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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.04.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-04-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940420018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894042001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894042001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-04
- Tag1894-04-20
- Monat1894-04
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Bezus-^prel- W Ne Han-trrredtti o, »der de» im Gtabt- tqirt «d de» Bororte» errichtete» Aus- ILstrll«, »bgrh,lt: Vierteljährlich^4ch0, bei zweimaliarr täglicher g »stell»», t»s hü« » Hch0. Durch di» Post bezog«» für Deutschland und Oesterreich: viertel,Lhrlicb -I 6.—. Direct» täglich« Sreuzbondiendu-g Li»Morge».>u1gab« erscheint täglich '/,7Uhr, di» il dend-Ausgabe Wochrntagt ü Uhr. Xedactio« »d Lrpe^itiou: Lotz«r»»e»gaG« 8. Dle Lrpeditio» ist Wochentag« unuuterbroche» g»äst»«t »»» früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. /Male«: Ott« Ule»«'« G«rti«. Mlfretz H«h>1b Universitätssttaß« 1, S-chi» Lösche. stat-armeustr. 14. hart, und --»igkplatz 7. Morgen-Aitsgabe MMrIa-MM Anzeiger. Lrgan für Politik. Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. ^W. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Da§ städtische Freibad am Schleuniger Weg wird am 15. Mai diese« Jahre« eröffnet. Die Beaufsichtigung desselben ist auch in diesem Jahre Herrn Fischermrister Earl Wilhelm Meißner hier übe» tragen worden. Für die Benutzung des Freibades gelten die rmter T »ach. stehenden Borschristen. Leipzig, am IS. April I8S4. I d. 1784. Ter Rath »er Stadt Leipzig. vr. Georgi. Morche. G I) Die Anstalt kann in der Zeit von Morgen» b bis Nachmittag« I'/, Uhr und von Nachmittag« SV, Uhr bi« zu« Duokelwerden «neotgettlich benutzt werden. L) Die tägliche Schlußzeit wird durch zwei Zeichen mit der Glocke angegeben. 3) Nach dem ersten Zeichen wird Niemand mehr eingelassen, »ach dem zweiten haben die Badenden sich sofort au« den Bassins und sodann mit möglichster Bcschteuntgung aus der Anstatt zu eutsernen. 4) Erwachsen« werden in das Bad nur gelaffen, wenn sie mit Badehosen versehen sind. bi Tie Perrons, Brücken. Aus- und Ankleidestellen, Bassins und sonstigen Räumlichkeiten der Anstalt dürfen in keiner Weis« ver- unreiriigt werd«». 6) Niemand darf deu Anderen bespritzen, untertauchen oder sonst belästigen. 7) Alles unnöthig« Schreien, Lärmen »nd Herumlanfe» in der Anstalt ist untersagt. 8) Abwaschungen mit Seife dürfen nur an dem dazu bestimmten Lite vorgenommen werden. 5) Da» Ein- und Aussteigen darf nur auf den Treppen ge- schehen. 10) Die jedesmalige Benutzung der Anstalt ist auf die Dauer einer Stund« beschränkt. II) Das Mitbringen von Hunden in die Anstalt ist verboten. 12) Das Betteten der Rasenböschungen, dos Uebersteigen der Barrieren und das Baden in den Zu- und Abflußgräben ist nicht gestattet. 13) Jeder Besucher der Anstalt hat dem Aufseher auf dessen Verlangen seinen Namen und Stand, sowie seine Wohnung zn nennen. 14) Tpn Anordnungen LeS Aufsehers ist unweigerlich Folg« zu leisten. 