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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.04.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-04-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940426029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894042602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894042602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-04
- Tag1894-04-26
- Monat1894-04
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311« vor. Die natürliche Folge davon ist, daß die Streiks in Sande verlausen. Bei Dutzende» ist cS schon so gewesen und bei neuen Dutzenden wird eS ebenso sein. In Freiburg i. Br., wo angeblich die Gcsammtheit der Maurer in den Streik getreten war, wurde nach einigen Tagen aus allen Bauten wieder gearbeitet. Die Tilsiter Maurer werden das Schick sal der Freiburger «heilen: arbeitslos und ausgesperrt; die 400 Arbeiter und Arbeiterinnen der Schuhindustrie in Burg können sich nur wenige Tage über Wasser halten und die Steinsetzer in Stettin werden zweifellos aus das Pflaster gesetzt. Die Leiter der Lobnbewegung werden deshalb eine neue verschärfte Bremslhätigkeit entfalten, denn daß bei diesen kleinen, planlos auSgesübrten Streiks die ganze Gewerkschafts bewegung schwere Schäden erleidet, ist klar. 88 Berlin, 25. April. (Privattelcgramm.) Bei dem Ministerpräsidenten Grafen zu Culenburg findet morgen, Donnerstag, ein größeres parlamentarisches Diner statt, zu welchem die Minister und zahlreiche Mit glieder beider Häuser de» Landtages Einladungen erhalten haben. (Wiederholt.) * Berlin, 25. April. A» die Vorstände der national- liberalen Vereine im Lande haben die Herren Or. Böttcher, Ilr. Biirkli», Francke, Dr. Graf, Hobrecht, Hurtzig, Patzig, vi. Sattler und Simon im Austrage der nalivnalliberalen Fractionen deö Reichstages und deö Landtages folgendes Schreiben gerichtet: „Am 1». Juli d. 0. vollendet Herr v. Bennigsen sein siebzigstes Lebensjahr. Zni Kreise seiner parlamentarischen Freunde hat eine vorbereitende Besprechung darüber slatlgefunten, wie au jenen: Tage dein Jubilar eine besondere Ehren bezeugung Namcns der Partei zu erweisen wäre. Es bat sich ergebe», daß cs der gcsamniten Partei im Lande aufnchliges HerzenSbednrsniß sein wird, ihre dankbare Gesiiinung in ge eignetet Form zum Ausdruck zu bringen. Zu dem Zwecke sind wir beaustragt, eine Sammlung in die Wege zu leiten, vermöge deren am I<». Juli Herrn v. Bennigsen ein Ehrengeschenk der nationalliberalcn Partei überreicht werten kann, und zwar ein Kunstwerk, das in der Familie unseres allver ehrten Führers als Denkmal seiner unvergeßliche» Verdienste um die innere Wietcrdclebung des Reiches für alle Zeilen bestehen bleibt. Tic Sammlung soll derart eingerichtet wer den, daß alle unserem Vorhaben geneigte» Parteifreunde fern und nab in die Lage kommen, ihre» Beitrag zu leisten — jeder nach seinen Krusten; auch die kleinste Gabe soll zur Förderung des geniemsameu Zweckes beitragen können. Wir bitten Sie, im Einvernehmen mit anderen Parteifreunde» im dortigen Bezir.' diese Sammlung »ach eigenem Ermessen zweck mäßig zu veranstalten und unö kur; berichten, baß und in welchem Umkreise cS demnach geschehen wird." — Die Nachricht, Prinz Heinrich werde im Laufe deö Sommers mehrere Tage i» St. Petersburg verweilen, erklärt die „Post" mit dein Wniische teS Prinzen, der Hockzeit der Prinzessin Atix mit dein Großfürsten - Thronsolger bei zuwohnen. — Die „Nordd. Allg. Ztg." hebt hervor: Die Aenderung oder Aushebung deö Samoa Vertrages batten ausschließ lich die Eabinete von Berlin, London und Washington zu bc schließen, welche dabei den in