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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 07.07.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-07-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940707012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894070701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894070701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-07
- Tag1894-07-07
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Extra-Beilagen (gesalzt), nur »nU der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefvrderung » 60.—, mit Postbesörderung 70.—. Ännahmrschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags «Uhr. Sonn- und Festtag« früh '/,» Uhr. Vei de» Filialen und Annahmestelle» je »tu« halb« Stunde früher. Anreise« sind stets an dt« ExPrdtttvn zu richten. Druck und Verlag von S. Pol, in Leipzig Sonnabend den 7. Juli 1894. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den 8. Juli, Vormittags nnr bis VsN Nhr geöffnet. Lxpeültlon Ü68 Llklpxixer ^asedlaltes. Amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Nachdem die Lieferungen a» Stein- und Brannkohlen für de» Bedarf der städtische» Volksschule» während der Heizperiode 188495 vergeben worden sind, werden die nicht berücksichtigten Be werber ihrer diesbezüglichen Angebote hiermit entlassen Leipzig, am 28. Juni 1894. Ter TchulauSschiis; der Stadt Leipzig. 8dr.-H. I. 192« Walter. Ass. Wirthgen. Bekanntmachung. llls Stellvertreter des Herrn vr. msck. Kohl in keipzig-Reudnitz als Leichenschanarzt für den IX. Leichenschau- bezrk und auf die Dauer seiner Abwesenheit bis Ende August dieses JalreS ist Herr vr. mell. Gcttzler, Levzig-Reudnitz, Chauisceslraße 5«, I., von uns verpflichtet worden. Leipzig, den 5. Juli 1884. Tet Rath der Stadt Leipzig. Vlll. 3285. - - 1»r. Tröndlin. Dietrich. Der städtische Bagerhof in Leipzig laicrt Waarc» aller Art zit billigen Tarifsätzen. Die Lager scheine werden von den meisten Bankinstituten beliehen. Leipzig, den 26. April 1884. Tie Deputation znu« Lagerhofe. Unbekannter Leichnam. Im Rosenthale am Amelungswehr ist am 4. Juli d. I. Nach- mttags im Elslerflusse der Leichnam der »achsiehend beschriebenen uibekanntcn Frauensperson aufgcfuiidcn, amtlich ausaehoden und in do Anatomie gebracht wördtn. Nach kcnt Befund ist aiizuuehine», dcß der Leichnam schon längere Zeit unter Wasser gelegen hat. Wir bitten, olle WahrNclsiniingtn, die zur Ermittelung der Person de Todten dienen könbett, uns ungesäumt mitzutheilen. Leipzig, am 6. Juli 1894. Das Polizei-Mutt dcr Stadt Leipzig. II. 4051. BreJchneider. Triuckler, Actuar. Sigualkiucut. Größe: 1,56 m: Statur: kräftig; Haare: dunkel; Nase: klein; Zthne: gut. Tie Augen und das Gesicht wären unerkenntlich. Kleidung. Gummistiefelctten, schwarze wollene Strümpfe, Tricot-llnterhemd, nrißleineneS mit Spitzen besetztes Hemd, wrißleinene Beinkleider, irrißer Unterrock mit Spitzen besetzt, weißer, gewirkter baumwollener lditerrock, Corset, weißes Taschentuch söhne Zeichnung), schwarz- bliues Kleid mit Schnurbesätz, Stofsjackct. Außerdem sind bei der Eitseelten »in Portemonnaie mit 14 2 -E Inhalt, ein Bund mt 8 Schlüfleln, zwei einzelne Schlüssel, eine goldene Tamenuhr nit Gummischnur und »ine Perlmutterdroche vorgesunden worden. Freiwillige Versteigerung. DaS im Grundbuche aus den Namen der Frau Auguste verw. jagen geb. Knpscr und Genossen in Leipzig eingetragene, antheilig zu deren Nachlaß gehörige, in Leipzig, an der