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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.06.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-06-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189406101
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18940610
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18940610
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-06
- Tag1894-06-10
- Monat1894-06
- Jahr1894
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.06.1894
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W tz« Heulptoxpeditio» oder d«» im Stabs- tz», Vororten errichtete» >»«- «obeslelle» »«-»halt: vierteljährlich^».«», hei pmimaliaer ttglicher gast»Na,, in« h»t >» 5^0. Durch di» Pos« de,»gen für P»»tschl,»d »nd Oesterreich: viertel,ädrlich . Direct» täglich» Dreujbaudieadun, YUt AaSlaad: »onallich 7.50. Die vrorge»r»»gabe erscheint täglich'/,? Uhr, dt» «bend-Lalgube Wochentag« 5 Uhr. »ud Lrveditto»: zOtzannesgassr 8. Wte Lrvedttt», ist Wochentag« onnnterbroche» >», früh 8 bi« »beud« 7 Uhr. Filiale«: Kt« Me»»'« Garti«. (Alfrrd Universitilttstrab« 1« r«qt» Lischp, wtharkuenstr. Ich pari, »nd K§»ig«»latz D» AoezeigenPreiS die 6 gespaltene Petitheil« 86 Pfg. Necla«»» »ater dem Redactienlstrich («a» tpalten» bO>4, vor den Familiennachricht»» (k gespalten) 40-ch. Grlher» Schriften laut unserem Prei«- Verzeichnih. Tabellarischer und Zisserasatz »ach höherem Tarif. Extra-veilagen sgesalzt), »nr mit de, Morge».«u«gabe, ohne Postbesörderung SO.—, mit Postbesörderung 70.—. Anaahmeschluß für ^azri-r«: >b»»d.>u«gabe: vormittag« 10 Uhr. Ek»rg«»»Lu«gabe: Nachmittag« «Uhr. Sonn- and Festtag« früh '/,» Uhr. V»t den Filialen und Annahmestelle» je ein» halbe Stund« früher. U»»r1»e» find stet« an di, Gxpehttt»» .. »» richten. ^ Druck und Verlag von E. Pol» k» Leip»ig. ^292 » Sonntag den 10. Juni 1894. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung, die Leipziger Messen betreffend. Zufolge der von uns im Einvernehmen mit der hiesigen Handelskammer und der Gewerbekammer gestellten Anträge hat das Königliche Ministerium des Innern im Einverständniß mit dem Königlichen Finanzministerium und nach Vernehmung mit der Königlich Preußischen und Herzoglich Braunschwei fischen Regierung wegen anderweiter Fest- etzung der Zeit und Dauer der hiesigen Messen Folgendes bestimmt: I. Die Neujahrsmefse beginnt fortan am 3. Januar und endigt am IS. Januar. II. Die Ostermesse beginnt fortan sür Groh- und Kleinhandel am Sonntage (kuasi- moÄoxenitl und währt unter Beibehaltung der Bezeichnungen „Böttcherwoche", „Meßwoche", „Aahlwoche" bis zum Sonntage (lautste einschließlich. Das Einläuten erfolgt am Sonn tage M5srioorä!L8 Domini, das Ausläuten am Sonntage 4ubilats. M. Die Michaelismesse beginnt fortan sür Groß- und Kleinhandel am letzten Sonn tage im August und währt unter Beibehaltung der Bezeichnungen „Böttcherwoche", „Meßwoche", „Zahlwoche" LL Dage. Das Einläuten erfolgt m zweiten, da- Att-tlluten am dritten in die Messe fallenden Sonntage. Durch diese neuerliche Festsetzung der Zeit und Trier der hiesigen Messen wird im Uebrigen an den bestehenden Einrichtungen und Zuständigkeits- Verhältnissen etwas nicht geändert. Sodann haben wir mit Genehmigung de- Königlichen