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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.06.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-06-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940626012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894062601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894062601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-06
- Tag1894-06-26
- Monat1894-06
- Jahr1894
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I. unter Beifügung von Zeugnissen der DienstheMchaften bei un» anzubringen. Spätere tumeldiinaen, sowie Bewerbungen von Dienstboten, weiche au» «big» Stiftung bereit» einmal belohnt worden sind, könne» nicht berücksichtigt werden. Leipzig, de» LI. Ju»t 1894. Trr Math der Stadt Leipzig. vr. Lrvndlin. Morche. Bekanntmachung. Wegen Arphaltirung wird von Mittwoch» Pr» 27. ptefe« Monat« ad anf di« Dauer der Arbeiten da» vaynhossgäßche« für «l>t» Fährverkehr gesperrt Leipzig, am 25. Juut 1894. Der Rath der Stadt Leipzig. IL 6830. vr. T r öndlin. Stahl. Bekanntmachung. Wegen Herstellung der Ufermauer zwischen der Gasthos- und Nngerbrück« in Leipzig.Liadeaau wird di« daselbst befindlich« Vter-eschwrmmr van Mittwoch, den 27. diese« Monat«, ab bi» aus Wettere» gesperrt. Leipzig, am 25. Juul 1894. IL «847. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Lröndliu. Stahl. Ausschreibung. Da» alte Schulgebäude der XU. Bürgerschule an der Demmering. strahl in Leipzig-Ltildenau soll aus Abbruch an den Meistbietenden versteigert werden. Die Versteigerung findet statt am ». Juit p. I., vormittag» 11 «hr In der Alten Waage hier, Katharinenslruße Nr. 1, U. Obergeschoß. Die Versteigerung wird püuctüch eröffnet und geschlossen werden, sobald weiter« Gebote nicht erfolgen. Die Au-wahl unter deu Bietern, sowie jede sonstige Entschließung bleibt Vorbehalten. Die BersleigerungSbedingungen und der SituationSplan liegen in unserem Bauamle, Hochbauverwaltung, Rathhau», 2. Obergeschoß Zimmer Nr. 7, während der Geschäftsstunden aus. TaS genannte Grundstück ist am 5-, 6. und 7. Juli d. I., Bor- mittag- von 11—IL Uhr zur Besichtigung geöffnet. Leipzig, deu 22. Juni 1894. Der Math der Stadt Leipzig. vr. Tröndlill. Kcumbitgel. Bekanntmachung. Die öffentlich autgejchriebroe Regelung »er Fußwege in der Laagen Strotze hier, sowie da» Lege» von Granitschwellr» in der Strafte über den Motzplatz im Zug« der Motzstratze sind vergeben worden. Die unberücksichtigt gebliebenen Bewerber werden deshalb aus ihren bezüglichen Angeboten hierdurch «utlaffea. Leipzig, am LO. Juni 1994. 2831. Der Math der Stadt Leipzig. vr. Tröndliu. Etz. 850. Bekanntmachung. Nachdem di« öffentlich au»ge!chriebenen PitafterungSarbettei i» der Thalftratze hier vergeben worden sind, werdcn die UN berücksichtig gedtirbeneo Bewerber au» ihren brz. Angeboten hier dvrch eutlaffen.z Leipzig, am LO. Juni 1894. 2821. Der «ath »er Stadt Leipzig. ^ 851.vr. Tröndlin. Ltz. Bekanntmachung. Die Arbeiten zur Mcgulirung der Pleifte bei Maschwitz sie vergeben worden und entlassen wir daher die nicht berücksichtigt« Bewerber hiermit ihrer Angebote. Leipzig, am 23. Juui 1894. 