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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.05.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-05-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940518021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894051802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894051802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-05
- Tag1894-05-18
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1vez«g»-Vrrry W Dt»H«uptqp«d1tion oder de» kn Stadt» lqirt mid den Vororten errichtetes An«, «bestell«, abgeholt: vierteljährliche»«.^ «ff zweimaliger täglicher Zustellsag ia« Ha»« et bchL Durch die Post bezogen für Leulschlasd und Oesterreich: viertel>ädrlich > 6.—. Direkte tägliche Kreuzdaildienduag ist Au-laud: monatlich ^tl 7.äO. k!e Morges-Nutgab« erscheint täglich'/,? Uhr, dir Abend-Autgab« Wochentag« ü Uhr. Lr-actio« und Lrpeditiou; Aatz«,ine«gaffe 8. D>e Expedition ist Wochentag« unuaterbroche» gromiel va» früh ö bi» Abend« 7 Uhr. Filiale»: ktt« Klemm'« e-rtim. («lfre» Hah,^ NniversitätSstroh« 1, Lo,i» Lüsche, tatharinenstr. 14, Part, und Ksakg-vlatz 7» AVend-AusgaVe tlpMcr und TmcbM Anzeiger. Srgan für Politik. Lolalgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. ^°25«. Freitag den 18. Mai 1894. politische Tagesschau. * Leipzig. 18. Mai. Die Aeußerung de« lstünig« von Württemberg über die Frage der Aushebung des Jesuitengesetzcs bat be greiflicherweise in der ultramontancn Presse ciuen Sturm ron Entrüstung hervorgerusen. Das; der Köniz von Württem berg wie jeder andere deutsche BundeSsürst durch die von ibm in den Bundcsrath entsandten Vertreter Stellung zu dieser Frage zu nehmen berechtigt und verpflichtet ist, können freilich die ultramontancn Blätter nicht be streiten» dafür aber suchen sie dem König von Württem berg die Pflicht unterzuschieben, seine Stellung so zu ncbmcn, wie der UltramontaniSmuS dies wünscht. Es feblt nur noch, daß die ultramontane Presse die ganze ReichS- rersassung umzuwerscn und dem Centrum die Befugnisse des PuntcSratbes zu übertrage» vorscklägt! Besonders »»zeberdig zeigt sich die „Germania", die nicht nur dem König von Württemberg den Willen des CcntrumS aufzuzwingcn sich bemübt, sondern auch den Versuch unternimmt, das Ver trauen des württcmbergischen BclkeS in den König und seine Regierung zu erschüttern. Das klerikale Blatt schreibt iiämlich: „Tie Nachricht klingt so unglaublich und ungeheuerlich, daß man immer noch geneigt ist, an eine Mnslisication zu glauben .... Ist die Aeusterung ihatjächlich gefallen, so konnte da« im Interesse Desjenigen, der sie gcthan hat, nicht genug be dauert werden, denn er müßte dann auch die Consequenzen einer solchen Handlungsweise tragen. Das Vertrauen eines Volkes zu seinem Fürsten hat zur ersten und unerläßlichsten Voraussetzung den sesten Glauben aller Staatsbürger, welchem Bekenntniß und welcher kirchlichen oder politischen Richtung sie auch ongehören mögen, daß der Fürst snr jeden Einzelnen derselben das gleiche Wohlwollen, die gleiche Sorge hege, daß er hoch über allen Par teiungen und Parleibestrebungen stehe, und daß er namentlich allen Fragen des Gewissens und der Religion gegenüber die