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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 17.07.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-07-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940717021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894071702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894071702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-07
- Tag1894-07-17
- Monat1894-07
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Extra-Beilagen (gesalzt), nur mit de« Morgen-Ausgabe. ohne Poslbesörderung 60.—, mit Postbesörderung ^l 70.—. ^nnahmrschluß fir Änzeige«: Abend-Ausgabe: Bormittag- 10 Uhr. Morge n-AuSgabe: Nachmittag» 4 Uhr. Sonn- und Festtag» früh ' ,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestelle» je eia» halbe Stund« früher. Anzeigen sind stet« an di« Ertzeditt«« zu richte». Druck und Verlag von E. Polz ia Leipzig ^°3«l. Dienstag den 17. Juli 1894. 88. Jahrgang, Politische Tagesschau. » Leipzig. 17. Juli. Demokratische Organe begegnen der Aufforderung, die »»erbörte Handlungsweise des "AetchstagSabgeordnetrn Haas, der seinen Sohn zum Dienst im französischen OsficiercorpS aazemeldct hat. nicht ruhig hinzunehmcn, mit wegwerfendem Spott. Solche Kundgebungen nationaler Charakterlosigkeit halte Herr Haas wobl vorauszesehcn, sonst hätte er die Herausforderung kaum gewagt. Wir sehen hier, was wir ost erleben mußten, daß eine zwar einflußlose, aber weit verbreitete Presse die deutsche öffentliche Meinung gegenüber den Fremden — zu denen wir Herrn Haas natürlich rechnen — fälscht und den Verächtern deut scher Ehre den Nacken steift. Bei jeder auswärtigen Diffe renz ist der nichtdeulsche Theil in der Lage, sich zu seinen Gunsten auf deutsche Stimmen, und zwar nicht nur aus dem socialdcmokratischen Lager, zu berufen. Welches Schicksal wäre einem französischen Blatt zu Theil geworden, das, wie die .Boss. Ztg." »m Falle Haas' es thut, Befremden über die nationale Empörung geäußert hätte, falls der vou badischen Eltern stammende Spuller sich hätte beigehcn lassen, einen Sohn ins Karlsruher CadettencorpS zu schicken? Und wir sind sicher, unsere radicale Presse hätte in einem solchen Falle gesunden, eine Nation, wie die sranzösische, könne sich dergleichen nicht bieten lassen. Der deutschen Volks vertretung aber soll nach derselben Presse ein Mann ange boren dürfen, der sein Fleisch und Blut tüchtig machen läßt, um in einem Kriege mit Frankreich gegen Deutschland zu kämpfen! Es ist dringend zu wünsche», daß die Wähler des Herrn Haas durch energische Proteste gegen sein beispielloses Verhalten ihm dasjenige bescheidene Maß politischen Tactgesühls beibringen, welches nothweudig ist, um den Entschluß zur Mandatsniederlegung reisen zu taffen. Sollten auch diese Proteste an dem moralischen Dickhäuter wirkungslos abprallen, so bliebe kaum etwas Ändere- übrig, als an gesetzgeberische ^Maßregeln zu denken, welche in gewissen Fällen der Verletzung der pplitischen Moral einem Abgeordneten daS Mandat rechtlich absprechen. Allerdings würde es hierbei um eine schwierige, mit großer Vorsicht anzufassende Ausgabe sich handeln. Wie die „Nat.