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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.05.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-05-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940512012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894051201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894051201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-05
- Tag1894-05-12
- Monat1894-05
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Bezugs-Preis ß, der Hauptexpedittoa oder den im Ltadl» bezirk »ud den Borvrten errichtete» Au«, cabrstellen «hgehslt: »»rrt»ljührlich^lt.50i bei zwekmolkaer tüglicher Zustellung in« Haus >l 5.50. Lind die Post bezogen für Teutschland and Oesterreichi vierteljädrltch » . Direkte täglich» Krenzbandlraduag t»< Autiand: monatlich 7L0. Die Morgni-Nulgab» erscheint täglich'/,7 Uhr, di» Abead-Lulgabe Wochentag« b uhr. 8eV«ctioa v»- Lrpeditioa: Lotznnnr-gaffe 8. Dte kn>ebttton geSsf»«« «, Filiale«: Olt« Me««'« Larti«. (Ulfretz H«tz»)h Nnivrrsitätsstraß« 1, r«qi» Lösche. tatharianistr. 1t, p-rt. ,ud K»»lq«»latz 7. Morgen-Ausgabe. ÄMerIageblaü Anzeiger. Lrgan für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. AuzeigeuPreiS die 6 gespaltene Prtitzeile L6 Pfg. Reclame» unter dem RedactronSstrtch (taa» spalten) 50-4. vor den Famssieanachrichtra (Sgespalten) «Och. Größere Schriften laut unserem Preit- «erzeichaiß. Tabellarischer und jjifsernlatz »ach HSHerem Tarif. Metra«veil«,rn (gefalzt), »ur mit d« vlorgen - Ausgabe, ohne Postbefördernog ^ SO.—, mit Postdesordrrung ^ 7V.—. Znnahmeschl«ß für Zuzeizea: Nbend-Autgab«: Bormittag« 10 Uhr. M o eg, n-Ausgabe: Nachmittag« «Uhr- Sonn- und Festtag« früh '/,S Uhr. Bei den Filialen und Annadmesielle» je «t« halb» Stunde früher. Anzeigen sind stet« an dt« Mepevttt«» zu richte«. Druck u»h Verlag vo» L. Pol» 1» S«tp»kg. ^- 239. Sonnabend den 12. Mai 1894. 88. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 13. Mar, Vormittags nnr bis Vs9 Uhr geöffnet. Lxpeältlon üe8 L-elprlxer l'axeblLttes. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. «l« Platz sür drn verkaus »an Pfingftmaien am Sonn- adend var dem Pfingftsestr (IS. Mai» wird der Töpser- platz angrwtesen. Leipzig, hrn 7. Mai 189«. Ter Rath der Stadt Leipzig. Ib.2150. ' llr Georgsi Wagner. Bekanntmachung. Di« Räume der Mechnung»- nnd Saffenverwaltun« der Gasanstalten, Kurprinzstraßt Nr. 1«, l. (Markthallen-Eckgebäude) bleiben wegen vorzunehmender Reinigung Ltrn«tag, dry IS. Mat I8V1 geschlossen. Leipzig, den 11. Mai 189«. De« «ath» »er Stadt Leipzig Io. 1610. Deputation zu den GaSanstaltcu. Gesucht wird der am 2. September 186« in Präbschüy b. Döbeln geborene Fleischer, zuletzt Kutscher Aldert Map kehlte, welcher zur Für lorge sür sein Kind anzuhalten ist. Leipzig, den 10. Mat 189«. Der Math der Stadt Leipzig, Ar»e»-Amt, Adttz. IV». H !V».'286x. Hentschel. Hr. Gesucht wird die am «. Oktober 1859 in Wählst Lehmann verw gew. Mahler geb. Val sür ihre Kinder anzuhalten ist. Leipzig, den 8. Mai 189«. Der Math der Stadt Leipzig. - " h. IV». X. L. IVa, 718 d. geborene Liberi» lkmili» Ne, welche