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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 14.04.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-04-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940414025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894041402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894041402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-04
- Tag1894-04-14
- Monat1894-04
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Ganz sicherlich darf man aus dem fast ängstlichen Schweigen, das die dem Grafen Caprivi ergebenen Federn bei der Drohung des (LrntrumS- sührrrs vr. Lieber, „politisch zu sterben", beobachteten, schließen, daß der Nachfolger des Fürsten Bismarck von dieser Drohung sehr unangenehm berührt war und bereits im Geiste die Führerschaft des CcntrumS in noch oppositio nellere, nickt einmal für mehr oder minder sanfte Drücke von Nom und Fulda empfindliche Hände übergehen sah. Der Entschluß „Windthorst's 1l. Miniaturausgabe auf Löschpapicr" — wie das „Bayerische Vaterland" Herrn Or. Lieber nennt —, die Parteizügel weiter zu führen, wird daher einen Stein von der Brust des jetzigen Lenkers der deutschen Politik gewälzt haben. Ist auch das Centrum zerspalten, so bleibt doch wenigstens noch ein Theil desselben dcmManne getreu,der trotz seincrDemokraterci ab und zu einmal auf Wunsch von Rom und Fulda in das Negierungslager abschwenkt. Es wäre daher auch gar nicht über raschend, wenn Herr vr. Lieber von starker Hand gestützt und wenn der Versuch gemacht würde, ihn auch seinen ab trünnigen Freunden im Lichte eines erfolgreichen und deshalb rerlraucnSwerthen Führers zu zeigen. Wahrscheinlich hat auch Herr vr. Lieber selbst, als er mit seinem politischen Tobe drohte und zugleich verkündete, er habe nach Rom und chllba hin den Beweis führe» wollen, daß das Eentrum nicht sie demokratische Partei des nackte» unfruchtbaren Wider spruchs sei, weniger aus seine unbotmäßigen Parteigenossen, als aus die maßgebenden Kreise in Berlin speculirt. Das vermnthet auch die „Post", die heute schreibt: „Der nachdrückliche Hinweis auf Papst und Episkopat indem durch die Presse veröffentlichten, wahrscheinlich als politisches Testa- ment betrachteten Brief Herrn vr. Lieber's läßt erkennen, daß die Zeit für gekommen erachtet wird, weitere katholisch - kirchliche Wünsche der Erfüllung entgegenzusühren. Und zwar trägt man sich augenscheinlich mit der Hoffnung einer erfolg- reichen cko nt ckss-Politik. Ob das Centrum sim Reichstage, aus das es dabei allein unkommt, Geschlossenheit und Äctionskrast genug zu einer positiven Geschästsvolitik besitzt, mag dahingestellt bleiben. Ebenso, ob für die Annahme, als sei jür eine solche Politik der Boden vorhanden, wirklich irgend eme thatsächliche Unterlage vvrlicgt. Die Berhandlung über de» Jesuitenantrag, welche wahrscheinlich für Montag iu Aussicht steht, bekommt unter diesen Umständen besondere Meinung. Freilich wird man nicht schließen dürfen, daß die Rück- berusung der Jesuiten den Haupipunct der Bestrebungen bildet. Diese dürsten in ungleich höherem Maße auf dem Gebiete des «reußischen Staates sich bewegen: Wiederherstellung der kacholischen Ablheilung im Cultusministerium, Aufhebung der Beschränkung der