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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 08.08.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-08-08
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940808022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894080802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894080802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-08
- Tag1894-08-08
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V*z«gS.Pretr tz, Her ch«»Ptrxp»ditio» oder de» km Stadt. »»d de» Borort«» errichteten Anck- Arstelle» »b>rholt: vierteljährlich^4.SK tii zweimaliger täglicher Zastellung in« tz«>t bckL Durch die Po,: bezogen für D«ntjchla»d »nd Oesterreich: viertel,äbrlich a S.—. Direct» tägliche -reuzbandleildung i>üt Ln-Iand: monatUch 7 SO. Die Morgen-Autgob« erscheint täglich'/-? Uyr, die »bend-An-gab« Wochentag« 5 Uhr. Lrdartion und Lrpeditiou: ri-e? AohauneSgasse 8. rditioa ist Wochentag« ununterbrochen >rt von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Filiale«: Htt« «kr««'« Sorti«. (Alfred H«hu>, UniversitätSstrab« 1, Laut« Lösche. ßrthariuenstr. 14, pari, und König-platz 7. Abend-Ansgabe. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. ??„ zeigen-Prei- die ü gespaltene Petitzeile 20 Ps i. Reklamen unter demRrdaction«ftrich (4g»> spalten) SO^j, vor den Familieuuachrichte» (S gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preit- Verzeichnis. Tabellarischer und Ziffrrnsa» »ach höherem Tarif. Srtra-Vktlagrn (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poslbesördttung W.—, mit Postbesörderuag 70.—. ^nnahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Marge »-Ausgabe: Nachmittag« 4 Uhr. Sonn- »ud Festtag« früh V,9 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je et»« halb« Stund« früher. AazeigkN sind stet« an die Ertzedttion zu richten. Druck und Verlag vo» E. Polz in Leipzig Mittlvoch den 8. August 1894. 88. Jahrgang. politische Tagesschau. * Leipzig. 8. August. Obgleich die W«hl des nationalliberalrn Candidaten im preusstschen LandtagSwahitreise Altena-Iserlohn vo» vorn herein gesichert war,ist da- Ergebniß doch als ein sehr erfreuliches zu begrüßen. Der Candivat des Bundes der Landwirthe ist eine höchst achtenSwcrthe und beliebte, dazu keineswegs illiberal gerichtete Persönlichkeit. Dessenungeachtet bat er nur 82 Stimmen zu erlangen vermocht gegen 3l0, welche auf seinen Gegner entfielen. Dieses Ergebniß bedeutet den gänzlichen Fehlschlag drS Versuches, die neumodische Azraragitation, d. h. den Streit zwischen Industrie und Landwirthschast, in jenen Wahlkreis zu tragen. Dieser Ver such hätte um so weniger gemacht und vom Landrath unter stützt werden sollen, als die Industrie des Kreises zu einem großen Theile Kleinindnstrie und überwiegend Exportindustrie rst. Auf der anderen Seite ist es gut, wenn den Herren von Ploetz und Graf Kanitz gezeigt worden ist, daß die Bauern des Westens trotz der Annahme des russischen Handels vertrages nicht gewillt sind, der Industrie, die fremdes Geld in« Land bringt und den Absatz der landwirthsckaftlichen Produkte erleichtert, „Quittungen" auSzustcllen. Die Wahl männer, die für den Candidaten des Bundes der Landwirthe eingetreten sind, machen gerade den siebenten Theil aller im -reise gewählten Wahlmänner aus. Und dies, obschon von dm 564 Wahlmännrrn 324 auf die Landgemeinden entfallen und trotz