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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 23.04.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-04-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940423014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894042301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894042301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-04
- Tag1894-04-23
- Monat1894-04
- Jahr1894
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3022 dir Concurreaz. namentlich di« ««-lisch« «»d fradzöfisch«, «- Lrm Felde zu schlage». X An» dem vn«tl«»be, 21. April. Da» oft noch ver kannte, ja wegen seiner Temprraturverhältniffr virlsach v«r- rusenr Vogtland hat doch fahr viele Nnturschönhriten auszuweisen, die der Beacht»»« und de» Besuche« werlh find. To ist di« mit herrlichem Hochwalde bedeckte Gegend zwischen der weißen Elster und der Zwota, zwischen Falkrnstein und Klingenthal gewiß ebenso ^höo, wie manche Gegend de« Fichtelgebirge« und de« Frankenwaldr«. Der große Rammel«berg. der höchste Punct de« Vogtland«», bietet darum, weil er vollständig mit Wald bedeckt ist, zwar keine Aussicht, aber dafür ist der hohe Kiel, der ihm an Höhe ganz nahe kommt, frei; der Weg dahin von Klingenthal au» rst auch gut bezeichnet. Wegen der in sein felsige» Gebilde ringesprengten Topas« ist der Schnecken st rin noch heute eine geologische Merkwürdigkeit. Weil er ganz im Walde versteckt liegt und mit seiner höchsten Spitze nicht über die hohen Fichten hervorragt, ist er schwer zu finden. Jetzt ist der Weg dahin sowohl von Schöarck, wie von Brunndöbra au» bezeichnet. In dem deutschen Wanderbuchr, da» der verband deutscher Grbirg-vereine hrrauSzugebrn gedenkt, werden die Naturschönheiten de« Vogtland«» mehr Beachtung finden, als in den jetzt vorhandenen Rrisrbüchrrn. Karten vom Seminaroberlehrer Metzner in Plauen, sowie vom Lehrer Stell in Klingenthal erleichtern schon da- Zurechtfindeo in unseren Wäldern. * Plaue», 2l. April. Di«Reich»tag»wahlbrweaung setzt sich hier bereit» io Fluß. Am DienStag Abend findet eine öffentliche Volksversammlung im großen Saale der „Centralhalle" statt, bei welcher Herr LandtagSabgeordnctcr Max Swubert-Chemnitz sprechen wird über: »Die gegen wärtige Lage im Hinblick auf die bevorstehende ReichStag»- ersatzwahl", ferner Herr Fabrikant Ed. Ulrich-Chemnitz über: »Alte und neue Parteien, Cocialdemokratie und Juden- tbum". Als 3. Punct heißt eS: DiScussion. Leiter der Ver sammlung ist Herr Fabrikant Lindemann-Klingenthal. Ein- beruser Herr Hugo Schulze. (Man kann diesem einseitigen Vorgehen der Antisemiten gegenüber nur dringend wünschen, daß dir Ordnung-Parteien geeint gegen dir Socialdrmokratie Vorgehen) L Schwarze»-«»«, 2l. April. Durch den Regen der letzten Tage, der oft wolkenbruchartige Heftigkeit annabm, wuchs in der Nacht vom Donnerstag zum Freitag der Pöhlbach bei Grünstädtel zum reißenden Strome an. Weit über die User tretend, führte da- Wasser viele bewegliche Gegenstände, namentlich Holz, da» von den anliegenden Grundstücken mit sortgeschwemmt worden ist, mit sich. Sämmtliche tieserliegende Wiesen bildeten einen großen See, der dir angrenzenden Bewohner arg gesährdete. Zum Glück ließ gestern gegen Morgen da» Wasser wieder nach und minderte somit die anfangs bevorstehende drohende Gefahr. * Vautze«, 20. April. Die am 5. d. M. Hierselbst ver storbene Frau verw. Bankier und Stadtratb Hey bemann bat der hiesigen Ttadtgemeiade ein Legat von lOOOOO Mark, welche» den Namen .