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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.05.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-05-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940504025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894050402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894050402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-05
- Tag1894-05-04
- Monat1894-05
- Jahr1894
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che« «in« neu« Lbthriluag «tt drei Fstrikredisoren erhält, denen die Aufgabe der Controle der Fabrikinspectoren und die Untersuchung von Streitfällen zwischen Fabrikanten und Arbeitern rc. obliegt. Endlich wird eine Function de« Fabrikinspector« der GouvernementSbehörd« für Fabrik- angelcgenbeiten übertragen, nämlich die Ertheilung der Erlaub» »iß zur Beschäftigung Minderjähriger (von l2—15 Jahren) an solchen Sonn- und hohen Festtagen, an welchen die erwachsenen Personen arbeiten. Da« Personal der Fabrik- inspectio» wird von 34 aus 143 Mann gebracht, außerdem werden noch zehn Posten von Fabrikinspcctor - Eandidaten (zur Heranbildung geschulter Fabrikinspectoren) geschaffen. Bisher entfielen auf 1 Inspektor l l l2 bis 1465 Fabriken — ungerechnet die kleineren Etablissements —, doch war der Inspektor nicht im Stande, mehr als 200—240 Fabriken jährlich zu besuchen Neu ist ferner eine Besteuerung der Dampfkessel. Alle Dampfkessel, die der betreffenden gesetzlichen Besichtigung unterliegen, find steuerpflichtig, und zwar nach folgenden Sätzen: von den Dampfkesseln, die in der Land- wirthschaft und in Handwerkstätten zur Verwendung kommen, bis zu 6 Pserdekraft, sind 5 Rubel, von 6—12 Pserdekrast 10 Rubel, über 12 Pserdekrast 26 Rubel jährlich, von allen anderen Dampfkesseln aber 12 Rubel jährlich pro Kessel zu erheben. Durch diese Steuer sollen die aus 668 280 Rubel lährlich bestimmten Ausgaben gedeckt werden Deutsches Reich. * TreSten. 3. Mai. Unter der Ueberschrift „WaS theil- nrhmrnSe Nicktpreußen bei den letzten Vorgängen in der prenßischenLandcSkirche empfinden" veröffentlicht Pastor Salze in Dresden, ein ebenso maßvoll deutender, wie praktisch bewährter liberaler Geistlicher, in der „Protest. Kirchrnztg," einen Aussatz, dem wir folgende Bemerkungen entnehmen: Es kann nicht zweifelhaft sein, daß die kirchliche Neactio» der Zeit von 1856 bis 1866 nicht ohne Gewinn geblieben ist. Sie bat bet den Theologen und in den engeren kirchlichen «reisen den geschichtlichen Sinn verschärft und vertieft. Das ist von sehr große« Werth Sieht mau aber davon ab, so imiß man sagen, daß jenr Zeit die deutschen Kirchen verwüstet hat, wie der dreißig, jährige Krieg das deutsche Reich. Sie erwartete aller Heil von der Wiederbelebung der Consessioiialismu«. Sie vernachlässigte vollständig da« Gemeindeleben. Während die Städte mächtig wuchsen, verabsäumte sie in der gewissenlosesten Weise die Ber- inehrnng der Kirchen, der Geistliche» und der Gemeinden. Sie zerstört« das vorhanden« lunvvllkoiiiinene) Chrtstenthum und erwies sich als unsahig, ei» besseres an die Stelle zu setzen Das Christen» thunr der Zeit vor der Rcaction war wesentlich Gottvertrauen und Berusätreue. Schon während meiner Studienzeit war ich daran gewöhnt worden, es als dürftig und gering an Werth zu betrachten. Erst ais Geistlicher habe ich es achten gelernt, als ich sah, wie die Männer und Frauen dem Tode entgegen gingen, die es zur Deinutd und zur Ergebung in den Willen Gotte« er- zogen hatte Ohne Zweifel war dies Christenthuin nicht stark genug, Gemeinden und Landeskirchen zusammen zu halten. Dazu stellte es Christus, den Quell und Mittelpunkt des Christenthuin», zu sehr zurück. Wäre hier die Neaction ergänzend eingetreten, so