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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.05.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-05-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940519027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894051902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894051902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-05
- Tag1894-05-19
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April 1893. der Usurpirung der Regicrungsgewall durch den noch nicht zwanzigjährigen völlig Alexander, oder richtiger noch der Einführung der freisinnigen Ver- safsung durch Milan vor nun fünf Zähren und der Ab dankung des ersten Obrenowitsch zu betrachten ist. Für eine derartige Verfassung, d. h. zur ersprießlichen Handhabung seines Selbstbcstimmungsrechtes war und ist taö Serbenvolk, das ja nur geographisch den Culturstaaten Europas angegliederl ist, nicht reif, und eS war ein schwerer unverantwortlicher Mißgriß, als Milan ein unmündiges Kind aus den Thron Serbiens setzte und die Geschicke des Landes einer autoritätSloscn Regentschaft in die Hände legte. Wenn der junge Alexander sekr bald zu dieser Einsicht ge langte und die Regierungsmaschine der Willkür der nur noch Macht und selbstsüchtiger Ausbeutung des gesegneten Landes strebenden Parteien — sie haben sich iine wie die andere auss ärgste an Serbien versündigt — kntriß, um der Krone wieder ihren woklthäiigen Einfluß aus tie Entwickelung des Landes in vollem Umfang zurückzugeben, jo führte er zweifellos nur eine ehrliche und wohlgemeinte Ab sicht ans, aber, wie eS nicht anders möglich war, in der Form eines Staatsstreichs, dessen weitere Eonsequenz nun Wohl die Aushebung der Verfassung ist. Wir batten lange gehofft, daß cS dazu nicht kommen würde, und die Dinge brauchten auch diese kritische Wendung nicht zu nehmen, wenn eS König Alexander gelungen wäre, auf dem Wege vorsichtiger Zugeständnisse einen mockun vivoncki mit den in Serbien nun einmal aus schlaggebenden Radikalen zu siiidcir. Es wurden ja auch seiner Zeit kabingchcndc Unterhandlungen gepflogen, aber sie scheiterten sofort, als der übelbelcumundcle, bei den Radikalen aufs Aeußerste verhaßte Exkönig Milan sein Pariser Asyl verließ, plötzlich im Konak erschien und cko l»k«o die Zügel der Regierung ergriff. Bon diesem Augen blick an war cs gewiß, daß die weitere Entwickelung einen explosiven Eharakter ailiiebmen würde. Nicht genug damit, daß das Bersöbiuingsministerium des vortreffliche» cimitsch nach kurzer Dauer hcimgeschickl und durch ein Rcgim der schärfsten Tonart unter Nikolajcwitsch ersetzt wurde, man scheute auch davor nicht zurück, mittelst eines cclatantcii Ver tragsbruches Milan sowohl wie Natalie vollständig zu reacti- viren, obwohl man wußte, daß mit dem Erlaß des dahin zielenden königlichen UkaseS, den bekanntlich der Belgrader Eassationshof mit neun gegen vier Stimmen für ungiltig erklärte, das Signal zur Verschwörung gegen die Dynastie gegeben sei. Zu einer solchen ist es nun allem Anscheine nach tbat- sächlich gekommen. Infolge ihrer Entdeckung wurden zahl reiche Haussuchungen vorgenommen, welche den Führer der Radikalen, den bisherigen Gesandten in Petersburg, Pasitsch, stark eoinpromiltirlen. den Ziisaiiimcnbaiig der