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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.07.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-07-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940712024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894071202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894071202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-07
- Tag1894-07-12
- Monat1894-07
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Wie in seinem ganzen Wirken, wies der Staatsmann, der Idealismus mit realpolitischer Auffassung des Gegebenen wie kein Anderer in sich vereint, auch in dieser Kundgebung der Partei die Rolle eines bloßen Werkzeugs bei der Arbeit für das Gemeinwohl zu. Sein Wort: „Ruchlos wäre eS, wollte eine Partei versuchen, das, was sie sür Reckt erkannt, mit Niederwerfung jeder entgegengesetzten Ansicht durchzusetzen —" dieses Wort bildet eine nur zu gerechte Kritik der Ver gangenheit manch einer Partei und eine ernste Mahnung sür Gegenwart und Zukunft, eine um so ernstere, als das sür Recht Erkannte in unserer Zeit des UebcrwnchernS taktischer Erwägnngen nicht das regelmäßig Richtung gebende für alle Parteien ist. Es mag dem großen Patrioten tiefen Schmerz bereitet haben, nach vierzig jähriger parlamentarischer Thätigkeit aussprechen zu müssen, die deutschen Parlamente müßten daS Gefühl noch bekommen, daß sie dieselbe Verantwortlichkeit zu tragen hätten, wie die Regierung. Aber ein Drittel der Legislatur perioden der kurzen Reichsgcschichte, sowie die jüngste Ver gangenheit erklären diese Forderung und am meisten Den jenigen gegenüber, welche die Geschicke des Vaterlandes in stärkerem Maße, als es jetzt geschieht, voni Parlament gelenkt wissen wollen. Der Radicalismus in allen seinen Erscheinungs formen hat sich bei uns in der Thal die Privilegien der Unver antwortlichkeit und der Einsichtslosigkeit zugesprochen. Es wird sich zeigen, ob er, soweit er bürgerlich ist, anderen Sinnes ge worden, wenn eS der Kraft und Entschiedenheit bedarf, die Herr v. Bennigsen gegen die beiden rcvolutionairen Richtungen, die unsere Cultur bedrohen, so eindringlich aufgcrufen hat. Angesichts der schwankenden Auffassungen von dem Charakter der Socialdemokratie, die in der jüngsten Zeit zu Tage getreten sind, ist eS mit besonders lebhaftem Danke zu be grüßen, daß Bennigsen die Annahme einer geminderten Ge fährlichkeit der Socialdemokralie im Vergleiche znm Anar chismus abgewiesen hat, um hierauf zu einem Appell an die Umsicht, Einsicht und Energie der Regierung über zugeben. Zu der Mahnung an daS junge Geschlecht, auch gegen äußere Gefahren sorglich Wache zu halten, ist Niemand berufener als der Staatsmann, der vor 35 Jahren davon ausgegangen war, daß die Wehrbaftigkeit gegen außen die Grundbedingung deS nationalen Daseins sei, und der seitdem unermüdlich geblieben ist» die deutsche Ver- theidigungSfähigkeit auf der Höhe des Nothwcndigen zu erhalten. WaS Bennigsen von der Vorbereitung und Durch führung deS ReichSbaucs sagte, hat köstliche Bestätigung in dem Glückwunschschreiben des Fürsten Bismarck gesunden. Zur hohen patriotischen Genugthuung mag es aber auch dem Vorkämpfer und Milschöpfer einer Verfassung, welche einen Theil der Gewalten der Bundessürsten auf e,ne Central gewalt übertrug, gereicht haben, daß an seinem siebzigsten Geburt-tag deutsche Herrscher