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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.05.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-05-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189405060
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18940506
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18940506
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-05
- Tag1894-05-06
- Monat1894-05
- Jahr1894
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.05.1894
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Bezugs-Preis G d« -»«ptezpedttton od« d» tm Gtatt. taftk und den Vororten errichtete» Kos» -ibefttllrn adgeholt: vierteljährlich ^IS.öOZ fts zweftnoltaer täglicher Zuftellu», tut bau« » 5-bü. Durch di« Post bezogen für Deutsch»»»« und Oesterreich: dietlel,ühtttch -t ch—. Direkt» tägliche Arrnzbandieudung in» Auslaud: monatlich 7^0- DieUorgkN-Nusgad» erscheint täglich di» >beod-»u«gabe Wochentag« 5 Uhr. Le-krtto« au- ErpeLitio«: J»tz«»»r«,affr 8. We Lrpediti»« ist Wochentag« ananterdroche» z«äö»«t —» früh 8 bis Abend« 7 llha. Filiale»: vtt» kl«»«'» e-rtt«. (Bllfrrd HaO»1b Uuiversitätsstraß« 1, La-»» Lisch«, Wlherivenstr 14, patt. «d KchchB»l»tzV. avrigtl'.Tagclilillt Anzeiger. Organ für Politik, Lolalgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Auzeigeu-PreiS dl» S gespaltene Prtitzeil« 86 Pfg. Reklamen unter dem Üi»daktioa»s«rtch l««» s-aUent 50-rZ. vor den ftamiliennachrichte» zk gespalten) 10^. chrvtzer» Schriften laut mnerem Preis- »erzeichnifi. Tabellarischer und Ziffernjatz »ach höherrm Tarif. Extra-veilagea (gefalzt), »ar mV der Morgen.Aasgabe, ohne Postbeförder»»« » SO—. mit PostbesSrderung 7V.—. Zimahmrschluß fir Aazeize»; Abend-Ausgab«: Vormittag« 10 Uhr. Vrorg«a-Au»gab«: Nachmittag« «Uhr. Sonn» »nd Festtag« früh Uhr. Bei de» Filiale» und Annadmestellrn ja et« halb. Stund« früher. ß>» strt« a» dia EU»MU»» z» richte». Lrnck «ck Verla, vo, G. Pol» i» Letprig. ^ 228. Sonntag den 6. Mai 1894. 88. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Veffenüiche Sitzung der Ltadtverordueteu «Ut»»ch. »eu 0. «tat 180«, «den»« «'/, Uhr. im Sitzungssaal« am Naschmarkte. Tagesordnung: I. Bericht de« bestellten Referenten bez. d«S ÄaS-, Oekonomie» und Finanzausschüsse» über: Conto 10 „Wohlsahnspoltzei" Pos. 33—35, Conto «1 „VaSdelcuchtungsaastoften" a»d die SpeciatbudgetS „lLaSanstait l", „idasansiait II" und „Bas- austalt I und 11" mit Ausnahme von Pos. üb Nr. 1 d« 4>e- haltsliste de« Hau-Hattplane« auf da« Jahr 18S«. II. Bericht de« Löschausschuffc« über: Ankauf von « Pferden, Aasttllnva dreier Fahrer und Anschaffung von Geschirr» und Slallutensilien ,c. für die Feuerwehr. III. Bericht de« Stiftung«., Finanz- und Bauauss'chnffeS über: Einrichtung einer Wohnung der 2. Etage de« Grundstücke« Mühlgasse Nr. 3 zu Elpedüionrräumiichkeiteu für da« Armenamt. IV. Bericht de« Stiftung«, und bez. Oekouvmieautschuffe« über: die Rechnung de« JohannishoSpitale- auf da« Jahr 1891 nebst den Anhängen I und II. V. Bericht de« Lauausschrisse« über: Einführung der Wasser leitung in dir Scheutendorfstraste auf der Strecke voa der Srundstücksgrenze de« ehem. apostolischen Bicariat« bi« zur Lößniger Straße. VI. Bericht de« Vau-, Oekonomie- und