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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.06.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-06-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940630023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894063002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894063002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-06
- Tag1894-06-30
- Monat1894-06
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-814 neue« Post»»« angesnchte Demisstou auf Grund »ine« im Amtsblatt» publicirteo Anträge« de« provisorische» Krieg«- m in ist er« erhalten, in welchem ganz ausdrücklich aus da« Ordatmgswibrige de« vom General Falcoiann beliebten Bor ge h«n« hingrwieseu wird. Eine solche Energie am rechte» Platze kann nur gebilligt werden, denn gerade in Rumänien liegt die Gefahr einer Einbürgerung politischer Osficiers- Prouunciameato« sehr nahe. Von den an der k«rea«tschru Frage ioteresstrten Mächten zeigt sich Japan ganz besonder« tbätig. Japanische Krieg«, schlffe und japanische Laodstreilkräfte sind nach dort entsandt worden. Letztere halten die Hauptstadt sammt dem Könige in Obhut und üben auch sonst die Herrschaft de« Eroberer« in Karra au« Der eiaratliche Leiter der auswärtigen Politik Chinas» der Biceköaig Li Huna Tschang, hat bekanntlich diese« Borgeh«« Japan- al« dem Völkerrecht und den abgeschlossenen Verträgen zuwtderlausend bezeichnet, auch davon gesprochen, daß die Haltung Japan« leicht im östlichen Asien eine ?risi« hrrausbeschwöreo und dem Handel daselbst gefährlich werben könnte, allein trotzdem ist, wie die „Frankfurter Zeitung" weint, kaum zu befürchten, daß der Streit zwischen den beiden Mächten zu einem Kriege führen werde. Die Japanesen sind schon öfter in Korea eingedrungen, so apch in den Jahren 1882 und 1884, allein sie haben r« schließlich immer noch für klüger gehalten, da« Land wieder M verlassen. Korea ist ein Basallenstaat China« und letztere« hat daher da« Recht, Truppen dortbin zu senden. Al« Japan im Jahre 1884 sich weigerte, seine Truppen au« Korea zurück» zariehru, falls die« nicht auch China mit den sriuigen lhäte, schloffen Li Hung Tschang und Graf Jto eine» Vertrag, nach welchem beide Staaten sich ver pflichtete«, ihre Soldaten aus Korea zurückzuziehen und m Zukunft dorthin keine Streitkräfte zu senden, ohne vorher dem auderen vertragsschließenden Theile davon Kennt- »lß hv «eben. Die chinesische Regierung hat nun, wie Li Hung Tschang oem .Tinie-"-Corre>pondenten in Tientsin er» klärt«, aus den ausdrücklichen Wunsch de« König« von Korea Truppen dorthin gesandt, bannt dieselben den Aufstand unter drücken. Japan sei aus Grund der im Jahre 1885 abge schlossenen Convention benachrichtigt worden, daß die chine sischen Truppen nach der Wiederherstellung der Ordnung sofort zurückgezogen werden würden, und China habe diesen, Versprechen Nachkommen wollen, Japan aber habe sich geweigert, seine Truppen zurück',»ziehe», und den Vorschlag gemacht, im Verein mit Cbina in Korea Reformen durchzusühren. China sei jedoch hierauf nicht eingegangen. So stehen die Dinge augen blicklich. Wen» Japan und China wegen Koreas in einen Krieg geriethen, so würde davon nur Rußland Vortheil ziehen, welche« längst den Wunsch hegt, seine Flagge in Port Lasarew und in Fusan zu hissen. Die Engländer haben natürlich allen Grunk, eine solche Lösung der „koreanischen Frage" hintanzuhalten, sie dürsten daher alle Mittel an wenden. um eine Verständigung zwischen Cbina und Japan herbeizusühren. Es liegt im Interesse England« und der übrigen mit Korea Handel treibenden Staaten, daß die aus gezeichneten koreanische» Häsen nicht in den Besitz einer euro päischen Macht übergehe», da« Land deshalb seine Selbst ständigkeit behält und also von den