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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.05.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-05-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940528022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894052802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894052802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-05
- Tag1894-05-28
- Monat1894-05
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Man wird noch oster auf diese Truppenschau und die dabei gehaltenen Reden zurückkommen müssen. Heute sei nur hcrvorgehobcn, daß Herr I)r. Lieber, dem es gelang, sich wieder auf das Fnbrerroß zu schwingen, daS ihn schon einmal unsanft abgesctzt bat, sein diplomatisches Geschick in reckt ungünstiges Lickt setzte. Allerdings pro- ponirte er nicht ohne Grazie dem eventuellen 'Nachfolger des Grafen Eulcnburg ein Handelsgeschäft, indem er auszäblle, was ein durch die Aufhebung des Iesuilengesetzes verpflichtetes und gestärktes Zentrum dem Reiche und den einzelnen Re gierungen zu leisten vermöge; aber bei der Berurtheilung dieses Gesetzes ging er so ungeschickt zu Wege, daß er sich und seine ihm beistimmenden Zuhörer keinem auch nur einigermaßen klarblickenden Staatsmanne empsabl. Mit ganz besonderer Entrüstung sprach er von der „An maßung" der württembergischen Protestanten, die ihren König zu einer Aeußerung gegen die Jesuiten veranlaßt hätten, und fügte hinzu, daS wäre gerade so, wie wenn Katholiken beim Könige von Preußen vorstellig werden wollten, eine Anzahl evangelischer Geistlicher des Landes zu verweisen. Der Führer deö EentrumS machte sich dadurch einer recht groben Cnljtellung schuldig, indem er die Sacke so darstellle, als ob die Jesuiten als einzelne Individuen aus dem Reiche ausgewicsen seien, während doch thatsächlich der einzelne Jesuit deutscher Herkunft sich wie jeder andere Staatsunter- Ihan im Reiche aufhalteu darf und nur Nieder lassungen des Ordens verboten sind. Ganz sicherlich würde das Reich eine ähnliche, den Staatsinteressen nugegcnwirkende Eongregaiion evangelischer Eonfession sich ebenso fern halten, wie den Jesuitenorden. Wenn Herr vr. Lieber aus Agitationszwecken seinen Wählern vorredet, daß es sich beim Iesuitengesctze nicht um die Berhiitung des Entstehens eines Staates im Staate, sondern um eine Be schränkung der individuellen Freiheit bandle, so macht er damit nur seinen Wählern ein zweifelhaftes Complimciit; wenn er aber mit solcher Darstellung als Eenlrumsführer einem künftigen preußischen Ministerpräsidenten sich empfehlen zu können meint, so stellt er sich selbst ein recht ungünstiges Testimonium aus. Nickt besser operirte er, als er aus Herrn Eugen Richter und dessen Haltung in der Ieftiitenangelegcnheit zu sprechen kam. „Wir wollen mit ihm" — so ries er seinen Hörern zu — „für die politische Freiheit eintreten, wenn er mit uns für die kirchliche Freiheit kämpfe» will." Herr Dr. Lieber glich, als er diese Worte sprach, dem ungeschickten Eindringling in eine Gesellschaft, der nach allen Seiten seine Verbeugungen macht und cS gar nicht bemerkt, daß er bei einem neuen Coinplimente mit der Rückseite denjenigen anrennk, vor dem er vorher das Antlitz tief berabgebogen. Das müßte ein wundersamer preußischer Ministerpräsident sein, der mit dem selben Herrn vr. Lieber sich einließe, der seine Bundes genossenschaft Herrn Eugen Richter anbietet und seine An- bänger aussordert, für die politische Freiheit zu kämpfen, die Herr Richter erstrebt! Nachdem der Kanzler