Marsch,,erslraße Nr. 7 zclegene, aus 50 145 geschätzte HauSgrundsliick, Skr. 78 ck des BrandkatasterS, Folium 439 des Grund- und Hypothek-,ibuchs für Leipzig-Amtsanlheil, i, welchem die Bäckerei betrieben wird, soll erbtheilungshalber durch dis Unterzeichnete Gericht össenlich an den Meistbietenden versteigert »erden und ist Montag, dcr 9. Juli 1894, Vormittags 10 Uhr als VerstetgerUNgStcruii» anbcraumt worden. Die Versteigerung findet an hiesiger Gerichtsstelle, Petertsteliuveg str. 8, Zimmer Nr. 115 part. statt. Tie VrrstcigernngSbcdtiiguiigen sind am Gerichtsbrette an- geschlagen und können auch in Zimmer 101 Part, «ingesehen werden. Leipzig, am 20. Juni 1894. Königliches Amtsgericht. Abthetlung V, S. Zschucke. Obstverpachtung. Die diesjährige Nutzung von de» fiacalischen Lbftbäumrn an den Straßen der nachgenannten Amtsslraßenmeisterbezirke soll gege» ssssrtige baare Bezahlung und unter den sonstigen bei Eröffnung der Termine bekannt zu gebenden Bedingungen im Wege des Meistgebot» öffentlich verpachtet «erde» und zwar: l> Montag, Pen 0. Juli dieses Jabre«, vo» Nachmittags ',,5» Uhr an im „vöggel'fchen" Restaurant am Bahnbot Frohlmrq die Nutzung der Obstalleen in dem Bezirke de» AmlSstrajzcn- «riftera Krhrmann in Frohbnrg. 2) Mittwoch, den 11. -nli diese» Jahre», von Nachmittag» ' ,4 Uhr an im «astdsfe „8»m Kronprinz" in Groitzsch die Nutzung der Obstalleen im Bezirke de« AmtSftratzenmkifter» Reudert in Groitzsch und - ^ Srettag. den IS. Jnli diese» Jahre«. Von Vormittag« 10 Udr an im Gofthose „Zum Ztmmertzos" in vorn« die Nutzung der Obstalleen in den Bezirken der AmtSttraszcn- «eister Haustmann in Vorn« und Grimm in Lodstäd». Nähere Autkunst über die einzelnen Straßen und deren Unter- «btheilungen, sowie über di« Anzahl der anstehenden Lbstbäume erlheilen di« vorgenannten Amtsstraßenmeister und die Wärter der einzelne» Stroßeaabtheilungen. Smitaliche Ttratzen- »ns Waffer- Königliche vanorrwaiterci va«tnfpec»«o» Leipzig. vorna. am W. Juni 1894. I. V: Liudig. Bahmaun. Der deutsche Kaiser uud das französische Volk. * lieber die Wirkung der Begnadigung der beiden im Tecember vor. JabreS vom Reichsgerichte verurtl,eilten französischen Marinc-Ofsiciere bat sich in der deutschen Presse ein unerquicklicher Streit cnlsponnen, in dem von der einen Seite kiese Wirkung ganz geleugnet, von der anderen da gegen in maßloser Weise übertrieben wurde. Diese» Streit dürste ein Pariser Bries des „Hamb. Corr." schlichten, dessen Verfasser, der ein gründlicher Kenner rer i» dcr sranzösischcn Hauptstadt herrschenden Grundstimmung ist, da» rechte Wort jür die ganz eigenartige Wirkung des kaiserlichen Gnaten- actc» gefunden zu haben scheint. Dcr interessante Brief lautet: Von allen fremde» Svuvcraincn und sonstigen Staat» Oberhäuptern bat »ach der Ermordung und bei der Bei setzung des Präsidenten Carnot unstreitig der doutschc Kaiser am beste» den Ton von Herzen kommender inter nationaler Höflichkeit und Thcilnahinc getroffen. Niemand hat so wie er verstanden, unter vollster Wahrung dcr eigenen Würde, sympalhlsch zu demoustrircn. Ja, er allein hat hierbei auch noch für Frankreich eine Liebens würdigkeit gehabt: Kaiser Wilhelm har mit wahrhaft „königlichen" Worten der Wittwe dcö Ermordeten sein Beileid ausgesprochen; sein Vergleich „gestorben wie ei» Soldat aus dem Felde der Eure" ist ;»m Leitmotiv selbst der osficieUen Absch'ctSrcde» der französischen Großwürden- träger an ihr ciusliges Staatsoberhaupt geworden, und auch das Geschenk, das Gras