Ftaanzaurschusse« über: a. Verkauf de« an der Schwägrichenslraße gelegenen Bau- platze« Nr. 33; d. ein Abkommen wegen Verkaufs einer Arealfläch« von ca. 63030 gm in Leipzigerairttzsch an di« Herren Generalkonsul Wolker «. Ben. VII. Bericht de« Finanzausschusses über: a. die Rechnung über cmlheiiige, dem Museum aus der Stiftung für die Stadt Leipzig zukommende Zinsen aus daS Jahr 1803: d. Be» aostaitung einer Matinee im Gewandhause am 8. Juni d. I. für die Besucher der 2. Jahresversammlung des Vrrbaudes der Elektrotechniker Deutschlands in Leipzig 183«. Bekanntmachung. Nachdem die öffentlich au-qeschriebencn PflafteruNgSarteiten i» de» das Kinderkrankenhaus umgebenden Straßen »ergeben worden sind, werden die unberücksichtigt gebliebene» Bewerber hie» durch ans ihren bez. Angeboten entlassen. Leipzig, am 2. Mai 1894. 1S53. Ter Rath der Stabl Leipzig Co le. 604. vr. Georgt. koldttz. Lekanntmachung. Wegen Einsetzung voa Wassermessern und Veränderung der Rohrleitung im Johannapark wird der daselbst aus der Skdfett» »er Carl Tanchnitz-rtratze entlang führende Fahrweg von Montag, den 7. diese« Monat« ab -us etwa 3 Tage für den gejammten Aahr»crkehr gesperrt. Leipzig, am 5. Mat 1894. Ter Math der Stadt Leipzig. IL. 4713. vr- Georgs. Stahl. Sekanntmachung. Wegen borzunehmender Legung eine« Wassrrrohrstrange« wird »am 8. diese« Monat« ab die Bayerische und kohlenftratze nah zwar vom Eingang der letzteren bi« zur Hohen Straß« anf di» Dauer dieser Arbeit für allen Fährverkehr gesperrt. Leipzig, am 5. Mai 1894. Der Math der Stadt Leipzig. IL. 4718. vr. Georgt. Stahl. Bekanntmachung. In der Zeit vom 7. April bi« mit 4. Mai dieses Jahre» gingen »n freiwilligen Gaben bei ua» eia: 1 X L5 überwiesene Forderung de« deutsch.dsterr^vaterländ. Verein« an Ar. D., z . — . Sühne in Sachen St. B., b » — » von Herr» F. Otto Reichert, gesammelt am Telephon, IN - — . vom ComltS sür da« 10. Bnndesfest des Deutsche» Radfahrerbundes. M 25 ^ Ca. Ferner sind vom Radsahrerclub in Leipzig-Neustadt 7 50 H de» LK. Armendistricte zur Verwendung überwiesen worden und Wird über sämmtliche Beträge hierdurch dankend qurttirt. Leipzig, den 5. Mai 1894. La« Armrnamt. Hentschcl. Schicker. Die städtische Sparkasse beleiht Kerthpapierr unter günstigen Bedingungen. Leipzig, den 10. Januar 1894. Die Sparcasscn-Deputattan. Zwangsversteigerung. Im Weg, der Zwangrvollstreckung soll da« im Grundbuch« von Kotzian« Band lll, Nr. 70, anf den Namen de« Vranrrmetftrr« Wilhel« Vietzig eingetragen«, zu Rahiand belegen« Grnndslück a» 5. Juli 1804, Vormittag« 0 Uhr, vor dem unterzeichnet«» Gericht — au Gericht«st»lle — versteigert werden. Das Grundstück ist mit 0,3l Thlr. Reinertrag und einer Fläch« von 0F114 Hektar zur wrundfiener, mit I2S1 Nutzungrwetth zur Gebäudeitener veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, be- gtaubigic Abschrift des Grunbüuchbmtte«, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück betreffend« Nachweijuagen, sowie besondere Oausbedingungen können in der GerichtSschreiberei des uuterzeichaelen Gerichis eingewhen werden. Tas Urthell über die Ertheilung de« Zuschlag« wird am k. Juli 1804, Pormittaa« 11 Uhr, an Gcrichtsstell« verkündet werden luhlaad, den M. April 1894. königliche« Amtsgericht. Schuchans-Verkauf. Mt