^Heydemann-Stiftuna" tragen soll, au»g«setzt. Die Zinsen hiervon sollen zunächst an re» dürftige unbescholtene Wiltwen und Waisen, sowie unver- heirathete Töchter von Beamten der Firma G E. Heydemann in Bautzen und Löbau, sowie dergleichen von Bautznrr Kauf leuten verwendet werden. Weiter ist bestimmt worden, daß alljährlich von den Zinsen 2V» für da» Waisenhaus, t50 für die Gemeinde-Diakonie, t50 ^>k für die Kinder- bewahranstalt und 200 zur Errichtung einer Freistelle im hiesigen städtischen Krankeuhause verwendet werden sollen- — Auf dem Lilienstein ist man jetzt damit beschäftigt, einen Theil de» noch vorhandenen Maurrwerk« einer vor Jahrhunderten auf dem Lilienstein gestandenen böhmischen Grrnzsestuog bloßlegen zu lassen. E» haben sich dabei schön erhaltene starke Mauern und von Thor- oder Fenster bögen herrübrendc behauene Steine vorgekunden, so daß Herr Bergmann — Wirth de» auf dem Lilienstein befindlichen Restaurant» — zu der Ueberzeugung gekommen ist, daß nicht, wie gewöhnlich angenommen wurde, rin sogenannte» Forta- litium, sondern daß ein« richtige Steiuburg einst auf dem Lilienstein gestanden habe. Herr veramann bemerkt, daß ihm seine Mittel nur erlauben, einen kleine» Theil dieser Aus grabungen zu bewerkstelligen, daß r« aber vielleicht ein interessante» Feld der Thatigkeit für den Grbirg-verein sein würde, diese Au«grabuog«o weiter sortzusetzrn. Tchanda», 22. April. Bon keiner anderen Stadt Sachsen« wird Schandau sicherlich in Bezug aus dir Zahl der Gast häuser erreicht. Unser Ort, der rund genommen 3200 Einwohner zählt, hat nicht weniger al« 40 Gasthäuser und Hotel» und 5 Weinstuben und Eonditoreira aufzuweise», so daß aus 80 Bewohner rin Gasthau» und auf 640 je eine der Transformation erfolgt sein. Bei diesrr indirekten Vererbung der Neigung zum Selbstmord wird »« sich immer fragen, ob die hier al» Vermittelung anftretrnden .Fehler" de« Kinde» der Sphäre seine« Intellekt« oder dem Bereiche seine« Fühlen» und Empfinden» angrhiren. Hiernach hat sich bei den zu ergreifenden Maßnahmen der Pädagoge und der Arzt de« Kinde« zu richten. Dir Behandlung-weise wird eine andere sein müssen dort, wo e« sich um Abwege im Gebiet« de» Borstellen», al« da, wo «» sich um solche im Bereiche de» Willen» oder in dem der Gefühle handelt Wir verweisen hier diejenigen unserer Leser, welche sich für diese Fragen inlrressiren, aus die betreffenden Eapitel de« diese Probleme zum ersten Male mit philosophischer Vertiefung und wissenschaftlicher Exactdeit behandelnden Werke« de« Professor» Strümpell in Leipzig: »Pädagogische Patho logie- (2. Aussage, Leipzig 1882). Dieser berühmte Herbartianer, der schon früher durch sein Werk »Psycho logische Pädagogik- (1880) bewiesen hat, daß man in pädagogischen Fragen überall auf dir psychischen Grundkräft« de» Kinde« zurilckgehen muß, hat durch die obengenannte Arbeit dem Lebrer wie dem Arzt rin weite« und interessante», bi- jetzt fast verschlossene« Gebiet eröffnet. Für dir Zukunft werden die Schulärzte, dir leider noch nicht überall in Deutschland ringefvhrt sind, nicht nur in Fragen der Heizung, Reinigung und Ventilation der Schulgebäude rin Wort mit zureden haben, sondern auch dem Lehrer wie den Eltern in Belreff der psychologischen Natur de« Kinde» zur Seite stehen müssen. Die nothwrnbigr Vorbedingung ist aber die» daß unsere Mediciner selbst sich etwa» mehr mit Psychologie beschäftigen, al« die« leider bisher geschehen ist. — E« hängt die» mit der allgemeineren Krag« de» Verhältnisse« de« Studium» der Medicin zu dem der Philosophie an unsern deutschen Universitäten zusammen. Mao gestatt« mir, eia« diese Frage berührende Stell« au« meiner da« heutige UniversitätSleben behandelnde» Schrift (Leipzig, 1888) hierher zu stellen. »Noch schlimmer steht e« freilich mit de» Studireade« der Medicin, welche weder äußerlich »och innerlich irgend eine Beziehung >u de» philosophische« Wissenschaften mehr pflegen Aroßerlich: insosrra der letzt« Rest eine« Zusammenhang« der medieinischen Studien mit der Philo sophie durch die vor etwa fünfundzwanzig