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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.07.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-07-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940718016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894071801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894071801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-07
- Tag1894-07-18
- Monat1894-07
- Jahr1894
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«7 BezxgS-Prers MMptMpchttto, oh« d«, t» Gtodt- Lt d« Vororten «rnchtrten >»«- «tz-ttzslt: V«»r1eltihrl,»^l4ü0. »Lglich« KoNsll»», fti» D«ch dt» Post bezogen für und OesterrAch: »iertellitbrltch ... Dkectr tügttch« Krenzbandsendung * B Ansload: monatlich 7.50. ^K»rgrn.«u«gabt erscheint täglich V«? Uhr; ^ Ibenb-AnSgab« Wochenlogs 5 Uhr. Redacttou und Lrpeditioa: S»ht»»e«vtfi« 8. »Ewedttto» ist Wochentag» uuunterdroch« Öffnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Filiale«: ttto file««'» Eortt». (Alfred HtchttX UnlversttätSstraß« 1, S«»i» Ldsche. ßVhorinrnstr. 1t, pari. »ad KöntaSplatz 7. Morgen-Ausgabe. Anzeiger. LWN für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Nnzeigeu.Prei- die 6 gespaltene Prtitzetle SO Pfg. Reklamen »nter dem RedaettonSstrich (4ga, spalten) 50-4, vor den Familtrnnachrichte» <6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis« verzetchntß. Tabellarischer und Ztffrrnsatz »ach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit de, Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung ^l SO.—, ml» Postbesörderuag 70.—.- Annahmeschlaß fiir ^ryeigi»^ >b«nd-Au»gab«: BormiUag» 10 Ubr.3 Marge a->u»gabe: «achmittag» 4 Uhr. Sonn- and Festtag» früh '/,9 Uhr. Bet de» Filialen und «aiiahinestelle, je rin« halb« Stund« früher. Anzeige« sind stet» an die Expedition zu richte». Druck und Verlag von E. Pol» in Leipzig ^- 382. Mittwoch den 18. Juli 1894 88. Jahrgang. klmtliche Bekanntmachungen. von der Tage»ordnung für di» Sitzung d«r Stadtverordneten » Mittwoch, den 18. Juli 1884, werden abgefetzt: 1) Bericht de» Oekonomte», Berkehr»« und Bersassungs-AuS- schusse» über ConcessionSerthetiung zum Bau und Betrieb »tuer »lektrtschea Straßenbahn und die hiermit in Verbindung stehenden Eingaben, 2) Bericht de» Oekonomir» und Fiua»z-Au»schusi»« über Be» seitigung de» Trenkeugrabrn« iu L«ipzig-Eoun»witz durch den Bau «iner Schleuß«. Di« eventuell für Douner»tag, deu 18. Juli 1894, ongekündigt« Sitzung findet nicht statt. raaeg«» wird noch Montag, de« SS. Juli 18-4, «ine Pienarsitzuua obgehaltrn werden. Leipzig. den 17. Juli 1894. Der Ttadt»er«rdneten-Vors1etz«r. vr. Schill. Nachtrag « de« Aegulatior. die Competenzverhältnifie zwischen dem Nattzr nnd de« Voltzeia«te »er Stadt Leipzig in Sache« der Wohlfahrt»« «a» Sicherheitspolizei betreffend »om 1». Jnni 188S. Nachdem durch Art. 2 de» ReichsgesetzeS vom 18. März 1894 tu 8. SKI de» Reichsstrafgesetzbuch» unter Nummer 10 eine Zusatz- bestimm»«- getroffen worden ist, wonach sich strafbar macht „wer, obschon er in der Lag« ist, diejenigen, zu deren Er- nährnug er verpflichtet ist, zu unterhalten, sich der Unter haltung-Pflicht trotz der Aufforderung der zuständigen Be hörde derart entlieht, daß durch Vermittelung der Behörde fremde Hilf« in Anspruch genommen werden muß," ist beschlossen worden, die Untersuchung uud Bestrafung derartiger Zuwiderhandlungen innerhalb der durch di« Strasproceßordnung aezogenen Grenzen für den Bezirk der Stadt Leipzig alt zur Zu- släudigkrit d«S mituuterzeichneteu Rathe» (Armenamtet) gehörig an- zuseheu. E» sind teShalb in Punct 4, Ziffer 12 deS oben an- aezogenen Lompeteuzregulativ» hinter di« Worte „in tz. ÜÜO Ziffer S und 9" einzuschalten die Worte: „tz. 361 Ziffer 10". Leipzig, am 13. Juli 1894. Der Rath nnd da» Volizeia«t der Stadt Leipzig. I». 