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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 25.05.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-05-25
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940525028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894052502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894052502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-05
- Tag1894-05-25
- Monat1894-05
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VolkSzlg" an leitender Stelle veröffentlichte Korrespondenz au- Olden burg, deren Lectüre rem Herrn Reichskanzler ganz besonder» zu empfehlen ist. Zn dieser Korrespondenz wird zunächst da- Folgende erzählt: Am Tage »ach Pfingsten fand in Barel a. d. Jade die all- gemeine protestantische Lande».Lehrer-Versammlung statt. Da» ^auvt-Thema der Verathungen war: „Unsere Volksschule und die plaudeuische Spracht unserer Kinder." Das Reserat erstattete der Lauptlchrer Ianssen aus Slillede im Ieverland, welcher solgende Thesen ausstellte: I) Es ist wünschenswertd. dag das Platt deutsche die Muttersprache unsere» Volkes hleibe und baß alle Eltern, die nicht vollkommen der hochdeutsche» Sprache mächtig sind, mit ihren Kindern plattdeutsch sprechen. 2) Das Platt- beulsche ist in der Schule Las beste Mittel, um mit dem hochdeutsche» Ausdruck den richtige» Inhalt zu verbinden. Es weckt das Interesse am Unterricht und macht dem Rinde die Schule lieb und Werth. 3) Das Plattdeutsche finde aus der Unter- und Mittet- siuse in allen Fächern eine starke Verwendung. Aus der Oberstufe achte man im Sprachunterricht besonders aus die Fcdlcr, die sich für die Kinder aus dem Sprechen des Plattdeutschen ergeben. Der Vortrag wie diese Thesen saiideu allgemeinen Bestall und die Versammlung beschloß einstimmig den Abdruck beS NescralS im „Oldenb. Schulbl."." Aus den hier mitgetbcillen Wünschen dcr olden- burzischeu Lehrerversamnilnng zieht nun — kaum glaublich, aber wahr — der ultramoiitanc Eorrcsvondent pst Folgerung, daß dieselbe Begünstigung, die hier für die Pflege beS Plattdeutschen gefordert wird, unbedingt auch dem Polnischen gegenüber platzgreiscn muffe! Der ultramvntane olbenburgische Polenfreund geht sogar in seinen Ansprüchen zu (Künsten der Polen viel weiter, als die plattdeutschen Lehrer für die Berücksichtigung ihrer Mundart. Während die Letzteren nur eine „starke Berwcndung des Plattdeutschen in allen Unterrichtsfächern" für richtig hatten, fordert der »illramon- tanc Schulpolitiker ganz einfach die Einführung der polnischen Unterrichtssprache für die Schulen in den ehemals polnischen LanteStheilen. Er sagt wörtlich: „Das Richtige wäre, wen» man in diesen Schulen di» pol- nischc Unterrichtssprache einsiihrte, aber vom zweiten Schul- sehr a» das Deutsche als Unterrichtsgegenstand aus Le» Lehrplan setzte. Tann konnte im letzten Schuljahr sogar die Unterrichtssprache deutsch werden." Sogar! Ter schwärmerische nttramoittane Polenfreund glaubt hiernach ernstlich, schon ein UebrigeS getban zu haben, wenn er für die Schulen in den ehemals polnischen LandeS- lbeilen die deutsche Unterrichtssprache während eines ganzen Zabres liebenswürdigst zulasscn will. „Wie kan» über haupt" — so sagt die „Sattes. Ztg." mit Recht — „ein Mann mit deutschem Herzen die Pflege eines deutschen DialccI« mit berPflege einer fremden Sprache und eines fremden VolkS- IbuniS aus eine Linie stelle»? Tie Erhaltung der deutschen Tialectc ist zur Förderung eines starken