1Ü) Widersetzlichkeiten gegen denselben oder Zuwiderhandlungen grge» dies» Borschristen werde» mit Geldstrafe oder Haft oder auch mit dem Verbote fernerer Benutzung der Anstalt geahndet. Bekanntmachung. Für da» zum Nachlasse de» Mechaniker« und Optikers Hermann Theodor Liehe in Leipzig, Neumarkt 23, gehörige Geschäft nebst Waarenlager, Handwerkszeug und Ladeneinrichtung sind 2700 >1 geboten worden. Höhere Gebote sind bi- zum 2b. April 18S4 Mittag» 12 Uhr im Zimmer 118 des hiesigen Amtsgerichts abzugeben. Die betreffende» Gegenständ« können Montag den 23. April 18S4, Vormittags 10—12 und Nachmittags 8—b Uhr tm bisherigen Seschäftslocale besichtigt werden. DaS Berzeichuiß der Gegenständ« liegt im Amtsgericht zur Einsichtnahme au». Leipzig, deu 19. April 1894. Du uze. Lr. Bekanntmachung. Anzeigen-Prei- die 6 gespaltene Petitzeil« 20 Pfg. Reklamen unter dem Redacttonsstrich (4g— spalten) bO^j, vor den Familiranachrichtea (6 gespalten) 404- Größer« Schriften laut unsere» Prris- derzeichniß. Tabellarischer «ad tztsserujatz nach höherem Tarif. Gptra-Beilagen (gesalzt), nur mit der Morgen.Ausgabe. ohne Postbeförderung SO.-, mit Postbejörderung 70.—. Annahmeschtuß für Anzeigen: Abead-Antgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Busgabe: Nachmittag« 4Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,9 Uhr. Bei den Filialen »nd Annahmestellen je «tu« halbe Stunde früher. Anzeige« sind stet« an di« Erpetzitf«» zu richten. Druck und Verlag von E. Polz tu Leipzig. Freitag dm 20. April 1884. 88. Jahrgang. Nach K. 17 der Kirchenvorstands, und Synodalordnung hat Ende Mai diese- Jahres die Hälfte der Mitglieder des hiesigen Kirchen. Vorstandes auszuscheiden. Es sind die» die Herren Kaufmann Wil Helm Graul» Professor vr. Ernst Haste, Buchhändler Hermann Kirsten, Ephoralsecretair Julius Pistzach, Rechtsanwalt Lebrecht Echenstler. Für die am Sonntag Exaudi, den 6. Mai, zu ver. onstaUeude Neuwahl ist zuvörderst oie Lifte »er Stimmberech tigten auszustellen. Stimmberechtigt sind nach K. 8 der Kirchen. Vorstands-Ordnung alle selbstständigen Hausväter der Kirchen, gemeinde (ohne Unterschied der Staatsangehörigkeit), welche da» 2ü. Lebensjahr erfüllt haben, sie seien verheirathet oder nicht, mit Ausnahme solcher, die durch Verachtung de» Wortes Gottes oder unehrboren Lebenswandel öffentliches, nicht wieder gehobenes Aerger. niß gegeben habe», oder von der Stimmberechtigung bet Wahlen der politischen Gemeind« ausgeschlossen siud, sowie nach A. 2 de« KirchengesctzeS vom I. December 1876 derjenigen, denen in Folge der Verweigerung der Taus«, Trauung oder Confirmatton die kirch- licken Ehrenrechte entzogen worden sind. Es wird nun hierdurch ousgefordert, die Aumrivu»« zur Giniraanng i« tzie Lifte »er Stimmberechtigte« unter Angabe von Namen, Stand, Alter und Wah«««g »am IS. bi» 27. April AbenbS « Uhr schriftlich oder mündlich, jedenfalls aber eigenhändig, bez. persönlich, in der PsarramtSexpedilion (Kirchplatz 8, parterre) in den Stunden Vormittag- 8 bis Nachmittags 1 Uhr und Nachmittag» 3 bi- 6 Uhr Wochentag- zu bewirken, indem ausdrücklich daraus hingrwiesea wird, daß zur Betheiligung an der Wahl nur Diejenigen berechtigt sind, welche nach vorgängiger Anmeldung Ausnahme in di« Wähler- liste gefunden haben. Leipzig-Gohlis. am 12. «prll 1894. Der Wahlausschuß. vr. W. Seydel, Pastor, Borsitzender. Die städtische Sparkasse beleiht Werthpaptcre unter günstigen Bedingungen. Leipzig, deu 10. Jaauar 1894. Die Sparcassen-Deputatto». Bekanntmachung. In Thüringen, 10 Minuten von dem Bahnhof« Berga-Kelbra und ebensoweit von dem hübsch gelegene» Städtchen Kelbra «Kr,ff- dänser) entfernt gelegen, ist »in großes, geräumiges Wohnhaus m t Nebnigebäuden und Stallungen und großem Obst-, Gemüse- »n Blumengarten, in unuiiltelbnrer Nähe von fließendem Wasser, au eine länger« Reihe von Jahren zu verpachten. Da« Besitzthum würde sich vorzüglich zu einem ländlichen Au enldalt« eignen, wie sich auch ein größerer Gewerbebetrieb — Gärtnerei jedoch »»«geschlossen — darin uaterbrtugea ließe. wegen Besichtigung de« Grundstücke« wolle man sich an un« weudrn, auch etwaige Anerbieten schleunigst o» »u« einsende«. Noßlo, de» 7. April 1894. AstrAltch Gtalber,.