Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 09.06.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-06-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940609027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894060902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894060902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-06
- Tag1894-06-09
- Monat1894-06
- Jahr1894
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
426S «lau, —, ei» liberale» Eadmet Bansfyan Wahrscheinlichkeit. Daß Gzilagui selbst an sein Portefeuille sich nicht klammert, haben wir schon Hervorgeboben, dir Entscheidung und die Berantwortung steht also einzig bei Wekerle. Da» osficiö» dementirte Wort de» schwetzischen Krön- Prinzen von einer m i l ita i r i s ch e n Promenade Schweden» nach Norwegen läßt den norwegischen Radi- calrn keine Ruhr, und sie sind jetzt mehr denn je der Ueber- zeugung, daß Schweden sowohl im Jahre >884, al» 1803 alle Vorbereitungen getroffen habe, die norwegische Armee webr- lo» zu machen. Eine SlortbingSconimisiion hat die Sache untersucht und am vorigen Montag ihren Bericht erstattet. In diesem Berichte wurde sestgestellt, daß im Jahre >884 verschiedene hohe Beamte der Armee und der Flotte 30 »00 Gewehre unbrauchbar machten, gleichzeitig in Christiania die Kanonen in Ordnung brachten und in Horten 1883 die Kr-egüschiffe klar machten, alle» dies möglichst im Geheimen. Damalige Beamte. Admiral Koren, General Wcrgeland, die StaalSräthe Muntbe und Iohanseu» sowie der Waffensabrikdirector Prag erklärten, au» eigener Initiative, ohne Befehl der höheren Behörden gehandelt zu haben. Die» fand die Commission mit Recht unerklärlich, und die abgegebenen Erklärungen, Ursprung und Zweck dieser Veranstaltungen betreffend, erschienen ibr un genügend. Vorgestern gelangte im Storthina der ConimissionS- bericht zur Beralhung, und wie au» Christiania gemeldet wurde, beantragte der Präsident Ullmanu eine Adresse an de» König, in welcher auf die Vorgänge vom Jahre >884 hingewiesea und behauptet wird, daß gleichzeitig mit der Er nennung der gegenwärtigen Negierung die geheime Aus rüstung der Kriegsschiffe vorgeuommen worden sei. Tie Adresse legt Verwahrung gegen ein solches Verfahren ein und betont, da» norwegische Volk wolle in seinem Ver- theidigunaSwerk eine Wehr für die Freiheit und Selbst ständigkeit de» Vaterlandes haben. Der vorstehende Atreß- entwarf und der Antrag Hauglang, daß der Bericht der StorthinaScommission zur Untersuchung der außergewöhn lichen militairischco Veranstaltungen in den Jahren >884 und >893 der Regierung mit der Forderung, die Sache dem Reich-advocaten vorzulegen, rugestellt werden solle, werden in der nächsten SiSung zur Beralhung gelangen. Man kann einer heftigen Debatte entgegensehen, die jedenfalls Aufklärung darüber bringen wird, ob die schwedische Regierung thalsäch lich geheime Vorsichtsmaßregeln gegen die norwegischen LoS- reißungSpläne getroffen hat. In Korea ist. Wie gemeldet wurde, in zwei Provinzen ein Aufstand ausgebrochen, der sich sowohl gegen die Regierung wie gegen die Ausländer kehrt. Nun hatte die koreanische Regierung erst kürzlich dir Reiche des auf ibr Anstiften in Sbangha» ermordeten ehemaligen Ministerpräsidenten und Führers des 1882er Aufstandes, Kim-o-Kim, nach Söul bringen, in acht Theile zerstückeln lassen und in jede Provinz eine» Tbeil des Leichnam» gesendet zur Warnung vor Verschwörungen. Wie die neuen Nachrichten zeigen, bat das barbarische Bestpiel nicht abschreckend gewirkt. Die Aufständischen erlangte» bedeutende Erfolge und bedrohen die Hauptstadt Söul. Die Regie rung scheint ihre Hoffnung aus das Eingreifen der Au» länder zu setzen, denn sie meldete die bedrohlichen Nach richten selbst nach Washington; und wie von dort