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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 06.08.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-08-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940806029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894080602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894080602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-08
- Tag1894-08-06
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Den „Vorwärts" erfüllt die Befürchtung, es könne eiue Aenderung de» Vereinsgesetzes stattfinden, mit sichtlichem Unbehagen, und Herr Richter» vaS sei der Vollständigkeit halber bemerkt, macht den Versuch, das von der „N. A. Z." angrdeutete Project auf einen Gegensatz zwischen dem Reichskanzler und dem preußischen Ministerpräsi denten zurückzuführen. So dürften die Dinge Wohl doch nicht liegen, vielmehr scheint Herr Richter von der Ab sicht geleitet zu sein, eia fremdes Moment in den Vorder grund zu rücken, noch ehe eine ernsthafte Erörterung beginnen kann. Für eine solche fehlt, wie gesagt, die thatsächliche Unterlage. Einen formellen Vorzug wird man — unter strengstem Vorbehalt der materiellen Würdigung allensallsiger Vorschläge — dem officio» angedeutetcn Plan nicht absprechen können, den nämlich, daß er sich auf dem Boden des gemeinen Rechts bewegt. WaS den Hinweis der „N.A.Z." auf das säch sische Verein»» und Versammlungsgesetz anbelangt, so sei mit Bezug hierauf die Petition in Erinnerung gebracht, welche der Vorstand des Nationalliberalen Vereins für das Königreich Sachsen um Abänderung dieses Gesetzes an die sächsische Regierung unter dem 5. Juni dieses Jahres gerichtet hat. Die Petition bezeichnet es als eine Lücke des Gesetze», daß Unmündigen die Theilnahme an Versammlungen gestattet ist. In Preußen liegt die Sache ähnlich. Denn nur „Frauenspersonen, Schüler und Lehrlinge" dürfen den Versammlungen und Sitzungen politischer Vereine nicht beiwohnen, (tz. 8 der „Verordnung über die Verhütung eines die gesetzliche Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauch« des Versammlungs- und Vereins rechtes".) Damit ist aber die Theilnahme Unmündiger an politischen Versammlungen nicht in ausreichender Weise ver hütet. Wie fehr dieser Umstand der socialdemokratischen Agitation zu statten kommt und wie wünschenSwerth daher die Ergänzung der BereinSgesetze in der angegebenen Richtung ist, wird in der Petition der sächsischen Nationalliberalcn folgendermaßen begründet: „ErsahrungSmäßig nehmen nun gerade an politischen Vrrfammlungen, soweit die Socialdemokratie dabei die Hand im Spiele hat, vielfach recht junge Leute Theil, denen es au der erforderlichen geistigen und sittlichen Reise fehlt. Sind «S einerseits eben diese Elemente, von denen am häufigsten Störungen der Ruhe auSgehen oder die sich doch zu solchen gebrauchen lassen, so ist eS andererseits deren Heranziehung, durch welche sich — gewiß nicht zu deren Heil — die Socialdemokratie ihren Nachwuchs sichert. Wenn dem vorgebeugt werden könnte, ohne im Uebrigen das BersammlungSrecht mehr als unumgänglich nöthig tiuzuschränken, so wäre da» zweifellos ein großer Gewinn für unser öffentliches Leben. Bei Versammlungen, die nach §. 