war ein geordneter Fortschritt möglich. Aber statt der Religion des Gottvertrauens und der BerusStreue bot nia» schon den Kinder» die DreieintgkeitSlchre de- Athanasius, die Lehre von den zwei Ratureu in Christus und die Lehre Anselm'« von der Genugtkuung dar. Religion ward dadurch nicht in die Seelen gepflanzt. Die Gebildeten konnten wohl aus romantische Weise in diese Gedanken welt sich einleben. Sie wurden vielleicht kirchlicher, al» sie gewesen waren. Die „unteren Stände" aber gaben die Religion aus. Di« kirchliche Reaktion ist nicht am Entstehen der Socialdemokratie. wohl aber am Atheismus der S ocial- demoLpaten schuld. . . . Die in den Sitzungszimmern der Behörden zusammengestellten Agenden können das Lebe» der Gemeinden nicht mit sich fort» reißen und keinen Bestand haben. Da« Eisenacher Progranrm de« KirchenbaueS kann da« uns lehren ES war gewiß in redlicher Absicht verfaßt. Aber schon die geschichtliche Einsiüsi seiner Ver fasser war ungenügend. Die Praris hat es zur Seite gestellt. So wird eS auch mit den „studirten" Agenden gehen. Da« Schlinunst« ist, daß der ConsessionallSinu« sie benutzt, daß er sie als päpstliche Decretalen zu verwenden sich bemüht. Wenn den Gemeinde» da» Recht genommen werden soll, wie «« in auderen Landeskirchen immer geschehen ist, freudig im Gesang zu bekennen, wie ihr Glaube sie beseeligt, dann wird ganz gewiß Leo XIII. über di« Aniiäherung au seine Wünsche ersrcut ieüi Wenn so nebeubei da» OrdiualionSgelübde sestgestellt, die wichtigste und schwierigste Frage des evaiigelischen Glaubens- lebenS also im Sturm und Kamps der Parteien entschiede» werden soll — dann sülflt man sich nicht nach WormS, sondern in eine alte Synode versetzt, die ich nicht »eunen will. Hier muß »in- gelenkt werLe». Wenn eS wirklich der preußisch«» Landeskirche gelingen soll, im ganzen deutschen Reiche die Herzen aller aus- richtigen Christen z» gewinnen, dann darf sie weder einer Partei, »och dem Parteikamps zum Opfer sollen. Das Beste ist, dies« ganze Agende fallen zu lassen und damit den Kamps um sie zu beseitigen. Oder man erläßt die weise Beiordnung, die einst den Hannoverschen KatechiSmusIamps in wenigen Tagen beendigt Hut: die« Bnch darf nur da eingefülpci werden, wo auch nicht ein- mal eine erhebliche Minderheit sich dagegen erklärt. Ist da« Werk von Gott, so bricht eS sich von selbst Bahn. Ist e« nur ein Meoschenwerk, so mag e« vergessen werde» Tie wichtigste Lande«, kcrche de« deutschen Reiches und ihre friedliche Entsaltung ist wich tiger und werthvoller al« ein Buch. Man kämpft endlich uin die Frage, ob zahlreiche Bestimmungen der Atrchenvrdiniiig mit oder ohne die Zustiinmung des Landtag« sollen geändert werden k«nn»a. Mau will also ändern; den« sonst wäre dieser ganze Kampf ja zwecklo«. Und man will leichter ändern können al« bisher. Die« Grundgesetz der preußischen Landeskirche besteht noch nicht zwanzig Jahre Und schon stellt »an «S in Frage? Soll denn dir Kirche gar nicht zur Ruhe und zu einer friedlichen Entwickelung kommen? Sollen dt« Gemeinden gar nicht da« Der- trauen gewinnen, daß man ihnen friedlich« Arbeit gönne» will? Wir Richtpreußen Iranern in tiefster Seele, wenn au« d«r Landes kirche, der wir den größten Berus zuschretbeu, immer wieder Nach richten über Bekenniniß-, Agenden- und veksassuogSkämps« nn« zu- gehen. Wir trauern auch darüber, daß, wie e« uu» scheint, t» ihr so oft sociale uud politisch« Fragen mit den religiösen und kirchlichen vermischt werden. * Berlin, 3. Mai. Nach dem neuen Entwurf de« Professor« Rincklake (nicht Runllake, wie er im Telegramm der Mittwoch Nummer hieß) für das Kaiser Wilhelm- deukmal würden sowohl vie das Denkmal flankirrnden Reiterstatuen de» Kaiser« Friedrich und des König« Albert von