8073. vr. Georgi. Bretschurider. Große!. Lekanntmachuug. Die Lieferung der eisernen Treppen zum Neubau de» Grassi- -»seums hier ist vergeben, we-halb di« unberücksichtigt gebliebenen dnverber ihre» Angebote» entlassen werden. Leipzig, am 14. Juli 1894. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georg». Linduer. 3174 '991. Gesucht wird der am 2. April 1859 in Leipzig geborene Tischler Heinrich Gustav Vurkhardt, welcher znr Fürsorge für seine Familie anzuhaltrn ist. Leipzig, deu 14. Juli 1894. Der Math der Stadt Leipzig. Armrnantt, Abth. H. 4.st.ll. Xo. 1404». Ludwig-Wolf. Rüber. Die Inhaber der abhanden gekommenen Sparbücher Ser. I Nr. 92328, Ser. v Nr. 125810 209538 251870 und der von un- seren Annahmestellen gleichsall» al» verlörest angezeigten Quittung-- scheine über die Sparbücher Ser. II Nr. M4185, 261093 werden hierdurch aufgefordert, sich damit binnen drei Monaten und längstens am 19. Oktober 1894 zur Nachweisung ihrer Rechte bez. zum Zwecke der Rückgabe gegen Belohnung bei Unterzeichneter Anstalt zu melden, widrigenfalls der Svarcassenvrdnung gemäß den angemeldeten Berlustträgeru nach erfolgter Beeidigung ihrer Anzeige an Stelle der abhanden gekommenen Bücher, welche alsdann für ungiltig zu erklären sind, neue Bücher ausgestellt, bez. die eingelieferten Bücher auch ohne Rückgabe der ebenfalls für ungiltig zu erklärenden OuittungSscheine auSgehändigt werden. Leipzig, am 16 Juli 1894. Die Verwaltung de» Leihhanse« «nd der Spareaffe. Gefunden oder al» h-rrenlo« angemeldet resp. abgegeben wurden in der Zeit :om 1. b,S 15. Juli 1894 folgende, zum Theil auch schon früher gefundene oder von verübtem Diebstahl herrührende Gegenstände: ein Betrag von 5 X, rin Portemonnaie mit 4 42 eine filderne und »ine vernickelte Taschenuhr mit Kette, 3 verschiedene goldene Ringe, ein gold. Trauring, ein Lorallen-Armband, 2 Corallen-Ketten, ei» goldener Man- schettevkaopf, eine Laudwehr-DienstauSzeichnung, 1 Klemmer, 2 Brillen, ein Taschenmesser mit Etui, einige Schlüssel, LeihhauSschrine, ein Taillentuch, L Packetchen mit div. Wäsche, rin schwarzer Filzhut, ein größeres Knaben^stoffjacket, ein Epazierstock, einige Schirme, ein Handkoffer und «in Schirm, ein Ranzen mit div. Büchern, eine Reitgerte, mehrere Peitschen, 4 Belocipedschraubrnschlüssel, rin« Lastwagenstemm- leistr, eine Waqenkopsel mit Firma, eine Leiter, eine Wagen- kette, ein Ortfchett, ein Marktkorb mit gerupften Tauben «nd rin »»geflogener Lanariruvogel. Zur Ermittelung der Eigeathümer wird die» hierdurch bekannt gemacht. Gleichzeitig fordern wir auch Diejenigen, welche im II. Quartale 1893 Fundgegenständ« bei uu» abgegeben haben, auf, diese Gegenstände zurückzufordern, andernfalls hierüber den Rechten gemäß verfügt werden wird. Leipzig, den 16. Juli 1894. Da» Valtzet-Antt der Stadt Leipzig. Bretschnrider. Ml Saugewerkenschule Roßwein. Die Anvieldefrtft für da» Wintersemester der Bauaewer! schule läuft am IO. Dctvder ab. Di« Aufnahmeprüfungen sinden Mvntag, de» tfi. Octabrr, statt. Nähere Auskunft über bi« Aufnahmebedingungen