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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.06.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-06-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940605027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894060502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894060502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-06
- Tag1894-06-05
- Monat1894-06
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«isr wecer schon fertig censtrtuirt oder koch im Entstehen bearissen. (Line vor» diesen zädlt laute» demokratische Opportunisten zu Mitgliedern und will «>ue Art Erneuerung de» von Gambrtta inS Leben gerufenen Bereu,« der Republikaner sein, während eine andere Gruppe den Ramen der „unabhängigen Republikaner* annehmen wird. Was diese Fractione» und Gruppen eigentlich wollen,darüber herrscht auch bei ihm selbst nock nichtvöllig« Klar heit, da« aber ist sicher, daß dieZersahrenheit der P-rteiverhältnissr in der Teputirtenkammer die Mehrheit der Regierung jeden Augenblick i» Frage stellen kann. So wird da« Cabinet Dupuy e« schwerlich zu großengesetzgeberischen Thalen dringeu. Abgesehen vielleicht von der Fertigstellung des Budgets wird eS schon deshalb kaum zu ernsthaster, fördersamer Arbeit kommen, weil da« allgemeine Interesse sich jetzt schon mehr und mehr auf die im Spätherbst statlfindenke Neuwahl de« Präsidenten der Republik ccncentrirt, welche von den Parteien als willkommener Anlaß zur Erprobung ihrer Kraft betrachtet wird. Die einzigen Parteien, welche sich an dem politische» Ränkesxiel der PräsidenlschastSwahl nicht acliv betheiligen, sind die Sociald ein vkratcn aller Schalti- rungen und die mit ihnen vereint schlagenden, wenn auch getrennt marschirenben Anarchisten. Diese lassen die „Bourgeois* ruhig gewähren, freuen sich sogar, wenn letztere für nichts anderes Sinn als für die Neubesetzung des PräsidentenpostenS bekunden, weil ihnen selbst dadurch etwas mehr Freiheit zur Verfolgung ihrer eigenen Pläne erwächst. Gestern Hatto die Italienisch» Deputirtenkammer einen entscheidung-vollen Tag. Bekanntlich hatte Crispi am Sonnabend unvermuthet den Antrag gestellt, wonach die weitere Berathung der Finanzresorm bis zum 30. Juni vertagt und in der Zwischenzeit von de» Bureau« der Kammer eine Commission von achtzehn Mitgliedern mit dem Aufträge ernannt werden sollte, die für die Reform der Berwaltung zum Zwecke der Bereinfachung derselbe» und der Einführung von Ersparnissen erforderliche Bor lage auSzuarbeiten. Ein weiterer in derselben Sitzung von CriSpi gestellter Antrag ging dahin, die Berathung über die einzelnen Tagesordnungen auSzusryen, bis über seinen ersten Borschlag entschiede» sei. Diesen zweiten Antrag nahm die Kammer mit der nicht sehr erheblichen Mehrheit von 35 Stimmen an und beschloß über Len ersteren Antrag, be treffend die Ersparnisse in der Berwaltung, am Montag zu verhandeln. Das Resultat der gestrigen sehr er regten und heftige» Debatte war dies, daß 225 Ab geordnete für, 2lt gegen die Ernennung einer „Ersparniß- cvmuiissioir * stimmten Demnach siebt die Regierung ihre Mehrheit, die am Sonnabend wenigsten« noch 35 Stim men betrug, aus II Stimmen vermindert, ein überraschendes Resultat, da» die CriSpi feindliche» Parteien bereits mit der Möglichkeit einer Demission des Cabinet«. aber auch mit der Wahrscheinlichkeit rechnen läßt, daß der König CriSpi von Neuem mit der Bildung des Mini steriums beauflrage» werde. Die winzige Mehrheit, über welche die Regierung gestern verfügte, erklärt sich daraus, daß die Opposition in dem Zwischenantrage Cliöpi's, die Berathung der Finanzresormen um fast einen Monat zu verschieben, das Eingeständniß erblickte, die Regie rung habe in den nächsten Tagen eine ungünstige Entscheidung der Kammer