Leist auS Kamerun zurückgekebrt ist, darf angenommen werde», daß das DiSciplinarversahrcn gegen ihn unverzüglich seinen Gang nehmen werde. Wenn irgend etwas geeignet war, die Stimmung für den schwer be>chuldigten Beamten etwas -zu verbessern, so war eS die Nachricht von seiner Flucht und die Demcntirung derselben durch die Thatsachen. ES wurde freilich darauf hingewiesen, daß insbesondere eine Flucht nach Amerika wegen der fehlen den Schiffsverbindung schwer ausführbar gewesen wäre, aber trotzdem unterliegt es keinem Zweifel, daß Leist sich der TiSciplinaruntcrsuchung sehr leicht hätte entziehen können. Daß er es nickt gethan hat, beweist, wenn nicht viel, so doch etwa- sür seine Sache. UebrigenS wird niit Recht daran erinnert, daß Leist ein durchaus gesetzliches Mittel babe, die DiSciplinaruntersuckung zu umgehen. Er braucht nur von der Befugnis; deS lOO des Gesetzes über die Rechtsver hältnisse der Reichsbeamten Gebrauch zu macken und um seine Entlassung aus dem Reichsdienst nackzusuchcn unter Verzicht aus Titel, Gehalt und Pcnsionsanspruch; dann muß daS DiSciplinarverfahren gegen ihn eingestellt werden. Es macken sich übrigens, wie die „Allg. Ztg." hrrvorhebt, manche principicUc Bedenken gegen die Anwendung der gewöhnlichen Disciplinarbestimmungen auf die eigenartigen Rechtö- und AmtSverhältuisse der RcichSbeamteii in den Schutz gebieten geltend. „Wie sich nämlich seinerzeit angesichts der ersten Nachrichten über die Ursachen der Kameruner Revolte eine Tiscussion darüber cnlspiniien konnte, ob der stellvertretende Gouverneur zur Anwendung der körperlichen Züchtigung auf die dabomeischen Weiber befugt gewesen, so ließe fick eine Reihe von Fällen denken, die einen inländischen Rcichsbeamten nicht nur vor einen Tisciplinar- hof, sondern aus die Anklagebank eines Schwurgerichts und schließlich inS Zuchthaus bringen würden, während man sich bei einem Beamten der Schutzgebiete fragen kann, ob auch nur eine biSciplinarische Abntung am Platze sei. Hier ist jedenfalls eine Lücke i» unserer Gesetzgebung zu constatiren, deren Vorhandensein glücklicherweise »och nicht bemerkt wurde, die sich aber angesichts der traurigen Fälle deS KanzlersLeist und deS Assessors Wehlau nicht mehr verbergen läßt. Es ist somit eine scdr schwierige Aufgabe, welche der Disciplinarhof zu lösen haben wird. Einerseits fordert die öffentliche Meinung eine nach drückliche Beslrafuiigder Schuldige», andrerscilS gilt cS loeorum et tempnium ratiouom lindere und die beschuldigten Beamten nicht mit einem Maßstabe zu messen, der nach ihrem sudjectiven Empfinden sür sie gar nicht galt." Wenn freilich Alles sich bewahrheiten sollte, was Schlimmes gcmcldcl worden ist, dann liegt die Sache verbällnißmäßig einfach. Dann wird der Tiöciplinarhof die Acten der Voruntersuchung einfach dem Staatsanwalt zu übergeben habe» zur Einleitung der strafrechtlichen Verfolgung, und die Aburtbeilung müßte »ach den klaren Bestimmungen des NcicksstrasgesetzbuchcS erfolgen. Tie Hauptsache aber ist, daß sür die Zukunft derartigen Ereignissen nach Thunlichkcit vorgebeugt werde. Wenn cs nicht anders geht, dann müssen die äußere» Ver hältnisse der Beamten in den Schutzgebieten so gestaltet werden, daß die besten und zuverlässigsten Kräfte zu diesen Stellungen sich drängen, Männer, in deren Hand man ohne Bedenke» die Fülle der Machtbefugnisse legen kann, welche dem obersten Beamten eines Schutzgebietes verliehen ist. In Böhmen sollen die Deutschen nicht zur Ruhe und zu einem friedlichen Zusammenleben mil den Tschechen kommen, weil eS