01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.08.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-08-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940810011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894081001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894081001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-08
- Tag1894-08-10
- Monat1894-08
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v-z«-S.Pr1- > HEk H0Npteides^ts"N oder de» km E1e2»> ' «tz d«n Larorten erricdtetrn >»A» >n»,eho?t?»««MjäheMh!!«4^E her Sntzelln», <x dte>ft »«»oa«, N» «d Oesirrrrtch: vierteljährlich ««et» «glich. kkn^ondienl M»dH»nLtch ^2 ?«- «e»«M Mg»>ß.effchK»ttt^ch >/,?U«. dt» Abend-AnS-ad» Nochenlags L Uh«. RedßchO» »» Lrrüitt««: GohttttltsOOEsts 8» Eile»: vtt, «<»«'» »«rtt «. («lsre» H«2«X UnchersttätSstrnße I» 14. pert. «ch »S«a«»latz T. Morgen-Ausgabe. eiM-er.TllgMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd GeMstsverkehr. Anzeigerr.PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Psa. Reklamen unter dem RedactionSstrich (4a», spalten) üO^j. vor den Familiennecheichke« ««geipalt»») «4. Größere Gchriste» laut nnieeem Pret». ner^tchniß. Tobetlertsch« m>d gtstwistatz »och höh««» Lartf. Srtr«'veil«»en (gesalzt), ,,r M d« Morgen.Ausgabe. ohne Poslbesörderuug >l 60.—, mit Postbewrderung ^l 70.—. Amtahueschluß fiir Anzeigen: Nbeud-Au-gab«: vormittag» 10 Uhr. Morgen-An-gab«: Nachmittag» »Uhr. Sonn- und Festtag» früh '/,S Uhr. Bei de» Filiale» und Annahmestelle» j, «i»e halb« Stand« früher. Rlnzrigen find stet» an dt» Expedition 1» richte». Druck »ad Verlag von L. Pol» i» Lrivzig Freitag den 10. August 1894. 88. Jahrgang. ar-dorf zwei Nein« Wob» t,-Ne»sch»«efe>2 5 Keller- Bestellungen auf Reiseabonuements nimmt entgegen und führt für jede beliebige Zeitdauer aus äle Lxpeüttlou Ss8 L.e1pÄr«r TÄgedlattvs» JohanniSgafse 8. Amtliche Bekanntmachungen. Vermirthrmgrn. I» de» »achge»anutrn, der Etadtgemeinde Leipzig gehörigen tdrundstückr» find folgend« Miethräume gegr» viertel, vez. halb- jährig« Kündigung anderweit zn vermirchen: 1> Nattzh««», »ewölde Nr. SO — noch dem RafchmarV« —, L) Grt««oische Strotze Rr. 1 eine Wohnung im 3. Ober- geschoß — nach dem Hof« —, ») NetchSftrnhe Nr. 1 — Selter » Hof — ». eine Wohanag im III. Obergeschoß, d. eine dergl. im IV. Obergeschoß, I) NeichSstrntz« Rr. 7 «in verlans»g«wöib« i» Erdgeschoß recht» neben dem HauSringaaar, L) Ne««-rtt «r. 11 ». eine Wohnung im UI. Obergeschoß, d. et« Ilei», dergl. i« V. Obergeschoß. 6) Kupfergaffe Nr. 1 — Kramrrhau« — eia Kellerraum, 7) Brühl Rr. 8V — G««r,r»hollc — rhemal. Niederlage der Baranstalten, 8) Petrrtfteinweg Rr. 17 — „Grüne Linde" — »ine «ohnnug im II. Obergeschoss« de» Hintergebäude«, S) Eemeindeamtsstratze Rr. 4 in Lripzig-Lindenau da» ganz« Grundstück zu Nied«rloasz«ecke», 10) Ge«eindea«t»ftratze Nr. 8 in Lechrig-Ltndena« zwei Nein» Wohnungen t« II. Obergeschoß, II) Kurze Strotze Nr. 12 — ehe«»». Nathhan» — in Leipzig»Pla»»ttz di« j«digr» Kircyeuelpedilion». räume un Erdgeschoß, 12) Nettz«ntzoin»r S«ro»e Nr. 122 j».vrtp»t«-rho»dertz ein« Wohnung im I. Obergeschoß link«, 1») Nrttzontzotne« Strotz« Nr. 124 t» Letpöto'Tßoelberg eme Wohpyng im Erbaejchoß, 14) Rodet Rr. 4» in Le 1« SlorofW Ät?1 abthetlungen, iS) tztznrtener Strotze Rr. KL in Leip,i,>-Ne«se»erto«sen eine Wohnung im II. Obergeschoß links, 17) Markt Nr. 1 — edemal. Nathhau» — in LetHzig- Entrttzsch eine Wohnung im II. Obergeschoß recht«. Dir Mirthrium» unter bb, S, 7, v, 10 und 1b sind sofort, diejenigen »nt« I, 2, 3d, 4. 