gleiche Rück sichtnahme übe." Ta die Jesuiten keinen Bestandtheil der würtlembergischen Staatsangehörigen bilden, so sind diese Glossen durchaus un gehörig und werden den beabsichtigten Zweck um so weniger erreichen, da das Verhältniß der württcmbergischen Regierung ;a den Staatsbürger» katholischen Bekenntnisses ein aus langem Herkommen beruhendes, durchaus freundliche« Entgegenkommen gegen alle erlaubten Wünsche von dieser Seite ist. Wa« jetzt, nicht von der katholischen Bevölkerung Württemberg« im All gemeinen, sondern von den Anhängern der „Germania" verlangt wird, die Aufhebung deS JesuitcngesetzeS, das steht m einem ganz anderen Capitel. Hier handelt es sich, wie der „Schwab. Merkur" mit Recht betont, um die Erhaltung deS religiösen Friedens, des höchsten Guts im inneren Staatslebcn. Hier handelt es sich überdies um ein bestehendes, mit allem Bedacht vor zwei Jahrzehnten er lassenes, damals, in besseren Zeiten, von einer großen Mehrheit des Reichstags beschlossenes Gesetz, das jetzt durch eine nur mit Zuzug der Socialdemokraten, die Nie mand als Stützen der Gesellschaft wird anerkenne» wollen, gebildete kleine Mehrheit bekämpft wird. Ueber diesen Punct wird von ultramontaner Seite mit allem Bedacht ein Schleier gebreitet. Ihn zerrissen zu haben durch den Hin- we'S daraus, daß die würltembergischc Regierung, so viel an ihr liegt, für jenes Gesetz eintreten werde, und durch die Aussprache der Erwartung» daß die Mehrheit des Bundcs- raths ebenso entscheiden werde, das ist daS „Ungeheuerliche", das die „Germ." den Leuten vormalen möchte. In der Thal ist es ein Verdienst desKönigs von Württemberg, ein Verdienst, womit er nur seinem guten Rechte und der vertrauensvollen Er Wartung der weitaus größten Mehrzahl der Bürger Württem bergs entsprochen hat. Der „Consequcnzen" dieses Schrittes, an welche die „Germ." erinnert, war sich der König sicherlich vollkommen bewußt. Er wird sic „surchttoS und treu" zu tragen wissen. „Vergeblich" — so schließt der „Schwäb. Merk." — „versucht daS Blatt der CcntrumSpartci daS „Vertrauen"^ des Volkes infolge dieses Vorganges zu erschüttern. Solches Vertrauen steht aus einem viel festeren Grund, als daß die ultramontane Verhetzung — denn das und nichts Andere« ist der Artikel der „Germania" — daran das Mindeste ändern könnte." Der bayerische Baron Dhüngkn bat, wie schon kurz gemeldet worden, in einem längeren Schreiben an die „Augsb. Abcndztg." seinen Standpunct zu der bekannten Anklage nock einmal klargclegl. Das Schreiben enthält im Grunde nichts Neues, denn daß die Anklage in Berlin mckrmals gewechselt bat, ist bekannt, lieber die Gründe, die ihn bewogen haben, dem Dermin vom 8. Mai fern zu bleiben, schreibt er: „Die erste Klage lautete aus Beleidigung deS Reichskanzlers durch die Veröffentlichung meiner Erklärung im „Volk", obwohl ich bei meiner Vernehmung vor dem Amtsgericht Brückenau aus- drücktich erklärt hatte, daß ich diese Veröffentlichung nicht veranlaßt habe, was auch Mcmminger bei seiner ersten Vernehmung in Würzburg bestätigte. Trotzdem erfolgte die Anklage aus Grund d«S Artikels im „Volk". Gegen dieses Vorgehen der Staat«, anwaltschast erhob sich in der gesammtcn, nicht nur baye- rischen, sondern deutschen