über ras Sonnio'lche Finanzprogramm vorauS- gesebe» und habe deshalb Zeit gewinnen wollen. In der Thal Icheint Crispi die Gefahr haben vermeiden wollen, daß e«, wie es de» Anschein halte, der Opposition gelang, durch die Ablehnung des liebergange« zur Spccialdiscussion der Regierung eine Niederlage zu bereiten. Eine vsficiöse Note versichert zwar, der CriSpi'sche Zwischcnantrag habe lediglich bezweckt, von der Kammer eine Reorganisation der Berwaltung und de« Finanzwesen« zu erlangen, welche durch eine Bereinfachung der öffentlichen Bureaux dem Slaairbudget bedeutende Ersparnisse sichere. Nun hat aber CriSpi für diese Reorganisation bereit- in eine», besonderen Gcsetzenlwurfe Bollmachlen verlangt, und dieser Entwurf, von einer Neunercommission berathen, freilich auch gänzlich zerpflückt, war zur parlamentarischen Verhandlung »cif. Der neue Vorschlag CriSpi'S will also in» West,, nicht« Andere«, als wa« jene Gesetz vorlage will; wenn er dennoch gemacht wurde, so kann e« nur in der oben angegebenen Absicht geschehen sein, die Entscheidung zu verzögern und ans eine für die Regierung günstigere Zeit zu verlegen. Jedenfalls ist der kühne taktische Zug dem überlegenen Parlamentarier, wenn auch nur mit tuapper Noib geglückt: die tl Stimmen Majorität werben Crispi, in dessen*Wörterbuch da« Wort „Furcht" nicht steht, schwerlich veranlassen, seine Demission zu geben, für da» endliche Schicksal der Finanzresorm aber präjudicirt di« gestrige Abstimmung nicht«. Deutsches Reich. * Leipzig, 5. Juni. Durch die Presse ging kürzlich die Nachricht, daß gegen den Prediger Keller (unter dem Schrist- slelleruainen Ernst Schill bekannt) in Düsseldorf Klage er- boben worden sei, weil er den reichen Besitzern und Arbeit gebern in ernster, aber durchaus würdiger Weise ihre Sünden ebenso vorhielt, wie den Arbeiten». Besondere» Anstoß habe der Satz erregt: „Alle Todten, auch dir sogen, großen Todten der Weltgeschichte, alle Todten, groß und klein, der Kaiser, der über Millionen Menschen geherrscht, der Eommrrzien- rath, der über Millionen Mark geherrscht, und so herad bi« zum letzten landfremde» Bettler, der i« ungehobelten Sarge vecerdlgt wird, alle müssen vor Gotte« Richtrrstuhl er scheinen". Wegen diese« Satze« sei eine Anklage schrift au da« Presbyterium gerichtet worden, in der Keller der Förderung de« socialdemokratischen Classenhasse» beschuldigt wurde; alle Comm ercienräthe Düsseldorfs, alle Mil- lionaire und sonstigen Repräsentanten von Bildung und Besitz hätte» ihre Namen darunter gesetzt. Da« PreSbyterium, im Sinne der Kläger zusammengesetzt, Hab, Widerruf gefordert, den Keller natürlich verweigerte. Go habe man beschlossen, im Consisto riuw gegen ihn vor- uigebc». — Mi« Bezug aus diese Mittbeilungea giebt da« Lüsseltorser Presbyterium folgend« Erklärung ab: ,1) Pre»bytrrium hat keinen Widerruf von Pastor Keller verlangt. 2) Presbyterium beauftragte vielmehr seinen Präses, die von Pastor Keller am 13. December 1893 zu Protokoll gegebene Erklärung den Beschwerde führern mitzutheilen. 3) Eine Anklage gegen Pastor Keller ist weder vor noch nach jener Mitiheilung von irgend einer Seite bei dem königlichen Consistorinm er hoben worden. 4) Die ganze Angelegenheit ist im Lause des Tecember« l893 gütlich beigetegt worden und mußte demnach von dem Presbyterium al« völlig erledigt an- gesebcu werden. Unt«'. Hinweis auf da» Borsteheude muß da« PreSbhterium dir Anklage, wie sie in den Sätzen enthalten ist: „E« kam eine Anklageschrift an das Presbyterium zu Stande, in welcher Pastor Keller der Förderung de« socialdemokratische» Classenbassc« be schuldigt wurde, alle Commerzienräthe Düsseldorfs, alle Millionäre und sonstige Repräienlanten von Bildung und i Besitz setzten ihren Namen darunter. DaS Presbyterium im Sinne der Kläger znsainluengesctzr, svrderle