-Mt. Lxpeütttou ites l^eip/.luer ^axedlaltes. Amtliche Bekannlmachungeu. Lekanntmachung. Für die Herren Meßbesucher liegen in der Handelskammer« Miolhek, Neue Börse, Treppe X, I., die deutschen Relchs-Adreß- bücher und Expvttbücher zur unentgeltlichen Einsicht aus. Leipzig» 7. April 1894. Die Vibliothek»er»altun, der Handelskammer. tagSmehrheit verrichtet werden, so werden auch die von dem Tabak- und dem Weinsteuerprojecte beunruhigten Interessenten wissen, wem sie die Fortdauer dieser Beunruhigung zuzu schreiben haben. Die Nachricht der .Post", daß im Reichstage eine Aussprache über die Affaire „Kladderadtsch-Auswärtiges Amt" beabsichtigt werde, begegnet der „Kreuzztg." zusolge starken Zweifeln. „Man weiß nicht recht", sagt das kon servative Blatt, „in welcher Form diese Angelegenheit zur Sprache gebracht werden und zu welchem Zwecke eine solche D>Scussion dienen soll. Sie hätte vielleicht beim Etat deS Auswärtigen Amts berührt werden können. Aber im jetzigen Stadium eine solche Interpellation zu stellen, würde sich aus formellen und materiellen Gründen nicht empfehlen. Die Absicht, eine Aussprache herbeizuführen, mag gut gemeint sein, es wird aber schwerlich den Interessen des Landes dienen, daß diese Angelegenheit eingebend im Reichs tage erörtert wird." Andererseits erklärt eme ossiciöse Feder, daß auch die „Regierung" nicht daran denke, die An gelegenbeit im Reichstage zur Sprache zu bringen. Das „Berl. Fremdenbl" schreibt nämlich: „Wir irren uns kaum, wenn wir annehmen, daß die Regierung sich nicht bewogen fühlt, aus eigener Initiative aus die „Kladderadatsch"-Angelegenheit zurückzukomme». Man hält es in Rrgierungskreisen für zwecklos, einen todien Mann noch todler zu machen. Man kann sich auch nicht recht zu dem Glauben ent schließen, daß der „Kladderadatsch" sich nach einer weiteren Behandlung der Sache, bei der für ihn doch wenig Rühmliches abfiele, sonderlich sehne. Sollte jedoch im Reichstage wider Erwarten sich Jemand finden, der eS für angebracht hält, den „Kladderadatsch"-Faden weiter ^ . . , . . ,zu spinnen, so wird Herr Staatssecretair v. Boetticher voraus- Am Schlüsse der gestrigen Sitzung deS Reichstags hat der I sichzuch die gewünschten Aufklärungen gern rrtheilen, natürlich nur Präsident auf eine Anfrage de« Abg. Richter wegen des I soweit, als sich dies mit den Interessen des deutschen Reiches, die Gerüchtes, daß der Reichstag in drei Wochen geschlossen I nach Ansicht der Regierung denen des „Kladderadatsch" vorangehe», werden solle, die Erklärung abgegeben, daß nach seinen Be-1 verträgt. Selbst in geheimer Verhandlung würde eS sich entschiede» sprechungcn mit der Regierung an einen so nahen Schluß verbieten gewisse Angelegenheiten ihrer hochpolitischen Bedeutung, der Session noch nicht zu denken sei. Außerdem gebt daraus, I threr^Beziehnngen zur auSwärt.gen Politik wegen, ohne Weiteres Politische Tagesschau. - Leipzig. 7. AprN. zur Sprache zu bringen." Bei der Abfassung dieser Notiz wußte die „Regierung" aber augenscheinlich noch nickt, daß der „Kladderadatsch"-Redacteur Polstorsf sich noch keineswegs als todlen Mann jüblt, son dern seinen Faden weiterspinnt. Seine neueste Erklärung Kladderadatsch", über die der Telegraph bereits kurz daß die Steuercommissioa des Reichstag« die Wieder« ausnabme ihrer Arbeiten bis zum 16. April auf Wunsch de« EchatzsecretairS Grafen PosadowSky verschoben hat, klar hervor, daß der Schatzsecretair, der in der