17 des Reichstags Wahlgesetzes zu beurtheilen sind» ist von manchen Polizei behörden das Verbot der Theilnahme von Nicht-Wahl berechtigten aus dem Zwecke der Bestimmung gefolgert worden ; eS wird sich dagegen kaum etwas einwcnden lasten, vielmehr wäre ein allgemeiner Hinweis auf dieses Eorrelat wohl am Platze. Aber auch von sonstigen politischen Versammlungen schließen die Gesetze anderer Staaten vielfach Frauen, Lehrlinge, Schüler ausdrücklich aus. Wollte mau freilich eine solche Vorschrift auf die Verhandlung öffentlicher Angelegenheiten in dem weiten Sinne auSdehuen, welchen das Gesetz mit dieser Bezeichnung verbindet, so würde das zu weit gehen. Daß junge Leute in einer ihrem Verständniß angemessenen Weise angeregt werden, sich mit öffentlichen Angelegenheiten in weiterem Sinne zu be schäftigen, ist nur erwünscht; ebenso kann den Frauen die Theilnahme daran — cs sei nur an das uinsasiende Gebiet der Fraueusrage selbst erinnert — nicht füglich untersagt werden. Mit gutem Vorbedacht haben wir deshalb nur von politischen Versammlungen gesprochen! Die Bestimmungen so zu fassen, daß der Mißbrauch ver hütet wird, ohne den rechten Gebrauch cinzuengen, ist gewiß nicht leicht; jedeusalls aber möchten wir empfehlen, in Erwägung zu ziehen, ob nicht von der Theilnahme an politischen Versammlungen Unmündige, vielleicht selbst junge Leute bis zur Erreichung des Wahlfähig- kcits-Altcrs, auSzuschließeu seien." Wie verlautet, wird die franzöfischr Deputirten- kammer zu Beginn der Herbsttagung sich mit der Frage der Neuorganisation der Provinzialpolizei zu be fassen haben. Daß dieselbe sehr Noth tbut, zeigt die grelle Be leuchtung, in welche diese „Organisation" durch daS discipli- narisch geahndete Verhalten der Polizei von Cette in der Caserio-Affaire gerückt worden ist. Wie bekannt, hatte die Cetter Polizei in der dortigen Behausung Caserio's, bevor er die Reise nach Lyon zum Zwecke der Ermordung des Präsidenten Earnol angetreten, eine Haussuchung gehalten, welche zu positiven Ergebnissen führte, indem man Broschüren, Eorrcspondenzen und sonstiges Material beschlag nahmte, welches die Zugehörigkeit Caserio's zu der inter nationalen Anarchistenbande außer jedem Zweifel stellte; unbeqreislicherweise aber hatte die Behörde es nicht für nöthig erachtet, in dieser Angelegenheit mehr Strenge und Umsicht zu entwickeln, als bei irgend einer nächtlichen Ruhestörungs- oder einer beliebigen Vagabunden Affaire. Die Papiere Caserio'S führten ein beschauliches Stillleben in den Actenrepositorien des Centralcommissariats, ohne daß ein Bericht an die höhere Instanz geliefert worden wäre, und Caserio, den die Polizei als Ausländer binnen 21 Stunden deS Landes zu verweisen befugt gewesen wäre, blieb gänzlich unbehelligt, so daß er in aller Gemächlichkeit die Vor bereitungen zu seinem Mordsrevel beenden konnte. Erst nachdem der Name des PräsidentenmörderS in Aller Munde war, ging den Cetter Behörden die Ahnung auf, daß sie doch wohl nicht ganz ordnungsmäßig verfahren sein mochten. Der Maire der Stadt und der Präfect des Departements machten sich auf den Weg nach Paris, wo der Präsect seiner Vorgesetzten Behörde erklärte, er habe von Caserio niemals etwas gehört, bis zu dem Tage, wo er sein Verbrechen be ging. Nichtsdestoweniger verfiel der Präsect dem gleichen Schicksale wie der Centralpolizei-Commissar von Cette. Beide wurden ihres Amtes enthoben. Die öffentliche Mei nung schließt daraus, daß bezüglich des Präfecten irgend etwas nicht in Ordnung sein muß, denn wenn er in der That von der Caserio-HauSsuchung nichts erfahren hätte, konnte man ihn für die damit verbundene