der lanvräthlichen Protection. Der Mißerfolg deS extremen AgrariertbumS ist aber noch größer, als diese Ziffern ihn erscheinen lassen. Der Wahlkreis zählt gegen 40 ultramontane Wahlmänncr, von denen sicher kein Einziger dem nationalliberalen Candidaten LandgerichtSratb Noelle die Stimme gegeben hat, da dieser sich als ent schiedener Gegner der klerikalen Ansprüche auf die Schule Helmut. Dadurch sinkt die Zahl der Anhänger deS Herrn v. Ploetz noch weiter, auf vielleicht 50, und selbst vor diesen seine stereotype Rede zu halten, dürfte der Präsident des Bunde- der Landwirthe kaum gcrathen finden. Die alljährlich wiederkehrendeu Bemerkungen der social demokratischen und demokratischen Presse über die Berwen- »««» van Daldaleu zu «rntearbette» sind in der Regel keiner Beachtung werth. Bei der Natur des von Wind und Wetter abhängigen landwirthschastlichen Betriebes, welche bei Vermeidung schwerer Verluste die Zusammendrängung einer sehr großen Arbeitsleistung auf eine sehr kurze Zeit ge bietet, ist die Heranziehung benachbarter Mannschaften nicht zu verwerfen, das Gegcntheil kann unter Umständen unver nünftig erscheinen. Die Feldarbeit wird den Soldaten (die sich übrigens freiwillig für dieselbe melden) bezahlt, sie sagt ihm zu und bekommt ihm jedenfalls physisch und moralisch recht gut. Daß die Militairbehörde die Verwendung zu bürgerlicher Beschäftigung nicht zulaffcn würde, wenn diese die dienstliche Ausbildung beeinträchtigte, ist mit aller Bestimmthert anzunehmen und wird durch den Umstand bestätigt, daß die Beschwerden über Verwendung von Mannschaften zu Erutearbciten eine Specialität der Gegner unseres militairischen Ausbildungssystems sind. Die soeben aus einem mecklenburgischen Blatte in die social demokratische Presse übergegangencn, selbstverständlich im ge hässigsten Tone gehaltenen Angriffe auf das Rostocker Commanvo würden ebensowenig Zurückweisung verdienen wie frühere Bemängelungen dieser Art, wenn sie nicht gleichzeitig eine geflissentliche materielle Schädigung der ansässigen Land arbeiterbevölkerung durch vaS genannte Commando behaup teten. Es wird, dem „Vorwärts" zufolge, gesagt, die Com pagnie» seien durch Entlassungen zur Crntearbeit decimirt worden, „man sorge aber andererseits fleißig für Ersatz aus Übungspflichtigen Reserve- und Landwehrkreisen, und so komme es, daß der Tagelöhner und Kalhenmann vom Lande, der sein Korn noch auf dem Halme stehen habe, zur Truppe cinberufcn werde, und das Getreide eventuell verderben lassen müsse, wäbrend den großen Grundbesitzern die weitestgehende Hilfe zur schnellen Einbringung der Ernteerträgnisse gewährt werde". Dieser Schilderung ist offenbar kein Glauben beizumcsscn, da sie aber die Runde durch die der Armee abgeneigte Presse machen und in der socialdcmokralischen Landagitation auS- gebeutet werben wird, sollte die Militairbehörde mit einer Richtigstellung nicht zögern. Die deutschen LtaatSqläubiger -triechcnlands haben, wie bereits an anderer Stelle mitgetheilt wurde, dieser Tage dem Reichskanzler eine Vorstellung überreicht, in welcher sie den Schutz des Reiches für ihre bedrobien Rechte a»- rufen und gleichzeitig aus diejenigen Maßregeln Hinweisen, die sich nach ihrer Meinung empfehlen würben, um Griechenland, wenn nicht zur Erfüllung seiner Verpflichtungen, so doch zu annehmbaren Zugeständnissen an seine Gläubiger zu zwingen. Nach Ansicht der freien Vereinigung der