nächsten Woche durch die Berathung der Börsenstruervorlage im Reichstage und durch d>e WährungsuntersuchungS-Eomm.ssion stark m ! Auirruchg-uommcnistgroßes GewLt aus se.ne The.lnahme .Az, Tjffe'renzen zwischen Iminen » , ^ an mm.ssionsb-rathungen über d>e ..Tabak- und d« I Verlegers, des Herr« H. Hosmann, nvthigen mich. ewig. We^er^rzegt und lemerseNS auf eine möglichst gründliche I P^te noch schärfer klarzulegen. Dur 7>jr-Mng sämmtttcher Steurrvorlagrn nicht zu vcr-1 In den mir gemachten Mtttbrilungen war nicht von einem sichten'gedenkt. Wenn also nicht der Reichstag selbst I „staatlichen Interesse, das die Vorlegung von Acten verbiete", die durch chronische Beschlußunjähigkcit einen frühzeitigen Schluß I Rede, sondern ausdrücklich von der Rücksicht aus einzelne Bundes erzwingt, so steht eia solcher nicht in Aussicht. Freilich I staaten. Ter Sinn war ganz klar: eS seien Bundesstaate» gegen scheinen nicht nur die Socialdemokraten unv die Frei sinnigen, sondern auch die Eonservativen der Absicht zuzuneigen, die Durchberathung der Struervorlagen zu ver lagen. Schreibt doch beute die „Krcuzrtg.": „Trotz der wiederholten bestimmten osficiüsea Versicherung, daß die Regierung aus die Durchberathung der Steuervorlagen br- stehen würde, dürste sie kaum im Stande sein, diese Absicht gegenüber der im Reichstage herrschenden Stimmung durchzusrtzen. Lo viel wir hören, besteht darüber nahezu Einstimmigkeit, daß. ab gesehen von der Börsensteuer, eine ernsthafte Commissions-1 zuzuschreibe»: hinter ihnen stehe beeinflussend und schieber Äerathung der Steuervorlagen br. der derzeitigen völligen I ^,1.Person in einer kaum zu erschütternden amtlichen S «asiichtslostgkeit der betreffenden Gesetzentwürfe nicht mehr z»!^ 7,^, geheimnißvoll, läßt aber eine sehr einfache Erklär, ermöglichen sein dürfte. Unter solchen Umstanden darf man' ' — -- — ... omehmen. daß die Tagung des Reickstages in spätesten» vier Aachen ihr Ende finden wird. Bis zum nächsten Herbst können die letzt verfahrenen Verhältnisse Aeoderungcn erfahren habe», die es den verbündeten Regierungen ermöglichen, mit mehr Aussicht aus lrrsolg neue Steuervorschläge dem Reichstage zu unterbreiten. über Dinge vorgekommen, die man wohl unter der Hand zugeben, aber nicht der Eonstatirung durch ein gerichtliches Verfahren aus- setze» könne. Tie Ansicht, die Herr Hosmann über die im Hintergründe stehende Persönlichkeit ausspricht, muß nach meiner Ueberzeugung eine ganz irrthümliche sein. Diese Persönlichkeit wurde nicht in Beziehung aus unser lvlatt, sonder» nur im ^lusammenhang mit den beiden angegrifsenen Herren erwähnt. Tie Herren sollten dadurch entlastet und entschuldigt werden: es sei nicht Alles, was von ihnen auSgehe oder auSzugehe» scheine, ihrer Jnitative schiebend eine Stellung, einfache Erklärung zu. Hätte uns dagegen da- A. A. sagen lassen, man glaube den angeb. lich hinter uns stehenden „Anzettler" zu kennen, vermöge aber seiner hohen Stellung wegen nicht gegen ihn etnzuschreiten, so würde ich mir kein Motiv sür eine solche Mittbeilung denken können Es ist ja selbstverständlich, daß alle betheiligten Herren ihre Aussagen nach bestem Wissen und Gewissen machen, ich glaube Muß in der gegenwärtigen Zession auf die Erledigung I apn, daß di« meinigcn einen besonderen Anspruch aus objektive der Steuerreformvorlagen infolge eines Streik« der Reichs- > Richtigkeit erheben können. Mir waren die berührten Vorgänge und Verhältnisse