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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.07.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-07-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940704026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894070402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894070402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-07
- Tag1894-07-04
- Monat1894-07
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Diese Vermuthung wird folgendermaßen begründet: „Der Bunde-rath zählt bekanntlich 58 Stimmen, wovon 17 auf Preußen, 6 auf Bayern, die andern herabsinkend von 4 aus 1 auf die kleineren Bundesstaaten kommen. Tie Halste der Stimmen beträgt also 29, bei Stimmengleichheit giebt das Präsidium den Ausschlag. Tie Gesammtheit der Stimmen eine« B»ndc«staate« kann nur einheitlich abgegeben werden. Bon Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen und den sämmtlichen kleineren Staaten wird man wohl Ablehnung des Antrags erwarten können, zweifelhaft sind Preußen und Bayern, dieselben bilden aber mit zusammen 23 Stimmen keine Mehrheit, ES müßte schon ein sehr starker Druck aus einige kleinere Bundessiaalcn ausgeübt werden, wenn nicht, ein seltener Fall, Preußen in einer wichtigen politischen Frage überstimmt werden sollte." Bei der Borsicht, mit welcher die „N.-L. E." Vermuthungcn Ausdruck zu geben pflegt, ist man zu der Annabme berechtigt, daß Aeußerungen von maßgebender Seite vorliegen, welche die Zustimmung Preußens und Bayerns zu dem NeichStagS- teschlusse wahrscheinlich machen. Bei Bayern, kaS einerseits durch Staatsgesetz vor jesuitischen Niederlassungen geschützt ist und andererseits den vom Jesuitengesetz mit betroffenen Redemptoristen wieder Eingang verschaffen möchte, wäre das nicht gerade verwunderlich. Anders liegt die Sache bei Preußen, das nach einer bekannten Äeußerung dcS Grafen Eaprivi vor noch nicht langer Zeit nicht ge neigt war, das Jesuitengesetz fallen zu lassen. Frei lich hat derselbe Gras Eaprivi später es gern gesehen, als zu Gunsten der „Weißen Väter" rin Loch in das Gesetz gemacht wurde. Immerhin würde es eine große Wandlung bedeuten, wenn Preußen jetzt für die Aushebung de- stesuitengesetzes stimmen und sich den Jesuitenfreunden zu Liebe sogar einer Niederlage im Bundesrathe auösetzen wollte, die das Ansehen des sübrenden Staates im Reiche nicht cr- böden könnte. Hoffen wir noch, daß die Auslastung der „N.-L. E" eine Kundgebung der preußischen Regierung ver anlaßt, welche die Besorgnis; vor einer so bedenklichen Kraft probe im BundeSrathe verscheucht. Aus Rom wird der „Polit. Eorr." gemeldet, nian nehme dort in politischen Kreisen an, daß der Gedanke einer inter- natioiialcn Vereinbarung zur Bekämpfung Vcs Anarchismus diesmal mehr Aussicht habe, feste Formen zu gewinnen. In Berliner politischen Kreisen glaube man, baß eine Be kämpfung des Anarchismus am besten durch eine Verbesse rung der Polizei zu erzielen wäre; AuSnabmcmaßregeln würden diesem Zweck kaum dienen. Bestätigt wirb diese Information der „Polit. Eorr." durch folgende augenscheinlich vsficiöse Auslassung der „Hamb. Eorr": „Obgleich die Anarchisten bisher die romanischen Länder aurschließltch oder wenigstens vorzugsweise zum Schauplatz ihrer Theten gemacht haben, liegt es doch in der Natur der Sache, daß auch die Regierungen derjenigen