zur Fürsorge Armen-Amt, Adth. IV». Hentschel.Hr. wird Inspektor Familie anzuhalten ist. Leipzig, den 7. Mai 189« besucht der am 10. September 1857 in Leipzig geboren« Bersicherungt ctor Panl Theador Müller, welcher zur Fürsorge sür seir N. V. 506 e. Der Rnth Per Stadt Leipzig. Armen-Bntt. Abth. II. ' ' Hentschel Irke. H P> Gesucht wird der am 8. Mai 1867 in Neuschönefeld geboren« Buchhandlung«, gehilfe Friedrich Angnft vrnn« Ott«, welcher zur Fürsorge für sein« Familie anzuhalten ist. Leipzig, den 7. Mai 189«. Der Math der Stadt Leipzig. «r, " " X. R. VN. 8c«'1 «4«. Ir«en-Amt, Adttz. II. Hentschel. M. Erledigt hat sich unsere Bekanntmachung vom 21. April 189«, die am 12. Februar 1871 zu Eutritzsch geboren« Dienstmagd Selm« Laste betreffend. Leipzig, den 7. Mai 189«. Der «ath der Stadt Leipzig. Armen-Amt, Adttz. IV«. X. R. IV» 790e.Hentschel.Hr. Der städtische Lagerhof in Leipzig lagert Waarrn aNer Art zu billigen Tarifsätzen. Di« Lager scheine werden von den meisten Bankinstttuten bestehen. Leipstg. den 26. April 189«. Dt« Depntatian zum Lagerhaft. ständige Arbeit und den notbdürftigen Lebensunterhalt z» indem Dir Verwaltung der Güter in eigener Regie ist bei den aristokratischen Grundbesitzern so gut wie gar nickt Mehr üblich; die Latifundien werden oft in dritter und ricrter and verpachtet, jede neuere Verpachtung erboht den )achtsckilliiig, und der letzte Pachter ist mit allen Mitteln und Schlichen bestrebt, die ProduclivnSkosten zu ver mindern »nd die Pachtsumme, nicht in letzter Reihe au« de» Tagelöhnern, hcrauszuschlagen. Um die Arbeit-löbne herabzubrücken, werden die Latifundien aiisgetbrill nnd stück weise einer Gruppe von Arbeitern behufs Bearbeitung über- geben. Die Bearbeitung der Weizenfelder seiten« der Arbeiter wird in der Regel für ein Neuntel oder Zehntel de« Er trägnisses voUsübrt; bei den Mai«feldern ist ebenfalls Natural lohn und zwar die Drittel-Entlohnung üblich. Diese« Lohnsystcni, ressen Höbe von dem Au-fall der Ernte abhängig >st, dielet dem Arbeiter keine verläßliche Grundlage sür die Berechnung seine« Einkommen«. Er be- innt die Arbeit, ohne zu wissen, wa« nach Monaten sein öhn sein wird. Eine bei der Bearbeitung von Weizen- und Maisfeldern betheiligtr Arbeiterfamilie erwirbt im Fall einer »ten Mittelernte ungefähr 5—6 Doppelceniner Weizen im erthe vo» 35—«2 Gulden und «0 Scheffel Mai« im Wertste von 18—20 Gulden, demnach zusammen ungefähr 55—60 Gulden. Außerdem erhält der Arbeiter drei Woche» während der Erntezeit wöchentlich «inen halben Scheffel Weizen und ein Kilogramm Speck. Letztere Leistung wird zumeist in sehr schlechter Qualität geboten. Zum Maisbrcchen unc> Binden der Garben muß der Arbeiter Hilfskräfte herbei- ziehe», die er aus Eigenem zu bezahlen bat. so daß sein Erwerb eigentlich nur «8—50 Gulden beträgt. Aber selbst diese« für Monate lange und überaus anstrengende Feld arbeit ihm zukommenbe Einkommen bleibt nicht un geschmälert. Mit bewunternSwertbem Raffinement sind GntS- kerr, Pächter und Beamter bestrebt, entweder unbezahlte Arbeit au« dem Tagelöhner heranSzupressen oder ihm einen Dheil seine« Erwerbe» unter verschiedenen