Lrdensthätigkeit, volle Anerkennung deS Satzes von der misäo envonün für den Religionsunterricht in der Volks schule dürsten, von einige» kleineren Wünschen abgesehen, die Haupt- puncte sein, deren Verwirklichung erstrebt wird, während die Jmparitätsactlon wohl mehr agitatorische Bedeutung hat." Man wird ja am Montag, wenn die Herren am Bundes ratbStische sich nicht in Schweigen hüllen, erkennen können, was Herr vr. Lieber zu erwarten und — zu erstreben bat. Der in den letzten Tagen in Berlin abgebaltcne deutsche JiiiinugS- und Handwcrkcrtag hat viel Tbeilnabme und Wohlwollen auch bei Solchen gesunden, die sich mit den Be strebungen und Forderungen dieser Bewegung in wesentlichen Dingen nicht einverstanden erklären können. Die schwierige Lage des Handwerkerstandes ist ebenso unbestreitbar wie die der Land- wirthschast und kein verständiger und volksfrcnndlicher Mann wird durchführbaren und wirksamen Maßregeln widersprechen, welche die Lage dieser beiden großen Erwerbsstänte ausbessern könnten. Aber freilich, eS ist ungeheuer schwer, wenn über haupt möglich, eine wirksame Abhilfe durch staatliche Maß nahmen zu schaffen. Die schwierige Lage jener Erwerbs- stände entspringt in ihrem tiefsten Grunde nicht Fehlern der Gesetzgebung oder der äußeren Einrichtungen, sie ist ein Erzcugniß der durch die gewaltigen socialen und wirtbschastlichen Umwälzungen der neueren Leit herbei- gefübrlen Veränderung der Grundlagen der Arbeits- und Erwerbsordnung. ES wird lange dauern, che sich die bürger liche Gesellschaft in dieser Umwälzung aller Grund- verbältniffe zurecht gefunden bat WaS die Handwerker- bcwegung betriffl, in welche die Berliner Versammlung wieder einen Einblick gewährt bat, so erkennen wir an. daß bas Auf treten maßvoll und besonnen war und sick vortdeilbaft von der lärmenden agrarischen Agitation unterschied. Sachlich aber zeigte eS sich doch wieder, wie groß »och die Kluft zwischen dieser Richtung in den Hanbwerkerkreiseu und den Anschauungen nicht nur eines großes TheileS des Bürger- thuins, sondern auch der Regierungen ist. Die Handwerker partei hält nach wie vor an dem Befähigungsnachweis und an de» Zwangsinnungen fest; darin allein erblickt sie da- Heil für ihren Stand. Die Grundlagen, aus denen der Minister v. Berlepsch das Handwerk neu ausbauen wollte, wurden als gänzlich ungenügend bezeichnet; auch die Vor schläge über das Lehrlingswesen fanden keineswegs die Zn stimmung der Versammlung. Da ist eine Verständigung wohl noch in weitem Felde. Um die Annahme des CivilehegesetzeS in Ungarn zu bintcrtreibe», ist, wie man sich erinnert, von klerikal-conservativer Seite jahrelang ein enormer Aufwand von Unwahrheit und Heuchelei getrieben worden, um aller Welt den Glauben bei- zubringen, daß die kirchenpolitischcn Fragen nicht aus den reale» Bedürfnisse» des ungarischen Volkes, sondern auS dem Macht- und Parteibedürfnisse einer Fraction bcrvorgegangen seien. Diese Taktik ist a»sS Kläglichste gescheitert: Seit cs ein nationale-Leben in Ungarn gicbt, wurde noch keine principiell wichtige Vorlage der Re gierung mit einer solchen Mehrheit zur Grundlage der Special-Debatte angenommen, wie dieser Entwurf eine» Ehe gesetzeS. An dieser Tbatsacke kann nicht gcmäkclt und nicht gedeutelt werden. Eine solche