deutschen Inbabcr griechischer StaalSpapiere soll Deutschland eventuell allein die internationalen Beziehungen zu Griechenland abbrccken und seinen Gesandten abberuscn. Hierzu bemerkt osficiös der „Hamb. Corr.": Die Bereitwilligkeit de« Reichskanzlers, den deutschen Interessen in Griechenland den Schutz des Reiches angedeihen zu laßen, kann keinem Zweifel unterliegen. Ob aber gerade ein solches Vorgehen, wie es hier von den griechischen StaatSgläubigern in Borichlag gebracht wird, ihren Interessen wirklich dienlich sein würbe, scheint uns ziemlich unwahrscheinlich. Wir habe» schon daraus hingewiesen, daß es Maßregeln giebt, die, vo» einem einzelnen Staate in Anwendung gebracht, kaum einen wesentlichen Ein druck machen würden, wahrend ihr Essect, wenn die betheiligten drei Großmächte gemeinsam davon Gebrauch machen, ein sehr erheb licher sein kann. Aus diesem Grunde hat die Reichsregierung sich bestrebt, eine Verständigung mit Frankreich und England über gemeinsame Schritte gegen den säumigen Schuldner zu erzielen. Die diplomatischen Verhandlungen über eine solche Frage nehmen ihren gemessenen Gang; überstürzen läßt sich dabei nichts. Daß das der begreiflichen Ungeduld der um ihr« Ansprüche besorgten Gläubiger nicht angenehm ist, begreift sich; — gelingt e« aber, aus diese Weise zu einer Uebereinstimmung zu kommen, so ist das ein Vortheil, der die entstandene Verzögerung doppelt und drei- fach aufwiegt. Ob Griechenland sich durch die Abberufung des deutsche» Gesandten zu weiterem Entgegenkommen bewegen lassen würde, ist sehr zweifelhaft; einem gemeinsamen Vorgehen der drei Großmächte dürste es sich dagegen schwerlich entziehen können. Für ein gemeinsames Vorgehen der Mächte, wenn cS sich erzielen läßt, sind auch wir eingetreten und haben der Hoff nung Ausdruck gegeben, daß ein solcher Schritt vielleicht weilcrgehendc Pressionsmittel unuöthig machen würde. Sollte ein Einvernehmen aber wider Erwarten nicht zu erreichen sein, so muß allerdings Deutschland sein Gewicht allein in die Waagschale werfen, seinen Gesandten in Athen abberuscn, den Handels vertrag mit Griechenland aufbeben und eventuell »och hand greiflicher werden. Wir zweifeln nicht, daß Trikupis, und Wenn dieser nicht, so eine höhere Stelle, dann einsehen wird, was Griechenland aufs Spiel setzt. Der vtras von Paris, über dessen Gesundheitszustand in der letzten Zeit die beunruhigendsten Gerüchte in Umlauf waren, der sich aber nach einer Meldung deS „Gaulois" wieder auf dem Wege der Besserung befinden soll, hat das Bedürfniß gefühlt, einem Mitarbeiter des „Expresse du Midi" von Toulouse sein Herz auszuschütten. Insbesondere äußert sich der Prätendent über die Wahl Casimir-Pericr's zum Präsidenten der Republik und über die anarchistische Gefahr. Der Graf sprach sich nach dem „Expresse du Midi" wie folgt aus: Ich beschäftige mich nie mit Pcrsonensragen. Ich denke nur an daS Interesse des Lnndes. Unter diesem GesichlSpiincte allein glaube ich, daß unsere Freunde Herrn Casimir-Perier gegenüber nicht eine Haltung jhstcmalijchcr Feindseligkeit einnehme» sollen. Er hat sein Amt unter schwierigen Verhältnissen mit Muth an- genommen. Wenn er, wie man versickert, ernstlich die Ordnung in Frankreich aufrecht erhalten oder, besser gesagt, wieder Herstellen will, wird er sich Schwierigkeiten gegenüber finden, die zu »er- mehren der Patriotismus nicht gestattet. Was jetzt vorgeht, ist eine Folge