«Klatsch, «eattammer «r»ck. Zur Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Königs von Sachsen wird Montag, den SS. dss. Mts.. Nachmittags S Uhr ein Festmahl im Etablissement stattsinden. Diejenigen Herren, welche sich daran betheiligcn wollen, werden ersucht, die TaMartcn zu 4 ^8 bis zum Mittag des 21. dss. Mts. in unserer Nuntiatur im Rathhause zu entnehmen. Daselbst werden auch Bestellungen auf Tafclplätze angenommen; ohne vorherige Bestellung önnen Plätze nicht belegt werden. Hierbei machen wir ausdrücklich darauf aufmerksam, daß wir auch in diesem Jahre be- ondere Einladungen nicht ergehen lassen werden. Leipzig, den 9. Zlpril 1894. Der Rath der Stadt Leipzig. in. Grö » 9«ü. vr. Tröndli Zrößel. Bekanntmachung. Wegen Reinigung der Räume bleiben die Schllicastk, die Gchul- expedition und die Schulgelderrinnahmr Sonnabend, be» 2 t. April. Nachmittag«, «nb Montag, bcu 2S. April geschloffen. Leipzig, den 10. April 1894. Der Nath Per Stadt Leipzig. vr. Georgi. Müller. Professor Paulsen über Zeit- und Streitfragen -es deutschen Universitäts-Wesens. La. In dem Werk über dir deutschen Universitäten, da« aa dieser Stelle erst kürzlich erwähnt wurde, bat Friedrich Paulsen, der bekannte Lehrer der Philosophie an der Berliner Universität, das einleitende Capitel Uber „Wesen und ge- chichtlichr Entwicklung der deutschen Universitäten- geschrieben. Lr berührt darin wichtige Streitfragen, die gerade in jüngster Zeit vielfach erörtert und die zum Theil zügle ck Culturfragen im höchsten Sinne des Wortes sind. Diese Äusfübrungen ver dienen nicht nur wegen der geistigen Persönlichkeit Paulsen'S, seiner feinfühligen, vorsichtig und weltersahreu abwägenden Art, sondern auch darum Beachtung in weiteren Kreisen, weil idr Abdruck an so hervorragender, amtlicher Stelle bei aller Freiheit, die deni Verfasser gelassen war, doch wohl aus die Anschauungen der maßgebenden Verwaltungskreise schließen läßt. Zunächst mögen hier Paulscn's Worte über die Lehr- reiheit wenigsten» auszugsweise stehen: „Nur an zwei Puncteu wird auch beule noch wenigstens gelegentlich der Versuch gemacht, der Lehrfreiheit Grenzen zu ziehen: in der Theologie und in der Philosophie. Was die Theologie anlangt, so erheben hier die kirchlichen Autoritäten und die kirchlichen Parteien gegen die Lehrfreiheit Einspruch. Die Voraussetzung dafür ist: die Kircke ist im Besitz der absoluten Wahrheit, sie hat sic formulirt im Dogma. Die katholische Kirche hat ihren Anspruch auf Controle der Lehre völlig durchgesetzt; ander» liegt die Sache im Protestantismus. — Der Professor beruft sich auf sein Recht und seine Pflicht, zu lehren, was ihm als Ergebniß wissenschaft licher Forschung feststeht; die Vertreter der Kirche, officielle und freiwillige, machen ihm zum Borwurf, daß er anders lehre, als die Kirche und ihr Bekenntniß zu glauben fordere, und daher könne er nicht Lehrer der Kirchendiener sein. Die Staatsverwaltung, der mit der Universität auch die theologischen Facultäten unterstehen, stellt das Zünglein an der Waage dar: bald wiegen bei ihr die Bedenken der Kirchlichen schwerer, dann findet Repression sür unkirchlich geltender Lehren und Lehrer statt, bald ist ihr die Freiheit der Forschung wichtiger, dann hält sie ihre Hand