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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.06.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-06-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940626020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894062602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894062602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-06
- Tag1894-06-26
- Monat1894-06
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Direkte täglich« Sreuzbandiradimg ich» Lall-nd: »ouatlich el ?chO. rü vtorge».L»»g>lb« erscheint täglich'/,? ll-r, hi, >b»d.>»«gab« Woche»t»g» ü Uhr. L^rtis» m»d Lrpeditio«: 2»tzan»e««aGe 8. Eteirvedtti»» ist Wochentag« «»»»terbroche» zeöy»tt von früh 8 bi« Abend« ? Uhr. E«le»? vtt» »«««'« «vrtt». iAIfrrd d«tz»)d Universitätsstraße 1, L-qt« L-s»e, ßühorineastr. I«. Port, «d >«»ig<platz I. AVend-Ausgabe. LWStl'Gagtl>lait Anzeiger. Lrgan för Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. ^322. Dienstag den 2fi. Juni 1894. PolMsche Tagesschan. - Leipzig. 2K. Juni. Der Dolchstoß, der den Leben-faden de- Präfidrnten »er ftanziifischcn Nepudltk jäh durchschnitten, läßt die Herzen aller Derer zusammenzucken, die in irgend einem Staate der Velt irgend eine öffentliche Rolle spielen. Sie alle empfinden, tag deiselbe Dämon, der die .Hand des Mörders gelenkt, auch sie bedroht. Mit dem Gefühle tiefsckmerzlicher Theil- nahme, dem die Staatsoberhäupter und Regierungen aller Staaten der Welt in Telegrammen den Hinterbliebenen des Ermordeten Ausdruck geben, mischt sich daS Gefühl jener Beklemmung, daS beim Auftreten schwerer Epidemien auch die Gesundesten beschleicht. Und dieses Gcfübl dringt hinab dis m die untersten Schichten deS BolkeS, das sein Geschick mit den Geschicken der StaatSlenker verknüpft weiß. Ueberall dieselbe Beklemmung und auf allen Lippen dieselbe Frage: welche neuen Schreckensnachrichten ähnlicher Art haben wir zu erwarten und welche Mittel giebt es, den Dämon zu dannen, der so Entsetzliche- austiftel? Die letztere Frage wird die berufenen Kreise aller Culturstaaten um ihrer selbst willen ernsthaft zu beschäftigen habe». Die öffentliche Mei nung muß sich einstweilen mit der Hoffnung begnügen, daß eine Lösung dieser Frage werde gefunden und nicht durch internationale Verwickelungen infolge de- Mordes werde erschwert werden. Besorgnisse vor solchen Verwicke lungen glaubt man erfreulicherweise in den politischen Kreisen der Reich-Hauptstadt vorläufig nicht hegen zu müssen, wenn auch einzelne harte Zusammenstöße zwischen Italienern und ssranzosen in der ersten Zeit nicht zu vermeiden sein werden. Wie man in Berlin da- Ereigniß und seine nächste Wirkung ausfaßl, geht au- folgender Zuschrift unsere- ss-Correspon- denten bervor: .Der bei sittlich Kranken nur allzu häufige Drang, durch eine ungeheure Missethat sich von der Masse der Unbekannten zu scheiden, hat sich abermals in eine ge steigerte- Entsetzen erregende Thal umgcsctzt: den fast zahl losen Verbrechern vermeintlich nicht gemeinen Charakter-, die wir neuerdings in den romanischen Ländern haben aus- treten sehen, ist der Mörder eines Staatsoberhauptes ge folgt. Der Präsident der französischen Republik liegt auf der Bahre, weil ein zwciundzwanzigjährigerBube bei irgend einer Gruppe oder Schichte von Menschen den Rus eines Mannes geschichtlicher That durch einen Dolchstich zu erwerben geglaubt hat. Wo seine Verworfenheit ihn diesen Ruhm jucken ließ, welche also als seine Beweggründe gelten sollen, will er noch nicht verrathen; was immer aber über die Scclcnvorgängc, denen die feige Thal gefolgt ist, bekannt werden