Staaten, die von den Anarchisten selbst vorläufig verschont geblieben sind, sich zu Er örterungen darüber veranlaßt gesehen haben, in welcher Weise die bürgerliche Gesellschaft besser als bisher gegen diese geistige Krankheit beschützt werden könnte. Daß das Ergebniß dieser Erörterungen von heute aus morgen ans Licht treten werde, ist freilich nicht wahr scheinlich. So einfach die Aufgabe auf Len ersten Blick zu sein scheint, so schwierig erweist sie sich, sobald es sich darum handelt, den Gegenstand der etwa zu ergreifenden Maßregeln in sicherer Weise sestzustellen. Und je schürser die Maßregeln sind, die in Vorschlag gebracht werden könnten, um so dringlicher wäre es, den Begriff des Anarchismus scharf zu desiniren. In diesem Zusammenhang ist auch in der Presse bereit» der Gedanke einer Deportation zur Discussion gestellt worden. Unter allen Umständen würde aber eine solche Maßregel nur auf solche Jndi- viduen Anwendung finden können, di« ihre anarchistische Ge- siniiung in größerem oder geringerem Umfange bereit» de» thätigt haben. Diese Vorfragen würden auch dann zu er- ledigen sein, wenn es sich um internationale Maßregeln gegen die Propaganda der That handeln sollte. Im Wesentlichen würden diese Maßregeln polizeilicher Natur sein müsse». Man hat zwar eingemenbet, daß die Polizeibehörden der einzelnen Staaten ;etzt schon sich einander durch Mittheilung ihrer Erfahrungen unterstützen. Aber es ist nicht ausgeschlossen, daß auch in dieser Richtung bessere Garantien für ein einheitliches Vor gehen geschaffen werden könnlen. Tie Hauptsache ist freilich, daß in den romanischen Ländern die Organijalion und Thäligkru der Polizeibehörde» eine bessere und wirksamere wird, da der Mangel einer zugleich vorsichtigen und entschiedenen Polizei in einem Lande hinrcicht, alle Maßregeln unwirksam zu machen. Alles das sind übrigens für jetzt nur vorläufige und einseitige Er wägungen, da ofsicielle Anregungen noch von keiner Seile vorlicgen." ES geht hieraus wenigstens hervor, daß Erörterungen zwischen Len in Betracht kvmmenden Regierungen dereitS ltattgesuiiLen haben, die freilich^ noch nicht so weit geführt haben, daß von irgend einer Seite mit einem greifbaren Borschlage hcrvorgetretcn werden konnte. Und ferner geht daraus hervor. Laß von deutscher Seile besonderes Gewicht auf ein einheitlicheres Borgehen der Polizei gelegt wird, daS wir von allem Anfänge empfohlen haben, daS aber freilick eine Berbcsserung der Polizei in den romanischen Ländern zur Voraussetzung hat. WaS nützen z. B. inter nationale Polizeiconserenzen, wenn in einzelnen Ländern die polizeilichen Einrichtungen ebenso mangelhast sind, wie die Tbätigkeil ihrer Organe? Hoffentlich gelingt cS bald, hier Wandel zu schaffen, damit auch mit Aussicht auf Ersolg Garantien für ein einheitliches Vorgehen geschaffen werden können. Die «ltramontane Presse aller Länder, so besonders die niederländische „Tvd", verarbeitet die Ermordung Earnol's in der bekannten Nutzanwendung, schiebt die letzte Schuld an der Grcuelthat dem Liberalismus in die Schuhe und erbringt zum so und so vielten Male den „Beweis", daß nur diejenige Kirche, nach deren oberstem Lehrsatz alle Gewalt von Gott kommt, den Anarchismus wirksam zu bekämpfen im Stande sei. Das„Amsterdamcr HanbelSblatt" bemerkt in einer Polemik gegen die „Tyv": „Was man in dieser Beweissührung nicht vermeldet findet, ist die