Verschwörung mit Umtrieben des Thronprälendentcn Karageorgevitsch nahezu erwiesen und zu mehrere» Verhaftungen führten, unter denen die dcS Hochschulprofessors Nenadovitsch, eines Vetters von Karageorgevitsch, von besonderem Belang ist. Wie »»S heute telegraphisch gemeldet wird, wurde Nena- dovitsch durch einen königlichen UkaS seines Amtes enthoben. Eine Haussuchung bei dem Deputirten Ra schitsch ergab neues außerordentlich gravirendcS Material. Die Haus suchungen wurden bis spät NachlS fortgesetzt, und nach Be endigung derselben weitere Haftbefehle erlassen. Ein bei dem Zndustricllen Cebinatsch beschlagnahmte- Buch ergab ein Verzeichn iß der s ä m m t t i ch e n Ver schwöre r. Die Easemalten der Belgrader Festung werden für die Aufnahme der wegen Verschwörung Verhafteten hergerichtet. Einer der Hauptbeschuldigtcn, Eebinatsch, wurde gestern Abend ans dem Bahnhose verhaftet. Zn den nächsten Tagen wird der Ministerratb unter Vorsitz deS Königs strengste Maßregeln gegen den renitenten Eassationshof beschließen Tie Stadt durckschwirren allerhand Gerüchte: Es heißt, daß die Erkönigin Natalie bereits auf der Reise »ach Belgrad begriffen sei. Nach dem Eintreffen derselben soll die Verfassung suspendirt und Exkönig Milan mit der Regentschaft betraut werden, während der König seine projcctirte Reise nach Konstantinopel antritt. Wahrscheinlich werden die Dinge diesen Verlauf nehmen, da tie Richter dcS EassationSbofcö unabsetzbar sind, an eine Zurücknahme des königlichen UkaseS aber nicht zu denken ist und da des Weiteren eine »eu gewählte Skup schtina ebensowenig wie die jetzige zu freiwilligen Aenderungcn an der Ver fassung zu haben sei» wird. Beim Ausbruch der Revolution ver mag sich die Krone nur aus das Heer zu stütze», da diese Stütze aber eine keineswegs feste und sichere ist, thäle sie gut. sich »och zehnmal zu besinnen, che sic die Verfassung aufbebt. Für den fremden Zuschauer kann es ja gleichgiltig sein, welche Mittel im serbischen Partcikamps angewendel werden, wenn nur die all gemeine politische Ruhe dadurch nicht gestört wird. Unterliegt das Haus Obrcnowitsck in dem Kampfe mit der radicateu Baucrndemokratie, dann muß wohl Europa seinerseits daran denke», die Verhältnisse Serbiens dauernd zu ordnen, ein Versuch, der freilich den Keim zu internationalen Verwicke lungen schlimmster Natur in sich birgt. Politische Lagesschill. * Lech,lg. l!'. Mai. Tas p»russische AbaeordnkttnhauS hat, wie der Telegraph bereits gemeldet bat, in seiner gestrigen Sitzung die Vorlage, betreffend den Tortinund-Rhrin-tkanal, mit l80 gegen l l0 Stimmen abgclchnt. Die Mehrheit bildeten die beiden con- servativcn Fräctioiien, die kleinere Hälfte des EentrumS, die freisinnige Volkspartci. Tas Abgeordnetenhaus hat damit eine sehr detanerlichc Entscheidung getroffen, die viel leicht vcrhängnißvoll für die fernere Entwickelung des deutschen EanalnctzcS werden kann. Wenn auch die Regierung im nächsten Zahr die Vorlage wieder einbringen sollte» so ist bei der gegenwärtigen Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses kaum auf einen besseren Erfolg zu rechnen. ES müßten denn die finanziellen Bedingungen für das Unter nehmen, die Beiträge der Zntcresscntc», eine wesentliche Umänderung erfahren. Es herrscht gegenwärtig keine günstige Strömung für einen