mag, es wird, eS kann ihn nicht in dem mildernden Lichte eines für die Menschheit, für seine Nation, für eine Idee zum Verbrecher Gewordenen zeigen. Denn mochte er Geschehenes rächen, Drohendes verhindern, Verheißenes, wie sein LandSmann Orsini, beschleunigen wollen oder war cS ihm auch nur um politische oder sociale Demonstration zu thun: indem er gegen Sadi Carnot, einen Mann, der kein politisches System repräsentirte, den Mordstahl zückte, konnte er nichts von dem Allen zu er reichen glauben. Bleibt nur der Herostrat, aber allerdings derHerostrat, der vieleVorbilder gesehen und durch Millionen aus dem gesitteten Volk, in besten Mitte er lebt, in dem Wahn bestärkt werden konnte, es sei durch eine That der Schande, wenn sie nur die Nerven aufs Höchste zu erregen im Stande, eine Aufmerksamkeit anderer Art, als die in Verachtung gekleidete, zu erwerben. Frank reich hat den anarchistischen Verbrechern, die ohne Wahl, gleich entfesselten Elementen, ihre Opfer trafen, ein kitzelnde« Interesse entgegengebracht, da« Wohl den Neid anderer, zur Unterscheidung zwischen Gut und Böse nicht mehr befähigter erregen konnte. Es hat ein „taidlo^ für das Entsetzlicke nicht zu unterdrücken gewußt; nun, oa ihm in der Ermordung de- Staatsoberhauptes daS Ent setzlichste zu erlebe» beschiedc» ist, muß sich zeige», ob eS sich den sittlichen Ernst erkalten bat, der daS Unheil in seiner wahren Natur zu erfassen sucht und bequeme, den eigenen Leidcnsckaften sckmeickclnte Erklärungen ver schmäht. Auö der tonangebenden Landeshauptstadt liegen in dem Augenblick, wo wir dies schreiben, StimmungS- berichte noch nicht vor, aber aus dem Orte der Unthal ist gemeldet worden, die VolkSwulh bade sick gegen italie nische Staatsangehörige gekehrt. Der ersten Empörung des beißen südlichen Blutes und der Urthcilslosigkeit der Straßenmenge istVielcSzuGute zu halten, wenn aber dieFran- zosen die italienische Nation für den auS ihr hervorgegangencn Mörder verantwortlich machen sollten, so würde der gesammte Erdkreis aus solchem Wahnwitz die Stimme des schlechten Gewissen- hören, daS Frankreich quälen muß, nicht weil in Aigues-Morte- Italiener grausam bin- geschlachtet worden sind, auch nicht weil ein Ge schworenengericht diese Gräuel ungeahndet ließ, Wohl aber wegen der barbarischen Genugthuung, die die StrasloSerklärung der schändlichen Mordtbatcu in ganz Frankreich erweckt hat. Wenn der Thäter sei» Ver brechen einen nationalen Rachcact nennen sollte, würde eS in noch erhöhtem Maße nicht etwa die Ritter lichkeit, sondern daS einfacke AnstandSqesühl den Franzosen verbieten müssen, sich de« elenden Mörder- al-Zeugen gegen seine Nation zu bedienen und zwisckcn der That und den nationalen Empfindungen und Wünschen der Italiener irgend welchen Zusammenhang zu behaupten. In anderem Falle würde Frankreick die sympathische Theil- nahme verwirken, die ikm au- Anlaß des schrecklichen Endes seines durch treffliche Charaktereigenschaften aus gezeichneten Präsidenten von keiner Seite verweigert wird." Mittlerweile hat uns der Draht eine Reihe glaubwürdiger Nachrichten übermittelt, die darin übereinslimmen, daß der Attentäter Cesario Santo tbatsächlich jener gegen die Existenz von Staat und Gesellschaft, von Ordnung und Fortschritt verschworenen Bande der Anarchisten angehört, die den uncrsahrenen, unreifen jungen Man» verführt, seinen Größen wahn, daS charakteristische Zeichen aller dem RavacholiSmuS Verfallenen, angestachclt und wahrscheinlich auch den Haß deS Italieners gegen daS Oberhaupt desjenigen Staate«, der daS Blutbad von AigueS-Morte- ungesühnt gelassen, geschickt be nutzt baden, um die Mordlust deS