schon bekannt, ich erfuhr so gut wie nichts Neues, und so habe ich die Eröffnungen ohne Ueberraschung und Aufregung entgegengenommen, wenn auch natürlich die Bestätigung unserer Ansichten von lener Stelle au« mich aus» Höchste interessirtr. Ich glaube mir ein klare« und scharfes Unheil zuschreiden zu dürfen und weiß mich frei von der Neigung, elwaS Gehörte« nach meinen Wünschen zu ergänzen oder umzumodeln. Natürlich kann es sich dabei nicht um den genauen Wortlaut handeln. So mag statt „ganz ungehörige" Dinge gesagt sein „bedauer- Uche", „schlimme", „böse Dinge" oder „Tinge, di, besser nicht geschehen wären", da« trifft die Sache nicht und ist gleich- gütig. Wenn übrigen» die anderen Herren sich eine» solchen AuS- druck«, der ohne Frage gefallen ist, nicht mehr entsinnen, so ist auch das ohne Belang. In den Worten, „man habe ja nie an eine An- klage denken können schon wegen einiger Bundesstaaten", liegt ganz klar das Zugtstäiidniß. daß Dinge vorgekommen sind, die da« Licht der Oeffentlichkeit zu scheuen haben. Für müßig halte ich auch einen Wortstreit darüber, ob „das A. A. uns etwas habe mittheilen lassen". Die Mitiheilungen gingen vom A. A aus und waren sür uns bestimmt: wir viele Herren — die Zabl ist reichlich groß— dabei beschäftigt gewesen sind, ist einerlei. Das, die ossiciöse Presse sich aus diese kindischen Wort klaubrreien wirft, ist ein eigenthümliches Zeichen. Halb erheiternd, halb empörend ist die Keckheit, mit der diese Presse behauptet, der Herr General Spitz habe sich mit Herrn Hos- mann nur in dessen eigenem Interesse besprochen und zu diesem Zweck Erkundigungen im A. A. eingezogen! Der Herr General hat selbst gesagt: „Die Sache ist mir schrecklich! Ich weiß von den Geschichte» nichts, ich habe den „Kladderadatsch" lange nichtgesehen und verstehe nicht, wiegerade ich zu dieser Rolle komme!" Zum Schluß bemerke ich noch, daß das ausfällige Hervortreten meiner bescheidenen und sonst gern in Reserve lebenden Persönlichkeit in diesem Falle sich sehr einfach erklärt. Ich habe von vornherein mich lebhaft für die Sache interessirt, während unser Chefredak teur da« eznste, von mir als durchaus berechtigt anerkannte Be denken hatte, daß dir Angriffe nur einem engeren Kreise von Leser» verständlich sein würden." Für alle diese Behauptungen kann sich nun allerdings Herr Polstorsf nicht aus einen Gewährsmann stützen, da er es verabsäumt hat, sich das, was ihm Herr Hosmann von seiner Unterredung mit dem Generalmajor Spitz mitgetbeilt bat, schriftlich geben zu lasten. Aber einfach ignoriren kann man diese Behauptungen Polstorff's auch nicht, weil aus dem Umstande, daß der „Kladderadatsch" wiederholt um Einstellung seiner Angriffe ersucht worden ist, unwiderleglich bervorgeht, daß diesen Angriffen an maßgebender Stelle Wichtigkeit beigelegt wird. Unseres Erachten« wäre es jetzt Sache de« Herrn Generalmajors Spitz, mit einer offenen Erklärung darüber, was er Herrn Hosmann gesagt, und wer ihn zu seinem Sckritle bewogen bat, ber- vorzutreten. Aus seiner Erklärung würde sich dann jedenfalls ergeben, ob für den Herrn Reichskanzler oder den Herrn Staatssecretair Itr. Boetticher ein Anlaß zu einer öffent lichen Aussprache im Reichstage vorlicgt. Glaubt freilich Herr Generalmajor Spitz auch ferner schweigen zu sollen, oder wird er nicht zu einer Klarstellung ermächtigt, so fällt dem „Kladderadatsch", oder richtiger Herrn Polstorsf, die Pflicht zu, sein Spiet