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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.06.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-06-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940605017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894060501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894060501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-06
- Tag1894-06-05
- Monat1894-06
- Jahr1894
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BezugS-PreiS Gl d« oder den im St-Ltz» bezirk «d de» Vororten errichteten Ao«-> oabestelle, ab geholt: vierteliädr!ich^l4.ä0^ bet poetmoliger täglicher Zustellung in« den« >» öchv. Durch die Post bezogen für tentschiond nnd Oesterreich: vi«rrei,ädrlich ^ 6.—. Direct» tägliche Dreuzbandieadn», in» Lutiand: monatlich -<t 7chü. Di»vrorge»r»«g-b« erscheint täglich di« Ade»d-U»tg«d« Wocheulagö - Uhr. LeLictio« und Lrveditt-»: 2«tzaune»,nsse 8. DteTrvediti«' ist Wochentag- ununterbroche» geognet »»» früh 8 bi- übend- 7 Uhr. Filialen: ttt« Mt«m'S Sortim. iAlfre» UniversstätSslraße 1. Lo i» Lüsche, Ritharinenstr. II, pari und S-nig-vlatz V. Morgen-Ausgabe. NpMcr.TlMblalt r Anzeiger. Organ für Politik, Localgkschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Anzeignr-PreiS die S gespaltene Petitzeile S6 Psg. Reklamen nnter dem Redaction-strich isqo» spalte») 50-4, vor den Fnmilieunachrichte» <k gespalten, 40-^. OrSßere Schrislrn last unserem Prril- »erznchmß. Dadellariicher und Zissernjatz »ach höherem Daris. Errea-Vetlage« (gesalzt), nur mit der Moraeu-Au-aabe. ohne PostbesürLerung SV.-, mit Postbesörderung >l 70.—. Jinuadmelchluß für Tinzeiqeu: Abend-Au-gabe: BornnttagS 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittag- 4 Uhr. Tonn- und Festtags srüd ",9 Uhr. Bei den Filialen und Annadmeslelleu »e eia» Halde Stunde früher. U»-et>en sind stet- an di» Erpebitto» zu richten. Druck nnd Verlag von E. Polz in Leipzig. .4° 282. Dienstag den 5. Juni 1894. 88. Jahrgang, Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung, die Leipziger Messen betreffend. Zufolge der von uns im Eiuverneljmen mit der hiesigen Handelskammer und der Gewerbekammer gestellten Anträge hat das Königliche Ministerium des Innern im EinverstSndniß mit dem Königlichen Finanzministerium und »ach Vernehmung mit der Königlich Preußischen nnd Herzoglich Braunschwei gischen Regierung wegen anderweiter Fest setzung der Zeit und Dauer der hiesigen Messen Folgendes bestimmt: I. Die Ateujahrsniesse beginnt fortan am 3. Januar und endigt am 1v. Januar. II Die Ostermesse beginnt fortan fürGroß- rmd Kleinhandel am Sonntage 4Lur»8>- moü«xe»it> und währt unter Beibehaltung der Bezeichnungen „Böttcherwoche", „Meßwoche", ..Zahlwoche" brs zum Sonntage einschließlich. Das Einläuten erfolgt am «onn- tagr vll8Si'!ooi'(1!L8 Domini, das Auslauten am Llmnlaae 4ubilats. M. De Michaelismesse beginnt fortan sür Groh- und Kleinhandel am letzten Sonn tage im August und währt unter Beibehaltung der Bezeichnungen „Böttcherwoche", „Meßwoche", „Zahlwoche" LL Tage. Das Einläuteu erfolgt m zweiten, das Ausläuten am dritten