heißblütigen Südländers zu verdoppeln und ihm den Dolch um so fester in die Hand zu drücken. DaS ist auch die Ueberzcugung deS Lyoner Untersuchungsrichters, der den Mörder wiederholten Ver hören unterzogen hat. Wie dem aber auch sein mag, der Kopf des Mörders ist dem Beil des Scharfrichters ver fallen, diesmal wird kaum ein radikaler oder socialistischer Deputirter den Mutb haben, für Begnadigung des Elenden zu plaidiren, und so wird die Unterzeichnung des TodeS- urtheils eine der ersten Amtshandlungen deS neuen Staats- oberbauptcs sein. Wen wird die Nation zum Präsidenten der Republik erküren? Gestern und heute war nur ein Name auf den Lippen aller gemäßigten Repulikancr: Casimir Perier. Auf Antrag Etiennc's beschlossen gestern Nachmittag hundert RegicrungSrepublikaner und im Anschluß daran vierzig unabbängigeRepublikaner für Perier zu stimmen und in den Couloirs des Senats wurde einstimmig seine Candidatur acceptirt. Die Radicalen beschlossen, für Brisson zu stimmen, desgleichen die radicalen Socialisten, welche eine TageSorvnung Goklet annahmen, die besagt, die Gruppe sei zwar principiell für die Abschaffung der Präsident Dned««» 8»ed»r »4»»xt«e Die alte gute Zeit. Eine Erzählung a»S Nirdersachsen von Greg. Gamarow. 81 Nachdruck »erdeten. (Fortsetzung.) Er hat viele Freude an dem jungen Herrn, viele Freude, seine einzige Sorge mag es wohl sein, daß er nur den einen bat, da steht das ganze gräfliche Haus mit dem großen Besitz aus zwei Augen — er wird Wohl bald heirathen müssen, der zunge Herr, damit wieder etwas Nachwuchs in die ssrnnlie kommt, und ist auch wohl schon so etwa« im Werk oder wenigstens im Plan." „So, so", sagte Frau Wilkner mit einem Seitenblick auf die gespannt horchende Johanna. „DaS finde ich ja sehr natür lich und sehr richtig von dem Herrn Grafen, er hat wohl irgend ein vornehme-Fräulein von außerhalb im Sinn; denn bier in der Gegend wüßte ich kaum eine Dame, an die er denken könnte." Der alte Thierarzt blinzelte listig mit den Augen. „Ei, liebe Frau reitende Försterin", sagte er, „wenn auch der alte Bergen scharf sieht und hört und sich so leicht nicht- entgeben läßt, so hat er doch in seinem langen Verkehr mit der Welt auch gelernt» daß es nöthig ist, den Mund zu ballen, um mit Jedermann gut Freund zu bleiben, und wa- soll man auch sahen? Gedanken und Vermuthungen auS- »usprechen, ist thoricht; denn Jeder kann sich za leicht täuschen." .O, ich bin nicht neugierig!" rief Frau Wilkner. etwa« kiquirt. „Ich dachte nur so daran, ob der Herr Graf in Bergholzhausen wobl mit seinen Plänen auch Glück haben würde, eS wäre doch gewiß recht unangenehm für ihn, wenn der junge Herr etwa andere Gedanken hätte, so junge Herzen sangen leicht Feuer, und der junge Herr Baron Hilmar könnte rielleicht auch seine eigenen Wege gehen, da sollte der Herr Gras nur rasch vorwärt- machen, wenn er etwa« im Sinn und Plan hat." Der Thierarzt wurde ernst und sagte mit großem Nach druck: .Davon kann keine Rede sein. Frau reitende Försterin, t«i s»lche» Herrschaften. Baron Hilmar ist ein junger, ver- Pcklßter und lebenslustiger Herr, er mag wohl hier und da seine kleinen Liebeleien gehabt Haben, wie da- in der Jugend vorkommt, aber wenn eS ernst wird, dann wird er schon wissen, wa- er seiner Familie schuldig ist, da- bat der alte Graf auch gewußt, und er hat doch gethan, wa- er thun mußte, obgleich er auch wohl ein Herz gehabt hat, als er jung war, und ihm auch wohl reckt schwer geworden sein mag, sich mit seinem Herzen abzufinden." Er leerte schnell sein Glas, um sich zu verabschieden »nd da- Gespräch abzubrechcn. Ich fahre nach Anzersum zurück, wir haben denselben