Münster im Namen des Kaisers an dein Sarge CarnotS dem nencn Staats oberhaupt Frankreichs übergeben hat: die Freiheit dcr Heiken z» langer Kerkerhaft verurtheill gewesenen französische» Seeofsiciere, mukbet Emen dock ungleich „königlicher" an, als der Wcltkampj der meisten übrigen Vertreter der anderen Souveraiuc, die sich gegenseitig zu überbietcn suchten durch Größe und Preis der von ihnen dein Dodtcn gestifteten Kränze — ein Wettkampf, bei dem sie in Gefahr geriethcu, vo» Rothschild um ein paar Centimeter und einige lausend Francs geschlagen zu werden. Einen sehr unangenehme» Bei geschmack Kälte die Gnade de« Kaisers nur dadurch gewinnen tönncu, wenn cS wahr wäre, daß die in Glatz gefangen ge haltenen französischen Seeofsiciere, die sich der Spionage schuldig gemacht halten, bei ihrer Abreise vom Publicum m,l Blumcnspciiten bedacht worden seien. Glücklicherweise ist das eine böso Erfindung. Dcr „TempS" meldet »äintick: Die Herren Degouy und Delguey-MalavaS sind in Paris au gekomme». Herr Delguey-MalavaS hat einen Vertreter unseres Blattes gesagt: Die Nachricht, baß wir in Glatz im offenen Wagen zum Bahnhof gefahren und von der Menge begrüßt und mit Blumen beschenkt worden seien, ist durckans unbegründet. DaS ist alles Erfindung! Wir habe» Glatz am Sonntag Abend 7 Uhr verlassen und sind ganz bescheiden zu Fuß von dcr Festung zum Bakiibof gegangen. Irgend eine Kunk- gcbuug hat nicht slaltgefunden; das Publicum, welches Sonn tags immer zahlreich auf dem Babubos ist, hat nnS gegrüßt, als dcr Zug absuhr, aber e« gab weder Blumensträuße, noch Zurufe. Es hat sich also diese fatale Nachricht zur Ehre der Glatzer Bevölkerung glücklicherweise nicht bestätigt; aber cS ist immerhin von Werth, daß sie durch die beide» Lssiciere selber für erfunden erklärt ist; denn wen» inan sich der Tactlosigkcitcn erinnert, die sich im Jabre l870 von nber- sentimentalen oder zweideutigen Frauenzimmern an den sian- zösischcn Gefangenen verübt sind, so konnte man die rrwäbutc Meldung leider nickt von vornherein für gänzlich erfunden halten. WaS nun die Kränze betrifft, so ist schließlich allerdings der Zar Sieger geblieben: ob ihn dieser Sieg sciucS Pariser Botschafters aber jonderlich erfreuen wird? Wie nämlich die allzeit diensteifrigen Preßkosaken der russischen Botschaft in Paris triumpbircnd melken, maß der Kranz de« Zaren 4'/, Meter I»> Durchmesser; zwölf starke Männer vermochten ihn nur mit Müde durch das zu kleine EinfahrlSIHor des ElnseepalastcS hindnrchzuschasfeii. Gekostet hat er 8000 FrcS., während der König von Italic» nur 3000 FrcS., die Königin vo» England nur 4000 und selbst Rothschild nur 5500 FrcS. für seine nur 3 in im Durchmesser große Blumcnspende auSgegeben haben sollen. Dcr Zar hat also Dank der Geschicklichkeit,des Tacke« und dcS feinen Geschmacks seines Botschafter» um anderthalb Bieter und 2500 FrcS. selbst Rothschild geschlagen. WaS der d eutscheKranz gekostet, das hat man ans der denNchen Botschaft de» Reporlern zwar nicht gesagt, auch sind keine 12 Männer zu seinem Transport nöthig gewesen, er ist sogar ohne Schwierig keit durch daS Elyseelhor bindurchgcgangen, aber daß er sehr schön gewesen in seinen, reichen Orchideenflor — be kanntlich der LieblingSblnine de« Kaisers — und daß er eine sehr vornehme Gabe war, findet doch nob nebenbei allseitige Erwähnung. Ich sage nebenbei; denn daS andere Geschenk de« deutschen Kaisers halte ur Folge, daß man sich um den Kranz nur ehr wenig kümmerte. Der Eindruck aber, den