Jahren erfolgte Aufhebung der Verpflichtung der Mediciner, bei dem frühere» sogenannten Davtamav pki! «»ob» „m sich auch in der Logik und Psycholog» einer Prüfung zu unterziehen, befritigt ist. Innerlich: insofern der ganz« bentige empirisch« Charakter sowohl der »atnrwiffenschastlichrn H,ls«di«ciplinen al« der eigentlichen »rdicinifchen Hauptwisseaschaften e« «it sich dring«, ersten« de» wissenschaftlichen Dertd der philosophische» Zweige »u unterschätzen und zweiten« ihr» peaktische, Nutzen für den Mediciner gänzlich in Abrede z, stekle». Wo« Wunder daber. daß fett Jahr- di« ganz« Welt- »nd Ledendanschauung de« Woinstnb« z» steh«, kommt. Bo« de» Snwohnern »er sümmt- liche» l« a» hingen Marktplatz« befindlich«» Gebäude ß,d l2 allein berechtigt, die Schankgerechtigkeit au«zuübea. — Am Sonnabend Mittag nach 12 Uhr trafen, wie schon kurz gemeldet, di« drei Officirrr de« kooigl. preußischen 10. Dragouer-Negimenl« -Köaia Albert voa Sachsen", da» in Allrastrio, prruß. Reg.-Brzirk Königsberg, in Garnison steht, auf einem zu Ehre» ihre« hohen Chef« uater- nommeurn Distauzritt in Dre«de» ein. E« waren die Herren Major und etat«mäßiaer Stab»osficier Graf Mrr- velvt, Prrmierlieutenant Schäffer und Secondelieutevaut v. Bähr II. Die schneidigen Reiter hatten ihre Garnison am Montag frvb l bez. 4 Uhr verlassen. Der SSV km be tragende Weg führte über Straßburg an der Drvwenz, Thora, Inowrazlaw, Gnesen, Posen, Gratz, Griior- berg, Sora», Muskau, Bautzen und ward ohne Unfall zurückgelegt. l28 Stunden saßen di« Herren im Sattel. Auf den lag kamen durchschnittlich 8 Stunden für Ruhe, Crholnag uad Schlaf. Roß und Reiter befinden sich in guter Conditiou. Bi« Weißiz ritten ihnen mehrere Gardereiter-Osficirre, .nach der Borvaradr, unter Führung de« Herrn Major» voa Oppen-Huldeabrrg ent gegen. Die Begrüßung der sächsischen und preußischen Kameraden war eine überaus herzliche. In der Gardereiter- casrrne wurden die Pferde, rin Graditzrr Vollblut, rin Halb blut und ein ostpreußischc» Chargenpferd, eingestellt. Dir Dienerschaft war per Baba vorau-geschickt worden. Nach kurzem Aufenthalt im Officirr-casino trafen die drei Reiter per Wagen im »Hotel Bellevue- ein, woselbst sie Wohnung genommen haben. Der Distauzritt übertrifft den Brrlin- Wlenrr an Länge bedeutend. Bei der Parade am Montag werden die drei Reiter, deren Uniform der der Gardrreiter ähnelt, die Aufmerksamkeit aus sich ziehen, nachdem sie zuvor Sr. Majestät dem König dir Glückwünsche de« Regi ment« dargebracht baden. L rre«den, 2l. April. Zu den voran» bereit« gemeldeten Empfängen von Deputationen bei Lrm Neuvermählten Prinzen- paare gesellten sich noch folgende, voa uns nicht genannte: 1) der Numismatischen Gesellschaft, drstrhrad au» den Herren Hofratb vr. Erb st ein, Präsident Loßaitzer und Amt-zericht-ratb Schönert, welche zwei zu diesem Zwecke anaescrtigt« Gedenkmünzen überreichten; 2) der studentischen „Baarmana-Äesrllschast" zu Leipzig (schon kurz ge meldet), bestehend au» den Herren Assessor v. Wrlck, Refe rendar v. Löben und Wolfgaag Platzmaan, welche ein silbernes Brett überreichten (ein ebensolche« Brett war auch voa der „Kanitz-Grsellschaft" zu Leipzig, ohne Entsendung einer Deputation gewidmet worden); 3) der evangelisch» lutherischeoGei st licht eit, bestehend au» den Herren Ober hosprediger v. Meier, Oberconsistorialräthen Schmidt und Ackermann, Oberkirchenrath Ke l ler, sowie Consistorialräthen Dibeliu« und Brnr, welche die Dankgebete, Danksagungen und Gebete, dir anläßlich der Vermählung de» Prinzenpaare» in den Kirchen verlesen worden waren, überreichten. Die genannten Deputationen hatten, soweit sie nicht besondere Gabe» übermittelten, zumeist Widmung-adreffen überreicht. Weitere Adressen wurden noch — obnr Entsendung einer Deputation — gewidmet