ihm Antheil und An erkennung bezeigten. Eine sonderbare Nachricht läßt sich die Brüsseler „Jnd. belge" angeblich au» Berlin melden. Die englische Re gierung soll den Wunsch geäußert haben, in den ostasialischen Wirren (Korea) von der deutschen Regierung diplomatisch unterstützt zu werden aus Grund einer gemeinsam zu ver einbarenden Operationsbasis. Da England und Rußland hinter den beiden streitenden Mächten Japan und China tehen, so wäre daö eine Aufforderung an Deutschland, ür England gegen Rußland Stellung zu nehmen. Merkwürdiger noch als diese Meldung ist der Zusatz, daS londoner Cabinct habe erklärt, eS werde in einem solchen Entgegenkommen Deutschlands eine Compensatio» sür die loyale Haltung und Nachgiebigkeit Englands in der Congostreit frage sehen. Daß die englische Regierung einer solchen Tactlosigkcit fähig wäre, ist trotz mancher eigenthümlichen Erfahrungen, die man im Laufe der Jahre besonders bei „liberalen" englischen Staatsmännern hat machen müssen, nicht glaublich, und somit wird man auch der ganzen Erzählung von einem Vortrage, den der Reichs kanzler beim Kaiser über die koreanische Angelegenheit gehalten babe, keinen Glauben schenken können. Daß im klebrigen die RcichSrezicrung der koreanischen Verwickelung nicht mit den Händen in der Tasche Zusehen wird, hält man i» Berliner gut unterrichteten Kreisen für selbstverständlich. Der Mißerfolg, den die Congoreqierun, mit dem eng lischen Vertrage davongetragcn bat, scheint sie nun auch geneigt gemacht zu haben, den Zwist mit Frankreich wegen des Ubangibeckens aus gütlichem Wege zu erledigen. Kur; bevor das tragische Ercigniß in Frankreich die Auf merksamkeit von dem Streitfall abzog, standen die Dinge bekanntlich recht kritisch Die Republik und die Congo- regierung hatten sehr scharfe Note» gewechselt, und der Minister des Aeußcrn, Hanoteaur, hatte m der Kammer eS an deutlichster Entschiedenheit nach Brüssel hinüber nickt fehlen lassen. Auch praktisch wurde dieser Stand der Be Ziehungen zum Ausdruck gebracht, am llbangi und Mbomu sammelten sich Franzosen und Congostaatler in stärkerer An zahl, und es waren kriegerische Nachrichten von dort her zu besorgen. Jetzt heißt eS nun, man denke in Brüssel einen Schiedsspruch vorzuscklagen, der die strittigen Fragen schlichten solle. Frankreich hatte bereits im Februar d. I. sich geneigt erklärt, der Entscheidung deS schweizerischen BunteSpräsidenten sich zu unterwerfen. Damals hatte die Congoregierung nichts von einem solchen Vorschläge wissen wollen. Wenn sie jetzt selbst diesen Weg angiebt, so ist dies die Folge des diplomatischen EchccS in der Frage des Ver trages mit England. In Marokko herrscht unter den Riskabylen wieder große Erregung, und Bcrgfeuer rufen die Leute zu den Waffen. ES ist nicht ganz klar, gegen wen sich diese neueste Bewegung zunächst richtet, denn nach den neuesten Meldungen der Madrider Blätter aus Tanger sollten die Kabylen mit dem Sultan Abdul Aziz sehr zufrieden sein. Wahrscheinlich rüsten die Stämme sich zu einem neuen Angriffe gegen die Spanier, und die Unzufriedenheit mit ihren Führern, worüber berichtet wurde, ist vielleicht dadurch hervorgerufen worden, daß diese die Kricgslust ihrer Leute zu mäßigen sticken. Die Waffen einfuhr nach dem Rif von Seiten spanischer, französischer und englischer Schmuggler soll in schönster Blütbe stehen, und andererseits vernimmt man, daß