der Fehler, welche die republikanische Partei, seitdem sie am Ruder ist, angchäust hat. Nicht ungeslrast läßt man in einem große» Lande das Princip der Autorität in Mißkredit ver fallen und unausgesetzt Alles beschmutzen, was nur ehrwürdig und geheiligt ist. Die Unordnung geht endlich von den Gemüthern zu den Handlungen über. Man müßte den Mnth haben, von all dem zurückzukommen, was seit l5 Iadren getha» worden ist, man müßte Frankreich dem Joche der radikalen Eomitös und der Freimaurer entreißen, eine entschlossene und disciplinirte Verwaltung, eine un antastbare Magistratur wiederherstellen, endlich und ganz besonders Gott in die Schule und die Gesetze wieder »insühren. Damit müßte man fortsahren oder richtiger ansangen. Ich tadle durchaus nicht diejenigen meiner Anhänger, welche, ohne der Republik bei- zutreten, dieses heilsame Werk unterstützten — aber Unterstützung will nicht heißen Vertrauen. Denn angenommen, woran ich übrigens stark zweifle, daß Casimir-Perier geneigt wäre, die Baku zu be- treten, die ich hier angezeigt habe, so wäre der Erfolg dieser ganz neuen Politik nichts weniger alS gesichert. In der Verwirrung und Unordnung, welche aus diesen gescheiterten Versuch folgen werden, wird das Land nach Sicherheit, Ordnung, Autorität verlangen. Tie Monarchie, die ich vertrete, kann allein all diesen Bedürfnissen genügen und gleichzeitig vor gefahrvollen Abenteuern schützen. Sagen Sie Ihren Freunden in meinem Namen, daß der Augenblick wahrlich ichlecht gewählt wäre, um den Muth sinken und die Aktion falle» zu lasse», die Zukunft ist voll Ungewißheit, und sie müssen sich aus alle Eventualitäten vorbcreiten. Was ihre gegenwärtige Haltung an- belangt, so können sie dadurch nur gewinnen, daß sie sich, wie sie es übrigens immer getkan haben, als gute Bürger benedmen, indem sie sich unter den nothwendigen Vorbehalten den Maßregeln an- schließen, welche die sociale Bertheidigung zu erheischen scheint. Frankreich, an da« wir vor allem Andern denken müsse», wird ihnen Dank wissen. In Läne«ark bat nun doch das Ministerium Estrup demissionirt, und der König hat, wie schon im Morgenblatt gemeldet wurde, die Demission angenommen; auch ist das neue Cabinct unter dem bisherigen Minister deS Aeußern, Baron v. Recdtz-Tholt, bereits gebildet. An seinen aus dem Amte scheidenden langjährigen Ministerpräsidenten richtete der König folgendes ehrende Schreiben: „Da Sic wiederholt UnS gegenüber den Wunsch auSsprachen, Sie von den Stellungen als Ministerpräsident und Fmanzminister zu entbinden, sobald der vicljährige politische Streit abgeschlossen sei, und da Sie jetzt, nachdem der Reichstag daS Budget für 1894/95 und das neue Armee gesetz angenommen hat, wiederum um Ihren Abschied gebeten haben, so haben Wir geglaubt, Ihrem Wunsche ent sprechen zu müssen. Wir fühlen Uns gedrungen. Ihnen Unseren wärmsten Dank auszusprcchen für das Opfer, das Sie dargebracht haben, indem Sie seinerzeit dem Rufe folgten, und vor Allem dafür, daß Sie während einer so langen Reihe von Jahren unter ernsten und schwierigen Verhält nissen Uns zur Seite standen a!S treue Stütze und treuer Rathgcber, zu welchem Wir jederzeit mit vollstem und un bedingtem Vertrauen Hinschauen konnten. Wir bleiben Ihnen stets mit aller königlichen Gnade gewogen, gez. Christian." Gern hat der König den Minister, der durch zwanzig Jahre das StaatSruder geführt, in der Thal nicht gehen lassen, und noch bis in die letzte Zeit wurden Versuche gemacht, Estrup zu halten, allein der am 1. April d. I. erfolgte Aus gleich zwischen der Volksvertretung und der Regierung forderte bi Sem Weib. Roman frei nach dem Englischen von Emil Bernfeld. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Plötzlich durchfuhr ihn der Gedanke, die Unterschriften der verhängnißvollen TestamentSclausel zu prüfen. Das Document War von feines VaterS eigener Hand geschrieben, jede Zeile, da war kein Zweifel! Auch die Namensunterschrift am Schluffe — sie war von seine- Vaters Hand» wie genau, wie argwöhnisch er sie auch betrachtete. Unterhalb der>enigen seines VaterS befanden sich die Unterschriften zweier anderer Personen — der Zeugen: diejenige Everett'S selbst in dessen wohlbekannter Handschrift, und die de« CapitainS Thomas Rawlinson. Indem er sie be trachtete, fiel sein Blick durch Zufall auf daS bcigefügte Datum, und er fuhr erschreckt zurück, daS Blatt zitterte in seiner Hand, r« war ihm» als ob eS in seinen Fingern brenne —, noch ein zweiter Blick auf daS Datum, der ihn die von Everett'S Hand hinzugrfügte Stunde bemerken ließ, und er stieß einen lauten Schrei aus, ließ das Blatt aus den Tisch niedersalleu und sprauH entsetzt aus seinem Stuhl empor. „Allmächtiger Gott!" rief er auS: „An jenem Abende — die Vorgänge an demselben — mein Hiersein — gerechter Himmel, in welchr Lage bin ich grratben!" Da- Datum be- Dokumente- war da- de- DicnStagS dieser Woche, de- Tage-, an welchem der Mord geschehen; die bei- »esugte Stunde diejenige de- Abend- halb elf Uhr. IV. Auf einer freundlichen Anhöhe am Ende de- großen betrieb samen Dorfe- Winnat- lag eine Anzahl kleiner, sehr bescheidener ArbritrrhäuSchen, jede- mit einem ebenfall» kleinen und be scheidenen Garten versehen, unter denen sich derjenige de- letzten Häu»chcu», am äußersten Ende der winzigen Ansiedlung, durch eine muntere Blumencultur und zierlichere Blumeubeetchen, als die der übrigen waren, auSzeicknete. Dieses letzte Häuschen, da- kleinste und still abgelegenste de- ganzen Dorfe-, war seit «»>«» Monaten von einer ältlichen kränkelnden Wittwe, Mr». Brownell bewohnt, einer Frau von etwa fünfzig Jahren, deren gebeugte Haltung und bleiche-, sorgenvolle- Gesicht, da ss manchen Zug de- «schmerze-, des Kummers und der Leiden aufwicS, sie um mehr denn zehn Jahre älter erscheinen ließ. Sie lebte in dem Häuschen, anscheinend in den kümmerlichsten Verhältnissen, mit ihrer Nichte, einem etwa drciundzwanzig- jährigen jungen Mädchen, Ivan Brownell zusammen, deren anmuthigcs, rosiges Antlitz in der Umrahmung ihres schönen goldblonden HaareS, ein so großer Unterschied zwischen ihm und dem gramdurchfurchten, sorgenvollen Gesicht der früh ergrauten Wittwe auch immer lag, dock unverkennbar eine große Aehnlichkeit mit derselben zeigte. Mr. Brownell erwarb den Unterhalt des kleinen Hausstandes, soviel man wußte, mühselig durch die Anfertigung von feinen Stickereien, die sie mit ihren zitternden Händen sehr geschickt, aber bei ihrer zu nehmenden Kränklichkeit und Schwäche nur noch mit vielen Unterbrechungen hcrftellte, wäbrend ihre Nichte Ivan seit einiger Zeit, um ihrer Tante die Mühen des Erwerbes, so viel sie eS vermochte, zu erleichtern, begonnen hatte, gegen einen geringen Wochenlobn, der für sie, die ungeübte Anfängerin, noch geringer aussiel als für ihre schon dürft,g genug besoldeten Kolleginnen, auf der nahen