NationalbewußlseinS außerordentlich dienlich. DaS Volk denkt und empfindet nicht allgemein deutsch, sondern in der den örtlichen Verhältnissen und Lebensformen de» einzelnen LantcStheileS eigenthümlichen Form. Stärkt und belebt man diese örtliche germanische Eigenart, so stärkt man zugleich das Deutschthum in dem betreffenden Landcslbeile. H»S dem Besonderen entwickelt sich da» Allgemeine. Daher ist auch der sorgfältige Aus bau der hochdeutschen Sprechweise auf dialeclischem Unter Fruilletsn. Der Liebe und -es Glückes Wellen. 1j Roman von M. v. Eschen. (Nachdruck verboten.) Ein leuchtend blauer Himmel liegt über dem sommerlichen Walde; tiefe Stille webt weit und breit; dann und wann nur streift eine leichte Brise die Kronen der Bäume und trägt den Tust der Heide zu ihnen herunter von der Höbe. An dem Abbang des Berge», nicht weit von der großen Fahrstraße, die sich ani Fuße de- Gelände« durch da» Tbal zieht, sitzt eine junge Dame. Ein Kleid von dunklem Perkal, einfach gemacht, doch von tadellosem Sitz, umgiebt ihre Gestalt; ein großer weißer Sonnenbut mit rotbem Mokn, gelben Aebren und Weißen Sternblumen — im Gehen gepflückt — liegt neben ibr auf dem Boden. Den Rücken an den Stamm einer Eiche gelehnt, von deren breitlaubigem Dach gegen die Sonne geschützt, ist Hilde Moran dabei, vermittelst Pinsel und Palette ein Stückchen Landschaft auf die Leinwand aus ibrem Schooßc zu bringen. Ab und zu bält sie wohl ein. Tann gilt cS, mit sorgsamem Blick die Arbeit zu prüfen, sie streicht mit der Hand über die Stirn und da- Haar, oder schaut »ach dem Hunde, einer großen Dogge, welche, behaglich aus GraS und welken Blättern dingestreckt, den Kops zwischen den Vorderpfoten vergraben, regungslos ihre- Amte» zu Füßen der Herrin wartet. Da plötzlich zucken die kurzgescknittenen Obren des präch tigen Tbiere»: ein leichtes Zittern läuft seinen Rücken entlang über da» lrwenzelbe Fell. Es bebt sich der Kops; als habe sie ein schlimmer Wind getroffen, kräuselt sich die Nase. Ein leise- Knurren, die Augen blicken scharf au- der dunkeln Maske teS klugen HundeaesichlS; ein lautere- Knurren, die Lippen ziehen sich zurück über dem blitzenden Gebiß, die herkulischen Glieder zni» Sprung bereit, steht da- Thier da. „Verwünschte Bestie!" — „Protector balt!" — Die Warte sallcn zusammen. Gleichsam, um ihren Befehl noch zu unter stützen, saßt Hildens Hand in den metallenen Ring, der den Hals de- Hunde» umschließt; dabei wendet sich der Kops nach der Richtung bin, von wo Protector eine Gcsabr für seine Herrin zu fürchten scheint. Tie bohr Männergestalt aber, welche plötzlich am AuSgang de« Pfade», der durch gründe die richtige organische Lehrmethode, weil auS ihr sich ergiebt, daß von dem Kinde nicht die Erlernung einer neuen Sprache, sondern nur die Beherrschung der alten theuren Muttersprache in veredelter und vervollkommneter Form ge fordert wird, derselben Sprache, in welcher da- Kind von den ersten stammelnden Lauten an seiner Liebe und seinem Schmerze, seinen Freuten und seinen Leiden AuSdruck verlieben hat. Durch die vcrständnißvolle Unterweisung des sein und volkStbümlich cmpsintenben Lehrer» soll da- Kind dazu ge hracht werden, die Heimathliebe, die unbewußt, aber rein und tief in seinem jungen Herzen lebt, zur Vaterlandsliebe zu läutern und zu vertiefen. Daher ist die Pflege der deutschen Tialecte eine patriotische und nationale Pflicht verständniß- vollcr Pädagogik. Aber welche Pflicht hätten wir Deutschen wobl, fremdem VolkSthum und