Samoa bestehenden Verhältnissen und den daselbst vorhandenen materiellen Interessen der einzelne» Nationen Rechnung tragen müßten. Neuseeland habe in Sanioa keine nennenswerthen Interessen, dieselben lägen fast ausschließlich in deutschen Händen. — Der „Hann. Eour." versetzt einer gewissen englischen Presse folgenden wohlverdienten Hieb: „Die täppische Uebcrhebung, in der sich die Engländer anderen Nationen gegenüber oft gefallen, hat wieder einmal einen bezeichnenden Ausdruck erhalten in der Beurtheilung, die der „Daily Tele graph" der Ernennung des deutschen Kaisers zum Ehe' eines englischen Dragoner-Regiments z» Theil werden läßt Die englische Zeitung sieht in jener Ernennung eine „Auszeichnung des deutschen Kaisers". Es hätte ihr besser gestanden, darin eine Auszeichnung des englischen Heeres zu finden — und in diesen« Sinne wird jener Vorgang auch im deutschen Volke allgemein ausgefaßt werden." — Nach der „Kreuz-Ztg." hängt die Bestimmung über dir Eröffnung des neuen ReichStags-GcbaudeS lediglich von der Entschließung des Kaisers ab; über diese aber verlautet bisher noch nichts. — Verschiedene Blätter hatten behauptet, der Reichstag Werde noch vor dein 15. Mai wegen des spanischen Handelsvertrages zu.einerZwischensession berufen werden. Dazu bemerkt ofslciöS der „Hamburgische Eorrespondent": „Wenn die Regierung gewillt gewesen wäre, den Gegnern des Vertrages in den EorteS die Vcrschlevpung der Be- rathung durch eine Verlängerung des Provisoriums zu erleichtern, so hätte sie ohne Zweifel von dem Reichstage vor dein Schluß der Tagung eine Vollmacht erlangt Nachdem das nicht geschehen, muß man annehmcn, daß die RcichSregierung zu einer Verlängerung des statu» guo die Hand nicht bieten will. Der Reichstag hat bereits im Deceinbcr v. I. dem Handelsvertrag mit Spanien seine Zu stimmung gegeben; die Zumuthung, drei Wochen nach Schluß der Tagung und unmittelbar vor Pfingsten von Neuem zu- samincnzutreten, lediglich weil cS dem fpanischen Senat gefällt, die Entscheidung durch eine sogenannte Enquete zu verschleppen, Wäre doch etwas stark." — Der Reichskanzler hat auf ein Gesuch deS deut schen ApothekervereinS geantwortet, baß vor der end- gsstigen Ftststellmtg des Entwurfs zu einer neue» Apotheker» ordnimg die Interessenten gehört werden sollen. — Der Oberpräsideat von Ostpreußen, Gras zu Stolberg« Wernigerode, ist hier eingetrossen. — Im Herrenhaus» beantragt Oberbürgermeister Becker zu dem Gesetzentwurf, bctr. die Verpfändung der Kleinbahnen und Privatbabnen: Ta« Herren!,»»»« wolle beschließen: ». den K. 1 de« Gesetz- entwurs« anzunehmen: b. den Gesetzentwurf zur Durchberathung und schriftlichen Berichlerstattung an di« Commtlfion zuriick- zuverweisen. — Der LultuSmtnister hat bet sämmtlichen Provinztal-Schul- collegien die Bestimmung in Erinnerung gebracht, daß zur Au- nahme von Hilfslehrern, die zur Vertretung von Lehrern an ftoatüchen höheren Lehranstalten einberusen werden sollen, erst dann geschritten werden dars, wenn sämmtliche übrigen Lehrer zur volle» Maxiinalzahl der Pslichtstunden hcrangezogen stad und e« »ach Lage der Verhältnisse untbunlich ist, ihnen noch über dies« Zahl hinaus die Unterrichtsstunden des zu vertretenden Lehrer- vorübergehend zuzutheilen. — Gegen eine Acnßerung des Bischofs vr. Simar (Paderborn) aus dem Lehrertage in Bochum, die freien Lehrervcreine riefen die Ent christlich ung der Schule und damit zugleich die Enlchristiichung unseres Volkes ungescheut als ihre Losung aus, wird außer dem Westfälischen Provinzial- Lehrerverein auch der Preußische LandeS-Lehrerverein ganz entschieden Verwahrung einlegen. — Wie die „Verl. N. N." hören, macht