Unterlassungs sünde auch nicht Wohl haftbar machen. Aber desto consequentcr wird seitdem das Verlangen nach einer durchgreifenden Reorganisation der provinzialen Polizei behörden laut. Die gelegentliche Disciplinirung einiger Beamten schafft, wie die „Hamb. Nachr." betonen, und wie auch wir schon wiederholt hervorhoben, jedenfalls keine be friedigende Lösung eines so hochwichtigen Problems. ES darf unter keinen Umständen, wenn das neue Anarchistcngcsetz wirklich die Dienste leisten soll, welche man von ihm erwartet, Vorkommen, daß bei notorischen anarchistischen Verschwörern Haussuchungen gehalten, und wichtige Papiere beschlagnahmt werden, ohne daß zuständigen OrtS darüber berichtet, und die Weisung zu fernerem Handeln eingeholt werde. Das kann sich aber erst dann in zufriedenstellender Weise ändern, wenn die provinziale Polizei, oder wenigstens der deu öffentlichen Sicherheitsdienst versehende Theil derselben, einheitlich durch ganz Frankreich organisirt und von der Pariser Ccntralstellc aus geleitet wird. Die bisherigen Mißerfolge Chinas im Kampf mit Japan hätten beinahe den Sturz des allmää'tigen VicckönigS Li- Huna-Tsckang zur Folge gehabt. Wie bekanntlich aus Tientsin verlautet, machte neulich der Kaiser von Cbina dem Vicckönig einen Vorwurf daraus, daß er in den Vor bereitungen zum Kriege hinter Japan zurückgeblieben sei. In Folge dessen entzog er Li - Hung - Tschang den hohen Orden der gelben Reitjackc mit dem Bemerken, daß derselbe in den Kricgsrüstungen nicht seine Pflicht gcthan habe. In Tientsin hat die Nachricht wie ein Blitz cin- geschlagcn. Alles war bisher nur einer Meinung, daß Li-Hung- Tschang der Mann wäre, der dem gegenwärtigen Kaiser ge wachsen wäre. Im Palast in Peking soll die Intrigue gegen ihn eingefädelt worden sein. Der Kaiser befindet sich unter dem Ein fluß seinerFamilie, und diese wirkt fanatisch gegen die liberalen, europafreundlichen Tendenzen Li-Hung - TschangS. Wohl dem Einfluß der Europäer, namentlich deS britischen Ge sandten, Sir Robert Hart, ist es zuzuschrciben, daß Li-Hung- Tschang noch einmal in Gnaden ausgenommen wurde. Die gelbe Jacke, deren Verlust übrigens nicht notbwendig den Machtverlust in sich schließt, wie denn Li-Hung-Tschang trotz Allem mit der obersten Leitung der kriegerischen Operationen betraut wurde, ist das Zeichen der kaiserlichen Gunst und der höchsten Macht, ein sehr begehrtes und selten getragenes Kleidungsstück. So zeichnete sich der erste Marquis Tseng derartig aus, daß der Kaiser die eigene Jacke ablegte und sie dem Marquis anzog, und Tseng schätzte diese Gunst so hoch, daß er die Jacke nie wieder auszog und sich darin begraben ließ. Jedenfalls ist Li-Hung-Tscha»g ein entschlossener Mann. Als er zum ersten Mal in Ungnade fiel und nach Peking beordert wurde, begab er sich dahin mit 10 000 Soldaten und rettete dadurch seinen Kopf. Unstreitig ist er der bestgehaßte Mann in China. Seine Generale liegen fast aus dem Bauch in seiner Gegenwart, aber hinter seinem Rücken speien sie aus. Sein mächtigster Nebenbuhler ist der Vicckönig der Ccntralprovinzen. Man hat Li-Hung-Tschang den chinesischen BiSmarck genannt, aber er ist noch in ganz anderem Sinne, als wie dieser eS war, allmächtig, er erinnert geradezu an Wallcnstein, da er ein ungeheuer reicher Mann, thatsächlich fast der Eigen tbümcr einer Armee von 75 000 Mann und einer ansehnlichen Flotte ist. Er ist jetzt ?l Jahre alt, steht also auf