be richtet wird, ist das Kriegsschiff der Vereinigten Staaten „Baltimore" am 3. Juni von Nagasaki nach Chemulpo in Korea abgcgangen. Der Befehlshaber des Schiffe- ist angewiesen, außer den Bürgern der Vereinigten Staaten auch die Angehörigen anderer Nationen zu be schützen, falls kein anderes fremdes Kriegsschiff an Ort und Stelle sein sollte. Am zahlreichsten sind in Söul die Japaner, die in Korea den Europäern gleichgestellt sind. Japan sucht schon längst Einfluß in Korea zu gewinnen, und japanische Kriegsschiffe dürften bereit» in den dortigen Gewässern zum Schutze ihrer Staatsangehörigen eingctroffen sein. Deutsches Reich. * Leipzig, 9. Juni. In seinem Büchlein »Der Zug vom Lande und die sociale Revolution" (Leipzig, Reinhold Werther) entwickelt Heinrich Sohnrey in ernsten, mahnenden Worten die Schäden, mit denen da» Ubermäßige Hinströmen der Bevölkerung zu den großen Städten die Gesundheit unseres VolkSthumS bedroht. Er besorgt von diesv gewaltigen Massenbewegung eine Gefähr dung de« nationalen Kräste-RescrvoirS, des großen Jung brunnen», als welchen sich die frische unverbrauchte VolkSkrast einer in gesunden wirthschastlichen Verhältnissen lebenden ländlichen Bevölkerung darstellt. Er schildert die ländliche Arbeiternoth de» Osten», die Klagen der vstelbischen Grund besitzer über den Rückgang des Arbeiterstammes, über die Unzuverlässigkeit, Faulheit und Trunksucht derjenigen Arbeiter, die ihnen nicht durch die Sachsengängerei entzogen werden, über den Jammer de« AgentenwesenS u. s. w. Aber er erhebt alsdann die Anklage, daß die vstelbischen Grundbesitzer diese traurigen Verhältnisse selbst verschuldet haben. Er versucht den Nachwri», daß da» Iunkerthum durch da« ganz« Jahrhundert hindurch auf die Gesetzgebung riuru mächtigen Druck auSgcübt hätte, um Maßregeln zu hiatertreibea, durch welche ein seßhafter, heimaihfroher Arbeiterstamm hätte geschaffen werde» könne«. An einzelnen geschichtlichen Bei spielen zeigt er diese Vernachlässigung der ländlichen Arbeiter schaft durch die staatliche Gesetzgebung. Er vergißt auch nicht zu betonen, daß r» eine ernste nationale Tragweite hat, wenn in dir Lücken, welche der Zug nach dem Westen in den untersten Schichten der ländlichen Bevölkerung reißt, die slawischen Massen eindringen. Im Einzelnen benutzt er dabei die Untersuchungen von Frhrn. v. d. Goltz, Georg Hausen, Max Serikig rc. Besondere Capitel sind der Woh nungsfrage und der wirthschastlichen Bedeutung gewidmet, welche diclVernicktung der Allmende durch die bureaukratische Gleichmacherei für den kleinen Mann aus dem Lande hat. Tie Schrift beweist jedenfalls, daß die Großgrundbesitzer de» Ostens unrecht thun, wenn sie für ihre Arbeiternoth aus schließlich die Entwickelung der Industrie und die Freizügigkeit verantwortlich machen; sie haben nicht die socialpolitische Einsicht besessen, die Leute so zu stellen, daß ein starker Heimathsinn sie vor dem Drang in die Ferne bewahrte. (K. Z.) 8s. Berlin, 8. Juni. Die französische Deputirten- kammer hat bekanntlich am TienStag dem radical-socialen Abgeordneten Paschal Grousset einstimmig zu verstehen gegeben, daß sie die dem GeneralGalliset vom „Figaro" in den Mund gelegten Aeußerungen — der militairische Geist sei im republikanischen Frankreich im Rück gang begriffen, Deutschland sei Frankreich an Kriegsbereit schaft und Schlagserliglcit voran« und letztere» thue daher gut, seine Stimme sür die allgemeine Abrüstung in die Waag- schaale zu legen — als nicht authentisch ansieht, oder doch an- aeschen wissen will. Selbst dem radikalsten Element der französischen Kammer gestatte ihr Patriotismus nicht, die Partei Grousset» zu ergreifen, der »deutsche" »Vor wärts" dagegen findet den Math, Grousset in seinem Kampf gegen Gallifet zu ermuntern. »Diesem Verbrecher