Anzahl von Stimmen auS den verschiedenen Lagern vereinigt sich nicht auS Zufall, auS persönlicher Neigung und aus bloßem Belieben. Eine solche Majorität kann nur entstehen, wenn die Frage, um deren Lösung es sich handelt, ties im Bewußtsein deS Volkes wurzelt und zur Entscheidung herangereist ist. DaS Häus lein der Gegner ist stark zusammengeschinolzcn und vermochte eS aus leine anständige Minorität zu hringen. Gedenkt man der Drohungen und schwarzen Weissagungen, die aus diesem Lager seit Jahr und Tag ertönten, erinnert man sich der lrampshasten Anstrengungen, die gemacht wurden, um Stimmen zu werben, Partciverbände zu sprengen und poli tische Treulosigkeit zum Principe zu erheben, so kann man sich eines Gefühls des tiefsten Mitleids nickt erwehren, wenn das Ergebnis) all der verlorenen Liebesmübe darin beslebt, daß man es unter dem Hochkrnckc der Kirche. deS größten TbcilcS der Aristokratie und aller Spielarten der Finsterlinge mit genauer Notb ans etwas mehr als hundert Stimmen brachte. Z» dem Gefühle des Mitleids gesellt sich aber auch das Erstaunen über die Vermessenheit eines so kleinen politischen Lagers, das durch alle erdenklichen Mittel die Welt über die eigene Schwäche täuschen wollte. In der Ohnmacht der verdienten Niederlage ergebt man sich schon in nörgelnde» Ausstreuungen über die Zusammensetzung der Majorität. Die Regierung, so sagt man, dankt ihre» Erfolg der Unterstützung der Kossuth-Garke, der Radikalen aller Grade, und sie leite daher das StaalSschiff in ein gefähr liches Gewässer. Dabei vergißt man natürlich, daß man selbst sehr ansehnliche HilfStruppen aus jener Partei em pfangen bat, die sich für Kossutb begeisterte, und die ganze Insinuation entspricht daher nur dem Aerger darüber, daß die Stimme» der Resormgcgner aus den Kreisen der äußersten Linken der Zahl nach geringer waren, als die Zahl derjenigen, welche, ihrem Programm getreu, jür das Ehcgesctz gestimmt haben. An diesem denkwürdigen Siege des Liberalismus Ungarns über die klerikal-conservative Reaktion gebührt da« Verdienst vor Allem der Regierung und in erster Linie dem Minister Präsidenten Wckerle, welcher den Muth batte, die liberale Fahne zu entrollen und die Kraft, sie sich nicht aus der Hand winden zu lassen. Ein ganz besonderes Verdienst hat sich der Justizministcr Vr. von Szilagyi durch die gründliche, geradezu elastische Ausarbeitung des Ebe rcchtsenlwurseS erworben. Nicht bester vermochte das Ab geordnctenbaus dem Minister den Dank zu votiren, als daß eS den frivolen Antrag, dem Justizministcr das Mißtrauen auszusprechen, weil sein Gesetzentwurf „mangelhaft vorbereitet sei und staatsrechtliche Bedenken gegen sich bade, mit erdrückender Majorität ablehntc. Der bisherige Verlauf der Einzel- beralhung des Entwnrss im Unterhause ist ein glatter und läßt alle an denselben etwa noch geknüpften Besorgnisse als gegenstandslos erscheinen. Heute schließt die Session des fchwoizerischen National- ratbeS, nachdem derselbe zwei principiell wichtige Beschlüsse gefaßt hat: Ablehnung des Zündbölzchcnmonopols und des verfassungsmäßig garanlirlen Rechtes auf Arbeit. Wenn irgend ein Industriezweig zur Verstaatlichung sich eignete, so war eS, wie die Befürworter des Monopols argumcntirtcn, die Fabrikation der Zündbölzchcn, denn