Truppen Japan« und Chinas wieder geräumt wird. Deutsches Reich. ä verltn, 29. Juni. Von einem praktischen Erfolg der großen Enquetecommissionen über die landwirth- schajtliche und die WährungSsrage ist bisher noch nicht« zu verspüren gewesen; es verlautet noch nichts darüber, ob die Regierung die dort gewonnenen Informationen für geeignetjzuweitcrem Vorgehen hält. Indessen wird man anncbmen dürfen, daß wenigstens über die in der Commission zur Er örterung gclominenen Frage» de« Agrarrecht« demnächst die neuen Landwirt schastSkam mc r» sich zu beschäftigen haben werden. Aber zu welcher Zeit diese in Thätigkeil werden treten können, ist auch noch ganz unsicher. Bekanntlich muffen vorher über die obligatorische Einrichtung dieser Kammern die Provinziallandtage gekört werden. Vor Herbst werden also die LandwirthschaslSkammern unter keinen Umständen zusammentretcn können. * Berlin, 29. Juni. Den Hauptinhalt der Vorlage wegen Abänderung des StrasprocesseS nach den Beschlüssen de« BundeSratbS «heilen wir weiter unten mit. Cs ergiebt sich daraus, daß die preußischen Anträge in allen wesentlichen Punkten durchgedrungen sind. Im BnnbeSratd bat die mecha nische „Rcsorm"-Tenden; gesiegt, welche den preußischen Entwurf — unbeschadet mancher unbestreitbaren Verbesserungen im Ein zelnen — beherrscht, die Rückkehr zu Einrichtungen, wie sie vor der Reichs - Justizorganisatio» von 1877 bestanden, als gewissermaßen selbstverständliche« Heilmittel gegen die Mängel, welche sich seitdem in der Rechtsprechung wirklich ober ver meintlich herausgestellt haben. Die Fragen, ob jene älteren Ein richtungen nicht noch größere Ucbclstandc mit sich brachten; ob diejenigen Mängel, über welche jetzt geklagt wird, nicht außerhalb der Institutionen selbst, insbesondere in deren Hand habung wurzeln, ob nicht Ncuschöpsungen anstatt der Rück kehr »u de» vor 17 Jahren au« gute» Gründe« abgeschaffte» Vorschriften möglich wären behufs der Abstellung wirklicher Mißftäadr — diese Fragen habe» im Bundesrath, fall« sie dort überhaupt ausgeworsea worden, keine Wirkung aeübt; auch diese Körperschaft hat sich, gleich dem preußische» Justiz ministerium, in den Hauptfragen mit dem Vorschläge begnügt, da man sich auf der riueu Seite müde gelegen hat, sich wieder einmal aus die andere Seite zu drehe», auf der mau bi« zum Inkrafttreten der Reichsjustizgesetze lag. Angesicht« dieser Beschlüsse de» JunbeSrath« muß zunächst von Neuem nachdrücklicher Widerspruch erhoben werden gegen den Vorschlag, die Sprnch-Abthrilungen der einzelnen Gerichtehöfe (Senate und Kammern) künftig durch dir L a n d e S» Justizverwaltungen, statt durch die Präsidien der Gerichtshöfe, zusammeusetzeu zu lassen — außer beim Reich-gericht» wo der Präsident persönlich diese Ausgabe erhalten soll. — E» wird auf diese und andere Puncte noch zurückzukommen sein. — Der Ches de« Ingenieur- und Pionier-Corvs. General der Infanterie Bolz, bat sich mir längerem Urlaub nach Sachsen und «üddentschland begeben. — Von der am 28. d. M. abgehaltenen Plenarsitzung des Bunbesrath« ist noch zu berichten, daß einer Eingabe sächsischer HauSweber und Spuler, betreffend die Bcsreiung von der Versicherung-Pflicht nach dem Invalidität«» und AltcrSvcrsicherungSgesetz, keine Folge gegeben wurde. — Einer drahtlichen Weisung der französischen Regierung an ihre Vertreter un Auslande zufolge haben die Beamten der hiesigen französischen Botschaft wegen der Er mordung de» französischen Präsidenten Carnot auf vier Tage Trauer angelegt. — Zu den jüngst von un« wirdergebenen Ausführungen de« ReichStagSabgeordnelen Prof. Hasse über die Ableh nung de« Kreuzer« „Ersatz Leipzig" macht der „Hann. Cour." folgende Bemerkungen: „Diese AuSiühruiigen sind bi« zu einer gewissen Grenze ja ohne Zweisel zutreffend, sie tragen unsere« Erachtens