über den Angegriffenen. Im Ganzen hat sie in der jüngsten Zeit nach der letzten Seite sich geneigt, und daher die Unzufriedenheit mit der gegenwärtigen Rechtsordnung bei den Hochkirchlichen, daher »hre Forderung, die kirchliche» Organe direct an der Controle der theologischen Facultäten zu beiheiligen. Diese Bestrebungen müssen aussichtslos erscheinen: sie sind gegen den Geist sowohl der Universitäten, als auch der protestantischen Kirche selbst. Der Glaube steht hier nicht auf einer äußeren Autorität, und darum kann auch die Lehre nicht daraus gestellt werden. Zwischen dem Bekenntniß der Kirche und der Lehre der acultäten ist hier nur das Verhältnis freier Zusammen- stimmung möglich, nicht daS absolutistischer Unterordnung. Wie die katholische Kirche auf DiScipliu, so ist die protestan tische von Anfang an auf Freiheit gestellt, und für die Kirchen wird äuch gelten, was von den Staaten gesagt worden ist, daß sie durch dieselben Kräfte erhalten werden, durch die sie entstanden sind. Die andere Wissenschaft, die gelegentlich die Lehrfreiheit zu vcrtheidigen hat, ist die Philosophie. In der katho- tischen und einem Theil der protestantischen Presse ist cS ein ständiger Klagepunct, daß aus unseren Universitäten eine atheistische Philosophie geduldet werte, die sich die Unter grabung des Glaubens und die Verderbung der Jugend zum Geschäft mache; diese Hörsäle seien die eigentliche Pflanz schule der Revolution, der Socialdcmokratie, de- Anarchismus. Vergeblich bekämpfe man diese, so lange man jene eigent lichen Seuchenherde bestehen ließe. — Nur da« ist hier mit einem Worte zu sagen, daß «ine unter Controle stehende Philosophie nicht« -ist und nicht» sein kann. Philosophie ist nicht- anderes, als der von jeder Zeit wiederholte Ver such, daS Wesen und den Sinn der Wirklichkeit au» »»sprechen, wie sie dem der Betrachtung der Ding- unbe- sangen sich hingehenden Menschengeist sich darstellt. Jede Zeit muß deu Versuch erneuern, aus Grund aller ihrer Er- kenntnisie letzte, zusammenschließende Gedanken zu bilden; da« ist ihre Philosophie. Die Philosophie kann ein« nickt aus- geben, ohne sich selbst aufpigeben, das Recht, alle Gedanken Früherer zu prüfen und je nachdem »nizubilden oder zu oer- werfen. Eine Philosorhic, die hinaus verzichtete, die gewisse Gedanken als unantastbare, der Piüsiing absolut entzogene Wahrheiten anerkennen müßte, wäre keine Philosophie mehr. Philosophi« heißt vora«»setzung«lo» die Wahrheit suchen. d. h. ohne Voraussetzungen, die nicht bezweifelt und geprüft werden dürfen. Das wird nun auch für den philosophischen Unterricht auf der Universität gelten. Er hört auf, ei» philosophischer zu sein, wenn er einer anderen Controle als der der freien Untersuchung untersteht. Der philosophische Unterricht kann nur wirken, wenn der Hörer ,n ihm den freien und un behinderten Ausdruck der nach bestem Wissen und Gewisse» gebildeten Ueberzeugung des LebrcrS zu haben gewiß ist. las ist sehr was Ungereimtes, sagt Kant einmal, von der Vernunft Aufklärung zu verlangen und ihr doch vorher vor- znschreiben, auf welche Seite sie ausfallen müsse. DaS sieht auch der Hörer ein. Was er in den philosophischen Vor lesungen hören will, daS sind nicht osficiell gebotene oder zulässige Ansichten, sondern Gedanken, wie sie ein Mann, der den großen Fragen der Welt und des Lebens rindringendes Nachdenken gewidmet bat, als Person liche Ueberzeugung vertritt. Also, waS den Inhalt der Lehre anlangt, jo ist volle Lehrfreiheit die Voraussetzung d«S Gedeihen- des