weiteren Ausbau deS deutschen Eanat systemS; nicht nur in Preußen ist eS so, auch in Bayer» bat die Kammer soeben eine Forderung der Regierung ab gelebtst, welche 300 000 für die Ausarbeitung eines Projektes zur Herstellung einer für die Großsckifffabrt geeigneten Main - Donau - Wasserstraße verlangte. Es gebt ein gewisses Vorurtheit durch weite Kreise, als ob die Eanäle veraltet seien und die hoben Herstellungskosten dem wirtbschafllichen Nutzen nicht mehr ganz entspräche». Wir halten diese Anschauung nicht für begründet, viclmebr ans gewichligei» wirthschastliche» Grünten eine Entlastung dcS Ei'enbabnverkebrs für sehr wünschenSwertk. Zndessen gegen übermächtige Strömungen ist mit Erfolg nicht anzukämpse» und man wird seine Hoffnungen in dieser Hinsicht für die nächste Zukunft sehr berabschraubcn müssen. Große Prostete, wie die Herstellung eines tiegesammten Wasserstraße» NorddeutschlaiidS verbindende»M ittelland-EanatS, erscheinen für die nächste Zeit nur »och als schöne Träume. Der Widerstand gegen große Eanalprojecte entspringt aus verschiedenartigen Beweg gründe». Es werden die technischen Bedenken hervorgehoben; die Schwierigkeiten, die nöthigen Wassermengen ru beschaffen bei de», imnicr dürftiger werdenden Bestand selbst großer natürlicher Wasserstraßen, wie dcS RbeinS und der Elbe: die voraussichtlich geringe Rente: die Einbuße an Eisenbabn- srachtcn, die ungenugendc finanzielle Heranziehung der zu nächst detheiligten Landschasten und Znteressentcn gegenüber hoben Anforderungen au den gesammten Staat; die gegen wärtige Finanzlage, die bei der Versagung irgend ergiebiger neuer ReichSeinnahmcn große Aufwendungen für wirtbschast- liche Zwecke nicht gestaltet. Es liegt auch offenkundig zu Tage, daß bei dem größten Thcil Derer, die den vorliegenden Geietzentwiirf abgelchnt haben, infolge der Handelsverträge eine tiefe Mißstimmung, man möchte fast sagen Rachsucht, gegen die Großindustrie herrscht. Tie Znteressengemeinsckast zwischen Landwirtbschasl und Zndustrie bat — darüber kann man sich nicht täuschen — einen tiefen Riß empfangen. Alle diese Be weggründe habe» eine unerwartet große Mehrheit gegen den Gesetzentwurf zusammengebrackt Nun stehen die mit großen Kosten in neuerer Zeit geschaffenen Anfänge zu einem auS gebildeteren Eavatnctz, namentlich der im Bau begriffene Dortmund Emö-Eanal, unvollständig gleich einem Torso da, >ind wenn sic in diesem Zustand der.Znsammenbang-losig- keit »nd Lückenhaftigkeit ihren Zweck nicht im vollen Umfang erfüllen können, so ist dies freilich sehr begreiflich, berechtigt aber nicht zu der Behauptung, daß diese« ganze Verkehrs mittel in der Neuzeit seinen Wcrlb eingebüßt habe. Es sind hier wieder Erscheinungen zu Tage getreten, die für unser ganzcS wirtbschastlicheS und sociales Leben tief be dauerlich sind. Von anscheinend ossiciöscr Seite wird versichert, der König von Württemberg babe seine Acußerungcn über die Stellung der verbündeten Regierungen zu dem im Reichstag angenommenen Zesuitenantrag dcS Ecntruins nicht obnc Einverständnis; mit dem Kaiser gcthan. Diese Ver sicherung ist eigentlich überflüssig. denn cS ist selbst verständlich, daß der König von Württemberg in einer so wichtige» Angelegenheit nichts sagt, was den Znlentionen des Kaisers widerstreitet. Tie Versicherung wird