ertheilt der Echulautschuß uud der Direktor d« Schule, Architekt Keller. Roßwein, den 14. Juli 1894. Der Schnlantschntz der vangewerkenfchnle. Bürgermeister Rüder, Vorsitzender. lieber Landstreicherei und Settel. xl. Unter den zahlreichen Schriften, welche in letzterer Zeit über da» Bettler» und Baaabundenwesen erschienen sind, verdient besonder» eine Broschüre von vr. M. Bert sch »Nebrr Landstreicher« und Bettel. — ReichSstrasgesetzduch A 361 Nr. 3 und 4. — Ein Beitrag zur Lösung der Stromerfrage" hervor-rhobe» zu werden. Diese im letzten Frühjahre im Verlage von H. Laupp, Tübingen, erschienene Schrift (Preis 2 .ck) enthalt recht interessante Ausschlüsse über da» Wesen per Stromerfrage,.die geschichtliche Entwick lung der gegen dieses Unwesen ergriffenen Maßregeln und über den jetzigen Ausland derselben. Sehr richtig tkeilt zunächst Vr. Bcrlsch die Landstreicher in solche, die, brod- und arbcilS- oS, einstweilen geuöthigt sind, die Unterstützung ihrer Mit menschen in Anspruch zu »rbmeu, deren Hauptstrcbe» indessen darauf gerichtet ist, baldigst wieder Erwerb und Arbeit zu linden, und in solche, welche dieses Streben nickt besitzen, denen das Betteln zur Profession, die Arbeitsscheu zur Gewohnheit geworden ist. Nur diese letztere Kategorie nennt vr. Bertsch Landstreicher und trifft damit da- Richtige. Vielleicht hätte er dieser Charakteristik noch die positive Ziellosigkeit de- Landstreichers hinzufügen können, nicht allein diejenige seiner Streifzüge durch da« Laud, sondern die seine» ganzen Thun- und Treibens, die indolente LebrnSansckauung, die nicht- wissen will von dem Unerlaubten seiner Handlung, von dem Schicksale der nächsten Stunden und Tage und dem eigentlichen Zwecke seine- Leben-, Er bettelt und vagabundirt, vertrauend auf die menschenfreundliche Schwäche seiner Mit menschen^ nicht selten gar aus deren Furcht, die ibm immer wieder die nötbigen Esistrnzmittel verschaffen, bvffend vielleicht ogar auf seine baldige Festnahme durch die Polizei, die ihn der Mühe des HerumstrcickenS für einige Tage Lberhebt. Ferner erläutert vr. Bertsch sehr eingehend den Begriff deS BettelnS, besonder- die Fratzen, inwieweit die Straf barkeit des BettelnS geboten und in welchen Handlungen de- Bettlers die eigentliche Verletzung der Gesetze zu suchen ist. Besondere Aufmerksamkeit aber verdient die genannte Ab handlung in Bezug auf die in ihr enthaltenen Reform- vorschlaye, dem Bagabundenthum erfolgreich zu steuern, und die eingehende Beurtbeilung der bisherigen behördlichen und privaten Thätigkeit in dieser Hinsicht. Freilich kann man nicht überall die Meinung de- Verfasser» theilen, nnd wenn er z. B. die von privater Seite allerorts errichteten BerpflegSanstalten und Stzeisehäuser rc. als unpraktische Ein richtungen hinstellt, so möchte man dagegen einwenden, daß sie für Solche, die momentan erwerbs- und drodloS sind, geradezu die einzige Zufluchtsstätte vor der Uebertretung deS BettelnS und Herumvagircn» sind. Andererseits aber darf man ja nicht verkennen, daß diese Wohlfahrt» «nrichtungen eS allerdings nicht ermöglicht haben, daß die Zahl der wirklichen Stromer wesentlich abnimmt und die Straßen sich von diesen gesäbrlichen Passanten entleeren. Die in der vr. Bertsch'schen Abhandlung ausgesprochenen Bedenken gegen die Bestrafung de- BettelnS und Landstreichens durch die Polizeibehörden werden vielfach grtheilt werden; cö findet hierdurch fast immer eine sehr summarische