jedoch einem sehr wesentlichen Momente nicht die gebührende Rechnung. Ab- gesehen davon, daß es für da- Ansehen Deutschland- im All gemeinen förderlich sein muß, wenn es in überseeischen Ländern wenigstens mit einem großen gepanzerten Admiralschisfe bei passenden Gelegenheiten austreten kann, hat eia derartiges Fahr- zeug vor den kleinen Kreuzern Len nicht zu unterschätzenden Vorzug, daß es im Stande ist, »ölhigeusalls «in starkes Landungscorps abzugcben. Dieser Vorzug hat die alte „Leipzig" mit ihren beinahe 500 Man» Besatzung gerade auch für coloniale Zwecke, die Herr vr. Hasse in erster Linie im Auge hat, jo außer- ordentlich wertdvoll geinacht — man denke nur an die Betheiligung ihre- Laudungscorp« an den Kämpfen gegen Bnjchiri — und der selbe Vorzug würde auch bei einer etwaigen Entwaffnung der Lamoaner, sowie bei fast jedem etwa noch bevorstehenden Kampfe in den Lolonien sehr schwer in« Gewicht fallen. Wir hätten ge- wünscht, daß Herr Or. Hass« und unsere übrigen Lisjentirenden politischen Freunde im Reichstage, die sich bei ihrer Abstimmung selbstverstäublich von den besten Absichten haben leiten lassen, diesem Puncte doch etwas mehr Berücksichtigung hätten zu Theil werden lassen". — Um den oft beklagten Wettbewerb, der dem freien Hand werk au« der Strafanstalt-arbeit erwächst, zu beschranken, sollen fortan die Strafanstalten in größerem Umfange zur Anfertigung de« Bedarf« an Bekleidung-gegcuständeu für da« Heer berangezogen werden. — Auf den Antrag von mehr al« 30 Anwälten hatte der AnwaltSkammer-Vorstand eine Versammlung der An waltskammer im Bezirk de« Kammcrgcricht« zweck« Be- ralhunz und Beschlußfassung über die vom Justizminister angeregte Frage einer Reform der Anwaltschaft ein» berufen. Die Versammlung fand gestern im Hotel Imperial statt, e« waren aber von den ca. 800 Anwälten de« Bezirk« nur ca. l50, meist Berliner Anwälte, erschienen. Man beschloß: „Die Anwaltsknmmer zu Berlin erklärt: l) die freie Advocatur bat sich als eine »nentbehrliche Grundlage für das Gedeihen der Rechtspflege und für da» Ansehen des Anwaltstandc« bewädrt; 2) Mißstaude, welche «ine Aenberung der gesetzlichen Bestimmungen bezüglich der freien Advocatur rechtfertigen, sind nicht vorhanden; 3) die von dem königlich preußischen Justizministerium angeregte» und die von dem Vorstände der Anwalltkammer vorgeschiagenen Maßregeln sind nicht geeignet, angeblichen Uebeistände» Abhilfe zu verschaffe», sondern die Segnungen der freien Advocatur zu ge- sährden." * Kiel, 29. Juni. Staatlmiuister von Heyden und Regierung«- commisiare au- Berlin und Schleswig haben heute eia« mehrtägige Reise zur Jnspicirung der Schleußenbauten, Brückenanlagcn und Meliorationen am Nordostseecanal angetreten. — Der fran zösische Botschafter Herbett« hat heute Vormittag ans einem Regierungstabrzeuge den Nordostseecanal besichtigt und ist Nach- mittags nach Berlin zurückgekehrt. * Wilhelmshaven, 28. Juni. Aus seiner letzten Probe fahrt hat da« neuerbaute Panzerschiff I. Classc „Kurfürst Friedrich Wilhelm" (Cvmmandant Capitau, zur See Rill- meyer) eine leichte Beschädigung seiner Strucrbordmaschine erhalten, da die Deckel an den Ventilen der Maschinen undicht wurden. Da die Probefahrten de« Panzer« unter möglichster Vermeidung jeder Verzögerung vor sich gehen sollen, so läßt die kaiserliche Werst zu Wilhelmshaven die in Frage kommenden Maschinentheile unter Zuhilfenahme von ArbeiiS- überstundcn wieder Herstellen. Der „Kurfürst Friedrich Wilhelm" wird daher mit dem beginnenden Juli seine Probe fahrten wieder aufnehme» können. Dagegen läßt sich «ach der „B Z " noch nicht absehe«, wann die- der Fall bei dem Panzerschiff IV. Elaffe „Heimdall" sein wird, das nach seinen ersten Probefahrten gänzlich außrr Dienst gestellt werden mußte, da die eingebauten Schiffskeffel