Sachsen, als auch die beiden als Abschluß der Terrasse geplanten Obelisken in Wegfall kommen. Da« Projekt beruht im Wesentlichen daraus, daß eS erneu Hauptfehler de- BegaS'schen Projekts, wonach auf dem viel zu engen Platze zwischen Schloß und Spree künstlich ein architektonisch umrahmter kleiner Platz geschaffen wurde, der da« Reiterstand bild ausnehmen soll, beseitigt. Durch die bisher geplante Architektur würbe daS Denkmal nicht gehoben, sondern erdrückt. Um ihm eine breite architektonische Grundlage zu geben, hat der Künstler da» Denkmal aus eine nach hinten elliptisch abschließende Doppelterrasse gesetzt. Dadurch ist ermöglicht, zwischen Terrasscnbau und Spree eine breite Fahrstraße anzulegen, so daß der Raum zwischen Schloß und Denkmal als „SiegeSforun," nur dem Verkehr für Fußgänger dient Zwei entsprechend geformte Triumphthore schließen das „SiegcSsorum" zu beiden Stirnseiten ab. Die untere Terrasse ist im Lichten 66 Meter lang, die Entfernung der Schloßfront von der untersten Terrassenstuse beträgt 35 Meter. Der Raum ist daher so groß, daß er sich sogar zur Ab haltung von Paraden bei Fabncnverleihungen. zur Parole- auSgabe rc. eignet. Mittelst 32 Stufen ersteigt man die Höhe der unteren Terrasse. Die obere Terrasse, die die Ueberbauung der spreeseitig angelegten Colonnadcn bildet, erheischt noch wieder 17 Stufen für ihre Ersteigung. Die Terrassen mit ihren Treppen nehmen eine Gesammtfläche von über 2500 Quadratmeter ein, sie würden z. B. bei Festlich keiten über 9000 Menschen ausnehmen können. Der Entwurf wird in der diesjährigen Kunstausstellung der allgemeinen Kritik vorgeführt werden. * Berlin, 3. Mai. Für die RcichStagSwahl in Pinneberg haben bekanntlich die Antisemiten und der Bund der Landwirthe einen gemeinsamen Eandidaten aufgestellt, wovon die „Kreuzztg." höchst befriedigt folgendermaßen Notiz nimmt: „In dem bisher durch den Grafen Moltke (Reich-Partei) ver tretenen Wahlkreise ist, wie liberal« Blätter melde», eia« Ver ständigung zwischen den „Deutsch-Socialen" und dem „Bunde der Landwirthe" erzielt worden, wonach als gemeinsamer Candidat der Nährstände der deutsch-soclale, aber den Lhristlich-Socialen und damit auch den Conservativen innerlich nahe stehende Porzellanmoler Raab in Hamburg ausgestellt werden soll. Falls sich die« bestätigt, wäre darin ein erfreuliches Anzeichen wachsende» BersiSndnisse» . . Ein „den Christlich-Socialen und damit den Conservativen innerlich nahestehender" antisemitischer Candidat wird also unter die Protection der „Kreuzztg." genommen, obwohl eS erst wenige Wochen her ist, seitdem Freiherr v. Manteaffrl im Reichstage und die „Cons. Corresp." in einer von der Parteileitung ausgehenden Kundmachung das hiesige christlich-sociale Preßorgan des HosprevigerS a. D. Stöcker, das „Volk", in den stärksten Ausdrücken al« nicht zur conservativen Partei gehörig Pezeichnct haben! * A»S Schleswig-Holstein, 2. Mal. Der bevorstehende Wahl« kamps im 6. schlcSwig-holsleinischen Reich-tag-wahlkreise (Pinne- berq-Elm-hornl wird sich zu einem höchst interessanten gestalten. Wie bereit» niitgetheilt wurde, hat die Delegirwnverfammlung de- die conservativen und »atioualliberale» Element« umfassende» „Nationalen Wahlvereins" inii einer a» Einstimmigkeit grenzenden Mehrheit di« Candidatur de« bekannten Margarinesnbrikanten und national- liberalen LandtoaSabgeocLneten Mohr-Altona beschlossen. Die An hänger des Bundes der Landwirthe vermochten aus ihren Candi- daten, Hofbesitzer Breckwoldi-Tannenhof, nur ober Stimmen zu »er- einigen. Eine solche Niederlage, wie sie der Bund der Landwirthe in unserem ländlichen Wahlkreise erlitten hat, beweist, daß dir extrem-agrarische Agitation hier keinen Bode» mehr findet. Die Aussichten der Candidatur Mohr