bureaukratische Behandlung de- Straffalls statt, und doch ist es oft sehr von Wichtigkeit, eingehender auf da- Vorleben des Vaganten und die unmittelbar nächsten Ursachen seiner Uebertretung Bezug zu nehmen, weshalb eine Aburtheilung vor einem Schöffeimerichte in zahlreicheren Fällen als bisher angezeigt wäre. Anschließend an diese Betrachtungen, macht vr. Bertsch folgende Resormvorschläge: 1) Errichtung staatlicher, bezw. communaler Verpfleg» stationen an Stelle der privaten, mindestens thatkrästige Unterstützung der letzteren durch die Staats- und OrtS behörden, wodurch «ne einheitlichere Organisation dieser besonders für momentan arbeitslose wandernde Leute noth wendigen Veranstaltungen herbeigefübrt wird; 2) gänzliche Ueberweisung der Be- und Verurtheiluna von Uebertretungen gegen ß. 361, 3 und 4 deS ReichSstras- gesctzbuchS an die ordentlichen Gerichte (Schöffen); 3) Anwendung der kurzzeitigen Haftstrase nur als Strafe de» VagabundirenS und BettelnS gegen Solche, denen eine Gewerbmaßigkeit ihrer Handlung nicht nachgewiesen werden kann und bei denen nicht unverschuldete ArbeilS losigkeit und äußerste Nothdurft als MilderungS- bezw. Be frriungSgrund angesehen werden muß; endlich 4) Unterbringung notorischer Landstreicher in private oder besser noch staatlich organisirte Arbeitshäuser und Colonien, in welchen sie längere Zeit hindurch verbleiben, und wenigstens der Versuch gemacht wird, sie für eine regelmäßige Arbeit wieder zu gewinnen. Diesen Vorschlägen wird man in vielen Beziehungen bei stimmen können. Die Aburtbeilnng durch ordentliche Gerichte würde den Vortheil haben, nur wirklich anerkannte Bummler empfindsam zu treffen und Delikte, die sich aus anderen Gründen ergeben, gerechter, auch milder zu brurtheilen, als eS gewöhnlich seiten» der streng nach den Paragrapben deS Gesetze» bandelnden Polizeibehörden geschehen mag. Besonders aber ist Vorschlag 4, die Erweiterung und Vermehrung der Arbeitercolonien, sehr zu empfehlen, schon deshalb, weil we niastens für eine geraume Zeit der Landstreicher dem öffent lichen Leben entzogen wird und er bester, als anderen Orts Gelegenheit findet, sich von Neuem der Arbeit zu widmen und etwa auch ein bestimmtes Gewerbe zu erlernen. Die Unterhaltung zahlreicherer Colonisten würde freilich Geld kosten, doch möchte Wohl die auch von vr. Bertsch vor geschlagene Vagabundensteuer nicht reckt angebracht sein Wer soll sie bezahlen? Und wie sollen sich private Colonien durchhrlfen? Viel einfacher ist eS, durch Uebertragung der Kosten auf da» Eapitcl der übrigen LandeSanstalten bei staat lichen Arbeitshäusern diese Geldfrage zu lösen; private An stalten dieser Art möchten wohl, wie bisher, der Fürsorge von VcreinSthätigkeit und persönlichem Wohlwollen anheim gegeben werden, vielleicht ließe sich auch eine kräftige staat siche Subvention befürworten. Jedenfalls ist der Vorschlag einer strengeren Durchführung der Maßregeln, unverbesserliche und oft bestrafte Vagabunden und Bettler sür eine längere Spanne Zeit der menschlichen Gesellschaft zu entrücken und ilmen nochmals, wei n auch etwa» strenger al» in ihrer Jugend, eine Erziehung zu Arbeit angedeihen zu lasten, sebr gut »nd au-füvrbar. Hierin in dem systematischen Zwange zur Arbeit, in der Regelmäßig keit und strengen Ordnung de» täglichen Leben», in der Ab sonderung von allen zum Faulenzen, Bummeln und anderen Sünden verleitenden Einflüssen, hier, wo der Vagabund, wenn er nicht vollkommen