Ministeriums des Innern und im Ein vernehmen mit der hiesigen Handelskammer und Vetverbekammer beschlossen, in der Zeit vom ersten Montage im März bis zum Sonnabend der daraus solgenden Woche fortan alljährlich eine sog. Bormesse, d. h. eine Ausstellung von Mustercollectionen und Mnsterlägern in größerem Umfange sür die am Schluffe anfgeführten Waarengattungen stattfinden zu laßen, durch welche den Interessenten die Anschaffung ihres Bedarf- durch Ankauf nach Probe oder Muster ermöglicht werden soll. Meßconten für diese Bormesse werden nicht er öffnet. Ebenso wenig wird die Aufstellung von Buden und Ständen auf öffentlichen Straßen und Plätzen gestattet. Zur Bormesse zugelaffen werden nur: Porzellan-, Majolika-, Steingut-, Krystall-, Glas-, Bronze-, Eisen- und Zinkgußwaaren, Aluminium-, Alfenide-, Nickel- und sonstige Metallwaaren aller Art, BeleuchtnngSartikel, Lederwaaren, Photographie-Album-, Holzwaaren, Papierartikel, Bijouterieartikel, Japan- und Ehmawaaren, künstliche Blumen, Puppen und Spielwaaren aller Gattungen, Eisenwaaren, Haus- und Küchengeräthe, Drahtwaaren, Musik instrumente, optische Maaren, Seifen und Par fümerien, Stöcke, Peitschen, Luxusartikel, Kurz- und Galanteriewaaren aller Art. Leipzig, am 2. Juni 1894. l^Löss Der Rath der Stadt Leipzig, ns Dr. Georgi. Lampe. Bekanntmachung. Tie diesjährige Leipziger Michaelismesse beginnt für Groß- wie Kleinhandel am LS. August dieses Jahres and danert bis einschließlich IS. September dS. Js. Leipzig, am 2. Juni 1894. Der Rath der Stadt Leipzig. Dr. Veorgi. Lampe. Lekanntmachung. Um die betheiligten Kreise von den Aenderungen, die in Zukunft sür Zeit und Dauer unserer Messen fetten, möglichst schnell und genau zu unterrichten, laben wir von unseren unter dem 2. dss. Mts. erlassenen Meßbekanntmachungeu Sonderabzüge »erstellen lasten, die an Geschäftsleute und Ber- miether von Meßräumen behufs Versendung unent- feltlich abgegeben werden und von der Handels- ammer hier zu entnehmen sind. Leipzig, am 7. Jnni 1894. Der Rath der Stadt Leipzig. a. 2618. Dr. Georgi^ Lampe. Oeffentliche Sitzung der Stadtverordneten Mittwoch, den 1». Aani I8»4. Abends 6'/. Nhr. im Sitz«»ia»saalr am Rafchmarkle. Tagesordnung: l. Bericht de« Bau-, Oekonoinie- und Finanzausschuss«» über Verkauf dc» der Stadt gehörigen Hausarundsliickr», Brand- katasler Nr. »7, in der Seitengasse zu Leipzig-Lößnig. II. Bericht des Bau- und LekonomieousscbusseS über: a. Ver änderung der Baufluchtlinie der Kochslraße in Leipzig- Connewitz; d. Wegsallslellnng der durch die Buchsiaben ^ und L aus dem Plane D. V. 6629 begrenzten Straßen- strecken in Leipzig-Connewitz. IN. Bericht de» BauauSschusse- über: a. Verwillignng von Unter- haltungskosten für das Grundstück Ncumarkt Nr. II; d. Her stellung einer Anlage zur Abgabe von Wasser ans der städtischen Leitung in den Dorjteick der Gemeinde Probst heida; o. Ermäßigung einer von Herrn Eijengießereibesitzer Mosenthin bei dem Neubau de» Grassi-Museunis verwirkten Conventionaistrase; 6. Vergütung eine- Betrage- an die Verwaltung de» Arystallpolaste- für den entstandenen Mehr aufwand an Wasserzins infolge eine» Leitung»drsecte». IV. Bericht de» Finanzausschuss«» über: den Entwurf einer neuen Peusionrordnuug für die an den