große Anzahl der Ausstände gegen die von Gott eingesetzte Obrigkeit, sowie der Mordthaten, welche die Geschicklsschreiber aus jenen Tagen vermelden, in denen doch, selbst von den Ausrührern und Mördern, blind lings geglaubt wurde, daß die Obrigkeit göttlicken Ursprungs sei; daraus ergiebt sick also, daß die katholische Kirche damals nicht im Stande gewesen, diese verabscheuungSwürdigen Leiden schaften zu unterdrücken oder auch nur im Zaum zu halten. Warum übergebt die „Tyd" mit Stillschweigen dir That- sache, daß Prinz Wilhelm I. von Oranicn von einem sana- tischen Katholiken ermordet worden ist, der vor der Thal von einem Jesuiten in Trier die Absolution erhielt? Freilich, der Schweiger war von der Kirche und dem spanischen König geächtet, aber nachdem ihm die Generalstaaten den Eid ge schworen, vertrat er doch die legitime Obrigkeit. Daß Heinrich lll. von einem Dominicanermönch und Heinrich IV. ebenfalls von einem Fanatiker erdolcht wurden und daß der „Königsmörder" Damien von der öffentlichen Meinung als ein Werkzeug der Jesuiten betrachtet wurde, wird natürlich ebenfalls verschwiege», dafür aber mit einer beinah komisch wirkenden Entrüstung die Tbatsacke festgestellt, daß, als vor etwa 30 Jabren ein Neapolitaner daS bekannte Attentat gegen den König verübte, derselbe „von der gesammten liberalen Presse als ein Held und edler Mensch geseiert worben sei, der sein Vaterland aus den Klauen der Rcaction habe erlösen wollen" — eine Behauptung, deren Beweis das katholische Blatt ebenfalls schuldig geblieben ist. Und ist nickt das Buck de- Jesuiten Mariana, der den Fürstenmord nicht nur vertdeidigt hat, sondern unter Umständen sogar als eine Pflicht betrachtet wissen will, in verschiedenen katbolisckcn Staaten, in denen die Ketzer ohne weiteres verbrannt wurden, an den Galgen geschlagen worden?" Man siebt also, was cs mit dem Allheilmittel Rückkehr in den Schoß der Papftkirchc auf sich hat. Gestern ist die mit Spannung erwartete Botschaft dcS Präsidenten der sranzösischrn Republik, deren Wort laut wir an anderer Stelle mittheilen, in dem Senat und der Deputirtenkammer verlesen und niit großem Beifall ausgenommen worden. Easimir Pcrier bat die Gelegenheit dieser ersten ossicicllen Verlautbarung dazu benutzt, um die von radicaler Seite an seine Wahl geknüpften Befürchtungen zu zerstreuen, indem er erklärt, daß er nickt die Politik einer bestimmten Partei, sondern, über den Parteien stehend, die der allgemeinen Woklfakrt des Landes betreiben, baß er ein eifriger Wächter der republikanischen Institutionen sein und »ach Ablauf der siebenjährigen PräsidciitschastSperiobe nicht wieder candibiren werte. Der stürmische Beifall und die Bewegung, welche bei dieser letzten Versicherung durch die Reibe» der Teputirten ging, läßt erkennen, daß tbatsäcklich Befürchtungen, Easimir Perier strebe nach einem autoritaircn persönlichen Regime, in weiten Kreisen bestanden haben. Ob dieselben nunmehr als beschwichtigt gelten können, muß dahin gestellt bleiben. Tie rabicalen Blätter sind, offenbar au> Grund der weiteren Äeußerung keö Präsidenten, er werde seine Rechte zwar nicht verkennen, aber sie sich auch nicht verkümmern lassen, der Ansicht, Casimir Pcrier ambire nach wie vor eine rein persönliche Gewalt. Wir glauben das nicht, wenn wir auch nicht verkennen, daß in sieben Jabren Manche- geschehen kann, waö den Präsidenten der Republik