großen Fabrik am anderen Ende von WinnatS als Spinnerin zu arbeiten. Von Zeit zu Zeit erschien in dem Häuschen eine andere Nichte der Witwe zum Besuch, Lucy Brownell» welche der Tante Aufträge zu Stickereien brachte und als deren Unter arbeiterin die Matrone für ein in der Stadt befindliches Geschäft thätig war. Diese- junge Mädchen, sebr verschieden von ihrer bescheidenen, ernsten und stillen Cousine Ivan, eine keck selbstbewußte, etwas mehr leichtherzige und kokette schwarz haarige ssunge Stadtschöne, deren Eigennutz rücksichtslos die gedrückte Lage und die Geschicklichkeit der armen Wittwe auS- beutete und deren dreister, weltlustiaer Sinn sie spöttisch über ihre „duckmäuserische, zimperliche Cousine", wie sie dieselbe nannte, die Achseln zucken ließ, lebte in dem Städtchen Gaslop, eine kalbe Stunde Eisenbahnfabrt oder zwei Sunden Fußweges von WinnatS entferut, und bekümmerte sich wenig um ihre einzigen nahen Verwandten an dem ländlichen Platz und in der stillen, niederen Lebensstellung. Dennoch, wie bemerkt, erschien sie hin uud wieder bei denselben, wenn geschäftliche Arbeiten» welche Mr». Brownell für sie anSzufübren hatte, sie dazu nötbigten, und verweilte dann ein bi- zwei Tage oder auch kurze Zeit länger daselbst, um diese Arbeiten zu über wachen oder, wenn erforderlich, bei ihnen zu helfen — zugleich aber nebenbei daS ganze Tors in Allsstand zu bringen: mil den jungen Burschäl zu liebäugeln und ihnen die Köpfe zu verdrehen; die jungen Mädchen zu ärgern, indem sie ihnen von ihren Vergnügungen und Eroberungen in der Stadt erzählte. So waren die Personen beschaffen', auf welche unsere Aufmerksamkeit durch die seltsame TestamentSclausel des ver storbenen Mr. Thrale gelenkt wurde und welche alsbald nicht minder die Aufmerksamkeit der betheiligten Hauptpersonen unserer Erzählung aus sich ziehen sollten. An einem Sommernachmittage, etwa drei Wochen nach den mitgetheilten Ereignissen von Old Hall, saß MrS. Iessie Brownell einsam und sorgenvoll in der ärmlichen, aber wohl- geordneten und durch Blumen selbst mit einem gewissen freundlichen Reiz geschmückten Küche ihres Häuschen-, den Kopf gesenkt, die Augen trüb auf eine Stickereiarbcit ge heftet, die unberührt auf ihrem Schooße lag, als die Thür sich öffnete und mit einem leisen Wort teS Gruße- ein schönes, blondes junges Mädchen eintrat. Ihre Kleidung war aus den anspruchslosesten Stoffen hcrgestellt, aber äußerst sauber, die aumuthige Gestalt nur um so einnehmender mit dem Reiz der ungekünstelten Sorgsamkeit und deS natürlichen Schön heitssinnes umgebend; ihr Gesicht zeigte den Ausdruck der höheren Intelligenz und der besseren Erziehung. Ivan Brow nell, denn sie war cS, schritt auf ihre Tante zu und küßte sic zärtlich, während die Mienen der Matrone bei dem Anblick des sanften, edlen jungen Gesichtes vor ihr für einen Moment von einem helleren Lichte, dem Schimmer einer innigen Liebe und Herzlichkeit, widerstrahlten. „Sei mir willkommen. Du liebes Kind, Du meine einzige Freude!" sagte sie. „Wie glücklich ich bin in all meinem Kummer, wenn ich Dich wenigstens um mich habe!" „Arme Tante!" versetzte Ivan tbeilnahm-voll. ihren Arm um den Nacken der alten Frau legend und ibr zärtlich in da« bekümmerte Gesicht blickend. „Fühlst Tu Dich nicht wohl, bist Du mit Deiner Arbeit nicht zufrieden?" „All mein Mühen ist vergeblich, Ivan!" entgegnet« die Matrone mit trübem Kopfschuttcln. „E- geht