Genehmigung der königlichen Schulbehörden beabsichtigt di« hiesige Schulgemeinde die beiden außer Gebrauch gesetzten, aber uoch i, lehr gutem Zustande befindlichen, an der Hauptstraße g». legeuen Schnlhöuser mit Hmtergebäude und Garten »nier «»»erst »önstigru Vebtugiingen zu verkaufen. Da« eine enthält 3 Letzrztminn »nd 3 Famllieuwohnungen, das ander» 4 Leb» »immer, L lehr geräumige Familieowohnungen und einige Nein» Zimmer. Veld« Häuser eignen sich nach Lage und Bauart vor züglich z. Fabrikzwecktu. Noch werden Interessenten daravs aas. «erkiam gemach«, daß Grüna, «in aufstrebender industrieller Baratt «sa Lhemaitz, ja nächster Zeit «tarn zweiter» Bahnhof bekommt. Nähe« «»«kauft ««heilt gern » 4. Mat i»t. Der Sch,l»ar«a«» Llaah, vorstheab«. Das Artheil -es französische« Aational- couvents über die Anarchie. Wenn e< i» einer staatliche» Ordnung an einer Alle« und Alle gemeinsam bindenden und lenkenden Macht fehlte und »der alte Urständ der Natur wiedrrkehrte, wo Mensch dem Menschen gegenüber steht", so nannte man da» seit schon langer Zeit Anarchie. Die Geschichte Polen« hat da« Wort „polnische Wirtschaft" dafür im VolkSmundr er zeugt. Da« Wort hatte damal« nur einen politischen Sinn. Seitdem aber zu den politischen Staatslheorieeo im achtzehnten Jahrhundert auch die BolkSwirthschaftslehre getreten ist, vat man für die Staatsbürger auch eine gerechte Ordnung de« Erwerbe« zu schaffen gesucht. Al« dann der alte Staat zusammenbrach, suchte mau da« Verlangen nach Freiheit und Gleichheit auch auf da« gewerbliche Leben auSzudchnen. Im Ganzen zwar hat die erste Republik — RobeSpicrre an der Spitze — an der Heiligkeit de« Eigenthum« festgcbalteo. Babeuf« communistische Verschwörung wäre aber nicht mög lich gewesen, wenn nicht schon an dem herkömmlichen Begriffe de« Eigenthum« gerüttelt worden wäre. Am 10. Mai 1796 wurde sie unterdrückt. So ist e» fortgegangen bi- zur Äulirevolution von 1830, unter welcher die Bourgeoisie zur Herrschaft gelangte. Die handarbeitende Elasse say darin aber nicht den Abschluß der französischen Revolution, sie verlangte auch volkSwirthschaft- lichr Emancipation; verschiedene Theorie«! wurden ausgestellt, die radikalste war die Proudhon'S, der als letzte Eonfcqncn; der Entwickelung dieAn arcki e hinstellte. Erst seit Proudbon ist nun dieses Wort in die Massen gedrungen, weil sich diese erst jetzt mit der volkSwirthschaftlichen Revolution, mit dem socialen Problem beschäftigtrn; aber r« ist, wie wir gleich zeigen werden, viel älter, und es zeugt nur für dir Kurz sichtigkeit der leitenden Claffen in Frankreich, die ihre eigene Geschichte nicht kennen, daß sie erst durch die Bombenwerfer daran erinnert wurden. Daß diese Claffen, überrascht von dem Blitz au« heiterem Himmel, lange rathlo« daftauden, begreift man. Diese Art Bürgerkrieg ist zu uuhrimltch. Wenn der Anarchist sich u»ft offen dem Gegner, dem „Bourgeois", gegrnüberstellte, ihm sichtbar eutAegentrate l Aber »ein! Heimtückisch legt er die todtbringende Maschine uieder und sucht sich der Gefahr durch schnelle Flucht zu ent ziehen, während die von ihm Bedrohten unversehens über rascht werden. Und, entsetzliche Verwirrung aller RcchtS- begriffel Daillant hat unleugbar geglaubt, einem Princip