den an sie zu stellenden Anforderungen nicht genügten. * Ansermnnse, 28 Juni. Eine bemerkenSwerthe Be kanntmachung erläßt der Landrath unsere» Kreise», Herr v. Rissrlmaon: „Es sind uruerving« wiederum Schrift stücke ohne Namensuaterfchrift bei mir ringegaogen, welche Beschuldigungen, Beschwerden, Anklagen re. gegen die Amtsführung behördlicher Personen oder auch Verdäch tigungen von Privatpersonen enthalten. Ich nehme Veranlassung, wiederholt darauf hinzuweisen, daß derartige, die Feigheit der Absender kennzeichnende anonyme Deuunciattonen in den Paprerkorb geworfen werden." * Pvseu, 28. Juni. Der bereit« erwähnte, von einigen fünfzig deutschen Herren Unterzeichnete Aufruf zur Reise nach Varzin lautet in den deutschen Blättern der Provinz: „Fürst Bi«marck hat bocherfrrulicher Weise eine erneute Anfrage au« hiesigen Kreisen im bejahenden Sinne be antwortet; er ist bereit, die Huldigungen seiner Verehrer an der Provinz Posen zu empfangen, sobald er nacd Varzin Über aesiedelt sein wird. Wir zweifeln nicht, daß jeder deutsche Mann, den nicht Krankheit oder BerusSgeschäste am häuslichen Herbe sesthalleu, sich mit Begeisterung an der Fahrt nach Varzin oetheilizen wird; gilt e« doch, durch eine Maffcuabordnung au« den deutschen Kreisen unserer Provinz, ohne Unterschieb der politischen, wirthschaftlichen oder religiösen Parteistelluog, unserem Altreichskanzler einen Beweis der nationalen Ver ehrung und de« Danke« entgegenzubringen für das, wa« er in langem mühevollen Ringen für Deutschland und wa« er insbesondere auch für da« gesammte Deulschlhum in unserer Provinz gethan und erreicht bat. Unsere deutschen Mitbürger fordern wir hierdurch zur Theilnahme an der HuldigungS- sahrt zum Fürsten Bismarck auf. Die näheren Mittheilungen werden wir in geeigneter Weise bekannt machen." * Haie a. L, 29. Juni. Jo der Denkschrift de« Magistrat« über die Communalsteurrresorm wird die MiethS- steuer aufgegebru. Frankreich. * Pari«, 29. Juni. Deputirtrnkammer. Den Vorsitz führte de Mahy. Dieser verla« ein Schreiben de« Präsi denten Casimir Perier, in welchem derselbe seine Demission al« Präsident der Kammer anzeigt; der Brief schließt mit Ausdrücken des Danke« für Diejenigen, welche ibm (Perier) al« Kammerpräsidenten so wrrthvollc Beweise von Sympaibie gegeben haben; die Nationalversammlung habe ihm schwere Pflichten auferlczt, um dieselben zu erfüllen, hoffe er aus das Vertrauen der Republikaner, das er niemals täuschen werde. Die Kammer beschloß alsdann, in corpors dem Leichenbegängnisse Carnot'S beizuwobnen, und genehmigte ein stimmig einen Credit von llOOOO Franc« für da« Leichenbegängniß. De Mahy machte alSdann Mittheilung von den aniäßilck» de« Todes Carnot'S eingcgangencn Adressen und verlas dieselben. Die Verlesung wurde mit lebhaftem Beifall ausgenommen. Die DankeScrwiderung der Kammer wird den auswärtigen Regierungen und Körperschaften dem nächst übermittelt werden. Hieraus wurde die Sitzung auf gehoben und die nächste Sitzung aus DienStag, den 3. Juli festgesetzt. — Der Senat bewilligte einstimmig den Credit für das Leichenbegängniß Carnot'S und vertagte sich hierauf auf DienStag. * Pari«. 29. Juni. In der Kotscherversammlung gestern Nachts im Boi« de Boulogne hielt der socialistische Dcputirte CloviS-Hugue« eine Ansprache. Mau hat Euch, sagte er, heute einen Bourgeois-Präsidenten fabricirt, aber Ihr könnt auf Eure Deputieren rechnen. An dem Tage, wo Ihr au« Euren Wagen Barrikaden machen wollt, werden wir da sein. * Pari«, 30. Juni. (Telegramm.) Die Königin von England sandte an Madame Carnot ein Schreiben, worin e« heißt, daß sie keine Worte mehr zu finden wüßte, um ihr zu sagen, wie sebr da« Herz einer Wittwr sür sie schlüge und welche« Entsetzen und welchen Schrecken sie über da« scheußliche Verbrechen empfinde, da« sie