nicht mehr damit, eS ist vergeblich, daß ich'» immer wieder versuche!" Ioan nahm mit einem unterdrückten Seufzer da- Stück schönen Plüsche« mit der angeiangcnen Stickerei daraus von den Knieen ihrer Tante und betrachtete eS. Ein flüchtiger Blick zeigte ibr, daß die Arbeit kaum um ein Bedeutende« fortgeschritten sei. Sie legte den Plüsch unbemerkt bei Seite aus einen Tisch, um ihn den Augen der Matrone zu eutzichen, und wiederholte sanft: „Arme Tante, wie Du Dich mühst, wie Du sorgst! Du den Rücktritt deS Premierminister-. Ueber den Ausgleich möge Nachstcbendcs in die Erinnerung zurückgerufen werden. Zum ersten Male seit l885 haben an dem genannten Tage, nach wesentlichen Concessionen der moderaten Linken an die Rechte, Folkcthing und LandSthing der Regierung da« regel mäßige Finanzgcsetz votirt, in welchem die Bewilligungen zu den von der Regierung früher ohne Einwilligung des Reichstages anSgesülirten, namentlich militairischen Ber- anstaltungcn eingeschlosscn waren. Der l. April be deutete also die Rückkehr drS Königreichs zu der ver fassungsmäßigen Gesetzlichkeit. Die Beendigung deS neun jährigen VersassungSconstictcS hatte damals daS Resultat gehabt, daß Estrup, welcher bekanntlich während dieser ganzen Zeit der Träger deS ConflictcS gewesen, gleichsam als Aequivalent für die Nachgiebigkeit der Liberalen seinen von diesen von jeher gewünschten Rücktritt für den Sommer an- kündigte, mit welchem eS nun definitiv Ernst geworden ist. OfficivS wird die Reconstruction deS Ministerium- dadurch motivirt, daß Estrup sich jetzt ohne Gefahr zurückziebcn könne, da nach der politischen Vereinbarung deS letzten Frühjahrs und der weiteren rubigen Entwickelung die von ihm befürworteten staatsrechtlichen Grundsätze, nämlich die Gleichberechtigung der beiten Kanimcrn, auch bei der Beratbung deS Budgets, und daS Recht des Königs, nach eigenem Ermessen Minister zu ernennen, als anerkannt betrachtet werden können. Der Rücktritt der Minister Estrup, Bahnson und GooS wird als Conccssion an die vergleichschließcnden Moderaten der Linken betrachtet. Die drei neuen Minister gehören sämmt- lich der Partei der Rechten an: der jetzige Kriegsminister Tbomscn und Fiiianzministcr Lüttichau waren die parla mentarischen Fübrcr der Partei der Rechten beim Abschlüsse deS Vergleichs. Ob die moderate Linke mit dieser Rccon- . struirung zufrieden sein wird, muß sich ja alsbald zeigen. Bekanntlich strebt Russland seit Langem nach einer sicheren Verbindung mil dem nördlichen Eismeer. Finanz- minister Witte bereiste kürzlich die Murinanküste, um einen eisfreien Hasen und zugleich den besten Endpunct für die geplante Nordbahn zu entdecken. Er sprach sich in Archangel sehr hoffnungsvoll auS. und die große Balm zum EiSmecr wird jedenfalls gebaut werden. In Rußland scheut man selbst vor den unmöglich erscheinenden Plänen nicht zurück, und die sibirische Bahn, deren Bau rüstig fortschreitet, ist ein Bei spiel der Tbatkrast deS gewaltigen Reiches. Aber auch der schwedische Nachbar im Norden ist nicht müßig geblieben. Die Acußerung Björnstjcrne BjörnsonS, Norwegen würde nichts verlieren, wenn cS Rußland eine» eisfreien Hafen in Norwegen abträte, hatte in Schweden gewaltige Aufregung hervorgcruscn, und dcrBan der nördlichen Stammbahn wurde in jeder Weise beschleunigt. Bor einigen Tagen ist nun diese Bahn in ihrer gesammten Ausdehnung eröffnet worden. Diese in staatlichem Besitz