mit versteckten Karten, da« er am besten gleich von vornherein in ein solches mit offenen verwandelt hätte, auszugeben und entweder seine Hintermänner zum Hervortreten zu veran lassen oder das ihm von ihnen zugetragenc Material wenn nicht der Oeffentlichkeit, so doch einem berufenen Beurt heiler zu übergeben. Darüber ist nachgerade alle Welt einig, daß dieser Kamps ohne die schwersten Nach- tbcile für unsere inneren Verhältnisse und da« Ansehen Deutschland« im Auslände nicht sortgcsührt werden darf und daß, wen» nicht die „Regierung" die Initiative zur vollen Klarstellung der Sache ergreift, der.„Kladberdatlck" zu dieser Klarstellung verpflichtet ist, zu der ibn Fürst BiSmarck längst genöthigt haben würde. Die „Straßb. Post" spricht gewiß Vielen au« der Seele, wenn sie sagt: „Da« deutsche Volk hat ein Recht daraus, zu wissen, daß im Auswärtige» Amte deS deutschen Reiches, einer der wichtigsten, für die internationalen Beziehungen und damit für das Staatswohi maßgebendsten Behörden genau so sachlich, gerecht und tadellos gearbeitet wird, wie in allen andern Zweigen der Staatsverwaltung. Das deulsche Volk bat ein Recht daraus, zu erfahren, daß die Anschuidigungen gegen Hobe, im Dienst und in Verantwortung«- reichen Stellungen befindliche Beamte unbegründet sind. Die An- klagen des „Kladderadatsch" dürfen nicht versumpfen. Hält die Behörde es nicht für angezeigt, vorzugehen, so sollte die gesanimte Presse sich zusammen«!»»!, einen moralischen Truck auf die Hintermänner deS „Kladderadatsch" auszuüben. Nachdem diese Herren lange Wochen unter dein schützenden Schilde deS „Kladderadatsch" ihre borbasten Anspielungen in die Wett gesandt habe», sollten sie jetzt so viel ManneSmuth besitzen, mit ihren Beschuldigungen offen hervorzutretcn. Wenn es wirklich in unserin „Auswärtigen Ami" so verrottete Verhältnisse gäbe, wie die Hinterniänner des „Kladderadatsch" un« glauben machen wollen, so wäre es für denjenigen, dcr daS ersahrcii.sallerdings eine patriotische Pflicht gewesen, seine Keiintniß nicht sür sich zu behalten. Wenn er seine Beschuldigungen bewiesen »»d in einer Denkschrift an den Kaiser nicdergeiegt batte, so wäre da« keine Dennnciation, sondern eine wabrhast patriotische Thal gewesen. Dies loyale, eines Vatcrlandssreuiidcs und Gentlemans würdige Verfahren ist nicht beliebt worden. Anstatt des offenen Kampfes hat man ein Gefecht aus dem Hinterhalt vorgezogen, rin Gefecht mit faden Witze» und Spitznamen, da« zu dem sürchtlichen Ernst der Be schuldigungen so wenig paßte, wie Scherze eine« Henkers unter dem Galgen oder Witze eine« Todtengräbers an der offenen Gruft. Das Unheil, welches dadurch entstanden ist. kann überhaupt nur zum Theil wieder gut gemacht werden. Und nur Einer kann diese Reparation vornehme»: derselbe, welcher die ganzen Treibereien a » gezelielt hat. Er hat die Verpflichtung, entweder letzt noch den Weg zu beschreite». den er gleich von Anfang an hätte betreten sollen: sich dem Kaiser mit seinen Anklagen gegen die Reichs- bebörde zu nahen, oder, fnllS er sich durch sein bisheriges Benehmen dieses Recht verscherzt zu habe» glaubt, vor der Oeffentlichkeit mit seinem Namen und seinen Anschuldigungen hervorzutrrten. In jedem dieser beiden Falle kann eine amtliche Untersuchung angrslellt und da« Ergebnis, derselben mitgetheilt werden. Thut der Hintermann des „Kladderadatsch" das nicht, verharrt er bei seiner unrühmliche» anonymen Kampsesweise oder schweigt