Presse ein allgemeiner Sturm de- Unwillenr, und die Folge war, daß ohne Angabe eine« Grundes der zuerst festgeletzte Dermin zur Hauptverhandlung ausgehoben und ein neuer Termin anbcraumt wurde, für den dle Klage nunmehr auf Beleidigung des Reichskanzlers durch den Artikel in der „Neuen Bayerischen Landeszeitung" zu Würzburg lautete, weil die- selbe auch in einigen (vier) Exemplaren in Berlin gelesen werde." Das war eben der Termin vom 8. Mai, und weil ich hierin eine Vergewaltigung des bayerischen, mag man e« nun „Reservatrecht" oder „Sonderrecht" oder wie immer nennen, aus den Namen kommt es nicht an, erblickte, bin ich nicht nach Berlin gegangen und habe die mehrfach erwähnte Erklärung ab- gegeben. Zu diesem Schritte haben mir nicht nur zahlreiche Freunde aus ganz Deutschland, sondern auch namhafte Juristen dringend gerathen: ich selbst hatte ursprünglich vor. freiwillig nach Berlin zu gehen, um die Gelegenheit zu ergreifen, dem Reichskanzler vor den Schranke» des Gerichts, die eine freie Meinungsäußerung gestatten, einmal gründlich die Wahrheit zu sagen." Weiter stellt Herr v. Thüngen die vom Berliner Staat« anwalt behauptete „Connexität" der „N. Bayer. LandeSztg.' mit dem „Volk" in Berlin entschieden in Abrede und findet es seltsam, daß gegen den banerischen Verfasser, nicht aber gegen den „connexen" baverischen Redakteur weiter vor gegangen werde: er meint schließlich, für die Feststellung der vom Berliner Gerichte angenommenen „Connexität" bedürfe es nicht der kostspieligen Reise nach Berlin, das könne jede- bayerische Amtsgericht feststellen.— Man wird in letzterem Puncte Herrn von Thüngen nicht ganz Unrecht geben können. Da nun aber einmal sein persönliche« Erscheinen angeordnct wurde, so muß Herr von Thüngen den« auch Folge leisten und wird dies — wie auS seinem Briefe bervoraebt — auch freiwillig thnn, ohne ZwangSmaßrrgeln.da >a dieCitirung nach der jetzigen Formulirung der Anklage nicht mehr als eine „Ver gewaltigung bayerischer Sonderrechte" angesehen werden kann. Ob schließlich die „Eonnexität" erwiesen wird oder nicht, ist ja eine Frage für sich. Die „M. Neuest. Nachr." glauben jedoch noch einmal constatircn zu müssen, daß die „Hart näckigkeit" und „Rücksichtslosigkeit", mit der die ganze doch recht unerhebliche Angelegenheit in Berlin verfolgt worden ist, in Bayern einen recht ungünstigen Eindruck gemacht bat, und daß man dort auch in den Kreisen, welche die Angriffe Thüngen's auf den Rcick-kanzler der Form wie dem In halte nach mißbilligen, sich vergeblich fragt, warum nicht die bayerischen Gerichte mit der Sühne der Beleidigung betraut wurden. die Hoffnung ... sein Ansehen ausgesprochen wird. daS Ilntcryaiw stellen, die zuerst den Magnaten gegenüber .ns Cioitebe diesen UnabkängigkcitS- biShcrigcn Standpunct zu ^ PaS MaanaienhanS nnd dcnGesetzcntwurf unveran^ p. p.c daacaen gelangte die .'caliona pa.» , zu keiner wurde be- nicht zur einheitlichen Festlegung .lireS Belage schlosse», auch jetzt daS ^ verding« ausgesprochen. Parteisache zu machen, gleickizcil g .»'