der Schwelle des Greisenalters und mag eS auch an Emsigkeit haben fehlen lassen. Immerhin aber ist cr der einzige Mann in China, der allgemeine Autorität besitzt. Li-Huna-Tscha ist, wie schon angedeutet, ein Mann von liberalen Ansichten" Hunderte von Europäern haben seine persönliche Bekanntschaft gemacht. Er hat stets die Ausbeutung der reichen chinesischen Kohlenbergwerke und den Bau von Eisenbahnen befürwortet. Seine kürzlich verstorbene Gattin war ebenso aufgeklärt. Zu ihrem Gcdächtniß hat er ein Hospital nach europäischem Muster erbauen lassen. Auch in den vereinigten Staaten von Norvamcrika hat der Abscheu, welchen die Ermordung Carnot'S in der ganzen civilisirtcn Welt gegen den Anarchismus hervor- gerusen, einen lauten Widerhall gesunden. Abgesehen von den Blättern der Most und Genossen, welche selbst als ein- gewandertc Prediger deS Mords und der Zerstörung wirken, hat die gesammte Presse, auch die Arbeiterorgane eingerechnet, den Mord und den Mörder, wie die Lehren, von welchen dieser sich leiten ließ, ausS Schärfste verdammt. Auch dem Repräsentantenhause ist bereits eine gegen die Anarchisten gerichtete Vorlage zugegangcn, welche allerdings den Begriff „Anarchist" viel zu eng umgrenzt, da nicht jedem anarchistischen Mörder oder Attentäter nachgewiesen werden kann, daß er einer geschloffenen Organisation angehört und 88. Jahrgang. in deren Auftrag gehandelt hat. Die Vorlage bestimmt nämlich den erwähnten Begriff in folgender Weise: „Jede Person (oder Personen), die von irgend einer in diesem oder in einem sremden Lande ezisttrenden Gesellschaft oder Organisation » dein Zwecke ernannt, bestimmt oder beschäftigt wird, um durch christliche Abmachung oder mündliches Uebereinkommen, Absprache oder Vorschubleistung in ungesetzlicher Weise Menschen da» Leben zu nehmen, oder in ungesetzlicher Weise Gebäude oder anderes Eigen- thum zu zerstören, wobei der Verlust von Menschenleben das mög liche Resultat solcher EigenthumSzerstörung ist, soll als Anarchist angesehen werden." .... „Jede Person, die ein Anarchist ist und versucht, das Leben irgend einer Person zu nehmen, die zu einem Amte envählt oder ernannt ist, oder unter der Constitution und den Gesetzen der Vereinigten Staaten angestellt ist. oder di« die Zer- törung eines Gebäudes oder Eigenthums versucht, wobei der Verlust >eS Lebens irgend eines Beamten oder Angestellten daS mögliche Resultat sein würde, soll nach der Gerichtsverhandlung und Ueber- ührung eines solchen Verbrechen» zum Tode durch Hingen verurtheilt werden." Es ist freilich nicht gerade wahrscheinlich, daß diese Vor lage oder eine ähnliche Gesetz werden wird. Immerhin be deutet sie einen Schritt in der Richtung der Abwehr des Anarchismus. Die Präsidentschaftswirren in Peru haben da« er wartete Ende gefunden. Caceres hat die Präsident schaft übernommen. Ueber die Kämpfe, die zu diesem Ergebnisse führten, liegen bisher keinerlei Berichte vor; wir wissen nur, daß ein Kampf ui» die Präsidentschaft aus gebrochen war, und daß cö »ach dem Tode deS Präsidenten Bermudcz drei Candidaten für diese Würde gab: den zweiten Vicepräsidcntcn Oberst Borgono, der den verfassungs mäßigen Vertreter bis zur Neuwahl durch den Congrcß, den ersten Vicepräsidcntcn Pedro A. del Solar, einfach bei Seile schob nnd ein neues Ministerium einsetzte, worauf Solar seine» Anhang um sich versammelte, und den General CacereS, der sich anfangs auf die Seite seines