der Gerechtigkeit zu gehorchen, im Dienste der leidenden Mensch heit zu morden. Er hat ohne alle Selbstsucht, uneigennützig gehandelt. Vielleicht berufen sich die Wahnwitzigen, indem sie durck „den Schrecken" die heutigen Inhaber der Macht und Mittel zu ihrer Anschauung zu bekehren suchen, ans die Schreckensherrschaft der ersten Republik. Aber die Terroristen von 1793 beobachteten wenigsten» einen Schein von gericht lichem Verfahren; ihre Opfer, wenn auch meisten« schon im Voraus verdammt, wurden wenigstens angebört. Daran denkt der Anarchist nicht. Und zuletzt — man möchte über solche Verrücktheit selbst verrückt werden — artet das Boniben- werfen, da« anfangs mit dem Anspruch auf den Namen eine« rrvolutionairen Acte- auftrat, in eine Art Sport aus, dem dann die eigenen Panegyristeu dieses Massenmorde« zum Opfer fallen, wir soeben Taillade. Ist die« wirklich ein« logische Schlußfolge der großen Principien von >789 oder der ersten Republik von 1792? Ich bin bi« zur Quelle der großen Revolution hinaufgcstitgen und babe da 'olgrnde seltsame Entdeckung gemacht. Am 20. April l792 att« Frankreich dem deutschen Kaiser den Krieg erklärt; zu ranz II. und dem König von Preußen stand der König von -ardinirn in Waffen. Am 24. September zog der General Montesquieu siegreich in Cbamböry ein, er schrieb sofort an den Kriegöminifter, um zu wissen, welche Haltung die fran zösische Regierung dem eroberten Lande gegenüber einzunehmen gesonnen sei. Gleich darauf rückten Dumourier und Cuslinc siegreich im Norden vor. Monte-quieu'S Anfrage war im Convent dem diplomatischen ComitS überwiesen worden und in der Sitzung vom 24. Oktober 1792 hörte der Convent dessen Bericht über da« Verhalten an, da« den fran zösischen Generalen im FeindrSlandr vorzu schreiben wäre. Der Deputirte de« Departements des Tarn, der protestantische Geistliche Lasource (er fiel 30. Oc- tober 1793 al« Girondist), erstattete ihn: Die Entscheidung im Großen und Ganzen über da« eingenommene Land solle sich der Convent Vorbehalten; einstweilen habe der General dem Volke alle Freiheit zu lassen, sich die ihm zusagende Ver fassung zu geben, im Eiuzrlnen aber haben die Generale der Republik drei Gebote zu befolgen: Sicherheit der Personen, Achtung vor dem Eigenthum und Un abhängigkeit der Meinungen. Zuerst, „bis da« Volk im Ganzen aeiprochen hat, soll keine Partei sich da« Recht anmaßen, sich selbst Gerechtigkeit zu verschaffen. Wer iu der Sicherheit der Personen ein Hinderniß für die Revolution, ein« Fessel sür den Aufschwung der Völker zur Freiheit sehen wollte, würde Verbrechen mit Insurrection, Räuberei mit Revolution, Zügellosigkeit mit Freiheit verwechseln, und wenn er nicht der unwissendste, unverständigste aller Menschen Ware, so würde er der gehässigste, der verruchteste sein. Welche« Drrbängniß sollte e« wollen, daß der Freiheit die Verwirrung, wie der Welt da« Chao« vorauSainge? Könnte die Freiheit nicht ein einzige« Mal im Schooße de« Frieden« geboren werden und rein au« ihrer Wiege hervorgeben?" Selbstverständlich konnten diese Vorschriften, die der Con vent seinen Generalen im AuSlande gao» ebenso gut an das französisch« Volk selbst gerichtet werden, da die Sicherheit der Personen in Frankreich damals sehr schwankend war, und