wabr- scheinlich auch nur deshalb gegeben, um die preußische Regierung von dem Verdachte zu reinigen, sie sei anderer Ansicht als die württembcrgische gewesen. Dieser Verdacht ist nun allerdings beseitigt, um so schwerer ist eS aber be greiflich, daß Preußen aus eine öffentliche Erklärung aus Württemberg gewartet und trotz seiner präsidialen Stellung im BundcSratbc nichts gcthan bat, um eine rasche Entscheidung über die Zcsuitcnsrage im Sinne deS Trägers der preußischen Krone herbcizusühren. Wenn der preußische Ministerpräsi dent zugleich R c i ch S k a n z t e r wäre, so würde diese Verzögerung, die der preußischen Regierung einen Zuwachs von Vertrauen von Seiten der Millionen von Gegnern der Zesuiten jeden- sallö nicht gebracht hat, schwerlich eingetrelen sein. Wenn wieder einmal im Reichstage oder im preußischen Abgeord lielcnbause von der Trennung der obersten Aenster i»i streiche und in Preuße» und von den Folgen dieser Trennung die Rede ist, wird daraus hiiizuwciseii sein, daß von Würt temberg a»S ganz unzweideutig eine beschleunigte Erledigung der Zesuitenfrage im Bundesrathe angeregt werde» mußte. Tie im Herbst bevorstehende Neuwahl dcS Präsi denten der ftanzösischr» Republik hat, wie bis jetzt die Dinge liege», »icklS VeunrnbigendeS und auch nichts sonder lich ZiiteressantcS für die Nachbarvölker, die im Grunde von Frankreich hauptsächlich nur Verlräglichkcit, Rübe und einiger maße» freundliche Nachbarschaft wünsche». Alle die Herren, die als etwaige Eandidaten genannt werden, sind friedliche Ewilisten; keinem von ihnen traut man Kriegsgetüste zu. Ruheliebend muß ein bürgerlicher Präsident der parlamen tarischen Republik schon a»S Rücksicht aus seine eigene Stel lung und aus die Bedürfnisse der Parlamentarier sein. Wo käme der Präsident und das ganze Regime hi», wenn der Krieg auSbrächc? Zm Falle deS Sieges wäre der »lilitairische Hecrsübrcr Hahn i», Korbe, ,in Falle der Niederlage gäbe cs Revolution. Beim KriegSspiel kann daS coiijtitiitlonkUe Oberhaupt der Republik somit niemals gewinnen, sondern nur verlieren. Also friedlich »lüsten sich die Herren Eaiidivatcn allesammt gcbcrden, und friedlich sind sie zumeist wohl auch schon von Natur. Ob nun Earüor wiedergcwählt wird, oder ob er durch Easimir Perier, Dupuv, Eavaignac, Eballemel-Lacour, Brisso», Mcline oder Waldeck- Rousscau ersetzt wird, das iistcresnrt in Deutschland nur insofern, als der eine vielleicht die Ordnung im Znncrn besser a»frecht ballen und somit auch den Ehauvinisten die Daumen scbärser ausdrücken könnte, als der andere. Zm Grunde sind die Unterschiede nicht beträchtlich, der präsideutschaftliche Wirkungskreis auch nicht so groß, daß die Persönlichkeit sich aus- tbun köliiile. Der „Matin" brachte bekanntlich vor einigen Tage» eine Erklärung von einem „nahen Freunde de« Herrn Earnot", dakin lautend, daß der jetzige Präsident sich nicht wieder wählen lasse» wollte. Tas klang von vornherein unwahr, scheinlich, de»» die Freunde Earnot'S im Parlament machen scbr rübrig Propaganda für ihn. Der „Figaro", der vom Elnsce schon öfters als officiöscS Organ benutzt worden ist, hat sich denn auch beeilt, die Nachricht des ..Matin" zu demenlirc». Earnot, so erklärte das Boulevardblatt, stelle zwar seine Eandidatur nicht auf, doch stehe er de», Eongreß zu Diensten