fremden sprachlichen Idiomen eine solche liebevolle Pflege angedeihen zu lassen? Wir achten — sicher weit niehr als andere Völker — auch fremdes VolkStbum. Wo innerhalb unserer staat lichen Grenzen ein solches uns feindliches VolkStbum vor handen ist, können wir wohl Schonung gegen dasselbe üben, dasselbe zu pflegen und zu fördern sind wir aber nicht ver pflichtet. Denn deutsch ist dcr herrschende VolkSstaniln im Reiche, und deutsch ist die Sprache, die allein im Gebiete de» deutschen Staates volles Bürgerrecht besitzt und die aus Pflege und Förderung Anspruch erheben darf." Wenn aber der UltramontaniSmuS für das Polnische dieselbe Förderung verlangt wie für die deutschen Tialecte, so beweist er trotz dcr Autorität des Herrn Reichskanzlers, daß ihm Dasjenige abgebt, was die Bürger unsere- Staate- zu Deutschen macht, nämlich die nationale Empfindung. Mit Lpanien sieben wir jetzt im vollen Zollkrieg — ein seltsames Rückspiel zu den Handelsverträgen, die unS eine sichere, stetige Entwicklung unserer Handelsdeziebungen zu dem Ausland in Aussicht stellten. Spanien setzt seinen unge heuerlichen Maximattarif für die deutsche Einfuhr in Kraft und Deutschland antwortet mit einer Erhöhung der Sätze seines autonomen Tarif» um 50 Prvcent. Wir können die ReickSregierung in diesem Vorgeben nur unterstütze»; sie ist mit Rücksicht auf die innerenSchwierigkeiten inSpanie» und aus die Interessen der deutschen Industrie mit der größten Nachsicht und Langmuth vorgegangen, um immer wieder die Möglichkeit eines endlichen befriedigenden Abschlüsse- zu schaffen. Aber Alles hat seine Grenzen. Unsere nationale Ehre und Würde war verletzt. Die Begründung der BundrSrath-vorlage sagt selbst: Die parlamentarische Vertretung Spaniens habe eine Haltung eingenommen, die den internationalen Gepflogenheiten in keiner Weise entsprach. Die Leiter unserer Handelspolitik sollten sich daraus eine Lehre ziehen. Staaten gegenüber, bei denen man auf solche Verletzungen der internationalen Sitten gesaßt sein muß, sollte man überhaupt die Praxi« beobachten, ihnen zuerst den Abschluß der Abmachungen zu überlassen und dann erst unserseits sich schlüssig zu machen. Sebr bedauerlich ist ja dieser Zollkrieg, aber >etzt muß er durchgesochlcn werden, und wir können e» doch vielleicht besser abwarten, als die Spanier. Die Lösung der franiösischen EabinrtskrisiS ist dies mal mit besonderen Schwierigkeiten verknüpst, da auch nicht eine der möglichen Eoinbinalionen bei den verworrenen Partei- verhältnissen Aussicht auf Bestand hat. Earnot wollte zunächst die Bildung eine» EoncentrationSnlinisteriumS, in welchem die gemäßigt republikanisch» und die radicale Partei den Schwerpunkt abgeben sollte, und dachte dabei an den Justiz- minister de» früheren EoncentrationSnlinisteriumS Ribot, Herrn Löon Bourgeois. Der Versuch scheiterte an der Heranwachsende Tannen hier über die Höhe führt, in Sicht gekommen ist. siebt noch immer still. Und: „Sie können vorübergehen", meint Hilde, der Situation angemessen. Ein schwer zu beschreibendes Lächeln stiegt über teS MauneS Gesicht. Wenn er seinen Fuß angehatten, sein Antlitz etwa» wie besremdende« Staunen gezeigt hatte, so batte da- doch gewiß nichts mit Besorgniß oder gar Furcht vor dem Hunde zu thun. War er doch in seinem Leben schon im Kampfe mit ganz andern Bestien fertig geworden. Vielmehr galt e» einem ärgerlichen Bedauern über daS Wort, welches ibm in dem ersten Moment gegenüber diesem uner wartete» Gegner enlsahrcn war, zumal