Widerruf, den Pastor Keller natürlich verweigerte" als eine schwere Beleidigung anss Entschiedenste znrückmeiseil. Was endlich kie Verkündigung des göttliche» Worte- u»d leine Anwen dung auf die sociale Frage angebt, so freut sich Pres byterium, bezeuge» zu können, daß die Pastoren der Ge meinde, ihrer Verpflichtung und Berusnng gemäß, stets ein klare», entschiedenes Zengniß nach allen Seiten abgelegt und die Sünden bei Reich und Arm, Hoch und Niedrig ohne Ansehen der Person gestraft bade». Düsseldorf, den 3l. Mai 1891. DaS Presbyterium der evangelischen Gemeinde." ES bat also weder da« Consistoriuvr einen Widerruf von Pastor Keller aesordert, noch ist versucht worden, da« Con- sistorium zum Einschreiten gegen ihn zu bewegen. DaS ist ersreulich. Als eine unbegreifliche Verirrung aber muß man e« bezeichnen, daß wegen der Predigt des Pastor- Keller, die doch nach Fori» und Inhalt keineswegs etwas Neues enthielt, überhaupt Beschwerde erhoben wurde. Wie dergleichen Vorkommen kann, verstehe» wir nicht. ts verkitt, 4. Juni. Der erste Abschnitt der Be reisung der Elbe durch den Ausschuß für Untersuchung der von Hochwassergefahren am meisten deiuigeslichten Strom gebiete ist am Freitag den l. Juni in Magdeburg znin Ab schluß gebracht. Dir Besichtigung der Elbe von Magde burg abwärts ist für Ende August in Aussicht ge nommen. Nachdem am zweiten Tage die RegulirungS- werke und da- Hocbwassergebiet der Strecke von Torga» bis zur anhaltischen Grenze in Augenschein genommen waren, wurde am letzten Tage die Strecke von der an baltischen Grenze bi« Magdeburg und ihre Rcgulirung, sowie die MünduugSslrecke der Saale besichtigt, bei deren Regulirung der geringen Breite de« Flusse- wegen die Anwendung von Butmen zurücktritt, dagegen umfassende Anwendung von Deckwerken gemacht ist. Abgrseben von einigen wichtigen SchifssabrtSanlagen, wie der neuerding« unter EtaatSbeihilse erweiterte Hasen in Aken, wurde namentlich da« Prettiner Wehr und die Verengung de« Hoch- wasserprvfil« bei Schönebeck zum Gegenstände eingehender Besichtigung gemacht. DaS erstgedachte Bauwerk sperrt einen Nebenarm gegen eine Hochwafserabflnßrinne ab, wird aber bei einem bestimmten Hochwasserstande geöffnet, so daß da« Hochwasser sich durch jene Absinth ergießen kann und so die oberhalb gelegenen Deichverbände vor Hochwassergefahren bewahrt werden. Durch dir Ab führung de« Hochwasser« durch jene neue Absinth wird zugleich da- unterhalb belegen« rechKseitig« Ufergelände vor den früher regelmäßig eintretenden Ueberschwemmungen gesichert. Auch hier wurde von den Wünschen Betdeiligter auf Aenderungen in dem Betrieb« de« Wehre« Kenntniß genommen. Bei Schönebeck bandelt e» sich darum, die Verlehr«bedürfnisse einer hochentwickelten Industrie stadt mit den Rücksichten aus den Hochwasserabfluß in Einklang zu bringen, ein« Aufgabe, welche noch dadurch erheblich erschwert wird, daß die Eindeichung der am entgegengesetzten Ufer belegenen Gelände für diesen Zweck sehr ungünstig tracirt ist. Auch hier wurde von dem >Lach- stande Einsicht genommen und e« wurden die zur Beseitigung de« Mißstande« gemachte» Vorschläge unter Anhörung der BetheiliFten erörtert. An der Bereisung haben auch der Oberprastdent der Provinz Sachsen, Herr v. Pommer-Esche, sowie Vertreter der anhaltischen Regierung theilgroommen. — Au« zuverlässiger Quell» erfährt die „Köln. Ztg", daß der Kaiser wegen feststehender Reisepläne die Einladung der Universität Halle zu ihrem 200jährigen Jubelfeste, welche« in der ersten Woche de« Monat- August begangen werden soll, mit Bedauern abgelehnt hat; er wird sich bei der Feier wahrscheinlich vertreten lassen. — In den ersten fünf Monaten diese- Jahre- hat sich durch die zahlreichen Verabschiedungen der Bestand an pensionirtrn Generalen der preußischenArniee erheblich erhöht. E- sind nämlich