Weg, mein lieber Herr Wachtmeister", sagte er, „und habe aus dem Rückweg nur einen kurzen Besuch zu macken, wie wäre cS, wenn Sie mit mir führen, — schlecht gefahren ist immer bester, als gut gegangen " „Das wohl, Herr Thierarzt", erwiderte der Gendarm zögernd, indem er zu seinem Arrestaten hinübcrblickte. „Nun, den Harbrand nehmen wir auch mit", rief der Thierarzt lachend — „Sie setzen Sich zu mir und er auf den Hintersitz, ich stehe dafür, daß er nicht abspringt." „Bei Leibe nicht, Herr Thierarzt", ries Härbrand, indem er rasch aufstehend da- letzte Stück seines Gebäcks und den letzten Schluck seine- Branntweins hinunterschlucklc. Dann eilte er zum Wagen hin, während der Thierarzt noch für die Ziege der Frau Wilkner eine Verordnung gab, band da- Pferd los und stellte sich mit dem Zügel in der Hand bereit. Der Thierarzt nahm Zügel und Peitsche. Der Gendarm setzte sich neben ibn. Ter Ärrestat stieg auf den Hintersitz und fuhr so höchst würdig und bequem davon, ui» in Angersum der Obhut de- Herrn Amt-vogt Philipp über antwortet zu werden. „Jetzt aber muß ich fort", rief die alte Johanna» „der Herr Dechant könnte unwillig werden, wenn ick zu lang au-bliebe, da er Besuch von dem Herrn Baron bat." „Sie sehen wohl, Frau reitenve Försterin", flüsterte sie der Frau Wilkner zu, al- diese sic an da- Garlenthor begleitete, „daß Ihre Sorge wegen de- Baron- keinen Grund hat." Frau Wilkner zuckte mit bedenklicher Miene die Achseln und sagte leichthin: „E- kommt oft vor, mein liebe- Pastorenfräulcin, daß die Söhne nicht so wollen wie die Väter" — und nachdem sie noch diese- Saatkorn de« Mißtrauen- in die Seele der schnell davooeilenden Johanna geworfen, kehrte sie zu ihrem Kaffeetisch zurück, um den ganz nachdenklich gewordenen Förster über alle möglichen Dinge zu unterhalten, die mit den eben berührten Gegenständen keinen Zusammenhang hatten. schaft, kalte cS aber doch für ibre Pflicht, einem Candidatcn der „capitalistischen und klerikalen Rcaction" den Weg zu versperr«,. Da« läßt erkenne», welch böse- Gewissen die Gruppen der äußersten Linken bade», und wenn Casimir Perier an- Ruder gelangt, so können sie gewiß sein, daß er unter dem Beifall der Nation ihnen den Daumen gehörig ausdrückcn wird. Auch in Frank reich wird man cS jetzt verstehen, daß »nbarmderzige Zwangsmittel gegen einen toll gewordenen RadicaliSmuS mit Rcaction absolut nichts zu thun baben. Heiß, sehr heiß wird der 3la»ipf um die Präsiocntschast werden, aber trotz der heftigen Campagne der vereinigten Väter tcS Anar- ckiSinuS gegen Casimir Perier ist dessen Wahl doch mit ca. 480 Stimmen, einschließlich der conservativen, wahrscheinlich. — Ein merkwürdiger Zufall hat eS gewollt, daß daS gegen Carnot verübte Verbrechen gerade am Jahrestage der Schlacht bei Solfcrino stattsank, in welcher vor 35 Jahren, am 24. Juni 1559, die vereinigten Heere Frankreicks und Italiens gegen Oesterreich siegreich fochten; der ErinncrungStag war sowohl in Oberitalien, an der Ställe deS Kampfes, als durch einen Austausch von Höflich keiten in Paris begangen worden. ES ist fcrner ein seltsames Zusammentreffen, daß in unserer Zeit eS gerade drei Ober häupter großer republikanischer StaalSwesen waren, die den Meuchelmördern zum Opfer gefallen: in den Vereinigten Staaten 1865 Lincoln und 1881 Garsield, in Frankreich Carnot. In der Vollbringung der Verbrechen erinnert daS letzte frappant an die Ermordung König Heinrich s IV. durch Ravaillac: auch dieser war, wie Cesario Santo, aus den Tritt des Wagens gestiegen, in welchem sein Opfer saß, und balle den Köniz erdolcht. In der Italienischen Presse wird der Plan einer deutschen