sich dessen Herrin als eine Dame entpuppte. „Verzeihung, rillet er höflich" — dabei lüftet er den kleinen runden Hut — „Verzeihung, daß ich so raub diese anmuthige Idvlle unterbrochen habe" Wer konnte aber auch ahnen, daß hinter diesem rauhen Rüden — Pardon abermals für den Ausdruck — das zarte Geschlecht als Protectorin, so äbnlick war ja wobl der Name, bervorlreten würde? klebrigen» ein famoser Bursche, dieser Protector! Hier zeigt er nicht übel Lust, dem Hunde seine thatsäckttiche Anerkennung mit einem Streicheln de- glatten Felles zu be weisen, welchem gegenüber die Dogge, als eine der klügsten ihrer klugen Art, eben nur noch die Lippen über den Zähnen emporziebt, sich sonst aber passiv verhält. Der Ton seiner Worte klang ebenso verbindlich, als sie launig gesetzt waren. Die Scene batte ibr Komische»; auch Hilde meinle, sie habe Wohl für ihren Schützer um Ent schuldigung zu bitten. „ES ist sehr einsam hier", lautete deren Schluß, „doch ick bin so gern im Walde, und die Natur ist meine liebste Freundin." Ei» schneller, etwa» skeptischer Blick de- Mannes slreist die Dame an seiner Seite. Dock nein, da« war weder die sentimentale Phrase einer überspannten Schwärmerei, noch eine unter solcher Flagge Eontrebande treibende Koketterie. Es war ein allerdings etwa- ungewöhnliche» Bekenntniß in dem Munde eine«, wie er sich eben mit Kennermiene über zeugt. ungewöhnlich schönen Geschöpfe» — aber doch ein einfach ehrlich gemeinte» Wort! So unterdrückt er die spöttische Antwort, die schon auf dem Rande seiner Lippen schwebt, und giebt einfach artig zurück: „Sie baben sich hier allerdings ein liebliche» Stückchen davon ausgesucht." „Nicht wahr?" — Und man hört e< an dem Ton der allgemeinen Abneigung gegen den EoiiceiltrationSgedanken, mit dem man so schlechte Geschäfte gemacht. Insolge ihrer Annäherung an die Socialisten sind die Radicale» stark von den Opportunisten abgerückt, so daß sie mit de» RegierunaS- republikanern unmöglich an eineni Wagen ziehen können. Auf alle Fälle wird ja eine Verschiebung teS SchwerpuncteS der Re gierung nach links geschehe», und Kammerpräsident Tupuv rieth Earnot, eS mit einem rein radicalen Eabinet zu versuche». Der frühere Finanzminister Peytral, der darum angegangen wurde, wich au», und nun dringt Earnot in Dupuy, die Bildung de» radicalen Eabinet« selbst z» übernehmen. Dupuy ist nicht ganz abgeneigt, hat aber einen definitiven Entschluß noch nicht zu erkennen gegeben. Lange wird sich ein rein radikales Eabinet auch nicht zu halten vermöge», da eS bei der geringsten Tendenz Wetter nach links, den Socialradicalen ru, die gcsa.nmte gemäßigt republikanische Partei gegen sich haben würde, die eben erklärt hat, nur ein Ministerium unterstützen zu wolle», daS dieselbe» Garantien bietet, wie das abgetretene, allein, da ei» auS Radicalen und Socialisten gebildetes Eabinet a priori rcaierungSunsähig sein würde, erscheint der Vorschlag Dupuys immer noch als der relativ praktikabelste, und eö wird 'Wohl nicht zu dem AnShilsSmittel eines neutralen GeschäslSministeriumS gegriffen werden. Es fragt sich nur, ob den Zug nach links, der sich unverkennbar geltend macht, nicht dcr Zug »ach recktS, der ebenso unleugbar durch die Nation geht, nicht die Waage hält. Ist dies der Fall, so wird auch da» Eabinet Tupun, daö wahrscheinlich zu Stande kommt, bald ab- gewirthschafft baben und dann eine parlamentarische Regierung überhaupt kaum noch möglich sei». Zu zahlreich sind die Symptome der klerikal konservativen