noch mehr Geltung baden sie für dir heutigen Anarchisten Aber ganz al« wenn sie erst heute erlassen worden wäre, klingt die zweite Vorschrift» die wir wörttich wicdergebcn. »Indem st« da« Leben der Einzelnen sicher stellen, sollen dir ! Generale der Republik dir heilig« Achtung vor dem Eigen- I tbum aufrecht erhalten. Sogar die heilsamsten Revolutionen I kommen ebensowohl de« Diebe» wie den MSrvrrn zu statten I Der Durst »ach Blut »i« der nach Gold Hausen oft in der selbe» Brust. Drr, »rlchrr «it der rineu Hand ersticht. raubt mit drr anderen: wenn er nicht ander« rauben kann, al« indem er zusticht, so bringt er den Andern um, um ikn zu berauben; er stößt ihm den Dolch in die Brust, nur um sich einen Weg zu babncn und durch den Sckrcckcn und da« Blutvergießen zur Plünderung zu gelangen. Die zu große Ungleichheit des Besitzes kann rin Fehler im Gesell- schaft-körper sein, aber die Plünderung ist immer ein Ver brechen. „Daß die Llnarchisten nicht etwa bier austreten und ihre empörenden Grundsätze auSkramcn! Ihr wollt nicht, Bürger, daß unter dem Borwand der Revolution Jeder, der Nichts besitzt, deo Anspruch erhebt, auf Alles ein Recht zu haben, was er be gehrt und was er erreichen kann. Die, welche eS wagen würden, diese höllische Lehre zu prrdigeu, indem sic sie trügerischer Weise mit dem großen Princip der Gleichbeit der Rechte bemänteln, würden io euren Augen keine Patrioten, sondern Räuber sein. Wenn es Usurpatoren giebt, so kommt eS nicht irgend welchen Individuen, noch irgend einem Tbeilc de« Volke- zu, denselben die Beule abzunehmcn; das gesammle Volk hat allein das Recht dazu. Wenn e« anderöwo, wie in Frankreich, Bündnisse von Verschworenen aiebt, veren Güter ihre Verbrechen sühnen und die Nationen für die Leiden ent schädigen sollen, die sie sie durch ibre Quälereien oder ihre Complotte baden erdulden lassen, so kommt eS den Nationen allein zu, daS Eigeulbum dieser Einzelnen zu einem gemein schaftlichen Eigenthum zu machen. BlS dahin soll Alles heilig sein." Der dritte Punct, die Freiheit drr Meinung betreffend, mag bier weg bleiben: den „durch da« Cinrücken der Franzose» von ikren Tyrannen befreiten Völkern" soll die Wahl ikrcr StaalSvcrsaffung vollkommen frei stehen. Wir daben e» hier nur mit den Anarchisten zu thun. Unser« Wissens kommt dieser Name hier zum ersten Male in dem Begrisss- zusammenhange vor, unter dem er heutzutage in Frankreich gebraucht wird. Es ist die» so interessant, daß wir es sür zeitgemäß erachten, die Stelle im Original wiederzugebcn. HöHst wahrscheinlich — denn sonst wäre sie schon in den Pariser Zeitungen abgcdruckt worden — erhalten dir Pariser Journalisten und Minister auch erst durch un« davon Kunde. Der Text lautet: „(juo Iss Lmwcbislos ue rieuusut poiut, «UUsr lours rö- voltLutss marimes. Vvus n'entvuüer pas, ei1v>vu», que, sous prSteut« üs rvvoiutiou. cllacuu qui u » pan prvteuäv uvuir llroil. ü tont vo qu'il elvsiro ot qu'il pout atloiuüro. O'oux ijui oserLieut xröcllor cettv int'oi-nule cjoelrmo ou I» couviuut llrUaciousomsur. du giaucl prinvixs do I'ö^uliiö dos droits, ns ssraivut pvint L vos )'eur de» patriotos, mais des brigauds." Herr Casimir Pürier wird ganz gewiß damit zufrieden sein; er selbst hat ja schon in diesem Sinne gesprochen