5», S, 11—14. is und 17 vom SO. September ts». A» und diejenige» unter 3» vom 21. Mär» 1828 »b zu vermtrtheu. Miethaejuche werdea auf dem Rathhouse, I. Obergeschoß, Zim. mer Rr. 8, «ntgegengeuommen. Leipzig, am 26. Juli 1804. Der Nattz drr Stadt Lechzt«. vr. Tr-ndlia. Morche. Die städtische Lparcajse beleiht LAerttzdaptere uuter güustigra Bedingungen. Leipzig, den 10. Januar 1884. . Die Sporeaffen-Deimtolton. Auf den Antrag de« tdastwirth« Otto Wendt in Lchöuingen joll desien »ad Uo. »»». 40b Hierselbst gelegene« <dastwtrthschaft«grund- slück „Deutsche« Hau«" fammt allem Zubehör, namentlich der Gast» wirthschafldgerechttglett, wie solches im Brundbnche von Schöning»» Band Ilt, vlatt 82 eingetragen steht, vor dem »aterzeicharte» Bericht« «« 28. August 1824, Morgen« 2 Uhr» öffentlich meistbietend vtrkdust werden. Lchöaingen, de» v. Anglist 18S4. Herzo,lichrS «»tsgeri«. Huch. Das römische Lnterdict einst und jetzt. Eine drr widerwärtigsten, traurigsten Verzerrungen de» christlichen Gedanken» ist da- Interdikt, die Untersagung alle» Gottesdienste- durch grausamen Machtspruch der kirchlichen Gewalt, ei« eiserne« Zucht» und Kampfmittel drr römischen Kirche wider Einzelne, aber mehr noch wider ganze Länder mit allen ihren unglücklichen Bewohnern. Ersonnen im neunten Jahrhundert uusrrer Zeitrechnung, verdankte das Interdikt sein« kirchliche Regelung der Synode zu Limoge« (103t), um im zwölften »nd dreizehnten Jahrhundert einen jammervoll häufigen Gebrauch auch zu sehr, sehr unheiligen Zwecken zu finde« »nd oft namenlose» Elend heraufzubrschwören. Drr Glaubenssatz von der alleinseligmachenden Kirche, er hat ja viele hart herzige Nutzanwendungen gefunden, aber die kaltblütigste und rünsicht-loseste von allen war und bleibt doch da- Jnlrrdict, da« Hundertausende auf einmal traf, sich wie rin Fluch au» heiligem Munde aus blühend«, weite Gefilde legte und ihre» aicht«ah«e»de» Bewohner» einen Vorgeschmack von der Hölle z» dereite» aicht umsonst berechnet war. Selbst die Schrecken drr Inquisition müsscu dahinter zurücktreten. Al» dir Zeiten vorüber Ware», da da« Ehristrnthum mit Feuer uud Schwert »u verbreite« gelang, sorgte di« heilig, Inquisition, diese Ver körperung ds» Satze«: „Glaube oder stirb*, uuter dem Schein« derKirchenrrchttpfleg« dafür, daß nicht d,r Einzrlnr ungestraft ab trünnig werde» konnte, dafür, daß Jedem, durch de» ol» Ketzer Arrgenstß in der Kirch« erregt war», der Mühlstein «« Halse sicher war. »an welche« da» neue Testament freilich in etwa« andere« Sinne spricht. Uber die Jnquifitio« hat, ob auch zusammen genommen ihrer viele getroffen sind, immer nur Einzelne el« solch« hrrausgegriffen und aeschlaaen, dagegen wollt« und sollte das Jnterdrct »ha« Unterschied Schuldige und Unschuldige treffen, es opfert mit kühler Berechnung d,e Un schuld, dewnt dm Schal» «« so sicherer