diesem bösen Nachbar, der allein im Lande herrschen Witt, nun einmal nicht gefällt. Bekanntlich batte vor einiger Zeit die Prager Stadtvertretung auf Betreiben der Iung- tschechen einen Beschluß gefaßt, durch den der Magistrat an gewiesen wurde, die zweisprachigen Straßentafcln durch Tafeln mil bloS tschechischen Aufschriften zu ersetzen. Die Deutschen protestirten, und die Stattbalterci untersagte im Hinblick auf die staatSgrundgesetzlich gewährleistete nationale Gleichberechtigung die Ausführung des Beschlusses. Die Prager Stabtvertrctnng besckritt den Beschwerdeweg und erzielte ein Urtheil deS VerwattungSgerichtsboseS, welches die behördliche Entscheidung aufbob. Trotzdem fuhr der Magistrat mit der Auswechselung fort »nd brachte namentlich an Straßen und Plätzen mil attbistorischen deutschen Namen Tafeln mit Benennungen an, die kein Mensch, weder Deutscher noch Tscheche, versteht, und reizte die Deutschen noch dadurch, daß er die Tafeln mit den slawischen Farbe» (weiß rotb blau) bemalte und sogar zuließ, daß einzelne Hausbesitzer Tafeln mir — russischer und französischer Ausschrift anbrachten. Die Gewalttbätigkeit de« StadtratbS ging schließlich so weit, daß er nicht nur bei Nacht von Häusern deutscher Bürger die Straßentaseln berunterrciße» und auswechseln, sondern auch an der k. und k. Eadettcnschule eine tschechische Tafei i» weiß-rolb blau anschlagen ließ. Als dem Eomi»a»ta»teu davon Meldung erstattet war, wurde seitens der Gcneral- direction die Tafel wieder abgenommen und aus die Gasse gelegt. In der nächsten Sitzung de« Stadtraths wurde eine Zuschrift derPolizeidircctivn verlese», in welcher dem Sladtralh bckannigegebe» wurde, daß er nicht berechtigt sei, tschechische Straßciitafeln au solchen Häusern anzubringen, deren Besitzer die Einwilligung dazu versagen; weil» der Stadlrath fort- sahrcn würde, solche Maßnahmen trotz deS Verbotes der Hauscigenlhümer zu treffe», so würde die Polizeibehörde gegen den Statiraih wegen Beschädigung fremden Eigcnthums ein- schreitcn. Damit ist die Straßeutascl Angelegenheit in ein neues Stadium getreten, de»» die österreichische Behörde scheint sich endlich darauf besonnen zu haben, daß die Deutsche» Prags doch so zu sage» auch Bürger der Stadt sind, die sic erst zu Dem gemacht haben, was sic heute ist. Tie vorgestrige Audienz deS »»»arischen Minister präsidenten vr. Wekcrle beim Kaiser in Sachen der obligatorischen Eivilehe dauerte anderthalb Stunden. Schon diese- äußere Moment deutet daraus hi», daß eine ernste Auseinandersetzung slattgefunden hat, deren Resultat kein durchaus ungünstiges gewesen sein kann. Den» wenn die Antwort des Kaisers ganz ablehnend gelautet hätte und die er betenen Garautieu vollständig verweigert worden wären, so hätte das Eabiiiel vbue Zögern daS Gesuch um die Ent lassung überreichen müssen. Die ungarische Regierung kann nicht nmkchren, und sür sie ist die Annahme der Eivilehe eine Bedingung des Lebens. Ter Erfolg deö Programme« oder der Rücktritt ist die zwingende Alternative, und wenn l)r. Wekcrle die Hofburg als Mnister-Präsident ver lassen Kat, nach Hause reist, ui» über den Empfang zu be richten, nach Wien zurückkcbrt, »m die Verhandlungen fort- znsetze», so zeigen schon diese kleinen Thalsachen, daß trotz der großen und kaum zu überschätzenden Schwierigkeiten der Lage die Schalten sich zu lickte» beginnen. Scheint das Reiultat der Unterredung die sachliche Ueberciustimmuiiz zwischen dem Kaiser und dem Eabinet zu sein, so kann es sich nur »och um eine Meinungsverschiedenheit über daö Ausmaß