Titeln abzunehmen. Tie letzteren Leistungen zu Gunsten de» Gut-Herrn oder Pächter« werken selbst in der Amtssprache ..ursor» (Wucher) genannt und bestehen darin, daß der Arbeiter verpflichtet ist, weil er Felder zur Bearbeitung erkalten bat, für jede« bearbeitete Joch Feld 1—2 Tage unentgeltliche Arbeit bei Hau« nnd Hof zu leisten, ferner einige Hühner u»d ein gewisse« Eierquantum abznliefern. In den Monaten, in denen die Feldarbeiten ruhen, bat der landwirlhschastliche Arbeiter nur selten Gelegenheit, ii» Taglobn etwa« zu erwerbe», und schätzt sich glücklich, wenn er nebenber noch 20—21 Gulden verdient. Die Bevölkerung der aus den Latifundien vorhandenen Gemeinden sind der Gut-berrschaft vollkommen auSgeliefert Um Liese Verhältnisse zu illuslriren, wollen wir nur einige Fälle anführen, welche sich auf dem im Eomitate Eioiigrük befindlichen und mehr als hunderttausend Joch umfassenden Fideicommiß de« Markgrafen Pallavicini im Lause der letzten Jabre ereignet haben. A»S drei Gemeinden wurde die Be völkeruna, deren Vorfahren seit anderthalb Jahrhunderten dort ansässig waren, durch die GutSberrschast Knall und Fall und ohne Entschädigung expatriirt, weil die betreffenden Ländereien zu vortheilhaften Bedingungen verpachtet wurden. In der Gemeinde Sändorsalva errichtete der großherzige Gut-berr eine Eolonie von 4000 Mensche». Außer den HauSstellen erhielten dies« Leute nicht ein Fußbreit Land zugewiesen. Sogar ein Stückchen Weite sür Geflügel wurde verweigert, um die Arbeiter jeder Zeit zu den erbarm lichsten Löhnen zur Verfügung zu haben. Eine andere Gemeinde ist aus Pachtland erbaut; die Schule, da« Gemeinte bau», die Kirche, die letzte Hütte bi« zur Tkürklinke, Alle« ist Eiaentbum der Herrschaft. Aus da« wiederholte Ansuchen der Bevölkerung, e« möge die Ablösung der HauSstellcii gestattet werden, bat derGut-be^- mit ganz unannehmbaren Bedingungen geantwortet Nach Ablauf jeder Pachlpericte wurden die Pachtbedingungen verschlimmert, so daß die GutS- berrschaft mit teni ihr unliebsamen Arbeiter den Pachtvertrag in jedem Augenblick lösen und denselben sammt seiner Familie von Hau« und Hof jagen kann. Irland hat sein Gegenstück in Ungarn. Ein weniger widerstandsfähiges und weniger intelligentes s. w. rüttelten die Bebörden au« ihrer gewohnten Ruhr. Besinnungslos vor Ueberraschnng traf man die »n- geschickirslc» und brutalsten Gewallmaßregcln »nd sührle besonders schonungslos durch in der Zeit vor dem Mai, tcn auch die landwirthschastlichen Arbeiter zu ihrem Feiertage proclamirlen. Die Landarbeiter habe» aber ein besonders lebhaftes Rcchtsgesübl, auch sind sie ziemlich unterrichtet »der den NechlSkrei- der Bebörden und der mzelncn Organe. Die kleinste Ucberschreilung des Eoin- pelcnzkieiseS verbittert die Gemüther, ruft die lebhaftesten öroicsic hervor nnd führt ganz besonders, wenn sich Pro- vocalione» dazu gesellen, zu den bedauerlichsten Gewalt- slrcichen. Die tumttlluarischc» Ereignisse im Tieflande haben die Regierung vollkommen überrumpelt; man ist bestrebt, die Nebel zu sanircn oder mindeste»- zu lindern. Die von der Regierung geplanten Maßnahme» dürsten aber nicht