in die Me fallenden Sonntage. Lurch diese neuerliche Festsetzung der Zeit und Tauer der hiesigen Messen wird im Uedrigen an den bestehenden Einrichtungen uud Zuständigkeits- Verhältnissen etwas nicht geändert. Sodann haben wir mit Genehmigung des Königlichen Ministeriums deS Innern und im Ein vernehmen mit der hiesigen Handelskammer und Gewcrbekammer beschlossen, in der Zeit vom ersten Montage im März bis zum Sonnabend der daraus folgenden Woche fortan alljährlich eine soa. Bor messe, d. h. eine Ausstellung von Musterkollektionen und Musteriägern in größerem Umfange für die am Schluffe aufgeführteu Waarengattungen stattfindeu zu lassen, durch welche den Interessenten die Anschaffung ihres Bedarfs durch Ankauf nach Probe oder Muster ermöglicht werden soll. Meßconten für diese Bormeffe werden nicht er öffnet. Ebenso wenig wird die Aufstellung von Puden und Ständen auf öffentlichen Siraßen und Platzen aestattet. Zur Bormeffe zngelaffen werden nur: Porzellan-, Majolika-, Steingut-, Krystall Glas-, Bronze-, Eisen- und Ainkgußwaaren Aluminium-, Alfenide-, Nickel- und sonstige Metallwaaren aller Art, Beleuchtungsartikel, Ledrrwaaren, Photographie-Albums, Holzwaaren, Papierartikel, Bijouterieartikel, Japan- und Ehinowaareu, künstliche Blumen, Puppen uud Spielwaaren alter Gattungen, Eisenwaaren Hans- nnd Küchengeräthr, Drahtwaareu, Musik instrumente, optische Waaren, Seifen uud Par fümerien, Stöcke, Peitschen, Luxusartikel, Snrz und Galanteriewaaren aller Art. Leipzig, am 2. Juni 18S4. ^r559 Der Rath der Stadt Leipzig. 7?s Dr. Georzi. Lampe Die Beerdigung unseres verstorbenen Collcgcn, des ordentlichen Professors der Philo- ophischen Facultät Herrn Geheimen Rath vr. Wilhelm Roscher, Comthnr pp. indet Mittwoch, den 6. Juni Nachmittags, die unmittelbar vorauSgehcnde Trauerfeierlichkcit in der Paulinerkirchc 3 Ubr statt. Für diejenigen Herren Collcgcn, welche sich am Conduct bctheiligen wollen, stehen Wagen im Paulinerhofe bereit. Leipzig, am 4. Juni 1894. Der Rector der Universität. I>r. 3. >Vi8lioeii ns. Bekanntmachung. Tie diesjährige Leipziger Michaelismesse irziaut für Grost- wie Kleinhandel am LS. August dieses Jahres nd dauert bis einschließlich IS. September dS. Js Leipzig, am 2. Juni 1894. Der Rath der Stadt Leipzig. 778 Dr. Georgi. Lampe Lekannlmachung. Nachdem di« öffentlich au-geicheiebenen Arbeite» der Fußweg- »»laiig ,»d Fadrdadnpffasteriiag ia der Abtttelm-Ttritze tti Ä»>iqÄokli- vergeben worden find, werde» die »nderuckiimligi -Anden«» Bewerber hierdurch a»« idrea de». Angeboten »nttaffen -nvzig. a» 1. Jaai 1804 . t4«0 Der Makaber Lorffenmarkl. Der 2 diesjährige Markt für Vorftrn findet in der Zeit von Stoiitag, dr» 2». bis r«nnabe»d. »rn 30. Juni statt. Leipzig, am 28. Mai 1804. Der Ratb drr Stadt Leipzig. I>r. Georgi. Marche. Bekanntmachung. Wegen vorzunebmenden Unidour- der Hauptschleuße wird die Lindrnftrastr zu L.