ehemaligen Generalstaböckcfs del Solar stellte. Ter Name deS heute scchSundscchzigjäbrigen Andres Archino Caceres hat, wie die „Voss. Ztg." erinncrl, in der militairischen Geschichte Peru« einen guten Klang. Er war eS, der sich nach dem unglück lichen Kriege gegen Chile im Jahre 1881 gegen den von den Chilenen eingesetzten und unterstützten Präsidenten IglesiaS auflehnle und freie Wahlen forderte. CacereS halte bis dahin daS Schlachtenglück nicht gelächelt. Er hatte an allen Kämpfen gegen die Chilenen thcilgcnommen, war aber trotz seiner allgemein anerkannten Tapferkeit unter legen. Auch der kühne Handstreich, mit dem er am 27. August 1881 Lima zu überrumpeln gedachte, mißglückte. Trotzdem ließ cr den Muth nicht sinken, und ein kühner neuer Zug durchs Gebirge endete am 1. Decembcr mit der Be setzung der Hauptstadt. Auch als Sieger verlangte Caceres jetzt nur, WaS er zu Beginn deS Bürgerkrieges gefordert hatte, daß IglesiaS zurücktretc, damit daS Volk frei sein Ober haupt wähle. CacereS wurde einstimmig gewählt und cr trat sein Amt am Z. Juni 1885 an, von dem cr nach der gesetzlichen Frist durch Bermudcz abgelöst wurde. Er erwies sich als ein anständiger Mann, der halbwegs Ordnung in das zerrüttete Land brachte, und eS dürfte ihm vielleicht auch heute glücken, die Rübe in Peru wieder herzustcllen. Dem Staate de» einstigen Wohlstand wiederzugeben, ist allerding ein Ding der Unmöglichkeit. Deutsches Reich. HI Berlin. 5. August. Die Parteileitung der deutschen Socialdemokratie hat nicht nur ihren Reservefonds im Auslande, in einer Londoner Bank, angelegt, sondern sie sucht auch überall im Auslände ihren Einfluß geltend zu machen. In der neuesten Nummer der „Iustice", de« Organs der englischen Socialdcmvkraten, wird dies bestätigt. Das Blatt schreibt, daß die deutsche socialdcmokratische Partei es alle Zeit versucht habe, Einfluß innerhalb der socialdemokratischen « Sein Weib. Roman frei nach dem Englischen von Emil Bernfeld. Nachdruck Verbote», (Fortsetzung.) „Konnten Sie verstehen, was in dem Zimmer zwischen Beiden gesprochen wurde?" „Nein. Meise Rase in Dinge stecken, die mich nicht» an- gehen, ist just meine Sache nicht, und ich war auch weitab genug, um nickt» verstehen zu können. Ich stand auf dem Flur an der Thür, ein Zimmer zwischen mir und ihnen, um Naseweise fern zu halten, die etwa kommen und lauschen könnten." „Sie sind ein wackerer Mann, Sam Brown! — Gut, also. Sie sahen Mr. Falconer daS HauS verlassen und weg- geh so?" „Sah ihn das Haus verlassen und Weggehen", betheuertc bam eifrig. „Ich guckte ihm nach, wie er den Fahrweg 'nunter lies durch die Birkenschonung nach dem Dorfe zu." „Sie werden da» beschwören können?" „So wahr, wie der Himmel über uns ist!" Ein kurzes Schweigen entstand nach Sam'S Worten, die er mit großer Feierlichkeit und UeberzcuqungSfüllc äußerte. Zum ersten Male erhob während derselben der Anwalt Mr. Everett die Augen von dem vor ihm liegenden Papier und heftete sie scharf und prüfend, mit durchdringendem Blick aus Sam'S Gesicht, um sie al-dann wieder, schweigend und unbeweglich wie zuvor, auf da» Papier zu senken. „Fahren Sie fort» Mr. Brown", sorderte der Detectiv aus. „WaS geschah weiter?" „Ich ging von der EingangSthür, wo ich Mr. Falconer nachgeschaut batte, nach dem Speisezimmer zurück um einmal zu sehen, ob sie dort neue Flaschen brauchten, und gerade trat der Mann, den sie Cap'tain Rawlinson nannten, heraus und