sind sehr gut. * WtlbetmShaven, 2. Mai. Der wegen Fischfang« in deutschen Gewässern beschlagnahmte englische Fisch- dampfcr „Blue Jackct" ist wieder freigelasscn, der Capitain aber in Hast behalten worden. * Juowrazlaw, 2. Mai. Ueber den tumultuarischen Ver lauf der polnischen Wahlversammlungen, die im hiesigen NeichStagüwahlkreise der Ersatzwahl wegen abgehaltcn werden, ist schon mehrfach berichtet worden. Neuerdings hält die Polizei daraus, vaß vor dem Eintritt in daS Ver sammlungslokal die Knüppel abgelegt werden, um die Meinungsdifferenzen zwischen Hosparteilern und Volks- parteilern keinen bedrohlichen Charakter annehmen zu lassen. Eine Knüppel-Garderode al« integrirender Bestandtheil eine« gatkonal-polalsches Wahlfeldzuar« — dlese» Bild au« dem politischen Leben verdient srstgebaltea zu werden. * Meketnge«, 2. Mai. Di« letzte Landtagsersatz« Wahl, bei der, wie erinnerlich, mit 76 von 132 Stimmen Baurath Fritze (Vorstand de« nationalliberalen Reichsverein« in Meiningen) gewählt wurde, ist um deswillen besonder« interessant, weil der Bund der Landwirthe dem Can- dibaten de« Reich«verein«, mit dem er bei der letzten ReichS- tagSwahl Schulter an Schulter gegen die freisinnige BolkS- partei gekämpft hatte, den Rittergutsbesitzer Kammerhcrrn v. Bibra als Gegencandidate» gegenüber gestellt hatte. Dieses Vorgehen bekommt «inen besonderen Beigeschmack dadurch, daß die sreisinaige Volkspartei in einem allerdings vorsichtiger Weise nur durch „Mehrere Wähler" Unterzeichneten Rundschreiben für Herrn v. Bibra eintrat. Der radikale Freisinn im Kampfe für einen — conservativen Großgrundbesitzer gegen einen Nationalliberalen! Oesterreich-Ungar«. * Wien, 3. Mal. Prinz Heinrich von Hessen ist mit Gemahlin au« München hier eingetroffen. * Wkn, «. Mai. (Telegramm.) Der russische Generalmajor vom Kexholmischen Garde-Grenadier- Regiment. Rezwoy, ist hier eingctroffen und wird heute vom Kaiser empfangen werden, um die Verlobung des Großfürsten-Thronfolger« mit der Prinzessin Alix von Hessen zu notificirru. * Wien, 4. Mai. (Telegramm) Hundert streikende Tischlergehilfen überfielen gestern Abend den Werk führer einer Möbelfabrik im Bezirke Mariahilf, sowie dessen Sohn und brachten dem elfteren eine Nässende Kopf wunde bei. Di« Thäter wurden verhaftet. * Sger, 4. Mai. (Telegramm.) Zwischen excedirenden Bergarbeitern de« Falkcnauer Revier« und Gendarmen fand ein ernster Zusammenstoß statt. Ein Arbeiter blieb dabei todt, zwei wurden schwer und mehrere andere leichter verwundet. * Trieft, 4. Mai. (Telegramm.) Da« hiesige serbisch« Consulat ist zum Range eines GeneralconsulatS erhoben worden. Der ehemalige Secretair der königlichen Ordenskanzlei, Karastianowitsch, ist zum Leiter der selben ernannt. * Pola, 4. Mai. (Telegramm.) Zu Ehren de» im nächsten Monat hier eintreffenden Geschwader» der englischen Marine werden große Vorbereitungen getroffen und mehrere Festlichkeiten veranstaltet werden. * Arad, 4. Mai. (Telegramm.) Ein zahlreiche Ver sammlung von Rumänen au« der hiesigen Gegend, zumeist Lehrer und Geistliche, demonstrirtr gestern gegen die Civil ehe. Nachdem mehrere Reden gehalten und rumänische Lieder gesungen worden waren, zogen die De monstranten vor die Wohnung drS russischen Bischofs Mitianu, der trotz der an ihn ergangenen Einladung in der Versammlung nicht erschienen war. Der Bischof forderte die Demonstranten auf, ruhig auseinander zu gehen. Frankreich. * Pari«, 3. Mai. Dem „ProgrSS Militaire" zufolge soll di« in dem Budget für da« Jahr 1895 vorgesehene Ver mehrung der Efsectivbestände 230 Officiere und 84 597 Mann betragen, welche zur Erhöhung der Bestände de« 6. und 7. CorpS verwendet werden sollen. * Pari«. 