-Eutritzkch und zwar zuerst aus der Strecke von der Deliyicher bis zur Blücher- slraße, später, mit dem Forllchreiten der Arbeit, von der Blücher- bi- zur Mariensiraße, dom 7. dirfrS Monats ab. während der Dauer dieser Arbeit, für allen Fahrvrrkrhr grs-rrrt. Leipzig, am 2. Juni 1804 Der Rath drr Stadt Leipzig. IX. 5868. vr. Seorgi. Stahl. Erledigt hat sich unsere Bekanntmachung vom 20. vorigen Monat-, den Händler Heinrich Albert Hrbrstrrit betreffend. Leipzig, deu 1. Juni 1894. Drr Rath drr Stadt Leipzig. Armrn-Ai»t, Adth. IV». IO L. IV». 929 6 94. Hentschel. Hr. Diebstahls - Lekanntmachnng. Gestohlen wnrden laut hier erstatteter Anzeige: 1) rin Sparcaffenbuch der hiesige» Coarcasse, — Nr. — auf »ine Einlage von 70 >1 lautend, de-gl. eia Arbritsrock von dunklem Stoff, die Aermel mit braunem Pelz gefüttert, am 2. d. Mi«.; 2) ein« dunkelbraune Haarnhrkette mit goldenem Beschläge und rinem Anhängsel, aus rrsterem sind die Buchstaben v." und „L. 8t." eingravirt, vom 22. bi- 25. Mai ». e.; 3) ein schmaler goldener Ring mit großem krallenartig einge- faßten Diamant, in der zweiten Hälfte vor. Nit«.; 4) ein goldener Rtug mit länglichem - jour gefaßten Brillant, am 27. v. Mt- ; 5) »ine silberne Chlinderuhr mit Goldrand, Fabrikiiummer 26750, auf der Rückseite ist »in springende« Pferd eingravirt, am 31. Mai ». c.; 6) ein hellbrauner, etwa» geivrießelter Sommerüberzielirr mit braunem Futter, dergl. Knöpfen, Kcttchenhenkel und verdeckter Batterie, einreihig, mit der Firma August Hortmonn, Mühlhausen versehen, am 3. d. M.; 7) ein Sonimrrübrrzirhrr von grauem wolligen Stoff mit grauem glatten Futter, Hornknöpsen und Ctosskragen, an welchem sich die Firma ,.ä. Wolik L 6n.. Oora" befindet, ein Jacketn»;»g von grauem, großcarrirtem Stoff mit Stein»ußknöpsen, sowie eine blaue Vdrviotbose, vom 2. zum 3. d. M.; , 8) ei» Tonimrrübrrztrher von glattem, dnnfelblauem Stoff, mit blaugefircistem Fntier und schwarzen Hornknövsen, i», Heiikel steht vrrmuthlich die Firma „iilove, kieu-Initr", am 2!» v. M; 9> «in Sommrrübrrzikhrr von dunkelgrauem Slosf, einrelkich mit verdeckter Batterie, Hornknöpfen und gelbbraunem Futler, «in grauer Hcrren-2o»«c»fchir« von Gloriastoff, mit gelbem Stock, am 29. Mai ». e.; 10) ein brauner Hrrrrnbisaiuprlz mit dergl. Kragen und Aus- schlügen und dunkelblauem Tuchllberzug, ein Wintriübrrzirder von grauschwarzem glatten Stoff, mit schwarzem Sammetlragen, braunearrirtem Futter und zwei Reihen Hornknvvsen, sowie ein Wiiiterübrrzirhrr von dunkelblauem rauben Stoff, einreihig, mit verdeckter Batterie und mit Sammelkragrn, vom 21. bi- 20 v. M ; 11) ein schwarze«, kurz,« Fraur»-2toff>ag«rt mit schwarz- seidenem Futter und bekakelten Knöpfen, am 1. d M.; 12) ein schwarzer, halbseidener Damrn-Rcgr»sch>rm mit rundem beweglichen Horngriff und gelben Kuppen an den Enden der Stabe, vom 27. zum 28. v M: 13) »In brauner Rrtsekaffer, enthaltend »inen Anzug. Patriot, Stirfrln. Wäfchrstöckr, div. Wrrk-,r»ar rc., von, I Niai ». c. ab 14) rin Deckprtt, «in Uutrrhett und Kopftisir», sämmttich mit roth- und weißgestreiitem Intet, „X. L." oder „4. 