das Befinden des Herrn Polstorsf weitere erfreuliche Fortschritte. Eine Ent zündung der durch das Geschoß berührten Lunge ist bis jetzt glücklicherweise nicht eingetreten, der BlutauSwurf bat wesent lich nachgelassen, nur ist durch die Verletzung der Lunge das Sprechen noch »inner erschwert. Herr Polstorsf hofft, Anfang Mai a»S der königlichen Klu»k in seine Wohnung übersietcln zu können. * Uösli», 24. April. Ans Präsentation des alten und be festigten ÄrundbesitzeS im Landschaftsbezirk Herzogthmn Stettin ist Rittergulsbesitzer Major a. D. von Wedel-Blankensee in- Herren haus berufen worden. * Bremen, 25. April. Der bisherige preußische Gesandte bei de» Haniesladien, Freiherr v. Thieleinan», traf heule Nach- mittag hier ein und überreichte bald nach seiner Ankunft dem Bürgermeister l)r. Lucrinann sein Abberusungssch reiben. Spater fand im Hause des Letzteren zu Ehren des Gejandlcn ein Diner statt. 8 Weimar, 25 April. Die Gesellschaft für Ver breitung von Volksbildung hält hier ihre diesjährige Hauptversammlung am 26. und 27. Mai ab. Gegen stände der Tagesordnung sind: l) Die bauSwirthschafllichc Ausbildung der Mädchen. (Referenten: Kgl. und Stadtschul- inspcctor Ur. Zwick Berlin und Abz. H. Rickert-Danzig.) 2) Die Unterstützung hygieinischer Bestrebungen durch die Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung bczw. ihre Vereine. 5) Der SonnlagSuntcrricht in den Fortbildungs schulen. (Referent: Abg. Iw. Pachuicke-Berlin.) 4) Waö laßt sich zur Pflege einer gediegenen Volksbildung in den Arbeiter kreiseil tbun? (Referent: Lehrer Kalb-Gera i. R.) 5) Vor- bereituiigSschulen für das Handwerk. (Referent: Schnl- director Pache-Leipzig-Lindcnau.) — Die Verhandlungen sind ösfenllich. Alle Freunde der freiwilligen Bildungsbestrebungen werden dazu eingeladen. * Wiesbaden, 25. April. Der dänische Kammerherr Wolf«. Hagen, früher« Minister für Schleswig, isl hier heute früh 8 Uhr gestorben. * Tarmstadt, 25. April. Die zweite Kammer lehnte in namcnUicher Abstimmung mil 22 gegen 2l Summen die Wiedereiiistellnng der hessische» Weinsteuer in den Ekat ab. * Straflburg i. V., 25. April. Statihalter Fürst Hohen lohe hat sich heute nach Wien begeben. * München, 25. April. Wie verlautet, sandte der Kaiser an den Bürgermeister Bor sch t ein Telegramm, nach welchem die Galerie des Grasen Schack München verbleiben soll. In dem Telegramm wird der freudigen Geiiugthuung Ausdruck gegeben, daß die Schack-Galerie i» München bereits eine angeniessene Heimstätte besitze, in welcher diese herrliche Kunstsammlung dem deutschen Bolle zugänglich gemacht werden könne. * München, 25. April. Tie Kammer der Abgeord neten »ahm nach dreitägiger Debatte die Vorlage der Re gierung, betreffend die Gehalts- und PensionSausbesseruiig der nicht praginatische» Beamten und Bediensteten aller SlaatS- siessortö, an. Der vorläufige Mehrbedarf im Jahre beläuft rch dem Anträge des Ausschusses gemäß aus I 700 000 ^ik Oesterreich - Ungarn. * Wien, 25. April. Der Minister teS Auswärtigen, Gras Kalnoky, hat sich beute Nachmittag auf seine Besitzungen nach Lettowitz in Mähren begeben. * Wie», 25. April. Heute fanden vor zwei Etablissements Ansammlungen von mehreren Hundert streikendcnTischler- ge selten statt, welche in die Werkstätten eindringen wollten Die Dcinonstranten wurden olme Schwierigkeit zerstreut, einer derselben wurde verhaftet. Ferner wurde eine Bersaninilung der Tischler niei st er Wiens abgehalte», in welcher ein stimmig die bereits gemeltelen Beschlüsse des EomilöS genehmigt wurden. * Wien, 25. April. Abgeordnetenhaus. In der hellte sortgcsctzle» Beralhung des Budgets des Cultus und Unter- ' richls