zur Disposition gestellt: ein General der Infanterie, 17 General-Lieutenants und 20 General-Major«, zusammen 38 Generale. Dem gegenüber sind von pensionirten Generalen in dem genannten Zeitraum, soweit bekannt geworden, gestorben: 2 Generale der Cavallerie, 9 General-Lieutenants und 5 General-Major-, zusammen 10 Generale. E- ergiel-t sich hieran«, daß die Zabl der pensionirten Generale sich um nickt weniger al»2t erhöht bat. — DaS Reichs - VersicherungSamt bat die Uvsall- verhütungSvorschrifen der Papiermacher'Beruss- genossenschaft genehmigt. Es giebt jetzt untee den ge werblichen BerusSgenossenschaften nur noch sehr wenige, welche solche Vorschriften nicht besitzen. — Zur erneuten Verhandlung der vom Reichsgericht an da- Landgericht Berlin II verwiesenen Klage de« Reichs- kanzler» Grafen Caprivi gegen den Herausgeber der „Zukunft*, Marimilian Harden, wegen Beleidigung (durch die Artikel „Da« Caprivi-Denkmal* und „Die Bilanz de« neuen Curse«*) ist, der „Allg. Ztg." zufolge, auf Montag, den 2. Juli, Termin anberaumt worden -- Die Direktoren der vereinigten Brauereien be schlösse», unter keinen Umständen nachzugeben und den Streikenden ein Ultimatum bi« znm 15. d«. zn stelle», dahin lautend, daß, wenn bi« zu diesem Tage der Boyco» nicht ausgelioben werde, weitere 25 Proc. der Arbeiter entlasse» werben sollen. — Nach der „Wes.-Ztg * bestätigt eS sich, daß Staat-- secretair von Marschall wegen de- Artikels in der ..West deutschen Allg. Zeitung* Strafantrag gestellt bat. Ein Kölner StaalSanwalt war Sonnabend bieserhalb in Berlin. — Die „N. Pr. Ztg" schreibt: „lieber de» Nachfolger de» Lberpräsidenten vr. v. Eeydewltz in Brest»» sind scko» wiederholt von den Blätlern Mitldeiluiigen gemacht »»d »leist nicht widerrufen worden. Alle solche Eombina- tlonen sind müßig, da dem Vernehmen nach innerhalb der Staats, regierung noch keine Beiathunge» übe: die W>kderdei»v»ng statt- gesunde» habe», weil der ;epig« Inhaber erst Anfang Lctober au» seiner Stellung scheidet" — Minister vr. Bosse ist au« Marlenburg wieder eingetrosfen. — Dir Vorstände der A n wa ltSkam mern in Königs berg, Marienwciker und BreSlau haben sich gegen die Beschränkung der freien Atvocatur an-gesprochen. >V. Posrn, b. Juni. (Privattelegramm.) Fürst Bismarck hat in seinem Antwortschreiben auf die an ihn gerichtete Anfrage den Enipsang der Posener Deputation baukeod abgelehnt. Der Fürst schreibt u. A.: „Ich theil« die Empfindungen, die ich bei Ihnen und Ihre» Freunde» vorauSsetze, würde aber, wenn ich die Posener Deputation in der kurzen Zeit, die mir bis zu meiner Abreise nach Barzin noch bleibt, empfinge, nach früheren Sorrespondrnzen nicht umhin können, den analogen Wünichen zu entsprechen, die mir von andere» Dheilen de« Reich- der an-gejprochen sind, wie au« Westprenßen, au- der Nachbarstudt Lübeck, au- Anhalt, Lstfrie-land, Westfalen, Thüringen und Andereu. Diesen angemetdete» Wünschen würde ich mich nicht verjagen können, wenn ich «ine andere größere Deputation empfingr, und die landsmannlchastliche Höflichkeit würde mir nicht erlauben, den Zustand meiner Gesundheit einigen Besuchern gegenüber al« Htuderniß anzugeben, während ich andere empfange. Ich muß alle Angemeideten sehen oder mich de» Empfange» überhaupt ent halte», so lange für mich da» von ärztlicher Seite geltend gemachte Be- dürsniß der Schonung vorliegt, weil der von meinen letzten Krank heiten herrllhreude Schwächeznstaud noch nicht gehoben ist Ich bitte Sie, den mitbetheiligteu Herren, welche mir die Ehre ihres Besuchet zugcdacht habe», mein« Dankbarkeit und meine Hoffnung auszujprechen, daß ich demnächst mit Gotte« Hilfe wieder kräftig genug sein werde, um mir die Begegnung mit gleichgesinnte» Lands- lenken nach Wunsch zu gestatten." (Dheilweise wiederholt.) * Nit» Thüringen, 4. Juni. Durch die Presse ging vor Kurzem eine (vom „L. T.