von den Städten Meißen und Pirna, der Gemeinde Gmunden und der Gewerbekammrr zu Zittau. — Gestern Nachmittag '/,2 Uhr wurde eine Depu tation de» Militairverrin» zu Cossebaude, dessen Ehrenmitglied der Prinz Johann Georg ist, empfangen; von derselben, die au» den Herren Vorstand Zetzsche, Stökigt, Voigt und Große bestand, wurde «in Rofenbouqurt überreicht. Spater unternahm da» Prinzenpaar rin« Spazierfahrt zur Besichtigung der Baumbluth. — Der nationallibrrale deutsche Reich-Verein in Dresden läßt soeben seinen GeschäsSberickt überda» zwanzigste BereinSjabr 1883/94 erscheinen. Demselben entnimmt die .Drcsd. Zeitung-, daß dir im vorigen Iabre-bericht au« gesprochene Hoffnung, trotz der Ungunst der Zeiten die ante Sache mit wachsendem Erfolg weitrrzuführen, sich erfüllt hat. Die nationallibrrale Partei ist au» den Reichstag»-«nd Land tagswahlen erheblich gestärkt hervorgegaagen, und die Zahl der verrin-mitglirher hat sich abermal» beträchtlich ver mehrt. Der Schwerpunkt der BereiaSthätigkeit lag im Berichtsjahre in der Betheiligung an den politischen und städtischen Wahlen. Der versuch, schon diesmal vei den Reich». tagSwahlrn selbstständig vorzugehrn, scheiterte an dem aber, maligen Widerstreben der konservativen Partei argen jeden Brr. mittelunaSvorschlag. DrrAu«sall der Wahlen, bei denen dir ge nannte Partei inDre»deu undUmgebungallrihrrEitzrverlor.so wird »»«geführt, bewie» schlagend, daß eine rrtrrm-consrrvativr Anschauung den uötbigrn Rückhalt zu «inseitigem Vorgehen nicht mrhr findet. Mit Befriedigung kann der Verein auf dir Ergebnisse der Stadtvrrordnrtenwahlr» insofern zurück- blicken, al» drei Mitglieder de» Vorstände», die Herren theoretischen Mat«riali»mu» gerade unter den Medicinern die «eisten Anhänger zählt? Der mechanische Atomi«mu» der Natur- und Serlrnauf- fafsung hat in diesen Kreisra naturgemäß seine meisten und überzeugtesten Anhänger. E» wäre jedoch sehr irrtbümlich zu glauben, daß eine materialistische Gesinnung «nd Lebens führung aothwrndig di« Folg« jener Anschauung sei» müsse. E» sind in den meisten Fällen unbewußte, d. h. Gefühl-momentr, welche hier den idealen Rückhalt bilden Hierdurch entsteht jener Zwiespalt zwischen den wissenschaftlichen und den sittlichen Urberzrugungca, welchen man gerade in naturwissenschaftlichen und medicinischen Kreisen vielfach antrifft und der meist, da er für da« Leben lang unau»grglichrn bleibt, auf di« Gemüth«- stimmung der Betreffeadea, insofern sie tiefer« Naturen sind, nicht ohne zerstörende Wirkungen bleibt. Daher der wenig erfreuliche Stimmung-Pessimismus, den man vielfach gerade unter solchen Mediciner» findet, welch« von Natur einer idealere» GemüthSrichtung angehvren. Hiergegen giebt e« nur rin wirksame» Mittel: entschlossen sich dem Studium der Philosophie hinzugeben und in ihre Problem« sich ernstlich zu vertiefen Abgesehen von dem wissenschaftlichen Nutzen, wird der Mediciner zumal nach einiger Zeit di» intensivsten Wirkungen für Her» uad Gemüth verspüren. Im Uedrigen sind ja noch nicht all« Brücke» von der Medicin zur Philosophie abgebrochen. Di« Psychiatrie weist auf da» Studium der Psychologie al» auf ihr« Grundlage hin, uad gerade die Psychologie ist e«, di« gewissermaßen dir feinsten verbinduna«fäden zwischen den Naturwissenschaften «ad den Geisteswinrn- sch asten enthält. Freilich haben sich auch gerade ans ryrem Gebiete die erbittertsten Kämpf« der materialistischen und idealistische» Auffassung bisher abgespielt, und sie bildet so gewissermaßen dir wohlbewacht« Grenze zwischen beiden Lagern, aber auch zugleich die arutral« Zone, welche ein« Vermittelung «nd Versöhnung der Gegeusätz» für die Zukunft verheißt" Eine der wichtigstrn Ursache» de» Selbstmorde« der Kinder ist in derjenigen persönlichen Veranlagung gefunden