uud wirksamer von de» Strafmittel ergriffe» werde. Gesteht die» doch selbst «in i« Ganzen «och gemäßigter Lehrer de« katholischen Kirchen- rrcht», der Bonner Professor Ferdinand Weiter (Lehrbuch de» Kirchenrecht», 14. Auflage, S. 438), unumwunden, wenn er ägt: .Der Gedanke der dem Interdikt ist dirser, die Schul- >ig«n durch den Anblick de» Unheil», was sie über die Un- chuldigen gebracht, umzustimmen, die Unschuldigen zu Vor- iellungen uud Fürbitte« anzutreibru * Nebenbei bemerkt rin Sedaakengang, welchen wir — mit der nothwrndigen Um» ehrung natürlich — in den Verhandlungen de« Tridentiner Coucil» (»essio XU onput V) über die Frohnleichnams» rrocession wiederfinden, dir ausgesprochen den Gläubigen dazu dienen soll, sowohl in einem Triumphzuge da- Sakra ment des Altar- zu verherrlichen, als auch die Ketzer zu ver- 'cheuchen, zu beschämen und zur Umkehr zu bewegen. Selbst Rom, di« ewige Stadt, ist einmal dem Interdikt durch Papst Hadrian IV. im Jahre 115b verfallen, weil es den Republikaner und Schwärmer für apostolische Einfachheit Arnold von Brescia nicht vertrieb. Und zum Lachen muß e« zewesen sein, als Gregor X. im Decembrr 1275 vor dem mit dem Interdikt beladenen Florenz angelangt, und den hoch- angeschwollenen Arno eben hier zu überschreiten gezwungen, die Stadt für di« kurze Zeit seines Durchzug- vom Banne befreite und da- versammelte Volk segnete, aber dies nur, um vor dem letzten Thorr ihr schon wieder >u fluchen und sie in dir Derdammniß zurückzuschleudern. Endlich versagte doch einmal der Kirchenbann srm« Wirkung; es war im Kampfe mit der stolzen Republik Veaedia (1K0S); sie hatte es ge wagt, den Bau neuer Kirchen und Kloster von ihrer Zustimmung abhängig zu machen, geistlichen Körperschaften den weitern Er werb von Liegenschaften zu verbiete« und Geistliche einfach vor die ordentlichen Gerichte zu ziebrn; Rom antwortete mit dem Interdikt für den ganzen Staat, aber kraftlos entfiel die furchtbare Waffe seinen Händen: ein großer Thril der venetia- nischen Geistlichkeit trat in dein ausaedrungenen Kampf«auf di« Seite de» Vaterlandes und hielt nach wir vor Gottes dienst. Da- Volk mit dem Märchen einer Kirchenvrrsolaung wie anderswo aufzuwiegeln, mißlang gründlich und — Rom mußt« nachgeben, au» dem non possumu, wurde rasch ein pomumu«, d. h. wir können in Rom auch ander», wenn mau draußen festbleibt. Doch wozu dies« Erinnerungen, wozu die Ueberschrift DaS Interdikt «inst und jetztWas hat da» neunzehnte Jahrhundert mit dem Äaterdiet zu schaffen? Gemach. Nimm »nd lie» di« von «dlem Unmutbe und erfrischender Wahrhaftigkeit emgegebenr neue Flugschrift von JnnoeentiuS Mirabundu«: Da» römisch» Interdikt über alrkatholische Kirchen und seine Anerkennung durch deutsche Staats regierungen (Bonn 18S4), dann wirst Du nicht mehr fragen. Culturkamvf! Welch' ein schiefe-, doppel sinnige« Wort» weil r» bedeuten kann Kampf für die Cultur, aber auch da» gerade Gegrntheil, Kampf gegen die Eultur. Mit diesem Doppelsinne spielen ja jesuitisch Ge schulte heute noch gern, aber wir sagen, hinweg mit ibm au» jeder staatsfreundlichen, aufrichtigen Gesellschaft, bei Ordnungsstrafe. Au- einer ununterbrochene» Reihe siegreicher Schlachten, au» dem