Berbandskirche« Alt-Leipzig» aagestellten kirchlichen Unlerbeamten und deren Hlnterlassene; d. Gewährung einer weiteren Be» gülung an die diesige Ortökrankencasse für die Be sorgung der der Stadt abgenommenen Geschälte der Invalidität»- und Alter-versicherung; e. Erlaß eine» von dem Tollegium der evaugelilch-lntherischen Mission für da» Jahr 1893 nachzuzohlenden Steuerbetragt«; «1. Ge» Währung einc» Geschenkes an die Lucaskirche; e. Einstellung der bisher noch Vorbehalte»«» Positionen 3, 4, 5 in Cap. VI eub L de» Budgets der Kirchgenieindecafle der St. Marcut- Parochie aus da- Jahr 1894; k. den HauShaltpian der Nicolaikirche Cap. Xvll Pos. 4 aus da» Jahr 1894. V. Bericht dc« Lekonomieausschussc» über: ». Verkauf der hinter dem Grundstück Nr. 14 an der Hauptstraße in Leiozig-Gohli« gelegenen Wegestrecke; d. die Eingabe der Herren Lhme und Gen. wegen ASphaitirung der Turnerstraße; c. Rückäußcrung de» Rathe» aus den ablehnenden Beschluß des Collegium» zu Conto 9 Pos. 26: „Umbau und Verbreiterung des aus dem Leutzscher Wege über die Fluthrinne führenden Steges" de« Han-daltplanes aus da- Jahr 1894; >1. da» Gutachten über die Frage, ob e» nicht ralhsain sei, von den die städti schen Pflaslerarbeilen aussührenden Unternehmern eine längere Garantiefrist als bisher zu fordern. Lekallnllimchullg. Am 6. diese« Monats Morgen» kurz vor 4 Uhr ist im Nosen- tbal der nachstehend näher beschriebene Leichnam eine» nndetannle» Manne», der sich dort an einem Baume erhängt hat, ousqesunde» und polizeilich ausgehoben worden. Wir ersuchen, etwaige Milthcilungen über die Persönlichkeit de» Brrstorbenen ungesäumt an un» gelangen zu lassen. Leipzig, am 8. Juni 1894. Da« Palizciamt brr Stadt Leipzig. IV. 3454. Brelschneidrr. Tr Personalbeschreibung: Alter: ungefähr 45 Jahre, Größe: 1,68, Statur: kräftig, Haare: graumelirt, Glatze, Augen: gra», Nase: dick, Mund: gewöhnlich, Zähne: gut, Bart: grauer Schnurrbart mit sogenannter Fliege, Gesicht: voll. Besondere 8en»zeichen: an der rechten Backe drei Warzen. Kleidung: Dunkler Sommeriiberzieher, schwarzer Tuchanzug, weißleinenes Hemd, Borhemdchen, schwarzer Schlips, graue wollene Strümps« mit blauen Spitzen, Stiefeletten, Gnrlhosenträger, schwarzer Regen schirm und schwarzer, weicher Filzhut mit dein Firmensteinpel: „Äaiser-Bazar Berlin". Die städtische Splircnlfe helritzt Wcrthpapirre unter günstigen Bedingungen. Leipzig, den 10. Januar 1894. Tie Sparcassrii-Tkpiltatio». Lau-Äreal, in nächster Näht des Bahnhofes und der Harthwaldung schön ge- legen, ha« billig zu verkaufen der Statztrath zu Zwenkau. Line Unterredung mit dem Depntirten Deloncle über die afrikanischen Verträge. Der Vorsitzende der Colonialgruppr der französischen Deputirtenkammer. Deloncle, welcher die Regierung über die letzten Afrikaverträze intrrpellirt bat, uatte niit dem Pariser Korrespondenten der „Frks. Ztg" eine Unterredung, in welcher er seine Ansichten entwickelte, soweit dieselben sich auf die Haltung Deutschland« erstrecken. Wir tbeilen an« dem bemerkenSwertben Interview »ach der „Frkt. Ztg." da» Folgende mit. Deloncle führte au«: „Die afrikanischen Vorgänge, die un« jetzt beschäftigen, gehe» »iSgrsamnit zurück auf die Berliner Eonseren;, welche im Jahre 1884 da« Deutsche Reich im Einvernehmen mit Frankreich