-Lib. Corr." hört, ist kaum auzunehmeu, daß der Reichstag noch im Laufe deS nächsten Winter« mit der Organisation des Handwerks befaßt wird. Die entworfenen Grunbzüge eines Reformgesetzes böten noch zu wenig Aussicht, daß eine Verständigung darüber erzielt werden könnte. Es überwiege aber bei den verbündeten Regierungen die Absicht, einen gesetzgeberischen Plan fertig zu stellen, der von den betheiligten gewerblichen Kreisen als cm forderliches Werk anerkannt und praktisch durchgesührt werden könne. Indessen wird sich doch reiche Gelegenbeit bieten, im Laufe der parlamentarischen Verhandlungen des nächste» Winters den berechtigten -ntcrcffeu des Handwerks und Kleingewerbes volle Aufmerksamkeit zu Theil werden zu lassen. Die GesetzeS- vorlaae, welche die Lasten der Unfallversicherung nach derselben Schablone, nach welcher cs bei der Industrie geschehen, demnächst dem Handwerk und der Hausindustrie ausbürden will, birgt eine so große Gefahr für die Existenz eines lebensfähigen Handwerks, daß cS unvermeidlich geboten erscheint, die Existenzgrundlagen der bedrohten Kreise unseres Mittelstandes abermals sorgfältig zu untersuchen und sie gegenüber dem Uebereifer in der Anfertigung von Gesetzentwürfen, die alle unter das Rubrum der socialen Wohlfahrtspflege durch den Staat gehören sollen, energisch geltend zu machen. Während ia dieser Hinsicht auf dem Gebiete der Rcichsgesetzgebung die Aufgabe hauptsächlich vorbeugender Natur sein dürfte, mag es für die Einzel-Landtage um so dankbarer und auch um so dringlicher erscheinen, zur weiteren Erfüllung der LcbcnSbedingungen eines gesunden gewerblichen Mittelstandes positiv sich zu bewähren. Es verlohnt sich namentlich, die jenigen Titel des Staatshaushaltes, welche hieraus sich be ziehen, im Zusammenhang und vergleichend zu betrachten. Wenn man beispielsweise in Preußen verfolgt, wie in den letzten zwanzig Jahren die verschiedenen Ausgabe Titel für öffentlichen llnterricht von 22,5 auf 79,5 Millionen Mark netto angewachscn sind, so ist daS gewiß in hohem Grade erfreulich — aber nur an und für sich. Denn daneben fristen die verschiedenen Ausgabe Titel zur Förderung deS fackgewcrblicben und Fort bildung- Unterricht-, einschließlich dcr Musterwerkstättcn u. s. w. ein kümmerliches Dasein; sie beziffern im Jahre 1874 einen Nctto-Bedarf von 1,1, jetzt von 3,2 Millionen, während doch nirgends darüber eine Meinungsverschiedenheit besteht, daß gerade die Fortsetzung des VolkSschuluntcrrtchlS, die Erziehung zur praktischen Arbeit, heutzutage von besonderer Bedeutung und eines großen Opfers werth ist. Unter den Tschechen Böhmens bereitet sich, wie schon angedeutet wurde, eine neue Parteigruppirung vor, zu der einer der gemäßigten Vertreter der Zungtschcchen sich am Sonnabend in einer Prager Versammlung, in welcher die Einbe rufung des CongresseS der Vertrauensmänner im Lause deS August beschlossen wurde, u. A. folgendermaßen äußerte: „Wenn man aufrichtig sein soll, muß man zugeben, daß sich unsere Partei m ihrer heutigen Zusammensetzung auf die Dauer nicht erhalten läßt, und wir müssen daher recht- eilig einen richtigen Ausweg suchen. Und diesen Ausweg ehe ich einzig und allein in einer neuen Parteigruppirung, in der Bildung einer gemäßigten und einer radicalen Partei. WaS die alttschechische Partei betrifft, so wird sie gewiß nie mehr aufcrstehcn. Auf Grund privater Pour parlers mit ernsten alttschechischen Politikern kann ich be haupten, daß man cs alttschcchischerscitS weder erhofft »och wünscht, die alle Partei von Neuem zum Leben zu wecken, man ist vielmehr geneigt, mit den gemäßigten Elementen unserer Partei sich zu vereinigen, um eine rationelle Politik, die bei der heutigen Lage in Wien allerdings nicht anders als oppositionell sein kann, anzubahnen. Diese Koalition aller besonnenen Elemente deS tschechischen Volkes würde im Volke selbst