Finanzgruppc, mil deutschem Capital ein Bankgeschäft in Italien zu begründen, seit Ankunst der deutschen Vertreter in Rom zum Gegenstand einer gereizten Erörterung gemacht. Anstatt ihre Befriedigung darüber auszusprechen, daß sich trotz der Krisen und Enthüllungen, welche die letzte Zeit auf dem Gebiete dcö italienischen Bankwesens gebracht hat, aus wärtige Eapitalistcn finden, die durch Anlage von 25 Mil lionen im italienischen Geschäft neue- Vertrauen und neue Antriebe in daS italienische WirihschaftSlcbcn zu bringen geneigt sind, spielen manche Blätter die Rolle des Empfindliche» und Gekränkten. Sie erklären cS gewissermaßen für eine Beschimpfung, die sich Italien nicht bieten lassen dürfe, daß die deutsche Gruppe ihr Capital in Gold bei der Banca d'Italia iiiedcrlege» und dafür Scheine der Bank entnehmen wolle, aber unter der Bedingung, daß sie ihr Gold jederzeit zurückzichcn könne. Zugegeben, daß für die Banca d'Italia diese Bedingung etwas hart ist, so kann man doch nicht verstehen, wie die Vorsicht eines sorgsamen Ge schäftsmannes, die gerade in Italien nach den jüngsten Er fahrungen dringend am Platze ist, von einzelnen Organen der öffentlichen Meinung als eine Beleidigung der Credit- würdigkcit Italiens ausgcsaßt werden kann, so daß sie schließ lich den Wunsch aussprechen, die deutschen Banquiers möchten mit ihre» Millionen lieber jenseits der Alpen bleibe». Finanzielle Fachblätter theilen diese Auffassung allerdings nicht, und die deut scheu Unternehmer werden sich daher auch nicht irre machen lassen; aber eS wäre doch im Interesse Italien-, da- de- auö wärtigen Capitals immer noch so sehr bedarf, entschieden besser, wenn eine gewisse römische Tageöpresse in ernsten wirthschaftlichcn Fragen auf den Ton deS empfindlichen Hoch muthS verzichten wollte. — Zn der Angelegenheit Giolitti Banca Romans haben die letzten Tage zwei Ereignisse gebracht, die nicht unbeachtet bleiben dürfen. Eine Ver sammlung von Wählern Giolitti'S in Dronero hat am l7. d «l«zetge».Preir die -gespaltene Petitzeile re Psg. Reklame» »»rer dem Redactto»sstrich <4«a» spalte») ÜO-H, vor de» Familie»»achnchtr» (k gespalten) 40-4- Größere Schritte» laut »asrrr» Prri«- »«ttichaiß. Dabellarilcher und Ziffer»!as »ach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt). a»r mit der Morgen»Ausgabe. ohne Poftbesörderuag ^4 SO.—, mit Postbesorderuag ul ?0.—. Anaahmeschluß für Anzeige«: Abend-Au-gab«: Vormittag- 10 Uhr. Margea-Au-gade: Nachmittag- «Uhr. So»»- »»d Festtag- früh V,9 Uhr. Lei de» Filiale» ond Annahmestellen je rin» halb« Stund« früher. U»»rige» sind stet» »» di« Oxprsitia» zu rieten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 88. Jahrgangs gewissermaßen al- Antwort auf den offenen Brief ihre« Ver treters über seinen Antbeit an dem Proceß gegen die Banca Romans ihm ibr volles Vertrauen ausgesprochen. Wichtiger als diese Kundgebung seiner Getreuen ist für Giolitti die Zeugen aussage des Abgeordneten Bonacci, der in seinem Cabinet der erste Iiislizminister gewesen war. Die gegnerische Presse hatte in den letzten Wochen ungeduldig »ach den Aussagen Bonacci'S ver langt. indem sie erwartete, sie würden für Giolitti schwer belastend sein, d. b. neues Material für den Borwurf bieten, der ehemalige Ministerpräsident habe ungesetzlich in die Untersuchung gegen Tanlongo eingegriffen. Ader genau daS Gegentbeil ist geschehen; die Erklärungen Bonacci'« dienen, wie der „K. Z." an- Nom geschrieben wird, zum Tbcil unmittelbar zur Rechtfertigung Giolitti'S, zum Theil lassen sie die Anschuldigung, dieser bade gewisse Acten au- dem Proceß entfernen lasse», immer unkallbarer erscheinen. Deutsches Reich. ff Berlin, 25. Juni. Die Sicherheit der Ocean- schisfsabrl ist wesentlich mit dadurch bedingt, daß jede- einzelne Schiff auf hoher See während der Dauer der nächt lichen Dunkelbeil seine vorschriftsmäßigen Signallaterncn führt. Es berührt daher eigentbümlich, Laß in dieser Hin sicht gerate von der weitaus stärkste» Handelsmarine der Wett, der englischen, am meiste» gesünvigt wird. Auf der englischen .HanvclSniarine scheint eS mehr zu den Au-nahmen, als zu der Regel zu gehören, daß Segelschiffe bei Nacht vor- schritt-mäßig beleuchtet sind, abgesehen etwa, wenn sie sich aus den meistbesahrcncn Hockseestraßen bewege» oder solche kreuzen. Wenn, wie letzthin von der Mannschaft eine- in einem sndwallisischen Hasen bchcimatkclcn Segelschiffe- vor Gericht eidlich bekundet wurde, aus ihrem Schiff, welche« von Iquique in Peru nach Dünkirchen segelte, während voller 85 Nächte keine Signallicktcr geführt wurden, so gelangt mau aus Grund dieser Aussage zu Schlußfolgerungen, welche für die Ordnung a» Borv brilischcr Segelschiffe möglichst un günstig ansfallen. Wie unzählig viele Collisionen auf hoher See mögen schon infolge derartiger Bernachlässigung einer der ersten nautischen Vorsichtsmaßregeln herbcigeführt worden sein! " Berlin, 25. Juni. Die Commission für Arbeiter statistik ist, wie bereit- kurz erwähnt, am Sonnabend unter vcm Vorsitz deS UnterstaatSsceretairS 11r. von Rottenburg im NcichSamt de« Inner» zlisammengctreten. Ten ersten Gegen stand ikrer Bcralbuiigcn bildete» die Entwürfe zur Regelung der Arbeitszeit in den Bäckereien uod Eon- ditoreicn. Nach kurzer Debatte wurde der 8 l, wodurch die Arbeitszeit aus zwölf Stunden festgesetzt und den Arbeitern eine ununterbrochene Ruhezeit von 8 Stunden bewilligt wird, angenommen. Bei 8. 2, nach welchem sür die Lehrlinge di« Arbeitszeit im ersten Lehrjahre zwei Stunden und im zweiten Lehrjahre eine Stunde kurzer sein muß als die der Gesellen, wurde beantragt, doh eS verboten werden solle, Lehrling« im Alter unter 16 Jahren vor 4 Uhr Morgens zu beschäftigen. Jur Motivirung dieses Anträge! wurde noch einem im „Vorwärts" enthaltene» Bericht angesührt. daß in Norwegen, England, Frankreich, Luxemburg, Schwede», Oesterreich und anderen Staaten die Nachtarbeit jugendlicher Per sonen verboten sei und dort blühe und gedeihe das Bäckerhandiverk auch. Der heulige Zustand, daß beispielsweise von den 23000 Meistern deS Gerinania-JnnungsverbandeS neben 19 000 Gesellen 15 000 Lehrlinge beschäftigt werden, sei unhaltbar. Die Gegner des Antrages glaubten, dos; die Nachtarbeit der Lehrlinge zu ihrer Ausbildung ersorderlich sei. Der LehrlingSzüchterei müsse mit anderen Gesetzen enlaegengetreten werden. Der Antrag wurde ab ge lehnt, beschlossen wurde, dag im Entwurs ausgesprochen werde, daß die Ruhezeit der Lehrling« um zwei resp. «ine Stunde länger sein müsse als die der Gesellen. K. 3, Johanna kam nach Hanse zurück; sic fand da- Wohn zimmer leer. Da- Pferd de» Baron« war an eine Krippe aus dem Hof gebunden und fraß mit Behagen von dem duftigen Heu, daS au- dem Ziegcnstall geholt und ihm vor- gcworfen war. lieber diesen Eingriff in ihre Wirtschaftsführung ver stimmt, ging die Alte in den Garten, um sich die Befehle ihre- Herrn für da- Abendessen zu holen. Aber der Dechant war nicht da. Zwischen den Blumenbeeten ging Anna mit dem Baron einher, beide schienen im lebhaften Gespräch begriffen und blieben gerade, als die alte Johanna au- der HauSthür trat, vor einem Roscnstock stehen, der einige späte Hcrbstblüthen trug. Hilmar pflückte eine derselben und reichte sie Anna, welche die Blume auf seine Bitte, wie eS schien, an ihren Busen steckte. Dann brach sie selbst eine zweite Rose von dem Stock und gab sie dem Baron Dieser hob die Rose empor, als ob er ihren Duft einziehen wollte, aber die Alte glaubte mit ihrem scharsei» Blick zu erkennen, daß er den hälbzeschlossenen Kelch an seine Lippen führte, ehe er die Blume in da- Knopfloch seine- Rocke- steckte. Sie war näher gekommen und hörte, wie Hilmar sagte: „Da haben wir nun jeder einen Abschiedsgruß der scheidenden Sommerzeit, Fräulein Anna, möchte diese Blüthe Ihnen wie mir eine freundliche Botschaft sein, daß nach dem Winter ein neuer Frühling neue Rosen treiben läßt." Anna blickte mit ihren großen blauen Augen schnell zu ihm auf. Dann senkte sie seufzend und leicht rrröthend da« Haupt. Johanna, welche von den beiden bi-hcr nicht bemerkt war, trat schnell heran und sagte mit einem tiefen Knicks in spitzigem Ton: »Ich suche den Herrn Dechanten, um mir die Schlüssel wieder auszubitten." Die beiden jungen Leute schienen eia wenig befangen über da- plötzliche Erscheinen der Alten. „Die Schlüssel liegen auf meinem Tisch", sagte Anna, — „der Onkel wurde noch zu einem Kranken gerufen und der Herr Baron von Berzholz wollte seine Rückkehr erwarten." Hilmar reichte Johanna die Hand, welche diese ebrerbietig berührte, ohne daß die unmuthigen Falten ihre- Gesichte« sich glätteten. „Und ich bin unbescheiden genug", sagte er dann, „den Herrn Dechanten um rin Butterbrot zu bitten, nicht wahr, Fräulein Anna, der bochwürdige Herr wird mir da« erlauben und mich nicht hungrig nach Hause reiten lassen", fügte er scherzend hinzu. Ebe noch Anna antworten konnte, kam der Dechant auf dem Gartenwege her. Er begrüßte den jungen Mann mit kräftigem Handschlag und befahl sogleich der alten Iobanna, eine Flasche RüdcS- heimer zum Abendessen herauszuholcn. „Und wenn die zweite bereit steht", fügte er lachend hinzu „so wird eS auch nicht- schaden." Anna eilte in- Hau-, den Tisch zu decken, und die- ver mehrte noch die Unzufriedenheit Johanna-, welche sich durch ihre geräuschvollen Handirunge» in der Küche kundgab. Der Abend verlief wie mancher andere. Tie Herren tranken wacker von dem alte» edlen Rebensaft und sprachen manches ernste und manche- heilere Wort zur großen Freude de- Dechanten. Anna hörte zu und machte zuweilen, durch Hilmar an geregt, eine Bemerkung, welche ihren Oheim zu einem au- erkennenden Kopfnicken veranlagte, und wenn zwischen den beiden jungen Leuten vielleicht noch eine andere Sprache durch Blicke, Auzcnaufschlag und Niederschlag geführt sein mochte» so hatte der geistliche Herr dafür weder Auf merksamkeit noch Verständniß. Spät erst ritt Hilmar aus seinem ungeduldig ausgreifenden Pferde durch die hcrabsinkende Nacht nach Hause. Die alte Johanna batte aber den ganzen Abend nachdenklich in ihrer Küche gesessen, zuweilen die Lippen und die Hände bewegend, als ob etwa« mächtig in ihr arbeite und die Gedanken die Worte suchten. V Der Dechant batte am nächsten Morgen seinen Kaffee getrunken und zündete sich mit besonderem Behage» seine erste Pfeife an, nachdem Anna, die wäbrcnd der Vormittags stunden ihren Oheim stet- seinen Beschäftigungen zu überlassen pflegte, sich mit einer Handarbeit in die GaiSblattlaube de« Garten« gesetzt hatte. Ta trat die alte Iobanna herein, um da» Kaffeegeschirr herauszutragen Der Dechant, welcher gerade einen Zeitung-artikel, den er sich zu besonderem Studium aufgehoben batte, zur Hand nahm, erwartete mit Ungeduld, daß die Störung beendet werde. Johanna aber ging, al- sie die Taffen ineinander gestellt hatte, nicht wie sonst wieder hinau«, sondern strich sich mit
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