gegenüber", sagt das deutsche socialdemokratische Organ, „hat die Revanche der Commune begonnen." Schön, welchen Boden aber hat sich die socialistische Rache-Action ausgesucht? In der socialdemvkratischen Sprache würde die Antwort lauten: den Boden de« Militarismus und Chauvi nismus. Tie Auslassungen de» französischen Generals, mag man wie immer über ihre Begründung und militairische Zulässig keit denken, sind >n ihrem resignirten Tone jedenfalls geeignet, die nationalen Rachegelüste der Franzosen zu zügeln und damit der Erhaltung de» Frieden» zu dienen. Und ein Ver treter der internationalen, die stehenden Heere angeblich hassen den und den Krieg verdammenden Socialdemokratie ist e», der den Soldaten ob seiner »uniuilitairischcn" Ansichten grimmig verfolgt — zum Unterschiede von den „MortS- patrioten der Bourgeoisie"; wie der .Vorwärts" sich an-zu- drücken pflegt, wenn der Armee al» einer Nvthwcndiakeil für die nationale Ehre oder Sicherheit gedacht wird. Ist diese Erscheinung merkwürdig, so ist e- noch viel sonderbarer, daß sich die deutsche Socialdemokratie in ihrem osficiellen Organ aus die Seite der>enige» Franzosen stellt, denen da» Rauchfaß vor dem »Moloch Militarismus" nicht heftig genug geschwungen wird. Die Commune ist doch ein internationale» Unternehmen gewesen, wenn ihre Unterdrückung ein Verbrechen war, so müßte e» dem .Vor wärts" durchaus unzulässig erscheinen, eS mit Waffen zu rächen, die au» der Rüstkammer eine» gesteigerten, ja über triebenen NationalbewußtjeinS geholt sind. Statt dessen billigt da» Blatt den Versuch, einen französischen Militair aus seiner Stellung zu drängen, weil er dem Chauvinismus nicht militairisch genug erscheint. Wenn ein deutscher Generat den Besitz von Elsaß-Lothringen al» eine Verlegenheit be zeichnen würde und deshalb öffentliche Angriffe erführe, würde man Herrn Liebknecht Wohl unter den Anzreiseuden erblicken? Q Berlin. 8. Juni. Die schon au» einem Vergleich der Stiinnienzahlen unwiderleglich hervorgebende Thatsache, daß der Sieg der Socialdemokraten in dem Reichs tagswahlkreise Plauen vor allem der Unterstützung durch die Freisinnigen und zwar nicht der bloS passiven, sondern dem sehr thäligen Mitwirken zu danken ist, wird letzt von deren Eisenacher Parteiblatt ausdrücklich be stätigt und damit gerechtfertigt, daß die Socia listen werthvolle und zuverlässige Mitstreiter auf politischem Gebiet seien. Da kann freilich da» Bürgertbui», soweit e» demokratisch gesinnt ist, fernerhin seinen Widerstand gegen die Umsturzpartei ausgeben und lieber gleich ganz zu Bebel'» Fahne hinüberlaufe». Andere Parteien aber werden sich nach solchen Vorkommnissen auch fragen, ob eS noch irgend einen Werth und Zweck hat, einen Unterschied zwischen Volksparteilern und Socialdemokraten zu machen, oder ob eS nichtZeit ist, ferner in allen Wahlkämpfen, wo diese Brüder sich feindlich gcgcnübcrstehen, sie ihren Streit allein auSsechten zu lassen. Von dem dürftigen Häuflein derFreisinnigen VollSpartei im Reichstag sind »ithrerr nur durch Unter stützung seitens der weiter recht» stehenden Parteien durch- ackommcn. Die Freisinnigen brauchen nolhwendig diese Unterstützung, wenn sie nicht noch mehr zusammenschmelzen wollen. Nach ihrer Haltung in Plauen, die freilich nicht» Neue» ist, wird sich immer mehr die Frage aufbrängen, ob man gut thut, solche Unterstützungen auch ferner noch zu ge währen. Diese unbelehrbare Partei muß erst durch noch viel herber« Erfahrungen wieder an ihre politische und bürgerliche Pflicht erinnert werden. * Berlin, 8. Juni, lieber die Verhandlungen de« Colo» nialrath« tragen wir au» der „Nat.