ihre- vielgeliebten Gatten und Frankreich seine« der Achtung so würdigen Präsidenten beraubt habe. * Part«, 30. Juni. (Telegramm.) In unterrichteten Kreisen ist man der Urberzeugung, daß Dupuy die Leitung der Geschäfte mit allen gegenwärtigen College«! bei behalten wird. Burdeau soll zum Präsidenten der Kammer gewählt werden. * Marseille, 29. Juni. E« siebt nunmehr fest, daß ein« Verschwörung zum Zweck der Ermordung Carnot'S bestanden bat. Die Polizei ist den Mitverschworenen Cesario'S aus der Spur. Die letzte Versammlung der Verschwörer fand in Cette statt; in derselben wnrde Cesario durch da« Loo« zur Ausführung de« Verbrechens bestimmt. Di« Ver haftung der Mitschuldigen steht nahe bevor. Belgien. * Brüssel, 29. Juni. Die in Antwerpen geplatzte Bombe scheint dem Staatsanwalt Berrr, der drei Häuser entfern» vom HuyLrrcht'sche» Hotel wohitt, Bestimmt gewesen zu sei». Schon einmal wurde ein derartiges, argen Berre geplante« Attentat durch eine» glücklichen Zufal vereitelt. Italien. * N<«. 2ü. Juni. Im Processe der Baoca Romaua ergriff gestern, nachdem die Vertreter der Eivillläger ihre Forderungen begründet hatten, der Ober-StaatSanwall Daraote da» Wort. Er kielt die Anklage in allen Punkten und gegen alle Angeklagten aufrecht und sagte: „Für da« Gericht tonnen vorläufig nicht die Berufspolitiker und andere Volksvertreter, welche die Banca Romans al« melkende Kuh betrachtet haben, in Betracht kommen. Gegenstand der gegenwärtigen Anklage sei die Frage, wie der Castenabgang von 28 Millionen entstanden, wer der Urheber de« betrügerischen Umlaufe« von 65 Millionen sei. Tau longo habe erwiesenermaßen bi« in die letzten Tage vor seiner Verhaftung Capitalien oder vielmehr Werth- zeichen der Bank nicht nach Hunderten, nicht nach Tausenden, sondern nachMillioncuLIre veruntreut.unterschlagen. Bi« in die letzten Tage habe er ein Heer von Creaturen um sich gehabt, welche die bewußten und unbewußten Handlanger seiner vrr- brecherischen Umtriebe waren. Wenn nicht alle diejenigen, welche in diesem Schmutzpfuhle mit den Angeklagten uns die Wette buhlten, vom strafenden Arme der Gerechtigkeit ereilt wurden, so wird dir Schuld Tanlongo'S und der Mit angeklagten darum um kein Haar geringer. Die Geschworenen baden die Pflicht, über diese nach Wissen und Gewissen ohne Seitenblicke, ohne Vorbehalte zu befinden. Giebt e« noch andere Schuldige, so wird der Tag der Abrechnung auch ihnen leuchten." * Turin, 30. Juni. (Telegramm.) Die anti- französischen Kundgebungen haben sich gestern wieder holt. (B. T.) Grohbrltannie«. * London, 29. Juni. Unterhaus. Ter ParlameutSunlcr- secretair de» Eolonialaints Buxton »heilte mit. Sir Henry Loch habe der Regierung eia Telegramm übersandt, in welchem e« heißt, daß die Regierung von Transvaal einwilligte, die briti schen Uaterthaaen nicht mehr zum Soldatendienst z» zwingen, sowie eine Convention abzuschließen, Lurch welche Eng- land die Meistbegünstigung betreffs der Militairpslichtigeu gewährt, und die Sivazilandconventlon um 6 Monate verlängert wird. Ferner theilte Buxton mit. daß die Pest in Hongkong un Ab nehmen sei. * London, 30. Juni. (Telegramm.) Da« Gerücht, wonach mehrere ausländische Anarchisten bei dem Ver suche ertappt wurde», eine große Quantität Dynamit unter die Tower-Brücke zu legen, um dieselbe morgen in die Lust zu sprengen, verursacht große Aufregung. Da« Ge rücht ist bisher unbestätigt geblieben. (B. L.-A.) * London, 30. Juni. (Telegramm.) Da« anSwärt« verbreitete Gerücht, wonach ausländische Anarchisten Vorbereitungen getroffen bättcn die neuerbaule Tower- Brücke in die Luft zu sprengen, wird von zuständiger Seite al« unbegründet bezeichnet. Dasselbe wirb lediglich darauf zurückgcführt, daß gestern früh einige Ausländer einen Kahn verlangte», um die Brücke vom Flusse au« zu be sichtigen. Orient. * Bukarest. 