der Garantien dafür bandeln, daß die Ehcrcchts Vorlage im Oberbaus« nicht noch einmal abgelehnt wirk. Der Kaiser wird gewiß den höchste» Werth daraus legen, die mildeste Form dieser Garantien zu wähle», d. h. eine offene Aussprache, die keinen Zweifel mebr an dem Wille» der Krone zuläßt und der Opposition nickt mehr gestattet, den Namen deö Kaisers zu mißbrauchen. Maßgebende liberale Blätter spreche» es selbst aus, daß eine solche Aussprache voll- läutig genügt, und geben Wekcrle den Rath, nickt durch Uniiacb- ziebigkeit Alles zu bedrohen oder gar zu verderben. Bei dem Talent und der Ktugbeit des Ministerpräsidenten ist zu erwarten, daß er den Bogen nicht überspannt», und daß eS zu einem Ausgleich mit der Krone kommen wird. Es ist wieder Abend und Morgen geworden, aber die französische Ministerkrise ist noch nicht beendet. Kammcr- präsitenl Dupuy ist »ach wie vor bereit, mit Miuislerporte- seuilleS zu Hausire», und er träte gewiß gern selbst an die Spitze des neuen Ministeriums, denn er ticbt die Macht gar sehr, aber cS will ibm nicht glücken, den» keiner seiner politischen Freunde zeigt Lust, aus das Portefeuille des F i » a » z m i n i st c r S anzubeißen. Tic Traube ist um deswillen so außerordentlich sauer, weil bei der Rücksicht, die man gegenwärtig aus die radical-socia- listische Verbrüderung nehmen muß, eS uuumgäiigUch sei» dürste, das alle radikale Verlange» einer inquisitorische» progressiven Ei»ko»i»ie»stcuer in das Fillaiizprogramm auszuiicbmeii, ein Verlange», das auf den deftigsten Widerspruch der Opportunisten und der Eonservativen stößt. Es ist nicht un möglich, daß die Bildung eines Eabinets Dupuy an diesem Dilemma scheitert. In diesem Falle würde Dupuy Herrn Earnot Vorschläge», der radikalen Partei allein die Eabliiets- bildung zu überlassen, was ein bomogenes radikales Mini sterium bedeuten würde, nur scheint Earnot, dem cs ansäng- lich »i seine Ealculation passen mochte, die radicale Partei sich sür die Präsidentenwahl zu sickern, etwas bedenk lich geworden zu sei». Sollte er bei seinen Bedenken bebarren, so wird er, wie man annimmt, Easimir Perier bitte», unter Rceonstrniruiiz seines abgetretene» EabinetS, noch einmal die Führung der Geschäfte zu übernehme», emc Annahme, welche die ganze Zerfahrenheit und klägliche Unbaltbarkeil der Lage kennzeichnet. In diesem Wirrwarr taucht wieder der Vorschlag eines Geschäfts Ministeriums auf, das, so gut oder so schlecht cs eben geht, bi« zur Präsidentenwahl Haushalten und dann einem neue» Parteicabinel Platz machen würde. Es sind bloö »och sünf Monate bis znr Wahl deS Slaatöoberhauptcs, mit der die Demission der Regierung Hand in Hand zu gehen pflegt — eine Aussicht, die eben sür 'Niemanden ver lockend ist, der sich nicht gern zum Lückenbüßer kcrgiebt. Unterdessen drängt auch die äußere Lage zu einer Lösung der Krise, kenn die Kammer brennt vor Ungeduld, die Regierung wegen des eiiglisch-congosiaatlichc» UebcreiiikommenS z» intcr- pelliren, das man als eine Schmack sür Frankreich ansieht. Ueber die Verwaltung dcs Maschona- und des jüngst von Eecit Rhode« eroberten Matabclrlanvrs ist fast zu derselben Zeit, da die Eouveiilion zwischen England und dem Eongo- siaale zu Stande kam, zwischen der englischen Regierung und der Britisch-Südafrikanische» Gesellschaft ei» Vertrag geschlossen worden. Da die Gesellschaft, richtiger der Director derselben und Premier der Eapcolonie, Eecit RbodcS, den Krieg gegen Lobengula durchgesübrt und die Kosten sür denselben getragen hat, so hat die ReichSrcgierung auch nickt gewagt, die