die um Mclilla wohnenden Kabylen, zur Vorsorge gegen einen eventuellen Einfall in ihr Gebiet, diese Festung mit einer Linie von Gegenverschanzungcn umzogen haben. Da bedarf es nur einer neuen Unvorsichtigkeit von der anderen Seite und die Kämpfe können wieder be ginnen. In Tanger war vor einigen Tagen die Nachricht verbreitet, daß Mulcy Mobamed, der Bruder des Sultans, dessen Unterwerfung man als ganz sicher angekündigt hatte, durch eine Botschaft auS dem Gesängniß versucht habe, mit mehreren Kabylen, insbesondere mit den Hamnas, zur Herbei führung eines Aufstande- in Verbindung zu treten, und eS ist mözlick, daß diese Jntrigucn nickt ganz ohne Erfolg geblieben sind. Der Trrubruck Mobamed's wird eine be deutende Verlängerung seiner Hast und eine bärtere Bcband lung, als man sie dem Prinzen bisher zu Theil werden ließ, zur Folge haben. Der junge Sultan befindet sick noch in Mequincz und man weiß nicht, wann er in Fe; cintressen wird. Gestern ist der große nordamrrikanische Generalstreik proclamirt Worten, aber fast unmittelbar nach dieser Nach richt, nach welcher säst eine Million Arbeiter ausständig sein sollte, traf die andere ein, der Streik sei vollständig miß- lunczen, die meiste» Gewerke ließen die Fükrer der Bewegung im Ltich und arbeiteten ruhig weiter; der Verkehr aus den Lahnen bessere sich zusehends und nur vereinzelt komme eS noch zu Ruhestörungen. Besonders überraschend kommt diese erfreuliche Meldung, die an der Londoner Börse cine lebhafte Hausse der Amerikaner verursachte, insofern nicht, als man wußte, daß die Leiter deS AuSstandeS sich allzu großen Hoffnungen nicht Hingaben, hatte doch DebS noch Mitte voriger Woche verkünden lassen, ehe eine neue Wocke beginne, werde man zu einem befriedigenden Einverständniß gekommen sein, eine Erklärung, die von Pullmann und den Eisenbahndirectionen dahin auszcsaßt wurde, daß die Streikenden ihre Kräfte überschätzt bätten und sehr bald capitulircn würden. Aus der am Montag in Chicago ab gehaltene» Delcgirtenversammlung von etwa l00 Gewerk vereinen war eS denn auch den Führern unmöglich, den Beschluß eines allgemeinen AuSstandeS durchzu- setzcn, und erst als die Proclamalion deS Präsidenten Cleveland, welche den Belagerungszustand für Chicago an- kündiztc, verlesen worden war, kam eS in der ersten Auf Wallung von Zorn und Entrüstung zu einem dahin gehenden Beschluß. Thalsächlich batte mit dem Ausruf ClevelandS die Bewegung ihren Höhepunkt überschritten. Die Ausständigen und der ihnen BundcSgenossenfchast leistende arbeitslose Pöbel hatten sich dessen nicht ver sehen, daß der Präsident der Republik eine ungleich größere Energie besitze, als sie den Häuptern der Ver einigten Staaten sonst in kritischen Augenblicken eigen zu sein pflegt, und es fuhr ihnen ei» heilsamer Schreck in die Glieder, als Cleveland keinen Zweifel darüber ließ, daß er das Auftreten der Ausständige» als daS, was es tbatsächlich ist, ausfassc, als dirccte Auflehnung gegen die Staatsgewalt. Mit der Verbängung des Belagerungszustandes über den Hauptherd deS Aujrubr« batte d>« Armee freie Hand bekommen und »hrfortgcsetzt »achdrücklichcSEinschreiten mackte doch allmäh lich einen starken Eindruck auf die Exccdenten. Was anarchistisch an der Bewegung war, begann sich außer Schußweite zu bringen, und die wirkliche Arbeiterschaft kam zur Besinnung und zu der Einsicht, daß durch rohe Gewalt wohl