und gehandelt. Seine energischen Maßregeln haben aber schon den Widerspruch Rochesvrt'S, des Unversöhnlichen sl'Inti uusi- geuot) heranSgcfordcrt, der bas Wiederaufleben deS Terro rismus von 93 und de« Gesetzes der Berhaslniig „der Ver dächtigen" zu wittern vorgub. Was wird lctztrcr sagen, wen» er in dem Berichte deS von uns vorgesührlen ComilsS die Worte liest, die an dir republikanischen Generale, in Bc tresf der Freiheit der Meinung, folgende Mahnung richten: „Ihr werdet nicht daS Verfahren jener verruchte» Minister nachahmen, die im Namen der Könige den Völker» Ketten auscrlegten, uin ihnen die Störung der Ordnung zu ersparen, und sie alle Martern der Sklaverei verschlucken ließen, um sie vor den liebeln der Anarchie zu bewahren." Der intransigente Laternenmann wird gewiß Bravo rufen und Herrn Casimir Pürier mit dem Fürsten Metternich ver gleichen, dessen AdsolutiSmu» „die Ruhe wie im Grabe" schuf. Hier ist daS Wort „Anarchie" wieder in seinem gewöhn lichen Sinne al- Mangel an aller gesetzlichen Orbnniig ver standen. Beide Deutungen liefen in der ersten Republik neben einander her; sür die oben vom Comilü angegebene, die sich mit der Verwirrung de« EigenlhumSbegriffcü ver bindet, könnte i.ft, wie ich am Eingang anleulete, Belege an der damaligen Bühnenliterattir anführcn; als allgemeines Schreck- und Schimpfwort aber, also im rein politischen Sinne, ward es von den je zur Zeit siegenden Parteien der Revolution auf die Unterlegenen angewandt; so wurden zum Beispiel die Attentäter, die RobeSpicrre und Collot d'Hcrboi- im Mai l79t hatten ermorden wollen, zu der „Partei der Intriganten und Anarchisten gerechnet, die daS Volk dcmoralisiren wollten", und als RobcSpierrc auch gestürzt war, wurde er, der Einzige der in dem wölben den Revolutio»Ssturmc daS religiöse Moment, über daS seine Gegner nur spotteten, als eine Leuchte für da« Volk gerettet hatte, zu all den „Anarchisten" geworfen, die er selbst aus da« Schasset geschickt hatte. Nach dem Berichte vom 2t. Oktober >792 hat e« also nicht erst eine« Proudbon bedurft, um vie beulige „Anarchie" hrrvorzurufen. Schon der Convent hat Sache und Namen gekannt und gebraiidmartt. Was har sie »un in unseren Tagen, Kundert Iakrc nach der Ersten Republik, wieker auS- gcbrütet? Der Mangel aller festen Grundsätze, an dem da« heutige Regierungssystem und Nationallebc» in Frankreich krankt. ^ We lck politisch-moral isch-religiöse Anarchie!" haben wir in unserer Broschüre „Czar, Emperenr und Republik" auSgerufen. DaS Wecicre lese mau in der Schrift selbst »ach „Die Plünderung ist immer ein Verbrechen", sagte man 1792 im Convent; ist denn der ganze Panamaschwindel, der die Ersparnisse vo» Tausenden arbeit samer Bürger verschlungen hat, etwas ander, s als Plünde rung? Hat ein so gewisse,,lose« Verfahre» mit srembem Eigentbum nicht zu drr Begriffsverwirrung in den Köpfen der „Anarchisten" führen können, führen müssen? Ta« Studium der Geschichte der fra»zö,i,chc» Revolution hat mich den Fingerzeig dea Natioiialconveiils aus die Anlndne entdecken lassen. Warum haben die heutige» Republikaner, die im Jahre 1889 ta» Säcularsest der Priucipie» von 89 in Paris geseirrt haben, jene Epoche der staatliche» und gesellschaftlichen Umwälzung nicht gründlicher