sagt«: ,He, Sam, wo steckt der alte Herr, warum kommt « nicht wieder?" „WaS war dieser Mr. Rawlinson für ein Mann?" „Nun, Sir, so so, wissen Sie — unter unserm Stande! Trank gern und 'n bischen viel, mochte sein Glas nicht leer haben, wenn'S leer war, und nickt voll sehen wenu'S gefüllt war, n' bischen laut und 'n bischen derb in seinem Wesen — fein gekleidet, aber nicht so 'was wie 'n Gentleman an sich — 'u bischen unter unserm Stande, denk ich!" „Was thaten Sie nun aus seine Frage?" „Ich ging nach dem Arbeitszimmer und sah nach dem Herrn. Ich fand ihn an seinem Schreibtisch sitzend, den Kopf in die Hand gestützt. Als ich zu sprechen anfing, richtete er den Kops auf, und sein Gesicht sah vergrämt aus — verkniffen, möchte man sagen, wenn sich daS schickte — und dabei funkelten ihm doch die Augen im Kopf, daß ich außerordentlich erschrak und ihn fragte, ob er krank sei. Nein, sagte er ärgerlich, ihm sei ganz wohl und ich solle ihn in Ruhe lassen. Gut; ich sagte ihm also, daß die Herren nach ihm gefragt hätten, und so stand er auf, lief er erst noch 'n paarmal in dem Zimmer aus und ab und ging dann wieder zu den Gästen. Eine Stunde saßen die Herren noch beisammen, dann gingen vr. Newbott und Mr. Owens Markham — ein frischer, munterer junger Herr, dem es nur leid that, wie ich ihn zu vr. Newbott sagen hörte, daß sein Freund. Mr. Falconer, so schnell Abschied genommen und noch vor ihm abgereist sei. Bloß Mr. Rawlinson blieb noch bei dem alten Herrn, und sie waren zusammen in das Rauchzimmer gegangen, wo sie fich eingeschloffen hatten. Um etwa zwölf Uhr rief mich meine« Herrn Klingel zu ihnen. Ich fand die Thür jetzt unverschlossen und trat ein. Sie saßen Beide am Tisch und batten allerlei Papiere vor sich, die sie eben zusammenlegten. Der alte Herr befahl mir» Mr. Rawlinson die HauSthür zu öffnen, derselbe wolle gehen. „Gut denn, auf ein anderes Mal also, gute Nacht", sagte Mr. Rawlinson zu meinem Herrn, sie schüttelten einander die Hände und ich ließ den Mann hinaus." Sam'S ehrliches Gesicht nahm plötzlich wieder den Ausdruck innerer Ruhe an und er stockte einen Augenblick. „Ich — schloß dir Thür gleich al« Mr. Rawlinson gegangen war", sagte er dann zögernd. „DaS heißt. Sie verschlossen sie und schoben den Riegel vor, nicht wahr? Bi» dahin war das noch nicht geschehen!" ,Fiein Sir!" Sam ließ den Kopf sinken und stieß wieder einen leise», schweren Seufzer aus. „Fahren Sie in Ihrer Erzählung fort, Mr. Brown." „Da ist nicht mehr viel zu erzählen. Ich kehrte von der HauSthür zu meinem Herrn zurück, um zu fragen, ob er noch was zu befehlen hätte. „Nichts weiter, Sam, sagte er, ach' nach Hause. Gute Nacht!" Und das war daS letzte Mal, daß ich meinen alten Herrn gesehen!" Sam'S Kops sank ans die Brust nieder, er faltete die Hände auf seinem Schooß zusammen und starrte trüb vor sich hin. „Gut; dank' Ihnen", versetzte der Detektiv befriedigt. „Ich denke, Mr. Everett, die Aussagen der übrigen Domestiken genügen in der Form, wie ich sie hier schriftlich habe. Wir erfahren von MrS. Clarke, daß Samuel Brown, nachdem sein Dienst beendet, um Mitternacht das HauS verließ, von ihr hinausgelassen, und sie die Hinterthür, durch welche er gegangen, hinter ihm verschloß, wobei sic, wie üblich innen den Schlüssel im Schloß steckeu ließ. Die Mägde hatte sie schon vorher zu Bett geschickt, Alles im Hause war zur Ruhe. Sic selbst ging noch einmal zum Herrn, um nach seinen