-Ztg." noch einige Einzelheiten nach: Urbrr die Fortschritte in der Handhabung der Recht-pslege in den Colonien wurden zufriedenstellende Mittheilungen gemacht. Ueber die Angelegeuheit de« Kanzler» Leist konnten sich die Regierung»vertrrter noch nicht äußern, da die Untersuchung darüber noch im vollen Gange ist. Doch wurde die Zusicherung, welche der StaatSsecretair Freiherr von Marschall im Reichstag gegeben hat, daß gegen alle als schuldig Befundenen unnachsichtlich vorgegangen werde» würde, von den Vertretern der Colonialabtheilung nachdrücklich wiederholt. Ueber den Stand der Verhandlungen wegen de» Abkommen» zwischen England und der Congo- Regierung konnte im gegenwärtigen Stadium keine specielle Mittheilung gemacht werden. Indessen wurde allerseits be- tont, daß wir alle unsere erworbenen Rechte in Afrika fest- haltrn müssen. — In der NachmittagSsitzung berieth man ven von verschiedenen Mitgliedern gestellten Antrag auf Ab änderung der GeschästSordnung. Man gelangte in Uebereinstimmung mit der Ansicht des Vorsitzeudeu zu der Ueber- zeugung, daß e-einer Aenderung der Geschäftsordnung nicht bedürfe, und bezeichnet« «S nur al» wüuschenSwerth, daß eine Unterbrechung in der Ernennung der Mitglieder de« Colonialralhe» uichl einlrele. Der zur Vorberatbung de» Entwurf» einer Grundbuchordnung für Deutsch-Ostafrika ein gesetzte Ausschuß war bereit- Völker zusammengelreteii, hat >eine Arbeiten aber heute noch nicht zu Ende geführt. — An den diesmaligen Berathungen de« ColonialratheS nehmen folgende Mitglieder Theil: StaatSminister v. Hofmann, StaatSsecretair a. D. von Iacobi, Geh. Commerzienraih Lechelhäuser, Frhr. v. d. Heydt, Director LucaS^ Cousul Bvhse», Ehreudomherr vr Hrsper, Rechtsanwalt vi. Scharlach, Director vr. Schröder, Director HcrnShcim, die Herren Wör- inann und Thormählen auS Hamburg, Bergaffessor Eickhorst rc. Vom Auswärtigen Amt nehmen an den Verdanklungen Theil Ministerialtirector vr Kayser, die LegaticuSräthe v. Schwartz- koppen, Hellwig, v. König, v. Sonnenschein, Rose, Geh. Ober- regiernng-rath Krälke. — Der „NcichSanzeiger" veröffentlicht eine Bekanntmachung de» Oberpräsidenlen der Provinz Westpreußen, betreffend die gesundheit-polizeiliche Uederwachung der im Strom gebiet der Weichsel verkehrenden Fahrzeuge. — LandgerichtSdirector Brausewetter stellte gegen den »Vorwärts" Strafantrag wegen Beleidigung. — In vier öffentliche» Frauen-VolkSversammlungen wurde gestern die Frage erörtert: „Wie stellen sich die Frauen zum Bierbvycott?" In den Versammlungen wurde eine Erklärung de» Inhalt« angenommen, daß sich die Frauen mit den Arbeitern solidarisch erklären und ihrerseits dazu beitragen sollen, da» Trinken von boycottirtem Bier, namentlich auch von Flaschenbier, zu verhindern. — Der Geh. LcgationSrath v. Kiderlen-Wächter, dessen Ernennung zum preußischen Gesandten bei den Hanse städten und den beiden Mecklenburg jetzt vom Kaiser voll zogen worden ist, war früher längere Zeit BvlschaftSratb in Paris, später in Kvnstantinoprl und kam im März >888 als Nachfolger des Geh LegationSrath» v Brauer, de» >etzigen badischen Ministers, in- Auswärtige Amt. Er hat sonach über sechs Jahre als Vortragender Rath der politischen Abtheilung des Auswärtigen Amte- angchört. — Ober-RegierungS-Rath Freiherr von Richthofe» in Potsdam ist zum Regierungspräsidenten in Köln ernannt worden. — Der Kaiser hat den Regierimglrath und ständigen Hilf», arbeiter im Retchtamt de» Innern Siegfried von Sydow zu« Geheimen SieaierungSrath und Vortragenden Rath im ReichSamt de» Innern und den königlich preußischen RegierungS-Assessor Theodor Lewald zum kaiserlichen RegierungSrath und ständigen Hilfsarbeiter im ReichSamt de» Innern ernannt. — Durch kaiserliche LabiuetSordre sind an Marine-Mannschaften, welche beim Aus st and« in Kamerun betheiligt waren, weiter« AuSzelchnnugei, verliehen, »nd zwar dem Lber-Steuerniann-Maaten Hering »nd den Matrosen Vogel und Schau das