wurde der Titel „Cultus" angenommen und die Beralhung de« Titel» „Hochschule" begönne», «e« der Debatte übst da« Cnltusbudgrl hatte der Generalredaer Sueß betont, indem er von der Schwierigkeit der Behandlung religiöser Fragen sprach, daß jeder denkende Politiker di» Ausbreitung wahrer Religiosität in allen Volksschichten wünschen müsse; dt« Porteten feie« einig über di« Ziel« einer sittlich religiöse» Erziehung, nur über die Mittel dlsserirten die Anschauungen. Die Liberale» hielten am Volksschulgesetz fest, welche« eine Reihe eultureller Errungenschaften zur Folge hatte. Unter Bezugnahme aus die letzte Red« des ilnterrichltmioislrr« MadeySki führte der Redner au«, je mehr der Minister dem idealen Gebiet« Raum biete, desto leichter werde er seine Ansgabr erfüllen. Der Redner besprach sodann die io letzter Zeit übrrhandnehineode» Berungltm- psungen der jüdischen Milbürger, weich« dem edeisleu Kern der christlichen Religion widersprächen Er Halle e« für seine Pflicht, aus diese bedauerliche Erscheinung uusmertsam zu machen. Bezugnehmend auf dir vorgestrige Erklärung Treuinsel«', daß seine Partei durch den Beitritt zur Eoalitioa ihren Grundsätzen nicht untreu geworden sei, bemerkt« der Redner, ebenso wenig sei von den Liberalen zu verlangen, daß sie ihre Grundsätze ausgeben, welche den Maßslab für die Stellung de« Staates iu der civilisirlen Welt bildeten. (Lebhafter Beisall.) * Abbazta, 25. April. Die Kaiserin sah heute Vor mittag mit den kaiserlichen Prinzen einem von der Bemannung LeS „Moltke" in vier Booten veranstalteten Wetlrudcrn zu. Nachmittag unternahm die Kaiserin einen Ausflug aus der Ehristabet". * Pest, 25. April. TaS MagnatenhauS nahm heute den Bericht des Ministerpräsidenten über die Beranstaltungcn zur Millenniumsseier entgegen. Im Laufe der Debatte sprach Bischof Steiner den Wuiffch auS, daß die Schulen in de« rein katholischen Gegenden als katholische Schulen bezeichnet würden. Ter CultuSiiiinisler entgegncte, daß dann di« anderen Lonsessionen ähnliche Forderungen erheben könnten. Alle Eonsessioaei» hätten die gleichen Rechte im Staate. Die Zuschrift de« Ministerpräsidenten bczügtich des CivilehegesetzeL wurde einem Ausschüsse von 3 Mitgliedern überwiesen. ' Pest, 25. April. Abgeordnetenhaus. In der heute fortgesetzten Generaldebatte über den Handelsvertrag mit Rumänien wies der Handelsmiaister die Angriffe der Oppo sition zurück und erklärie, in dem Momente, wo Rumänien Len Zollkrieg ausgab, habe die Monarchie die RelorjionSmaßrcgeln aus- hcbcn und die Jahrhunderte alte» Handelsbeziehungen mit Rumänien stabilisiren müssen, um der Industrie und dem Handel die Absatzgebiete, welche Ungar» während des Zollkrieges zu Gunsten Englands, Frankreichs und Deutsch- lands verlor, zurückzugewinnen. Die Behauptung, daß die landwirihjchastliche» Jnierrssen in dem Vertrage geopsert worden seien, sei unrichtig, da Ungarn kein neues Ziigesländniß gemacht habe Die Interessen der Landwirthschast aus dem velerinär- poiizeilichen Gebiete seien gewahrt, ei» Aufschwung des ungarischen Exports infolge des Vertrages sei zu erhoffen. (Lebhafter Beisall.) Nachdem noch mehrere Rednersden Vertrag bekämpft Hallen, und der Alterbauininistcr statistisch den Aufschwung der ungarischen Landwirthschast nachgewiejeu hatte, wurde die weitere Debatte aus morgen vertagt. Frankreich. * Paris, 25. April. Der Anarchist Matha, ein Freund von Orliz und Henri, ist gestern Abend hier ver haftet worden. Die angestelllen Nachforschungen haben er geben, daß sich Matha nach der Explosion im Eafe Terminus »ach London begegeben hatte, von wo er kürzlich zurück- gekehrt ist. (Wiederholt.) * Paris, 