4. Mai. (Telegramm.) Dir französisch italienische Liga hält morgen Abend unter Vorsitz von Friedrich Schafsy und General Türr eine große Versamm lung ab zum Zweck der Anbahnung einer Besserung der Handelsbeziehungen zwischen Frankreich und Italien. Belgier». * Brüssel, 4 Mai. (Telegramm.) Die Eentralsection hat erhebliche ^ :rschärsungen an den vom Senat angenom menen Gesetzentwurf gegen da- Duell beantragt. Namentlich sollen scharfe Maßregeln gegen solche Journalisten, welche die Vorgänge bei den Duellen veröffentlichen, zur An wendung gelangen. * Lüttich, 4. Mai. (Telegramm.) Gestern Abend l!>/« Uhr fand vor dem Hause de- l)r. Rrnson in der Rue de la saix eine Dhnamitexplosion statt, durch welche beträchtliche Verheerungen angerichtet wurden, vr. Renson und seine Frau wurden verwundet. Der untere Theil de« Gebäude« wurde erheblich geschädigt, di« Verkleidung der Hausstur vernichtet. In den benachbarten Häusern zersprangen zahlreiche Fensterscheiben. * Lüttich, 4. Mai. (Telegramm.) Ueber die Explo sion -n dem Hause de« vr. Renson wird weiter gemeldet: Al« vr. Renson mit seiner Gemahlin und dem befreundeten Vr. Rodart sein Haus betrat, bemerkte er einen Behälter mit brennender Lunte. At« vr. Renson den Behälter aufhob, erfolgte die Explosion. Renson stürzte mit blutüberströmtem Gesicht zu Boden und erlitt einen Beinbruch, auch wird der Verlost de« Augenlichte« befürchtet. Die Gemahlin wurde Einsam swhet ein fföhrenbamn Ernjl aus der einsamen Haide; Reg»1 die Zweig« still wie im Traum, Höret des Winde« Gesauscl kaum Ueber der einsamen Haide. Einsam lehnet «in Menschenkind Unter dein Baum aus der Haid«; O, wie ueidet'S den AdeuLwind, Der um der Blume» schönste miant Und um den Baum aus der Haide. Thörichte« junges Menschenkind, Träume nicht aus der Haide! Kennt die Blume den ?l bendwind? Glaubst, er ahnt, was die Föhre sinnt? Träume sind Alle« — leis »nd lind — Träume der duftigen Haide!" „Recht artig", meinte die Baronin, „der Verfasser oder dir Verfasserin haben wohl da irgendwo im Haidcland gelebt — uh konnte dem dürren Zeug keinen (Geschmack und keine Poesie abgcwinueu! — Ader weiter im Text! — WaS giebt eS min?" Und der Hauptmann la« weiter: „Lj, daß im weiien Erdenldal Für mich kein Herz geqlübl! Daß aas der Liede Götlerurotfl Für mich kein Alinken sprüht! Daß meine« Herzen'« hetl'ge Gluth Kein and re« Herz beglück». Ter Schatz, der iu der Tiesc ruht.' Kein sterblich Aug' entzückt!" ,^Da« ist aber etwas sehr kühn", schaltet« die Baronin ein, .etwa« sebr selbstbewußt! Wer weiß, ob DaS, wa» sie sür eine» Schatz hä», geeignet wäre, sterbliche Augen zu entzücken! Aber weiter, bitte'" s „Daß kein, Lippe bebend sprach: Ich liebe Dich, sei mein! — Daß meiner «eele sehnend Acht Ersiarb beim herben Nein! — ... Sei iiill, wein Herz, und klag« nicht, Ob Dich auch Niemand liebt! Lied' selber treu »nd frage nicht, Ob inan zurück Dir giedt! Dir selbst bleib tren und zage nicht — Thue Dein« Pflicht t" „Hm. Resignation!" sagte die Baronin, „ick baffe die Resignation! — Sic scheint euie recht sentimentale Pflanze." »Jjt c« atzcr gar nicht", entgigaelr Hmr von Hochheim Mer „Sie kennen sie also!" rief die Baronin sichtlich über rascht und richtete sich au« ihrer halbliegcndea Stellung jäh ans. „Ja, ich sab sie am letzten Sonntag, al« ich a>ff einer Dienstreise in A. meine ebeusallS dort anwesende Cousine aussucht«." „Und tver und WaS ist sie, die Holde, die offenbar einen so tiefen Eindruck auf Sie gemacht Hai — nein, vertbeidiaen Sie sich nicht! — sie hat einen tiefen Eindruck auf Sie gemacht. Wer und was also ist sie — ich will e« wissen!" lind ihre Augen blitzten funkelnd, drohend, und in ihrer sonst so melodischen Stimme war der Ton einer gerissenen Glocke. „Verkäuserin ist sie iu dem weltbekannten Hause von Conrad HaSpe in A ", sagte er