befindliche Linie schließt sich bei der Station Bobon an die gleichfalls staatliche Bahn öulea-Osotcn an, so daß sich nun daS schwedische Eisen bahnnetz bis über den nördlichen Wendekreis erstreckt. Von dem nördlichsten bis zum südlichsten Ende der schwedischen Eisenbahnverbindung, von dem berühmten Eiscncrzbezirke Gellivara bis Malmö sind 1940 km, eine Strecke, die un gefähr der Luftlinie von Stettin bis Neapel entspricht. Die Bah» ist nicht nur in wirthschastlicher, sie ist auch hervor ragend in strategischer Beziehung von Bedeutung. Mit ihrer Hilfe ist eS möglich, in kürzester Zeit Truppen in die nördlichen Landestbcile und an die finnische Grenze zu bringen. Außerdem liegt cS, der „Voss. Ztg." zufolge, in der Ab sicht der schwedischen Regierung, die Station Bodon, den Knotenpunct der Nordbahn und der Lulea Ofoten- bahn, zu befestigen; cS soll sogar beabsichtigt sein, mußt eS beute nicht mehr versuchen. Du fühlst Dich nickt Wohl. Ser getrost, mein liebes, gute- Tantchen, betrübe Dich nicht so. ES wird morgen wieder besser geben mit der Arbeit, wenn Deine Augen klarer sind, wenn Du Dich ein Wenig erholt!" Die Matrone schüttelte kummervoll den Kopf. „Es sind nicht die Augen!" sagte sie. „Meine Augen sind gut. Die Hände sind eS, welche mir den Dienst versagen, dies« zitternde» schwachen Finger!" Sic hob die Arme ein wenig empor und wies der Nichte ihre unsicher vibrirenden beiden Hände. Ioan ergriff dieselben, küßte sie liebevoll und drückte sie sanft auf den Schooß der alten Frau nieder. „Beruhige Dick, Tantchen", bemühte sie sich, zu trösten, obwohl man ihr ansab, wie erschüttert sic selbst war und welche Anstrengung cs ihr kostete, diesen Schein von Zuversicht aufrecht zu erhalten. „Es wird besser werden. Du mußt die armen lieben Hände ein paar Tage ruhen lassen. — Sieh hier, ich bringe ein wenig Geld. Meinen Wochenlohn. ES ist nicht viel, allein eS wird unS doch über die nächsten Tage hinweghelsen, nnd ich vermag Dir ein GlaS guten BiereS zu kaufen, um Dich zu stärken!" „Armes Kind! Wieviel hast Du mit Deiner Mühe eine Woche hindurch erworben?" „Es ist nur wenig", versetzte Ioane, die ihre Niederge schlagenheit zu verbergen suchte, „acht Schilling und fix Pence. Allein ich werde geübter werden und mehr verdienen." MrS. Brownell wiederholte, trüb ablehnend, ibr Kopf schütteln. „ES ist keine Arbeit für Deine Hände", sagte sie, „und Du warst nicht dazu erzogen. Ich hoffte, unS mit meiner Fertigkeit erhalten zu können, bis eine günstigere Wendung in unserem Geschick eintretc, aus die ich um Deinet willen immer mehr noch bossle. Ich batte einen bescheidenen kleinen Rest an- unserem früheren Besitz, den ich nickt besser glaubte verwenden zu können, als indem ick sparsam nnd allmählich die Jahre hindurch eine gut« Erziehung für Dich damit bestritt, um Dich einer besseren Lebens stellung würdig zu machen für die Zeit, wenn man — wenn man um Deinetwillen, wie ich annabm, unS einst zur Hilfe käme? Ich habe geirrt, in Allem geirrt! Meine Glieder, meine Geschicklichkeit versagen mir den Dienst „nd wir stehen vor der Noth, dem Mangel, dem Elende! Meine Hoffnungen haben mich getäuscht — man ist unS nicht zu Hilfe gekom men weder um Deiner-, noch um meinetwegen! Und ich habe durch die Erziehung, die ick Dir gab. Dein Unglück nur ver größert, statt eS zum Glück zu wenbeo. Ich hatte Dich znr
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