berief Dort wurre die Situation re, einzelne» Staaten in Mittclasrika geregelt, und in der Generalactc der Berliner Eonserenz vom 15 November 1884 wurde diese Regelung zu einer internationalen Rechtsnorm erhoben. Alle«, wa» tanial« in Berlin geschah, ist also gleichsam unter der Aegite de« Deutschen Reicht« geschehen. Deutschland kann unmöglich gleichgiltig mit ansrhen, daß jene GebirtSthrilung heute geändert wird, daß einzelne der Parteien, welche der Acte zustininitcn, sür sich allein sich darüber hinwegseyen. So lange Frankreich siegreich war, bat e« niemals geduldet, daß die Acte de« Pariser EongresscS von 1856 angetastcl werte. Bismarck bat stets un beugsam darauf gehalten, daß der Berliner Vertrag vom 13. Juni 1878 aufrecht erkalten werde. So bat Deutschland, wie ich glaube, eine moralische Pflicht, für dir ungeänderte Fortvaurr dessen, was in der deutschen Haupt stadt ein Capitol des Völkerrechts wurde, in vollem Maße einzustehen. In der folgenreichen Frage, die un« jetzt beschäftigt, bandelt es sich ferner um die Wah rung des internationalen Gleichgewichts in Afrika, wie in Europa; eS kann sich ui» die Wahrung des WeltsriedeiiS bandeln. Jetzt ist eine Gelegenheit für Deutschland da, zu zeigen, ob sein Arm stark genug ist, die Aufgaben, die eS sich selbst gestellt hat, zu erfüllen. „Ich versuche, mich aus dc» allgemeinen Slandpunct zu stellen. ES handelt sich nicht darum, daß De»tsck,la»d etwas Frankreich gegenüber zu Liebe oder zn Leide thun soll. Die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich können hier auch unmöglich ein Hinderniß bilden. Deutschland ist hart im Siege gewesen. Aber wa» die Zeit nachher betrifft, so hat eS sich unS gegenüber im Großen und Ganzen besser benommen, als gewisse andere Mächte — als England, daS sich »iisern Freund nannte, als Italien, daS unS Alles verdankt. Gewiß, zwischen Frankreich und Deutschland bleibt noch eine große Frage z» regeln und wir wissen Alle, wie sie sich regeln wirb. Aber bis der Moineiit derRegelung kommt — können die beiden Länder nicht im ruhigen Nebeneinander die Ordnung von A»gelcgc»heiien be treiben, an denen sie beite genieinsam intercssirt sind? Sir, der Sie mir jetzt zuhören, und ick können uns vielleicht ein mal beleidigen und unS mit den Waffen in der Hand gegen- überstehen. Aber bindert u»S der Ausblick ans eine solche Möglichkeit, gute Beziehungen z» unterhalte»? Frankreich »nd Deutschland werden sich wieder aus dem Schlachijelde begegnen. (!) Aber ist die G-gnerschast Deutschlands gegen Frankreich eia genügender Grund, um einem Dritte» Alle« u gewähren, und noch dazu ohne jede eriislliajte Gegen- eistung? Man kann an de» Rhein denken und braucht dabei dock nickt den Nil zu vergessen. „Deutschland selbst hat zuerst die Axt an da» Gebäude der Berliner Eonferrn; gelegt. Um einen Felsen im deutschen Meer, um ein Fleckchen deutscher Erde zu haben, bat Deutschland ge stattet, daß England sich ii» Nilbeckcn sestscye. Von, Standpuiict der deutschen Politik war das ineiner Meinung »ach ein Fehler. Erstens Kälte England ohne Zweifel Helgoland dilliaer bergegebon. Dann aber ist damit zum ersten Male jene Lago in Afrika gestört worden, welche BiSmarck, der seine Weltkarte im Kops batte, mit wohlweiSlicker Erwägung