3002 Der Math der Stadt Leipzig. " 87L vr. Dröndliu. vr. Jul vr. Bekanntmachung. Die Stadtgemeinde Lhemnitz beabsichtigt, dir am Hedwigbad »vier Nr. 2 hier gelegene «LIomteriuKI»!« »vier Vorbehalt de» Eigenthum- au der Wasserkraft und an dem Mudigrabenareal«, soweit letzt»«- nicht von den Slostermühl- gebäuven bedeckt bez. innerhalb de» Klostermühleugrundstück« gelegrn ist, wieder zu verkausen. Die AuSnutzungder Wasserkraft, wozu ein« zur Mühle gehörige Turbine von 40 Pferdestärke» vorhanden ist, soll unter gewissen Leichränkungeo gegen einen entsprechenden Pachtzins auf 5 Jahre unkündbar und von da ob unter Einhaltung »iuer einjährigen Kündigungsfrist dem Käufer überlassen welden. Für Len Betrieb der Mühle ist weiter eine im Jahre 1892 veu beschaffte horizontale Tandem.Lompouud-Damvfmaschine mit üondensakion für eine Normalleistung von 80 bi» 100 effeciiven Hserdeftärken, sowie eine Siederohr-Dampfkeffelanloge von 75,9 qm Heizfläche und 5 Atmosphären Ueberdruck vorhanden. Di» Mühl« ist nach den neuesten Erfahrungen der Mühlevteehnlk für Weizen- und Roqgenmüllerel eingerichtet. Die monatlich« Leistung hat nach Angabe de» bisherigen Be sitzer» seither 37 bi» 40 Dopoeiwagrn zu >« 200 Eentner betrage». Di« vorhandenen Gebäude, Speicher, Stallungen, Wagen- remnen ,c. befinden sich in bestem baulichen Zustande. Mit der Mühle ist ferner ei» sehr gut gehende» Geschäft für -in»l»erkouf verbunden. Kauflustige werden ersucht, ihre Angebote bi» spätesten» «tltwv». »r« I I. 2nli »s«. -«„ Aden»« « Nhr bei der Etodtbauvenvoltuna der Stadt Tdemnitz »inzureichen, wo selbst auch di« näheren verkauf«-Bedingungen mit Beschreibung der Msihle riazuseden oder abschriftlich z» «Halle» find. Lhemnitz, de» 1». Juni 1804. D«r M«itz »er St«pt Chemnitz. Andr«, Vr., Od«dürger»eifter. Decker. Bekanntmachung. Hierdurch machen wir bekannt, daß wir den von der Earl lsteinrstraße bi« zur Kreuzung mit der Aureiien.Straße verlausenden Tract der Gießer-Straße in Leipzig - Plagwitz in da« Eigenlhum und mit Ausschluß der Fußweg« in die Unterhaltung der Stadt gemeinde übeeuommen haben. Leipzig, am 21. Juni 1894. Der Rath her Stadt Leipzig. Ie. 2976 Vr. Tröndlin. Mef. BtS. Bekanntmachung. Die öffentlichen Hebainmcnprüsungen finden Freitag, deu 2S., und > Nachmittag» Loilnadrud, dcn :U>. Auni d. I.. / von 3—5 Uhr im Auditorium der Uuiversitäis-Frauenklinil statt. Leipzig, den 2l. Juni 1894. Die Direttion der S. Hebammen-Tchule. Prof, vr. Zweifel. Die städtische Sparkasse deletht Wkrthpapiere unter günstigen Bedingungen. Leipzig, den 10. Januar 1894. Die Sparkafskn-Tkputattan. Die Ermordung Larnot's. Ueber das mörderische Attentat aus den Präsidenten der französischen Republik sind un« im Laufe de« Tage- noch folgende telegraphische Nachrichten zugegangen: * Part«, 25. Juni. Gegen 1 Uhr Nacht- notlficirte der Minister de» Auswärtigen, Hanoteaux, den Vertretern der fremden Mächte die Nachricht vom Tode des Präsidenten Laraot. Line Anzahl Diplomaten sand sich unverzüglich im Llhsö« «in, wo sich dieselben einschrieben. Mehrere Blätter mahnen zur Ruhe. „Eclair" schreibt: ,Italien ist heute nicht im Spiel; hüten wir unt, di« Verantwortung für «in individuelles Verbrechen auf ein Bolk au»zudehneu> Santo ist zweifellos «in Anarchist, di« Anarchie hat kein