seetenrubig. O.id wie toll lachte die Baronin aus. „Sie erlauben sich wohl, mir ein Märchen aufzubinden, mein Herr Haupt mann von Hochheim!" rief sie mit beißendem Spott. „Behüte, Melanie", lachte er beiter über ihre Aufregung, „eS ist die Wahrheit, die reine Wahrheit, und ich hatte, meine ganz besondere» Ideen, als ich Ihnen die Vers« des jungen Mädchen- vorlaS. Ich dachte, e« wäre sehr schön vou Ihnen, Baronin, nnd einer so reichen und geistreichen Dame durchaus würdig, wenn Sie sich des talentvollen Mädchen- ein wenig annehincn möchten. Sie sehnt sich mit allen Kräften hinaus aus der Enge ihre« VerkäuserinnendaseinS, wir sie sagt, und würde glückselig sein, weim sich ei« andrer Wirkungskreis für sie fände, in dem eS ihr gestattet wäre, auch ihre geistige Aus bildung ein wenig zu pflegen" „An welcher «S natürlich gewaltig fehlt", schloß die Baronin mit Befriedigung „Wieviel daran fehlt, weiß ich natürlich nicht", rntgegnete er, „aber sie spricht geläufig di« modernen Sprachen, wie Dora sagt, und hat gute Manieren". „So — o — o —" sagte di« Baronin gedehnt. „Musikalisch au-gebildet ist sie gar nicht, aber sie soll eine schöne Stimm» haben und man hat ihr schon gerathen, diese Stimme ausbilden zu lassen, aber dazu —" „Hat sie natürlich kein Geld", fiel die Baronin schon wieder mit aller Schärf« ein, „und da« ist sehr aut, sonst würde ja die» Wunder von Talent an NnauSstehlichkeit nicht« zu wünschen übrig lassen. — Ist sie hübsch?" „Ich glaube — ja". „Da- giebt zu denken» Leon da« heißt: Sie ist sehr schön. — Leeden Sie sie bereit«?" Sie fragte e« so hart und rücksichtslos. um jewe schön geschwungen» Lippen legte sich ein leiser Spott. Seine Augen aber flammten auf in düsterm Zorn, und er sagte sehr ernst und nachdrücklich: „Sie wissen, Melanie, daß ich keine Zeit babe, an Liebe zu denken! Aber sie ist ein gute« Kind, rin so strebsame« Mädchen und ich dachte, e« würde Ihnen Freude machen, ihr zu helfen." „Sie sind ein thörichter Knabe, Erwin", scherzte sie nun, ,g»nd Sie vergessen über Ihren „ernsten Pflichten", dir gar nicht so wichiig sind, und die Ihnen so viel Zeit rauben, Ihne» und Ankern, Erwin — die Augen auszumachen!" „Im Gegcntbeil. Melanit, ich babe sebr offene Augen. Vielleicht ist eS auch ebenso gut, da« Mädchen bleibt, Wa ste ist. Ich dachte nur, e« sei immer reine Freude, Andern Gote« zu erweisen." „Weiß ich e« nicht — Sie Weiser Prediger Salomo — habe ich nicht schon Manchem Gute« erwiese» ?" Es war ein sonderbar lauernder Blick, der ihn traf. „Gewiß, Melanie, gewiß", stieß er beinahe jäh heran-, „und ich werde Ihnen da« nie vergessen!" Und e« war seltsam, daß da« letztere, da« wohl ein Dank sein sollte, wie eine Drohung klang. Die Baronin körte wohl nur den Dank heran«. „Ich will mir die verkaufende Dichterin bei Conrad HaSpe einmal ansehen, lieber Freund", sagte sie gnädig. — ^Könnte wohl so ein kleine«, einfache« Ladenmädchen irgend einen Effect machen an der Seite einer Melanie vom Sande?" 8. ES war um die Mittagsstunde und sebr leicht sinnig vou ihnen, ja gewiß, r« war sehr leichtsinnig von ihnen. War eS denn so ganz unmöglich, daß irgend Jemand kam um diese Stuudr? O» für gewöhnlich kam doch Niemand, und Monsieur und Madame hielten ihren gewohnten kurzen MillagSschlas — warum sollte man e« denn nicht auch so machen? Und sie machten e« in der That so. Sie saßen und bockten umher auf Kafka und Kisten, auf Schrwelcheu uud Keldstühlchen und — schliefen. Selbst Rose nickte ein wenig in einem großen Schaukelstuhl und Dora nickte in ihrem alten Häßlichen Comvtorr. Nur Fräulein Hubert saß kerzen gerade ans einer Halo hrranSgezogenen Schublade und häkelte; ne häkelte immer iu jeder unbewachten Minute. Auch Miezchen schlief nicht eigentlich: sie kauerte