„per ,,, Gunsten daß d.e M-hrhe.t der Parte, auch l-tzt w- k r z der Vorlage eintreten werde. DaS Ergctn ß ^lebe- voraussichtlich nicht eure große« l s - E ^ Gesetz, ledern-e.wa^ dieselb- w^ bc. ^ einer unzweideutigen Erklärung Beeinflussung der Oberhaus- Richtung per Mehrheit sondern etwa dieselbe wie bei rathung sein. Die Entscheidung liegt, holt betonen, einzig in der Krone, daß sie iedc unzweideutige B-rsuche. den Monarchen dock nocksii das schwarze OberhauScartcl zu cnzag.rc,,. Daß baS ^iall e,c Behandlung der Organe der ungarischen National- und Unab bättgigkcitspartci. der Minister deSJnnern Hicronynii.babever schied?»- oppositionelle Zeitungen angckaust. um sie verwandeln.begierig au^zreist und bereits Panama" spricht, zeigt auf der einen ^c,le. b,S zu welchem Grade der Haß ossiciöser Wiener Kreise gegen da liberale ..„garlsche Eabinct gediehen ist, au, der and"'» aber, daß für die Regierung ein Verlaß au' d'c National- und Unabhängigkc.tSparte. über da« Eb gesctz hinaus nicht ist. Wir tne.ltcn schon m.t, daß I^>. Wekerl- in der Lag- war. die Beschuldigung wegen de« Ankaufs der oppositionellen Blätter im Abgeordnetenhaus,: als unbegründet zurückzuweiscn. daß er aber gegebenenfalls vor der Erwerbung e. ,-e Organ» durchaus nicht zurückscheucu würde; darrn, daß auch die Regierung daS Reckt haben muß, ckrer .Nrmung ni der Presse ÄuSdruck ;» geben, wird jeder nüchtern Denkende dem Minister nur deipflichten. Seitdem die belgische Regierung dem Treiben der Lütticher Anarchistcnpartei mit aller Entschiedenheit entgegenlritt, ist man sich klar darüber geworden, daß Lage in der gcsammten Provinz Lüttich als eine recht ernste betrachtet werden muß. Die Untersuchung über die vier letzten Dynamitansckläge hat Resultate ergeben, welche eine Durch setzung der Lütticher Arbeitcrbevölkerung mit anarchistischen Elementen beweisen. DaS Hanptquartier dieser internationalen Berbrechrrbande ist da» Lütticher Stadtviertel Avroy, wo die Polizeibehörde nicht weniger als «8!« Anarchisten samilien ausstöbcrte. In den ninliegenden Industriestädten Seraiug, Chrnöe, Jcmappe« u A. ist da« anarchistische Element unter der Arbriterbevölkerung gleichfalls stark vertreten, ins besondere unter den Bergleuten, welche die zu der Verübung der anarchistischen Verbrechen unumgänglich nothwendigen Dynamitdiebstahle besorgen. An der Spitze der anarchistischen Partei in Lüttich stehen der Belgier Hcusy und der deutsche Galt- wirth Peter Schlebach. Bei der Frau Schlebachs, einer geborenen Hannoveraoerin, welche jedoch daS belgische StaatSbürgerrecht erlangt bat, wurde eine umfangreiche Correspondenz mit einer großen Anzabl von sranzösischen, englischen und russischen Anarchisten gefunden, und es liegen Beweise vor, daß sie über Nrrzeigcn.Prei- die «gespalten« Pentzeile SO Psg. Aectoinen uiuee dem Redactionsfteich >«g»- spalteaj , vor den Familie»iiachrichte» ,6 gespalten» «0<j. Größere Schriften laut unserem Preis- mrzeichnix. Tabellarischer und Ztsfmijatz »ach höherem Tarif. Extra-vailggeu (gesalzt», nur mit der Morgen-Ausgabe. obne Poslbesorderiing »l 60.—, mit Pvsrbesorderung 70.