* nicht erwähnte) Nachricht, daß der nationalliberale Verein in Schleiz sich durch eine Resolution zum antisemitischen Standpnncte bekannt habe. Diese Nachricht ist falsch. E« giebt in Schlei; einen „Reich»ver«in*, der alle Conservativen und gemäßigt liberalen Männer in sich aufnabni und zum Kampfe gegen die Social demokralen ein geeigneter Samnielpunct war. Dieser Reichs- Verein hat eine Resolution der «rwädnten Art beschlossen. Darausbin ist Professor vr. Werk«, der bi- dahin den Verein immer auch da noch schauen, wo sie den Männern längst in ihrem verwirrenden Treiben entschwunden scheinen? Ja» und kann darum, vielleicht gerade nur so die forschende Frau statt der gläubigen allein ihre Auf gabe al« Hüterin de« Schönen und Guten erfüllen — da man heute einzig die bewiesene Wahrheit gelten läßt, die Menge aber sich mehr »nd mehr daran ge wöhnt bat, einzig den Schmutz, da« Häßliche und die Gemein dest al- bewiesen auzusehcn Und Weiler, warum wollen Sie einer Frau, die sich ein böherc« Ziel als da« gcwöbnlicht gesetzt hat — hier spricht die Schülerin von Fräulein Annette — wehren, zu schaffen, wie eS ihren Anlagen ent sprich», je nachdem auch für Andere zu gestalten, wa» sie im Innersten bewegt ? Weil, da» will ick nicht leugnen, ihr aus dem Wege dahin Manche» begegnen wird, wa« sie abstoßen, was ihr schwer, ja unmöglich scheinen kann. Muß man davon aber auch wieder gerade nur einen verderblichen Einfluß für uns fürchten?" '.Ich den!« ander« AnSschauen nach einem hohen Ziel erbebt den Blick, Streben nach einem hohen Ziel läutert da« Her» von persönlich kleinliche» Schwächen und Interessen; d,e Uederwintnng der Schwierigkeit aber in dem Dienst einer sittlichen Idee stärkt die Kraft in der selbstlosen Hingabe einer reinen Treue!* Warm kling« re« Mädchen« Ion; eben ist Hilde ganz sie selbst mit ihrer Begeisterung für alle- Schöne, Große und Herrliche ans Erden A»ck Donack süblt sich warm berührt. Er meint, er müsse zurück renke», weil, wie in eine unbestimmte Ferne, da sie i«»i Schweigen »»«erbricht: „Und ich deulc, dir reine Irene gehört auch z» den Gütern, welche gerade die Herren der Scköpfnng an den Frauen lieben, von ibnen allein nur noch zu sordki» sich gewöhnt haben. Oder glauben Sir vielleicht, Herr v. Donack. um die Sackt auch einmal von der prak tischen Sctte z» dettachlen, daß di« Arbeit um den Erwerb, die ja medr oder weniger immer noch vv» der Gesellschaft mit scheelem Auge aiigeiehen wirk, turckau« mißlich aus unser Ge schleckt einw rken muß? Gewiß, sie bring« Vielt« mit sich, wa- »iiseiem Gefühl widerstrebl Ader e« ist ein« nialeriell« und sittliche Noltwendigkeit beule, daß die Frau zu dem Erwerb und der Arbeit greisl: und diese» Meliv entscheidet Möglich, daß ein x-i rr lieb«: »würdige Schwächen, einige pikante kleine Re,zc darüber verloren gehen Dafür aber wird mit dem sittlichen Strete» auch da- sittliche Element gestärkt >n de» Frauen: wird e» ihnen mit dem Bewußtsein als ein nütz liches Mitglied der Gesellschaft wirken, eine gesicherte Existenz finden zu können durch sich selbst, auch wieder viel leichter werden, zu hüten und zu wahre», wa« den Kern ihre« WesenS bildet, und ihr köstlicklieS Glück und Gut: nur dem Manne zu gehören, dem auch ihr Herz gehört * Es scheint, eben ist etwa« DwstiatorischtS über Hilde ge kommen — betroffen hält die Schülerin von Tante Annette ein —, schnell saßt sie sich: „Während doch nur zu viele von jenen Damen, die sich so standesbewußt und so stolz, so ehrbar und so jungfräulich demllthig hinter dem Alt- bergebrachlen, der Convention und dem sogenannten natür liche» Berufe verstecken, einzig die elende Obamacht ihre« Geschlechtes süblen; seine Schwächen cultivirend, nach und nach Alle« eindüßen, wa- ihnen di» Natur an Köstlichem ge geben bar, in dem Kamps