die Bahnen geschädigt werden können, daß cine Besserung der Uebelstände aber aus gesetzlichem Wege viel sicherer zu erreichen ist, als auf dem der Anarchie. Dazu kam noch als beschämendes Moment die schlimme Erfahrung, die die Arbeiter mit ihrem Hauptführer und iipji-itus rectorDebS,machen mußten, von dem bekannt wurde, daß er vor zwei Jahren wegen Trunksucht ärztlich batte behandelt werden müssen. Zweifellos aber würde die Bewegung ein so rasches Ende nickt gesunden haben, wenn nicht die Mehr zahl der Bevölkerung an den alten Ucberlieserungen der Union festbiclte, deren erste lautet: Mit den Gesetzen, die den Bürger in seinem Eigenthum und Erwerb schützen, darf kein Spaß getrieben werden. Daran sind auch alle frühere» Generalstreiks gescheitert. — Ernst ist die Lage noch in den wcstlicken Staaten der Union, in Calisornicn Nevada und Dakota, wo jetzt ebenfalls die Kriegs gesctze eingesührt wurden. Hier ist der Haß der Gesammt bcvölkcrunz gegen die Ausbeutung durch die Bahnen mächtig, und darum bethciligen sick bürgerliche und bäuerliche Elemenie a» de» Unruhen. DaS Einsckreiten der BundeStrupp-m und das Jneicnsli'lcllen der Kriegsmarine dürfte aber auch sie zur Besinnung bringe». Deutsches Reich. 88 Berlin, l l. Juli. Ter BundeSrath dürste beute eine letzte Plenarsitzung vor den Ferien abgehalten haben. Allerdings findet keine ofsiciellc Vertagung statt, wie etwa bei Parlamenten, »och weniger ein Sessionsschluß, denn dcr^SundeS- ratb bleibt a!S Vertretung der verbündeten Regierungen immer bestehe», er kann nickt geschlossen oder aufgelöst werden. Aber die »leisten Bevollmäcktiztc» reisen alljährlich um die Mitte deS Monats Juli von Berlin ab. und seitens deS Vorsitzenden, d. h. deS Reichskanzlers, bezw. seines Stellvertreters, werden, wenn nicht ein besonders dringlicher Anlaß vorliccst, keine Plenarsitzungen vor Mitte September anbcraunit. So ist eS seit dem Jabre 1867 gewesen, und dieser Modus wird, als bewährt, bcibcbaltc». — Von unseren Ministern sind der Eisenbahnministcr Thielen, der LantwirtchschastS- ministcr v. Heyden »nd der Kriegs»,inistcr v. Bronsart bereits abaercist. Der Eultusininistor Iw. Bosse bccibsichtigt, nachdem seine Erkrankung an Gallenstein soweit gehoben, daß er wieder kürzere Spaziergänge unternehmen kann, Anfang näckster Wocke nach Earlsbad zu geben. Ende diese- MonatS treten auck der Ministerpräsident Gras Eulienburg und der Finanz.ninistcr I>>. Miguel ihren Urlaub an. Jedenfalls bleibe» aber iinnicr wenigsten« zwei Minister in Berlin, welcke auch die abwesenden College» vertreten und über die „laufenden Angelegenheitcu" dem Kaiser ioeir regel mäßigen Bericht zu erstatten haben. ss Berlin. I I. Juli. Wir machten kürzlich auf die günstige Entwickelung ausmerksam, welcke die deutsche Hochseefischerei nimmt. DaS Jahr >8!)l ist für unsere Hochseefischerei, wie von sachverständiger Seile mitgetheill wird, ei» Jnbiläuiusjabr insosern, als vor nunmebr zehn Jahren der erste sür den Hochscesiscksang in der Nordsee bestimmte Fischereibampscr in Geestemünde in Betrieb gesetzt worden ist, nachdem man bis dabi» bloS Segelschiffe für die Fischerei verwendet batte. Mit dieser Neuer ung brach sür die deutsche Hochseesischcrei eine Zeit ungewohnten Auf schwunges an; sie gewann von nun ab volkswirtbschastliche Bedeutung sür ganz Deutschland, da sie nicht mehr bloS den Küstenstrichen wie früher, sondern