hier bandelte eS sich in erster Linie nicht darum, für den Staat eine neue Einnahmequelle zu schaffen, sondern vielmehr darum, einem gesundheitlich höchst schädlichen Betriebe entgcgenzutretcn und eine der bevanernSwertheste» Elasten der Arbeiter, die an der schreckliche» PboSpbor- nckrosc leidenden Zündbölzchenarbeiter sanitär und ökonomisch besser zu stellen. Und trotz dieser humanitären Aus gabe, welche das Monopol crsüllen sollte, wurde dasselbe vom Nationalrath abgelehnt. Angesichts dieser Verhältnisse muß man den ablehnenden Entscheid als eine principiellc Stellungnahme zu der Frage der Verstaatlichung überhaupt erblicken und zwar im Sinne vcr Bekämpfung aller Monopole und deS FestbaltcnS an dem Princip der freien Concurre»; aus dem Gebiete deS Erwerbsleben- — Der Hauptsatz de« vielgenannten Initiativbegehreiis von 52 000 Bürgern um Einführung deS Rechte- ans Arbeit lautete: .DaS Recht auf ausreichend lohnende Arbeit ist jedem Schweizer Bürger gewährleistet". Im Besonderen wurden verlangt: Genügende FürsorgesürArbeitSgelegcnbcit.VcrkürzungderArbeitSzeil.wirk- aiiicrArbcitSnachweiS.SchutztcrArbeitergegen ungerechtfertigte Entlassung, sickere Unterstützung der unverschuldet arbeitslos Gewordenen, Schutz der VercinSsrcibeit, Sickerung der RechtS- tellung der Arbeiter gegenüber ihren Arbeitgebern. Wie der BundcSralh mit große» Mehrheit, so beschieß der National- ratb einstimmig, kaS Begehren sei den Ständen und dem Volk zwar zur Abstimmung vorzulegcii, aber Ablehnung zu empfehle». Schade nur, daß das ganze Sckweizcrvolk sich noch cininal »ul so unreifen Dingen befassen muß, für die ich die Wenigsten wirklich interestnen. Zu begrüßen ist r« dagegen, daß die Mehrheit des Stäuderatb Ausschusses den BnnteSratk einlaten will, Bericht und Antrag darüber ein zubringen, wie die bereits bestehenden Einrichtungen zur Br- schäslignng »nd Unterstützung unverschuldet Arbeitsloser durch de» Bund finanziell zu unterstützen seien, und ob und in welcher Weise eine noch weiter gehende Mitwirkung deS Bundes jür unentgeltliche» öffentlichen Arbeitsnachweis, sowie für die Versicherung gegen Arbeitslosigkeit möglich und gerecht fertigt sei. Zur Erklärung tcSZwischcnsallS zwischen der serbische» Fi » a » zverwa ltung und den Vertretern der an der serbische» Anleihe bethciligten drei Finanzgruppen ist Folgende« zu bemerken: Die Vertreter dieser Gruppen — Länderbank, Ottomanbank und Berliner Handelsgesellschaft — traten vorige Woche in Wien zusammen, um Vorschläge zu verein baren, die das Interesse Vcr AnlebenSgläubiger wirksamer als bisher sicher stellen könnten. Diese Vorschläge, die Baron Lcussac in Belgrad unterbreitete, gipfelte» im Wesentlichen in Folgendem: Doppelschlüssel zu de» Soiidcrcassc», Aussichl der auswärtigen Vertreter über die Buch- n»v Casscnführung. Gründung einer Bank, der die entsprechenden Zinsbeträge zweimal wöchentlich e,»gesandt werden, Verlängerung der Optio» jür die zweite Hälfte der vorjährigen siinfprocentigen Goltanleibe von 44 Millionen Francs bis zum I Mai l8S5. Das Bankconsorlium hatte bereits vor Ausgabe der Anleihe 18 Millionen Vorschüsse geleistet und aus die verbleibenden 26 Millionen, seither 8(2 Millionen, Vorschüsse gewährt. Jetzt erklärte eS sich bereit, eine weitere