unwiderstehlichen, stürmischen Willen seiner Stämme, Fürsten und Führer geboren, traf da« neue Deutsche Reich durch eine seltene Gunst de» Schicksal» die Papstkirche in einer durch Uebermuth und Machtgier selbstverschuldeten inneren Gefahr. Eben hatte Pius IX., dieser porturbntor eoelesine, wie ihn einmal Bischof Hcfele nannte, durch da« vatikanische Schein concil, welche» den ihm zuarmutheteo Sklbsimord gehorsamst braing, die päpstliche Unfehlbarkeit zum Glaubenssatz rryeben lassen; ein« Lrhre, von welcher der entrüstete Töllinger am 28- März 1871 an den Erzbischof Scherr von München die berühmten Srherwvrte schrieb: .Das kann ich mir nicht ver sagen, daß diese Lehre, an deren Folgen da- alte Deutsche Reich zu Grunde gegangen ist, fall« sie bei dem katholischen Theile der Deutschen Nation herrschend würde, sofort auch den Keim eine» unheilbaren Sirchthums in da» eben erbaute neue Reich verpflanzen würde.* Erwartungsvoll blickten Millionen Katholiken, und wahrhaftig nicht dir Schlechtesten oder Ge riagsten, auf da« neue Reich. Da» Interdikt ist «ine stumpfe Waffe geworden, welche, seitdem Paul V. im Kampfe gegen Venedig damit unterlag, kein Papst mehr anzuwendrn wagt. Also hat im Mai 1870 der Verfasser drr römischen Brief« in sein« deutsche Heimath geschrieben. In gutem Glauben, und doch, wir wenig zu treffend : Ein preußische» Gesetz schreibt den Bischöfen vor, der DtaatSregierung aozuzriaen, wem ste eine bestimmte Pfarrstelle verleihen wollen, ein verlangen, so naheliegend nnd selbst verständlich, da ja auch der Staat zum Gehalt der Pfarrer wesentlich beiträgt, daß r« in andern Staaten längst besteht und erfüllt wird. Ader die deutschen Bischöfe lassen sich au« Rom di« Aaweisung kommen zum Ungehorsam uud zum Widerstande. Passiver Widerstand! Da» ist auch rin so schiefe, Ausdruck, rin jesuitische» Mäntelchen, der nackten Auf- lrhnung häßliche Blöße kümmerlich zu bedecken. Dir sanften Oberhirlen ziehe» drr Erfüllung jener Förmlichkeit die Nicht- brsetzuna von hundert und aber hundert Psarrstellrn vor und sehen ruhig zu, wie hunderttausend Gläubige der regelmäßigen Srelsorgt entbrhren in den .verwaisten Gemeinden*. Warum verwaist? Warum dir Pfarrhäuser verödet? Warum all mählich tine entschuldbar« Verwirrung und Verwilderung unter den so schlecht gehüteten Schafen? Weil drr „heilig- mäßige* Bischof e« nicht über sich gewinnen konnte, an den Oberpräsieenten «ine Anzeige von drei Zeilen zu richten, yujäquiä cksUrnot rag»», plsctnaUir XckivI) Wa« die vonzrn gefehlt, da» lasten von Bauern sie büßen! Da» Interdikt offen zu schleudern ans unschuldige Häupter, da- wagte man doch nicht, aber auf Umwegen ward e» eingeführt, und für dir blöden Augen de» Volke« trug die Schuld allein die bös« StaatSregieruog. Dies« Art von Interdikt bildet« «in« immer gefährlicher« Waffe Rom«, je länger drr Kirchenstreit sich lnnzog; wa« lag daran, daß ganz« Bi«thümer Jahr auf Jahr von schlauer Berechnung und erbarmungslosem Starrsinn unbesetzt gelüsten, jeder kirchlich geordneten Verwaltung entbehrten und in di« größte Unordnung arriethrn, daß in manchen LolkSkreisen nach dem Vorbild höherer Muster Gewissen, Ehrlichkeit und Treue immer mehr zurückgestellt