26. April. (Telegramm.) Die Blätter be sprechen die Heiratb des Zarewi tsch mil einer deutschen Prinzessin und blande» nicht, daß diese eine größere Um gestaltung in der Politik zur Folge haben werde. Es sei nur »n Interesse des Friedens (den zu festigen aber gerade den sranzösischen Interesse» zuwider läuft. Red ), daß sich zwei Völker, die in ihre» Beziehungen während rer letzten Jahre kalt und höflich gewesen, einander mehr genähert hätten. — Das Budget der Armee erzieht für dieses Jahr eine Mehrausgabe von 14 Millionen, und eS stellt sich nunmehr die GesammtauSgabc für das Heer ans 648 085 505 Frcs. Die Mehrausgaben sind durch einen Bericht des früheren HandelSmiiiisters IuleS Roche in der Butgelcoiiiiiiission hervorgerufen, worin derselbe »ackwieS, daß bas KriegSbudget in Frankreich niedriger als in Deutschland sei, und die Präsenzstärke des französischen Heeres nicht mehr derjenigen deS deutschen gleichkomme. Belgien. * Brüssel, 26. April. (Telegramm.) Heute Abend findet ein von sämmtlichen politischen Parteien veranstaltetes Meeting zu Gunsten der proportionellen Ver tretung statt. Niederlande. * Amsterdam, 26 April. (Telegramm.) Nach den bisher eingclausenen Nachrichten erscheint eS unzweifelhaft, daß das Ministerium Tat eine Niederlage erlitten hat. Es verlautet auch bereits, daß Ministerpräsident Tak seine Demission eingereicht bat und durch den früheren Minister des Aeußeren, Tien Hoven, ersetzt werden soll. Italien. * Rom, 25. April. Prinzessin Friedrich Karl, welche im Hotel Ke Londres am Spanischen Platz wohnt, ist unpäßlich und wird durch vr. NeuhauS behandelt. * Rom. 25. April. Wie verlautet, ist bereits der Prinz von Neapel zum Vertreter des Königs bei der Hochzeit des Thronfolgers von Rußland dcsignirt. Großbritannien. * Das „B. T." meldet aus London, 26. April: Der bereits als bevorstehend bezeichnete Streik der Dockarbeite schrillt wieder in Hüll drinnen zu wollen Ben Tillet erklärte, die Arbeitgeber batten ihre Verpflichtungen nicht erfüllt, er sei für den Streik aus die Dauer von sechs Monaten. (Telegramm ) Orient. * a»nft«ntt«o»el, 26. April. (Telegramm) Di, Pforte bestellte in Deutschland 200 000 Mauser- gewehre. * vel«rad, 25. April. Der radikale Central-Au«. schuß hat seine Bcrathunarn beendet. Derselbe beschloß, eine Proclamation an da« Land zu erlassen Pasitsch ver läßt Ende dieser Woche Petersburg, kommt jedoch erst Mitte Mai nach Belgrad, da er zuvor seine Familie in Dalmatien unterbringen will. * Belgrad, 26. April. (Telegramm.) In hiesige,, oskreisen verlautet, Exkönig Milan werte demnächst in« uSland reisen, um die Königin Natalie zur sofortigen Rückkehr nach Serbien zu bewegen, da man sich in Regierunzs- kreiscn von einem solchen Schritte eine günstige Einwirkung auf die Bevölkerung verspricht. — Der hiesige bulgarische Agent überreichte dem Minister des Aeußern eine Note, worin die sofortige Ernennung einer gemischten Commission zur Untersuchung deS jüngstenGrenzconf lictS gefordert wird. * Sofia, 25. April. Wie die „Agencebalcanique" erfährt, Hai der Sultan gestern ein Irade unterzeichnet, durch welches allen von dem bulgarischen Exarchen hinsichtlich der bul garischen Schulen in Makedonien formulirten Wünschen entsprochen und dem bulgarischen Exarchat die Ernennung von zwei bulgarischen Bischöfen mit dem Sitze in Nevrekop und SrrcS iu Makedonien zugestanden wird. Ferner babe der Sultan dem Exarchen ein Grundstück zum Bau eines bulgarischen Seminar- in Konstantinopel zum Geschenk gemacht und denselben gleichzeitig ermächtigt, in Pera Grundbesitz zu erwerben und sich auf demselben zu installiren. * Sofia» 26. April. (Telegramm.) Gestern