worden, welch« man di« Frühreif« nennt. Düse kann in gleicher Weis« in d«r Enttvick»lu»g de« G«sühl«lib«n«. wi« m d«r d«s Will«»« und rer dr« Intillect« d«« Kind«« rintntea. Selbstmord» von Kindern (so z. B. «in»« Mädchen« von N Iahrrn, der Tochter eine« wohlhabende» Pariser Fabri kanten) au« einer frühreifen Uebrrsüllr und Ueberschweuglich« krit de« G«sühl«, welcher «eaen d«r noch un«»twickelt«n Intelligenz krin« Hrmmung«vorst»ll»»ge» im Kind« entgegen- wirken, werden in den Berichten sranzistscher Uerzt« vielfach erwähnt. W«it seltener ist d«r Kinbrrseldstmord au« früh reifer Iutrlligeaz beobachtet worden, vr. Voifi» in Pari« be- richtrt jedoch, da, «in l3jädngrr Knabe eiur» Selbstmord beging, mit H,»l«rtaffung eine« Schriftstücke«, auf welchem zu lesen war: .«la lsgoa won üm» « Aouwonw. «ov eorp« « I» tarro " Selbstmord« von Knaben an« Vlosirtheit, von denen rng- vr. Soge-, HnndelKammersrcretnk Schulz« und Kaufmann Lamer, gewählt wurden. Gegen die Abstimmung im Reichs tage zu Gunsten der Jesuiten nahm der Verein ent schieden Stellung durch «in« öffentlich« Erklärung, dir in den weitesten Kreisen Verbreitung fand und aachwri»bar mit lebhafter Geaugthunug ausgenommen wurde. An den Arbeiten de« Landesrernn« nahmen di« Parteigenossen durch mehrere dem Verriasvorstand angrhörende Verein»- Mitglieder wieder hervorragenden Antbeil, so iw Besonderen auch an der im vergangenen Frühjahr in Dresden ab- arhaltrntn General-Versammlung de« LandesvrreiuS. Die Anregung seiten« de« Verein«, sowie die Vorschläge seiner Vorstandsmitglieder führte» zur Feststellung eine« Partei programm«, m welchem namentlich, was sächsische Lande«- verhältniffe betrifft, viele Wünsch« Berücksichtigung fanden. Bei allen diesen Brrathungrn find die Dresdner Partei genossen jeder Zeit für rin selbstbewußte« entschiedene» Vor gehen der Partei »ingetrrtrn, weil, wie die Erfahrung be wiesen hat, nur hierdurch Erfolge gegenüber den extremen Parteien von link» uad recht« zu erwarte» find. Auch in diesem Jahr« hat der Verein den Tod mehrerer Mitglieder zu beklagen, darunter deu de« langjährigen treuen Vorstands mitgliedes Herrn Stadtrath vr. M Rothe. Der in ver General-Versammlung neu gewählte Vorstand besteht au» 24 Herren, und zwar sind die Herren vr. pdil. Paul Vogel Vorsitzender, Handelskammersecretair PaulSchnlze l. stell- vertretender Vorsitzender, Oberlehrer vr. pkil. E. Maaß 2. stellvertretender Vorsitzender» Eisrndabndirrctor a. D. Roseaberg Schriftführer, Major a. D. Rud. Schnackea- burg stellvertretender Schriftführer und Fabrikdirectvr O. Reut her Cassenführer. — Da» Dresdner socialdemokratische Organ hatte auch den Einzug de» Prinzen Johann Georg und seiner Gemahlin rn Dresden wieder zum Anlaß einer unglaublich frechen, geringschätzigen, da« patriotische Gefühl lies verletzenden Besprechung genommen, obwohl ihm ein frühere» gleiche» Vorgehen eine Berurtheilung wegen groben Unfug« riiigctragen. E« gereicht nicht nur allen Patrioten, sondern allen anständig Denkenden überhaupt zu Kober Ge- nugthuung, daß dieser erneute schamlose, bewußt straffällige Angriff auf unser König-bau» und die ihm in Verehrung er gebenen volftschichten edrnfall» aerickttlicke Sühne finden wird. Das staatSanwaltschaftlichr Einschreiten gegen da» erwähnte Blatt ist bereit- erfolgt. (Meiß. Tagebl.) — Es dürfte selten Vorkommen, daß drei hervor ragende Geschäfte in ein und demselben Grund stücke Jubiläen in kurzer Folge feiern, wie die» in dem Hause Weißegasse ö in Drr»den der Fall ist. Nackidem gegen Weibnacktrn vorigen Jahre» die Firma C F Gallasch ihr 50jäbrigeS Bestehen beging,'folgt derselben in den nächsten Tagen die Meißner Porzellan-Niederlage von Heinrich Schu mann'» Nachfolger ebenfalls mit dem goldenen Geschäft«- Jubiläum uad ihnen reibt sich mit dem