er sich gar jetzt aus, froh deS bisherigen Erfolges, da« Vertrauen de- Volkes aus die Integrität der Reichsinstilulionen getrübt zu haben, dann muß auch der Mißtrauische, der zum Verdacht Geneigte einsehen, daß man eS mit den leichtfertigen, unbewiesenen und unbeweisbaren persönlichen Verdächtigungen eines feigen Verleumders zu lhun hat, dessen Auslassungen nur ein« verdienen: Verachtung." Da« D rutscht bum in Böhme» bat mit dem am Don nerstag uncrwartct erfolgten Hiuschcidcn des Landtags- abgeorknetcn De. Franz Schnieykal, deS Führers der Dcutschböbmen, einen unersetzlichen Verlust erlitten. Am .1. Deeeinbcr I V26 zu Lcipa in Böbmcn geboren, stand er im 68. Lebensjahre. Beinahe rin Mcnsckienalter hindurch, seit 1861, in welchem Iabrc er von seiner Vaterstadt in den böhmische» Landtag gewählt wurde, stand er im Mittelpunkte des politischen Leben« seines HcimathlantcS, denn bald nach jener Wahl galt er als der anerkannte Führer seiner deut- chen Volksgenossen. Ibm hauptsächlich ist eS zu danken, wenn cs heute ein politische« Dcutschböbmen giebt, dessen administrative Anerkennung trotz alles Wlllhcns der tschechischen Staatsrechtlcr nur eine Frage der Zeit sein kann. Er war einer der ersten nnter denen, die den politischen und nationalen Begriff Deutschböhmen geschaffen nnd ge- ornit und alle Deutschen des Landes nnter eine Fahne gesammelt haben. Mit einer glänzenden Rednergabe verband er den uneigennützigsten Eifer für die deutsche «ache, sowie eine durch Nickt« zu erschütternde Zähigkeit in deren Ver echtting, aber das schönste Zeugniß für seine» Charakter ist die Thatsache, daß er in de» Reiben seiner politischen Gegner, Medea. Ein bürgerlicher Roman von Wilhelm WolterS. (Na»druS verbeten.) 111 (Fortsetzung.) Dann kam ein Tag, an welchem Lessingstatuette, Schreib tisch und Bücherschrank auS dem Studirstübchen in die neue Wohnung geschafft wurde», in welcher Paul bis zum HochzeilS- litge eine Kammer zu seiner Residenz machte, und Eläre warf rem Lavonziebendrn Paul sämmtlichc Pantoffeln der Familie Förster die Treppe hinunter nach, das war englische Sitte swie eine ihrer Schülerinnen ihr gelehrt) wenn der Bräutigam das Elternhaus verließ, und brachte Glück. Nur ein einziger Hochzeitsgast auS der Ferne traf ein, Dante Rosa. Herrn Alfred Reiche s Verwandte waren seit dem schmählichen Baukbruche aus der Liste der Verwandten gestrichen. Tante Rosa warf einen prüfenden, mißbilligenden Blick aus die Nichte, die eS wagte zu heirathen, ehe die Tante eS prodirt. „Warum trägst Du Dein goldenes Eonfirmations kreuz nicht mehr?" „Paul liebt es nicht." „Pfui!" sagte Tante Rosa und spuckte aus. „Ich dachte es mir. „So solltest Du'S erst recht tragen. Nun weiß ich alles." Am Abende vor dem HochzeitSmorgen ging Paul hinüber ru Martha. Ihm war weich zu Mutve, und er reichte Frau Luise die Hand hin, weit über den Tisch tsinweg. -Guten Abend", sagte Frau Luise kalt. Und Paul mußte die Hand auf den Tisch niedersinken lassen, daß die silbernen Thcelöffelchen klirrten, die dutzend weise als HochzeitSzaben eingelauscn waren. „KolchiS", dachte Paul bei sich,,„und die Barbaren, denen ich, ein moderner Jason, ihre Medea entreiße .. Orgellöne brausen vom Himmel berab und verzittern langsam an den Gewölben hinunter» die Ringe werben ge- weckFelt, der Knieenden Hände in einander gelegt. Dort »n Dunkist deS Eingang», neben dem Altarplatze, wo die Zu- sck.iueFsich drängen, schimmert