—. Annahmeschluß für Anzeigen: Dbend-Au-gabe: Vormittag« 10 Uhr. Morge»-Ausgabe: Nachmittag« «Uhr. Gonu- und Festtag« früh ' ,9 Uhr. Lei den Filialen und Annahmestellen je ei»» halbe Stunde früher. Anreise» sind stets an die Uxpebtti«» zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 88. Jahrgang. Haupt al« Schriftführerin deS Lütticher Anarchistenbunde« nngirtc. Wichtiger noch als diese Entdeckungen ist die Fest nahme deS Anarchisten Richard Müller au« Braunschweig, der zugestanden hat, die Attentate gegen vr. Renson und die St. JaeobSkirche verübt zu haben und zwar auf Anstiftung eines russischen BaronS lliiger Sternberq, der ihm Bomben und Gclkmitlcl lieferte. Müller ist deutscher Fahnenflüchtiger und war sck'v» früher wegen Revolvcrdicbstahls in Belgien vorbestraft und lanteSverwiesen. Die Energie, mit welcher die Regierung jetzt in Belgien KehrauS zu machen beginnt, hätte »ur schon weit früher bctbätigt werden sollen, dann wäre cS jedenfalls nicht soweit gekommen, daß, wie aus der Verhaftung zweier schwer conipromitlirter Lütticher BürgerS- söhnc hervorgebt, die anarchistische Propaganda bereit« in den sogenannten besseren Stände» Proselytcn machen konnte. In Frankreich war neben der zollpolitischcn Rede deS Ministers deS Inner» da« Hauptercigniß der Feiertage die Ausstellung des „heiligen RockeS" in Argcnteuil bei Pari- und die Wallfahrt der Gläubigen zur Anbetung dieser Reliquie. Die Kirche zu Argcnleuil besitzt bekanntlich einen „heiligen Rock", der ebenso echt ist, wie derjenige i» Trier. Im vorige» Jahre bat der Bischof von Versailles ein Stück deS Gewebe- den Ebemikern der Pariser Gobclinwerkstatt zur Prüfung übergeben und von diesen Sachverständigen ein Attest erlangt, daß >) der Stoff wahrscheinlich auS der Zeit Ehristi stamme, 2> die darin zu bemerkenden Flecken Blut zu sein scheinen. Diese Beglaubigung wurde von der Kirche mit Triumph in der Presse verbreitet. Bi» zur Behauptung, daß der Rock auch wirklich der Leibrock Ebristi gewesen sei. war nun zwar der Sprung noch beinahe ebenso weit, wie zuvor, aber der „Glaube" hatte nun wenigstens eine scheinbare Stütze, zumal der Klerus da« Attest der Gobelin-Ebemiker alS wissenschaftlich unanfechtbare Bescheinigung der Echtheit anSgab. Die Ausstellung dauert vom l l. Mai bis zum 10. Juni, und in einer Unzahl von Extrazügc» strömen die Pilger — an einem Ausstellungstage waren cs t2 ulst» — der Reliquie zu. Bon eclalanten Wundern, welche dieselbe verrichtet, verlautet noch nichts, doch werden wir i» den - nächsten Tage» gewiß davon za hören bekommen. Bon sranzösischen Geistliche» wird :di« Hoffnung ausgesprochen, daß der „heilige Rock" von Argcnleuil dem Trierer, aus den man mit sehr geringer Werthschätzung berabbtickt, siegreiche Eoncurrcnz machen werde. — Unterdessen will die Spannung zwischen der französischen Regierung und dem Balte an immer noch nickt Nachlaße». In der gestrigen Sitzung der Deputirten- kamnier ließ Ministerpräsident Easimir Perier durchaus keinen Zweifel darüber, daß man das Rundschreiben des päpstlichen Nuntius Ferrata an die Bischöfe in Sachen der Verwaltung der Kirchengüter als in hohem Grade provocatsrisck entschieden mißbilligt, und daß man nicht gewillt ist, dem Klerus irgend welche Eoncessivn zu machen, wenn er sich nicht fügt. Eine solche Strisnackigko«t hatten die sranzosensreundlich^i Politiker deS Vatikan» nicht erwartet, und um die so außerordentlich wrrtbvollen Beziehungen zur Republik nicht ernstlich in Frage zu