Nach mittag begab sich eine nach mehreren Tausenden zählende Volksmenge vor das Gebäude des Stadtgemeindeamts, wo- elbst der Bürgermeister den glücklichen AuSgang der makedonischen Schulangelegenheit mittheiltc und vor schlug, dem Ministerpräsidenten Stambnlow für seine Be- niübungen in dieser Frage den Dank deS bulgarischen Volkes auSzusprcchen und ihn zu bitten, den Ausdruck der Dankbarkeit dem Sultan zu unterbreiten. Der Vorschlag wurde mit Beifall ausgenommen. Die Volksmenge zog hierauf vor das HauS des Ministerpräsidenten Stambnlow, der aus dem Balcon erschien. Ein Macedonier hielt eine Ansprache, in welcher er die hohe Be deutung de« errungenen Erfolge- hervorhob und mit Hoch rufen auf Stambnlow, den Exarchen und den Sultan schloß. Stambulow antwortete, indem er der innigen Freundschaft zwischen Bulgarien und der Türkei, sowie des Wohlwollens des Sultans für Bulgarien gedachte, dem alle Erfolge dieses Landes zuzuschreiben seien. Die interessante Kundgebung trug einen durchaus spontanen Charakter. * Vctttnje, 25. April. Erbprinz Danilo begiebt sich Ende Mai a. St. mit großer Suite nach Petersburg, wie verlautet, um sich dort mit einer Prinzessin zu verloben. Amerika. * Nachrichten aus Washington melden, daß in einem der dortigen Gefängnisse, in welchem 300 Arbeitslose als Vaga- bonden inhaftirt sind, Meuterei ansbrach, die von der Polizei unterdrückt werden mußte. Man fürchtet, daß nach Ankunst der ganzen Armee der Arbeitslosen hier ein Sturm auf daS Gefängniß versucht wird. (Telegramm.) * Rcw-A«rk, 26. April. (Telegramm.) Gestern kamen hier 1200 Arbeitslose aus Colorado und Texas an. Die Regierung scheint fest entschlossen zu sein, die Gesetze streng zu handhaben und bei der geringsten Unordnung die Arbeitslosen als Vagabonden in Hast nehme» zu lassen. (?) — Die Bande Arbeitsloser, welche gestern in Butte sich eines E i se n b a h n z u ge S be mächtigt halte, wurde heute in Billings von 75 Polizei agenten überrascht. Es erfolgte ein ernster Kampf. Die Polizciagenten wurden zurückgetrieben. Der Führer der Arbeitslosen wurde verwundet. 500 Mann Soldaten erwarten die Ankunft des Eisenbabnzuges in Miles Eity (Dacota). Eine andere Bande bemächtigte sich eines Eisenbahnzuges in Terre-Haute (Indiana). Der Gouverneur bat energische Maßregeln gegen die Arbeitslosen getroffen. — Die Station WaltS der Pennsylvaniabahn ist durch eine von streikenden Eiscnbahnarbcitern hcrbeigesiihrte Dyna mitexplosion völlig zerstört worden. Mehrere Personen wurde» getödtet. * Nach einer Meldung aus Defterr« ist der Jnsurgenten- dampfer „Aquidaban" wieder flott gemacht worden. Preußischer Landtag. Abgeordnetenhaus. Q Berlin, 85. April. DaS Abgeordnetenhaus setzte beute die zweite Beralhung deS Gesetzentwurfs über dieLandwirthschaftS- kammern sort. 8. 2 der Vorlage setzt die Aufgaben der Land- wirthschastSkammern sest (corporative Organisation deS Berufs- siaodes. Abgabe von Gutachten bei allen die Land- und Forst- nSkthschast betreffenden Frage», Uebernahme de« Vermögen-, der Rechte und Pflichten der landwirthschasttichen Tentralvererne aus deren Antrag, Mitwirkung bei den Märkten und der Verwaltung und PreiSnotirung der Produktenbörsen). Di« letztere Bestimmung ist von der Commission insofern abgeändert worden, al» die Regierung». Vorlage nur bestimmt hatte, daß den Kammern eine Mitwirkung Es war Alle« gut abaclaufen. Als eS zwei Ubr vom Thurme schlug, fiel hinter Erhard und Matthias das schwere eiserne Tbor inS Schloß. DaS kleine Fenster der Psörtnerzellc stand offen und war niedrig genug, daß Erhard mil geschickter Hand das große Schlüsselbund des Schließers bineinwcrsen