um da« Leben, welcher für sie in erster Linie heute der Kamps um eine Partie bedeutet. Wieder erschrocken hält Hilde «in; sie hat im Allgemeinen einen Beweis führen. Niemand im Besonderen anklagen wollen. — Unwillkürlich aber war ihr Tilli'S Bild vor di» Seele getreten. — Schnell darum brich« sie ab. „Ja, wer weiß*, meint sie dann, mehr wie für sich selbst — „ob o«cht, wie die Bräucke und di« Sitten wechseln, damit sich da« Sittlich« bleibend erfülle — auch hier der gewohnte Schlendrian, da« alltäglich Hergebrachte fallen muß. die modernen Bestre bungen «inen bedeutsamen Factor abgeden für die Weitrr- eniwickeluna der Frau: damit, wie die Verhältnisse nun einmal liegen, sie sich und ibrer Ausgabe treu bleiben kann und doch fähig werde für di» Forderungen einer fortschreitenden Eultur. Ward doch oft ein edler Stein nur durch seine Fassung vor dem Verlorengehen behütet. Und wieder entschied di«>« einzig, ob man ihn al« «inen Schmuck oder einen Nippe«, «in Spiil- odrr Werkzeug zu verwende« für thunlich fand. Aber vielleicht verstehen Sie mich gar nicht * E« hatte allerdings eine Weil« gebauert, »h« fich b«r Baron zu einer Antwort entschlossen. Er halt« di« Frauen längst nicht mehr ernsthaft genommen, und nun zwang ihn diese« jung« Geschöpf an «einer Seit« in rin» ernste Be trachtung, noch dazu über ihr Geschlecht hinein. E« ließ sich nicht leugnen, manche« der Wort» hatte ihn al« richtig srappirt, manch rin andere« wieder gleichwie mit einem Schlaglicht di« Erfahrungen seine« Leben« beleuchtet. — Aus der anderen Seil« aber war er doch wieder viel «ehr al« Hilde »u der praktischen Welt zn Hause. So giebt er endlich zurück: „Aufrichtig grst«>d«>^ ich Hab« mich nie mit den modernen Bestrebungen der Frauen be schäftigt. Sie liegen* — im Augenblicke schämte er sich zu sagen: außerhalb meine» Interesses und sagte dafür — „auf einem anderen Gebiete al« dem, aus welchem e« für mich arbeilen heißt. Ich denke, da« Ziel jener Bewegung ist noch ein Problem, da« wie die sociale Frage mit all' seinen Consequenzeu viel leichter in der Theorie zu lösen al» i» die Praxi» zu übersetzen ist. Mir scheint, Sic haben mit diesen Anschauungen ein gefährliche« Gebiet betreten, inne>balb dessen das Berechtigte und Richtige, da« Sittliche und Erle — um eine» Messer« Schärfe schwankend — sich in sein Äegenlheil verkehrt. Im Ganzen, Pardon, stehe ich der Sache etwa« skeplischcr gegenüber." DaS alte ironische Lächeln spielte »m seinen Mund. E« ist gut, daß Hilde e« nicht sieht; sie ist dabei, einen der braun kno«pcnden Zweige, den ihr Arm bei einer schnellen Wendung elwa« unsanft gestreift, wieder io sichern Gewahrsam u bringen. So bleibt die Stunde ungestört, und er fährt ort: „Indessen keine Regel ohne Au-nahme: da« Motiv unt di« Persönlichkeit allein können hier entscheiden. Darum ver spreche ick Ihnen, Fräulein Hilde, daß, wa- Sie auch tbun werden, ich immer an da« Recht der Ausnahme bei Ihne» glauben, niemal« an der Reinheit Ihrer Absichten zweifeln will. Sie möchte ich dafür bitten, den sogenannten natür lichen Beruf nicht mit dem alltäglich hergebrachten Schlendnan zu verwechseln oder gar über i'enem hohen Ziel zu vergessen. Denn, Fräulein Hilde, e« wäre schade um Eie.* Sckon will sie da« Köpfchen zurückwersen, die Lippen zu einer Entgegnung offnen. „Damit wären wir zu Hau«*, unterbricht er sie. Und da kann sie doch nicht ander«, al« ihm danken für Alle«, Alle«. Sie reicht ihm die Hand. E« ist zum ersten Mal, daß er diese kleine Hand in der seinen hält, e« ist auch zum ersten Mal, daß ihm da« Märchen wieder vertrauensvoll nabe getreten, daß er mit ihr allein ist, wie «inst bei ihrer ersten Begegnung im Wald. Unwill kürlich wie niemals wird e« ihm warm im Herzen und >m Kopf. Doch vielleicht bat er jetzt besser dir harmlose Natür lichkeit und