jedenfalls mehr Anklang und Anhang finden als die scharfe radicale Tonart, die sich bei uns als schädlich erweist, da sie nicht nur Wien gegenüber keine Erfolge aufwciscn kann, sondern in unserem natio nalen Lager selbst eine Vcrbcrung und Desorganisation Hervorrust, die gegenwärtig von der wechselnden kleri kalen Bewegung so sehr ausgebeutet wird. Ich meiner seits schrecke vor der drohenden und, wie ich meine, nicht mehr abwendbaren Spaltung unserer Partei nicht zurück. Im Gcgentheil, ich glaube, es wird bester sein, wenn die Scheidung der grundsätzlich ungleichartigen Elemente eine vollendete Thatsache sein wird, denn dann wird wenigstens die heutige altjungtschcchisch - klerikal - radical - fortschrittlich- agrarisch - antisemitisch - socialislisck - babylonische Verwirrung im tschechischen Lager ihr Ende nehmen, und allen den kleineren Fractionen gegenüber wird eine ernste national liberale BolkSparlei daftehen, mit der Freund und Feind zu rechnen haben wird." Es hat sehr, sehr lange ge dauert, bis diese Erkenntniß im jungtschechischen Lager zum Durchbruch gekommen ist, ja sie dürste bereit- zu spät kommen, da die Verhetzung des Volkes durch die jungtschechischen Ultras, die .Qmladinisten", die „Rächer Tschechiens", und andere antidynastisch, socialistisch und anarchistisch angehauchte propagandistische Vereine schon so weit gediehen ist, daß von den beiden neu zu bildenden Parteien die radicale Wohl die dominirendc sein oder sehr bald werden wird. Die Madrider oppositionelle „Epoca*, das Organ des konservativen Parteiführers in Spanien, CanovaS del Castillo. kracktet cS für angemessen, an den Aeußcrungen deS dcutscken „ReichS-AnzeigerS* über daS Verhalten spani- cher Politiker in der Angelcgenbcil deS Handelsvertrages mit Deutscktand in der Weise Kritik zu üben, daß sie schreibt: „ElwaS geringschätzig und wenig paffend erscheint uns die Erklärung der deutschen Regierung hinsichtlich der spanischen Politiker, da wir glauben, daß diese nichts anderes gcthan haben, wie ihre Pflicht zu erfüllen und dem Lande zu dienen, indem sie sich der Genehmigung deS Vertrages widersctzten. der uns zum Nachtheile gereichte." Zu gleicher Zeit fordert die „Epoca* die spanische Re- aierung aus, falls Deutschland an der Zollcrhöbung für spanische Prcducte sestbäl», gleichfalls solche Zollerhöhrungen anzuorrnen. Von deutscher Seile muß aber daran fest- geoaltcn werden, daß das Verhalten des spanischen SenatS- auSschnffcS, dem die „Epoca" volle Anerkennung zollt, durchaus uncorrect war und mit den internationalen Gepflogenheiten keineswegs im Einklänge steht. Nachdem der deutsch-spanische Handelsvertrag zwischen den Regierungen vereinbart worden war, mußte dieser von den CorlcS vurchberalhcn werden. Dies war die mindeste Rücksicht, die von deutscher Seite ver langt werde» konnte. Kopenhagener Blätter berichten, cS wäre über die Hand der jungen ntederländtfchcn Königin bereit- verfügt und zwar zu Gunsten des Prinzen Karlvon Dänemark. Der selbe ist als zweiter Sohn des dänischen Kronprinzenpaares am 3. August 1872 geboren; da aber die junge Königin am 3t. August d. I. erst da» 14. Lebensjahr vollendet, würde die Vermählung wohl noch etwas anstehen können; und möglicher Weise gehört die Meldung in die Kategorie der alljährlich um diese Zeit auftauchenden Gerüchte. Emc solche Verbindung dürfte indessen eine» gewissen Interesses insoweit sicher sein, als, wie die „Post* erinnert, Prinz Karl von Däne mark durch seine schwedische Müller ein Urenkel weiland