auch dem Binnenland«: ein werthvolles Nahrungsmittel zusührt, der heimischen Industrie lohnenden Perdicnst gewährt und sehr vielen Personen gewinnbringende Beschäftigung er- möglickt. Die Fischerei Dampfcrslolte ist seit dem Jahre >88t sehr schnell gewachsen Fünf Jabre nach der In betriebsetzung jenes ersten Dampfers in Geestemünde gab eS bereits ein Viertelbundert solcher Danipser, und jetzt, nach einem Jabrzebnt, bcläust sick die Zahl derselben aus 66, von denen 5 dem EmSgebiet, 17 dem Elbgebiet und die übrigen ll dem Wesergebict zngchören. Diese .66 Fischerei dampscr repräsentier» ei» Anlagecapital von 7 Millionen Mark, und dieses Anlagecapital verzinst sick hoch, denn der Gesammterlrag der Fischcrei-Dampferslotte kann auf jährlich etwa >>< Millionen veranschlagt werde», vorausgesetzt natür lich guter Fang und günstige Marktvcrhältnisse. * Berlin, ll. Juli Vor Kurzem wurde gcmeldet, daß der Sultan von Witu, Fumo Omari, von den Eng ländern nach Zanzibar gebracht sei Damit hat die ein heimische Herrschan in Witu ihr Ende erreicht, und daS Land ist der englischen Verwaltung unterstellt worden. Für Fenilletsn. Die alte gute Zeit. Line Lrzählung auS Niedersachsen von Greg. Samarow. 28s Nachdruck virboim. (Fortsetzung.) „Dort am Ende des Dorfes am Waldessaum steht seine kleine Kate — Sie fahren aus einem kleinen Umwege dort vorbei, wenn Sie nach Bergholzbauscn zurückkehren." Der Graf dankte kurz und stieg wieder in das Kranken zimmer hinauf. „Ich muß zurück nach Hause", sagte er, „die Sorge erträgt sich leichter in der Arbeit, und ich würde hier nicht- Helsen." Er blickte lange in da- Gesicht seines Sohnes, beugte sick herab und berührte besten Stirn zart und vorsichtig mit seinen Lippen. Er wollte der Gräfin die Hand küssen. Sie aber umarmte ihn und blickte so innig herzlich und liebevoll zu ihm auf. daß ihm eine Tbräne in die Augen trat. Dann reichte er Anna stumm die Hand, und in dem Ton, mir dem er ihr Lebewohl sagte, klang eS wie Ehrfurcht und Bewunderung. Der Graf nahm den Doctor mit, und bald hielt sein Wagen vor dem kleinen, ärmlichen Häuschen am Waldessaum, zu dem ihm die Bauern den Weg zeigten. Er trat in da« kleine, niedrige Wohnzimmer. Harbrandt lag auf ärmlichem Lager, seine Frau saß am Fenster und nähte. Drei Kinder drängten sich beim Eintreten der Fremden scheu in die Ecke. „Mein Gott", rief Harbrandt, sich erschrocken auf den Ellenbogen stützend, „der gnädige Herr Graf von Bcrgbolz hier in meiner Käthe!" „Ihr habt meinem Sobn das Leben gerettet", erwiderte der Graf, während dir Frau aussprang, einen Stuhl ab stäubte und die Kinder sich noch scheuer zurückdrängten — „ich komme, um Euch zu danken und bringe den Doctor mit; denn ich höre, Ihr seit verwundet." „O, eS ist nicht-", erwiderte Harbrandt, „gar nicht», Herr Gras, gar nicht so vieler Worte werth— der Gaul hat mich an da« Knie geschlagen, da« thut weh und wird bald vor- übergehen — der Herr Tierarzt Bergen war schon da und hat mich verbunden." „Der Tierarzt", murrte der Doctor, „wahrhaftig, er wird mir die Praxis verderben — den Baron Hilmar bat er auch geschient mit zwei Tischbeinen', aber so vortrefflich, wie ich eS nicht bester hätte machen können, und hier auch", sagte er, an das Bett hcrantretend und den Verband untersuchend, „das ist ganz correcl gemacht, man kann nichts dagegen sagen, und im Grunde ist eS ja auch gleichgiltig, wenn