wurden, wen» r« galt, de, Staat wrniaften« scheinbar in» Unrecht zu setzen und dem Gesetze eia Schnippchen zu schlageu. Auch einen mioder hochherzigen und frommen König, al» Wilhelm I. einer war, würde seine- armen katholischen Volkes gejammert haben, auch dann noch, wenn er gewußt hätte, daß rücksichtslose und gewaltsame Mittel im Nothfalle angewendet zu werden pflegten, um den nothwendigen Eindruck strengster Geschlossenheit und Eintracht im ncukatholischeu Lager aufrecht zu erhalten?? Und nun die Anwendung des Interdikts gegen die verhaßten Gegner der päpstlichen Unfehlbarkeit, die Altkatboliken und ihren Gottesdienst. Obwohl der alleinige Gebrauch eine- Gotteshauses mit Ausschluß jede- anderen christlichen Bkkennt- nisse« gar nicht einmal zu den Voraussetzungen des katholischen Kirchenrechts gehört und z. B. am Rhein seit zweihundert Jahren viele Kirchen im gemeinsamen Gebrauche von Katholiken und Evangelischen stehen, wurde jede Gemeinschaft mit den Altkatholiken für eine Entweihung und Tempelschändung aus- gegeben. Was erschien noch unerlaubt, um die Altkatboliken aus einer Kirche zu verdrängen, an welcher diese von Rechts und Gotte« wegen Autbeil hatten; Sachbeschädigung, Zer störung, ruhestörender Lärm, Hohn und Beschimpfung sollten ihnen d«n Milgebrauch unmöglich machen und verleiden, und gelang dies mcht sofort, nun dann wurde ein künstlicher Nothstand geschaffen: die Neukatholiken wurden angewiesen, sich von dem entweihten Gotte-Hause zurückzuzieben und lieber aar keine Kirche zu betreten al- diese. Wieder eine Art Interdikt in seinen Folgen, das Volk ließ sich betbören, baute aus Geheiß sogenannte Nothkirchen und lernte in Erbitterung aus den Staat schimpfen, der ja dir Altkatholiken schützte. Wie lange schützte? Eine ernste, vernichtende Anklage wider die deutschen Regierungen, das ist diese vortreffliche Schrift de« InnocentiuS Mirabundu-, hinter welchem Namen sich offenbar ein hervorragender Altkatholik verbirgt, der sich mit Fug uud Recht — scheu der gewählte Name weist darauf hin — über die Maßen verwundert, wenn unschuldige Alt- katholiken und treue Staatsbürger al- solche preiSgcgeben werden und Unrecht leiden müssen. Preußen hat bekanntlich längst aufgehört, das muthige Häuflein der Altkatboliken vor römischer Uebermacht zu schützen ober es überhaupt nur nicht mit Un gunst zu betrachten. So ist es z. B. Thatsache, daß kein höherer Lehrer mehr zum Leiter einer Anstalt berufen wird, wenn er sich seine altkatholische Ueberzeugung bewahrt hat und wenn er nicht an die päpstliche Unfehlbarkeit glaubt, ferner, daß die Prüfung der staatlichen Religiouslehrer an den rheinischen Gymnasien vertrauensvoll von der Staatsregierung einem Professor Sckirörs übertragen worden ist. dein die Welt da- nun schon geflügelte Wort verdankt: „Die Inquisition eine großartige Institution mit weisem Organismus und wclt- errcttender Wirksamkeit.