Vaterland. Unsere Pflicht ist un« vorgezeichnet. Weinen wir über un» selbst l Kein« Sewaltthätigkeiten, kein« Reactionl" — Sämmtliche Botschafter. Senatoren und De- putirte begaben sich heute Vormittag in da- Elysäe und trugen dort ihre Namen in dir Londolenzlistr ein. Sehr viele Deputirte fanden sich in dem Palais „Bourbon" rin, um einmüthig ihrer Trauer über Larnot's Tod Ausdruck zu geben. Ter italienische Botschafter Reßmann begab sich um 9'/, Uhr in das Ministerium des Innern und verweilte dort eine Viertelstunde. Der Ministerpräsident Dupuy tra ^ um 10 Uhr «in. (Wiederholt.) * Pari«, 25. Juni. Im Ministrrrathe berichtete Dupuh über da« furchtbar« Attentat gegen Larnot, welche« in ganz Frankreich da« Gefühl der Bestürzung hrrvorgerufrn habe. Di« Leiche Larnot'« wird heute noch hier eintrrsfen. Die Regierung wird von der Kammer die Ermächtigung zur Veranstaltung eine« nationalen Leichen begängnisse» verlangen. Der Präsident de» Municipalrathe« richtete an den Ministerpräsidenten Dupuy ein Schreiben, in welchem er dem Abscheu und dem Schmerze der Stadt Part» über LaS Attentat Ausdruck giebt. Tie Nachrichten auS den Departement-, besonders au« Lyon, Mar- seille, Lille und Bordeaux, geben di« allgemeine Erregung und Bestürzung und den Abscheu über da- Atteutat wieder. Die Flaggen sämmtlicher öffentlichen Gebäude in Paris sind mit Trauerfloren umhüllt. Ti« Bewegung in der Bevölkerung ist sehr groß. Man reißt sich um die Zeitungen, welche über dir letzte» Augenblicke Larnot's berichten. Im Uebrigen herrscht hier vollkommene Ruhe. — Madame Larnot ist heute früh 7 Uhr mit ihren beiden Söhnen ia Lyon eingettoffen und hat sich sofort nach der Präsecinr be- geben. Die dicht gedrängte Menge begrüßt« dieselben ehrerbicligst. Der ein« Sohn wurde beim Anblicke der zu Ehren seines Vaters mit Trauerfahnen beflaggten Straßen beinahe ohnmächtig. * Pari«, L5. Juni. In dir im Elyss« ousgelegle Eon. dolenzliste tragen sich überaus zahlreiche Personen ein. Tic italienische Handels kammer läßt seitens ihrer Mitglieder ebenfalls «ine Beilridsadress« unterzeichne». k. Pari«, 25. Juni. (P r iv a t t e l» g r a NI m.) Ter „Gaulois" schreibt: „Wir werden der neuen Orientation der Repulik beiwohnen, welche auS der gegenwärtige» Er schlaffung ia einen Zustand acuter Erregung gelangen wird; denn sie schließt revolutiouaire Element« «in, weich« die Kaia- strophe werden ausbeuten wollen und welche die Republik vielleicht nicht ohne Schwierigkeiten wird bändigen können." — Ter „Rappel" spricht) die Hoffnung auS, daß die Volksvertreter die Freiheiten, weich« da» Volk in den letzten 20 Jahren durch kluge Energie erlangt, vor jedem Angriff behüten werden. — Ter „Figaro" sagt: „Gerade Laruot schien infolge seines freiwilligen Beiseitestehens vor einem Attentat« geschützt, welchks «in einmüthigeS Entsetzen Hervorrufen würde. Larnot habe politische Fehler begehen können, aber man würde diese leicht vergessen und sich nur an seine würdevolle, correcte Haltung und Generosität erinnern." — Da« „19. Jahrhundert" sagt: „In diesen Lagen der Iraner bleibt un« nur der Trost, daß drr Mörder kein grauzosr ist." * Lhan. 25. Juni. Der Attentäter nennt sich genau Laserio Santo Hieronymo und