Besag,iffse der Eompagnie einzusckränken, nur soll da« Recht der Regierung aus Eontrvle etwa« wirksamer als bisher ausgeübl werten. Nach dem Vertrage sollen die beiden erwäbnlen Länder unter der Jurisdiction der Gesellsckast, gemäß den Bestimmungen ihrer Eoucession vom Iakrc 1889, stehen. Dem Administrator wird «in Rath, bestehend aus einem Richter und drei anderen Mitgliedern, zur Seite sieben. Feuilletsi,. Der Liebe und des Glückes Wellen. kj Roman von M. v. Eschen. Nachdruck «rrbolkn. (Fortsetzung.) Auf der Treppe vcr dem Hause bat sich die Nach barin eingesunden. Sie will sich den Fall mit an- scben, sür welchen die Anne Marie eben abgeschickt worden ist, den Vater zu holen. Zwei jüngere Kinder, ein Knabe und ein Mädchen, slackSlöpsig, mit frischen Wangen und lachenden Augen, bocken auf den Steinen, die vielleicht einmal eine Treppe bildeten, jetzt aber nur noch lose und locker da binauffübrcn, wo elwaS Kokl und Salat durch die Latten sckaut. Es bat sich noch ein dicker Pfosten unter den selben gefunden» wackelig allerdings, dock daS Thier ist müde vom Weg »nd nicht übermütbig von Natur, so bat Samuel Hecht den Strick darum geschlungen, an welchem er die Kuh bält, die er dem Jochen Walter aus zuvorkommender Gefällig keit angebotcn und auf den Hof geführt hat. Samuel ist ein vermögender Mann, er brauckt'S nicht länger; aber er scheut keine Hitze, keine Kälte, keine Entbehrung, keine Mllbc, kein Wort: kein gutes und kein schlimmes, wenn eS ein Geschält zu macken giebt! Wovon wäre er den sonst der Samuel Heckt geworden, der sei» schönes großes HauS in Eichenrode hat, der ein gemachter Mann ist und bekannt weit und breit — dessen Rosalie und Amalie auf keinen Freier zu warten brauchen, dessen Söbnc studiren können, damit sie gelehrte Herren »nd Doctor dazu werden. Daran denkt der Samuel und wischt sich geduldig tie feuchte Stirn: sein Weg war sonnig und beiß! Geduldig auch wartet er, bis der Bauer, mit dem er sein Geschäft zu machen gedenkt, auS dem WirthShauS kommt. Er trägt auch nur einen schäbigen Rock, einen alten, zerknitterten Hut. Das ist ge eigneter für Wind und Wetter und macht sich besser sür den Handelsmann. Ein Stück Papier guckt auS seiner Rocktasche, darinnen war sein Vesperbrot und ein paar Zwiebeln ge wickelt: der Samncl ist mäßig und verzehrt nichts außerdem Hause. Die Mäßigkeit, die Enthaltsamkeit, die Geduld haben sie geübt in den Tage», wo es ihnen schlecht ging, und wenn sie eS auch jetzt einmal tarausgebe» lassen können, eS bleibt immer etwa« basten von der so tbcuer gewordenen Lection. Endlich erscheint der Tochterman» de« alten Hartmann, tz«r «in« Stärkung bedurfte, w»il e« ihm im Hirn brummt, »nd der sich anstatt eine« kühlen, ruhigen, nur noch eine» heißer» Kopf in dem Schwan geholt bat. Das Unglück von der crepirtcn Kub wird noch einmal er örtert. Sie ist draufgegange», weil sie sich iiöersressen bat. E» seht einen Zank, wer die Schuld daran trug. Die Kaiba- rinc Elise batte den Stall ausgelassen, sic mußte doch wissen, daß die Kette zerrissen war. mit der das Thier angebunden sein sollte. Der Bauer bätt' den Klee beithun sollen — auch die Zunge der Nachbarin ist nicht blöde. 