Reactio» gegen den wüsten Radicali-niuS, den selbst rin Easimir Perier nicht in Schranken zu batten vermochte, als daß man dem ReputttikaniSmuS noch eine sehr langeLebcnSdauer prognosticiren könnte. Die lttiifangreichen Verstärkungen, welche Giiglantzs Kriegsmarine im Laufe der nächsten Jahre, gemäß dem neu aufgestellte», wenn auch in seinen Einzelheiten geheim gehaltenen Flottenprogramm, erfahre» wird, machen auch die Ueberwindung der Schwierigkeiten, welche einer aus reichenden Vermehrung de» seemännische» Personals im Wege stehen, zu einer brennenden TageSsrage. In fach- männischen Kreisen wird gegenwärtig die Durchführ barkeit einer Maßregel erwogen, von welcher man sich Erfolg verspricht. Es bandelt sich nämlich um die Ein richtung von Schulschiffen in allen größere» Binnenstädten des Lande», wo denjenigen Knaben, welche Neigung zum Seeberufe zeigen, schon von früher Jugend an die Grunde züge und elementaren Fertigkeiten ihrer künftigen Berufe in praktischer Uebung beigebrachk werden können. Henl- zutagr wird namentlich den weniger bemittelten BolkSclassen die Unterbringung ihrer Söhne im seemännischen Berufe dadurch erschwert, daß die Handelsmarine Niemanden nimmt, der nicht schon eine seemännisch» Ausbildung genossen hat, woher eS auch kommt, daß immer mehr Ausländer auf englischen Schiffen Verwendung finden. Man meint nun, es könne nicht schwer falle», an möglichst vielen Binnenplätzen, namentlich wo ein Teich, See oder fließendes Gewässer in dcr Nähe ist, solche Schulschiffe zu erbauen. Dir dort zu rr- theilendcn Unterweisungen wurden natürlich nicht ganz so fruchtbringend auSfallen, als aus schwimmenden Seeschiffen, aber die Zöglinge würden jedenfalls mit dem inneren Ban, mit der Takelung und Ausrüstung eine» Schiffes, mit den sach- tecknischen Ausdrücken, mit der Theorie und Praxis der SchiffSinstrumente rc. hinreichend vertraut, um beim Eintritt Stimme, wie Hilde glücklich ist, daß auch einmal von jemand Anderem noch ihrem Lielttingsplatz Ebre widerfährt. Dann, in der eigentbünilichen Meise» da» Persönliche allzu leicht über der Sache z» vergessen, hingerissen von ihrem lebhaften Naturell, kann sie es nicht lassen, de» Fremden aus die Reize der Landschaft aufmerksam z» machen. Wie da über dem dunkeln Tannengang, majestätisch und prächtig mit seinen schlanken Stämmen und seinem lichten Laub, der Hochwald einsetzt und sich über da» Gebirge gen Osten zieht, während »ach dcr andere» Seite zwischen GraS- bllschcln und kleinem Holz die rotb-blaue Heide hinauswebt zu einer blühenden Krone für die hier baumsreie Höbe. Wie dort drüben an dem User der Walbbach seine Wasser über die braun und grün behaarte» Felsen spielt, bis sie sich schäumend dem Flusse einen, der sich durch die grünen Mallen windet. Wie die Matten wieder binaufstreben bis unter die röthlich knorrigen Stämme der Fichten aus des Gebirge- Rand. Gleich einem verlorenen Traum schauen die Trümmer einer Burg durch die soniienbesätteneuen Zweige; rin wenig weiter, unten, wo das Thal sich schließt, steigt der spitze Tburm einer mit Schiefern gedeckten Torskirche zwischen den Bergen hervor. „Die Stelle hier ist ein« Perle der Gegend", erklärt Hilde nun. „In der That", pflichtet er bei, „darum muß ich wieder einmal an die Prophezeiung meiner alte» Zigeunerin — einem Pußta - Rencontre auS der Studienzeit — glauben. Diese Zingarella behauptete nämlich, ich sei ein Glückskind. Denn ob ick auch stet» mein Beste» dagegen Ibnn würde — hier fliegt «in Schatten über seine Stirn —. da« Glück käme doch zu mir. Ohne diese Begegnung würde ich wohl nie den ganzen Reiz meines — diese» Fleckchen» Erde (augen scheinlich verbessert er, was er ursprünglich batte sagen wollen) kennen gelernt haben, da» ick doch oft schon, wenn auch mit ganz andern Gedanken beschäftigt, durchstreifte. Sie gestatten, daß ich darum noch einen Augenblick verweile. Mein Name Baron v. Donack " Damit ließ er sich auf dem mit Gra» und Blätterbüscheln bewachsenen Stumpf eine« Baume» nieder, der so gefällig war, gerade in der Nähe zu sein. Hilde fand den Wunsch, hier zu verweilen, sebr natürlich. Ebenso wenig sab sie sich veranlaßt, wegen eine« fremden Manne- ihre Beschäftigung auszuzeben; zumal sich dieser in Haltung und Manieren al» zu der Gesellschaft gehörig erwie»: etwa«, was der Tradition gemäß immer noch für dir beste in den wirklichen Berus nicht völlig kcnntniß- und nutzlos zu sein. Die in Rede stehende Ausbildung ist als eine neben dem regelmäßigen Schulbesuch cinhcrlausente freiwillige Be schäftigung gedacht, von dcr man sich aber eine genügende Anziehungskraft auf die Jugend verspricht, um die Idee wenigstens versuchsweise ins Leben treten zu lassen. Es dürfte sich vielleicht auch für andere Länder cmpseble», dem Fortgang deS geplanten Experiments einige Ausiiicrksamkeil zu schenke». Die Ereignisse in Serbien begegnen an den maß gebende» Stelle» der europäischen Politik, so weit cS sich er kennen läßt, überall einer durchaus küble», nüchternen Bcur- thcilung. Es gilt daS insbesondere nicht nur in Bezug aus Wien und Petersburg, sondern auch auf Berlin, wo man, unter voller Würdigung des Umstandes, daß erdelttichc sinanz- und wirthschastspolitische Inter essen Deutschlands in Serbien cngagirt sind, gleich streng daran sesthält, daß der vom König Alexander ins Werk gesetzte Staatsstreich zunächst eine lediglich interne An gelegenheit des Königreichs ist, mit welcher die Serben sich allein abzusinten habe». Nicht der Staatsstreich an sich bildet rin die politische Gesammtsituation belastendes Moment, sondern nur der Fall, daß er von gewerbsmäßigen politischen Intriguanten zur Erregung dcr Volkslcidciischast mißbraucht werden könnte. Tritt, waö durchaus nicht unwahrschein lich ist, dieser Fall ein, dann wäre dcr Boden für internationale Evinplicationen geschaffen. Es wäre des halb, wie auch von ossiciösc» deutschen Stimmen zuge geben wird, a» und für sich gewiß viel wünschcnvwcrther gewesen, wenn das Streben des Königs Alexander, in seinem Lande endlich dauerhafte Berbättnisse zu schassen, sich vbne Zuhilfenahme gerade deS Staatsstreiches, eines mocku-; procecluucki also, der für die constitutionell besser ge schulte abendländische Anschauung vom Staat inimerhiii einen ominösen Beigeschmack besitzt, hätte bewerkstelligen lassen. Noch in letzter Stunde ist, wie jetzt bekannt wird, von ton Führern der Radicalen ein mehrfach wiederholter Versuch gemacht worden, mit dem König zu einem Einvcrständniß zu gelangen, dieselben wurden aber zur Audienz gar nicht zu- gelassen. Ob es klug war, den Radicalen mit dieser Ab lage de» Kamps aus Leben und Tod aufzudrängcn, mag dahingestellt bleiben. Für die Beurtbeilung der Lage vom außerserbischen Slandpunct spitzt sich Alles auf die Frage zu, ob eS den am Ruder befindlichen Männern in Belgrad gelingen wird, ihre Actio» folgerecht und »»gebindert bis zu Ende zu führen. Durchkreuzt könnte sie »ur von den Nadi- calen bezw. den Anhänger» dcr Eoncurrenzdynasiic