* Welche Ansichten über da- offene und verdeckte Interdikt wird dieser Herr verlangen, daß die staatlichen RrligionSlehrer ihren Schülern beibrinaen. Auch Baden hat ven Weg der Schwachheit betreten. Im Jahre des Heils l894, dem dreiundzwanzigsten nach Gründung des neuen Deutschen Reiche«, hat drr Arm de« Staates Baden au- der Jesuiten- oder Universitätskirche in Freiburg im Breisgau zunächst die ohnmächtigen Altkatholiken auSgewiesen, „um «inen Gegenstand dauernder Mißbelligkeiten mit der römisch katholischen Facultal zu beseitigen*, und dann, damit man den nach diesem Erfolge erst recht „mißhelligen* Römischen gegenüber sich doppelt gefällig, bester gesagt hinfällig, erweise, die evangelischen Professoren samint dem evangelischen Pfarrer veranlaßt und gezwungen, ihr Mitbenutzungsrecht aufzugeben und die Kirche freiwillig zu räumen. Und jetzt erst hat der Erzbischof daS Jnterdict aufgehoben; hat es doch Herr liche Dienste geleistet nach beiden Seiten und nicht blö den Altkatholiken, sondern auch den Evangelischen die Kirche ab gejagt. Die Jesuitcnkirche gehört wieder allein den Jesuiten. Daß die Freude am Deutschen Reiche nicht zunimmt, von der Beschäftigung mit öffentlichen Angelegenheiten sich viel« der Besten acbselzuckend zurückzieben, daß Einfluß und An sehen des Reichstages und der Landtage immer mehr sinken» bängt doch auch wesentlich mit dieser tief zu beklagenden Er scheinung zusammen; Mangel an Muth und Weisheit, unbe greifliches Ungeschick »nb haltlose GelegenbeitSmachrrei auf Seilen der Regierungen baden die Macht d»S Papste- in Deutschland fast bi« zur Mitberrschast gesteigert. Wenn da her Keim eines unheilbaren SicchthumS, vor dem Döllinger sich fürchtete, noch nicht ist. — wer weiß, wa- daraus wird, was noch kommen mag. Es ist wahrhaftig nickt lauter Lust, jetzt zu leben. O Döllingerl Saxo-Rhenanus im »Deutschen Wochenblatt AeutlcheA Reich. * Lettzzls, 9. August. Eine un- zugegangene Prohenummer de- neuen Organ» de» Bunde» der Landwirthe, der »Deutschen Tage»z«ituoa*, wird von Herrn vr. G. Oertel, Oberlehrer am hiesigen Realgymnasium, verant wortlich gezeichnet. ,s. Berlin, S. August. Der schwere Arbeiterexceß in Bielschowitz (S. unten. Red.) beleuchtet den Werth de« theo retisch construirtrn Unterschiede« zwischen Anarchismus und Socialdemokratie. Jene 2000 Männer und Frauen waren socialdemokratisch, nicht anarchistisch bearbeitet — der Effect sind schwere Gewalttbätigkeiten, die blutige Abwehr und militcnrische Sicherheitsvorkehrungen notbwendig machten. Und e» ist, was alle Beachtung verdient, nicht di« Leiden schaftlichkeit der polniscken Aufreizung, sondern die kalt berechnende, in ihrer Art vorsichtig und darum doppelt wirksam« Spracht rheinisch-westfälischer Agi tatoren, auf die der schlesische Ausrubr in letzter Linie lnrückweist. Daß man es mit einer der Berliner Partei leitung zur Zeit allerdings kaum erwünschten socialdemo kralischen Action zuthun hat, erkennt selbst der „Vorwärts" an, indem er die Mittheilunacn über die Bielschowitzer Vor gänge unter dem Eapilel „Partrinachrichten" bringt, wo sie auch hingehörrn. Im Uebrigen sind Darstellung und Be merkungen de« soeialdemokratischen Eentralorgan« in einem entschuldigenden, wo nicht billigenden Tone gehalten, so daß auch ohne jene, vielleicht unwillkürliche, Auf- richtiakrit da- Bewußtsein des Zusammenhang- de, Epersst mit drr soeialdemokratischen Agitation klar hervor ging«. Der Gastwirth, der seinen Saal wohl zu einer Erörterung von Arbeitrrangelegenheitr«, nicht aber zum