's iS ä Unglück, wenn die Frau nit nach dem Reckten siebt — der Bauer läßt eS nickt aus sich sitze». Und der Alte — ja, wenn der Alte sich mal wehthun wollt' —, der Alte aber war aus dem Felde; das Korn mußte bestellt werten. Währenddem wartet der Samuel Hecht imuier noch ge duldig, bis der Streit sich legt und das Geschäft beginnen wird. Tic Kinder rupfen eine Hand voll Gras zwischen den Latten hindurch und biete» eS dem Tbiere; der alte Samuel lächelt freundlich. Die Kinder klettern von den Steinen, zupft» ihn an dem langen Rock; er lächelt wieder. Ein paar Jungen erscheinen aus dem grasige» Wall hinter der Hos- maucr. „Hepp, bepp!" schreien sie herunter, was ei» schatlenkeS Gelächter setzt Auch dazu lächelt der Samuel nur. Er bat sich an Alles gewöhnt; er kan» zu allem lächeln, wcnn'S sei» muß, eS kommt ja seine» Kindern zu gut. Sie werden sich nicht« gefallen zu lasten brauchen, wie der Eddc, der sich au« der Armutb »ud dem Schmutz berausgebandclt hat und dann» de» Schmutz weit hinter sich lasten können, welchen der Handel und die Bedrückung mit sich bringt. Soll er nickt auch einmal lächeln, der alte Samuel, wenn er daran denkt, wie er über tie kommen will, wie er sie ducken will, die ibn jetzt böbiien. Endlich ist eS so weit; man kommt zur Sacke. Samuel fordert einen maßlosen Preis, doch die Kub ist uinimgänglich nothwendia sür tie Wirtbschast. Die Leute können sie nur durch de» Zwischenhändler erhalte», sie wissen'« nicht anders. Ebensowenig können sic den Kaufpreis zahlen. So lassen sie sich denn z» einem Abkommen Kerbei. Samuel leiht iknen die Kub in den Stall; sie bezahlen eine» enorm Koben Zins, der zugleich einen Tbeil der.Kaiissummc abzablt. Wenn dem Tbier etwas passirt, zahlen sic die ganze Summe nach; wenn sic nickt zahlen können, fällt e« an seinen Herrn zurück — sie sind gezwungen, von neuem zu taufen oder zu leiben, unter noch einmal ungünstigeren Bedingungen natürlich. „So kriegen sie uns — es ist nur der Anfang von dem Ent' —", stöbiit rer alte .Hartmann, der weit intelligenter und tüchtiger als sein Tockterinann ist. .Da« geht nicht", mischt sich jetzt Danach dazwischen. .Sinnt auf ei» ander Mittel, den Kauf abzuschließen." — DaS gilt der Familie. Die schütteln den Kopf; Samuel lächelt diesmal vergnüg lich und kneift die kleinen schlauen Auge» zu: er weiß ganz genau, die Bauer» helfe» einer dem andern nickt aus, einmat, weil sie eS nicht haben, dann aber auch, weil sie viel zu geizig und hartherzig dafür sind. Nock einmal geht daS Feilschen an. Tonach will von .dem Anfang" für seinen alte» Hartman» nickt« wisse». „Zum Donner, so scheren Sic sich zum Teufel mit Ihrem Vieh! — Holt Euch eine Kub vom Erlcnbof. Ick werbe es dem Verwalter sagen. Der Tonack läßt keinen seiner Leute im Stich." Ein Zetern »nd Klagen, ein Streiten und Jubeln durch einander. Dann mit eilieni nicht zu verkennenden Ingrimm verläßt Samuel Heckt den Hof, nicht »»ähnlich einem Feld herr», der eine Schlackt verloren bat. Wie beschämt schreitet er einher, die kleine dürre Knb vor sich bertrcibeub, die Junge» mil ihrem „Hepp, hepp!" johlend daneben. „Nichts geworden mit dem Hantel?" fragt höhnisch der Jost Bräutigam, dem cö keine Ruhe gelassen bat aus seinen Wiesen. A „Nein", sagt Samuel. Ingrimmig da»» stößt er eS heraus: iDer vornehme Herr schenkt die Kuli." Der Bräutigam stcbl da mit offenem Mund. Nein, das will ihm nicht in den Sinn; noch da;» eine ganze Knb! — Dann beginnt etwa« in seinem Kopf zn dämmern, er be schleuiiigt seinen Schritt. — So kommt er denn gerade noch reckt, als der Baron von der dankcSsrohcn Famitic scheibet, die Nachbarin mit etwas hämisch neidischen Blicken zuschaut, die Katharine Elise aber dem Herrn die Hand giebt, als er sagt: „Und Du bleibst hier." Schnell daun eilt der Baron unter den Bäumen dahin. Er bat noch ein Abkommen mit dem binter Frobnbause» wohnenden Förster zn treffe», ehe er zurück über die Berge