zu einer Aenberung seiner Grundsätze zwingt. Mit Recht betont Perier, daß die furchtbare Erschütterung, welche die Republik durch den Dolchstoß dcS PräsidcntcnmörderS er litten, doch nicht vermocht bade, dieselbe in andere Bahnen zu drängen, daß milhin die republikanische RcgierungSsorm sür absehbare Zukunft als gesichert gelten könne. Waö die Stellungnahme des neuen Präsidenten den Gewalten des Umsturzes gegenüber angebt, so hatte man allgemein erwartet, taß er ein sehr kräftiges Wort reden und eine besonders energische Action gegen den Anarchis muS ankündigen werde. Dieser Erwartung hat die Botschaft nicht entsprochen, denn sie erwähnt zwar des Attentates aus Carnet als eines verabscheuungSwürdigen Ver brechens, schweigt sich aber über etwaige Absichten der Regierung zur Unterdrückung dcS Anarchismus völlig auS und verspricht dasür, die Regierung werde nicht unempfindlich gegen unverdiente Leiden sein und die Hoffnungen derer nicht täuschen, welche nichts als Hoffnungen haben. Easimir Perier's Programm gebt also in erster Linie nicht auf eine Bekämpfung des Anarchismus, sondern au eine Uebcrwindung desselben durch sociale Reformen zu Gunsten der ärmeren und ärmsten Elasten. Taß der neue Präsident daneben stelS für eine energische Zurückweisung der anarchistischen Theorie und Propaganda zu haben sein wird, versteht sich von selbst, wie er sich denn auch erst kürzlich in Lyon in diesem Sinne ausgesprochen hat, immerhin aber bleibt es auffallend, daß die Botschaft davon gänzlich schweigt. Lanzanbaltcnder Beifall und Bravo rufe der Teputirten ließen erkennen, daß die Volksvertretung diesem Programmpunel Pcrier'S durchaus zustimmt. Einen vorzüglichen Eindruck macht der Appell an die Senatoren und Teputirten, daS unfruchtbare Parteigezänk hintanzubalkcn und in Zukunft sich nützlicher Arbeit zu widmen, ein Appell, der freilich schwerlich Len erwarteten Erfolg haben wird. Die Versicherung der Friedensliebe der Republik ist zwar etwas ceremoniell und durchaus in dem beliebten Stil gehalten, der „der Würde Frankreichs nichts verzieht" und dem EbauviniSmuS niit einer stolzen Phrase schmeichelt, aber man weiß, daß eS Easimir Perier lbatsächlich um freund schaftliche Beziehungen zu allen Mächten, auch zu Deutsch land, zu thu» ist. Alles in Allem muß man sagen, taß die Botschaft an Vorsicht und Zurückballung das denkbar Mögliche leistet, aber man muß bedenken, daß dieselbe nicht daS Prcgramm eines Partei-Ministeriums, sondern die erste Euuncialion eines EtaatSchefS ist, der über den Parteien sieben will und muß. Wir legen daher dieser doch immer mebr conventioncllcn theoretischen Äeußcrnng ein entscheidendes Gewicht um so weniger bei, als die Ereignisse scbr bald dasür sorgen werden, daß Easimir Perier lhatsächlich zu ihnen Stellung nimmt. Angesichts der gegenwärtigen Krisis in Korea sind Nach lebende Mittbcilungen des „Ostas. Lloyd" über die dortige remde Bevölkerung von Interesse: „Die europäische Be», völkerung Koreas wächst äußerst langsam. Zu Anjang deS Jahrcü 1890 waren in den drei BertragShäsen — Jcnschuan (Ebemulpo), Fusan und 2)uensau — 18 Europäer und Ameri kaner ansässig; 189l war diese Ziffer aus 58 gewachsen, im Jahre 1892 auf 64 und, nach einem kürzlich von dem statistischen Bureau der koreanischen Seczölle vorgenommenen EcnsuS, betrug die Zahl derselben zu Anfang diese« Jahre« 73. d. h. sie bat innerhalb