auf einem Feld- stühlcheo zu Rose « Füßru und hatte den Kops an deren Knie gelehnt, so klickte fi« halb schlafend, halb träumend zur enlpav» am Arme verwundet und erlitt einen heftigen Blutverlust, vr. Rodart wurde an den Beinen verwundet, außerdem erlitt ei» Paffaut, dessen Persönlichkeit nicht festgestellt ist, Ber- wondungen. Die Gründe de« Attentat« sind unbekannt, auch fehlt bisher jede Spur von tem Thäter. Italien. * N«M, 3. Mai. Deputirtrnkammer. Bei der Berathung de« Elal» de« Ministerium« der Auswärtige» Angelegenheiten erklärte aus eine Anfrage Barzilai's der Minister de« Auswärtigen Baro» Blank, Italien habe nichts zu verheimlichen in Bezug aus die gegenüber seinen Verbündeten bestehende» Verpflichtungen, welch« in der Solidnrität gemeinsamer Bertheidigung im Falle einer Provocotion beständen. Die Möglichkeit der Herautsorderung zu einem Kriege sei gegenwärtig mehr denn je unwahricheinlich. Die Ber- pflichtungen Italiens hätten den besonderen Charakter, daß sie gegen keine Macht gerichtet seien. Ter Minister schloß, Italien werde unter den Nationen diejenige Stellung einnehmen, welche ihm da« Parlament durch die bevorstehenden Berotliungen anweisen werde, vou denen sür Italien die Möglichleit wtrthschaslticher Unabhängigkeit, der einzigen Grundlage einer politischen Unabhängigkeit, abhänge Großbritannien. * London, 3. Mai. Roseberh hielt gestern Abend eine Rede in Manchester, wobei er wiederum die Spaltung der liberalen Partei beklagte; wenn die unionistischenLiberalen nur daS Princip des Gebens und Nehmen« anerkennen wollten, würden bald keine Differenzen mehr bestehen. Rußland. >V. Petersburg, 2. Mai. Den deutschen Colonistcn wird das Dasein immer noch möglichst unerträglich gemacht. Zunächst findet dir „Now. Wremja" eS sür absolut un zulässig, daß deutsche Colonistcn in Rußland ferner noch so weitgehende AnsiedelnngSrechte genießen, wie heute. Die Deutschen brächten dem Reich ausschließlich Schaden und es solle ihnen verboten werden, mehr al« l5 Dcffjatinen (1 Dessjatine l,l Hektar) Boden sür je eine Colonisten- wirtbschast zu erwerben, d. h. gerade so viel Land soll der Deutsche haben, daß er nicht Hunger« zu sterben braucht. In den Regierungskreisen geh» man auch schon mit dem Plane um, ungefähr dasselbe auszusühren, was di« „Now. Wremja" vorschlägt. So wurde für das Kaukasusgebiet den deutschen Colonisten die fernere Ansiedelung verboten; eine von den dortigen Colonistcn eingcrcichtr Petition um Abänderung bezw. Milderung dieses Verbots wurde von dem Minister deS Innern adschläglich beschieden. Eine Ausnahme macht man mit den deutschen Mennonitin; ihnen werden Landantheile zur zeitweiligen Benutzung, jedoch nicht zum Kauf überlassen, wobei die Krone sich das Recht ber Auferlegung beliebiger Pacht bedingungen Vorbehalt. (Die Hoffnung, daß in der thörichtcn Fremdenpolitik Rußland«, die wir schon mehrfach charakterisirt haben, nach Abschluß deS deutsch-russischen Handelsvertrags eine Aenderung eintreten werde, scheint sich demnach nicht zu bestätigen. Immerhin mag eS richtig sein, daß, wie behauptet wird, deutsche Ansiedler in dem fruchtbaren Kuban(KaukasuS)- gebiet Raubbau treiben und »ach jahrlanger AuSsauchung de» Boden« auswandern, um dasselbe Spiel im Osten, in Sibirien, am Amur u. s. w. von Neuem zu beginnen. Einem derartigen Treiben läßt sich abec auf gesetzlichem Wege wehren, ohne daß man gleich zu dem letz.