Million zu geben» falls die Bedingungen angenommen würden. Die« verweigerte Finanzministc» Pclrowitich stolz, er »ab», einfach da- Geld, das er zur Zahlung der rückständige» Bezüge der Beamten und Ofsieierc dringend brauchte, a»S den Sondrrcafsen und erklärte, die Gesammt - Regierung lönne die Be dingungen, da sic mit der Würde und Selbstständig keit Serbien« unvereinbar seien, nickt annekmen, die Vorschläge der Gläubiger würden aus Serbien ein zweites Egypten machen. Das thatkräslige Auftreten der Banken gruppe aber, welche erklärte, die Intervention der Eabinetic in Berlin, Paris und Wien anrusen zu wolle», scheint Herrn Petrowitsch dock noch zur Einsicht gebracht zu haben, er bat in zwölfter Stunde dem Baron Leyssac erklärt, daß er da- der zeitige VertragSvcrhältniß anerkenne, Letztere» al« Ehes der Delegirlcn bei den Spccialcasse» acceptire und bereit sei, gemeinsam mit den Delegirlcn Mittel und Wege ausfindig zu machen, um de» berechtigten Forderungen der Banken zu entsprechen. Daraus ist, wen» man dem vollen Indalt der Meldung traue» darf, Baron Leissac von der Forderung einer Feuilletsir. Mtdea. Ein bürgerlicher Roman von Wilhelm Wolter-. «Nachdruck kerbolen.) 17j «Fortsetzung.) „Nein, eS ist nicht zu glauben, und dock ist eS so! . . . Denken Sie . . . ES ist Scheuersest vorgestern, und Martini früher sortgcgangen ... Ich komme hinauf in sein Zimmer, Sie wissen ja, daS grüne Zimmer ... DaS Schubfach seines Schreibtisches ist hcrausgezogen und stellt oben auf seinem Schreibtische drauf... Ich werfe einen Blick hinein und sehe meine Handschrift ... ich trete näber ... ein Packet ... ich greife danach ... meine Briefe eines ganzen Vierteljahres mit einem Cigarrenbandc zusamnieugebiinden . . . beiläufig un gefähr fünfzehn Stück . . . nnerössnet! Was sagen Sie dazu?" Willrich blieb erschöpft wieder sieben. „Hat er Ihnen denn nie geantwortet?" „Antworten hatte ich mir ja strengstens verbeten! . , Obgleich er daS früber nie beachtet bat... ich glaubte, er sei in sich gegangen ..." „Ach, ach... ja, das ist freilick wenig taktvoll von ihm", sagte Paul, sich mit Mühe das Lachen verbeißend. „Und WaS gedenken Sie nun zu thun?" „Ja, scbcn Sic, lieber Herr Förster, da- ist nun eben der Punct, wegen besten... ich glaube, wir werden ein Ge witter bekommen ..." Paul warf einen prüfenden Blick nach dem Himmel, an besten Horizonte scharfe Zacken kleiner weißer Wolken auf tauchten. „Also der Punct..." „Wenn ich hoffen dürfte, im Vertrauen auf Ihre mir so oft bewährte Freundschaft hoffen, daß Tic zu bewegen wären, wieder das Feuilleton .. unter anderen Bedingungen natür lich, unter anderen Bedingungen! . . . Sic sind der einzige Mann, der selbstständig il>», gegenüber bleiben wird, den er nicht unter sich bekommen wird! Der Einzige... Der Einzige, der meine Intentionen unterstützen kann, weil er sie begreift, weil er selbst ein fühlende- Herz im Busen bat!... Ich ge stehe Ihnen offen, daß ick eS als besondere Gefälligkeit an sehen würde! ... Als Gegengewicht gegen Martini! Sagen Sie nicht nein, Sie müssen mir Ihre liebenswürdige Feder Wieder leihen! Sie müssen mich und mein Blatt retten." „Ihr Vertrauen ehrt mich", entgegnete Paul, „allein ich habe so viel zu thun, ich weiß nicht, ob ich es werde be wältigen