8." gezeichnet vom Oktober vor. Jahres ab; 15) ein großer zweirädriger HandwagtN, mit bölzernein Bügel and zwei riiernen Stützen, aui der Unken Seite de» Wage»« de> findet sich die Firma Volctem»?', am 7. Mai ». e. Etwaig« Wahrnehmungen über den verblieb der gestohlenen Gegenstände oder üdrr drn Tdätrr sind ungesäumt bei unserer Lriminal-Abtheilung zur Anzeige zu bringen. Leipzig, den 4. Juni 1804. Da» Polizetamt Per Stadt Leipzig. Bretschneider. G Die städtische Sparkasse drletht Werthpapirrr »mer günstigen Bedingungen. Leipzig, den 10. Januar 1804. Die Sparraffcii-Trputatton. ^.erxtlielier ke^irk^verein I^eip V1«ant»ir, ck«» L. ^»»1 I8K4. 4be»iln S Ohr Im 8»a>« ckar er»ton vttraornebale. VMU^MeuretieiiieUr I. An«rtig>> ckcs 8t»,i<l',«u«<:>>u!i.'i«» rur 8«riwo» <1 , kiegul»tie», «tie »rrtlüksn Xrei»Varrin« bete., eom 20. »ta, 1872. 11 I^mtkuag <Ier D»»»»or>Inung cke» Xerntel»«^' r.v kl'ianark 111. IVniil eine» l>vlegirteo ruia tirri»veraiii»itu«ckui». «areie cker Xdgeoriloetev rum Xerrtetaga. vr Wilhelm Noscher P. Mit Blitzesschnelle ging gestern Morgen in den aka demischen Kreisen die Trauerbotichast von Mund zu Mund: No scher ist todt! Not, zweifelte man »nd iwsstc^daß viel leicht die Nachricht aus Irrlbum brrudc, das Schlimmste noch nicht cingetrctcn sei. AIS aber sein jüngerer ILoUcge Bücher bei Beginn seiner Vorlesung unvorbereitet »nd noch ganz unter dem erschütternde» Eindruck lebend, den die Lrauerkunde in ibi» wie in jedem Andern bervorgerufe» batir, darum aber gerade mit uni so wärmeren und aus tiefstem Herzensgründe unmittelbar kervorquellenteii Worten dem greisen Gelebrten den ersten Nachruf widmete, da konnte man nicht mebr hoffen und zweifeln. Noch vor wenigen Wochen war cS dem Verewigten beschicken, inmitten seiner Familie, in rubiger Freude sein goldene« Ebejubiläum zu feiern. Kein außcrbalb der Familie Stebendcr ersubr eher etwa« von dem schönen Feste, al« bis r» vorüber war und die Kinder, Enkel und Verwandten wieder nach allen Seiten hin abaereist waren. Nun kommen sie wieder und scben den Geliebten znin letzten Male in die fromm verklärten Züge! E- ist, als ob die Vorsebuiig selbst eS so gefügt bätte. Noch einmal sich freuen zu dürfen im Kreise der Seinen und an der Seite der geliebten (Gattin, mit der er ein balbcS Jabrbundert in wabrbast idealem Bunde, der nie durch einen Mißton getrübt war, durch das Leben dahin wandelte, und dann Abschied zu nehmen von Allen, ohne zu wissen, daß eS ein Abschied für immer, — wenigstens in diesem Leben — ist, da» war diesem Manne beschiedcn, und so musiic eS kommen, damit diese» durch und durch harmo nische Gelehrteuleden i» rnbiger Harmonie schloß. Es kan» hier nicht die Ausgabe sein, in dem engen Nahmen eines Nekrologe» die wissenschaftliche Bedeutung Noscher'« zu behandeln und so ihm ein kleines NeiS der Liebe und Anerkennung auf den Sarg zu legen. Dazu werde» sich berufenere unk eschickrere Federn finden. Roscher war der N csto r unter den kationalökonomcn; er galt schon bei Lebzeiten als erster Elassiker dieser Wissenschaft, und was bis jetzt in unzählige» Büchern und Zeitschriften über ihn geschrieben worden ist, das ist zugleich die beste und erkebendsteWürdigung, die iiberbaupt einem deutschen Gelebrten zu Tbeil worden kann. Im Jabre >838 trat Roscher al» Doctor in die Reiben der deutschen Ge- lebrten. Welch' ungeheure Entwickelung bat un» Deutschen