Tummelplatz zweier socialdemokratischrr Hetzer, deren Er scheinen ihm verschwiegen worden war, hergebrn wollt», wird vom „Borwärts* in« Unrecht gesetzt, und ebenso die Polizei. Diese uuter Anderem deshalb, weil die Gensdarmra den versuch .unserer bekannteren Parteigenoffen, die aufgeregte Masse durch Ansprachen zu beschwichtigen, vereitelten*. Die GenSdarmen hätten also den gewerbsmäßigen Hetzern, die im Anschluß an die „rheinisch-westfälische Vorarbeit* die Schöpfer der kritischen Situation geworden waren, auch noch das Wort ertheilen sollen. Die „Beschwichtigung" hätte wohl dieselbe Wirkung gebabt» welche die Besprechung de- Vorfalls im „Vorwärts* ausüben muß, die nämlich, die Erbitterung zu vertiefen. E« ist eine unerhörte Anmaßung, von drr Behörde zu verlangen, sie solle sich drr soeialdemokratischen Agitatoren als Beschwichtiger der von ihnen aufgeregten BolkSmaffra bedienen! Die Art, wie die Berliner Parteileitung vru Bielschowitzer Exceß behandelt, ist noch weit mehr al- dieser elbst geeignet, die Reichsrcgirrung i« der neugewonnen«» leberzeugung, daß die Socialdemokratie nicht dem Erlösche» entgegrnreift, zu bestärken. * Berlin, 9. August. Auf die Anfrage der frristnnig- volkSparteilichen „PolkSztg." an die „Freisinnige Ztg." über den Verbleib des neuen Programm-, das auf dem brvor- tehendcn Parteitag der freisinnigen Volk-Partei an- genommeu werden soll, antwortet das letztgenannte Organ nach mehrtägigem Erwägen: Die „BolkSzeitung" in Berlin, welch« mehr und mehr in das Fahrwasser de« verflossenen Mehring einlenkt und sich dekanntUch auch zu den Zeiten de« letzteren im Alleinbesitz der „Grundsätze der Demokratie" vesand, beginnt wieder zu poleiuisirea in Betreff der Vorbereitungen zum Parteitag der Freisinnigen Bolk-partet. D«r- «lben sei darauf bemerkt: I) daß aus dem Parteitag über «in neues Orgonisattonsstatut gar nicht verhandelt werden wird, da dieses Statut aus dem vorjährigen Parteitag feftgestellt worden ist uud Aenderungen desselben von keiner Seit« aageregt worden sind; 2) daß ein Modus für di« D«l«gtrtenwahi zum Parteitag überhaupt nicht festgesetzt worden ist, sondern der Beschlußsassung jedes Wahlkreises onheimgestellt ist; 3) daß der Progran, me»twurs der Parteicommission keinen Dag früher uud keinen Tag später veröffentlicht werden wird, al- den Festsetzungen entspricht, welche di« Programmcommission darüber in Gemäßheit der Directtven des Parteitages und des Lentralausschusses der Partei unlängst getroffen hat. * Berlin, 9. August. Die Commission der Saal besitzer Berlin- und Umgegend hielt vorgestern Mittag in den „Germaniasältn*. Chauffeestraße tOA eine vierstündige Sitzung ab, in der zunächst über zahlreiche Entschädigung-gesuche von Saalbesitzern und Gastwirthen beschlossen und zusammen 7800 „ck Entschädigung-gelber bewilligt wurden. Herr vr. Merker theilte darauf eine Zuschrift de« Vorsitzenden des „BundeS der Berliner Grundbesitzervereine*, Herrn M. Minck mit, wonach der Bund beschlossen hat, in Grund- besitzerkrrisen für die gesperrten Gastwirthe zu sammeln. Weiter wurde mitgetheilt, daß die Saalbesltzcrcommission sich um deswillen nicht an der Versammlung der „Gast wirthe - Innung* bei ihrem Obermeister