ist, soweit bisher sestgestellt werdrn konnte, Bäcker von Beruf. Er war bereit» seit längerer Zeit als gefährlicher Anarchist bezeichnet. Man spricht darüber seine Verwunderung aus, daß der Attentäter nicht »»«gewiesen worden ist. hieronymo hall« Len Weg von Vienne nach Lyon, wo er mit KO Centimes eintras, zu Fuß zurückgelegt. — Di« Straßen sind von einer dichtgedrängten Volks- meng« «»gefüllt. DI« Läden sind geschlossen. * Lp««, LL. Juni. All» A«h»e» an öffentlichen und Privat- häufern find l, her vergangene» Nacht entfernt und durch Trauerfahnen ersetzt worden. Ter Militairstab des Prä sidenten bewachte die Nacht über die Leiche Larnot's, welche in einem schwarzen Anzuge mit dem Großcordon der Ehrenlegion ausgebahrt ist. Von der Aufbahrung wurde eine photographische Ausnahme genommen. Madame Larnot hat den Wunsch aus- geivrocheu, daß die Leiche nicht rinbaisamirt, sondern so bald als möglich nach Paris gebracht und in der Lapelle de» Elysö« aus gestellt werde. Man erwartet hierüber eine Entscheidung des MinisterratheS. * Lyon, 25. Juni. (Telegramm.) Ein sechzigjähriger Monn Namen- Domergur hatte den Dolch de- Attentäters Santo aufgehoben und dem Poiizeipräfeclen LSpine übergeben. Der Toich ist (wie gemeldet) 25 cm lang, der Griff von ver goldetem Kupfer, die Scheide ist von Sammet mit schwarzen und rothen Streifen. Al» Augenzeuge deS Attentats wurde von dem Polizeipräfecten außer Tomrrgue auch der Polizei- deamte verhört, welcher dcn Attentäter aus den Händen des PoiizeünspectorS Dubais in Empfang nahm. Duboi» war der Perion des Präsidenten Larnot attachirt und hatte den Attentäter Santo verhaftet. Als unmittelbar nach dem Attentat einige Personen französische Fahnen schwenkten, wurde geschrien: „Nieder mit den Fremden!" „Hinausmitden Fremden!'' Vor dem italienischen Lonsulat wurde die Menge mehrmals von der Polizei zerstreut und zog sich unter den Rufen: „Es lebe die Armee!" zurück. * Marseille, 25. Juni. Auch hier herrscht wegen de- Attentates gegen Carnot allgemeine Entrüstung. Alle Schiffe haben Trauerslaggen gehißt. Es herrscht voll ständige Ruhe. Im Uebrigen sind Maßregeln getroffen worden, um jeden Zusammenstoß zwischen den französischen und italienischen Arbeitern zu verhindern. Tas italie- nische ConsulatSgebäude, welches als ein- der ersten Ge- bäud« die Trauerslagge hißte, ist militairisch besetzt. Die Präfectur und die Mairie sind geschlossen. Die Wahl in Elmshorn-Pinneberg. K Der Wahlkreis ElniShorn-Pinnebcrg ist mit geringer Mehrheit in der Stichwahl an die Socialdemo- kratic verloren gegangen, die damit ibr 4l>. Reichstag«- Mandat erlangt hat. Wenn wir das Ergebniß auf da« Tiefste bedauetn, fo hal auf diese Empfindung der Umstand keinen Einfluß, daß der unterlegene Eantikal sich zur natioualliberalcn Partei zählt, in der preußischen Land- tagSsraction auch zu ihr gerechnet wird. Herr Mohr war nicht von nationallideralcr Seite, sondern von einem politischen Vereine ohne ausgesprochene Parteifärdung aus gestellt worden, die nationalliberale Unterstützung, die ihm geworden, galt der einzigen aussicht-vollen bürgerlichen Can- didatur und wäre dem bisherigen freiconservativen Ab geordneten mit mindesten« nicht geringerer Bereitwilligkeit