Befehlen zu fragen. Sie fand ihn nicht im Rauchzimmer, sondern ,n seinem Arbeitszimmer, wohin er sich begeben. Er hieß sic gleichfalls zur Ruhe gehen, bot ihr Gute Nacht und sie ging. Besonderes hat sie nicht an ihm bemerkt, außer daß er finster und einsilbig war, wie cs oft bei ihm der Fall — vielleicht noch etwa- mehr als sonst, wie eS ihr schien, worauf sie jedoch weiter kein Gewicht legte. Die Nacht verfloß ruhig, alle Hausbewohner schliefen fest, keiner von ihnen weiß etwas von dieser Zeit zu melden. Die Vorgänge des Morgen» sind un bekannt. Ich möchte Sie nun fragen, meine Herren, ob irgend Jemand von Ihnen einen Schluß aus dem Gehörten zieht, der eine Erklärung der blutigen That bieten könnte?" In dem Augenblicke, wo Mr. Adamson diese Frage that, wurde ein Geräusch außerhalb de» Fenster» auf der Landstraße vernehmbar, welches die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zog, daß keine Antwort erfolgte. ES war der scharfe Galopp eine» Pferde». da» sich in schnellem Tempo näherte. Alle Anwesenden blickten neugierig und gespannt nach dem Fenster; Samuel Brown beugte lauschend den Obrrkörper weit vor, seine Augen vergrößerten sich, eine unterdrückte Unruhe be mächtigte sich seiner Glieder» und wer ihn genau beobachtete, würde bemerkt haben, daß sein ehrliches Gesicht bleicher und bleicher wurde, je deutlicher sich daS Geräusch der Rossehufe unterscheiden ließ. Noch ein Moment und der Reiter langte bei dem Herrenhausc an, flog durch daS bei Tage offen stehende Thor auf den Hof, an den Fenstern de» Zimmers vorüber und hielt vor der Hausflur. Sam war von seinem Stuhl in der Ecke emporgeschnellt und stand, man wußte nicht, ob vor Schrecken erstarrt oder auf dem Sprunge, zu seinem Dienst zu fliegen, von seinem Sitz. Mr. Everett schlug zum zweiten Maie seine gesenkten Augen aus und heftete sie durchdringend auf den Stallmaun. „Sic mögen gehen, Sam", sagte er nach einem kurzen Moment gelassen. „Es ist Jemand angekommcn, man wird Ihrer Dienste bedürfen." Sam eilte hastig hinaus, die Thür binter sich schließend. Mr. Adamson gab sich den Anschein, als sei er ruhig mit seinen Notizen beschäftigt. Or. Newbott spielte wieder in nervöser Gymnastik mit dem Bleistift zwischen seinen Fingern und Mr. Everett verharrte in seiner vorigen regungslosen Haltung mit drin undurchdringlichen, mamornem Gesicht. Eine kurze Pause ceö Schweigens verfloß, dann näherten fich hastige Schritte, die Tkür wurde ausgcrisscn nnd ein junger Mann erschien in derselben, aus den sich Aller Blicke gespannt richteten. Es war ein elegant gekleideter, bübscher ;ungrr Mann von etwa sieben - bis achlundzwanzig Jahren mit kurzem, lockigem schwarzem Haar, unter dem sein schön geschnittene« Gesicht zur Zeit eine tödtlicke Blässe und den Ausdruck des Schreckens zeigte, und dessen kühn blickende, wild erregte Augen fragend hastvoll von Einem zum Anderen flogen. „Gerechter Himmel, Gentlcmen", rief er aus, „WaS ist ge» scheben, WaS habe ich gehört?!" Niemand antwortete. Die Augen der Anwesenden blieben feierlich, schweigend auf ihn gerichtet. Der Detektiv Mr. Adamson unterbrach das Schweigen. „Mr. Falconer Thrale, wie ich vorauSsetzc, Mr. Everett?" Wendete er sich fragend an den Anwalt. „Ja wohl, ganz recht! antwortete dieser, langsam den Kopf zur Bestätigung neigend. „Mr. Falconer Thrale, der Sohn des Verstorbene, " (Fortsetzung folgt.)
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