dieses andere Geschenk gemacht hat, ist ein geradezu gewaltiger. Für einige Stunden — und einige Stunden ist in diesem Falle schon sehr viel — war der deutsche Kaiser unbe stritten der populärste Mann in Paris Wenn eS am Nachmittag des 1. Juli plötzlich geheißen hätte, der „germanische Cäsar", wie man hier gern sagt, werde am Abend in Pari« eintrefse», der Kaiser hätte ruhig kommen können: Paris würde ihn glänzend empfangen baden. Und mehr al« da<: Der Rausch wird verrauche», er ist bereits verraucht, aber er wird «in, tiefe Spur hinter- lassen. Es ist noch gar nicht lange her, da gab cS in Frankreich keinen öffentlich und privatim mehr geickmäblen, gehässiger verleumdeten Mann, al« Kaiser Wilhelm H. Selbst seinen Großvater, den Schöpfer de« teuiscken Reick«, den Demütbiger Frankreich«, bat man nickt so »»sinnig de- schimpft, und Kaiser Friedrich ist trotz Wörth und der anderen unter seinem Obercommando Uber Frankreich erfochtenen Siege immer mit verhältnißmäßig harmlosen Malicen davo»- gekcmme»; die ganze geifernde Wuth dcr Chauvinisten hat sich über Kaiser Wilbelm kl. ergossen. DaS ging so fort bi« vor etwa einem Jabre. Da ließ der Hezensabbalh allmählich nach. Während der letzten Kaisermanöver in Elsaß-Lothringen flammte dcr alte Groll noch einmal auf. Dann wurde e« immer stiller. Hier und dort tauchten wohl noch klcine bissige Notizen in den ganz unver besserlichen Hetzblättern aus, aber man merkte ihnen an, sie waren erzwungen. Der „Artikel" zog nicht mehr Nur blieb die Wahrscheinlichkeit bestehen, daß die Dinge sich iin Handumdrcben wieder ändern könnten. Heute kann man, ohne besürchken zu müssen, ein schlechter Prophet zu sein, cigen, dcr anti-reutscdkaijcrlichc ParopySmuS bat seine» Hohcpuncl uuwitcrruslich hinter sich. Selbst momentane politische Dissonanzen zwischen den, republikanischen Frank reich und dem geeinigten deutschen Kaiserreich werde» hieran nichts mehr ändern. Das bat mit der Dank barkeit, auf die zu zählen sehr thvrickit wäre, mir nichts zu tbu». Das Gebeimniß liegt wo ander«: Tie Gruntansicht über den Charakter de« deutschen Kaisers bat sich inodisicirt. DaS ist das Facit der Ereignisse dcr letzten Woche. Zwischen Deutschland und Frankreich hat sich nicklS geändert; geändert hat sich daS Verhältnis! dcS sranrösischcn VolkcS zuin deutschen Kaiser. Anck taS ist schon ein großer Fortschritt gegen früher, der erste ncnncnSwerlbe Fortschritt, den uns die letzten Jahre ge bracht haben. Deutsches Reich. f. Leipzig, 6. Juli. Die in Nr. 336 dcS „L T." ab- gedrnckle Mittbeiluiig über die „Genossensckast frei williger Krankenpfleger im Kriege für das König reick Sachsen (Orisverband Leipzig)" enthält die Be hauptung: „Er (der Staat) ist allein nicht ini Stande, den Verwundete» und Erkrankten unseres HctrcS rechtzeitige und geeignete Hilfe z» dringen." Dieser Satz ist geeignet, Beunruhigung in diejenigen Kreise bineinzulragc», die am nächsten Kriege beiheiligt sein werden. Glücklicher weise aber cnlsprickt die Behauptung in dieser Fassung den Thatsacken nickt. Es ist durch nicht» bewiese», daß dcr Staat außer Stande sei. den Opfern dcS Krieges vo» Haus auS wirksamen Beistand zu leisten, nno es ist keineswegs einznsehen, iuwicscrn cS dein Staate, der zur Er haltung gewaltiger HcereSmassen säbig ist, an Mitteln ge brechen sollte, den verbällnißinäßig geringen und gut ver zinslichen Aufwand sür den HeeressanitätSdicnst auszuhringc». Wenn er bisher die Ausgaben sür diese« Tbeil dcS Heeres dienstes gesteigert