verdorben ist, nochmal- Gelegenheit findet seine Gesundbeit wieder z» restauriren und seine Kräfte zur nützlichen Arbeit anzuspannen, hier, wo er ' «elleich» zur Ein sicht kommt, wie nahe er bereits dem Abgründe de» Ver brechens und seine» eignen Untergangs gewesen ist, bier ist eine Heilung diese» schweren socialen Schadens möglich. Und wie Viele würden gerettet werden, wie Viele sich gern und reudiz ans diese Weise retten lassen, die jetzt, von Tbiir zu Tbiir, von Ort zu Ort, von Gcfängniß zu Gefängniß gc- toße», im Elend verkommen oder von der Uebertretung zum Vergehen, vom Vergebe» zum Verbrechen geführt werden! Deutsches Reich. * LripUa. 17. Juli. Ans dem letzten sächsischen — social- demokratischen — Lagcrbaltertage sind, wie erinnerlich, über die socialdemokralische Praxi» im GegcnwarlSstaalc er bauliche Dinge zu Tage gekommen. Wir baben damal» bierüber berichtet, wollen aber trotzdem unseren Lesern da» nachslebcnde „Eingesandt" nicht vorenthaltcn, das im hiesigen „Wähler" heule veröffentlicht wird: An die Lagerhalter! Von verschiedenen Seiten ousgesordert, über die Gründe der Entlajjung d»S College« Grenz-Chemnitz näheren Auischluß zu geben, bringe ich Folgendes zur allgemeinen Keaiitnißnahme: Aus dem zweiten jächsilchen Lagerhalterlag am 14. Mai in Dresden, welcher von 77 Lagerhaltern besucht war. sind die College» Grenz-Chkinnitz und Schmidt-Zwicka» wieder als Vertraueneinaimer einstimmig gewählt worden. AlS solcher bat G sür di» Forderungen der organisirten Lagerhalter einzutreten. Die Hauptsorderuugen sind: I) Die Beseitigung de« Sonn- und FeieriagS-Verkaufs 2) Besei tigung der überlangen Verkaufszeit an deu Wochentagen. 3) Die Ein- ührung einer geregelte» Mittagspause. 4) Sind Mann und Frau gleichzeitig im Geschäft thälig, so ist sür jeden besonderer Loh» zu zahlen. Der letzte Logerhattertag in Dresden fügte noch hinzu: .Daß dir Beseitigung der procentualen Lohnzahlung iAccord- ystem) ganz entschieden angestrebt werden soll, noch entschiedener oll etwa derartig geplanten Einjührungen entgegen getreten werden." Am l4. Mal beauftragten also di« College» den College» Grenz, im Lause deS nächsten Jahre« sür obige Forderungen ein- zutreten. Am Freitag, den 18 Mai, erhielt Grenz von der Ver waltung de» Verein«, tn welchem er al- Lagerhalter thütig war, ein Circular vorgelegt, in welchem folgende Forderungen aus- geführt sind: Ta sich das Bedürfnlß nach weißer Waare bei unseren Mitgliedern gezeigt hat. so sieht sich die Verwaltung ver anlaßt, von Sonntag, den 20. d. M., den Brütchcnverkauf einzusühren. ES ist demnach das Local EonntagS von '/,7—8Uhr, Wochentags '/,6—'/,1 Uhr und von'/,3—8Uhr zu össncii. Weiter ist die Entlohnung der Herren Lagerhalter ander- geregelt worden, dieselbe ist theilwetse procentual. CS wird vom 2t. d. M. pro Woche 18 ^l> und 1 Procent von der Einnahme gezahlt. Jeder Lagerhalter hat die«, nachdem er e- gelesen, zu unterschreiben. Chemnitz, den 17. Mai 1894. Die Verwaltung. Das Circular war von einem der Lagerhalter schon unterzeichnet. Grenz erklärte: „Den Bestimmungen werde ich mich nicht sägen." Di« Geschäftsordnung und Besoldung war bisher: An den Wochen- tagen von srüh 7 bi« l2'/, Uhr und von 2 bis Abends 8 Uhr. Der durchschnittliche Wochcnlohn betrug 23.08 Sonntags btieben die Geschäfte geschlossen. ES ist nun an ei» paar Lagerhalter betr. der Einrichtung am SoantagSvcrkaus und der procentualen Bezahlung herangegan itn worden. Iu