geliehen worden. WaS deu Sieg der Socialdemokratie so überaus beklagcnSwerth erscheinen läßt, ist der Umstand, daß er die blinde Selbstsucht eine- Tbeile« unserer Parteien un- gemindert zeigt — trotz der bei der Plauener Wahl erfahrenen Beschämung und angesichts de» UebermutbS, mit dein die socialtemolralische Parteileitung durch den Boycott in Berlin und Dresden Alle«, WaS nicht ihr folgt, herauSgesordert hat. Daß der ElmShorner Sieg für eine Weile belebend auf den Boycott einwirken werde, ist un« nicht zweifelhaft. Ebenso wenig, daß er die Berlcgcnheit der Führer, welche der Masse ein nahe- Ziel der Uinsiurzbeslrebungcn zu zeigen gezwungen sind, erheblich mindern wird. Daß jede« neue Mandat der Socialdcinokratie, wenn nicht überzeugte Anbänger, so doch — namentlich auch aus dem Lande — Bewunderer ihrer Er folge wirbt, ist eine längst beobachtete und leicht erklärliche Erscheinung. Tic Masse ist immer geneigt, bei dem Sieger taS Recht zu finden, und zudem wird durch die — notorisch nicht durch diSciplinirte Parteigenossen bewirkte — Bcr- mebruug der socialdeniokratischen NeichStagssitze die Vor stellung von dem culturzerstörende» Eharakter der social- rcvolutionairc» Richtung abgcschwächt. Bei dem allem können wir dem AuSdrucke dcö Bedauerns nicht den der Verwunderung über die Ennöglichung des neuen socialdeniokratischen Wahlsieges folge» lassen. Herr Eugen Richter, der durch scharfe, zum Tkeil persönliche Aligrisfc auf die Deulschfrcisinnigcn im Wahlkreise, welche die Wahl dcS bürgerlichen Eanbibaten empfohlen hatte», gegen diesen Partei geiioninien hal, ist von demselben Haß gegen die liberale Mittclpartci erfüllt, wie die „Krenzzeilung", dir kaum verhüllt zur Wahlentbaltung aufgcforkcrt batte. Herr Richter trägt überdies als „(Arcßpensicnair der Social- demokratie" — er bat bis zur Slunte kein Wort de- Pro testes gegen diese ihm vor Jahresfrist von Liebknecht ange wiesene Stellung gesunken — Bedenken, sich die Gunst der Socialdeniokralie zu verscherzen. Sein mehr reklamen hafte» als sachdienliche» Gepolter gegen den Berliner Bierverrus kann nicht tarsibcr täusche». Wo immer er oder ein Parteigenosse von il in mit einem bürgerliche» Wabl- gegner zu kämpfen bat. giebt cS keinen volküparteilichc» Sieg mehr ohne socialdemokratische Protection. Tie Kreuz- citungSleute auf der anderen Seite, mit ihrer auf Ein- chüchterung berechneten Politik, haben ein Interesse an mög lichst augensälligen socialteniokralischen Erfolgen »nd an der thunlichtten Herabdrückung dcS gemäßigte» Liberalismus. Ihnen kommt Alle« daraus an, sich und die ultramontanen Mitstrrbenten als die einzigen Schildhatier gegen die Revolution zu empfehlen. Ibr Privatinleresse sehen sie, Iköricht genug, nicht gefährdet. Hat doch die „Kreuzzeilung" beute^vieker für Le» adeligen Großgrundbesitz den Trost, die Social- demokialie sei eine „Jnduslrieparlci und werde im Große» und Ganzen nicht über die einer solchen gesteckten Grenzen hinauvkonimen." Wir srben ab von dem Grade der Moral und de« Patriotismus, der auS diesem Grunde die tkatjächliche Förderung der staatS- und «hrongesährdenden Partei erlaubt, wir erinnern nur an die Erfahrung, dir der Großgrundbesitz soeben mit Herrn Göhr« gemacht