ge nügen. Mit der Eolonisalion von einigen Hundert Familien, »lit dem Zusammcnschreiben und der prvpvrlioiiinere» localen Verlheilung der Arbeitskräfte und der Tbcilnahinc der untersten Volksschichten a» der aulonvnicn Verwaltung der Eomi»alS-Mu»>cipien, der Städte und Gemeinden, kann eine so tiefgehende Bewegung, wie sic beule im Tirslande Vorhäute» ist, nicht bebobc» werden. Zur Abhilfe sind unsere» Erachten« einschneidende Verfügungen notbwcndig, wie z. B. die entgillige Ausbebung der trotz der «8er RcvolutionSgesetze tbatsäeblich fortbestehenden Robot (Frohntienst), Ausbebung der Gemcindcordnung, Abschaffung der Natural-Entlobnung und überhaupt die Erhebung de» landwirthschastliche» Ar bciters auf jene RechlSslnfe, auf welcher beule der gewerbliche Arbeiter bereits siebt. Die gesellschaftliche Machtstellung tcö ungarischen HocharelS und der Lalifundienbesitzer wird fedock gewiß jede« derartige Bestreben — auch wenn dazu der Wille bei der Regierung vorhanden wäre — im Keime zu unter drücken suchen. Zur Feldarbeiter-Sewegung in Ungarn. Die officielle Welt Ungarn«, die Negierung und die Berufspolitiker der verschiedenen Parteien wurden kürz lich durch die Bauernunruhen im ungarischen Tirs lande überrascht. Dem einsichtigen Socialpolitiker, der die Gestaltung der ökonomischen Verhältnisse mit Aufmerk samkeit verfolgt, konnte der Gang der Entwickelung nicht zweifelhaft sein, und diesem kam die in einem Blut bade erstickte Arbeiterrevolte nicht unerwartet. Dir Grundursache der auf sieben Eomitate sich auSbrritenden, tiefgehenden Bewegung ist, wie I Krejcsi im „Socialpolit. Eentralbl." auSsührt. darin zu suchen, daß die eigentlichen Bearbeiter de« Grund und Boden« von ihm getrennt sind. Ein Kleinbauernthum ist in diesen sieben Eomilaten, ganz besonder« aber in den Eomitate» Esonzrttd, BSkSS nnd Esantd kaum mebr zu finden. Hier dehnen sich riesige Lati fundien au«, die theil« im Besitz de« ungarischen Hoch- akel« sind, theil« aber da« Eigenthum von Großbauern bilden, welch letztere oft ein Areal von 1000 und mehr Joch Land ihr Eigen nennen. Die ungarischen Latifundien werden heute noch durchaus in feudalem Geiste verwaltet, und ihre Besitzer, seien es Magnaten oder Großbauern, sind eifrig bestrebt, jeden Fußbreit Bauernland zum -roßen Eomplex zuzuschlagen. Die Expropriation de« Bauernlande« ist bereit« auf der gelangt, daß zum Expropriiren kaum mehr etwa« So ist im Laufe der Jabre auf der einen Seite Unzahl von vodenmagnalrn entstanden, welchen ^erlaufende von landwirthschastlichen Tagelöhnern die heut« nicht medr in der Lage sind, ligen Volk würde unter der Einwirkung dieser Verhältnisse in that- und rathlosen Stumpfsinn verfallen. Tie Bevölkerung im Herzen Ungarn-, die zugleich auch den Kern de« »ngari fchen Volke« bildet, kennt kein fatalistische« Unterwerfe» Die hohe Durchschnitts-Intelligenz, wie man sie im Bauern elemente des übrigen Europa kaum mehr finden dürfte, be sähigt sie, daS Unhaltbare ihrer LebenSverhältnisse sebr rasch kennen zu lernen Das aber ist der erste Schritt zur socialen Erkenntniß der eigenen Elasscnlage. Dem Volks charalter der magvarischen