geht. Er hält den Kopf gesenkt, wie jcmank, der in Ge danken geht. Bald hebt er ibn wieder: Aufräumen mit dem alten Schlendrian, dein engherzig furchtsamen Deuten an daS eigene Ick. Vorwärts schreiten i» Lernen »nd Leisten; ein ander beisteben in Nctb und Gefahr; tüchtig sei», das bleibt die Losung auch sür den Mißstand, dessen Zeuge er eben war. Dem deutschen Volk, dem innerlichsten von allen, kommt jede Hilfe nur durch sich selbst, von innen berauSl Währenddem haben die zwei Fräulein M»ran in der so genannte» Villa auf dem Hügel il,r Abendbrod genommen und sich ans der Veranda niedergelassen, deren besten Schmuck ba« Wcinlaub bildet und der Ausblick durch die grünen Ranken weitbin über da« Thal und die waldigen Höben. Da« alte Fräulein, wie sie zum Unterschied von Hilde genannt wird, ist klein nud mager, idre Bewegungen sind lehr energisch. Wille und Verstand scheinen de» Grunbzug ibres Wesens zu bilde», wenigstens i» seinem jetzigen Stadium. Und da stimmt dem, diesmal die Kursürsteuiiasc und das vvr- sprinzenke Kinn vortrefflich sür die Lehre von der Physiognomie. Annette Mvran ist ziemlich wohlhabend, trotzdem aber eine alte Iungscr geworden. Sie war wahrbeitsliebcnd genug, um sich einzugcstehe», daß ihr jeder Reiz abging, mil welchem bas schwache Geschlecht so gcincinbin das starte i» Fesseln schlägt, und stolz aus diese ungewöhnliche Einsicht, dura,aus nickt willens, erst ei» notbwciitig ertragenes, später beiseite geschobenes klebet abzuzebc» für diejenigen, welche mit der Werbung um ihre Hand ein Verständnis; sür den wertbvollcn Gehalt ihres Portemonnaies zu beweise» geneigt schienen. Sic war ein begabte« Matche» gewesen; cö hätte etwas ans ihr werden tömie», erzählt das ältere Fräulein dem jüngeren fast täglich, wenn nickt ihre Familie, von vorsüntslulblickcn Auschanuugen besessen, in jeder arbeitenden Frau — so bcijft der lviiiiin»^ hier — einen Blaustrumpf oder noch irgend clwas Schrecklicheres gewittert und darum die arme Annette gezwungen hätte, ein Drohnenlche» zn führe», auslatt, ba sie min doch einmal zur Königin nickt bestimmt schien, wenigstens eine Arbeitsbiene zn werben. Auch das sind kcuuzeichiiciidc Ausdrücke hier. Gewiß, man hatte Annetten »»reckt gctban, sie war zu kurz gekommen an ihrem Lebciislbcil. Und wie bei allen denen, welche von dem Schicksal, gleichviel in welcher Weise, in Anlage, Arbeit oder Freude verkürzt worden sind, batte sich auch bei ihr eine etwas einseitige Auffassung der Dinge fest gesetzt. Darnntcr gehörte zum Beispiel, daß die Männer alle icicht und Egoisten wären, daß eigentlich keiner eine wirklich gute Frau verdiene, und vor allem, daß, wenn man jedem Mädchen nur eine» Berus schassen wolle, sie schon ganz gut ohne den sogenannte» natürliche» fertig, ja, sogar sehr viel glücklicher ohne diesen werden würde — all der Allotria, als da sind Licbesscuszer, Liebcsschiien» Täuschungen und .Kränkungen jeglicher Art, gar nickt zn gedenke». Ter letzter», so schic» cs, batte sich Fräulein Annette, trotz ihrer Gescheitheit und ihrem Stolz, nickt ganz erwehren können, natürlich nur. weil ihr eben nichts antcrcs zum Halt oder Gegengewicht gegeben worbe» war. So lautete wenigsten« ikre Ent- schiilrigimg vor sich selbst Darum batte Fräulein Mora» bestimmt, daß ikr Vermöge» tercinst zu Stipendien sür die Aiisbilkung vcrinögenSloser Mädchen verwandt werten sollte, wie sie denn auch jetzt seit Jahren mit dessen Einkünfte» die Erziehung unr Ausbildnilg von Hilde bestreitet. «Forts, folgt.)
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