zwei Laden gingen die College» 14 Tage vor dein Logerhattertag auf die „probeweise" Einführung der Geschäslöänlerunaen ein. Mit dem College» Grenz wurde in dieser Angelegenheit nicht die «ringst« Nückiprache genommen, biS er dann da« oben mitgelheille Circular zur Unterschrift vorgelegt erhielt. Grenz ist von der Ver waltung zu einer Vorstandssitzung ringcladen worden. Derselbe ging nicht hi», sonder» schrieb in einem längeren Briese u. o., daß er sich den getroffenen Bestimmungen an- deu verschiedensten Gründen nicht sägen könne. Cr verlangte weiter die Ausrechtcrhaltuiig der alten Loh», und Arbeitsbedingungen. Könne oder wolle die Verwaltung ein solches nicht, so werde sie ja wissen, waS sie »u ihn» habe. Tie Verwaltung hielt indessen ihren Bcichluv aufrecht bis auf weiteres. Grenz hielt auch leine Meinung aufrech!. Hierauf erhielt er die Kündigung bei 14 Tagen Bedenkzeit. Grenz erklärte, auch nach dieser Zeit nicht anders denke» zu können, seine Cvnscquenz ist ja auch bekannt. So ist er nun seit 1. Juli stellenlos, er ist unterlegen; Loch nicht In seinem Interesse, sondern in dem der organisirten Lagerhalter. Ich meine, die College» werden wissen, was sie zu lhun haben. WaS aber sagen die Parteigenossen in Chemnitz zu diesem Vor- gang, die Verwaltung jenes Vereins soll doch aus alten guten Parteigenossen bestehen!? Zwickau, Julr 1894. Hermann Schmidt, Vertrauensmann der Lagerhalter. Ja, WaS sagen die Cbemnitzer „Genossen"? Sie empören sich weiter über das „Ausbeuter-System" — der Bourgeois selbstverständlich! U Berlin» 17. Juli. Neuerdings hört man von ver schiedenen Gemeinden, welche die ihnen durch den 8. 1l9n der Gewerbeordnung übertragene Befugniß de» Erlasses eines OrtSstatntS zwecks Verbots der Auszahlung der Lohne minderjähriger Arbeiter an diese ausüden wollten, eS jedoch unterließen, weil die in ihren Bezirken angesessenen Gewerbetreibenden auf Befragen eine giinftige Wirkung von der Auszahlung der Löhne minderjähriger Arbeiter an deren Eltern oder Vormünder bestritten haben. A» und für sich würde die Einsiibrung dieser Lohnauszahlung recht wohl einen günstigen Einfluß auf die Arbeiterschaft auSüben. Denn Niemand ist wohl nn Zweifel darüber, daß die durch das jrükzcitige VcrsügungSreckl über verhältnißmäßig beträcht liche Geldmittel berbeigcsübrte Verschwendungssucht der jüngeren Arbeiter die Sckulv an vielen Mißständcn trägt, welche man bei der jetzigen Arbeiterschaft zu beklagen hat. Jedoch so, wie die Reform »> der Gewerbeorknimg-Acregclt ist, wird sie aller dings nur rin« geringe Wirkung äußern. Denn geht eine Gemeinde zum Erlaß de» im tz. N9a erwähnten OrtSstatntS tbatsächlich über, so ist nur zu wahrscheinlich, daß ibr« minder jährigen Arbeiter in eine andere, ein solche» OrtSstatut nicht besitzende Gemeinde zieken, »m nach wie vor die freie Ver fügung über die ihnen auSgezahlten Löhne zu haben. Die :it krankt demnach daran, daß sie Regelung der Angelegenheit nicht obligatorisch sür da« ganze Reich erfolgt ist. Würde im Gesetze der Erlaß solcher Bestimmungen nicht in da- Belieben der einzelnen Gcnieinden gesetzt, sondern die Vorschrift der Auszahlung der Löhne a» die Eltern oder Vormünder unmittelbar, vielleicht mit der Befugniß der Ge meinden zur AuSnabmefestsetzung in einzelnen Fällen, erfolgt sein, so würde sicherlich schon jetzt von dieser socialpclitischen Maßnahme ein beträchtlicher Erfolg zu verzeichnen gewesen sein. So aber. Wie die Verhältnisse