unbefangen» Sicherheit, di« leuchtend» Sprache der dunkeln Augen würdige» gelernt. Tirf beugt er sein Haupt auf di» klein« Hand, und al« wolle er damit Abbitte thun sür Alle«, womit er dos Mädchen «inst gekränkt, läßt er st« lo«. ohne daß seine Lippen auch nur die Spitzen ihrer Finger berühren »Darf ich Ei« wied«rsetz«», Fräulein Hilde?" fragt er bittend. leitete, vom Vorsitz zurückgetreten. Die nation-illiberale Parteileitung in Berlin und die sür Thüringen haben keinerlei Beziehungen zu dem Verein in Schleiz gehabt. Uebrigeus bat auch der Schleizer NeichSverein erleben müssen, daß m - Resolutionen im antisemitischen Geiste die Concurrenz de antisemitischen Partei nicht fcrnzuhalten ist. Inzwischen h,- sich nämlich ein selbstständiger antisemitischer Verem in Schle gebildet. * Meiningen, 4. Juni. Der Landtag ist z„ außer gewöhnlicher Tagung zum l4 Juni einberufen worden. * Sigmar«»»«», 4 Juni. Prinz Karl v on Hohe nzoUeri, und Gemahlin sind heute hier eingetrosfen. * Miiiichc», 4. Juni. Die Landtagssession wurde heute geschlossen. In der Kammer der ReichSräthe erklärt« der Kriegsiuiuister, bei den Militärgerichten müsse ähnlich wie bei den Cwilgerichten die Oeffentlichkeil aus geschlossen werden können, wenn höhere« militairisches Interesse und die Disciplin eS erfordern. Er werde in der nächsten Session einen hierauf bezüglichen Gesetzentwurf einbringen, wenn nicht inzwischen durch da» Reich di« er forderliche Regelung erfolgt lei. — Der Finanzminister erklärte, er werde, obwohl di« Kammer der ReichSräthe die Steuer reformfrage nicht mehr habe erledigen können, doch vom Prinzregenten die Ermächtigung einholen, Studien über die allgemeine progressive Einkommensteuer, sowie über die Reformirnng der Einkommen-, Capitalrenten- und Ge werbesteuer anznstellen und gegebenen Falle« einen Gesetz entwurf auszuarbeilen. Oesterreich. Ungar». * Nraz, 4. Juni. (Voss. Ztg.) Gestern fand eine Ver sammlung deutscher Vertrauensmänner statt, die gegen die fortschreitende Slowenisirung Untersteiermarks Stellung nahm. LandiagSabgeordneter Wokann aus Cilli schilderte die Gefahren sür die Deutsche», falls die Errichtung slowenischer Parallelclassen am deutsche» Gymnasium erfolgt. Die Angriffe de- Redners auf die vereinigte Linke fanden stürmischen Beifall. — NeichSrarhSabgeordneter vr. Foregger be wies, daß die lltraquisiruna de« Gymnasium« keinem cnlturellen Bedürfnisse entspreche; e« sei eine bloßc Machtsrage. Falls die Utraquisiruna durchgeführt würbe, wäre die Opposition aller Deutschen eine unabwei« bare Nothwendigkeit. Der frühere Adg. vr. v. Derschatu besprach die nationalen Gefahren der Coalition überhaux: und beantragte RameuS de« Vertrauensmännereollegiunc- eine Entschließung, worin gegen die drohende Slowe- nisirnng die Ankündigung der entschiedensten Opposition und die Bckäinpsniig der Coalition angedrobt wirb Abg. Graf Stuergkh trat für die vereinigte Linke ein. woraus man ihm erwiderte, die Linke könnte die Slowenisirung durch «in Ultimatum verhindern, wenn sie nur wollte. Tu Entschließung wurde einst,,umig angenommen. (Wiederh.) * Triest, 4. Juni. Der Seebezirkscoinmandant, Conlrc admiral Conte Cassini, veranstaltete heute zu Ebren tu« hier aiiwesencen britischen Geschwader- ein glänzcnbe« Gartenfest. * Lemberg, 4. Juni. Erzherzog Carl Ludwig ist heute Nachmittag nach 3 Uhr zu der morgen statlsindendrn Eröffnung der galizischen Landesausstellung hier eingetrosfen. * Post, 4. Juni. (Vossische Zeitung.) Der König ist heute hier angckommc». lieber Dasjenige, was geschickt, herrscht keine Klarheit, gewiß ist blv« so viel, Laß du Mission Khuen'« kläglich gescheitert ist, weil Niemand in sein Cabinet einlreten will, das mit Uebergehung der pari-- mentarischen Kreise in« Leben gerufen würde. Heute Morgen wird der König politische Persönlichkeiten vorwiegend