können ..." „Sie schwanken! Sie sind gewonnen!" rief Willrich glückstrahlend. „Meinen Dank, mein lieber Herr Förster, meinen besten Dank! Alles Uebrige schriftlich!" Er streckte ihm die Rechte hin. „Nein, nein", sagte Paul, „so war eS nicht gemeint..." „Gnädige Fruu, vereinen Sie Ihre Bitten mit den meinen, Helsen Sie mir!" „Was in meiner Mackt steht, werde ich thun", erwiderte Martha, aber die ist gering." „O, sagen Sie das nicht, sagen Sie daS ja nicht, gnädige Frau, die Macht eines liebenden Weibes ist größer, als irgend etwas auf der Welt!" „Lieber Willrich, Sie müssen schon entschuldigen, wenn ich Ihnen jetzt keine bestimmte Antwort gebe, ich will mir die Sache überlegen ... aber drängen Sie mich nickt, unter gewissen Bedingungen wäre eS vielleicht möglich ..." „Das genügt mir, das genügt mir vollkommen, lieber Herr Förster, ich bin vollkommen zufrieden." Man hatte sich Cläres Hause genähert. Die Gesellschaft stand schon wartend und winkend vor der Thür. „Gestatten Sic mir nur noch, daß ich Ihrem lieben Fräulein Schwester persönlich gratulire, ehe ich mich empseble", sagte T. O. Willrich. „Ich bitte um Entschuldigung wegen der Verspätung", ries Paul, „ich hatte noch ein unaufschiebbares Geschäft zu erledigen." „Ich bin der Missethäter", fügte T. O. Willrich hinzu, indem er den Kops hangen ließ. „Fräulein mein Freund Karl Stock, meiner Schwester Bräutigam ... mein ehemaliger Chef, Freund und Gönner, Herausgeber der „Neuen Dresdener Presse", T. O. Willrich", stellte Paul vor. „. . der sich glücklich preist, daß der Zufall eS ihm ver gönnte, Ihnen, verebrte« Fräulein, und Ihnen, mein -Herr, seine herzlichsten Glückwünsche zu dem so überaus freudigen Ereignisse darzubringcn. Reckt, sehr recht! Erst die Ehe macht den Menschen zum wirklichen Menschen! Nicht wahr, lieber Herr Förster? WaS habe ich Ihnen damals gesagt? Und Sie haben 'S nickt bereut, wie man steht!" „Besten Dank, Herr Willrich!" rief Cläre. „Und nun müssen Sie zu Ihren Wünschen gleich noch eine Gabe legen. Sie kommen un« wie gerufen! Sie sind unser dritrr Herr, der uns zu unserem Spaziergange fehlte! Die Paare sind vollzählig, wenn Sie die Freundlichkeit haben, sich uuS an- zusckließen. Ich bin überzeugt davon, daß Ihre liebenswürdige Frau Gemahlin ... eS geht ihr doch gut?" (Willrich verbeugte sich) „Ihnen nicht zürnen wird, wenn Sie uns den Gefallen thun ... ich weiß, daß sie selbst nicht so lange ihre große Wirtschaft im Stiche lassen kann . . . Meine Freundin, Mitz Anita Maxwell, eine ebenso liebenswürdige wie geistvolle, junge Dame aus Amerika, wird sich ganz besonders freuen .. /' „Ah, auS New-Bork, wenn ich fragen darf?" „Nein, auS Washington", erwiderte Anna lächelnd. „Mit dem allergrößten Vergnügen", sagte T. O. Willrich, „wenn ich die Gesellschaft nicht störe, mit dem allergrößten Vergnügen! ... Nein, meine Frau wird durchaus nicht . . . hm hm . . Er warf einen verstohlenen Blick nach Paul. „Wir werden zwar ein Gewitter bekommen heute, aber . . ." „DaS thut nicht-, da sind wir schon wieder unter Dach und Fach". „Alle fanden Cläres Vorschlag ausgezeichnet. Auch Paul. Es war schwül, außen wie innen, Willrich s harmlose Heiter keit konnte nur kühlend wirken. „Wir geben am besten über die Dörfer und fahren dann hinüber", schlug