nur geholfen wird — daS wird wobl Alles wieder gut werden " „Aber arbeiten könnt Jbr nickt", sagte der Gras, „und da müßt Ihr wohl nock Notb leiden für Eure gute That, daS darf nicht sein — hier nehmt und pflegt Euern Mann während der Zeit seiner Krankheit!" Er legte auf den Arbeitstisch der Frau eine reichlich ge füllte Börse, durch deren seidene Maschen man die Goldstücke blinken sab. . Tie Frau faßte die Börse zögernd und brachte sie ihrem Manne. „Sieh doch, sieh, was der Herr Graf uns schenkt» Tu lieber Gott, das muß ja mehr Werth sein, als unser ganzes HauS und unser Gärtchen dazu." Sie wollte dem Grasen die Hand küssen. Dieser wehrte sie ab und sagte: „Laßt das, liebe Frau, laßt daS, Euer Mann bat wohl mehr verdient, als daS, und wahrhaftig, ich bleibe in seiner Schuld." Harbrandt hielt die Börse in seiner Hand, aber aus seinem Gesicht zeigte sich nicht die gleiche Freude wie bei seiner Frau. „Der Herr Graf ist sehr gnädig und wohlthätig", sagte er, „daS freut mich von einem hohen Herrn, aber nehmen kann ick da» nicht." „Nicht nehmen", sagte der Doclor, „seid Ihr toll?" „So weist Ihr meinen Dank zurück", sagte der Graf, „er soll ja nickt auswiegen", fügte er wie unmuthig hinzu, „WaS Ihr für mich getban — ich habe Euch ja gesagt, daß ich in Eurer Schuld bleibe." „Den Dank weise ich nicht zurück. Herr Gras", erwiderte Harbrandt, „aber den Lohn. — Glauben denn der Herr Graf, ich hätte mich dem Pferde entgegengeworsrn und meine ge sunden Glieder, vielleicht mein Leben gewagt, weil eS der Herr Baron Bergbolz war, der in Gefahr schwebte? Nein, nein, Herr Gras, so ist da« nicht, und wäre eS der Aermslc ge wesen, ich hätte eS auch gethan, und ich habe eS für Ihren Sohn gern, von Herzen gern getban, weil er ein lieber Herr ist und mich freundlich behandelt hat, aber nicht, weil er reich ist und mich belohnen kann — sür Geld setze ick meine gesunden Knochen nicht ein, Herr Graf, und Notb leide ich auch nicht, sehen Sie da hinter dem Tikck den großen Korb, den hat der Thierarzt gebracht mit Wurst und Brot und Mehl und cine Flasckc Wein, »nd auch die Bauern liier herum lassen mick nickt im Stick, jeder bringt mir etwas, so daß meine Kinder Festtage haben seit meiner Krankheit. -Hier, Herr Graf, »chmcn Sie das nur wieder, eS giebt ärmere Leute, als ich bin, und wenn der Harbrandt auch mal neu Hasen geschossen hat ohne Jagdrccht, nun, da« ist so eine Passion, der man nicht gebieten kann — und wenn sie auch behaupten", fuhr er listig lächelnd fort, „daß er in deS AmtSrathS Grundmann Karpfenteich gefischt babe, WaS Niemand beweisen kann, daS weiß der Herr Oberamtman», der Auditor Röbbeken und der Herr Baron von Bcrghol; an, besten, so soll doch niemand von mir sagen können, daß ich mich mit Gold bezahle» lasse, wenn ich meine verdammte Schuldigkeit und Christenpflicht Ikue. Da, Herr Graf, da nehmen Sie es zurück und seien Sic mir nicht böse, ich weiß ja, daß Sie eö auS gutem Herzen getban, aber bebalten werde ich - nun und »immcrmehr und wcnn'S mal knapp geht, nun. dann wird der liebe Gott ja auch weiter Helsen, wie bis jetzt." „Harbrandt, Ihr seid ein Narr", murrte der Doctor, aber seine Stimme klang bewegt, und die Frau widersprach ihrem Manne nicht, obwohl sic einen sehnsüchtigen Blick auf die oldgefüllte Börse warf, die Harbrandt, sich auf seinem Lager alb ausricktend, dcizi Grafen cntgegenstrcckte. Der Graf nahm