29. Juni. Der französiscyc Geschäft-träger Sohier de« Bermandoi« wurde heule vom Könige im Schlosse Pelesch empfangen, wobei er den Dank der franzö sischen Regierung sür die BeilcidSkundgebung anläßlich der Ermordung Carnot'S übermittelte. Afrika. * Algier, 30. Juni. (Telegramm.) In Bo ne wurden drei Italiener verhasiot, weil sie öffentlich ihrer Be friedigung über da« gegen Carnot begangene Attentat Aus druck gaben. Der Spanier Perez Lopez wurde au» dem selben Grunde ausgewiesen. Militair und Marine. Stuttgart, 29. Juni. Am 2b. Juli d.J. wird da« Dragoner- regiment König Nr. 26 von Ulm nach Stuttgart, dagegen da» Ulanenremment König Karl Nr. 19 von Stuttgart nach Ulm verlegt. Von diesem Zeitpunct ab unterstehen: der 26. Cavalleric- brigade (1. königlich würltembergischcu) da« Tragonerregunent Königin Olga Rr. 25 und das Dragonerregiment König Nr. 26, der 27. Cavallerie-Brigade (2. königlich würtlem- belgischen) da« Ulanenregiment König Karl Nr. 19 und das Ulanenregiment König Wilhelm l. Nr. Ä). — Im Xlll. lküaigl. württemberglichen) Armeekorps begeht daSsüuszigjährigeDieust- jubiläum General der Laoallerie Prinz Herrmann zu Sachsea-Weimar, L I» «mtv des Tragoner-Negiment» König (2. württembergischen) Nr. 26, am 30. September 1894. * Ein Held von 1870, der bayerische Oberstlieutenant a. D. Franz Ritter v. Solch, ist in München gestorben. Er er- kielt die höchsie bayerische Kriegsaue-zcicbnung, den Militair-Max- Joses-Orden, sür eine hcrvorrageuüe Waffenthat im Deccmber 1870. In dem Gefechte bei Meung am 7. December 1870 ging er. damals Hauptmann im 2. JSgcrbataillon, mit seiner Compagnie gegen «ine im Feuern degrisjene französische Batterie von acht Der Mond stieg an dem dunklen, sternenschimmernden Himmel aus, die Bäume, die fernen Berge, da« alte schwere Amt«bau« und die Gehöfte mit seinem silbernen Licht über- gießend. Beide gingen eine Zeit lang schweigend nebeneinander. Der Weg war nicht weit. Hilmar aber sagte: „Lassen Sie un« noch ein wenig dort ans der Straße «ach dem Gebolz bmgehen, c« ist so schön hier draußen und etwa« frische Lust wird un« gut thun nach der langen scharfen Sitzung." Der Tbierarzt stimmte bereitwillig zu. „Da« ist so ein Abend", sagte er, „für die Verliebten — der prächtige Mondschein und die laue Lust, dabei schlägt da« Herz schneller, und ein Paar dunkle Auge» und ei» Paar frischt rothe Lippen sehen in solcher silbernen Dämmerung «och viel schöner au« al« im Hellen Sonnenlicht." Hilmar seufzte. Ohne daß er r« wollte, dachte auch er an ei» paar leuch tende Augen und an ein paar lächelnde Lippen, und wie schön es sein müßte, wenn rr diese im schimmernden Mondlicht so nahe vor sich sehen könnte, wie das treuherzige rothe Gesicht de« alte« Bergen. „Sic sind za ganz poetisch, mein lieber Tbierarzt", sagte rr, «it den Lippen lachend, ohne die Webmuth und Sehnsucht ganz aus seinem Herzen bannen zu können, — „da« hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut." „Freilich", anworteie Bergen, „mein Handwerk oder, wie die modernen Herren sagen würden, meine Wissenschaft paßt auch wenig dazu Ein poetischer Tbierarzt! Da« wäre wahr haftig eine rewt seltsame Figur. Freilich", fuhr er dann, über di« vom Silberlicht umflvssenkn Höbenzüg« binblickend, fort, „kommt wobl Jedem zuweilen eine Erinnerung herausgestiegen au« den Tieft» der Vergangenheit, die aus einmal die alte Zeit, in der auch der Mond ebenso flimmerte und schimmerte und den Tbau aus den Wiesen versilberte wie heute, so recht lebhaft wieder vor die Augen stellt — und doch ist sie lange, lange vergangen und die Menschen, die damals leblea, wohl auch schon zu Staub geworden — Man war auch einmal inug, Herr Baron, und halte auch ein Herz, da« von anderen Dingen träumte, als da« kranke Viel, zu