der deutschen Inter essen geschaffen hat. In Mittclasrika gab eS nur zwei Mächte: Deutschland und den Eongostaat. Dcnlschland batte eine starke Position zwischen dom Atlantischen und dem Indische» Ocean. Nach dcm Norde», nach Tripolis und »ach dein Westen, nach Kamerun, balle cs sich Wege offen gelassen. Tie von England so beiß ersehnte Linie zwischen dem Eap und Kairo wurde ron Deutschland abgeschintton. Durch den cnglisch-dcnlschcn Vertrag vom I. Juli 18M« wurde daS Alles geändert. England faßte festen Fuß in Mitlelafrila, eS bekam eine dominireiide Stellung, eS wnrte Herr teS ganzen NilbcckenS. Das bat eine weit über Afrika hiiianSgcbendc Bedeutung. Tie an England gegebene Erlaubniß, sich im Nilbccken zu clablire», war eine Anerkennung der englischen Herrschaft über de» ganzen Nil, über Egypten, war eine Eonsecralion per englischen Vormacht im Mittclmecre. So betai» da» englisch-deutsche Arrangement eine direkte Spitze gegen Frank reich. Hätte Deutschland selbst den Nil genommen, wir in Frankreich bätle» eS vielleicht rubig mit angescben. Es wäre ci» furcktbarcS ..Vao riolls?' gewesen. Doch wir Kälten eS schmerzlich dulden »liissen, wie so inaiicheS Andere. Ader England bat nicht da» Vorrecht de» Siegers als Grund dieser Besitznahme. Und «in» und nimmcriiiehr werden wir zugeben, daß der Nil ein englischer Fluß werde. „Der neue Vertrag, de» England mit dein Eongostaate geschlossen bat, ist nicht weniger folgenschwer. Tie Linie vom Eap nach Kairo ist damit gezogen. Vom Norde» zum Süden, durch die ganze »»gebcurc AnSdcbnuiig der afrikanischen Welt kann sich die britische Macht nun »»gehindert erstrecke». Was bedeute» dagegen die Besitzungen der anderen Staate»? England ist Herr in Afrika. Auch vom Standpuiict der deutschen Politik wäre eS meines Erachtens ein schwerer Fehler, eine» ganzen Eonlinent in die Macht eines einzelnen Staates zu geben. „Wo sind vor Allem die Gegenleistungen, die England sür da- deutsche Wohlwollen gewäbrt? WaS die geographische Karte davon verzeichnet, kommt kaum in Betracht, nie schon erwähnt. Man muß also, ui» DeulschlandS Haltung zu ver stehen, weiter Hinausblicken in die Weltgeschichte, in die Zukunft. Deutschland hofft vielleicht, als Lobn sür alle Freundschafts dienste England« Unterstützung im Kriegsfälle zu haben. Aber die deutsche wie die französische Geschickte lebren, was man von Englands Bündniß- Neigungen zu erwarten hat, wenn es ernst wird. D>c historische Eoiistcllation bat sich ost verändert im Lause der Jahrhunderte. Aber in einem Pnnctr ist stets da« Gleiche gewesen: So ost rin Krieg aus dem Eonlinenl auSbrach, bat England immer nur c-n fick selbst gedacht. In einem Eonslict mit Frankreich wird Deutschland selbst mit seiner vollen Kraft i» den Kampf geben müssen; die englische Hilfe kann da nur sehr wenig bedeuten. Wie auch soll sie sich praktisch verwirklichen? Sobald ein Krieg entbrennt, müsse» England« Schiffe die Wache ausziehen in Gibraltar und in Indien, in Egypten und Eanada, in Ehina und in Südafrika, in Malta, i» Labrador, in Australien re. Ueber Len ganzen Erdball wird die Seemacht England« zerstreut sein. Es wird nicht Schiffe genug haben, um seine eigenen Evlonien zu schützen. Wa« soll da noch zur Unterstützung Deutschlands übrig