Militair- Ehrenzeichen 2. iHasse; dem Ober-SteuermaniiS-Gasteu Schneider und dem Matrosen Hobbie ist «ine kaiserliche Belobigung erlheilt. — Der königl. sächsische Hosmarschall v. Carlo Witz ist hier ringetroffen. II Hambnrtz, 9. Juni. (Privattelcaramm.) Wie dem »Hamburgischen Correspondenten" au» Kiel gemeldet wird, trifft der Kaiser zur Thcilnahme an den Rennen de» Nacht klub» am 24. Jul, in Kiel rin und tritt von dort seine No rdland» reise an. * Kulm, 7. Juni. Die Domainenverwaltung beabsichtigt, die ca. l5k> Hektar große Do maine »Vorwerk Gogol,n" ,n Revtengüter auszulösen. Bon der Regierung sind des wegen Anfragen an La» Landrath»amt gekommen. * Openetz«. 8. Juni. Der hiesige Magistrat hatte weg«, der Gemrindebesteueruog der Militairwerktzätteii sowohl Petitionen an den Bunde«rath und den Keichtuz al« auch eine Immediateingabe an den Kaiser geritzte, Auf dies« ist jetzt von den Ministern de» Innern und der Finanzen folgender Bescheid ringetroffen: Dem Magistrat eröffnen wir ans di« an de» Kaiser und Kö»l- gerichtet« Petition vom 3V. Juni v. J„ betreffend die Htkaaziehxn, de» NetchSsiöcu» zu den Gemetndelasien, der uu» ertbeiltm tzs. mächtigung gemäß, daß wir in der Angelezenhett mit Lei» Herr Reichskanzler in Verbindung getreten, die dieserhalb eingelemi: Erörterungen jedoch noch nicht zum Abschluß gelaugt sind. * Potsdam, 8. Juni. Prinz und Prinzessin Leopold von Bayern trafen deute Abend 10 Uhr aus der Wildparkslelüm eiu, woselbst sie vom Kaiser empfangen wurden. * Arolsen. 9. Juni. (Telegramm.) Der regierende Fürst zu Waldeck und Pyrmont hat sich mil de. Prinzessin Bathildi« zu Schaumburg verlobt. * Au» dem Saarkotzlengediel, 7. Juni. Seit dem Zu sammenbruch de» bergmännischen RechtSschutzvereinS werten bergmännische Angelegenheiten selten vor der Oesseni- lichkeit verhandelt. Ab und zu bringt der „Bergmann-freund" einen Bericht über eine Versammlung der VertrauenSmäiiun der und jener Inspektion unter dem Vorsitz de» Werk director»; danach haben dir Bergleute zu Beschwerde, keinen Anlaß, e» seien denn die über Einlegunc von Feierschichten, wozu der wechselnde GeschaslSgan^ auf einzelnen Gruben Anlaß giebt und woran die Verwaltung nicht schuld ist. Die Klagen über solche Feierschichten werden hier und da auch in anderen Blatter» laut und weiter ganz vereinzelt Andeutungen, daß eS n»i dem Verdienst der Bergleute da und dort nicht so glänzent bestellt ist, wie sie dilligerweise beanspruchen zu bürst, glauben. Grund zur Klage giebt hauptsächlich da» Gedingt machen, wobei manchmal nicht gerecht verfahren werde. In, Allgemeinen sind jedoch die Lohnverbältuisse aus te„ fiskalischen Gruben nicht schlecht. Von den Führern de, Berzarbeitcrbewegunz im Revier hört man seit Lange», nicht- mehr. Der vor einiger Zeit gemachte Versuch, de» Rechtsschutzverein wieder in- Leben zu rufen, hatte durchaus keinen Erfolg. (F. Z.) * Münchc«, 7. Juni. Eine Versammlung der Brauerei- gehilsen hat einen Ausschuß gewählt, der zunächst dr. Löwer.brauerei, eventuell auch anderen Brauereien sechs Forderungen vorlegen soll. Die Forderungen verlange ^reiheit sür die Arbeiter, sich ihrer Organisation anruschlieM, zehnstündige Arbeitszeit, humane Behandlung, Erlaub»,ß, außerhalb des Betriebe- zu schlafen, monatlichen Minkesi- lohn von l»0 Mark, sowie Beschränkung der SonnIagSarbeil auf zwei Stunden. Oesterretch.Ungar«. * Wien, 8. Juni. Dem »Fremdeublatt" wird von gut unterrichteter Seite versichert, daß die Pester Meldung de, „Neuen Freien Presse", Graf Äalnoky habe sein Verbleiben im Amte davon abhängig gemacht, ob Szilagvi Minister bleibe oder nicht» und eine Depesche io diesem Sinne »ach Pest abgesendet, jeder Begründung entbehrt. * Pest, 8. Juni. Anläßlich de- 27. Jahrestage- der Krönung dr» Kaisers Franz Josef als König