und werde sich freue», wenn dieser ibm die Präsidentschaft erneuere. Ferner verkündet der „Figaro": Falls Earnot vom Eongreß als Eandidat vorgeschoben werke, wolle Easimir Perier sowohl als Dupu» vo» jedem Wett bewerb zurückstche». Somit wären die Ehaneen für die Er neuerung der Earnotscken Amtswürde durchaus günstig. Zndcffen muß man wohl bedenken, daß der „Figaro" heute nur ausspricht, was im Elysce gehofft und deshalb auch für wahrscheinlich gehakte» wird. Bis zum Spätherbst kann sich noch maiicherlci ändern. Zn der italienische» Dcputirtciikamiucr schreitet EriSpi bei der Beratkung des HeercSbudgcls von Erfolg zu Erfolg. Erst gestern wieder erlebte er den Triumph, dag ei» von ibm bekämpfter Antrag der Opposition in »amcnl- licbcr Abstimmung mit einer Majorität von 0t Stimme» abgclcbiil wurde. Mit der Erfüllung der Bankcrottpropbe- zcikungen seiner Gegner bat cS also noch gute Wege. Be, /««illeton. Im feindlichen Leben. 18s Roman von I. Schwabe. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Zbr Fuß freilich nab», sich etwas Zeit, und als sie zum ersten Mal wieder im Freien erschien — welch' ein Zischeln und Tuscheln, da man sie sah? Auch in der Arbeitsstube steckten sie die Köpfe zusammen und sahen sie mit so sonderbaren Blicken an. anders, dreister als sonst. Sie wußte des RätkselS Deutung nicht, aber eS war da, daS Räthsel, nickt gerade unheimlich» nickt gerade drückend, aber es war störend da, und sie konnte nicht ergründen, was cS war. Franz Bergen ging ihr sichtbar a»S dem Wege, und wenn er ibr begegnen mußte, grüßte er sie fast fremd, hochachtungs vollst. Fast thal eS ihr leid, aber es war besser so. Die gnädige Frau aber besuckle fleißig die ArbeitSstube; sie gab sich Mühe, sehr liebenswürdig zu sein; sic bewunderte Alles und ZedcS, vom gröbsten Eancvaskissen bis zur feinsten Plattstichstickerei, und sie fragte schließlich einmal, so ganz nebenbei, was denn aus der blühenden Schöpfung werden solle, wenn Fräulein Rose heirathc, und ob cS denn wirklich wahr sei, daß sie sich verheiratben werde — ihr Mann habe ihr etwas davon vcrrathen. „Gewiß, gnädige Frau, sobald wir können", sagte Rose beiter. Da brückte sie ihr lebhaft die Hände und wünschte ihr alle» Glück. 20. Ein Brief von ihm. Er kam, er kam — in den nächsten Tagen schon kam er. Vielleicht war er schon unterwegs. Der Brief war liegen geblieben, vor ein paar Tagen sckon geschrieben, gewiß, er wollte sie iiberrascken! — Wie ibr Herz klopfte! Wie sie zitterte »nd bebte! War das die alte verständige Rose? Was würden die Mädchen in der ArbeitSstube sagen, wenn sic sie so säbcn? Nein, sie konnte wirklich nickt in dieser Aufregung binüber geben! Und dock war eS hohe Zeit, man wartete wohl sckon aus sie, schon viel zu lange batte sie gezögert! Nickt pflickt- vergeffen sollte sie da- Glück macken und die Liebe. — Sie trank hastig ein GlaS frischen Wasser». O, daß sie ihre» Herzens Zubel nicht hinauStöncn lassen durste in alle Welt! Aber der Vater spottete über den windigen Ossicier, und die Mutter, sie seufzte nur und sagte wieder: „Kind. Kind, nur nicht zu hock ymauS!" Sie wäre gern Zemand um den Hat« gefallen und hätte gejubelt: „Er kommt, er kommt!" Und sie meinte, cS sei viel leichter, Schmerz und Enttäuschung allein zu tragen als daS Glück. Aber nun mußte sie