stellen, sucht man den Conscquciizen durch Ausflüchte echt jesuitischer Natur auS- ruweichen. Der Nuntius erklärt, daS Circular sei wider seinen Willen an die Oeffentlichteit gelangt, was er auf« Tiefste bedauere, und wenn dieser Tropfen Oel nickt genügt, um die erregten Wogen zu beschwichtigen, wird» wenn der „Osservatore Romano" gut unterrichtet ist.der Vatican.wie »n« heute der Trabt meldet, nicht davor zurückscheucu den Nuntius zu deSavouircn und seine Circularnotc als auS seiner (des Nuntius) eigensten Initiative hervorgeganqen hinzustellcn suchen Der Gewinn wird ja doch schließlich aus Seite de« Vatican« sein, 17, Feirilletsi«. 2m feindlichen Leben. Roman von I. Schwabe. lN»chdruck »«beim.) (Fortsetzung., „Jst's wahr, Melanie, ist « wahr?" ries er freudig über rascht, und sein ehrliches Gesicht strahlte förmlich in Erleichterung und innerem Glück. „O, so danke ich Ihnen noch tausendmal mehr, daß Sie mir damals geholfen, so selbstlos geholfen, und wenn ich mich quälte all die Jahre hindurch, so schadet daS nicht-, gar nichts — Mutter und Schwester werden nun nicht mehr allein eine Heilige in Ihnen sehen und Rose erst — wenn ich cS ihr erzähle —!" „Rose", fuhr dieBaronin verwundert auf bei dem zärtlichen Klang, den seine Stimme plötzlich angenommen, „Rose, wer ist Rose?" „O, Rose Müller, Melanie, Sie wissen doch, Ihre Rose Müller — Rose ist meine Braut!" „Rose Müller ist Ihre Braut?!" Sie stieß cs zischend zwischen den Lippen hervor und ein dämonisches Gelächter tolgte diesen Worten. „O, ewige Götter de- Himmels — ich bin gerächt!" Und che Erwin sich noch von seinem Erstaunen über diesen jähen Ausbruch erholen, ehe er nur ein Wort der Frage an sie richten konnte, ries sic mit beißendem Hohne: „Rose Müller ist Ihre Braut, mein Herr Hauptmann, sagen Sie, und an den Opernsänger Eckbardt schickt sie Liebesbriefe und goldene Herzchen! Hahaha!" Und wieder lachte sie auf im teuflischen Holm. „Elende Verleumdung!" schrie der Hauptmann zornig auf. „Ei, fragen Sie ihn dock selbst! Er verließ mick gerade, da sie kamen: er erzählte mir lackend die seltsame Geschichte und da« goldene Herzchen baumelte ibm im Knopfloch!" „Er ist ein Schurke, sage ich!" „Aber ein guter Schütze", warf die Baronin nachlässig eia — „Erkundigen Sie sich wobl, ebe Sie ihm einen Schurken an dni Kops Wersen! — — Und der Schein, mein Lieber, der Schein!" rief sie ihm höhnisch nach, da er fortstürzen Wollt« — „wie doch die Liebe so kopflos macht!" — — Nachlässig steckte er den Schein in die Tasche. Dämonische« Gelächter scholl hinter ihm drein. — Die Jungfer aber sand die Baronin in Krämpfen auf dem Teppich liegen. DaS also wäre der Roman! Barg er das Glück ihrer Zukunft in seinem Schooße? Wie groß angelegt, wie cdet durchdacht er war und wie frei! Wie würde die Welt den Kops dazu schütteln, und nur die Besten würden ihn ganz begreifen, und es würde sie durchbrausen wie FrühlingSwcbcn und er würde ibncn leuchten wie Morgenroth! Das war daS Hobe Lied der Freiheit, nicht der Freiheit, wie sie der Pöbel sich denkt, nicht der Freiheit von Sitte und Gesetz, nein, der Freiheit, die sich zur Herrscherin macht über alle kleinen und gemeinen Triebe ker Menschennatur, der Freiheit, die kein