von 4 Jahren um 25 Köpfe zu- genvmmen. Tie japanische Bevölkerung ist dagegen in der selben Periode um fast 1000 Seelen gewachsen, die chinesische um etwas über 400. Unter den in den VertragS- häsen — wir schließen die Hauptstadt Söul nickt mit ein — ansässigen Europäern sind die Engländer am stärksten vertreten, nämlich mit 23 (gegen eine gleiche Ziffer im Vorjahre), zunächst kommen Deutsche 19 (gegen 2l im Jahre 1892), dann Amerikaner (17), 34 Franzosen und der Rest Dänen, Portugiesen, Russen und Italiener. Bon dieser Gcsaiiimtzisfcr sind 3l in Jcntscbuan lHafenort der Hauptstadt) ansässig, 17 in Fusan und 25 in Auensan. Bon der japanischen Bevölkerung, die zusammen 7254 Köpfe zählt, wohnen 4750 in Fusan (dem südlichen BertragShafen), 2504 in Jcntsckuan und 794 in Zjuensan. Die Chinesen sind mit 678 Köpfen am stärksten in Jentschuan vertreten. Die srcmdc (europäische) Bevölkerung Söul- beträgt etwa 60 Köpfe, zum großen Theile Missionare. Tie Zahl der Eingeborenen in den drei BertragShäsen belief sich zur selben Zeit auf etwa 50 000 Seelen; von dieser Ziffer lebten 31 000 in Fusan; 15 000 in Aueusan und 3900 in Jentschuan. Die Zahl der fremden Firmen wurde zu Anfang d. I. auf 198 geschätzt; von dieser Ziffer waren jedoch nur zwei Firmen deutscher, I amerikanischer und eine russischer Nationalität; dieselben sind, die letztgenannte ausgenommen, in Jentschuan thätig. Alle anderen Firmen waren japanisch oder chinesisch, und zwar Feuilletsi«. Die alte gute Zeit. Eine Erzählung au« Niedersachsen von Greg. Sam arow. lös Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Der Graf empfing seine Gäste mit der ganzen liebens würdigen und anmuthigcn Artigkeit eines wirklich großen Herrn. Er trug den so kleidsamen und eleganten Gesellschastsanzug der damaligen Zeit mit der weißen, sorgsam gefalteten Batistbinde, den sckwarzseidcnen Strümpfen und Schnallen schuhen und dazu daS Eommandeurkreuz und den Stern des hannoverschen WelfenordcnS, aber er sah in dieser kleid samen Tracht und dem OrdenSscbmuck kaum vornehmer au-, als am Morgen in seinem einfachen Tagesrock. Für Jeden hatte er ein verbindliches Wort deS Dankes für die ihm erwiesene Aufmerksamkeit, und auch die Gräfin erfüllte ihre Pflichten als Wirtbin mit der ganzen formellen Höflichkeit einer vornehmen Dame. Hilmar und Alice machten mit die HonneurS, Beide waren so heiter und verkehrten so vertraulich mit einander, taß manches Wort über das schöne junge Paar, vaS so für einander paßte, in der Gesellschaft geflüstert wurde, ndlich kam der Eommanteur der in Hildelheim garni- sonirendcn Garde du CorpS mit seinem Ossicier. Der Graf war au da- Fenster getreten, al« die Herren in den Hof einritteo. Nach der ersten Begrüßung kam er zu dem Lieutenant r°n Grammstedt, einem sungen Mann mit noch fast kindlichem Gesicht, der ein wenig trübe und verstimmt auSsah. Er fragte denselben nach seinem Vater und sagte dann: „Apropos, mein lieber Grammstedt, ich Hab« eine Bitte an Sie, durch deren Erfüllung Sie mir einen großen Gefallen tlnm würden." „Ich stehe ganz zu Ihrem Befehl, Herr Graf", erwiderte der Lieutenant verwundert. „Ich stand zufällig am Fenster, al« Sir rinrittrn", fuhr der Graf fort, „Ihr Pferd fiel mir auf, da» ist gerade rin DH)", wie ich r« mir wünsche, wie ich e« schon seit längerer Zeit vergeblich gesucht bade." Herr von Grammstedt öffnete die Augen weit, e« war