Universitäts-Unterrichts. Eingriffe in die Lehrfreiheit erzeugen Erbitterung bei den Gemaßregelten und Mißtrauen gegen die protegirte Richtung." Die Lernsreiheit ist die notbweudige Ergänzung der Lehrfreiheit. Die deutsche Wissenschaft will als freie von Freien gesucht und geliebt werden. Mit schulmäßiger Ordnung würde man dieselben Erfahrungen machen wie in Rußland. Dort gilbt eS ossicielle Lehrpläne für die JahreScursr, der Besuch ist obligatorisch, am Schluß werden Prüfungen abgcbalte» und Noten gegeben. Und der Erfolg? „Ueberall findet ma» die Klage, daß sich schon nach dcrMitte deSNovember dieAuditoricn leeren. Gut, wenn nach Neujahr biS EndeFebruar einige Zunahme zu bemerken ist; aber dann fehlt es mit dem beginnenden Arbeiten auf das Epamen vollend« an Zeit zum Besuch der Vor lesungen." Auch der Amerikaner I. M. Hart mag die Wir kungen der Lehrfreiheit bezeugen; er sagt: „Der deutsche Professor liest nur sür Solche, die willens und fähig sind, ihn zu hören. Seine Beziehung zu den Hörern ist die eines Gentlemen, der zu einem anderen spricht. Er ist nickt in beständiger Angst (wie sein amerikanischer College), sich mit Necknamen rufen zu hören oder sein Gesicht carikirt z» sehen, eine nächtliche Ruhe wird nicht durch mitternächtliche Ständchen gestört." Sicherlich würden alle diese Dinge sich auch bei unS einfinden, wenn wir die Ursachen, die sie bervorbringen in die Universität einführten: SchuldiSciplin und Polizeiaufsicht „Jünglinge zu selbstständigen, im Denken und im Wollen clbstständigen und der eigenen Verantwortlichkeit bewußten Männern zu bilden, da- ist die Idee der deutschen Universität wie sie nun seit beinahe zwei Jahrhunderten sich entwickelt hat. Sich der Freiheit bedienen, sich selber berathrn »nd regieren, das kann nur in der Freiheit gelernt werden freilich ist dies eine gefährliche Schule; aber es giebt keine andere. In den Kämpfen, mit denen der Wille gegen die Neigungen seine Freiheit und Herrschaft erringt, reist der Manu. Man muß die Knaben riSkiren, um Männer zu gewinnen, das Wort Rousseau'« gilt auch hier. Darauf ist die deutsche Universität gestellt. Und das ist eS, WaS ihr der Mann noch dankt." Ueber Studentenverbindungen und Mensuren heißt eS: „Als der eigentliche Repräsentant de« deutschen Studentcnthums fühlt sich und wird meist, im AnSlande wohl »och mehr als in Deutschland selbst, der farbentragcndc und sich schlagendeVerbindttngSsludeiit angesehen, obwohl er ziffcrn mäßig nur einen kleinen Bruchtheil der Studentenschaft dar stellt, schwerlich auch nur den zwanzigsten Theil. Oeffentlich werden nicht selten harte VerwerfungSurtheilc Uber diese Art von Verbindungen laut; völlige Vernachlässigung der Studien rohe Ueberschätzung des äußeren Wesens, hochmütbige Ver achtung der anderen wird ihnen vorgeworse», rcfvnderS den Corps. Und in der Thal sind die Gefahren nicht unterschätzen: Vergeudung von Zeit und Kraft in allerlei Nichtigkeiten, Vernachlässigung und auch Verachtung der Studien, Verengung des Gesichtskreise« sür menschliche Dinge, alle diese Folgen vervorzubringe» liegt eine g-wissc Tendenz in dem Wesen dieser Verbindungen, sie wird sich am stärksten bei Verbindungen von sehr kleiner Mitgliederzahl gellend macke». Dennoch würde taS allgemeine VerwerfungSurtheil übereilt sein. Man vergesse nicht: Zum Verkomme» »uv Verbummej» ist auch außerhalb der Ver bindungen Gelegenheit. Es fehlt nicht an Verbindungen, bei denen ein anständiger Abschluß der Studien, und sei eS auch nur um de» äußeren RuseS willen, al« eine Forderung der Couleur