studirt? All« Probleme, die heute noch ungelöst sind, traten damal« schon aus und noch immer herrscht dieselbe Verwirrung. Möchten di« Herren in der Deputirten- kawmer, di« clnsua, dirißvnutvs, doch erst mit sich selbst in« Reine kommen! In Deutschland hat man zuerst be gonnen, sich mit der Lösung des socialen Problem« ernsthaft praktisch zu beschäftigen, und Frankreich hat nur da« von seinem Nachbar gegebene Beispiel zu befolgen versucht. Möge eS aus diesem Wege beharre», dann wirb eS auch die Ver irrte» aus diesen reckten Weg zurückführen. Nur dadur-l, kann eS die Krankbeit deS Anarchismus überwinden, »id>t durch die Furie eine« Revaachrkriegs. ^ don endendem »Lind! Hermau Semmig. Deutsches Reich. * Leipzig, 5. Mai. Der Vorstand des hiesigen Zweig- verein« des Evangeliscken Bunde« batte schon in seiner Sitzung vom 8. Decembrr vorigen Jahre« beschlossen, falls der Antrag de« Ccntrum« auf Aushebung de« Gesetze« über den Orden der Gesellschaft Jesu vom 4. Juli 1872 auch in dritter Lesung vom Reichstage angenommen würde, eine darauf bezügliche Eingabe a» den BundcSrath zu richten. Dieser Beschluß ist in den letzten Wochen ausgejührt worden. Unter Hinweis auf die an den Reichstag wiederholt ringesandten Petitionen au« der Stadt Leipzig und deren Umgebung hat der Vorstand an den Bundeörath die Bitte gerichtet, dem in Frage stehenden Gesetzentwurf die Zustimmung zu versagen. 58 Berlin, 5. Mai. Der nervöse Eifer, mit dem Herr Eugen Richter Tag sür Tag jede Steucrvermehrung als auSsichlSloS und Herrn Miquel al« aus der ganzen Linie geschlagenen General hinzustclleu sucht, erklärt sich au- dem Bewußtsein, daß er seinerseits für eine verlorene Sache kämpft. Es wird einsam um den Zahlcnkünstler. Mag man selbst auf daS pro ino et nunc de« chamälconartiaen Herrn vr. Lieber wenig Gewicht legen, den bayerischen Centrums leutcn ist e« Ernst mit einer soliden Dedung der neuerdings verursachten Mehrausgabe» und Mindereinnahmen, und sie haben Grund dazu. Und zu den klerikalen Bekehrten treten nod, nähere Freunde deS Herrn Richter. Das „Berliner Tageblatt", welches durchaus nickt ein erklärtes Organ der Freisinnigen Vereinigung geworden ist, kommt »ach einer objectiven Untersuchung rer Finanzlage zu dem Schluß, daß dieselbe im Reiche und in Preußen keineswegs besonders günstig sei und die Bewilligung von Mebrcinnahmen keineswegs unentbebrlich mache. Die aus AqitationSriicksichtcn zurückgefübrtcn „EükamotagekUnsle" de« Herrn Richter er fabren bei dieser Gelegenheit eine säst verächtliche Beurthei lung, seine Kelinzeiduinng de« preußische» DcsicilS als eine« bloßen „CasscndesicilS", wird als ein schwächliches Manöver abgcscrligl und die Verschlechterung der VermögenSbilan; des Staat- im Betrage von 18 Millionen rückhaltlos aner kannt. Der sachkundige Artikclschrciber bleibl dabei nicht stehen, sondern stellt, im Gegensätze zn dem leichtherzigen Optimismus de« vollsparlcilichc» Führer«, eine weitere Vew sch'.cchlcrung iu Aussicht Eine einczebende Erörterung des Charakters der Uebersd'üffc aus de» Slaat-eiseiibabncn führt den freisinnige» Politiker zu der energische» Forderung nach einer Minderung dieser Einnahme». Ter sislalischc Zug in der Eisenbabnvcrwallung könne aus die Dauer nicht geduldet werden; eö müsse