h» «begreiflich, wa« der Graf, der weit umher wegen seine« zlänzenden Marstalles bekannt war, an seinem Pferde Be onderc« finden könne. „Ich weiß nicht", fuhr der Graf fort, „ob Sie geneigt Ind, daS Pferd abzugebeu, aber wenn Sic es mir überlasten wollen, so würden Sie mir einen großen Gefallen thun." Noch mehr erstaunt stammelte Herr von Grammstedt einige unverständliche Worte. Der Gras schien dieselben als eine Bejahung aufzunehmen. „DaS freut mich", sagte er — „ich denke, wir werden Wohl handelseins werden. Ich will Ihnen einen Vor schlag machen — ich habe da englische Pferde stehen, vor trefflich: Tbiere, aber sie sagen mir nicht so zu, wie ich eS Wohl möchte. — Tauschen wir, ich gebe Ihnen ein- davon gegen Ihres und zahle Ihnen die Ergänzung de« PreiseS dazu, wenn Sie mir denselben stellen wollen." „Ich weiß in der That nicht, Herr Graf", sagte der Lieutenant, der an ein seltsames Mißverständniß glauben mochte, „eS wird mir schwer, einen Preis zu stellen." „Nun, ich habe einen gewissen Kennerblick", fiel der Graf ein, „was würden Sie meinen, wenn ich Ihnen so fünfzig Louisd or drauf gebe?" „Herr Graf, ich weiß nicht", sagte der Lieutenant erröthend bei diesem Borschlag, „der Preis —" „Ist Ihnen zu gering, ja, ja, ich mag mich getäuscht haben", fiel der Graf rin, „sagen wir also, um die Summe abzurunden, süosundsiebenzig LouiS'dor — sind Sir einver standen?" Der Lieutenant zitterte vor Aufregung, er wollte eine Einwendung machen über diese« ihm unmöglich scheinende Geschäft. Der Graf reichte ihm die Hand und sagte: „Abgemacht also, ich nehme Ihr Pferd, ich gebe Jbnen ein« von meinen Engländern und zadle Ihnen fünfundsiebenzig LouiSd'or — oa« Geschäft ist abgeschlossen." Er rief Hilmar beran und trug ihm aus, sobald sich ttn Augenblick dazu finde, Herrn von Grammstedt in den Stall zu führen, damit dieser sich da« ihm zusagende Pferd auSsuchen könne. Dann wendet« er sich zu den übrigen Herren. „Ich begreife nicht", sagte Grammstedt zu Hilmar, „wabr- bastig, ich begreife Ihren Herrn Vater nicht, er hat mir einen Handel gemacht, den ich gar nicht annebmen kann — e« sind englische Pferde, hockedl« Tbiere, er will mir zu dem Tausch eine Summe zugeben, die an sich schon den Werth meine« Pferde« überstrigt." Hilmar zuckte die Achseln. „Macken Sie Sick keine Sorge, mein lieber Grammstedt, mein Vater weiß wobl, waö er thut, er hat zuweilen seine eigene Laune in Betreff der Pferde und versttbt sich auch darauf — wer weiß, was Ihr Gaul für besondere Eigcn- schafte hat." „Nun", rief Herr von Grammstedt, „mir wäre cS reckt, wenn der Herr Gras sie entdeckte, ich habe sie nicht entdecken können." Hilmar wendete sich schnell von ihm ab. Der junge Ossicier stand noch einige Augenblicke in tiefe Gedanken versunken, dann mischte er fick in die Gesellschaft und war so ausgelassen fröhlich, daß seine Kameraden ihn ganz erstaunt ansabcn. Herr von Rvmbcck hatte Alice wie eine gute Bekannte begrüßt. Hilmar stand daneben. Da die Beiden alte Jugendfreunde waren, so fiel cS Niemand auf, daß Rombcck etwas länger als die anderen Herren bei ibnen sieben blieb, und so sctzle sich der Verkehr der jungen Leute während des ganze» Fest tages fort. Bei dem Diner in dem großen Abnensaal, bei welchem die Lakaien in den scharlackrothen Galalivröen des Bcrgbolz'schen Hauses servirten. saß Hilmar an Alicens Seite zur großen Be friedigung