bat — warum sollte er die Steigerung nicht sorlsctze» können? Daß also der Staat den sanitären KriegS- hcdürsnissen nicht gewachsen sei und au« diesem Grunde private Hilfe brauche, ist nicht zutreffend. Der Staat muß und kann alle Opfer bringe», die der Krieg fordert, und er wirb den HecreSsanitätStienst von seiner Fürsorge nicht a»S- schließcn, wen» ibm vo» amtlich berufener Seite bewiesen wird, daß mit den jetzigen staatlichen Kräften — also abgesehen von privater Unterstützung — im nächsten Kriege nickt auszukommen sei. Gewiß stellt jeder Krieg vor ungewöhnliche Aufgaben, und auch in lünsligeii Kriegen kan» nach gewalligel« Schlachten vorübergehend Mangel a» Hilfe eintretcn. Jndcß alle» Möglichkeiten und Ausnahmen ist auch die beste Organisation »nd die opferfreudigste Freiwilligkeit nicht gewackje». Was Dculscklaud anlangt, so hat dieses sein Augenmerk weniger aus Vermehrung dcö SauitätStrosseS, weniger auf die Vervielfältigung reS Personals, als aus die Verbesserung dcr technische» Fertigkeiten, aus die erweiterte Durch bildung des Personal» gelenkt, daß insbesondere der rein mcckaniscke Tbeil de» SchlachtfclddiensleS zur EiUlastmig dcr Acrzle in der Hauptsache den mehrjährig ge übten Händen dcS SauitätS UnIerpersonalS anverlraut wird und der Staat gerade hier, wo die höchsten und schwierigste» Aufgaben dcS SanilätSdiensteS zu lösen sind, auf freiwillige« Personal, wie es scheint, zu verzichte» geneigt ist. Es ist also ersichtlich, daß auf Seite de« Staates nickt nur die Fähigkeit, sondern auch der Wille vorhanden ist, den Ver wundete» und Erkrankte» rechtzeitige und geeignete Hilfe zn bringen. Nichtsdestoweniger sei anerkannt, daß der freiwillige Sanitätsdienst geistig und körperlich rüstigen und tüchtig ge schulten Personals während eines Kriege« ans dem vom Fointe freie» Gcbnle Nützliches wird leisten können. Berlin, 6. Jnli. DaS Auswärtige Amt wird in der ergebene» Presse wegen seiner in der Coiigo-Angelegeubeit England gegenüber gezeigten Festigkeit höchlich belobt. Ta gege» ist Nich'.S einzuwendcn, dem Verdienste seine Krone. Wünschcnswcrll) wäre es jedoch, wenn die Freunde der Rcicksregicruiig diese noch ans eine Gelcgeiibeit, i» London Lorbeeren zn pflücke», hinwiescn. Ei» wichtige« denlsckc« Gewerbe, die Vie Hz» cht i n Sch l esw ig»Ho lste in, leidet seit Jahren'schon unlor en glisch er U n b illigkei t. Die Marsch- baucrn hatte» cS sich unter großen Mühen und Kosten angelegen sei» lassen, Fleisch sür den englische» Geschmack zu erzeugen, und schließlick anck den Erfolg erzielt, daß sie jährlick bi« zu 50 000 Stück Rindvirb und oo ooo Eckast nach England verkauften. Dem frtibändlerisckkn England gefiel diese Con- currenz sür die australische Production und den Import- Kantel au« Südamerika nicht »nd cS sperrte unter dem Vor wände des Schutzes gegen Viebstuckon seine Märkte sür Marschenvieh, obwobl in SchicSwig-HolsteiN nie eine Vieb seuche «»«gebrochen war, und cs bereitet dcr deutschen Em- subr noch immer dir stärksten Schwierigkeiten, obwohl Fälle von eingtscklcpptcr Seuche nicht mehr vorackommen sind. Die Folgen sür die Bevölkerung der Marschen sind sehr ernst, ihre Zahl bat abgcnomnien und in einem Kreise die er schreckende Minderung um 5 Procenl erfahre». Die An gelegenheit scheint demnach wichtig genug, die deutsche Re gierung abermals z» beschäftigen. Der jetzige NcichSkanzlcr insbesondere bat allen Grund, daS Interesse der einheimischen Viehzucht wahrzunehmcn. den» er hat, z»»> Unterschied von seinem Vorgänger, die Zusubr von Vieh au« Ländern zuge- lassen beziebnngSweisc erleichtert, in denen der Gesnndheiis- rustand de« ViebeS notorisch ein dauernd bedenklicher ist. Die englische Regierung wirb deshalb jetzt nicht auf ein von der deutsche» beobachiete« gleiche« Verfahren Hinweisen können, wa« der deutschen Diplomatie eine starke Position verschafft, die hoffentlich nicht ungenützt bleibt. 