des Prinzen Friedrich der Niederlande ist; sein mütter licher Großvater weiland König Karl XV. von Schweden und Norwegen war mit einer Tochter dieses Prinzen und der Prinzessin Luise von Preußen, einer Schwester weiland Kaisers Wilhelm's I., vermählt. Andererseits ist die Königin-Regentin, die Mutter der Königin der Nieder lande, eine Schwestertochter dcS GroßherzogS von Luxemburg Herzogs Adolf von Nassau, dessen Gemahlin ihrerseits eine Schwestertochter der Königin von Dänemark ist. Sollte die Nachricht sich bestätigen, was abzuwarten man ja hin reichend Zeit haben wird, so würde daS HauS Oldenburg den von ihm besessenen Kronen Oldenburg, Rußland, Däne mark und Griechenland also in späterer Zeit eventuell die jenige der Niederlande hinzusügen. Zu der von chinesischer Seite verbreiteten Mittheilung, in der koreanischen Streitfrage hätten europäische Groß mächte, darunter auch Deutschland, ein« gemeinschaftliche Vermittelung übernommen, erfährt daS „B. T * von einer als osficiöS gekennzeichneten Seite, daß diese chinesische Meldung im Princip jedenfalls richtig ist, wenn auch über die Form der Vermittelung biSber nicht- Näheres bekannt sei. Wenn auch Deutschland in Ostasien keine politischen, sondern nur HandelSintcreffen zu schützen habe, so sei cs doch selbstverständ lich, daß es jeder Anregung bereitwilligst folgen werde, um auf eine friedliche Beilegung deS Conflicte» hinzuwirken. Gege» eine solche gemeinschaftlich mit sämmtlichen in Betracht kommenden Mächten zu versuchende Vermittelung, bei der also eine Unterstützung der specicllen Wünsche einer eiozelnen Macht, möge diese nun England oder sonstwie heißen, von vornherein ausgeschlossen ist, läßt sich natürlich nichts einwcnden, ja wir haben cS schon wiederholt auS- gesprocken, daß es ein Fehler sein würde, wenn Deutschland beim friedlichen AuStrag inlernalionaler Fragen nicht Gehör fände. Vorläufig sucht man noch nach der Form der in Aussicht genommenen Vermittelung, und wir glauben, daß dieselbe lediglich aus freundliche, Japan sowohl wie China u crtheilendc, Rathschläge zu beschränken sein dürfte, den» obald die eine der beiden Corcurrenzmächte, England ober Rußland, darüber hinausginge und zu ihrem Gunsten einen Druck aus die freie Entschließung Japans oder Chinas auSzuübea suchte, würde der schärfst« Einspruch von der anderen Seite zu erwarten sein, und eS bedürfte erst wieder eine- Vermittlers zwischen den Vermittelnden. Ob aber überhaupt ein Erfolg von dem Versuch einer friedlichen Beilegung der koreanischen Streitigkeiten zu erwarten ist, bleibt noch fehr zweisclbaft, denn, wenn auch Japan erklärt hat. dergleichen couciliatorifchcn Tendenzen sich nicht verschließen zu wollen, so bat es doch »ach wie vor den Anschein, als ob Japan entschlossen sei, die Dinge zu einer seinen Wünschen entspreche»^» Entscheidung zu bringen. Auck beute noch bält Japan an der Auffassung fest, daß die chinesischen Ansprüche auf die Souverainität auf Korea in der bloßen Einbildungskraft beruhte», besteht fortgesetzt auf der Einführung einer Reibe — wie zugegeben werden muß, sehr nolhwendiger — Reformen und denkt nicht daran, seine Truppen eher zurückziizicbcn, als bis diese Reformen durch geführt sind und tie Integrität Koreas garantirt ist, ja eS hat weitere 10 000 Manu »ach der Halbinsel unterwegs und scheint es sogar auf eine kleine Gebietserweiterung, die Besitz ergreifung der Insel O-uclpart, abgesehen zu haben. Ruß land, daS in diesem Falle aus daS Entschiedenste protcstiren würde, verfcblt »ich!, daß eine friedliche Beilegung deS Cou- slicteS seine» Interessen am besten diene» wurde, wenn eS auch eine solche >»it uilbekingter Sickerheil nickt glaubt erwarten zu dürfe». Die russische Presse saßt schon in« Auge, welches Verhalten Rußland zu beobachten haben würde, falls eö doch zum Kriege zwischen China und Japan komme» sollte. Die „Birschcwyia Wcdonosti* meinen: Im äußersten Falle, d. h. wenn der Krieg unvernieidlich wird, muß Rußland unserer Meinung nack anverzüglich, al» Unterpfand, welches die Unantaslbarkeit der russischen Interessen in Korea garantirt, einen oder zwei eisfreie Häsen de- letztere» besetzen, welche fick am geeignetsten als Marinestalionen und strategische Positionen erweisen. Doch dazu muß erst unsere Flotte im japanischen Meere bedeutend verstärkt werden, besonders im Falle des äußerst wahr- scheiiilichen Erscheinens einer englischen Flotte in den koreanischen Gewässern. Unterdessen ist in Korea ein »euer Aufstand auS- gebrochcn. Cr richtet sich zum Theil gegen die Christen, von denen eine Anzahl gctöblct wurde. DaS wird der Tokioer Regierung erwünschten Anlaß geben, weiter vor- zurückcn und Rübe zu stiften. Jedenfalls wird man der weiteren Entwickelung der Dinge mit Spannung entgegen setzen dürfen. Deutsches Reich. ^ Berlin, 16. Juli. DaS Ansang Mai erschienene, von dem Präsidenten deS ReichSversicherungSamt« vr. Bödiker warm empfohlene Schriftchcn von Kalle und Schellenberg „Wie erhält man sich gesund und erwerbsfähig?", Feuilleton. Die alle gute Jeit. Eine Erzählung au» Niedersachsen von Greg. Samarow. 271 Nachdruck »rrboka. (Fortsetzung.) „Herr Dechant", sagte er, „dank der Pflege und Sorge, die ich in Ihrem Hause fand, bin ich dem Tode entgangen." „Reden Sie nicht davon", siel der Dechant mürrisch ein, „die Pflege und Sorge, die Sie hier gefunden, ist keines Dankes werth — würde wobl Jemand einen Christenmenschen wund und blutend aus der Straße liege» lassen, noch dazu", sagte er, sich verbessernd, „einen so werthcn und lieben Freund, Wie Sie es mir geworden sind ?" „Ich weiß eS Wohl", erwiderte Hilmar, „daß Sie keinen Dank wollen und bedürfen, aber da ich nun dem Leben wieder- gegcben bin, tritt auch die Pflicht des Lebens wieder an mich heran, mein Beruf fordert sein Recht, ich fühle mich stark genug, nach Angersum in meine Wohnung zurückzukchrcn, das ist eine kurze Fahrt, ich werde dazu den Wagen meiner Mutter benutzen, der hier geblieben ist." ^ „DaS geht nicht", erwiderte der Dechant, „das geht nicht! Wenn Ihnen etwas zusticße!* „ES muß gehen, Herr Dcckant — ich darf Sie nicht länger belästigen und dann", fuhr er noch ernster fort, „seit daS Fieber mich verlassen, ist auch mein Gedächtniß zurück gekehrt, ich erinnere mich ganz klar und genau alle- Dessen, wa-Ivor meinem Unfall geschehen, Ihre Nichte hat mich ge pflegt, ich weiß eS wohl, und seit ich wieder in der Besserung bin, habe ich sie nicht gesehen." „Sie ist angegriffen, sie bedarf der Erholung", fiel der Dechant ein. „DaS ist eS nicht", erwiderte Hilmar, „o, ich erinnere mich genau — daS ist «S nicht, sie will mich nicht scheu, sie will nicht zum zweiten Male Abschied nehmen, nicht zum zweiten Male da» furchtbare Wort der Trennung aussprechen, da« mich damals zur Verzweiflung trieb." Der Deckant schlug die Augen nieder, er vermochte nicht zu widersprechen. „Ich aber bin ruhig", fuhr Hilmar fort, „ganz ruhig, Herr Dechant, mein Weg liegt klar vor mir und nicht- wird mich abhalten, ihn zu gehen — einmal nur möchte ich Ihre Nichte