silbernen Jubiläum Herr Alexander Köhler au, dessen Buchhandlung auch an nähernd KO Jahr» besteht. Sämmtliche drei Geschäfte sind in dem genannten Grundstück gegründet worden. L. Tresbk», 21. April. Der von un» bereit» angekündigte Aufruf de» Verein« „Lolk«wohl" zur Gründung eine» Waldparke« in der Dresdner Haide ist soeben erschienen. Ganz in der Nähe de» früher so beliebten Fischhause» wurde ein Waldareal mit prächtigem landschaftlichen Charakter vom königlichen Staat-fiScu» zur Schaffung eine» volk»parkeS er- pachtet und man gedenkt al» Mittelpunkt drr Anlagen zu nächst rin BvlkSheim zn errichten. Der Verein „BolkS- wohl" hat da» königliche Finanzministerium um dauernde Ueberlassung dr» Waldareal» gebeten und in diesen Tagen einen Vertrag mit dem Staat«fi«cu» abgeschlossen, wonach derselbe eine Waldstäche voa über 23 Hektar dem Verein „Volk-Wohl" auf 20 Jahr« gegen einen jährlichen Pacht zins voa 2000 zur Anlegung erne« BolkSparkeS überläßt. Sonach ist in unmittelbarer Nahe Dre»den» eine Waldfläche für «inen volklpark bereit, wir sie geeigneter kaum gedacht werden kann. Der Verein „BolkSwohl" hat sich auL schon mit einem Fachmann, dem Parkdirector a. D. Dengue in Bremen, dem Schöpfer de« weitbekannten Bremer Bürgerparkt«, der erst kürzlich wieder auf der Welt ausstellung in Chicago verdient« Anerkennung ge funden hat, in Verbindung gesetzt und einen Plan für den zukünftigen Haidevark aularbrilen lassen. Aus diesem Plane find ein freundliche» Lolk»hrim, eine die Landschaft belebende Wasserfläche — im Sommer zum Kahnfahren, im Winter zum Schlittschuhlaufen —, rin großer Platz sür Volk»- und Jugendspiel«, zunächst von einer Rad- sahrerbaha und dann von einer allmählich ansteigenden, mit Bäumen bepflanzte» Rasenfläche umfaßt, rin Platz für Turnübungen und Ballspiele, Plätze für Mädcheu- sprek«, eku Natnrthrater, auf welchem unter siel«, Himmel im Walde-grün volk«schausp,ele. Gesang». Vorführungen und dergleichen stattfinden können, mehrt« Schutzhüllen, weite Rasenflächen für BolkSspiele u. s. w Aulsicht genommen. Da» alle» eröffnet einen weiten An blick auf ein gesunde», wahrhaft fröhliche« Volksleben vcn Alt «ad Jung draußen im frischen Walde-grün — Eine recht bedauerliche Erscheinung macht sich in den Vororten von Dresden bemerkbar, nämlich die unver< bältuißmäßiae PreiStreibung sür da» Bauland 2» batte in Löbtau eia Dresdner Landspeculank vor nicht langer Zeit ein Stück Bauland für zwei Baustellen mit 95UU erworben und dasselbe kürzlich für 27 000 ^ an eine» Bau unternehmer verkauft. Wer bezahlt Leun schließlich die Koben Preise für die Baustellen? Die Miether, indem die Haus besitzer gezwungen sind, unverhältnißmäßig hche Mictben von denselben zu verlangen. Nach Schluß -er Nedaction eiugegangen. * verltn, 22. April. Die „Post" meldet au» Tborn: Ta» Hauptfabrikgrbäude der Holzschleiferei und Paxpensabrik in Scharsow ist niedergebrannt. Der Schaden wird auf 120000 Mark geschätzt. * Cobur», 22. April. Der Großfürst-Thronfolger von Rußland und dessen Braut, Prinzessin Alix von Hessen, sind in Begleitung de» Großfürsten und der Groß fürstin Sergius nach Darmstadt abgereist. Auch die Prinzessin Heinrich von Preußen hat sich dorthin be geben. Der Prinz von Wales wird heute Abend 8 Uhr Coburg verlassen. * Lüttich, 22. April. In vergangener Nackt wurde vor einem Fenster de» Hauses des Bürgermeister» ein Packet mit 15 Dynamitpatronen gefunden. An dem Packet be fand sich eine bereits brennende Zündschnur. ES erfolgte eine Explosion, welche eine Panik hrrvorrief. Der angerichlele Schaden ist nicht bedeutend. * Madrid, 22. April. Hier eingclaufencn Nachrichten zufolge breitet sich die choleraartige Seuche in der Um gegend Lissabon» au». Wie eine Depesche de» spanischen Coasul» von dort meldet, ist gestern Abend in Lissabon ein Choleratodesfall vorgekommen. * Athen. 