Landarbeiter liegt die Vcr schloffenheit sern. Die Dichtigkeit der Bevölkerung, welche in diesen Gegenden den Landesdurchschnitt bedeutend über ragt, erleichtert »nd ladet rin zu geistigem Verkehr. Ii» Laufe der arbeitsfreien Wintersreit versammeln sich die Nachbarn bei einem ArbeitSgenossen, und im Kreise »i» den Lrbmofen werden da« eigene Elend und die Ereignisse der Welt besprochen. Da« Lernbedürfniß ist bei diesen Arbeitern, dir fast alle de« Lesen« und Schreibens kuiiti sind »de nicht ordentlich empfänglichem Gemüthe den neuen Ideen des Sociali«mu« entgegentritt Die Wort» vo» Karl Marx- „Proletarier aller Länder, vereinigt Euch!" sind im ungarischen Tieflande auf fruckt baren Boden gefalle». Mit wahren« Heißbungcr wurden der Inhalt der wöchentlich erscheinende» Arbeiterblätter unk die i» ungarischer Sprache vorhandenen Agitations-Broschüre verschlungen Der Gedanke der Organisation schlug rasch Wurzel In zahlreichen Gemeinden wurden Bclk«-El»b- und Bildung-Vereine gegründet, von vielen Tausenden Arbeitern besuchte Versammlungen abgehalten und die neue Lehre verbreitet. Dir Arbeiter drängten sich zum Eintritt in die Brreinr, und dirsr Thatsacke, sowie da« riesige An schwellen der neuen Bewegung, die neuen Schlagworte, die neuen, in diese,> Gegenden bisher nicht gekörten Forde rungen nach allaemeinem Wahlrecht nack> Normallohn ind, sebr groß; manche von ihnen haben die in« Ungarische ibersetzten Werke Büchner'« und Darwin S gelesen. Es kann eicht Wunder nehmen, daß diese Bevölkerung mit aiißer- Deutsches Reich. )?. Leipzig, N. Mai. Im „Vorwärts" lesen wir: „Ein sichere« Mittel, dir Fraurn vo» Parteigenosse» vo» der Nothwendigkeit de« Hatten» eoier Arbeiterzritung zu überzeugen, gab kürzlich der ipeiiosse Ehrhart, Abgeordneter der bayerische» Kaiiimer. bei ipelegruheit einer Rede in Würchurg an. Er empfahl, o wenigsten« berichtet die Berliner „BolkS-Zeitung", de» Männern, wenn sich eine Frau gar nicht überzeuge» lassen wolle, jede» Abend in« WtrthSbaiiS zu gehen und dort ihr Parteiblatt zn lesen: das helfe ganz sicher." Wollte man hiernach au« dem Besuch der WirtbSbäuser UtenS der „Genossen" auf die Verbreitung der socialdcmo kratische» Blätter in den Familien der „Genossen" schließe», so ergäbe sich, daß eS damit schlecht bestellt ist und daß die Frauen den „Arbeiterzeitungen" wenig Geschmack abz»gewi»nen vermöge», klebrigen» ist der WirlkShau-besuch als „geistige Waffe" im MeiulingSkainpsc der „Genossen" mit ihren besseren Hälften eine eigenartig-reizvolle Erscheinung, und seine Ein pfehlniig durch de» Landtagsabgeordneten Ehrhart und daS socialdemvkratische Eentralorgan ist eine neue Illustration zu der socialdemokralischen Auffassung vom Familienleben. (V II. Berlin, ll. Mai. Tie englischen Delegirlen zum i»iernatio»aleo Bergarbeitercongreß werden heute hier erwartet; die deutschen Delegirlen aus den rheinisch-westfälischen Bezirken treten die Reise ge meinsam nach Berlin an, wo ihnen am zweiten Feiertag ein ossiciellcr Enipfang bereitet werden wird. A»S Mangel an Geld ist ihre Zahl doch stark zusammeiigeschrumpst; statt der erwarteten 5,0 werde» »ur 27 eintreffen, unter