etwa» Lichte», Helle». Paul hebt eiS^ Wenig da« Luge und sieht in da» verklärt«, bleiche Gesicht Anita Maxwell'S. Ein breiter Sonnenstrahl quillt durch das Fenster über ihr herein. Das Gesicht verschwindet, rin anderes taucht auS dein Schatten empor, mager, glatt rasirt, mit cynischem Lächeln ... Paul zuckt zusammen. Er seht schärfer hin. Nein, eS ist nichts ... verschwunden ... nur eine Vision seiner erregten Nerven ... und wenn auch nicht... er ist ein Narr, an den Menschen immer noch zu denken... Abermals Orgelklang. „Dein", haucht Martha. „Dein", wiederholt Paul freudetrunken. Im Casinohause wartet das Essen. Mutter Förster ist mit Tante Lina nach Hause gefahren, nur Eläre bleibt, als Tischnachbarin T. O. Willrich s (der eines zu erwartenden Familicnereigniffes wegen ohne Gattin gekommen). Fräulein Rosa Wickboldt, welche mittelst eines Himmel blauen BackfischkleiteS und einer kalben Gardine ihre >ugenb- lichen Dreißizerreizr erhöht hat, lächelt huldvollst zu Martini hinaus, der stumm an ihrer Seite sitzt. „Eine gute Suppe", sagt sie ermunternd. Martini blickt mit einem satanischen Schmunzeln über die Gardine binweg. Kie «i-nnsit glorin muncki . .. „Ja, eine vortreffliche Suppe, so salzig wie der GreijSwaldcr Bodden und was drin hcrumschwimmt, so niedlich wie Quallen und Seetang." Da Herr Reiche schweigt, klopft Präsident Horn ans GlaS. „Die Ehe könnte man mit einem Kahne vergleichen ..." „Warum bciratken Sie denn nicht'-"' lispelt Fräulein Rosa Wickboldt mit einem verschämten, liebevollen Blicke zu Martini. „Weil ich ein Anhänger der Srcte bin, die eS für das größte Glück der Menschheit hält, daß sie auSstirbt." Von ba an schweigt Fräulein Wickboldt. In einem Nebenzimmer nimmt Martha weinend Abschied von den Ettern. „Mögest Du eS nie bereuen", sagt Frau Reiche. Wortlos, Hand in Hand fuhren Paul und Martha nach ihrem neuen Heim. In, Wohnzimmer waren eie Vorhänge zusammengezogen, ein leise» Feuer knisterte im Ösen, aus dem Tische unter der prächtigen Hängelampe (Martini - Hochzeil-geschenk) stand ein duftender Rosenstock, Veilchen und weiße Nelken deckten die Erke über den Wurzeln. Tie weiße Seide rauschte, Martha flog aus Paul zu. Er legte bebend den Arm um seine junge Frau. Beide schwiegen. Verglimmend ruhte da» Feuer, still brannte da« einsame Licht in der dunklen Nackt, kein Laut ringsum, Rosendusl erfüllte das trauliche Gemach. „Mir ist so bang", flüsterte Martha. „Warum denn bang, mei» Schatz?" „Bang vor der Zukunft." Sie legte den Kopf an seine Brust. „Wir wollen miteinander versuchen, sie zu einer schonen Gegenwart zu machen." „Ich höre Dein Herz klopfen", sagte Martha leise, „eS erzählt mir etwas." „Erzähle es wieder." „Still", flüsterte sic, „ich muß erst noch genauer zubörcn ..." „Nun, also . . ." „Es erzählt mir von einem jungen Manne, der weit, weit in der Welt herumgekoinmeii, viel, viel in der Welt gesehen hat. Und endlich bat er auch ein junges Mädchen getroffen, ein armes, junges, dumiueS Ding, auf welches er in Gedanken alle möglichen guten Eigenschaften, Alles, was er in der Welt für schön und liebcnSwertb erkannt, gehäuft bat. Und er liebte dieses Mädchen und war glücklich, daß sie ihn wiederlicbtc, und er heirathele sie. Als er aber nach einiger Zeit entdeckte, daß sie doch nicht ganz so war, wie er geglaubt, ja, daß sie eigentlich nichts von alledem besaß, nichts, gar nichts als ihre arme Liebe, die aber doch so groß war, so groß, baß da« arme