seitdem sür unser Staatslebe» »nd unsere Volkswirt!,- schaft, sowie für die Wissenschaft von beiden die Zeit gebracht! Höchstens in dcn Tagen Lutber'S oder etwa in denen der sächsischen und stausischen Kaiser war es ein solcher Stolz, ein Deutscher zu sein; noch nie batte die deutsche Wissenschaft sich ein solche» Ansebcn errungen wie in unseren Tagen. Und unter den DiSciplinen, die gerate in Deutschland einen besonderen Aufschwung nabmc». diirsc» die vom Staate und von der VolkSwirthschaft ehrenvoll mit genannt werden. AIS Roscher begann, waren Goethe, Hegel »nd Nir- bubr eben gestorben. Ranke und Cavigny, die deutsche Philologie und die deutschen Nalurwifscnschasten hatten damals ibren Siegeslauf begonnen. Die deutsche Nationalökonomie ver suchte mit Friedrich List dieFtsseli, der englische» Tbcoric abzu- streisen. Heute siebe» unsere Techniker und Nalurforscher, unsere Historiker und Philologe», unsere Natioiialökouomc» uud Social» Politiker säst ebenso au rer Spitze der wissenschaftlichen Bewegung der Welt, wie unscreStaatSmänner bi« noch vor wenigen Jabre» als die Ersten anerkannt waren und unsere Generale »och heute anerkannt sind. Das Geschlecht ve» Männern, welches u»S auf diese Höhe geführt bat, wird sür immer als eines der geisteS- und willenSstärlsten gepriesen werde», das die deutsche Erde geboren. Noch getragen von dem schwungvollen Idealismus aus der Zeit »»icrer großen Philosophen und Dichter, ging eS rüstig ans allen Bahne» des Leben- und der Wissenschaft zu männlichem realistischen Tbun über, mit entschlossenem Geiste die Früchte pflückend, die energischem Handeln sich erschließe». ,Für die Nationalökonomie, welche im Mittelpunkt der Staats- und Socialwisscnschaflttt siebt, schließt sich der ent sprechende Fortschritt hauptsächlich au Nosch er'S Namen au.' Mit diesen Sätzen wußte Sch in oller, einer der be deutendsten Nachsolger und Bewunderer Roscher«, im Jabre 1888 zu kessen öOjäbrigem Doctorjubiläui» die Bedeutung dcS verehrten Meisters i» beredter Weise in da« rechte Licht zu setzen und ihn einzureihen unter die deutsche» GoisteSberoen. Aus dem Boden der deutschen Philologie unk der deutschen GeschichlSwissenschasl mußte die eigentlich wissenschasilicl'e, die gelehrte Richtung erwachsen, welche in die Atem des schwind süchtigen Körper« der Nationalökonomie wieder dauernd Blut und Leben brachte. Wilhelm Roscher bat a>« Pbilologe und Historiker begonnen, er bat ein einfaches, schlichte« und stille», stet« nur seiner Wissenschaft und seiner Lcdrtbätigkcil gewid metes Leben drr einen Ausgabe gewidmet, die abstrakte Nationalökonomie ans den kistorilchen Boten zu versetzen, die kameralistischen Tbeorien Nau'S, die nalurrechilichen der Engländer, in historische zu verwandeln. Und dieses Ziel hat er erreicht. E« bandelte sich darum, auf ein Gebiet menschlichen Wissen«, das bieder der Tummelplatz der scholastischen Emtälle und drr politischen Partriströmungen, die Bübne für Dilettanten und Journalisten war, die bewährten Methoden strenger, gelebrter Facharbcit zu übertragen. Dieses Werk bat Roscher in Angriff genommen; er wie« die Wege, denen