bleibe»? Ganz abgesehen davon, daß die Seemacht England« vielleicht eine illusorische ist, und daß dir jung« deutsche Marine, die au» der neuen Zeit Kervo rgegangen und »lit ihrem Geiste erfüll« ist sich möglicherweise den 88. Jahrgangs Anforderungen deS modernen Seekriege« mehr gewachsen zeigt, als die alte englische Marine, die alle ihre Traditionen im Kielwasser nachschleppt und aus deren Admiralschiff die Flagge der Routine aufgezogen ist. „So, glaube ick, kann leiner der Grünte Stich halten, die Deutschland veranlassen mögen, unthätig zuzuseben. WaS kommt so»st noch in Betracht? Die verwandtschaftlichen Bc- :iebnngen? Aber der junge Monarch rst in erster Linie deutscher Kaiser und erst in zweiter der Enkel der Königin von England. Die Ausbreitung der germanischen, der aiigeliächsischcn Rasse auf dem afrikanischen Eontinent? In den Aeguatvrialprovinzen, um die eS sich hier bandelt, ist die AuS- hrcilunz der Nasse unmöglich, weil kein Europäer dort sort- kommen kan». Die Freundschaft zum König der Belgier? Nun, der König der Belgier macht seine Geschäfte, und Deutschland hat eö nicht »ötbig, sie sür ibn zu machen. Aus der andern Seite aber siebt da« Interesse einer Macht i»i Spiele, mit welcher Deutschland nicht nur freundschaftliche Beziehungen unterhält, sondern deren Fortbestand eS garantirt bat. Ter Vertrag zwischen England und dem Eongostaal tastet die Scuverainelät de» otomanischen Reiches an, sür welche Deutschland ebenso bürgt, wie die ankeren Groß mächte. Endlich daS geringe Interesse, daS Deutschland direct an Len wüsten Gegenden bat, um welche der Streit gebt? ,.^uc>b>u«>§ ulpouto» ,Ie !>al>Iö!" So hat man verächtlich bei »»s seiner Zeit von den .,ari>« ule» cke uoigs" gesprochen und so haben wir Eanada verloren. „Mit einem Worte: Ich bin der Ansicht, daß Tenlschland ein speciclleS unk ein allgemeine« politische» Interesse daran bat, den Abmachungen zwischen England und dem Eongo- staate nickt rubig znznsckancii, »nd wenn eS geschehen läßt, was da jetzt geschehen will, so wird eS vor der Weltgeschichte einc schwere Verantwort»».; tragen." Frage: „Und sallS Dculschland sich zu einem Eingreifen entschließen wollte, i» welcher Weise glauben Sie, Herr Dcputirlcr, daß dieses Eingreifen am beste» erfolgen würde?" Antwort: „Der Weg ist klar vorgezeichncl: Deutschland soll einen neuen Eongreß nach Berlin ciiibcrnscn." Soweit Herr Dclcucle. Llme »ns natürlich mit allen seine» Urtheilen einverstanden zu erklären, babe» seine Dar legungen doch, soweit sie das Abtomiiic» zwischen dem Eongstaat und England betreffe», i» uns die Uebcrzcugung befestigt, daß der Reichskanzler Gras Eaprivi hier vor einer schweren, aber großen Ausgabe siebt. Er kann, wenn er eS vcrstcbt, Franlreick, das au» vielen Gründen in Differenzen mit Eng land sich bcsiiiket, sür die denlsckcn Anforderungen zn inler- effirc», unsere Eolonialpolilik auf einen ganz andern Fuß bringe» und zugleich das Verhältniß FranircickS zn Dcnlsch- la»t zn einem wesentlich besseren gcllallcn, da» dann anck aus unsere «eriierc» colonialpolitischcn Unternehmungen von för- dernkcm Einfluß sei» kann. Deutsches Reich. Berlin, 9. Juni. Der StaalSsecretair Freiherr von Marschall bat — die merkwürdige Nackrickt sinket Bestätigung — wegen ter i» tcr