noch sehen." „Nein, Herr Baron", rief der Dechant, „da« nicht! WaS sein muß. muß sein und selbst einem Hunde soll man die Ohren nicht stückweise abschneiden — einen Schlag des Schick sals kann starker Muth tragen, aber man soll keinen Schmerz in die Länge ziehen. ^dstulit darum cita mors ^cstillem Oonga Titkouum mimut seuectus." „Ein schnelle- Ende", fuhr er fort, „ist besser als eine langsame Quälerei. Die Geschichte ist aus. — Wenn Sie sich wieder erinnern, so wissen Sic auch, daß Anna nicht frei ist und ich, Herr Baron, werde eS niemals erlauben, daß das qualvolle Spiel von Neuem beginnt." „Gut, Herr Dechant, ich nehme auch diese Entscheidung an, aber ein« verlange ich von Ihnen, Sie sollen Anna sagen, daß ich sie nicht aufgebt, daß meine Liebe stark genug ist, um Alles, WaS mir die Welt bietet und was von so Vielen über seinen Werth geschätzt wird, aufzugebcn. Ich werde mir eine eigene Stellung in der Welt schassen, die Kraft dazu fühle ich in mir, und wenn mir da« gelungen ist, wenn ich frei von allen Fesseln bin, wenn ich nicht- mehr zu opfern und auszugeben habe, dann werde ich kommen und ihr meine Hand bieten; will sie das nicht annehmen» will sie auch dann mich noch einmal abweiscn, dann werde ich allein meinen Weg gehen und werde auch das ertragen; denn ich werbe daS stolze Bewußtsein haben, daß ich meine Liebe und meine Freiheit nicht dem Rcichthum und dem Glan; eine- Namens geopfert habe, dessen ich in dem Augenblick am würdigsten fein werde, in dem ich ihn aufgebe." „Nein, Herr Baron", rief der Dechant, „das werden Sie nickt, daS dürfen Sie nicht." „Ich werde e-, Herr Dechant, Niemand wird mich davon zurückbalten, und fragen Sic Ihr Gewissen, werden Sic mich verachten und verurtheilcn können, wenn ich eS lbue, würden Sie mich noch achten können, wenn ich um irdische Güter, die doch ia Ihren Augen nur wenig werth sein dürften, meine Liebe wcawürfe?" Der Dechant senkte schweigend den Kopf. „Ihr Schweigen ist mir genug", sagte Hilmar, „da eS nun aber so ist» so werden Sie begreifen, daß ich nicht länger in Ihrem Hause bleiben kann, ich täusche mich nicht, ich weiß, daß ich die Fahrt nach Angersum vertragen kann» ich werde dort ruhiger und besser mit mir zu Rathe gehen können.* „Wenn Ihnen ein Unglück geschähe?* fragte der Dechant zögernd. „DaS wird nicht geschehen", erwiderte Hilmar, „glauben Sie nicht, daß ich die Bürde des Lebens von mir werfen möchte, ich will leben, wie eS auch kommen möge, und kann ich daS Glück nicht finden, so will ich ein freier Mann sein, der nur seiner eigenen Ucberzeugung gehorcht — hat mein Vater seinen Stolz, so habe ich den meinen." „Es ist Ihr Vater" — sagte der Dechant. „Ich werde ihm gehorchen und ihn ehre» und niemals auf» hören, ihn zu lieben, aber er vorAllcm soll mich nicht verachten. Senden Sie mir also meinen Diener, ich bitte Sie darum, und lassen Sie den Wagen anspanncn, ich will sogleich ab- fahrcn, aber gedenken Sie Ihres Wortes, Anna zu sagen, was ich Ihnen ausgctragen." Der Dechant gab den Widerstand auf. Innerlich mußte er ja Hilmar zustimmcn, und cS war ja besser, wenn DaS, WaS ge schehen mußte, schnell geschah, einem neuen Abschied durfte er Anna nicht auSsetzen, und wenn ihre Trennung von Hilmar erst unwiderruflich besiegelt war, so hoffte er, dann würde dieser auch wohl sich in daS Unvermeidliche finden und von seinem Entschluß zurückkommen. Eine Stunde darauf war Hilmar angekleidet. Sein Diener führte ihn stützend und tragend die Treppe hinab und hob ihn in den Wagen. Der