ernst, fast finster die Börse. .Hier, Herr Doctor", sagte er, „Sie kennen ja wohl der Armen genug, nehmen Sie daS, lindern Sie die Noth, wo Sie können, aber sagen Sie nicht, daß eS von mir kommt, sagen Sie, eS kommt von einem braven Mann, dessen Gabe mehr Werth hat als die meine" „Und wenn ick wieder gesund bin, Herr Gras", sagte Harbrandt, „und Sie haben Arbeit i» Ihrem Forst — ich bin geschickt und fleißig, da» kann ich wohl von mir sagen, dann werde ich eS dankbar annebmen, wenn Sie mir etwas zu thun geben — der Herr Förster Marten hier hat - auch mit mir probirt und ist mit mir zufrieden, — wenn Sie sich nicht daran stoßen, einen bestraften Wilddieb in Ihren Forst zu lassen." „Ich werde daran denken", sagte der Graf kurz. Dann ging er hinaus, bestieg seinen Wagen und fuhr davon. Er war tief erschüttert. „Wo ist mein Stolz geblieben?" sagte er zu sich selbst, „vor allen diesen einsacken Menschen, die alle ihre Pflicht thun, mehr als ihre Pflicht, sckwcrer und härter wobl, als cs sür mich war. Schwerer? Nein! Gott allein weiß, wie ich gelitten. Jeder steht aus seiner Stelle, ich habe getban, WaS ich mußte, und mein ganzes Leben wäre vergeblich gewesen, wenn ich weich würde und von meinem Sohn nicht dasselbe lv pfcr verlangte, das ick zu bringen die Kraft hatte." Im Psarrhausc begann nun ein stilles und gleichmäßiges, aber dock ganz neue« und innerlich bewegte- Leben. Die Dienerschaft der Gräfin kam an und fand mit den ebenfalls » ihrem Gebrauch gesendeten Equipagen im WirthShause Interkunst. Die Gräfin ricktetc sich in dem Wohnzimmer ein und beanspruchte für sich nichts Anderes, als was zum gewohnten Leben deS HanscS gehörte, so daß der Dechant ganz erstaunt war über die einfache Bescheidenheit dieser so vornehmen und als so hochmüthig bekannten Dame. Aber anders war eS dock als sonst — ein Lakei in der gräflichen Livröe stand vom frühe» Morgen an aus dem Flur des Hauses für den Dienst bereit. Die Kammcrjungser kam und ging» für die persönlichen Dienste ihrer Herrin zu sorgen, und die Formen deS vornehmen Lebens beherrschten trotz aller Zurückhaltung und Anspruchslosigkeit der Gräfin das stille einfache Pfarrhaus. Daneben lag aus der ganzen kleinen Gesellschaft, welche hier auf so verhängnißvolle Weise in dem engen Kreise zusammen- gebracht war, die bange Sorge um den Kranken, der immer und immer »och zwischen Leben und Tod schwebte und sür den der Doctor noch immer keine sichere Hoffnung auf Genesung geben konnte. Die Gräfin brachte fast den ganzen Tag im Krankenzimmer zu und nur in der Nacht gönnte sie sich ans Anna'S Bitten und des Dechanten ernstes Zureden einige Stunden der Ruhe. Hilmar lag fast immer in lethargischem Halbschlummer, zu vollem Bewußtsein erwachte er kaum und immer nur, wenn Anna seine Wunde küblte oder ibm die Arznei einflößte, öffnete er die Augen zu dankbarem, verständnißvollem Blick und flüsterte einen Dank Anna erkannte er immer, sonst Niemand, weder seine Mutter noch den Dechanten. Tic Gräfin war schmerzlich bewegt, daß dir Näbe einer Fremden ihrem Sobn wohltbätiger war als die der Mutter, aber ibrc Dankbarkeit für Anna'S aufopfernde Pflege wurde dakurck nur immer wärmer und inniger, sie sprach säst mit mütterlicher Zärtlichkeit zu ihr, sie ließ sich von ihr zuweilen vorlesen und zwang sie fast, mit ihr bei schönem Detter auf
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