seiner Mutter und der Tanten. An ihrer anderen Seite hatte Herr von Rombeck seinen Platz, und wen» Alice und Hilmar lebhaft und fröhlich mit einander sprachen, so war eS ja ganz natürlich, daß Hilmar - Freund an dieser Untcr- baltung sich vielfach dctheiligte. Wenn die Beiten ihre Gläser an einander klingen ließen, so schloß sich Rombeck an, wenn Alice erröthend zu dem Freunde ihres Vetters aus blickte, so mochte derselbe wobl irgend ein neckende- Wort gesagt haben, und wenn der Eine oder der Andere diese» Verkehr bemerkte, so wurde durch solche Beobachtung nur die Voraussetzung bestärkt, daß Hilmar und Alice für einander bestimmt seien und daß man bald die Verkündung ihrer Verlobung erwarten dürfe. Wäkrend de« Diner« krackte eine Stafette dem Grase» einen Glückwunsch dcS VicekönigS Herzog- von Cambridge mit der Ernennung zum Geheimen Rath. Der Landdrost trank in warmen Worten auf da« Wohl der neuen Epcellenz, und der Graf schien, so wenig er sonst auf äußere Auszeichnungen Werth legte und so stolz er ans seine eigene persönliche Stellung al« einer der ersten Edel leute war, freudig bewegt und gerührt über diese Aufmerk samkeit. Die Stimmung der Gesellschaft wurde immer heiterer. Bei der Promenade im Park, welche nach Tisch zwanglos stattfand, sükrte Hilmar seine Cousine am Arm. Die beiden verloren sich oft auf einsamen Wegen. Auch dies wurde be merkt, und cS fiel dabei nickt besonders auf, baß häufig sich auch wieder Herr v. Rombeck zu ibnen fand, ebenso wie auch einzelne der anderen jungen Ossiciere. Diese ganze junge Gesellschaft ging auch mit zum Stall, als Hilmar, des Auftrages seines Vater- gedenkend, den Herrn von Grammstedt dorthin begleitete, um sich daS cingctausckte Pferd auszuwäblen, uno der junge Ossicier mußte manche scherzende Bemerkung über sein Geschäft anbörcn, hinter der sich auch wobl rin wenig Neid verbarg, ohne daß er sich dadurch seine vortreffliche Laune stören ließ. Am Abend wurde getanzt. Wieder fanden sich Hilmar und Alice häufig zusammen, und wieder war dann auch Herr von Rombeck meist ganz in ihrer Nähe. Spät am Abend erst trennte man sich. Die Wagen fuhren nacheinander davon. Der Graf batte einen Augenblick Zeit gefunden, um dem Herrn von Grammstedt eine goldgefüllte Börse, den Kaufpreis für sein Pferd, zuzustecken, und als die Ossiciere davonritten, von Hilmar bi« in den Hof begleitet, stand Alice an einem der crleuck'ttlen Fenster und winkte ihnen mit der Hand freund lichen Abschied zu. Alle- war befriedigt. Der Tag war glänzend verlausen, kein Sckatten war auf das schimmernde Bild deS Glückes und der Freude gefallen. Tie Gräfin umarmte ihren Sohn, als er ibr Gute Nackt wünschte, mit einer Aufwallung mütterlicher Zärtlichkeit, welche die Grenzen der sonst so streng innegehaltenen Formca überschritt. Am nächsten Morgen war der Graf wie gewöhnlich früh auf. Er fand Hilmar im Garten, als er auS seinem Pavillon hervortrat, um seinen Morgenspazicrgang zu macken. Es war bieS eine Aufmerksamkeit, welche der junge Mann niemals versäumte, da er wußte, daß sein Vater eS gern sah, wenn er ,bn in dieser stillen Morgenstunde begleitete, so oft er zum Besuch »ach Hanse kam. Beide schritten aus dem gewohnten Wege durch den Park, sie sprachen von Diesem und Jenem. wuS am gestrigen Tage geschehen war, und kamen bald auf die kleine Anhöhe, von
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