0. II Berlin, 6. Juli. Die socialistiscbe Prene beob achtet jetzt nach den anarchistischen Attentaten ein ganz eizenthüinliche« Verfahren. Zunächst wird betont, zwijchen Anarchisten und Socialisten bestehe ein himmelhoher Unter schied; eine Brücke zwischen Beiden existier nickt. Wer die anarchistische Bewegung der letzten Jahre etwa- genauer ver folgt. wird aber wissen, daß alle hervorragenden deutschen Anarchisten noch vor wenigen Jahren der rothen Fabnc gefolgt sind und aus Bebel und Liebknecht geschworen haben. War nicht der Schriftsetzer August Rein-dorff, der da« scheuß liche Riederwald-Attentat anzettelte und deshalb in Halle bingerichlet wurde, Jahre lang für dir socialdemokratische GewerkschaflSbewegung thätig? Wie lange ist e» her, daß der jetzt nach England entflohene anarchistische Führer, Buchdrucker und Schriftsetzer Wilhelm Werner, eine Leuchte dcr SocialbemokraNc war und al« ReichStagScandidal in Teltow BccSkow-Storckow ausgestellt wurde? Hat sich der jetzt nach Amerika a»«gewauderte ehemalige Reich-tagScandidat sür Berlin V, Kaufmann Auerbach, nicht zuletzt ebenfalls zum AuarchiSmu« bekannt? Sind die Hermann und „Genossen", die vor 2 Jahren in den ersten anarchistischen Volksversammlungen in Berlin auftraten, nicht früher die rührigsten Parteigänger der Socialdemokratir gewesen? Also eine Brücke, und zwar eine recht breite, ist vorhanden. ES war auch nicht selten, daß zu BolkSvcrsammlungen Anarchisten und Socialisten gleichmäßig geladen wurden; so waren dieser Tage nach dem Locale von Kummer i» Nixdvrf Anarchisten und Socialisten geladen, um eine gewerkschaftliche Angelegenheit gcmüthlich zu besprechen. Also auch ans dem gewerkschaftlichen Gebiete giebt rS Bc- rührungSpuncte zwischen Anarchisten und Socialisten. Wie eü beißt, soll i» den letzten Tagen der anarchistische Broschürenveekaus ein ganz bedcnlcntcr gewesen sein. So sind von der anarchistisch«» Bibliothek die Hefte I zRovolulionaire Regierungen), ll (An die jungen Leute), III (Der communislische Anarchismus) zur Zeit vollständig vergriffen. Daran sind dio „reinen" Anarchisten schwerlich allein Schuld, lieber ikrrZahl in ganzDculschland hat man dock mannigsache Anhaltcpuncte. Dcr UnterstütznngSsondS jür die inhastirlen Genossen betrug 4500 die in einem Jahr durch Sammlungen aufgebracht wurde; ein Drillet hiervon kam au« dem Ausland cmcistciiS Eng land, Amerika). Nimmt man an, daß alle Anarchisten sich an dieser Sammlung bctbeiligt habe» und jeder im Jahr clwa 2 .4k aufgebracht hat, so wird man auf 1500 Anarchisten kommen, zu denen Berlin gewiß nicht mehr als ei» Drittel stellt. Die anarchistischen Broschüren müssen also auch Absatz in verwandten Kreisen finden. Wenn trotzdem die socia- listischc Presse behauptet, eine Brücke zwischen Anarchisten und Socialisten bestehe nicht, so beweist diese Presse fast aus jeder Seite, daß nicht nur eine Brücke, sondern auch eine innige Sympathie zwischen Beiden besteht. Beschimpfen doch die Herrn Liebknecht gcsinnungSvcrwandten Blätter Alle, welche ein scharfe» Vorgehen siege» die Anarchisten verlange». Dag für Dag auf daS Gröblichste. „Die OrdnungScanaille an der Arbeit", „Der feige Schurke Criöpi »nd seine Justizstrolche" — daS sind einige jener LieblingSauSdrücke dcr soeialistischen Presse, au» denen die heiße Liebe sür die armen verfolgten Anarchisten, die sich ja auch in Berlin so oifrig an dem Bicr- bohcott bctheiligc», hervorlenchtet. * Berlin. 