doch hinaus, mußte sich verständig fassen; dock lag es wie der Widerschein jubelnden Glückes aus ihrem schönen Gefickt, da sie langsamen Schritte-, den Kopf anliluthiz gesenkt und sichtlich innerlich beschäftig«, an dern bescheidenen Wobnzimmer in den sonnigen Hausflur hinaustrat. Weit offen standen alle Thürcn. Auf dem weiten glutbbcschiencnen Platz vor dem kleinen Hause tummelte sich eine Schaar Hübner, die Lieblinge RoseS', die sie täglick selbst fütterte; lächelnd streifte ibr Blick das unruhig schar rende, lustig gackernde, gefiederte Volk! Nun steter hinüber zu den fernen Bergen dort, dort lief der Schienenweg, der ibn ihr bringen mußte! Aber waS war das — eine fremde Gestalt aus Straßbergcr Boden'? — — Lohengrin — was wollte er hier? Franz Bergen besuchen ? — Sie traute ihren Augen nicht. — Er aber kam majestätischen SckritteS über ten Rasenplav »»d geradewegs auf das kleine HanS zu. Aus- Tiefste erschreckt flogen sämmtlicke, friedlich schmausenden Hübner gackernd und sckreiend auseinander. Nun überschritt er die ausgetretene Schwelle. So winzig die Thür — der große Mann mußte sich tief bücken, und mit einer ungewollt tiefen Verbeugung stand er vor Rose. War daS Mädcken noch gewachsen, seit er sic nickt gesehen? Mit welch' ruhig unbefangenem Blick sie seine Erscheinung umfaßte, sogar nickt geblendet von dem Glanz, den er in ihre niedere Hütte brachte! Und welch' eine niedere Hütte war eS doch! Wohl sauber und rein wie Gretchcn'S HanS, mußte er denken, aberauck bescheiden und klein wie Gretchcn'S Zimmer — ein kleine« Sopba mit Kattunbezüzen — ein alter Lcbnstubl — einfachste Robrstüble »m den viereckigen Tisch mit bunter Leincndeckc; weiße Mullgardinen vor den Fenstern, weiße Deckcken auf den Sophakiffen — Alle» sehr spießbürgerlich bescheiden — und diese- Mädchen! Kein Gretcken — leider kein Gretcken! Wie gern würde er den Faust diese» Gretchcn S gespielt haben! Fast war er verwirrt, aber — daS war doch zu lächerlich! Nun hatte er sic genug angestarrt — fast sah e» au«, als muffe er sich auf eine Rede vorberriten. Wie stolz neigte sie da« Haupt, ihn zu grüßen l „Sie haben sich gewiß verirrt, Herr Eckhardt", sagte sie ruhig lächelnd, „und sind überrascht, mich hier zu sinken. Aber ick bin hier zu Hause — daS konnten Sic natürlich nicht wissen." „Gewiß, gewiß, ick wußte cS", sagte er hastig — „Zhre Sendung kam ja von Straßberg!" „Ack ja — ich vergaß! DaS arme Miezchen! Eine treuere Seele gicbt's nickt mehr auf Erden. Und daS Herzchen — Sie tragen cS wirklich, wie ich sebe — wie gut vo» Zhnen! Wenn die Arme eö wüßte, eS würde ihr da» Glück aller Himmel noch überwiegen!" Sie sprach so einfach, so wakr, mit so klarer, »ur von der Erinnerung an die Freundin leicht bewegter Stimme — wen» cS wirklich wabr wäre — ? — „lind daS Herzchen —" sagte er, ein wenig stockend — „ich kam eigentlich nur, Zhnen für das Herzchen zu danken und ick dachte —" „Also zu mir wollten Sie — wirklich zu mir?!" lackte Rose beiter. „Aber ich bitte, da kommen Sie doch wenigstens herein!" Und cS war merkwürdig, wie schüchtern er daS bescheidene Zimmer betrat. — Er nabm im alten Lebnstuhl am Fenster Platz, sie saß ihm gegenüber. „Und nur, um für das Herzchen zu danken, kamen Sie zu mir?" „O, ich wollte — ich kam auch, um daS Bergwerk zu besehen, und da