Dechant brachte selbst Decken und Kiffen und mahnte noch einmal zur äußersten Vorsicht bei jeder Bewegung. Al» dann der Wagen davonfuhr, bewegte sich zitternd eine weiße Gardine oben am Gicbelfenster, und hätte Hilmar sich umweudcn können, so würde er vielleicht zwei thräncnde Augen gesehen haben, die hinter den Blumenstöcken hervor ihm nachblickten. Erschöpft sank der Dechant auf seinen Lehnstuhl. „O Thorheit der Welt! Diese Liebe, von der die Poeteu singen, wie schnell verblüht sie und wie selten trägt sic edle Frucht, und doch zerstören darum zwei Menschen ihr ganze« Dasein, da- doch noch so reich sein könnte, und aus mir lastet da« Alle-, was soll ich thun, was soll ich rathen, wo find« ich Erleuchtung?" „Ja, da« ist eS", sagte er, „wo kann ein Priester der Kirche bester erleuchtet werden als bei seinem Obcrhirten, der ja über all den Kämpfen de« Leben« steht und der Menschcnschicksale ja so viele an sich vorüberziehen sicht. — Ja, so soll es sein, der hochwürdigste Herr» dem die Kirche da« Regiment gab über ihre Diener und die Sorge für die Seelen, er wird mir am besten ratben» und wenn ich seinem Rath folge, wird meine Seele ruhig und mein Gewissen frei sein." Er zündete wieder seine Pfeife an und blicS große Wolken vor sich hin. Aber er nahm die Zeitung nicht zur Hand — WaS kümmer ten ihn die Händel der Welt — in tiefen Gedanken saß er da, und zuweilen klang cS wehmüthig von seinen Lippen: „Die armen, armen Kinder!" Am nächsten Morgen machte der Dechant sich auf bei frischem, klarem Frostwcttcr. Der Gang in der frischen Natur that ihm wohl, und nach einigen Stunden batte er die Stadl erreicht und trat i» die Vorhalle der bischöflichen Curie. Hier war Alles in großer Unruhe, Möbel wurden über den Flur getragen, Lakaien eilten hin und her, und Herr von Ledebur stieg geschäftig die Treppe aus und nieder, überall seine Befehle crthcilcnd, um Alles würdig einzurichlen für den Empfang de« VicckönigS, damit der sürstbischösliche Hof, zum letzten Male vielleicht, seinen alten Glanz entfalte. Auf seine Meldung wurde der Dechant fogleich in da« Cabinct deS Fürstbischofs gesükrt. Tic stille Einfachheit diese- Raumes, die beitere, friedliche Ruhe in dem edlen Gesicht dcS ehrwürdige» itirchensürsten stachen seltsam ab gegen da- hastige Drängen und Treiben in dem ganzen Palais. Der Dechant fühlte es wie ein Wehen deS Friedens nach all' den Kämpfen der letzten Zeit, al- er den Fischcrring an der Hand de« Fürstbischof« küßte und dessen klare, sauste Stimme ihm einen freundlichen Gruß bot. Der Dechant erzählte Alle-, WaS er erlebt hatte und WaS ihn so mächtig bewegte und so schwere Zweifel in ihm bervor- rief, und schloß mit der Bitte um Rath und die Befehle de« hochwürbigstcn Herrn. Ter Prälat hatte ernst zugehört, ohne ein einziges Mal die Erzäblung zu unterbreche». Der Dechant sprach imiiier freier und lebhafter, cS schien ihm, als ob jede« Wort eine Last von seiner Seele neyme und als ob der klare, sichere Blick de- Fürstbischofs Licht in all daS Dunkel brächte, daS seine Seele »mnachtet hatte. „Da- ist eine ernste Sache, mein Bruder", sagte der Fürstbischof, als er bis zu Ende gekört. „WaS der junge Herr von Bergbolz tbut, da« bat er mit seinem Gewissen abzumachen, und ich bitte Sie, mit ibm kein Wort zu spreche«, ihm keinen Rath zu geben — verurlbeilcn kann ich ihn nicht, er verletzt ja nickt die Ehrfurcht gegen seinen Vater', und wenn er äußere Güter des Leben- hmwersea will, um sei»«»
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