22. April. Die Erdbeben, welche äußerst heftig austrrten, wiederholen sich und werden selbst in Alben verspürt. Besonder» hat die Provinz Theben gelitten Die Zahl der Verunglückten ist noch nicht bekannt. Ter König und der Minister de» Innern werden nach der UnglückSstätte abreisen. * Athen, 22. April. Die Zahl der durch da» Erdbeben in 3 Ortschaften von Lokri» getödtetcn Personen beträgt l29. Die Zahl der Verwundeten ist noch nicht festgestellt. Die Katastrophe ist folgenschwerer al» diejenige, welche Zante betraf. W Petersburg, 22. April. (Privattelegramm.) Wie in hiesigen hestinformirten Kreisen verlautet, steht die Er nennung de» Herrn v. Mosolow, bisherigen Gouverneur- von Nowgorod, zum Dirrctor de« Departement« für fremde Cult« im Unterrichtsministerium bevor. Diese Stellung bekleidete bisher der vor Kurzem plötzlich gestorbene, au« den Greuclscenen in Krosche bekannte Fürst Kantakucen. - V. Moskau, 22. April. (Privattelegramm.) Die Burylin'schr Spinnerei in Jwanowo-Woi-nesscnsk, Gouver nement Moskau, ist vorige Nacht fast vollständig abgebrannt Der Schaden wird aus ca. 1'/, Millionen Rubel geschätzt, lieber 1000 Arbeiter sind brodlo» geworden. Bei dem Brande sind 10 Menschen verunglückt. * Vneno«»Atzre«, 22. April. Die brasilianischen In surgenten sind nach einer Ouarantaine in Montevideo an Laad gebracht worden. Dieselben befinden sich in traurigem Zustande. All« weigrrn sich jedoch, dir Begnadigung seit«»» de» Präsidenten Peixoto anzunehmea. lisch« Aerztr berichten, gehören ebenfalls in diese Kategorien eine« frühreifen Intrllrct». Wenn man die statistische» Tabellen durchstudirt, welche diese« traurige Eapitel de« Kindrrselbstniorde« illustrirrn, stößt «au auf »in« Anzahl veranlassender Affekte, di« man weder in den allgemeinen socialen Zuständen begründet, noch al» ererbt ansebrn kann, sondern welch» man al» so genannte Grlrgrnhritsursachrn bezeichnen mutz. Hierz« gehören Scham, Gewissensbisse und Furcht vor Strafe und, obwohl seltener, häusliche« Elend Nicht gar zu »ft liegt auch (ia«besonder« bei Mädchen) Verzweiflung über vermeintlich unheilbare« körperliche« Leiden dem Entschluß zum Selbstmord« zu Grunde. Leider allzuoft ist e» nruerding« auch verletzter Ehrgeiz und gekrankte Eitel keit gewesen, dir dir Schüler der mittleren uad höheren Elasten unserer Gymnasien «ad Realschulen zum Revolver greifen ließen. Hier fließe» nun die statistischen Angaben ins besondere au« der neuesten Zeit ll873—80) sehr reichlich. Au» den Tabellen drr Zeitschrift de« königl. preußischen statistischen Bureau« theilea wir folgend» Ziffer» mit: Ja dem genannten Zeitraum von 17 Jahre» haben m Preußen Selbst mord begangen 288 Schüler, von denen NI auf höhere Schulen (Gymnasien und Realschulen) und 178 auf niedere Schule» kommen. Hierbei »ertbrilrn sich die einzelnen Zahlen so, daß für di« höhere» Schule» Preußen« die meistrn Kinderselhstmorde (42) dem Jahr« 1888. dir »eniastea (8) dem Jahre 1886, für nieder« Schulen die meiflen (39) drm Jahre 1883, die »enigstea Kiudrrselbstmorde dem Jahr« 1889 anaehörrn. In Bezug ank di« pstzchvlogischen Motive oder doch wenigsten« Veranlassungen zu diesen b»klagrn«w«rthrn Vor fällen möchten wir noch einmal darauf Hinweise», daß eine derartia« Katastrophe niemals voa einer einzigen Ursache allein bewirft wird, saadern daß meist hier eia« Mehrheit causaler veranlass«»-«» zusammeatrifft. Ein andere« wichtige« Moment ist die«, daß in Betreff der ob«, unterschiedenen persönlich veranlagend»« einerseits und der Gelegenheit«- Ursachen andererseits in der Wirklichkeit di» letzteren niemals »ha« da« Vorhandensein der erster«» den Selbstmord der Kinder brrbeisühren. Kein momentaner Affekt, wie Furch« vor Strafe, verletzter Ebrgeiz »nd