au den Einzelne» auftritt. Sodann aber wird aus einer Verbindung, in der nickt eben ein schlechter Geist herrschend ist und die eine nickt zu kleine Zahl von Mitgliedern bat, mancher unverächllichc Gewinn fürs Leben mitgcbrachk. Vor Allem dieser: Die Verbindung ist eine freie, sich selbst regierende Körperschaft; ihre Mitglieder lernen täglich im kleine» Kreise die große Kunst, sich selbst und Andere regieren Nicht minder lernen sie mit Feind und Freund draußen umgebe» jede Vergebung findet scharfe Beobachter und strenge Richter So wird eine gewisse Haltung und Sicherheit der Bewegung erworben, an der man manchmal noch im späteren Leben den alten Verbindungsstudenten erkennt. Es wäre auch völlig unverständlich, woher die Freude und Anhänglichkeit kommen sollte, mit der so viele alt« Herren ihrer Verbindung ge denken, und noch weniger wäre eS verständlich, wie sie ihre Söhne derselben Verbindung zusühre» sollten; der Vater pflegt doch andere Dinge für seine Söhne zu schätzen, als Vergnügen und Eitelkeit, Schulden und ei» zerfetztes Gesicht. Ein besonderer Stein des Anstoßes ist sür Viele das Fest balten am Duell oder der Mensur. Ich will die Sache nicht rechtfertigen oder gar die Ausartungen vertheidigen, wozu sic o leicht fükrt: ei» berauSsordernteS, renommislischeS Wesen 'l gewiß keine Eigenschaft, die vor Gott und Menschen an genehm macht, und ein frivoles Spiel mit eigenem und fremdem Leben ist nichlSwürdig. Doch kann man die Sache auch von einer andern Seile betrachten. Ohne die Mensur chlle den Wasscnübungen da- spannende Interesse und den Verbindungen ein gut Stück der Disciplin. die sie üben; in gewisser Weise ist sic doch auch eine Probe des Muths oder, wenn man will, der Ncrvenslärke; auch trägt sie bei, den Einzelnen innerhalb deS Kreises eine Schätzung zn sichern, die von der Größe seines Wechsels unabhängig ist. „Sich schlagen, ist ein Nebel", sagt der Amerikaner I. M. Hart in seinem Buche Uber die deutschen Universitätcn, „aber eS gicbt andere Nebel, die ebenso groß und viel gemeiner sind", und er weist dabei ans allerlei Vorkommnisse in amerikanischen CollegS bin. DaS deutsche System babe wenigste»« den Vorzug, männlich u sein: eS hält den Studenten zu strietcster Berantwortlich- eit an für DaS, was er thut und sagt." Deutsche- Reich. ^ Berlin, 19. April. Nnter den Zollsragen spielt seit einiger Zeit Ouebrachoholz eine nicht geringe Rolle. Dem Reichstag liegt ein Antrag auf Einführung eine- Zolls sür dieses süramerikanifche Product vor, im Agrar- bause ist die Frage schon mehrfach zur Erörterung gekommen und eS ist jetzt ein ausführlicher Bericht der Abgeordneten- cominifsion Uber diesen Gegenstand erschienen. Dem Ab- gcordiietenhause lagen Petitionen auS der Eifel und der» Kreis Siegen vor, welche zur Abwehr der dem denlschen Eichenschälwald durch die zunehmende Einfuhr ausländischer Gerbstoffe drobende» Gefahren die Bitte anssprachen, aus daS ausländische Gerbmaterial höhere EingangSzölle zu legen, und zwar vor Allem auf daS Ouebrachoholz. Im Gegensatz dazu suchten Petitionen von Ledcr- iabrikantcn »achzuweiseiz, daß da- Ouebrachoholz unentbedr- jich sei, der deutsche Schälwald den Bedarf nie zu decke» vermochte und die Vertheucrung der Einftibr jenes Gerbstoffs die einheimische Lederindustrie aus« Empsindlichste schädigen werde. Der Berichterstatter, Abg. Schmitz-Erkelenz, führte u. A. a»S: Die Erträgnisse deö Eichenschälwaldes feien von Jahr zu Jahr gefüllten. An dem Bestehen dieser Wald- cnltur und der damit in engster Beziehung