ich wußte, daß Sie hier leben, so dachte ich. Sie einmal auszuslichen." „Wie liebenswürdig!" sagte Rose. „Waren Sie kürzlich auch in B ?" „O, ja, vor wenig Tage» erst." Es ging wie eine unangenehme Erinnerung über sein Gesicht. „Und sahen Sie auch die Baronin? — Cs geht ibr gut, wie ick zuweilen höre." „Wie Sie zuweilen hören? Sic baben Freunde in B.» mit denen Sie correspondircn?" Er fragte cS verwundert und auch ein wenig erschrocken, wie ihr schien. „Gewiß", lackte sie heiter, „mit denen ich sogar scbr eifrig correspondire" „So wissen Sie bereit« —." E« war ein schier hilfloser Blick, mit dem er sie ansak. Und schon wieder lachend fragte Rose verwundert: „WaS soll ick denn bereits wissen? Will tie Baronin etwa bel- rathen?" „Za, ja — da« war e«. — Sie wußten e« doch noch nickt. Ich denke, sie werden nun bald hrirathen, sobald er wieder genesen sein wird." Er sagte cS mit so eigentbümlicher dumpfer Betonung „Zm Allgemeine» leben Sie wohl sehr weltenfern hier, Fräulein?" fragte er beinahe lauernd. „Za. sehr", bestätigte Rose. „Aber was bat das mit der Baronin zu thun n»b wen will sie kciratken?" „De» Hauptmann von Hockbcim, natürlich," sagte er. Rose tackelte. „Sic pflegt »b» wenigste»» sehr sorgfältig, trotzdem er sich für die Ebrc einer anderen Dame schlug!" Rose sah ik» an, als erzähle er ihr ein seltsames Märchen. Doch besau» sic sich »nd fragte: „Sie pflegt den Hauptmann von Hockbcim, der sich für die Ehre einer anderen Dame schlug — ich begreife daS nickt." Und sie fuhr sick wiederholt mit der Hand über die Stirn, als versuche sic, sich daS Un- saßlickc l>ar z» machen. „Zch begriff eS auch nicht", lachte Eckhardt, „aber er war ganz Zorn »nd Empörung, da er daS Herzchen da sab, und er nannte mich einen Schürten — das läßt man sich natürlich nicht gefalle»!" „lind da haben Sie sick mit ibm geschlagen und er liegt vcrwlinecl und die Baronin pflegt ilm »nd — für mick, für mich!" Sie schrie eS taut auf. — „Und Sic schäme» sich nickt, hierbei zu kommen, Sic schäme» sich nicht, mir —" „Aber, ich bitte, beruhigen Sic sich dock, Fräulein — er ist ja iiock nicht fort! Und wen» cS auch Pistolen waren! Zch bin ei» sehr sicherer Schütze und schieße Niemand todt, wenn ich nicht will! Die Vc»a»lassu»g war doch nicht so tra tsch, eS war ei» wenig albern von ibm, mir gleich ten Schurken an de» Hals zu werfen! Er sagte zwar, daß sie ihm sehr »abe ständen, „a, wenn daS die Baronin wüßte! —" Und bochausgerichtel stand Rose plötzlich vor ibm. „Hinaus!" ries sic außer sich und zeigte mit der au-gc- strccklcn Hand nach der Tbür. „Aber Fräulein!" ries er ganz erschrocken und sprang aus. „Hinaus!" wicderbolte Rose rasch. „Fräulein, Sie^ wütben gegen sich selbst", wagte er ei»- zuweiiden, „und Sie sollten fick von Zbrcr Leidenschaft für den Hauplnia»» nickt so beherrschen lasse». ES hat wirklich gar keinen Zweck. Das Duell kann Sie übrigen» mir in den Augen deS Publicum» interessant machen, und ick kam nickt nur wegen de- Herzchens, Rose — ich kam auch mit den glänzendsten Versprechungen seitens deS Direktor» —." „Hinaus!" rief Rose noch einmal und in so drohendem Tone, daß er. der vorbin beim ersten „Hinaus!" nur erschrocken auf» grsahrea war, doch jetzt ernstlich daran dachte, den Rückzug
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