euriren" „Und", sragle Hilmar, „da tauchen denn auch wobl ein paar glänirnb: .luge» unk ein paar lockende Lippen vor Ihnen aus. die Sie un Montenscheiu lieber iahen als im Ls,»«licht?" Trotz de« neckenden Tones, in dem er fragte, fühlte er doch sei» Herz wieder schmerzlich zucken. „Da« ist lange her", sagte der Tbierarzt, weniger Hilmar'« Frage beantwortend, als au« sich selbst heraussprechend. „Die Franzosen waren zum ersten Mal hier und in Hameln, wo ich mich damals zuerst in meiner Kunst versuchte, war ein französischer General stalionirt, um die Durchmärsche zu ordnen. Er blieb einige Monate da und seine Tochter war ihm nachzekommen. ES war rin alter, finster blickender Herr, und daö Fräulein Stefanie, so hieß sie, war so wunder schön, wie man sich wobl in den asten Märchen die Feen denkt, sie war so schlang und so zart von Gesicht, ihre Augen und ihr Haar schwarz wie Ebenholz, eS war, als ob das lebendige Feuer a»S ihren Augen hervorsprühle, und wenn sie Einen ansah, so fühlte man cS wie flammende Gluth bi« inS Herz hinein. Der General batte mich kommen lassen und mir die Sorge für seine Pferde übertragen, e» waren schöne Thicre, arabisches Blut, ganz ander- al« unsere Raren hier unk al« die Engländer, und Fräulein Stesanic halte einen Goldsuch« sür sich, ein Prachtthier, wie man e« wohl selten wieder siebt, ganz für sie geschaffen, fromm wie ein Lamm unter ihrer Hand; aber von keinen« andern ließ c« sich leiten. E« halte einmal eine Kolik bekommen, ich halte sie schnell wieder curirt, und dabei war sie öfter in den Stall gekommen und plauderte mit mir freundlich über da« Pferd und über Tie« und Da-, und da« klang so wunderbar reizend, wenn sie da« Deutsche radebrechte, aber die Uaterbaltunz ging und wir verstanden un« immer. Dann befahl sie, baß ich sie begleiten sollte, wenn sie auSritt, um gleich zur Hand zu sein, wenn dem Pserde etwa« fehlte, und so ritten wir denn alle Tage hinan« an den Ufern der Weser bin, oft ohne Weg und Steg durch die Felder, und bei so schönem Mondschein wie dieser hier, da ritt sie am liebsten — die Natur wäre dann viel schöner, sagte sie, und bei Gott, e« war auch so schön, wie »>a» e« gar nicht glaube» und denken kann, wenn wir so durch die stille filber- ichimmernte Nacht ritten. Beide im Schritt aedrneinauder Dann erzählte sie mir von ibrrr Heimath, da« war die Provence m Frankreud, wie dort di« Sonne ganz ander« scheine» wir die Maadelbäome und die Orangen dort blühten und dufteten, und dann wieder ließ sie plötzlich ihre« Goldfuchs ausgreisrn und jagte davon, wie ei» Pfeil und lachte so bell und lustig wie Glockenklang. wenn ich sie auf meinem Gaul nicht ein- boleu konnte, der ja nicht Stich zu basten vermochte mit dem arabischen Vollblut, und wen» ich st« emholte. da flammte» m»r chre LZg«, crztge» wi« zw«, Sterne und schimmert«!, ip, Mondlicht wie versilberte Nosenblätter. Daran, bei Gott, muß ich immer noch denken, wenn der Mond so vom Himmel hcrabblicktz r« ist derselbe Mond, aber wo sind die Augen und die Lippen? Ich bin ein alter Manu geworden, der den Bauern da« Vieh curirt, und damals, ach damals träumte ich wohl manchmal so süß und so heiß von Feen, dir zu den Sterb lichen herabstiegcn und sie verzaubern zu ihrem Dienst, und oft sehnte ich mich so recht danach, daß irgend ein Riese oder ein flammenspeitnbeS Ungeheuer oder wenigsten« wilde Räuber un« rntgegenkommen möchten, damit ich ihr zeigen könnte, daß auch in mir ein ritterlicder Muth lebte, um einen dankbare» Blick au« ihren stolzen Auge» zu verdienen. „Und wie endet diese poetische Erinnerung?" fragt« Hilmar bewegt, indem er den Tbierarzt ansab, fast erstaunt darüber, neben sich die Gestalt de- alten Manne« zu erblicken, der in seinem altsränkischen Sonntagsanzug mit seinem rothen ver- wetierten Gesicht so wenig zu