6. Juli. Das „Social-Pol. Ccntralblatt" schreibt zu dein geplanten G E. über den unlaulcren Wettbewerb: „Es wäre irrig, anzniichmen, daß der Schutz gegen den unlautere» Wettbewerb nur sür die Groß industrie und die mit großer Capilalkrast arbeitenden Unternehmungen von Bedeutung wäre, auch die Klein- indnstrie und da» Handwerk sind daran in hohem Maße intcreisiri, »nd gerade da» Handwcrk wird oft genug durch schwintclhasle», »liier Bcuntznng reicher Geldmittel be triebenen Wettbewerb in weit empfindlicherem Maße geschädigt, als die Großindustrie, welche jedenfalls eine Eckädiguiig besser vertragen kann, als jenes. Wird der Schutz gegen »nlauleren Wettbewerb mit Rück sicht auf den ganzen Umfang de» Verkehrs gewährt, so bat aber auch der Consnment ein nickt zu verkennendes be deutendes Interesse a» seiner Ausgestaltung; dnrch die An wendung von auf Täuschung berechneten Mittel» jeder Art kann heule dcr Consuuiclit i» Bezug aus Waaren uud geschäftliche Unternehmungen irre geführt werden, er kauft schlechte Waaren in der Meinung, daß cS die guten eines bewährte» Geschäfte« seien, er kaust bei einem unrcllen Unternehmer in der Ueberzeugung, cS mit dem reellen Licseranlcn z» tbiin zn haben, bei dem er schon früher seinen Bedarf cnlnahm: mit Rücksicht hierauf hat dcr Schutz gegen unlauteren Wettbewerb sür die ganze Gesellschaft eine große Bedeutung und man wird il»n »in deswillen auch die social- politische Tragweite nicht absprcchen können." « Berlin, 6. Juli. (Telegramm.) Dcr «Voss. Ztg." wird berichtet, die ffommission für das BüracrUche Gcsrlzduch werde de» letzten Dheil de« Gesetzbuches, das Erbrecht, sowie daS EinsubrungSgesetz bi» zum Spätberbst l895 zum Abschluß bringe». Unter den verbündeten Regierungen schwebten bereits Vorbandlungen über geeignete Maßnahmen zur möglichsten Beschleunigung dcr weiteren Stadien der Bcrathung im BundeSraihe und im Reichstage. li Berlin, 6. Juli. (Privattelcgranim) Der spa nische Ministerpräsident bat bei den handelspolitischen Debatten im Senate »»längst erklärt, er werde an die Annahme de« drntsch-spantschrn Handelsvertrags die Ca bin elSs rage knüpfe». Daran», schreibt die „Post", scheinen die deutsche» Jnteressenle» dir Berechtigung entnommen zu baden, eine günstigere Wendung der Handel-vertragS- sragc zn erwarte». Ans eine Beendigung dcr Beratbiing des Vertrags im Senate, geschweige denn während dcr gegen wärtigen Tagung der Corte», sei aber in keinem Falle zu rechne». Die deutschen Interessenten würden gut tbu», sich hierüber keiner Täuschung hinzugeben. Il Berlin, 6. Juli. iPrivattelegramm > Ei» hiesiger Berichterstatter Ibeill mit, der wirkliche Urbeder jener anonym«, Zuschriften a» Mitglieder der biesigen Hofkrrisr, sür deren Verfasser dcr au« der Hast entlassene Ceremonicn- meister vo» »otze gehalten wurde, sei in der Person eine« Manne« von hoher Stellung ermittelt worden. ID Berit». «. Juli. cPrivattelrgramni) In der gestrigen Besprechung zwischen den Vertretern der Braue reien und den Führern dcr Socialdemokral ic vor dem Gewerbegerichl« - Vorsitzenden von Schulz gab
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