stehenden Gerbereien hätte besonders die Eifel cm Lebensintereffe, aber auch viele andere Landschaften m West und Süddenlschland. Ter Schäl- walv sei vorzugsweise Eigeiilhiim deS Klein- und MittclbesitzeS und seine Erhaltung ein hervorragendes Interesse sowohl der LanLcScultur als de« Schutzes gesunder wirtbschaftlicher und socialer Verhältnisse. Tic Verwcribung deS OucbrachvholzeS komme wesentlich de» Großgerbercien zn GuIe. Ci» RcgierungS- commissar wicS darauf hm, daß die Angelegenheit vor den Reichstag und die RcichSrcgicrnng gehöre, machte aber ein gehende Mitthciluiigen über alle hierbei in Betracht kommen den Verhältnisse. Die Commission beschloß, die Petitionen für den Zoll der Staatsregiernng zur Berücksichtigung z» überweisen, über die entgegengesetzten zur Tagesordnung überzugehcn. O. li. Brrlt», 19. April. Die kaiserliche Cabin ets- ordre, welche sämmtlichen Ossicieren der Armee und der Marine da» Totalisatorspiel verbietet, ist nicht über raschend gekommen. Ans seiner Abneigung gegen den Totalisator hat der Kaiser nie rin Hebt gemacht; in gut- nnterrichtetcn Kreisen wird sogar behauptet, daß der Monarch nur deshalb so selten den Kämpfen aus grünem Rasen bei wohnt, weil ihm das Functioniren de» Totalisators wider wärtig sei. Thatsächlich war jedesmal, so oft der Kaiser in Cbarlottcnburg und Hoppegarten erschien, das Gerücht ver breitet, die Weltmasckine werde geschlossen werden. Als Kaiser Wilhelm I. die Erlaukiiiß zur Wieder- aufrichlur.g deS Totalisators gab, ging er von der Voraussetzung aus, daß Officicre höchstens einmal bei jedem Rennen ein 50-^-Tickct entnehmen würden. Aber eS sind Fälle vorgekommen, und wir haben sie selbst erlebt, daß Osficiere 20 und 30 50-^-TickcIS sich geben ließen, also 1000—1500 ^ ans ein Pferd setzten. Taß solche Mani pulationen auf dem ganzen Rennplatz bekannt werten mußten, liegt auf der Hand; die enragirten Spieler stellten sich vor de» 50 - - Schaltern auf und be obachteten ganz genau, welche und wie viele Tickc'.S die am Totalisator spielenden Osficiere kauften. Wurden sür 1000 ans einmal genommen, so glaubten sie zu wissen, WaS die Glocke geschlagen batte; verlor das Pferd trotzdem, so gaben ffe ihrem Mißmutk über den Irrlbum der Osficiere in der nngenirlcstcn Weise Ausdruck. Viel schlimmer al» der Totalisalor sind aber die Buchmacher, und ibre engen Be ziehungen zu den Angeklagten im Hannoverschen Epielerproceß sind ja »achgewiescn. Die kaiserliche Ordre wird sich daher sicherlich auch auf das Verbot deS Spielen» bei den Buch machern erstrecken. Alle Rennbahnbcfucher werden dem Kaiser dafür danken. * Berlin, 19. April. Zu dem Tbema „Insanterie- anSrüstung im Sommer und Winter" wird dem „Schw. Merk." von einem „hervorragenden, im Krieg und Frieden in gebietender Stellung bewährten Militair" geschrieben: „Die Erleichterung der InfanIericauSrüstung sicht a»s der Tagesordnung. Wir haben, wie allgemein bekannt, bei den großen Hebungen des vergangenen Jahres in dieser Beziebung unsere Erfahrungen gemacht. Bewaffnung und Gepäck baden vielfach gedrückt und werden eS auch immer. In unseren letzten großen Kriegen war die Last eben zu ertragen, der sranzösischc Infanterist hatte sogar mehr zu schleppen. Wir übermarschirtcn ihn daher, zwar nicht allein daher; denn die Marschtüchtigkeit ist auch sehr wesentlich eine Sache der Disciplin. Tie Sachen haben sich seitdem aber geändert. Dem Soldaten ist erheblich mebr aufgepackt worden. Eine Verminderung der zu tragende»
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