der Erzählung eine« ver gangenen Jugenbtraumc« paßte „Wie sie endete?" fragte der Tbierarzt seufzend. „Nun, sie endete, wie sie enden mußte — zuweilen freilich blickten die Augen der holdseligen Stefanie nicht so stolz und hochmülhig, wenn sie mit mir sprach, und manchmal, bei Gott, wenn »ch hätte französisch sprechen können, wer weiß, wa« da über meine Lippen gekommen wäre, aber so — ich wagte e« nicht, wenn da« Herz mir auch überfließcn wollte. So kam denn der Tag, da der General abmarschirte, und sie reiste zurück nach ihrer Heimath. Ein schöner Reisewagen stand angespannt mit Postpferden und einem blasendem Postillon aus dem Bock, und ehe sie einstieg , kam sie noch einmal in ihren Stall, um ihrem Fuch« Lebewohl zu sagen, bi« sie ihn Wiedersehen würde in der Heimath; denn er sollte mit dem General marschiren. Sie streichelte den Hals des Thierrs, und ich war auch da, ich mußte ja da sein, schon der Pferde wegen wie an jedem Tage — sie streichelte mit ihrer zarten Hand den Hal« de- schönen Tiere« und sagte so innig und so zärtlich: „Xu rvrolr, wo« cköri —- ,O, ich vergesse diese Worte niemals, und dann kam es mir, ohne daß ,ch eS wollte und wußte, über die Lippen: ,O, wie glücklich ist La« Pserd — es wird Sir Wieder sehen, Fräulein Stefanie!" „Ich muß wobt sehr betrübt und jammervoll a»«gesehe>, haben in diesem Augenblicke, sie sah mich an mit einem langen, langen Blick an« ihr» große« schwarze» Aoarn. und sie sah» gai »echt stolz an« «ad leuchtete» s« »lUldrroar mir tief in die Seele hinein; dann trat sie von dem Pferde fort, reichte mir ihre Hand und sagte: „X» revoir — auf Wiedersehen — vielleicht." „Sie sprach da« so seltsam, daß e« mir tief in« Herz hinein klang. Ich drückte ihre Hand an meine Lippen, und während ich sie küßte, fühlte ich einen Druck ihrer zarten scklanken Finger. Dann eilte sie davon — ich folgte langsam, wie betrübt. Ihr Vater, der Gcncral, erwartete sie sckou im Hof. Sie stieg in den Wagen, noch einmal beugte sie sich hinan« und nickte mir freundlich zu. Fort,war Alle« — leiser und leiser erklangen die^Posthorntöne in der Ferne." „Und da- war Alle«?" .Alle«!" sagte der Tbierarzt. „Ich babc nie wieder etwa» gehört von der schönen Stefanie; aber der Zanberbann ist ge blieben. Manchmal wohl ist e« mir nahe getreten, mir auch eine Häuslichkeit und eine Familie zu gründe» — vielleicht wäre e« besser gewesen; aber der Traum da drinnen im Herzen, der wollte nicht verstiegen, wie die Jahre verflogen, und da bin ich ein alter einsamer Mann geworden, und wenn ich an solchen Abenden, wie beute, wenn der Mond seine Silbersäden spinnt, die schlummernde Natur betrachte, dann kommt e« mir vor, als wenn ich die holdselige Stefanie sehe, wie sie neben ihrem Goldfuck« steht und mir dann die Hand reickt und wie sie sagt: „Aus Wiedersehen — vielleicht". — Vielleicht, da« <7 ein böse« Wort, da« kann lange Hinhalten, und wenn e» dar» nicht wahr wird, so will man'« immer noch nicht glaube»." Hilmar drückte die Hand de« Thierarzte«. Der Menu stand so ander« vor ibm da, er hatte ihn geneckt über senr poetische Auswallung und nun ergoß sich au« der Tiefe tiesc« einfachen stillen Menschenleben« eine so wunderbare Fülle reicher poetischer Empfindungen. „Ja, ja", sagte der Tbierarzt, „r« ist ein eigene« Ding mit dem Vergessen! — Die armen einfachen Leute können r» weniger, den hoben Herrschaften wird e« leichter. Nun, sie haben noch viel andere« zu denken und haben Pflichten gegen ihren Namen und ihre Familie, da müssen sie denn schon dem Herzen Schweigen gebieten, und e« ist gut. daß sie r« können. Sie sind glücklich, Herr Baron, und brauchen dem Glück nicht zu entsagen, wie e« der Graf, Ihr Herr Vater, thno mußte und tapfer gethan hat." (Fortsetzung folgt.)
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