mehr den wirthschattlichcn Rnlkiuhlen Rechnung getragen werden und eS seien Weiler in höherem Maße als bisher Ausgaben zur Erneuerung und Erweiterung der Verkehrs ciiirichlungen auS lausende» Mittel» und nicht durch Anleihen zu decken, endlich sec eine beschleunigte Tilgung der Eisenbahn schuld in- Auge zu fassen. In diesen Puueten begegnete sich der freisinnige Anikclschrcibcr mit alten nationalliberale.i Forderungen, denen, soweit sie die Deckung der Kosten vo» Neuanschaffungen treffen, der lausende Etat zum erste» Male, wenn auch im beschränkten Maße, rin Enl gcgenkommen bezeigt. Mil dem Verlangen, den wich tigften Einnahmeposten des rrcußischcn HanSballS nad> Maßgabe deS vollswirihsthanücken Bceiirsnisses zn kürzen, begnügt sich jedoch da« freisinnige Blatt nicht. E« bezeichnet die Vermctiniiig der Ausgaben sür die Volisschule, tas geiverbliche UnlerrichlSwescn und andere Cnllnrbedürsiiiffe al> gerade vom liberalen Staiidpuiick höchst wünschciiswcrlb, und bemerkt dem vielversprechenden „Wahltönig" der Volkspartei, die GchallSausbesscrungen für die unteren und mittleren Bcamlen dürfe man doch nicht blos vor Neuwahlen fordern, sondern müsse sie durchznsctzc» suche», auch wen» kein agita torischer Nebelige»,,»» dabei absicle! Was Herr Nickte» Wehl zu dieser Ketzerei wider de» heiligste» Brauch im Volks parteilichen Lager sagen wird? Jedenfalls wird ibni die Tbalsache, daß seine Eignung zimi finanzpolitischen Führe» endlich auch von Freisinnigen rid-lig tarirl wird, mehr II» gemach verursache», als Herrn Miquel die vielbesungenen neuralgischen Kopfschmerze». k Berlin, 5. Mai. I» einem offenbar auf RegierungS kreise zurückzusührcndcn Anstel der „Nordd. Allg. Zeit." wird jetzt uuscr durch die fortgesetzte Verzögerung der Ra tisicativn deS Handelsvertrags seitens der spanischen Cortes gänzlich versabreues h a u e cls p olit ische« Verhältnis; zu Spanien besprochen Wir crseben daraus mit Be friedigung, daß jetzt endlich auch der deutsche» Regierung die Geduld zu reißen scheint und daß de» abgeschlossene L-«rlrag die äußerste Grenze de» tculschcn Zugeständnisse darftelle. Die zum letztenmal vom Re:chsiag zustande»! Frist sür da« Pro visorinm länst bereits am 15. Mai ab. Es ist anSgrschlvsse», daß bis tabiu noch die Bestätigung de« Vertrages durch dieCorteS er folgt. Nicht ganz klar ist, wa« di« deutsche Regierung »ach den» Ablauf dieser Frist zu lhu» gebeult Eine Ein berusung des NcichStagS lediglich zn einer nochmaligen Ver längerung scheint nicht beabsichtigt und bat auch Schwierig- leiten. Gcdcnlt nun die Regieiung au« eigener Vollmacht »nt deni Vertrauen aus srälere Indemnität da» Provisorium abermals zu verlängern? Da« wäre dock eine bei eine» Frist bi« in den nächsten Herbst hinein beteiilliche Ilmgehung der Verfassung. Oder gedenkt sie von eine» Verlängerung abzusehen? Darauf lönnlc die Bemerkung de« ofsiciösen ArlilclS Hinweisen: „Der Ablauf deS Provisoriums bedingt für Deutschland die Anwendung des autonomen Tarifs" * Berlin, 5. Mai. In Lei» Rüstzeug der Opposition gegen den deutsch-russische» Handelsvertrag wurde als besonders scharfe Masse dre Weissagung benutzt, nach der Herabsetzung de« Zolle« von b auf 3,50 würde» die
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