hat. Auch er „fing" mit der Industrie .an", ist aber auf »ine den Extremconservativen sebr unbequeme Weise über deren „Grenzen hinauSzekommen". Daß diese Erfahrung keine Lehre enthielt, zeigt das Ergebniß von ElmShorn-Pinncberg, wo ein Tbeil der Conserralivcn sich wieder die Weisheit der bekannten selbstlosen Sl. Florian- Anbeter zur Richtschnur genommen hat, die da flehten: Wir bitten, heil'ger Florian. Schon unser Haus, jünd' andre an! Deutsches Reich. Berlin, 25. Juni. Die im preußischen Justizministerium in Vorbereitung befindlichen Arbeiten zur Umgestaltung der Eivilproccß-Ordnung sind, wie wir mittheilen können, dem Abschluß nabe. Der Gesetzentwurf hat einen größere» Umfang angenoinmen, als man im Anfang gedacht Hane. ES handelt sich in demselben zunächst darum, eine Beschleunigung und Vereinfachung des bisherigen Verfahrens durw Ausstellung eines neuen >umniarischcn Ver fahrens herbcizusübren. DaS heutige abgelürzte Mahn verfahren hat nicht diejenigen wohllhätigen Wirkungen ge zeigt, die nian bei Einführung desselben in die gellende Eivil- proceß-Ordnung erwartet baue; eS ist insbesondere ausfallend hcrvvrgetrcicn. daß dasselbe in der Handetsweil nur selten zur Anwendung gelangt und in den meisten Fällen der Weg rer ordentliche» Klage vorgczogen worden ist. Ter Grund hiersür ist dann zu suchen, daß daS Mahnverfahren i» seiner bcutigcn Gestatt in vielen Fällen nicht zur Vcrtiirzung deS Verjähre»« dient, sendern böswilligen Schuldnern geradezu Gclcgciibcit zur Verschleppung deS ProccsseS giebt, indem die selben erst kurz vor Ablaus der vicrzchnlägigen Frist ihren Einspruch gegen den zugcstellten Zahlungsbefehl eintcgen und dadurch dcn »unmehr ordnungsmäßig anzuslrengenden Proccß um vierzehn Tage verzögern. Ter neue Gcsctzeuttvurs hal Maßregeln vorgesehen, um diesem Uchetstande vorzubeugen, und hal gleichzeitig durch Vcreinsachung dcS Zuslettungö- wesenS, welches in seiner heutigen cemplicirtcn Form oft zu ungebührlichen Verlängerungen der Tenninösrislcn Anlaß giebt, eine Abhilsc auch für daS ordentliche Verfahren gesucht. Auch die Vorschriften über daS Verfahren i» der Hauptverhanblung, die Beweisaufnahme, »amentlich der Urtunden- und Zeugendeweis, werden erhebliche Veränderungen aujweisen. Was den Letztere» anbetrifst, so hat man es u. A. für nothweiidig erachtet, in llcbcreinstiniiiiung niit der vor liegende» Rovelle zur Slrasproeeßordnung und zum Gerichlü- versassuttgogcjctz dcn Voreid durch Len Racheid zu ersetzen, so daß die Zeugen zwar vor ihrer Vernehmung aus die Bedeutung und Heiligkeit des Eides bingcwicseii, aber erst nach beendeter Aussage und nach Hervorhebung der sich etwa in derselben findende» Widersprüche beeidet werken sollen. Endlich werden i» der vorliegenden Novelle auch diejenigen aus die Umgestaltung des EntmündiaungSversahrenS bezügliche» Wünsche, welche unter dem Namen „Reform tcl JrrenwescnS" ständig in der Presse aiistauchcn, znm Thcil ihre Erfüllung finden. Wenn auch die Belheitigung de« Laicnclcmcnts an dem Entmündigungsverfahren in irgend einer Form als den Grundprineipien deS c>vilproccssualen VersahrenS zuwider und unter den heutigen Rechtsverhält nissen nicht erforderlich erachtet wurde, ist doch dem Ver lange» nach Einsührung der Revision im EntmündigungS- vcrsahrcil Rechnung getragen worden. Auch wird der tz. 598 der E.