dergleichen kann allein die Katastrophe vernrsachen, ohne daß stch bei dem betreffenden Kind« schon bi« veranlagenden Momente, wie hochgradig» Nervosität, MelanchoU«, Reizbarkeit w »erfinden. >u« den Zusammenstellungen der Zeitschrift de« königlich preußischen statistischen Bureau« entnehmen wir über di« einzelnen Ursachen der Schülerselbstmordr für den genannte» Zeitraum folgend« nicht nniaterrssant« Einzelheiten: voa de, Gesammtziffrr von 28» Schülerselbstmordr» waren bei 1ö Gymnasiasten »nd Realschülern al« Ursache zu con- statirea: yunbt »ar dem Examen, nicht bestandene« Examen und nicht «rselgt« Versetzung, also wegen gekränkte» Ehrgeize« — N Schüler (höhere) na» 7 Schülerinnen (nwbere Schulen). Au» Furcht vor Strafe — 1 Schüler (böhere Schulen), 45 Schüler (niedere Schulen), 23 Schülerinnen (niedere Schulen). Im schnell auswallenden Asfect begangener Selbstmord (Aergrr, Zorn, Mißmuth, Trotz) — 2 Schüler (böhere Schulen) und ---> 6 Schülerinnen (niedere Schulen). Constatirtr, bi» dahin latente Geisteskrankheit konnte als Ursache festgestellt werden bei > 1 Schülern (höhere Schulen) und 12 Schülerinnen (niedere Schulen). .Unglückliche Liebe führt dir statistische Tabelle bei 4 Schülern (höhere Schulen) und 1 Schülerin (höhere Schule) al» Motiv an. .Religiöse Schwärmerei- konnte bei 1 Schüler und 1 Schülerin der niederen Schulen al» Motiv festgestellt werden. .Sittliche Verwahrlosung- -»» 1 Schüler (höhere Schule) und fünf Schülerinnen (niedere Schulen). .Leichtfertigkeit- (Spielerei, gedankenlos» Nachahmung und dergleichen) — t Schüler (niedere Schule). Wie wenig übrigen» diese Zahlen, al« absolute und den wirklichen Ursachen drr Kinderselbstmorde entsprechend« anzuseben find und wie man hierbei noch stark mit unbekannte» Faktoren oprriren muß, gebt daraus hervor, daß in den Angaben drr officirllen Statistik Selbst morde au» unbekannter Veranlassung von der Gesammtzabl 288 — 88 angegeben find, in denen 15 Schüler höherer Schulen und 58 Schüler und 12 Schülerinnen niederer Schulen «ntrrschiede» werden. Im Uebrigen rrgiebt stch au» diesen Tabellen noch di« bemerkenlwerthe Tbatsache, auf die wir schon oben hingewirsen haben, daß dir niederen Schulen eine größere Selbstmordziffer aufweisen als dir köderen und daß auch di« Zahl drr jungen Selbstmörderinnen in den Volks schulen weit größer (48) ist al» in den sogenannten böheren Töchterschulen (3). Wir haben heut« unseren Lesern rin düstere« Tbema vor- geftlhrt. Aber will man sociale Schäden heilen, so wird man diese» nicht durch verhüllen, sondern durch ein unerschrockenes Aufdecken derselbe» zu erreichen hoffen dürfen. Wie aber da» unheimlich« Ueörl zu veseitigtn ist? Da» ist eine Frage und eine Aufgabe zuaieich, welch« die psychologische Hygieine oder dir Diätetik drr kindlichen Seele im Verein« mit einer rationellen Pädagogik zu lösen hat. Aber auch an die Mütter tritt di« dringend« Mahnung heran, auf ibr« Lieblinge nicht »lo» daraufht« zu achten, daß sie .schön" und gesund sind, sondern «nty, ob in der jungen Seele Alle« in Ordnung sei. Denn nicht plötzlich und unvorbereitet tritt der Selbstmord gedanke im Kcud« ans; vielmehr ist dieser stet» nur da« letzte Glied einer langen Kette darauf hinzielender, wenn auch ment »nbemerkter und unbewußter psychischer Vorgänge. — Wichtiger aber al« dies« änttologischen Fragen ist dir hier so ent scheidend« Prophylaxis, d. h. wir kann und soll dem Eintritt der Katastrophe rechtoritig vorgrdrugt werden? Wir können »n« hier, schon au« Raummangel, aus Einzelheiten diese« reichen Gebiete« »ich« rinlassen; aber Hinweisen müssen wir darauf, daß birr nur durch da« Zusammenwirken der drei Factoren, drr Ettern, der Schule na» de« — Hau»- aeztr« etwa« erreicht werden kan».
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