dumme Ding bätte sterben müssen, wenn deS Geliebten Liebe zu ihr ausgekört batte, da verstieß der gute, kluge, weltcrsahrene Mann sie nicht, durch Liebe und durch Strenge erzog er sic» gewöhnte er ibr all das Dumme ab, womit sie ihn enttäuschte, lehrte er sie zu sei», wie er selbst war, und Beide wurden glücklich . . ." „Hat Liebe oder Strenge mehr genutzt?" „Die Liebe . . ." Paul faßte mit beiden Händen Martba sanft am Kopse und wandte ihn zu sich hinauf, und sie sahen einander stumm in die Augen und küßten sich . . . Zweite» Buch. X „Geliebte Freundin! Weißt Du, wa» beute sür ein Tag ist? Denkst Du daran, daß e» beute gerade ein Jahr wird, seit wir Abschied von einander nahmen? Daß gerade zwei vorüber sind seit der Hochzeit Deine» Bruder« — am Tage nach ihr war e» ja, daß Dich Trine Anita zum ersten Male „Du" nennen durste. Ei» Jahr, daß wir uns trennten! Mir kommt es vor, als ob eS geschehen sei, da Karl der Große regierte! Schon ein Woche befinden wir uns nicht mehr in London, sondern auf dem Lande, in Lahsa lE»»iberley-Surrey), der letzten Station unsere« England-Ausflugs, der letzten vor unserer Wicderkebr nach meinem geliebte» Dresden, in den, incin Herz zurückgeblieben ist. Dresden! Dresden! Ich werde dieses Wort innner rufen, wie die Kreuzfahrer das heilige Land, bi« ich dort bin, und wenn ich « bin, so weißt Du, wohin ich zuerst gehen werde. In einem kleinen Häuschen aus dunkelrothen Ziegelsteinen, halb mit Epbeu bewachsen, woluic ich, ringsum der Garten voller Fichtenbäuine, und die Musik, die der Wind in ihren Zweige» macht, kann ich jederzeit bören. Emsain bi» ich freilich wie imiiier, aber die Bäume und die Wolken und die Bücher sind wie iinincr abwechselnd meine Freunde. Einmal lese ichHeine, der »lir verkommt, wieein Mann, welcher Scherze macht, um nicht seinen Schmerz seben zu lassen, Plato's Republik, Lessing lwclck,' ein Esel der Pastor Götze doch gewesen sein muß!), Spinoza S Etbik und Schiller s Dreißigjährigen Krieg, bis der Sonnenschein und die grüne Poesie vor meinem Fenster mir keine Rübe mehr lassen, ich mich unmöglich länger bei den Schrecken der Belagerung Magdeburgs ausbalten kann und binauSlaufe, um in s An gesicht der Natur zu schauen, die ewig dieselbe und doch ewig neu ist und vor der mir Alle«, was ick auS Büchern schöpfe, so alt, so veraltet erscheint. Und dann träume ich auf einer Bank am Wege, bi« die Leute mich für verrückt halten, uni auf « Neue in« geliebte Biicherlanb zurnckzukehren. Ack, sage mir, geliebte Freundin, wie gewinne ich da« Beste: wie bewahre ick mir die Poesie de« Lebens? Ich bade oft solch' entsetzliche Angst, daß es plötzlich aus ist, daß ich untergehc ini Alltagskrani — Viele beten um's tägliche Brod: ich kann mich nickt damit begnügen, ich möchte gleich das ganze LcbenSbrod sicher baden, wissen, daß ich nie die Liebe für daö Schöne und Große verliere. Wie soll ich «S anfangcn, daß ich sie festbalte? Liebe! Wenn ick mein ganzes Wesen in einem Worte wicdcrgeben sollte, so ist mir'S, als ob es dies Wort sein würde, Liebe, über deren Kraft ich ost erschrecke. Liebe zu der Natur, der großen. Liebe zur ganzen Menschbeit und dann zu den wenigen Freunden, die ich vcrcbre Sie macht mich so glücklich, diese Liebt! Glücklich allein ist die Seele, die liebt! Auch ick fühl« da», aber nicht im Sinne Elärchen'»; denn niir hat niemals wie ten meisten Märchen ein Mann
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