Gesetz, keine Schranken mehr braucht, weil sie nur da« Große und Gute und Edle will. O. Gott, welch' ein Glück, sich von dem Manne, der so Herrliche« denken konnte, geliebt zu wissen! Da« Lesen dieses Werkes war reines Entzücken, und sie schrieb ihm, dem ihre Seele gehörte, mitten aus diesem Entzücken heraus einen begeistcrunaSvollen Brief. Wie doch alle« Große unS über uns sebst erhebt! Es war ihr ein wahrer Festtag heute und ihre Cläre sagte bewundernd; „Sie sehen so strahlend aus, Fräulein!" Auch ihr lieber Besuch, Herr Baumeister Loren; Werner, welcher eine feste Anstellung in Straßbera erkalten batte und bereits einzetrofscn war, sich eine Wohnung für sich und seinen kleinen Lulu anruschen, auch er sagte ihr: „Nein, wie Sie sich verändert haben! Ich sah Sic nie so schön — scköne Müllerin! Sonst blickten sie meist so stolz und unzufrieden drein!" Ja. daS machte ein befriedigender Wirkungskreis, daS Bewußtsein, Andere zu nützen und dann — da« Glück! Im Garten standen noch einige späte Rosen, sie sandte sie an Erwin mit tausend Grüßen, mit tausend sehnsüchtigen Gedanken. Wann kam er endlich, sie zu sehen? Er habe daS Buch selber bringen wollen, so schrieb er ihr — un» ausschiebbare Geschäfte hinderten ihn daran. Unaufschiebbare Geschäfte — was könnte das sein? Doch blieb ihr zum Grübeln nicht eben viel Zeit. DaS Geschäft vergrößerte sich scbr und nahm sie täglich mebr in Anspruch. Auch deS BaterS gehrimnißvolleS Treiben beun ruhigte sie. Niemals war er daheim, und k-m er einmal, so war er so aufgeregt und hielt lange Reden über da- Elend der Menschen, und Rose bemühte sich doch so ehrlich, die« Elend zu mildern so viel an ihr war! Die Mutter lebte sichtlich auf, seit Rose daheim war; sie batte ihre Freude an dem eifrigen Wirken und Arbeiten, das ihrem einfachen Wesen verständlich war, zuweilen bezeigte auch der Vater ihr sein Wohlwollen, noch mehr freilich seine Unzufriedenheit. E« dauerte ihm viel zu lange, bi« sie reich und berühmt würden, und ihre SonntagSnachmittagSvorträge waren ibm lange nicht radical genug. Er war ein wunderlicher alter Mann und die verkörperte Unzufriedenheit. Eigentlich sollte man die Unzufriedenheit nicht schelten, ist die Unzufrieden, heit nicht schließlich die Mutter alle« Fortschritte«, und säßen wir ohne die Unzufriedenheit nicht wahrscheinlich noch in den Pfahlbauten und befanden un« so wohl darin, wie der Frosch im Sumpf? Neugierig war Rose aber doch, zu erfahren, welche überraschenden Fortschritte die Welt de« BaterS ewiger Unzufriedenheit zu danken haben würde! Neugierig! Ah, Herr Vr. Franz von Bergen, auch er war neugierig! Ganz ungenirt schaute er mit großen Augen durch die offenen Fenster der Arbeit-stube. Erschrocken fast erhob sich Rose von ihrem erhöhten Sitz, wo sie eben ein junges Mädchen in der Kunst de« Rüschennähen« unterwies. Verwundert hielten sämmtliche fleißigen Hände an den in langer Reibe ausgestellten Stickrahmen einen Augenblick i» der Arbeit iune, Aller Augen wandten sich fragend zunächst dem Fenster, dann Rose zu, un, sich auf einen leisen Wink der letzten, wieder langsam zu senkeo und alle Aufmerksamkeit auch weiter der Arbeit zuzuwendcn. »^un. Fräulein Rose", rief Herr von Bergen in heiterer