-n Mittel de» Ansiedelungs- Verbotes zu schreiten braucht. D. Red.) Warschau, 2. Mai. Bon den bei de» Straßendemon strationen anläßlich de« hundertjährigen Gedenktage« der Er hebung Warschau- unter KilinSkiVerhaftetei' wurden bereit« einige gegen Stellung von Caulion oder Bürgschaft ent lassen; von den polnischen Studirenden ist bisher noch keiner entlassen. Die Untersuchung führt die Gendarmerie und an der Spitze der Untersuchungscommission steht der Gen darmerie-Oberst Fursow. Die Untersuchung wird außergewöhnlich streng geführt, die Beendigung derselben ist jedoch erst Mitte Mai zu erwarten. Bon den Verhafteten werden besonder« die ärmeren und die Studirenden streog behandelt. Unter denselben befinden sich auch einige öster reichische und preußische Angehörige, deren sich die be treffenden Generalkonsuln angenommen haben, — mit welchem Resultate, ist bi« jetzt nicht bekannt. Orient. * Konftanttnopel, 4. Mai (Telegramm.) Die Meldung, daß die Pforte irgendwelche Schritte zur Anerkennung de« Fürsten Ferdinand bei den Mächten gethan habe oder demnächst zu thnn beabsichtige, ist völlig unbegründet und wird demnächst amtlich demcntirt werden. * Belgrad, 4. Mai. (Telegramm.) Der Gerichtshof in Nisch erklärte den königlichen UkaS, wodurch Exkönig Milan in alle königlichen Rechte eingesetzt wird, sür verfassung-gemäß und verurtbeilte den Rcdactcur der „Swoboda" wegen Beleidigung Milan'« zu einer mehr monatigen Gefängnißstrase. — Die geplante Reise des König« Alexander nach Koustantinopel ist nunmehr endgiltig beschlossen. Von Konstantinopel wird sich der König nach Athen begeben. Der Finanzminiskr Petro- wrtsch ist »ach Berlin abgereist. E« war so still in dem sonst so belebten Raum, so kirchcnstill und so kühl, Halbdunkel wie in einem Kirchenschiff, denn die Läden lagen draußen dicht vor den großen Schau fenstern, damit der glühende Sonnenschein die kostbaren, aus gestellten Lederwaarcn nicht verderbe! Weitaus aber standen die breiten Thürcn — so wußte Jeder, daß da« weltbekannte Hau« von Conrad HaSpe keineswegs geschlossen sei. „Rose", flüsterte Miezchen leise, „Rose, jetzt ein Lied! „Warum nicht gar, Kind, hier im offenen Laden!" ent- gegncte Rose ebenfalls leise und offenbar etwa« mißninthig über die Störung. Sie öffnete nicht einmal die Augen, .^können Sie nicht auch ein wenig schlafen. Kleine?" „Nein, ich kann ja fast niemals schlafen, auch de« Nacht« nicht", klagte Miezchen leise, „und auch Sie Rose, auch Sie schliefen ja nicht." „Ich träumte nur ein wenig, kleine Mieze, und ich dachte — aber eS ist ja einerlei, wa« ich dachte — e« wird ja doch niemals etwa« daran«!" Und tiefatbmend richtete sie sich au« ihrer halbliegenden Stellung auf und schaute, sichtlich noch mit ihren Gedanken beschäftigt, angelegentlichst auf einen ihr gegenüberstehenden GlaSschrank und ans den im obersten Ge fach desselben ausgestellten kostbare» Perlmuttersächer, al« sei dieser grünschillernde, reich mit Gold eingelegte Fächer da» heißeste Ziel all' ihrer Wünsche. „Ein Lied, Rose", bettelte Miezchen weiter, „seit Wochen haben Sie un« kein Lied gesungen, immer haben Sir so weise mit dem ewig dunkeln, räthselbasten Fräulein Hocbbeim zu reden! Ick kauu sie wirklich gar nicht leiden, dieses Fräulein Hochbeim!" „Sir sind ein furchtbarer Quälgeist. Miezchen!" ries Rose laut, und überdiesen Ausruf erwachten sämmtliche Schläserinnen und suhreu erschrocken in die Höbe. Alle- lachte, selbst das trockenc Fräulein Hubert lachte über den unuöthigen Schrecken. 2>e saß der osscnen Thür schräg gegenüber und durch vor ihr stehende hohe Glaskästen, in denen kostbare Goldbronzen ausgestellt waren, vollkommen geschützt, mußte sie jeden Eintrelcnden sofort wabrnebmen und konnte deshalb ohne Furcht vor Entdeckung sich in gewohnter Emsigkeit ihrer Häkelarbeit widmen. „Ja, Rose, ein Lied!" baten nun auch dir so jäh au« ibrem süßen Mittagsschlummer Erwachten. „W>r machen d,e Thür so lange zu und Fräulein Hubert kann es ja auch schon von Weitem sehen, wenn Jemand kommt." (Fortsetzmig solgt.)
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