Cläre vor. „XII riakt", entschied Karl. „Auch Amerikaner?" fragte T. O. Willrich. „Wenigsten« Ansiedler, obwohl Dresdener von Geburt." „Ah ... auS New-Dork?" „Getroffen!" Karl lachte. »Labe ich da irgendwie eine indiScrete Frage gethan", sagte T. O. Willrich erschrocken, „dann bitte ich vielmals um Verzeihung." „Nein, durchaus nicht", erwiderte Karl, ick habe mich zu entschuldigen wegen meines unhöflichen Gelächter-. „Uns, ich meine den Amerikanern, kommt die Frage: auS New-Hork? etwa- spaßhast vor. Es ist die erste und immer die selbe Fxage, die jeder Deutsche jeden Amerikaner fragt, als ob New-Äork die einzige Stadt in ganz Amerika wäre." „WaS bat er von Dir gewollt?" flüsterte Cläre zu dem Bruder. „Ich soll deS Feuilleton wieder übernehmen, als Mann de« Wohlwollens, um unter dem Stricke zu versöhnen, wenn Martini über demselben allzusehr gewütbet." „Nimm - an, ick ratbe Dir, nimm'S an. Du reibst Dich aus mit Deinen dichterischen Arbeiten. Du wirst ruhiger werden, wenn Du wieder eine feste Grundlage hast." „Ich habe »och nicht abzclehnt." „Greife zu." „Gnädige Frau", sagte Willrich, eine Stockung an einer Ecke benutzend, um an Martha'S Seite zu gelangen, „Die inüsic» mir glltigst gestatten, daß ich mich Ihnen al- Weg gefährte aufdränge. Sie werden mir glauben, wenn ich Ihnen versichere, daß eS nickt Egoismus allein ist, der mich dazu veranlaßt, aber ick gestehe cs offen, ein wenig Egoi«mu« ist dabei, ich möchte so gern mit Ihnen auSsührlich über mein Project sprechen." „Sic überschätzen ganz und gar den Einfluß, den ich auf meinen Man» habe." „Ich kenne die Frauen, und ich weiß, was sic vermöge» ... eS ist ei» Glück, vaß unS Männern da« Geschick solch zarte Beratherinne» gegeben ... Sic baden mir Ikre gütige Unter stützung versprochen..." „WaS ich versprochen, werde ich halten " „Also, ich denke mir die Sache so ..." Carl ging jetzt mit Cläre voran. Willrich und Martba folgten. So blieb Anita an Paul- Seite zurück Sie schwiegen Beide eine Weile. „Ist Ihnen nicht auch etwas wekmütbig zu Muthe?" begann Paul. „Eine Henkersmahlzeit, tiefer Spaziergang". „Ja, niemals werden wobt für mich solche Stunden wiederkommen, wie Sie mir in dem kleinen Salon Ihrer Mutier beim gemütblichen Zirpen der Theemaschine oder unter dem Dach der Jalousie zwischen Len nickenden Blumen aus dem Balcon so unvergleichlich schön mit Ihrer Schwester vergangen, aber man darf nicht an sich denken, man muß sich wenigstens Mühe geben, nickt egoistisck zu denken." „DaS ist sckwer!" „O, ick weiß eS. Als ich »och nicht ackt Jahre alt war. Hörle ich einmal eine Tamc sagen, die kleine Anita Mapwell würde wol,l ein ganz nettes Mädchen sein, wenn sie nicht so egoistisch wäre Seit diesem Tage habe ich mir die größte Mühe gegeben, bei» Fehler zu bekämpfe», dock wie oft ver gebens ... DaS ist aber wobt kein sträflicher Egoi-mu-, daß ich mich darüber freue, Cläre bald in meine Nähe zu be kommen ..." „In Ihre Nähe ? Wieso?" „Im Herbste geben wir auch hinüber." „Im Herbste", wiederholte Paul tonlos. „Also auch Sic verlassen uns." Nock nie war ihm der Gedanke an diese dock so nahe liegende Möglichkeit ausgcstiegcn Jetzt erschien ihm mit einem Male die Zukunft wie ein öde«, weite« Nicht«.
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