Wcstk. Allg. Zig." gegen ibn geschlenkerten, von unS Inrz erwähnte» Be- schultigiinge» die BcleikigniigSIlage exboben. Diese Aiillagen sind zum Tlicil grotesk, aber nicht schwerer, als eS die vom „Kladderadatsch" gegen Beamte de» Auswärtigen Amte« gericbtclcn gewesen sink. Sie betreffen insbesondere gleich falls den tiplomalischc» Diciisl. Der wesentlicke Unterschied bestellt nur darin, daß die Angriffe de» „Klakderatsch" die öffeiitlickc Meinung lies erregte», wahrend die angeblichen Enthüllungen de» wcstdculickc» Blattes nur voriibcr- gcheude Beachtung fanden. Dessen ungeachtet bat man sick in dem älteren Falle mit einer allgemein gehaltenen Zurückweisung im nichtamtlichen Tbeile kcS „RcichSanzcigerS" »nd späterhin mit der ofsiciösen Andeutung begnügt, ta- ösfentlichc Interesse verbiete eine Widerlegung vor dcm Richter. Nachdem »un Frbr. v. Marschall gegenüber den, wie sckon dervorgchobcn, gleichfalls de» auswärtige» Dienst, sowie Jiitrigucii gegen Beamte betreffenden Anschuldigungen sich zu der gleichen Erwägnng nicht gedrängt siebt, muß die amtliche Passivität im Falle de» „Kladderadatsch" nur nock hefreindlichcr erscheinen. Zumal Frbr. v. Marschall der höchste Beamte deS Auswärtigen Amtes ist »nd eS als gute Regel gilt, daß tcr Ebcf einer politischen Behörde Bclei diguiigcn seiner Untergebenen stärkere Empsindlichkeit cnt- gegenbringt, als Angriffen auf die eigene Person. Darum nochmals: Warum ist man vor einer gerichtliche» Verfolgung de» „Klakdcrakalsch" zurnckgcschreckt? st Berlin, !>. Juni. Bekanntlich bat Ende vorigen Mo»alS in Berlin eine Eciifereiiz von RcgiernngSverlretern und Vertretern ter keramischen Industrie getagt, welche sick, mit den Ausnahmebestimmungen von derSonntagS rube sür die Keramik beschäftigte. Den Verbanklungcn dieser Eonsercnz hat, wie wir hören, ein Entwurf z» Grunde gelegen, welcher sowohl Ziegeleien, Anlagen zur Her stellung von Thonwaarcn und feuerfesten Produclen, als auch Töpfereien, Steingut- und Porzellanfabrikc» bclraf. Für die erster« Kategorie gewerblicher Betriebe sollte danach aus Grund de» tz. lO.'ol der Gewerbcordniing an So»»- und Festtagen die Unterhaltung der Feuer, sowie für coiitinuirlichc Brennöfen bei mehrere» auseiiiantcrsolgendcn Sonn- unk Festtagen mit AnSnahmc des ersten dieser Tage da« Heran» »ebmen der gebrannten Producte und das Einsetzen bis 9 Ubr Vormittag- gestaltet werten und zwar unter den in ^ 105o Absatz 3 ausgesübrten Bedingungen. Für die Löpsereien, Steingut- und Porzellanfabriken sollte außer der Unterhaltung der Feuer der ununterbrochene Betrieb der Brennöfen für PorzeUanknöpse gestattet werden, die letztere Ausnahme jedoch anf da- Weihnacht«-, Oster- und Pfingstfest keine Anwendung finden. Ferner war sür die letztere AnS- »abme noch die Bedingung gestellt, daß die den Arbeilern zu gewährende Rube mindestens zu dauer» hätte: entweder für jeden zweiten Sonntag 2 t Sttinde» oder sür jeden dritten Sonntag 36 Stunden oder, sofern an den übrigen Sonn tagen die ArbeilSschickte» nicht länger al« 12 Stunden dauern, für jede» vierten Sonntag 36 Stunden. Die Dauer der Wechselschichten sollte >8 Stunycn nicht überschreiten, AblölniigSmannschasren je 12 Sllnnren vor und nach
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