jetzt liegen, braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Wirkung des 8-119» der Gewerbeordnung ziemlich gleich Null ist. * Berlin, 17! Juli. Vom Vertreter de» Regierungs präsidenten z» Magdeburg wird vom 13. d. MtS. bekannt gegeben, daß in Nr. 152 deStz „ReichSanzeigerS" der wesentliche Inhalt des Entwurfs von Ausnahme- bestimninngcn über die Sonntagsruhe „in den zur Gruppe XU (Nahrung»- und Genußmittel) der Gewerbestatistik gehörigen Anlagen" veröffentlicht worden sei. „In demselben werden", so heißt eS Weiler, „die nach 8- 105»l der Reichs-Gewerbeordnung zuzulassenden Arbeiten und die Be dingungen, unter welche» die Ausnahmen gestattet werden, für Cicborien-Darrcn, Spirilnö-Rassinerien und Brauereien be handelt. Da eine mündliche Beratbung deS Entwurfs mit Vertretern der Arbcftgebcr und Arbeitnehmer im ReichSamle deS Innern voraussichtlich nicht stallsinden wird, so werden die belbciligten Kreise ein Interesse daran baden, durch die Presse auf den fragliche» Entwurf aufmerksam gemacht zu werden. Wünsche auf Abänderung des Entwurfs sind bei mir spätestens bis zum 20. Juli d. I. schriftlich gellend zu machen und zu begründen." Dazu macht die „BolkSztg." olgende Bemerkungen: „Nr. 152 deS „ReichS-Anz." mit jenem Artikel ist am 30. Juni erschienen. AuS demselben ging hervor, daß die RegierungS-Präji- deule» den Auftrag erhalten haben, etwaige Wünsche auf Ab änderung und Ergänzung de» Entwurfes an« de» »reisen der Be- «heiligten spätesten« bi« I. August dein Handel-minister vorzulegen. Daß die Präsidenten den Enlwnrs den Betheilgten mitlheilen ollten, wird in dem Artikel nicht angegeben »nd ist, wie «S scheint, auch nicht angeordnet: ob und wie die Betheiiigtcn Kenntniß von dem Entwürfe erlangen, ist ihre Sache. Seit drei Jahren haben die Behörden Zeit gehabt, die sür die Sonntagsruhe in der In dustrie bestiinmlen Vorschriften auSzuarbeiten. Tie meisten dieser Vorschriften haben ihr« endgiilige Gestalt erst nach Beralhungen mit Vertreter» der davon betroffenen Industriezweige erhalten. Für Li« Cichoricndarren, Spiritusrassinerien und Brauereien erachtet man «S au< unbekannten Gründen sür angängig, von derartigen Be- raihungcn abzusehen, will aber doch Wunsche au« den betheiligten Kreise» entgegennehmen. Man thcill diesen den Entwurf selbst nicht mit, sondern veröffentlicht lediglich einen kurzen Auszug aus demselben, an« dem sie, wenn eS ihnen paßt, und wenn sie von ibm überhaupt etwas erfahre», das Material zu ihren Verbessern» ;k- vorjchlägen entnehmen möge« Aber nun ist Eile dringend »olh- wendig; innerhalb 20 Tagen nach dem Erscheinen jenes Artikels müssen etwaige Wünsche unbedingt bei dem Regierungspräsidenten schriftlich und wohlbegründet vorliegen, daniit diese binnen abermals 10 Tagen sie dem Minister zuienden können. Beilagen sich nu» 'hinterher die Besitzer von Cichoriendarre», Spiritusrossinerieu und Brauereien oder ihre Arbeiter über den Inhalt der Bestim mungen, jo wird ihnen erwidert: Weshalb habt Ihr Eure Wünsche nicht rechtzeitig zur Sprache gebracht? Wir haben, nachdem wir in drei Jahren die Ausarbeitung der Bestimmungen vollendet baben, Euch doch volle 20 Tage lang Gelegenheit gegeben. Euch zu äußer». Habt Ihr diese reichlich bemessene Frist verstreichen lassen, so ist cs Eure eigen« Schuld." Dieses Beispiel von BureaukratiSmuS steht leider in der Handhabung unserer socialpolilischen Gesetzgebung keineswegs vereinzelt da, obgleich »irgendwo der BureaukratiSmuS so sehr vom Ucbel ist, aiS gerade ans diesem Gebiete. Die Klagen über die durck die soeialpolitischcn Gesetze anscrlcglcn Lasten würden sicherlich znin großen Theil verstummen, wenn deren Handhabung von freierem Geiste getragen würde. v. Berlin, l7. Juli. (Privattclegramm.) Ter „ReichSanzciger" meldet: Nach dem Rechnungsabschlüsse de- RcichshauShnltSetatS sür da« ElalSjahr 1893/91 stelle» sich die Uebcrwcisungen an die Bundesstaaten aus 338 758 801 Mark, d. s. 10 459 199 weniger, als im Etat vor gesehen war. Tie im NcichShaushaltSetat sür das EtatS- ;ahr 1893,94 vorgesehene» Einnahme» ergaben an ordent lichen Einnahmen, soweit sie dem Reiche verbleiben, nur 20 803 223 da- crgiebt nach der Gegcnrechinmg von 6 603 213 Mehrausgaben sür daö Etatsjahr einen llebcr- schuß von t l 199 980 B. Berlin, 17. Juli. (Privattelegramm.) Finanz- minister I)r. Mtlftict tritt, wie die „Nat.-Ztg." mitthcilt, am 20. d. M. seinen Urlaub an, den er in Schwarz bürg in Thüringen zuzubringcn beabsichtigt. I). Berlin, 17. Juli. (Privattelegramm.) Der „Boss. Ztg " zufolge wird Major von Wiffniann Ende dieser Woche in Berlin erwartet. Sei» Befinden scheint sich ge bessert zu haben. Dagegen liegt sein Begleiter, I)r. Bumillcr, krank in Mainz darnieder. HI Berlin, 17. Juli. (Privattelegramm.) Bei der vommtffio» Ser Snalhefttzer gingen heute 26 00t» .«L Untcr- stützungsgelder ein, während 2230 an Unterstützungen aus- gezahlt wurden. Tie Behörde ist bereits in einer Anzahl von Fällen gegen Socialdemokraten auf Grund des 8 >53 der Gewerbeordnung und 8 21 deS PrcßgcsctzcS einzcschrillcn, und der Abgeordnete Singer ist als Vorsitzender der Boycottcommissivn vernommen worden. — Tie Stantsnnwaltschast wird sich demnächst mit dem Bicr- boycott zu beschäftigen hoben. Ei» hiesiger Gastwirth halte Lieferungen sür die Arbeiter von drei Fabriken, welche an lbn die Forderung richteten, das bislang gefühlte Bier der Schultkeiß'jchen Brauerei durch ein nicht gcboycottcles Getränk z» erietze». Ta jedoch die andere Kundschaft nur geboycoltetcs Bier trinken wollte, der Gastwirth aber von einer Partei allein nicht lebe» konnte, machte er Len Arbeitern das Anerbieten, 40 .»t sür deren Parteicajse zn zahlen, wenn ihm gestattet würde, neben nichtgcboycoltrtein Bier »olches aus der Schuttheiß'schen Brauerei ouszuschenken. Hiermit war jedoch die Boncottpariei nicht einverstanden: sie erklärte vielmehr, diese Eriaubniß nur gebe» zu wollen, wenn der Gask- wirth 100 an die Parteicassc obsllhren werde. Ein Besucher des LocalS, der von dielen Unterhandlungen erfahre», hat nunmehr, wie die „K. Z." berichtet, Strafanzeige gegen den Führer der Arbeiterpartei wegen Erpressung erstattet. * Stettin. 16. Juli. Fürst Bismarck passirte den Bahnbos aus der Durchreise nach Varzin um 6 Uhr 21 Minuten Nachmittags DaS Publicum bereitete ihm stürmische Kundgebungen. * EffkN, 16. Juli. Tie Commission von Bergleuten sür die Vereinigung sämintlicher christlicher Bergleute de« nieder- rheintich-weslsätischen Kohlenreviers versendet einen Aulrus, in dein es beißt: „Kameraden! Schon seit längeren Monate» macht sich wiederum eine stetige Unzufriedenheit unter den Bergarbeitern des niederrhrinüch-wesisäliichen Kohlenreviers bemerkbar, die ihren Grund dauvtsaihlich in dem fortwährenden Rückgang der Löhne, der längeren und härteren Arbeit, den Feierichichteu, sowie auch den
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