konnte. Dann eilten sie, auch Erkard in einem, von seinem Befreier im Voraus beschafften Bürgerkleide, znm HonleruS, der sic srcnndlich bcwillkommnetc und dem jungen Mann sein HauS »ist de» Worten öffnete: „Ibr habt mir neulich im Gcbirg' den Pfad gezeigt, laßt'S Euch gefallen, daß nun ich Euch geleite zur rechten Bahn!" O über die Neugier! Kaum graute der Morgen, so schritt Matthias schon woblgcinulb »nd mit unglaublich gleich- giltigci» Gesichte durch Kronstadts Gassen, als gälten ihm gar nicht die erstaunten Mienen der Vorübergehenden. „TaS ist dock der Matthias, der Pförtner von St. Dominik?" „Ist « möglich? Ja — der Matthias!" „Ohne Kutte?" fragte ein Dritter. „In> Schurzfell!" rief ein Vierter. „Hat rer heilige Dominik das Schlofferbandwerk erlernt?" „Ob der arme Alle den Verstand verloren hat?" Alle solche Fragen drangen an das Ohr des so viel Be staunten. Aber es tüinmerle ihn ebensowenig, wie die wüthenden Blicke derer, die noch treu am alten Glaube» dingen. Er verzog keine Miene, aber innerlich jauchzte eS in der allen Brust aus. Sein Ziel war das Kloster, den, gegenüber postirtc er sich und schaute so recht vergnüglich zu seiner Zelle hinaus. Nickt eine Spur von Heimweh machte sich geltend. Im Gcgentbeil, ibm war in der sußsreic» bequemen Tracht, in der fuschen, freie» Lust und in der ungebundenen Freiheit so unendlich wohl, daß er die Arme öfter« reckte und kies ausatbmele. Jetzt läutete das Glöckchen in seiner Zelle. Unwillkürlich fuhr er aus feinen Betrachtungen erschrocken auf Wie oft hatte dieser Ton ihn aus seinen angenehmsten Träumen geschreckt „Du warst der letzte, Erhard, der mich mit dieser frommen SchafSglocke weckte", dachte er Da läutete c« wieder und »och einmal und wiederum. Tan» war'« eine Weile still. Endlich hörte er feine Thür quilschen, denn geschmiert ward lange keine Thür- und Thorangel im Kloster, verschiedene Stimmen wurden laut und er vernahm deutlich Bruder Dieter'S Worte: „Wir werden doch nicht zwei Todte im Kloster haben?" Da»» entstand ein Gewirr, ein Suchen und Fragen. Endlich mußte wohl einer an das Schlüsselbund gestoßen baden. „Hier liegen die Schlüssel!" rief eS, und ein Gesicht snbr am Fenster vorbei und beugte sich zur Erde. Und als eS wieder alistalicktc, schreckte e« zurück und wie ein Vollmond rund, strablend in herrlichster Rölbe, glänzte eS aus dem Duutel deS Zimmer- binauS. Und weil der Mensch unfähig, ein Wort zu reden, so drängten sich bald die „lieben frommen Brüder" um ibn und gleiches Entsetzen malle sich aus Aller Zügen. Matthias aber stand unten mit verschränkten Armen und kniff die Acuglein zusammen, verzog seinen zahnlosen Mund zum herzlichen Lachen, und in den böchstcn Tönen, dir ihm zu Gebote standen, schallte sein gcniüthlicheS: Hihihi! Da kam Leben unter die Brüder; der Abt trat an'S Fenster: „MattbiaS!" ries er entsetzt. „WaS wünschen der bochwürdigste Herr Abt?" „WaS Ibust Du, MattbiaS?" „Ich — ich freu« mick)<" „O fluchwürdigster Sobn deS Klosters!" „Söhne, Herr, Söhne, denn der Erhard ist auch fort." „Wo ist der Gefangene?" „Er läßt sich reformiren, Herr Abt. Und denkt Euch nur: von einem Mägdelein, lieblich wie die Lilie im Klostergartcn, die Wangen rosig wie da« neueste Kleid der beiligcn Jung frau, rotk die Lippen, fast wie daS feiste Antlitz des lieben Bruders EraSmuS kort binter Euch. Abt. dem der Herr sein Bäuchlein noch mehr gedeihen lassen iiiöge!" Der Dicke verschwand, .Fahr' zur Hölle I" „O — ich danke, Herr Abt! Damit bat's noch weidlich Zeit. Nur sage» wollt' ich Euch, wer die Schlüssel hat. Der EraSmuS bat meinen Wunsch eben gut gedeutet und ist mit dem Schlüsselbund verschwunden. Sucht