Vertraulichkeit, „wie geht eS Ihnen? Wollten Sie nicht gern einmal mit hinunter „tief unter die Erde?'"" Sie hatte freilich schon lange den Wunsch gehabt, einmal dem geheimnihvollen Innern der Erde einen Besuch abzu- statten, und so war sie gerade nicht unangenehm überrascht als ^ kragte, ob s,x habe, mit ihm und dem Steiger den Albertstollen zu ,nsp,rircn. vi- Lust und dankte freundlich für ^ ^ "at st- die nöthigen Anweisungen ^ 'urze Zeit ihrer Abwesenheit, be nachrichtigte die Mutter, und, in große Mäntel zum Schutz ch"n"in°d?n gehüllt. Grnbcnlämp^ s" säst feierlich ein durch da« groge Tbor, welche« schwarz unv düster den acheimnißvollcn dächt!g HU. """ voranschreitende Steiger be- Kein Cerberus stand dräuend am Eingang, kein Drache hütete die unterirdischen Schätze, und ungehindert von irgend welcher feindlichen Macht traten sie ein in da- Reich der ewigen Nacht. Unheimlich flackerte der Schein der kleinen Lämpchen an den Wänden de« langen Gange« hin, der, rob in den Felsen gehauen, durch mächtige Balken gestützt und vor dem Nach- krockeln geschützt sich in schier unendlicher Diese in den Berg heinein zog, in immer neuen Ecken und Windungen, so daß man sich in einem Labyrinth hätte wähnen können. Dem Boden entlang lies ein schmaler Schienenweg zum Befördern der Erze, welche von der Grube her in kleinen Wagen bi« zu dem nächsten der kleine« Schächte gefahren wurde», welche von Zeit zu Zeit den Schienenweg unter brachen und mit einem weitläufigen Gitter verschlossen waren. Dies Gitter ließ die Erze bequem hindurch, hinderte aber, daß ein Mensch hinabstürze. Daß man ungeschickter Weise mit dem Fuße darin hängen bleiben könne, hinderte e« leider nicht. Sie verfolgten ziemlich schweigsam den langen Weg, immer de» Schienen entlang; »eben ihnen, über ihnen, unter ihnen Felsen, an denen seine Wasseradern herunterrieselten, und im matten Schimmer der Lämpchen glitzerten und flimmerten hin und wieder tiefblaue und giftgrüne Zackenstreisrn durch« graue, schnmhize Gestein. Eine enge, schwer zu athmenke Luft umgab sic, wie GrabeSodem uniwedt e» die vorsichtig Wandelnde». Kein Laut als ihre gedämpften Stimmen, die Rose unheimlich laut von den naben Felswänden berabzutönen schienen, und ferne, ganz von ferne ein leises Ticke» und Picke», das mehr und mebr vernehmlich wurde, je lirser sie in den Berg binein drangen, und welches endlich zu einem lauten Klovscn und Pochen und Hämmern anwuchS. — Nur eine neue Wendung, und fast plötzlich standen sie am Ende de« Gange«, der hier in einem mächtigen, bochgewölbten Halb rund abschloß, in welchem zwei langbärtige Bergleute bockte» und eifrig Schlag um Schlag die Erze berabklopsten und so den Gang weiter und weiter in den Berg hinein trieben. Wie zwei Gnome saßen sie dort in dem matten (Keflimmer ihrer Griibciilämpchcn, die sie über sich im berabbängenden Gestein beseitigt batten, »nd cs gehörte nickt viel Phantasie dazu, sic für tückische Kobolde zu Hallen, die hier unten un ermeßliche Sckätzc hüteten, und zürnend empor fuhren, wenn sich irgend ein vorwitzige« Menschenkind hineinwagte iu ihr gehrimnißvolleS Reich. Wie e« auch hier flimmerte und von den Wanden tropfte
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