Kara- gcorgiewitsch werden, und cS ist nicht gerade wahrscheinlich, daß von diesen Seiten etwas geschieht, so lange Ermuthigung und Vorschub vom AuSlandc auSbleibt. Waö Oesterreich- Ungarn angeht, kann man, wie wir schon hervorhoben, beruhigt sein, und auch Rußland hält, für den Augen blick wenigstens, »ach ossiciöscn Versicherungen ein lai^or t'airv sür opportun, allein eS kommen eben noch ganz andere Interessen ins Spiel, denen damit gedient ist, wen» das serbische Pulverfaß nicht zu weit aus dem Bereich de» Feuer» kommt. Noch giebt eS eine Mög lichkeit, den Brand zu löschen: eine kluge, die Grenze» der Mäßigung und Versöhnlichkeit gewissenhaft inne- hattende Ucberleitung der durch den Staatsstreich geschaffenen AuSnahiiievtrhättnissc i» die Bahnen einer geordneten modern- staatlichen Entwicklung. Ob Milan dazu den Willen und di« Fähigkeit und vor Allem die Autorität besitzt, wirb sich ja bald zeigen müssen. Garantie von Schutz sür unsere jungen Damen gilt. Und wenn auch Hilde in diesem wie in »laiichei» ankern Puncte nicht ganz mit unser» Damen barmonirte, so war sie dock immer noch Dame Hcnug geblieben, um es als angenehm wohlthuend sür die Eiiiicttio» zu empfinden. Sic neigte den Kops, »ahm ihren Platz wieder ein und ihre Arbeit wieder auf. «o ward eS still zwischen den Beiden, so still, wie dcr Wald seinen Zauber spinnt. Und war eS jener Zauher, die köstlich frische Lust, welche, die Nerven beruhigend, zugleich die Seele empsänglich sür jede» Eindruck stimmt; die Entfernung der Welt mit ihrer rauscheiiden Lust und ihrem bitter» Kamps, ihrem verwirrende» Schein und ihrer großen Lüge, ihren maiinigsach bin- u»v herzerrenden Interessen; der Moment einer ungestörten Rübe, die jedem Eindruck seine Wirkung gestattet — oder war cs daS Licht, das wuntervoUc Sonnenlicht, welches durch die Blätter spielend der schlanken Gestalt, dem kleinen Kops die richtige Beleuchtung lieh: Dcr Baron meint bald, icltcu, wenn je, rin so gutgewachsenes Frauenzimmer gesehen zu haben! Ob sic wobl verbeiratbet. ob noch Mädchen ist? — Im Grunde konnte das einem Manne wie Hilbert von Dcnach einerlei sein. Hatte er sich dock längst daran gewöhnt, die Frauen ein Spielzeug, schlimmste»- einen Spielverderber zu »eiine»; Wesen, mit denen man sich wobl einmal amiisirt, denen zu gefallen eS sich aber doch nicht lobnt, sei» Leben z» drrangiren oder gar in Fesseln zu schlagen. Dennoch mit erneutem Interesse, die Frage zu klären, betrachtet er sein Gegenüber. Hilde ist ziemlich groß; ihre Figur jugendlich schlank, dock jugendlich kräftig; ihre Bewegungen sind elastisch »nk bebend. Der Mode entgegen, welche den Lockenbüschcl aus der Stirn, trotzdem man dies« gemeinhin immer noch als den Sitz dcr menschliche» Intelligenz z» bezeichnen pflegt, »>» io ent zückender findet, je mehr er an einen Pudel oder Pinscher er innert, trägt Hilde da- Haar au« der Stirn gekämmt »nd zu einem in dem Nacken versteckten Zopfe geflochten. Seine Farbe ist von jenem seltenen Blond, welches die Franzosen cemlrS genannt baben, nur daß hier noch ein leiser Hauch Gold, je nachdem da« Lickt darauf fällt, aus den weiche» Wellen und dicken Flecltten leuchtet. Tie beite» Löckchen aber, die sich au« den Wellen lösend uni die Sckttäsen spielen, wie bei Meister Tizian'» schönster Frau, scheinen wie in Gold ge taucht. Hilden« Prosit — eben siebt Donack nur diese» — ist reizend. E» gleicht dem von Bürger - Molly aus dem
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