von Ungarn sind die öffentlichen und zahlreiche Privatgebäud! beflaggt. In sämmilichen Schulen fanaen Festlichkeiten statt * Pest, 8. I»ni. Der Ministerpräsident vr. Welerle hatte nach der Audienz bei dem Kaiser mit einzelnen hervor- rageoden Mitgliedern der liberalen Partei Besprechungen Die liberale Partei wird morgen Vormittag zu einer Sitzung zusammentreteu. * Pest» S.Iuni. (Telegramm.) ObwohlsowohlWekerle al« Szilagyi ihre Unterstützung einem Cabinet Banssv in rückhaltlosester Weise zur Beringung stellten, haben die Bestrebungen zur Bildung de« Cabinet« Banffy bisher noch keinen Erfolg gehabt, so daß wieder auf Wekerle zurück- argrisfen werden mußte. Wekerle hatte gestern Abenb Audienz beim König, kehrte jedoch unverrichteter Sache zurück Die Entscheidung wurde bis heute verschoben. (Boss. Ztg) * Pest» S. Juni. (Telegramm.) Nachdem mit drn, Scheitern des Cabinet« Banffy so ziemlich die letzte Mög- lichkeit geschwunden ist, das Cabinet ohne die leitenden Männer der letzten Regierung zu bilden, willigte der König neurrting« ein, drn Vorschlag eine« Cabinet- Wekerle-Szilazvi in Erwägung zu ziehen. Diese Nachricht erregte im liberalen Club freudige Stimmung. Der König wird beule Nachmittag dir Entscheidung bekannt geben. (Boss. Zu ) Frankreich. * Pari», 8. Juni. (Senat.) Der Antrag Frbre, wonach die Ieanne d'Arc-Feicr alljährlich im zweilen Drittel de» Monat» Mai al» Nationalfest begangen werte» soll, wurde mit 14k gegen l00 Stimmen angenommen, desgleichen ein Zusatzarlikel, nach welchem ein Denkmal tcr Ieanne d'Arc aus dem Altmarkl von Rouen errichtet werken soll; die Mittel werden durch eine National-Subscriptic» ruj- gebracht werden. Dörfer waren der Ansicht, wenn auch der Doctor Ködding über die Halsabschneider schimpfe, so wäre er doch nicht minder fix bei der Hand al- diese, wenn eS die Nolh de» kleinen Manne» zu benutzen gälte, um immer wieder einen Acker Land mehr für den geringste» Preis zu dem Seinen zu bringen. Die Liberalen waren empört über die antisemitischen Hetzereien eine» gebildet sein wollenden ManneS; doch auch unter den Conservativen erschien die Persönlichkeit des Herrn Doctor Ködding durchaus nicht allen sympathisch; sie huldigten der ganz gesunden Ansicht, daß einer ein königStreurr und regierungstreuer Mann sein kann, ohne auf die Kreuzzeitung und Stöcker zu schwören, auch ohne daß, wie sie da- etwas drastisch auSdrückten, er sich schweifwedelnd nach oben bücken, naw unten aber auSschlagen müsse. Gingen schon so die Ansichten auseinander, so kam noch hinzu, daß die Leute, politisch nngeschult, viel leichter geneiyt waren, sich schließlich durch eine Persönlichkeit als durch ein Priacip bestimmen zu lasse». Die Socialistrn waren rührig wie immer. Die Liberalen und die Conservativen hatten sich wohl über ein Cartel ver ständigt, waren aber noch lange nicht in absoluter Einigkeit über den hier allen zusagenden Candidaten. Viele zogen e» sogar vor, sich lieber ihre» WablrechtS zu enthaltrn, sollte jener absolut Doctor Ködding bleiben, Hatten dann aber zuletzt noch, wieder mit den Liberalen, an den Baron von Donach gedacht. Man sieht, daß eS durchaus nicht leicht war, all die ver schiedenen Elemente aus diesem Fleckchen Erde oder die meisten doch unter einen Hut zu bringen, was für Bent von Windig di« Wahl des Doctor Ködding bebrütete, den sein oberster Chef als den dafür geeignetsten Mann bezeichnet hatte. Länger schon daher hatte sich Bent mit seinem bekannten Geschick allen, die nur irgendwie Einfluß zu üben vermochten, seine Wünscht als die in ihrem Interesse einzig und allein liegenden darzustellen bcmübt Er batte aus di« leutseligste Weise sogar niit den Schullehrern, den Bürgermeistern auch der kleinsten Gemeinden verkehrt, mal mit ihnen trinkend in dem WirlhShause, mal