der liberalen Partei »«hören, die scimmtlich zur Zurückberusunz Wekerlc'S rathen. Sollte der König ries bestimmt ab tebnen, so ist keineswegs ansgeschlosse», daß auS der liberalen Partei, auch »nt Zustimmung Wekcrte'S, ein anderes Cabinet gebildet werde, aber aus dem hergebrachten verfassungs mäßigen Wege. Die liberale Partei hofft jedoch, Wekerle, vielleicht ohne Sjilügyi und Csaky, zu erhalten. Möglich ist, baß die Krone, verstimmt durch die Haltung der Liberalen, sich an dir Opposition wendet. Da« wäre ein gefähr liche« Waging; es müßte zur Auslösung des Unter hauses führen. Heule wirb Wekerle dem Oberhausc »nd Unterhause Mitthcilung über die Krise machen und die Ver tagung der Berathungeu verlange». (Wiederholt.) Pest, 4. Juni. Die Liberalen halte» gestern beabsichtigt, heule morgen bei der Ankunft des Kaiser« zahlreich auf dem Bahnhof zu erscheinen und dem Monarchen eine demonstrative Huldigung darzubringen. Sie unterließcn die« jedoch, nachdem ihnen mitgelheilt worden mn, daß der Herrscher jeden Empfang abgelehnt habe. Da gegen erschienen heute trotz der frühen Morgenstunde der der Ankunft de« Kaiser« auf dem Bahnhof der Graf Julius Szapary und viele klerikale Magnaten mit Baron Beta Aczcl an der Spitze, um gegen die Liberalen zu dcmonstrireu. Der Kaiser ignorirte die se lsben aber vollständig, und während er mit den Bahn- ' beamten leutselig sprach, wurden die klerikalen Magnaten „Ja." Wie ein Hauch mir klingt es zurück. In leisem Jubel Kat Hilde ihr Stübchen betreten. Was er ihr gethan, was sie ui» ihn gelitten, i» beleidigtem Stolz, in quälendem Zweifel: Alles ist vergessen über de», eine», wie er so stolz und frei, so edel und ritterlich gehandelt, daß er doch Werth ist, »in Man» zu sein! Auch das ist etwa«, wa« wieder gegen Tante Annettens Behauptungen stößt. Dennoch, die Augen leuchtend, a!S sähen sie in eine weite Ferne voll Licht und Glanz, daran sie imiucr größer, immer glän zender zu werten scheinen; die Lippen von einem weiche» Lächeln umspielt, sitzt Hilde lange noch sinnend da, wäbrend Tilli in dem Zimmer unter ihr in stiller Freute die Hände leise aneinander reibt. Sie hat da- Mädchen kommen kören. Die Mine ist gesprungen, der Eclat geschehen; Hilde in der Gesellschaft unmöglich geworden und damit auch sür den Baron I Kaum eine Woche später, und der Präsident Reltberg ist soweit herzesiellt. daß dem Familienabeud durchaus nichts länger «ntgegenstthl. Alle Zimmer sind geöffnet, die Lampen und Lichter brennen an den Krone», den Wänden, den Grrandolen, auf den kleinen Tischen. Ein« behagliche Wärme entströmt den metallenen Gittern der Kamiue nnd zieht, turchdaucht von dem Dusle der frischen Blumen, welche überall die Räume schmücken, durch dieselbe» hin. Pboio- araphie-Album-, illnstrrrte Prachtwerke, gvldgebundcne Bucker liegen auf; der Flügel i» rem Musiksaat steht geöffnet. Es hat sich so ziemlich eingesunken, wa- nur je eine Einladung von der Frau vom Hause für diesen Abend empfangen bat. Die Saison nabt ihrem Ende; man sieht sich gern ncch einmal. Auch Hilbert von Donack befindet sich unter den An wesenden. Er hat seine Abschiedsbesuch« z»m größten Tbeil schon gemacht; seine Zeit i» Grünbergen ist um, er mußte doch noch einen Abend bei Rettberg« sein! Tilli ist in doch- grätiger Erregung; alle Pern de« Hangen« und Bangen« bestürmt ihr« Seele: sie darf sich diese Partie gar nicht ent geht» lassen. So etwa« bietet sich nicht zum zweiten Mal. Sie bat eine Toilette gemacht, die ihr entzückend steht, und setzt ihre lieben«wi>rrigstk Miene auf. Der Baron sinket selbst, daß er dir junge Dame »och nie so aut aussehend gesirnde» bat. Hilde ist nicht anwesend- Man bedeutet ihm, daß da» Mädchen im Hau« unmöglich geworden sei uud gegangeu rst. (Fortsetzung folgt.)
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