ibn nur am reckten Ort: in der Speisekammer! Und das sündige Bücket, Herr Abi, daS Ihr dem Erhard unrechtmäßig genommen, sucht nicht, denn da- bab' ich dem Erhard wiedergebracht, Ihr habt'- ja doch schon fleißig gestern durchstudiretl" Und auS tiefstem Herzen fuhr MattbiaS fort: „Ach — könnt' ich so Manche- seinem rechtmäßigen Besitzer wiederbringcn. das hinter Euren Mauern verborgen!" „Fahr' zur Hölle!" schrie wieder der Abt. „DaS habt' Ibr schon einmal gesagt, Herr Abt, aber ich danke jedenfalls nochmals." Dir Menge, die sich um den alten Expförtner geschaart, jubelte und schrie Der Abt warf wüthend da- Fenster zu. 3m Triumph kehrte Matthias zum Hause deS HonteruS zurück, und als der große Reformator seines sächsischen Volkes anS Fenster kam, nach dem Lärm zu sehen, da wuchs dieser zu einem begeisterten Jubeln. Tücher wehten, Mützen flogen durch die Lust und sreundlich nickte der einfache, schlichte Mann seinem geliebten Volke entgegen. „Der ist der Rechte!" ries Matthias und wies auf HonteruS. Da ries'S von allen Seiten: „Ja, der ist der Rechte! Er lebe! Gott erbalt' ihn!" Und manche geballte Faust kam auS der Tasche und ver einigte sich still mit der anderen Hand, und der Taumel der Begeisterung brachte ibrem Besitzer noch rin ander Gefühl in'S Herz: die Nächstenliebe. Man reichte dem Manne dort oben die Hände hinaus und er wurde nickt müde, dieselben mit echtem, deutschem, treuen und festem Drucke ru ergreife» DaS war im Graßiscken Hause eine festliche Tafel heute Mittag. Obenan saß der alte MattbiaS, so wollt'- der Herr Johannes, und mit gravitätischer Würde reichte er zu erst der Fra» Graßin die Schüsseln. „Damit Ibr sehet, daß ich den weltlichen Gebrauch nimmer verlernet", meinte er. Neben ibm saßen zur Reckten di« Matronen, zur Linken der HonteruS. Und an diesen reiheten sich Erhard, dem der flotte Anzug gar reizend stand, dann Anna, die glückselig ihrem Nachbarn in- Antlitz schaute, dann deren Schwester und Schwager und endlich das ganze Gesinde des Hauses und der Druckerei, die der HonteruS errichtet, bis herum zur Mutter Graßin. Und da die Gläser zum letzten Male gefüllt waren, erhob sich Herr Johanne-: „Der Herr, der über alle Menschen wachet und alle liebet, wie ein Vater seine Kinder, eines gleich dem anderen, lehre unS bedenken, daß wir alle Brüder, aus daß wir alle un- unter einander lieben, ob Katholik, ob Lutherischer, ob Jude, ob Heide — gleichviel!" Matthias stand mit offenem Munde. „Herr!" sagte er endlich, „solch' Wort Hab' ich noch nie vernommen!" „Du hast eS jetzt! Gehe hin und handle danach, ein echter Jünger der neuen Lehre!" Da stieß der alte Bruder mit diesem GotteSnianne an, trank, küßte ihn und drückte ihn lange an« Herz. „Verzeiht, Herr HonteruS!" platzte er endlich los, „ich bab'S net ander» gekonnt! Heiliger Dominiku» — Allniächliger, wollt' ich sagen: Ich bekomme auf meine letzten Tage noch Verstand wir soll ich daS ertragen!" Ein« Weile später stand er am Fenster und sab in den Garten; er und HonteruS waren allein. Plötzlich beugte ec sich hinan»: „Herr, unser Heiland", rief er» „seht, dort halten zwei ihr Glauben-dekenntniß!" HonteruS sah hinaus. Da gewahrte er zwei junge Menschen kinder, die sich zärtlich eben umfingen. „Laßt sie, Matthias, und tretet zurück." Da schallte e- wie rin herzhafter Kuß heraus und noch einer und wieder einer. „Gott, Du Allmächtiger!" ries Matthias mit vergnüglichem Gesicht, „der Religionskrieg beginnt io Siebenbürgen! Hört, da« Feuer ist eröffnet!" „Jetzt ist er beendet! Kommet, Euch könnte da» Feuer schaden. Gott der Herr ged« seine» Segen I"
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