bei einem Gang über Feld. Auch heute bei dem Feste de- Doctor Gustav Ködding batte er sein Geschick dcwäkrt und alles Ernste- da- Leb verdient, welche« ihm all die kleinen Leute einstimmig ertbeilten, in ihrer Weise, nämlich: so däueiislb »nd so gemein zu sci», wie sie noch »>e einen ^err» Landralb gebadt batten. Dg» Fest nutzte seinem Schluß. Tcr Wagen de» Herrn Landratb» fuhr vor. Auch der Bürgermeister Bräutigam und sein Sohn Jost auS Frohnhausen rüsteten sich zum Gehen. Liebenswürdig leutselig lud der Herr Landrath den Herrn Bürgermeister ein, das Stückchen mitzufabren, er hatte ja doch Frohnhausen zu passiren aus seinem Wege nach Bocken- roda. Der Bürgermeister Johanne« Bräutigam, eiu etwa- vier schrötiger, doch ganz behaglicher Mann, nahm nach echt bäuerischem Zieren den Platz gegenüber seinem Landrath ein. Man konnte ,hi» anschcn, daß er sich an Würde und Bewußt sein gehoben fühlte, die beide ohnehin nicht gering waren. Er war der begütertste Mann, wohl auch der klügste >n seinem Ort, und seine Verwandtschaft und sein Einfluß erstreckten sich weit bi« über dir Grenzen in die benachbarten Gemeinden hinein. Bent von Windig wußte immer, wem e- hieß lieben»- würdig sein! Darum blieb er e» auch gegen den Jost, der, e» ihm wenig Dank wissend, seltsam gleichgiltig gegen die Ehre^ mürrisch und wortkarg neben dem Vater saß. E» war überhaupt eine böse Veränderung mit dem jungen Manne vorgegangen. Er war niemals gerade ei» lustiger, einnehmender Bursche gewesen — seitdem aber sein erster und einziger Schatz, die Katharine Elise, in die Stadt ge gangen und in so trauriger Verfassung zurückgekommen war, batte er doch den letzten Rest von guter Laune und Un>- gänglichkeit verloren, wandcrte zum Nichtwiedererkennen trotzig, zornig und verbittert einher. Seinem Alten zu gefallen, batte er heute einzig de» Gang nach KugelSdorf mitgemacht. Ihn selbst könnt' za doch nix mehr freuen — e» wurmte ihn alle» nur — wie ihm da» Schicksal mitgespielt, daß die Katharine Elise statt sein Schatz — er durfte nicht daran denken: die Lau» lief ihm über die Leber, wenn er dachte an da» Mädchen und dro Schurken, der da» Mädchen verdorben hatte. Zornig, verbittert und stumm sitzt er immer noch da, während der Hcrr Landrath und der Herr Bürgermeister, jeder in seiner Weise, bestrebt sind, sich lirben-würdi- zu macken. Die Ernte wird noch einmal durchaenommen; die neue Bahn besprochen, welche mit dem neuen Jahr gebaut werden soll — alle» mit der hierhin gehörenden Gemächlichkeit. Nun kommt die Politik an dir Reihe. Die Wahlen finden in acht Tagen statt; der Ludwig Peilau bat eine antisemitische Ver sammlung sür morgen anzesagt; aber auch Baron von Donach, heißt e«, will in dem liberalen Verein reden. Der Baron wäre vielleicht der geeignetste Man» für eiom Cartelcandidaten der regieriingSfreundlichen Parteien; für den Doctor Ködding aber ist die Excellenz und Bent von Windig. Und Buzt, welcher die Fabel von dem Löwen und der Mau» in eurem feinen Gedächtniß bewahrt hat, weiß, daß jede Stimme zu schätzen ist, daß man nie zu viel thun kann und Vorsicht die Mutter der Weisheit bleibt. Er läßt e- sich angelegen sein, noch einmal seinem Gegenüber die Vorzüge de» Doctor Gustav Ködding auseinander zu setzen, die Eigenschaften dcS BaronS zu färben in einem Ton, wie e» gerade der Moment wünschenSwerlh macht. „Er ist auch so einer von den neuen, einer von denen, die e» mit dem Volk kalten wollen, da» heißt dem Volk, welche» der Militair am liebsten — über die Klinge springen lassen möchte, um alle Schäden zu heilen — welches der reich gewordene Protz« al» crapule, der Industrielle al- dir Racker» bezeichnet." „Alle» da» ist aber bei diesen Herrn doch nur «in Mäntelchen, ein AuShängescknld, um die Leute sür sich zu gewinnen", dringt