Unzählige gefolgt sind zum Segen der Wissenschaft. So wirkte er klärend und belehrend im Streite der Parteien, er, der selbst nie Partei ergriff so daß man ibm oft vorwarf, er gebe in seiner L'bjectivitat zu weit. Seine Abneigung, aus die brennende» TagcSfragcn cinzugchcn und >m Lärm der Tagc-polilik sein Wort vcruehmeii zu lassen, machte seine einfachen, klaren und ibren ticsinncrcn Ge balt lediglich von der Lcbrmeisterin Geschichte ent lehnten AuSsübruiiaen um so wirkungsvoller. In klarer Erkenntnis! seiner Bestimmung nnd Eigenart hat er cö auch stet- abgciclmt, sich in den deutschen Reichstag wählen zu lassen, »nd selbst an wissenschaftlichen Eongrcsscn, wie z. B. den Versamnuuiigcn de» von ihm mitbcarüudelen Vereins für Socialpolitik, hat er sich in dcn letzten Jahrzehnten nur noch selten betdeilial. Ucber eine der brennendsten Tagesfragen, die Frage »Kornbaiidel und Tbcucruiigspolilik", hat er bereits im Jahre >846 ein damals mancher Regierung zur Richt schnur ihrer Agrarpolitik gewordenes Buch, über ein nicht minder actuelleS Thema: »Eolonie», Eolonial- politik »nd Auswanderung", hat er gleichfalls im Jahre 1846 — damals freilich obnc für diese Frage in weiteren Kreisen Deutschlands Interesse und Verständnis; zu finden — geschrieben. An de»! Streit unserer Tage über beide Themata bat er sich dagegen ebensowenig be- tbciligl wie an der Tagespolitik überhaupt. Deshalb darf man aber nicht glauben, daß er obne Einfluß geblieben sei a»f den Verlaus unserer wiribschastlichen »nd socialen Entwickelung. Wohl die größere Hälfte der jetzt lebenden juristischen und staaiSwissenschastlichcn Generation bat zu seine» Füßen gesessen und nicht nur aus der unendliche» Fülle seine« Wissens, sondern auch von der Mctbodc de« McisterS,- seiner Art, Mensche» und Dinge zu beurtbcilcn, ein mcbr ober minder großesTheil davongerraacn. Wenn die alten Parteitogmcu allmählich falle», die ehemals allmächtige Pbrasc immer mehr an Terrain verliert, Sinn und Verständnis; für da» geschichtlich Gewordene zusehends wächst, und eine beranwachscnde Generation mebr und mebr sich ruhiger sachlicher Tiscussion »»neigt: dann ist e» nicht i» letzter Linie der Altmeister der historischen ökonomischen Schule, dem wir diesen Wandet der Dinge verdanken. Roscher besaß eine erstaunliche Fülle historischen Wissens, »nd diese reiche Tetailkenntniß der EntwickcsungSgeschichle der Staaten und Völker aller Zeiten gewährte ibm die Fähigkeit, fast für jedes Einzelfaclum deS politische» Lebens sofort die äknlichcn Vorgänge in anderen Zeilen und anderen Ländern sich zu vergegenwärtigen und au» drr Gegenüberstellung der übereinstimmendon und abweichenden Züge mit überraschender Sicherheit das Gesetz zu bestimmen, »ach welchem sich in allen diese» Fälle» Ursache und Wirkung zu dem gegebenen historische» Ereignisse vcrkiiiipst haben. Dieser Fähigkeit verdankte Roscher seine Erfolge, verdankte die bistorifchc Methode die ihren. Roscher bat nicht in dem früher üblichen Sinne dieses Wortes eine Schule gegründet; alle lebenden Natioiialöloiioinc» sind aber mehr oder weniger seine Schüler, weit Niemand sich der