denen sich übrigens alle Hauptagitatoren bei den früheren Streiks. Ballmaiin-Esscn, Werdelnianii-Brodai», Bunte, Scbroeder und I. Meuer, befinde»; auch der socialdemokratische Reichstag» abgcordnete H. Möller wird erwartet. In Gelseiiki'rchen halte» dir Delegirlen des rheinisch-westfälischen Bezirks eine Art Vorbesprechung sür den Eongreß. Die Stimmung war keine gehobene, das vorgebrachte Material über da« Nulle» der Wagen, die Höhe der Löhne, die Kündigungen und die Behandlung im Allgemeinen war sehr lückenhaft, l'.eberbaiipt dürste» die deutschen Delegirten aus den« Berliner Eongreß eine recht bescheidne Rolle spiele» Seit dem letzten (IV.) >»Ier- nalionalen Bergarbeitercongreß, der im vorigen Jabre in Brüssel tagte, ist die deutsche Bergarbeiterbewegung ein große- Stück nach rückwärts gegangen) daS gestand man sich auch in Gelsenkircken ein, wo wiederholt betont wurde, daß i»a» mit zuviel Forderungen aus einmal nicht kommen dürfe. Die Lohnfrage solle man jetzt nicht anschneiden. die Frage der Arbeitszeit (Achlstundenschicht incl. Ein- und Aus- sahrt) sei die brennendste. Wahrscheinlich wird der Eongreß sich mit einem Gesuche an die Regierungen der in Betracht kommenden Staate» wegen Einführung dev Achtstunteii- arbeitStageS wenden. Ob es aber zur Proclai»ir»ng eines Streiks kommt, ui» diese Forderung turchzusetze», ist recht zweifelhaft. Dir deutschci, Delegirlen werden sich jedenfalls nach Kräften dagegen wehren. Q Berlin, 1l. Mai. Der deutsche Verein gegen drn Mißbrauch geistiger Getränke, dessen Gefchän«- sübrung I>r. Wilhelm Bode in Hilde-Heim seit einiger Zeit übernommen, hat am 23 April seine Frübjakr« BorstandS- sitznng in Hildesheim abgetiallen, an der u. A. Oberbürger meister Slruckiiian», der gegenwärtige Vorsitzende ke« Verein« , Di. Möller - Brackwede, ferner Vertreter der Bezirk-vereine in Halle, Easiel, Bielefeld. Düsseldorf, O-nabrück und de« Ee»trala»«fchusse« für innere Mission theilgenominen haben. E« ist beschlossen worden, die viel malig« Jahresversammlung (wie schon telegraphisch gemeldet) im September in Easiel abjubalten. wozu I>r. Lssu«, Justiz- rath Hennecke und Vr. Möller Referale ilbrrnonimen haben. Wie die von llr. Bode bei Gebr Gerstenberg in Hilde-He»» herauOgegrbenen „Mittbeilungen" berichlen, ba» der Verein im abgeschlossenen GeschaslSjahre gute Erfolge erzielt E« wurden über «2 000 größere und kleinere Schriften verbreitet, zumeist solch«, die vom Verein selbst berautgegeben sink, aber auch anderweitig er schienen« Bücher von Baer Böhmert, Martiu«, Braune, Hiltz, Oettli » s w Hierzu kommt noch dir VereinSzeit- schriit, deren Umfang verdoppelt wurde, damit sie über alle deutschen Mäßigkeit-angelegenheiten vollständig berichten kann. Ihre 12 MonatSnummern sind in 80 000 Ab zügen auSgesandt Dazu wurde eine Eorrespondenz sür Redaktionen begründet: auch eine Fachbibliothek für die Alkoholsragc eninaiid. Der Geschäftsführer hielt in 1« Städten 17 Vorträge. Ganz besondere Anstrengungen, denen der Er- olg »ich« fehlte, wurden gemacht, um die Levrer und die Unter- richtsbehöiten z» stärkerer Mitarbeit heranruziehen. Der Verein zählte >», Hanplverein, in 2? Bezirk-Vereinen und 15 Verlreterschafle» 7670 Mitglieder. U Berlin, ll. Mai. Wie verschiedentlich berichtet wird, gehen die Ministerien mit der Absicht um, da» bei ihnen allinälilich zu ungeheurem Unisaiige gediehene Schreibwerk wenigstens etwa» e in zn sch rän k cn. Ein solches Vorgehen wird überall, »nd nia>r z»i» Mindeste» von den Steuer zahler», welche dadurch die StaalSauSgabcn einer Ver minderung enlzegengeführl sehen, freudig begrüßt werden. E« ist nur zu wünschen, daß auch anderwärts in Zukunft aus daS Schreibwesen nicht mehr so viel Gewicht wie bisher gelegt wird. Namentlich gilt die« sür die Abfassung von Gesetzen, welche den Arbeitgebern Pflichten auferlegrn. Wen» man die betreffenden Verhältnisse nicht mit eigenen Augen gesehen hat, so kann man sich kaum eine Vorstellung von ten Mühen machen, welche da« durch die neueren Gesetze vorgeschriebe«« Schreibwcsen den Unternehmern auch nur »littlerer Betriebe macht. In großen Betrieben ist rin ganzer Stab von Beamten zur Bewältigung dieser Arbeite» angeslellt, aber auch in mittleren werden >eyt vielfach schon eigen« ' Bramte damit betraut. Soweit e« sich dabei »m da« Arbeiter- Versicherungswesen bandelt, mag ja der größere Tbeil der Schreibarbeit nnenlbehrlich sem. weil dadurch die Grund lagen von Entscheidungen getroffen werden, welche sich nur auf schriftliche Docnmcnte stütze» können. Manche Schreibarbeiten aber, welche durch die Aenderiingk» der Ge werbeordnung und die zu ihr erlassenen AiiSführlingSbestiiii- niuiigcii vorgeschriebe» werden, dürflen sich bei näherem Zuseke» als ilvihwe»t>g nicht Herausstellen. Und gerade diese Arbeiten werte» mit der Einführung der Soiiiitagsrube sür In dustrie und Handwerk noch vermchrt. Im Gesetze ist nämlich vorgeschriebe», daß für die Arbeiten, weiche an Sonn- und Festtagen auf Grund de« tz. 105,' Absatz l der Gewerbeordnung vorgeiioiiimeii werden, Liste» an- gelegt we.den sollen, in welche die Zahl der beschäftigte» Arbeiter, BeschäfiigiiiigSdauer und ArbettSart ciiizulrage» sink. Diese i» A»-stcht stehende Vermehrung tcS Schreibwerk« wird vielfach als so lästig eiilpsunve». daß das Verlange» rege geworden ist, der BundeSralh möchte auch hiervon Ausnahme» gestatte». Das geht »uu nicht an. Nachdem da» Gesetz die Anordnung getroffen, muß sie auch, so lange daö Gesetz in de» gleichen Form besteht, zur AuSsührling gebracht werten. Es wird sich aber daö eigciitbümliche Verbällniß entwickeln, daß, während fürtienach demGcsetze zulässigen Arbeiten tieAnlegung eines Verzeichnisses nötliig werten wird. dies bei de» auf Grund der BuntcSralhSvorschrisle» zulässige» Arbeiten un nölbig ist. Es wird also eine verschiedene Behandlung dieser Arbeite» einlreken. Jedenfalls svllle man daraus Bei dachl nehmen, daß, da taS Schreibwerk in den Privalunter- nehniungen nicht ininker drückend eiiipflinten wird wie i» den Ministerien, wenigstens in Z»!»iiift nicht noch neu: Pflichten in dieser Beziehung ten Arbeitgeber» noch aufgepackk, viel mehr die bisherige» so weit als möglich eingeschränkl werden. Auch da« private Schreibwesen darf gewisse Grenzen nicht überschreiten. * Berti», 10. Mai. lieber die Einrichtung der vor läufigen Entlassung bat der Geheime Juslizratb Wirt h, Direktor der Strasgesängnisfe z» Plötzcnsee und Rummels- turg, Gutachten eingcforbert und bringt sie in seinen „Blättern sür Gefängnißkniitc" zur Veröffentlichung. Die Frage lautete: „Hat sich das Institut der vorläufige» Entlassung in seiner gegenwärtigen Gestalt »nd Ausführung bewährt? Sind Acnterungen in de» AiiSfiikruiigsbestinimlingc» wiinschens- werth, eventuell welche ?" Der Dircclor des Zellengesäng- »isscS z» Nürnberg, Baumgärtl, kcininl in seinem umfang- reiche» Glttack'ten zu den, Schlüsse: „In bei, zwanzig Jahren hat man sich in Bayern, wie ander- Iväris, in da» J»siil»l der vorlansiqen Entlassung wohl «ingeleb!. Tas Jiiililut Hai sich, so wie eS ist, in. Allgemeinen gut be- währt, und ich erachte zur Zeit weder in Len «Rietzes-, noch in den Aursi>dr»ng-beiili»n>»>igeii, mit denen man, wie die Praxis sich sest gebildel hat, wohl ontkoinmen kan», Aenderung«» sur wiinschenSwerth. Bis dahin, dächte ich, sollt« man'S hübsch beim Alte» lassen." Der Haulgeistlichc der Ctrasgesäiigniss« bei Berlin, I. Rauchstrin, faßt seine Ansichten folgendermaßen zu sammen: ,,I) Tie Maßregel der vorläufigen Entlassung Hai sich in ihrer gesetzlichen Gestalt nach de» darüber bekannt gewordenen Erfahrungen bisher unzweifelhaft bewahrt. Li Eie ist aber nach nicht so zur Geltung gekommen, wie cs »oihweiidig ist, m» ihre volle Wirkung z» erproben und ein Unheil über Nothwcndigkeit und Alt einer cv. Besserung an einzelnen Tbeilen z» baden. Ter Grund darin liegt in einer zu rigoroien Handhabung. 3> Tie Siatislik über die vorläufige Entlassung bedarf riner zweckmäßige» und einheitlichen Organisation. «) Tie AuSilihrniigSbeitimmuiigen bedürfe» einer einheitlichen Regelung für da» ganze Reich. v. Berlin, ll. Mai. fPrivat-Teiegrai»,») Der -Boss Zlg." zufolge wird gegen da« in dem sogenannten Vr«crsz »er ArtzkitSissk» wider acbl Retacteure wogen Be leirigung der Polizei vom Landgericht l gefällte Urtbeit beim Reichsgericht Revision eingelegt werden. — Der „Nat.-Ztg." schreibt einer der nanihas teste» deutschen Juristen, langjäbrigeö Mitglied der böcksste» Gerichtshöfe: „Ihrer 'Be sprechung in dem „Proceß der Arbeil-losen" stallgehabten Leitung der gerichtlichen Behandlung werden Alle, denen da- Interesse der Justiz an, Herzen liegt, vollauf beistimmen. Schon in dem vor zwei Jahren verbandelte» sensationellen Proceß Ahlwardt hatte der nämliche leitende Richter eine Methode angewandt, die in weilen Kreisen Auf sehen erregte. Damals erließ der Justizmttiifier eine öffent liche Belehrung über da« bei der Proceßleilnng «in- zuhallende Versabren der Richter, eine sehr gelinde Remrdur bei» tamal« gegebenen Aergeinisse gegenüber. Dies» Beledrung bat aber bei diesem Richter nicht« gefruchtet. Er hat sich nicht gescheut, in ganz gleicher Weise auszutrelen in einem Procrffe, bei dem r« vor Allem darauf anaekommen war», den dadurch vorzugsweise berührte» VoikSclassen zu beweisen, daß sie bei »r Justiz stiruge Ge»echligkei« finden. Soll den»
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