Bent von Windig auf sein Gegenüber ein. „Ja Wirklichkeit wissen diese Herren gar nicht, wa» dem Volk, dem Laodmann, dem wahrhaften Keru deS Volke», der Stütze unsere» nationalen Leben«, taugt." „Oba", gähnt der Bürgermeister beistimmend. Ein« Meng« von Brod und Wurst ist in seinen Magen gewandert, mit der entsprechenden Menge voa Bier oud Branntwein begossen — auch vcr reichste Bauer hier zu Lande nimmt mit, wa» er um sonst kriegen kann. Er kämpft mit dem Schlaf, der sich ge wöhnlich aus solchen Heimfahrten einzustellen pflegt, den er sich aber dem Herrn Landrath zu Ehren nicht gestatten darf. „Ueberhaupl", fährt nuu dieser sort, „überhaupt diese Erb herren sind immer rer natürliche Feind dr» Bauern gtwesen. Da ist Doctor Ködding eiu ganz anderer Mann. Nun ja, er stammt au» dem Volk; seine Wiege" — Brut wird ordeatlich blumenreich — „seine Wiege hat auch unter einem einfachen Dach, bei kleinen Leuten gestanden. Er hat «in Herz und eia Auge dafür behalten, wa» idom taugt. Der Baron, da» liegt einmal im Blut." .Oval" — Wieder gähnt Johanne» Bräutigam und ist alle» zufrieden. „Da- liegt einmal i« Blut", nimmt Beat wieder auf. .Wie er sich auch gederdrt, er ist wie seinesgleichen, hockmüthig, hart, auf seinen Erfolg bedacht. Sr bat nicht» übrig für drn Bauer, dessen Nachtheil sein Vortbeil war; höchsten», wen» dieser mal 'ne hübsche Tochter hat." .Wa—a»?' Jost Bräutigam wacht plötzlich au» sei««» Brüten auH Man fahrt gerade über einen Graben; über de», Ließ, den der Wagen kriegt, ist Iost'S Frage vcrballt. Aber der Bursch ist ausmerkend geworden. E« geht ihm etwa« turck, den Kopf, mühsam freilich und kraus, denn auch er Hai dem Bier und dem Branntwein zugesprochen. Sein Alter ist mittlerweile zum Einnickea gelvmmen; Jost faßt einen Entschluß: »Meinen Sie, Herr Landrath, der Baron ist auch so einer — einer?" »Wie denn, mein lieber Herr Bräutigam?" kommt Beut geschmeidig dem Stockenden entgegen. »Nun, so einer — einer, wie mit dem die Katharine Elise sich eingelassen hat?" — Der Landralh weiß so viel, er muß auch um die Kaiharine Elise wissen, vie Katharine Elise kenne». denkt der Jost mit der naiven Annahme von seines gleichen. Ist e» doch eine bekannte Thatsache, daß, ze kleiner der Gesichtskreis eine» Menschen ist, um so mehr e« derselbe in der Ordnung findet, daß jeder andere seine Verhällnisic kennt. Diesmal aber bat Jost, trotz seiner Beschränktheit, den Nagel aus den Kopf getroffen. — Bent vcrsärbt sich. »Ho, bü" — ruft nun der Kutscher, und die Pferde nehmen eben de» Landratb» ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Ta« Lusklatschen de» Wasser», da» Rumpeln arn den Steinen — mau ist iu da» Dorf eiogrfahren — stört Jost» einmal begonuenen Grdankengang nicht. Schon einmal bat eS iln gepackt, al» er dir Katharine Elise — wie er sie in seinem Zorne genannt — scbarmiren sah mit dem Baron. w,c der dem alte« Haaptmana dir Kub geschenkt bat. — Ieyt, i» wilden, wirren Sprüngen, von Mißtrauen, Zorn »»d Blaun!- weiu befeuert, jagen die Gedanken durch sein Hirn: »Tcr Baron auch hat die Walther» gebeten, daö Märchen wieder zu sich zu nehmen; er bat ihnen sogar eine Summe Geld dafür geschenkt, die Katharine soll später eintrele» türse» auf dem Erlenhof. Sacrament, wenn ich wüßte — Sacra ment, alle Knochen wollt' ich ihm zerschmeißen im Leibe!" flucht er laut. Beut vou Windig ist klug genug, zu verstehen, wai da iu dem Kopfe de» Jost Bräutigam durcheinander wütbel, namentlich, da er über den Commcntar hierzu re.sägt. Freilich rrgiebt der für dru Wissenden ein ganz andere« Er- grbniß; Bent kommt sich auch »n Moment rechl erbärmlich vor —. doch — »Ho, hü" — der Wageu steht; der Bürgermeister fährt »usa»me« uuh wacht aus. (Fortsetzuug solgt.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder