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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.06.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-06-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940628016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894062801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894062801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-06
- Tag1894-06-28
- Monat1894-06
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S: BezugSPreiS U »a Haupterpedttio« oder de» im Stadt« ' ? uad dm Vororte« errichtelen Aul« «vm abgeholt: virrteljihrlich^4^0, ... - >s„Uu»- in» st bezogen für vierlelläyrlich S.—. Direkte täglich« Srenrbandiendung in» Lusland: monatlich äst 7L0. Uevtorgen.«u»-,b« erscheint täglich'/,? Uhr, di» LÜud-Lusgab« Wochentags 5 Uhr. Urdactio« «ud Er-e-itio«: AahauueSgafie 8. Die Lrveditton ist Wochentag« annnterbroche» geöffnet von früh 8 bi» Lbend» 7 Uhr. Filiale«: vtta «e»»'« Sarti«. (Alfred H«h»), Universität« stratze 1, Laut» Lasche, tatharinenstr. 14, pari. »ad KSnigspla- 7. 325. Morgen-Ausgabe^ cipttAtr TagMall A«zeiger. Lrgan für Politik, Localgcschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Donnerstag den 28. Juni 1894. Anzeigen-Peeio die 6 gespaltene Petitzrile SO Pfg. Reklame» unter dem Rrdactionsstrtch (4«m spalten) SO-4, vor den yamillenuachrichte» (6 gespalten) 40^. Gröbere Schriften lant unsere» Amis» verzetchuiß. Tabellarischer und tzissmnsatz nach höherem Tarif. Grtrn-Veila,rn (gefalzt), nur »M de» Morgen-Ausgabe, ohne Postbafdtcheenng >l 80.—, mit Postbesörderuag XI—. Äuuahmrschluß fiir Iiiyeig«: Lbend-Lusgabe: Bormittag» K> Uhr. Morgea-Ausgab«: Nachmittag» »Uhr. Sonn- und Festtag» Bet den KUialen und Lauahn halb« Stnnde früher. A»iei,e« sind stet« an dt» GgLedttta» z» Uchte». jeet» Druck and Verlag von G. Pol» in Letplig 88. Jahrgang. ff Im Interesse rechtzeitiger und vollständiger Lieferung des Leipziger Tageblattes wollen die geehrten Leser die Bestellung für das III. Vierteljahr 1894 baldgefälligst veranlassen. Das Leipziger Tageblatt erscheint wöchentlich 13 Mal. Ter Bezugspreis beträgt wie bisher vierteljährlich für Leipzig 4 ^ 50 ^s, mit Bringerlohn für zweimaliges tägliches Zutragen 5 50 durch die Post bezogen für das Deutsche Reich und Oesterreich-Ungarn 6 In Leipzig nehmen Bestellungen entgegen sämmtliche Zeitnugsspcditeure, die Hmrptexpedition: Johmmesgaffe 8, die Filialen; Katharinenstratze 14, Königsplatz V und Nniversitätsstratze 1, sowie nachfolgende Ausgabestellen: Arudtstraste 35 Herr k. 0. Mittel, Colonialwaarenhandlung, Beethovenstraste 1 Herr L'llevä. keter, Colonialwaarenhandlung, Brühl 80 (Ecke Goethcstraszc) Herr kerm. ke88ke, Colonialwaarenhandlnng, Frankfurter Strafte (Thomasiusstraßen-Ecke) Herr Ottokraur. Colonialwaarenhandlung, Löhrstrafte 15 Herr küuarü Ketrer, Colonialwaarenhandlung, Marfchnerstraste 0 Herr kau! iZeliroidLr, Trozengcschäft, Nürnberger Straße 45 Herr Ll. k. ^Idreelit, Colonialwaarenhandlung, Zeitzer Straße 35 Herr V. KÜ8ter, Cigarrenhandlnng, in Anger-Crottendorf Herr ködert (Ureiner, Zweinaundorscr Straße 18, in Neustadt Herr Klemens 8el»elt, Eisenbahnstraße 1, - Connewitz Frau 1l8«nei', Hermannstraße 23, 1. Etage, - Plagwitz Herr k. (irütxmuiin, Zschochersche Straße 7», - Eutritzsch Herr ködert ^ltner, Buchhandlung, Tclitzschcr Straße 5. - Reudnitz Herr ll'. ku^munn, Marschallstraße 1. - Gohlis Herr Ili. krltrselie k'nedfoixvr (kattI»68M8), Mittelstraße 5, - -- Herr kernd. >Veder, Mühengeschäft. Leipziger Straße 6, - Lindenan Herr L. Kutderlet, Cigarrenhandlnng, Markt 22, - Thonberg Herr k. Krinl8ed, Neitzcnhainer Straße 58, in Bolkmarsdorf Herr 6. 4. Xnuwann, Conradstr. 55 (Ecke Clisabethstr.). Peterskirchhof 5 Herr Kux >lertd, Buchbinderei, Pfaffendorfer Straße 1 Herr 4. t. Olussen, Colonialwaarenhandlung, Ranftsche Gasse 0 Herr krltzilr. 1 i8cI»Lr, Colonialwaarenhandlung, Ranstädter Steinweg 1 Herr 0. kniz-olmunn, Colonialwaarenhandlung, Schntzenstraße 5 Herr 4n!. 8i4mmi( Iien, Coloniallvaarenhandlung, Westplatz 3Ä Herr ll. Illttrwl», Cigarrenhandlung, Norksttaße 3Ä (Ecke Berliner Straße) Herr 0. I)rdu8, Colonialwaarenhandlung, Amtliche Bekanntmachungen. Erledigt hat sich unsere Bekanntmachung vom 12. Januar 1894, den Tapezierer Heinrich Friedrich Christian Howtn» betr. Leipzig, am SS. Juni 18S4. Der Math »er Stutzt Leipzig. 4. L. IV., Sl4b. Ärmenamr, Atzttz. II. ^ Hentschel. Dolge. Sekanntmachung. Di« öffentlichen Hebaunnruprüsuuge« sturen Freitag, tzen ZV., und > Nachmittag» Sa««atzentz, ve« SV. Junt tz. A., / von 3—5 Uhr im Auditorium der Universitäts-Frauenklinik statt. Leipzig, den LI. Juni 1894. Die Direetisn tzer K Hctzamuicn-Lchule. Prof. vr. Zweifel. Lekanntmachung. ' lieber da» Vermöge» de- Schneidermeister» Ludwig Ehler» hier ln Firma P. Eisrta Nachfolger ist am SS. Junt 18S4, vormittag» 1»'/. Uhr da» Toncursverfahren eröffnet. Offener Arrest mtt Anzeigepslicht bi» zum 14. Juli er. Anmeldefrist bi» zum 14. August er. Erste Glänbigerversammlung den 14. Juli 18V4 Vormittag» S Uhr. Prusangötermin am 1. Septemtzer Vormittag» 10 Uhr Verwalter: stausmann W Tennstedt hier. Torga», LL. Juni 1894. stöuigltchr» Amtsgericht, gez. Buss». Veröffentlicht: Dohm«, Secretair. KGleß. In Sachen betreffend die Entmündlguna de- früheren Bureau- gebtlfen Ntchartz vuhrbank*), zur Zeit in Warmbrunn im Hedwigs, slist, hat da» Königliche Anitogericht zu Hirschberg durch deu Aml-- gericht-rath Schuhmann am 15. Juni 1894 beschlossen: Der früher« Bureaugelstife Ntchartz Vuhrtzauk, zur Zeit in Warmbrunn im tzedwlg-stlst, wird für einen Verschwender erklärt und hiermit entmündigt. Derselbe hat die stosteu de- Lerfahrea» zu tragen. Hirschberg, den IS. Juni 1894. Königliche» Amttzgericht I. *) In der Insertion vom SV. d. M. ist fälschlich Ruhrbauk gedruckt worden. Der neue Präsident der französischen Republik. p. Nach einem Interregnum von nicht ganz drei Tagen, da- so jahlin^ or—-.»r ^ war, hat die mit größter Wahrscheinlichkeit vorau-zu herige Kammervorsitzende Casimir Pirier vom National congrrß in Bersaille» heute Nachmittag im ersten Mahlgang mit 451 von 853 abgegebenen Stimmen, also mit 24 Stimmen über die erforderliche absolute Majorität, zum Präsidenten der Republik erwählt worden, und so tritt in schwerer, bewegter Zeit unter Umständen, wir keiner seiner Vorgänger seit der Annahme der Verfassung sie vorgefunden, der Mann an die Spitze de» Staatöwesen», den die Volk»siimme mit seltener Einmüthigkeit al» den rechten Manu bezeichnet hatte. Offenbar hatte Frankreich nach dem sürchterlichrn «reigniß vom 24. Juni erkannt, daß rin starker Wille an der Spitz« de» Staate» uöthig sei, eine unbeugsam« Energie, aber auch eine staat«mänaische Intelligenz, dir sich selbst in der Gewalt hat und weise« Maß zu sich . . halten versteht. Alle diese Eigenschaften find in Perier vereinigt, und er hat während seiner Ministerpräsidentsckiast Gelegenheit genug gehabt, sie zu bethäligen. Der neue Präsident der Republik verfügt außerdem über einen angesehenen Namen vom Vater und Großvater her, er entstammt, wie man in Frankreich sagt, einer republikanischen Dynastie, wie Earnot, besitzt «m große» Vermögen und dedentrnte Besitzungen, wa« ihn al» völlig unabhängigen Mann empfiehlt, und steht in dem Ruf. dra Elrmraten de« Umstürze« sehr eatschloffen und de» Vertretern eine« fanatisch verblendeten Ehauviai««u» sehr kühl gegenüber zu stehen. So »irtz Easimir Perirr sei»«« Vorgänger«, den er an staat«- »Lulisch«« Gost »tschirdr» überragt, m jeder Beziehung würdig, und gleich ihm bestrebt sein, die Staatsform zu estigc», die Ordnung im Innern zu sichern und den euro päischen Friede» zu erhalten. Hoffentlich mit Erfolg! An Widersachern wird eS ihm freilich nicht fehlen, ja sie werde» ihm zahlreicher erstehen, als Sadi Earnok, da er weit mehr als dieser rin ausgesprochener Parleimann ist, der nie ein Hehl daraus gemacht hat, daß er nur in einer homogenen aiemäßigteu Regierung daS Heil der Republik erblickt. Dir '^ociallstui, ja die Nadicalen bi»> zu de» gculäßigte» Lichäugcrii Bourgeois' sind ihm seiodlich gesinnt, und wenn e? sick bestätigen sollte, daß die frauzöslichcii Klerikalen vom Balica» angewiesen worden sind, für Perier zu stimmen, so ist raS wohl nur geschehen, weil man zwischen zwei liebeln: Perier und Dupuy, das kleinere wähle» wollte. Setzt der neue Präsident der Republik seine Politik gegen die Ucber- jrisfe Roms mit derselben Consequcnz fort, wie er ie als Minister - Präsident geübt hat, so wird er auch den Klerus im Bündniß mit der äußersten Linken unter einen erbittertsten Gegnern finden. Einer ruhigeren Zu kunft kann ma» daher nur dann eiitgegeiischcn, wenn die Wählcrmassen sich von den extremen Paricicn, auf der Linken wie ans der Rechte», adwende» und dieselbe» noch mehr in die Minderheit dränge», und in dieser Hinsicht darf man ich allerdings bescheidene» Hoffnungen hiiigcbe», da der »lutige Schatten Earnol'S doch wohl noch eine gute Weile als warnendes Mene Tekcl sich bewähren dürste. Die hier und da aufgetauchle Bcsorgniß, daß Dupuy, der neben Casimir Perier ja die meiste» Aussichten hatte, in einen dauernden Antagonismus zu diesem treten könnte, vermögen wir nicht zu theileu, da Tupuy'S Patriotismus und die Selbstlosigkeit seines Ekaraklcrs doch über jeden Zweifel erhaben scheint. Er wird gewiß mit Perier freundschaftlich zusammeiiarbeiltn, so lauge dieser un entwegt den Traditionen der Republik folgt. Ueber den LebenSgang des neugcwähllen Präsidenten sei Folgendes recapilulirt: Jean Pierre Paul Eajimir Per irr ist am 8. November 1847 in Paris geboren. Sein Großvater war jener Easimir Perier, dem a'l« Mitschöpfer und erstem Staatsmann des Iuli-KönigtbumS insbesondere die besitzenden Classen in Frankreich ein dankbares An denken bewahrt haben. Sein Vater war unter ThierS Minister der dritten Republik. Durch ernste und gründliche Studien bereitete er sich für das politische Leben vor, in das er einige Jahre nach dem drutsch-sranzösischei, Kriege eintrat; in diesem batte er sich als Ofsicier in der Mobilgarde mehr fach, insbesondere in dem Gefecht bei Bagueux am 13. Oclober, ausgezeichnet. Bei den Abgeordnetcnwahleii am 20. Februar 1876 trat er als republikanischer Bewerber auf und wurde ohne Widerstand gewählt; er ließ sich beim linke» Centruin und bei der republikanischen Linken einschreiben. 187? und 188l wiedergewählt, legte er am 1. Februar 1882 sein Mandat nieder, weil er mit der Verbannulig der Präien- dcntrnfamilien auS Frankreich nickt einverstanden war. Zwei Monate später kehrte er neugewählt in die Kammer zurück, der er seither ununterbrochcn angehörte. Er war Unler- staatSsccretair in den Ministerien tcS Unterricht« und des Krieges, Mitglied der wichligstcn KanimerauSschüssc, in fünf auseinandersolgenden Tagungen Vicepräsikent der Kammer, die ihn nach dem unfreiwilligen Rücktritt Floquet'S währcnv der schlimmsten Zeit der Panamakrise zu ibrem Vorsitzenden wählte. Schon in früheren Jahren war wiederholt die Aufforderung an »bn hrrangetreten, in eines der rasch wechselnden Cabinete rinzutrelen, doch lehnte er jederzeit klüglich ab, sich für größere Zweckt anfsparend. Auch al- ibm nach dem Sturze Ribol'S die CabinelSbildung angeboten wurde, ging er darauf nicht ein. Die am 20. August und 3. September v. I». neugewählte Kammer übertrug ihm neuerding» den Vorsitz. Al- dann im November da» CoalitionSministerium Dupuy» daS eine Versöhnung zwischen Radikalen und Opportunisten darstrllen sollte, von den den Erster«» entnommenen Mitgliedern meuch> ling» gestürzt wurde, galt Perier allgemein als der Mann der Situation, aber auch jetzt sträuble er sich, die Mmister- präsidrotschast anzunehmen, und r« bedurfteksünfmaliger Auf forderung CarnorS und eine- beweglichen Appell- an feinen patriotischen Opsermuth, um ihn zur Bildung de- Cabinet« zu vermögen. Er vollzog dieselbe am 2. December I89Z, bereitet« sich aber schon am 22. Mai >894 absichtlich seinen Sturz, nachdem er vorher schon zehn- und mehrmals di« I Vertrauru-frage gestellt hatte, offenbar in der Hoffnung, I einmal ein Votum zu provociren, da- ihm einen günstigen I Abgang ermöglichte. Er wollte sobald al- möglich al« Ministerpräsident sterben, ui» neck rechtzeitig als Präsident der Republik auserslchen zu könne». Die über den Wahlact uns zngegangenen Telegramme lauten: * Vrrsaillcs, 27. Juni. (Telegramm.) Die strengsten Maßregeln sind getroffen, um die Ordunng aufrecht zu erhalten und die Zugänge zum Congreßsaale frei zu machen. Von ll Ubr ab sind die Straße» besetzt durch Polizei - EordonS. Zn der Rue Gauibetta, wo das Congrcßgcbäule liegt, ist der Wagrnverkehr vollstän dig verboten. Die Truppen sind in den Ca- erncn c o n s i g n i r t. Am Bahnhöfe steht eine Ab- beilung des 5. Pionicr-RegimentS. In tilier Vorver- ammlung der Linken im Variötö-Tbcater, waren un gefähr 100 Mitglieder anwesend. DaS radikale Element war vorberrs chend. Der Vorsitzende Verinak chluz die Candidatur Brissvii'ö vor, welche ein- limmig angenommen wurde. Die Versaiiimlung bevoll mächtigte das Bureau, im Falle außerordentlicher Vorkommnisse beim Cvngreß den Umständen gemäß vorzuaehen. * Versailles, 27. Juni. (Telegramm.) Die Ver einigung der Drputirte» und Senatoren der Rechten beschloß, für de» ersten Wahlgang den General Fevrier als Caiididateu für den Präsidenten der Republik aufzustellen. * Versailles, 27. Juni. (Telegramm.) Der Saal de- Congresse« und die Tribünen sind überfüllt, die Diplo»iaten- tribüne ist vollständig besetzt. Cballemel-Lacour als Präsident eröffnet die Sitzung um l Udr lO Minuten mit olgciidcn Worten: „Sic kennen da- schmerzliche Ereigniß, daS de» Zusammentritt de« CongresscS veranlaß»«, ein Ereigniß, welche- Frankreich in Trauer versenkt hal und alle fremde» Regie rungen odncAuSiiabine tief bewegt." Cballemel-Lacour verliest sodann die auf die Prästdentcnwabl bezüglichen Artikel der Verfassung. Er erklärt die Nationalversammlung für constituirt und schreitet zur Ausstellung der Scrutatoren durch da« LovS. D6jcante begehrt daS Wort, um die Ab- schafsung derPräsidentickasl der Republik zu verlangen. — Michel in begehrt gleichfalls da« Wort. Der Präsident Cballeiiirl - Lacour verweigert es Beiden. Baudry d'Asson will sprechen, wiro aber von zahlreichen Stimme» und dem Ruse „Schweigen!" unterbrochen. Man schreitet daraus zum naiilentlicke» Ausrufen der Mitglieder de- CongresieS. Casimir Perier wohnt der Sitzung nicht bei. * Versailles, 27. Juni. (Telegramm.) Dupuy bat auf der Ministerbank Platz genommen, der deutsche Bot schaster Gras Münster ist auf der Diplomatentribüne an wesend. Die Parteien sind so viel als möglich gruppirt. Die Abstimmung vollzieht sich ohne Störung, viele Mitglieder begeben sich nach Abgabe ibreS BotumS nach dem Park. 3'/« Uhr Nachmittag- ist die Abstimmung im ersten Wahlgang geschlossen worden. DaS Crgebniß wird in einer Slnnde bekannt gegeben werden. * Vcrsailr«, 27. Juni, 4 Uhr 30 Min. Nachm. (Tele gramm.) Der Cvngreß wählte im erste» Wablgange Casimir Perier mit 45l von 853 Stimmen zum Präfidente« der «epudltk. Deutsches Reich. Berlin, 27. Juni. Die entsetzliche Unthat von Lyon ckarakterisirt sich zweifellos al- daS Werk eine- Anarchisten; schon der Umstand, daß der Verbrecher jede Auskunft ver weigert, bi» er vor den Geschworenen erscheint, würde, wenn ein Zweifel »och Vorlage, die Oewißbeit de« anarchistischen Ursprung« verbürgen. Tenn da- gehört ja immer zu der „miss eu scLne" dieser Schurken, sich möglichst lange in gc- heimnißvolle« Dunkel zu hüllen, vor rem GerichlSbof sich in Phrasenhaftem Wortschwall zu ergebe» und comövienhaft - den Tod zu geben. Dir Beurthcilung und Berurtbeilung! Attentat» ist übereinstimmend dieselbe in allen bürger lichen Blättern der civilisirlen Welt — aber eben »ur in den bürgerlichen Blättern. Dir Socialdemokraten, die sich als „Genossen" bezeichnen unv die Pflichten der Staatsbürger vcrjeugnen, aber deren Rechte voll be anspruchen, haben ihren eigenen Moralcotex, der von den Grundsätzen der „Bourgeois" erheblich abweich». Da» Attentat ans CriSpi wird vom „Borwärt»' al- fingirt bingestrllt, und dem Frevel Santo» gegenüber stellt sich da» leitenoe Blatt der deutschen Socialdemokratrn so, al« ob man e» mit der Thal eine» Wahnsinnige» zu thun habe. Die gerichtliche Uiilersuchiing wird zweifellos den acten- uiäßigcn Beweis erbringe», daß man cS mit dem Wohl über legten Verbreche» eine« Anarchisten zu thun hat. und daß der Anarchismus lediglich die Censcgucuz der „zielbewnßtcn" Socialdcmokralie ist; dafür sind längst hinreichende acten- inäßige Belege erbracht. Die Werner, Wilkberger und Cousorle», die heutigen Führer der Berliner Anarchisten, waren frübcr in der socialteniokratischen Partei angesehene Führer. Und wenn der „Vorwärts" jetzt diese Leute von sich abznschülteln sich bcmübt uud darauf hinweist, daß die Socialdemokralie cS nicht mit Personen zu thun habe, sndern da« System bekämpft, so beweist er in jeder Nummer und aus jeder Seite da« Gegcntheil. Mit einer Widerlegung der Bebauplungc» diese« „CcntralorganS" braucht man sich also nickt auszuhallen. Die Socialdemo- kralic baßl das Reckt, die Ordnung, die „bürgerliche" Moral, und sie haßt die Personell, welche für die sittlichen Grundsätze der bürgerlichen Gesellschaft eiittrctcn, um so mehr, >c energischer sic auftrctcn; daher ihre fanatische Wulh gegen Bismarck, und deswegen auch, um kleinere Beispiele an- zujühre», die gerade „actuell" sind, ihr jetziges Auftreten gegen eine» Mann wie den Braucreidircctor Rösicke. Die ganze heutige Staat«- und Gesellschaftsordnung muß ver nichtet werden — daS ist da« Alplia unv Omega der Social demokraten wie der Anarchisten, weitere Grundsätze hat weder die eine noch die ankere „Partei", beide wollen den großen „Kladderadatsch" herbeifiibrc», wie Herr Bebel sagt, und ein Unterschied zwischen diese» Weltverbesserern besteht nur iu der Auffassung über die „Taktik". Die Taktik der Social- demokraten, der älteren „Fübrer" besteht vor Allem darin, die unreife Jugend zu sanatisircn und gegen Bildung und Besitz, gegen Recht und Ordnung auszuheycn, sich selbst aber immer in möglichst sicherem Hintergrund zu halten; die bürgerlichen Rechte im weiteste» Umfange auSzunutzcn, die bürgerlichen Pflichten aber lediglich den „Bourgeois" aufzu- bürde». Die anarchistischen Bombcnbelden und Dolchgenosfen sind lediglich die Resultate systematischer socialdemvkratischer Verhetzung. Es ist Zeit, eö ist bohr Zeit, daß die bürgerliche Gesellschaft zu der vollen Erkcnntniß der ungeheuren inter- nalionalen Gefahr gelangt und daß gegen die internationale Krankheit auch internationale Schutzmittel gesucht werden. Tie Forderungen LeS Rechts und der Sittlichkeit kennen keine internationalen Grenzen, und wie der jüngsten SchreckcnS- tbat gegenüber die Sympalhicn und die Antipathien dieselben sind in Madrid und in Petersburg, in Washington und in Berlin, so muß auch in den staatlichen Gesetzen unv Anordnungen beider Hemisphären endlich der übereinstimmende Entschluß mächtigen Ausdruck finde», den Keim der Krankheit zu bekämpfe» und zu vernichten. Die Hetzer, die Agitatoren müssen endlich durch internationale Maßnahmen getroffen werden, sie müssen der Möglichkeit beraubt werden, die großen Masse» der Arbeiter irrezusübrcn und geistig zu insicire». Ist erst einmal die umslürzlerischc Agitation tödtlich getroffen, wird nicht ferner die Pädagogik de- Morde« mit Milde be handelt, dann werden die Völker auch der beständigen Sorge vor SciireckenSthaten enthoben sein, die jetzt an der Tages ordnung sind. Berlin, 27. Juni. Au« der jetzt im Wortlaut vor liegenden Rete de« Ministers Eisenlohr über die Wahl- rechl-srage für den badischen Landtag möchten wir bei der principiellen Wichtigkeit re» Gegenstandes noch fol gende Sätze hervorbcben: Die großhcrzogliche Regierung hält an dem indireclcn Wahlvrrsahren nicht unbedingt fest, läßt sich aber bei einer Aenderung von zwei GcsichtSpunctca leiten, nämlick von der Rücksicht auf den politische» Einfluß unsere« Mittelstandes und andererseits von der Berücksichtigung der localen Interessen, die in der Volksvertretung zur Geltung kommen müssen. Es ist der feste Wille der Regierung, den Einfluß, den der Mittelstand bisher aus unsere poli tische Gestaltung hatte, nicht schmälern zu lassen. Der Einfluß würde aber geschmälert werben, wenn man sich einfach daraus beschränken würde, da« direct« Wahlverfahren rinzuführcn. Unsere ganze politische Ge staltung, unser ganze- politisches Leben beruht auf der finanziellen Leistung und aus der persönlichen Thätigkeit unsere« Mittelstände» in der Verwaltung der Gemeinde, de» KreiseS, deS SlaalcS. im BczirkSratb und in der Kammer; deshalb ist der Mittelstand auch vollständig berechtigt, einen Einfluß aus die Geschicke de- Lande« au-zuübcn, und dir i Regierung ist verpflichtet, diesen Einfluß zu wahren. Dieser I Einslutz ist aber gcfäbrdcl durch da« allgemeine, gleiche und I tireele Wahlrecht; darüber wird sich Niemand täuschen könne», 1' ? !- k, ! r
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