Dreßler be- theiligt habe, weil ihr vorher bekannt war, daß zu dieser Sitzung auch der Stadtverordnete Zubeil und Genossen eingeladcn waren. Gegen einen bekannten Saalbestüer in der RüderSdorfer Straße soll, weil er entgegen seiner Unter schrift gehandelt hat, die Conventionalstrafe von 800 eingeklagt, und gegen einen Charlottenburger Saalbesitzer, der in einer soeialdemokratischen Versammlung erklärt hat, sich boycoltfreieS Lagerbier hatten zu wollen, da« Bicrrnt- ziehungSverfahren bei der Brauercivcreinigung beantragt werden. In der „Flaschenbiersrage" ist bereits die Mit- thcilung zugegangen, daß alle dem Verein angehörenden Brauereien vom 1. Octoder d. I. ab an Private nur noch für 3 30 Flaschen Lagerbier zu «/», Liter liefern werden. Der von einer Borberathiingscommission ausgestellte Entwurf eine- Statut- für eine Saalbesitzerverrinigung, wie er schon durch die Presse veröffentlicht worden ist, wurde in der gestrigen Sitzung der Commission al« vollständig unbrauch bar verworfen und die Herren Jacobi und vr. Merker beauftragt, einen neuen Statutenentwurs auSzuarbeiten und ihn der Commission vorzulegen. L. Berit«, d.August. (Privattelegramm.) Die^vosi. Ztg." tbeilt gegenüber anderen Nachrichten mit. daß bei den Verhandlungen der Cabinetr von Berlin und Paris über die «rtechtsche Schuldsrage keinerlei Diffcrenzpuncte hrrvor- getrelen seien, daß vielmehr beide Cabinrte zu einem gemeinsamen diplomatischen Eingreifen fest entschlossen wären. V. vrrltn, 9. August. (Telegramm.) Der »Rrichs- anzeiger" schreibt: Mehrere Zeitungen brachten die Mit- thrilunu, daß die ve«na»t»«UG der wegen T»ton«»e ver- urtheilten kr«n»ösische» Offirtere, welche ihre Strafe in Glay verbüßten, durch die Vermittelung de« Jrsuitenpater« Rip stattgesunden habe. Diese Angaben entsprechen nicht der Wahrheit. V. Berit», 9. August. (Telegramm.) Der „Reichs- anrriger* stellt gegenüber der „Freisinnigen Zeitung" fest, daß im Jahre 1893 nicht 1008 Rentengütrr mit 82l3 d» Flächeninhalt, sondern 1490 Rentengüter mit 13 296 in» Flächeninhalt endgiltig gebildet sind. Thatsächlich waren Ende 1893 Sböb Rentengüter mit 56 265 1i» eingerichtet. Zur weiteren Bertbeilung standen am 1. Januar 1894 tt4 000 dn zur Verfügung. E» fehlt nicht sowohl an RentrngutSnehmern, al« vielmehr an Kräften, um die ge waltige, durch das Gesetz vom 7. Juli l89t erwachsene Arbeit zu bewältigen. U. Berlin, 9. August. (Privattelrgramm.) Da« Be finden des Cultusnimisler« vr. Bosse ist nach der „V. Z." gut zu neunen, und es ist die vollständige Wiederherstellung zu erwarten. * >«» Lterschlesicn, 8. August. Ueber den telegraphisch bereits erwähnten Krawall in Antonieuhütte wird jetzt folgendes Nähere gemeldet: Ein gewisser Sowada hatte für Sonntag nach Antonienbütte zu Gastwirth Lachman» eine Versammlung zur Erörterung von Arbeitrrang,legen» beiten angemeldet und der Wirth den Saal zugesagt. ES mochten sich etwa 500 Arbeiter nach dem Local binvegeben baden. Sobald Lachmann erfuhr, daß di« soctalistischen Führer Purkop und Kawrzyk von Zabrze mit etwa 100 ihrer Anhänger angerückt käme», um an der Ver sammlung theilzunehmrn und sie zu beherrsche», ver»
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