Nvtbwknriakcit entziehen kan», die von Roscher ciiigcsül'rtc historische Methode anzuwcnde». An dem Verständnis; für die Geschichte prüfe» wir beule den Werth oder Unwertb auch jeder nationalökoncmischcii Arbeit: eine Abstractioil vom gcschickitlich Gewordenen erscheint uuS yeulc als ein Unding. Sv sieben alle Naticiialökoiivmcn mehr oder weniger aus den Schultern Roschers. Und trotzdem wußte er die abweichende» Richtungen nicht nur anzuerkenncn, sondern auch voll zu würdi-ic». Aus dem Samenkorn, welches er gelegt »nd fleißig begossen batte, wuchs ein Baum hervor, breitästig uud mit manch herrlicher Frucht belade». Da trat der Gärtner bescheiden bei Seite, sei» Werk war gelhau. Obwohl er bis fast zu seinem Tode uneimütlich und in ungebrochener geistiger Frische als Schriftsteller und akademischer Lehrer wirltc, er- solgle» doch schon bei soweit Lebzeiten »nd unter seiner tbätigen Mitwirkung Verusungcn neuer Lebrlräsie seines Fache«, die »atnrgcmäß sich zum Tbeil an seine Stelle feztten. Er war cS znsriedc», ja er wünschte eS so, bescheiden »nd genügsam, wie er war in allen Dinge». Roscher« Werk ist vollbracht. ES war ibm vergönnt, sein« Arbeiten zu beschließen, »ach dem letzten Strich die Feder bei Seile zu legen und zur Rübe zu geben. Ter letzte Tbeil seine« Hauptwerks, welcher das Armciiwesen behandelt, liegt druckscrtig vor. „Och bedarf nur noch weniger Stunden", sprach er kurz vor seinem Tode. Wie er gelebt batte, so ist er gestorben. Sein Innerstes war erfüllt von dem reinsten Idealismus, von dem Glauben an die große» sittlichen Macht« der Geschichte. Er besaß, wie Schiller sich ausdrückl, ,da« reine Gcmülb, drin sich die Welt, die ewige, spiegelt". Or. Rocke. DeritscheS Reich. Berlin, 4. Juni. Berlin siebt unter dem crschi'tttcrndcn Eindruck des klttsetzftche» Endes der Familie Socger. Der Großstadt, welche iLchissbrüchige aus allen Tbeilen de« Reiches ausuimml, sind Vcrtiveisluugsibateii nichts tlugewomttes, aber daß ein lang angesessener, geachteter und der Achtung würdiger Bürger, um dem pfändende» GerichtSbeamteu ;u entfliehen, unter der grausigen Beihilfe der Gattin unk Mutter znm Mörder an sich und seinen Kinder» wird, zählt nicht zu den oft erlebten Schrecken ihre- heck-gesteigerten Lebens. Es ist nicht bekannt und wird vielleicht nicht scslgcstcUt werden können, in welchem Maße kraulbaitc Stimmungen an dem furchtbaren Einschlüsse dcS Ehepaares »nd seines ältesten Sobnc« Antbeil batten, sonnenklar ist ja, daß der verbrecherische Ebarakler ihrer Handlungen gar nicht in Betracht gezogen, die Notblage der Unglücklichen in feinem Verbälln ß zu der gewählten Rettung durch Seibslvcrnichluilg stand. Ader die öffentliche Beurtbeilung gebt davon auS. daß Furcht vor dem Verlust der geschäftlichen Ehre eine stärkere Triebseder der Tkat gewesen, als der Drang, der Noth z» entfliehen. Der Mann, der selbst nicht bezahlt wurde, hat redlich getrachtet, dir eigenen Verpflichtungen zn erfüllen; er legt sich und seiner Familie die größten Entbebrungen auf, er verschmäbt, wa« seine Schuldner jedenfalls oft getha»,
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