-P.-O., »ach welchem heule die Vernehmung de» zu Entmündigenden vor seiner Entmündigung in gewissen Fälle» unterbleiben kann, «ine Aciidcrung Lahm erfahren, daß die persönliche Vernehmung durch Leu ordentlichen oder einen ersuchte» Richter unter Zuziehung eines ober mehrerer Sach verständiger als VorauS>etzung für den EntmündigungS- beschluß cingcsührt wird. * Berti», 25. Juni. Die „Berl. Polit. Nachr." schreiben: „Der Umschlag der Witterung z» sommerlicher Wärme dürfte dazu führen, dem Bicrboycolt der Socialdemokratie unter einem GesicklSpunctc ernstere Beachtung zu widme», als bisher angczcigt erscheinen mochte. Wir haben dabei die hygieinische Leite der Frage im Sinn. Es unterliegt keinem Zweifel, daß infolge der über die hiesigen, braulechnisch wie hygienisch Lmchaus einwandsreicn Biere seitens der Arbcilcrhctzcr ausge>prochcnen Verrusserllärung allerlei uiindcrwcnhigcS Zeug consumirt wird, das unternehmende Berliner Gcschäflssocialistcn von auSwärlS importiren. So lange das feuchtlalte Welker herrschte, mochte der Eonsnui auswärtiger Surrogate vom sanitären Stanbpuncte ans statthaft erscheinen, heim Einlnlt trockener Hitze aber, muß sich doch seder Kenner der einschlägigen Bcrhältnissc sagen, daß der Vertrieb von auSwärlS importirten, vielleicht nicht cininal völlig vergohrenen, oder lange genug gelagerten, kurz unreifen Bieren unter der Berliner ArbcitersPajt seine ernsten volksgesuiitheitlichen Bedenken niit sich bringt. Die Eholera- gesahr ist, wen» auch momentan nicht bringend,so doch keineswegs völlig ausgeschlossen; und eü wäre nur consequent, wen» die Behörde, welche in epidcmicdrrbcnden Zeitläuften den Rab- rungSniittclvcrlehr unter besondeiS sckarse Eontrolc nimmt, welche vor dem Genuß unreinen Eises öffentlich warnt, welche vcrbielet, daß in den Trinkhallen Wässer mit niedrigerer Temperatur als 8 Grad verabreicht werden, auch den Ge» chäslSprakiikcn der socialdemokralisck'cn Bierimportcurr ent» prcchcnde Ausmerksamkeil widmen möchte. An der Erhaltung eines guten VolkSgesuiltheilSzustanLeS in Berlin hat nicht nur die Einwohnerschaft der ReichShauptstadt selbst, sondern da« ganze Reich ein unniitlelbareS Interesse, da Berlin als Ver kehrs»,,ltelpunct ersten Ranges umsomehr vor der Gesahr geschützt bleiben muß, ein SeucheauSstrabluiigSherd zu werken. Die Frage liegt einfach so: soll eS Len Fanatikern deS Bier- boycoilunsuges gestaltet sein, mit den Interessen der DolkS- geftmkhcit gerade in den kritischsten Monaten de« Jahre« anS bloßem Ueberinuth ein frivoles Spiel zu treiben, oder sollen sie gehalten werden, ihren Hang rur Drangsalirung de« bürgerlichen Erwerbsleben- den Bedürfnissen und An forderungen de« GeineinwoblS unterznordneii" Wir glauben, daß unsere Pclizeibebörte ebensogut wie die Münchener wissen wird, wohin gesundheitsschädliches Bier gehört. * Berlin, 25. Juni. Die Thcilnahine hiesiger Schüler an einer Theatervorstellung bat den EultuSministrr zu einer Verfügung an LaS königl. Provinzial-Schul- collegium zu Berlin veranlaßt, welche die Aushebung d»»
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