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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.08.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-08-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940810022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894081002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894081002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-08
- Tag1894-08-10
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Tabellanscher und Zisiernjatz nach höherem Tarif. Extra-Verlagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ob ne Poslbesorderuag öo.—, mit Postbesordcrung 70.—. Iitmahmeschlllk für Äuzeige«: Abead-Au»gabe: Vormittag- 10 Ukr. Morg«n-Au-gabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- und Festtag- srüb '>0 Uhr. Bei den Filialen und Annadmrstellen ,e eine Halde Stunde früher. Anzeigen sind stet- a» die Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Pol» in Leipzig Politische Tagesschau. * Leipzig, 10. August. Im Münchener Stadtmagistrat hat bei der Beratbung einer den Ladenschluß betreffenden Eingabe der kleinen Kaus- leute der von einem dortigen liberalen Blatt als „praktisch erfahrener Mann" gekennzeichnete Referent den dringenden Wunsch geäußert, es möchten sechs bis siebe» Aciertagc im Jahre (von msgrsammt l3 bi- l4) aus Toniltage verlrgt werden. Es besteht keine Gefahr, daß dieser Wunsch in Erfüllung geht, besser aber wäre er überhaupt nicht geäußert worden. Forderungen dieser Art sind sehr unmodern geworden und können höchstens den Erfolg haben, in den Kämpfen zwischen UltramontaniSmuS und Liberalismus die Angestellten des HandetSgcwerbeS und die nichtsocialdemokratischc» Arbeiter aus die Seile des erste«» zu treiben. An die Stelle des Verlangens nach Verminderung der katholischen Festtage tritt allmählich das socialen Betrachtungen entspringende Bebauern über die geringe Anzahl von Feiertagen, welche die Reforma tion übrig gelassen hat. Im protestantischen Preußen z. B. fand bis vor Kurzem zwischen dem Pfingstmontag und dem WeihnachtSfcste keine außerordentliche Unterbrechung der Arbeit statt. Neuerdings hat sich der Bußtag dazwischen geschoben, waS aber nur einen Verlust für die große Mehrheit der Be völkerung bedeutet, da dieser Tag aus der schönen Bor» srühlingSzeit in den grauen November verlegt worden ist. Erwägt man, daß die außerordentlichen Festlage eine viel reizvollere Unterbrechung des Einerleis der Arbeit bilden, als der Sonntag, so wird inan eher eine Vermehrung der evangelischen als eine Minderung der katholische» Feste wünschen müssen. Insbesondere sollte daö unvergleich liche Iohannisfest (24. Juni), daö bei uns in Leipzig sozusagen ein „halber Feiertag" geblieben ist, dem ganzen evangelischen Deutschland zuruckgegeben werden. Die ältere Anschauung, daß die — in diesem Jahrhundert ja sehr rcdu- cirte — Zahl der katholischen Feiertage die industrielle Ent wickelung beeinträchtigen könnte, hat in den großartigen Er folgen der rheinisch-westfälischen Gewerbethätigkeit längst ihre Widerlegung gefunden. Die jüngst abgebaltene erste Generalversammlung des bayerischen katholischen Letzrerverein» — er zählt, beiläufig bemerkt, nur 2t3 ordentliche Mitglieder, denen 304? (!) Ehren mitglieder, fast ausschließlich Geistliche, gegenübcrftehcn — hat folgende Resolutionen angenommen: „I. Soll unser vaterländisches BoikSschulwesen seiner konfessionellen Grundlage gereckt werden, so ist die positive christliche, die confcssionelle Erziehung durch den gesammten BolkSschulunterricht zu bcthäligen und die Einrichtung der einschlägigen Lehrmittel diesem Charakter unseres Volksschulwcsens anzupassen. Die Einheitlichkeit und der nachhaltige Erfolg dcrVolks- schulbildung erfordern demnach eine Reform der in Gebrauch stehenden, meist simultanen Lehrbücher. Diese Reform kann nur nach positiv christlichen con- sessionellenGrundsätzen erfolgen. Das consessionelle Lesebuch hat die consessionelle Erziehung zu unter stützen, ohne eine andere religiöse Auffassung zu ver letzen. Durch ein solche- Lesebuch wird die Toleranz und der consessionelle Friede nicht gefährdet, denn wahre Toleranz kann nur auf dem Boden gedeihen, dem sie entstammt, da- ist aus dem Boden des positiven ChristenthumS. II. Die I. Generalversammlung des katholischen LehrcrvereinS begrüßt freudigst die Gründung päda gogischer Eonferenzen seitens der Geistlichkeit m Unterfranken und wünscht möglichste Verbreitung Freitag den 10. August 1894. dieser Eonferenzen in ganz Bayern. Weiter wünscht sie lebbast die pädagogischen Blätter turck Abonnement, Empfehlung und besonder- durch lilerariscke Unterstützung zur kräftigen Stütze der katholisch-pädagogischen Bewegung in Bayern zu machen. HI. Die erste Generalversammlung beS katholischen LehrcrvereinS in Bayern beschließt, mir dem katholischen ErziehungSverein in Bayern aus dem Gebiet der Iugendschriften in tbälige Verbindung zu treten, und hofft auf ein förderliches Zusammenwirken beider Vereine und ein befriedigendes Abkommen mit dem Er- zicbungsvercin zu Gunsten unserer Relictencasse." Da haben wir den klerikalen Wunschzettel für die Schule kurz, klar und unverbüllt. Der Deutsche Katholiken tag, der demnächst in Köln Zusammentritt, wird ilm vorauS- sicktlich „voll und ganz" sich zu eigen machen. Darum be gnügen wir unS vorläufig damit, das Thatsächliche mit- zutheilen — es spricht ohnehin für sich selbst! Ter für den diesjährigen Spätsommer oder Herbst ge plante vierte östrrrctchischr Katholikentag, dessen Zu standekommen noch zu Ostern in Wiener ultramontanen Kreisen als gesichert galt, wird nicht abgeballen werden. Ter mit der Vorbereitung der Versammlung beauftragte Gras Ernst Sylva-Tarouca veröffenllickt im „Vaterland" eine sehr langathmiae Darstellung der Gründe, welche die Nicktabhaltung de- Katholikentages als ratbsam erscheinen ließen. Sic laufen im Wesentlichen auf die Besorgniß hinan-, die Mißhellizkeiten zwischen den verschiedenen „katholiscken" Parleiricklungen könnten allzu drastisch, wohl gar in scandalösen Formen zum Ausdruck kommen. Es rächt sich jetzt eben, wie die „Berl. N. N." zutreffend be merken, an der eigentlicken katholisch-klerikalen Partei, daß sie von jeher scrupelloS Bündnisse eingegangen ist, die vom conservaliven wie vom kirchlichen GesichlSpuncle aus wider natürlich waren und sie iuSbesondere in ten letzten Jahren auf da- Niveau deS Radau-AntisemiliSmus, wie die Gcß- mann, Lutger, Schneider und Genossen ihn verkörpern, herabzogen. Die demagogiscke Methode, deren sie sich de dienle, um dem deutscken Liberalismus da und dort eine Schlappe beizubringen, bat die eigene Parteizucht getost, die „positiven" Katholiken, wie Graf Sylva-Tarouca die Ultra montanen im engeren Sinne nennt, werden mehr und mebr von der weit überwiegenden Masse der übrigen Gefolgschaft deS KlerikaliSmuö fortgerissen. Die alte österreichische ultramon tane Partei, deren Rcconstruiriing dem Abgeordneten Lien- backer bei seinen Plänen sür Schaffung eines österreichischen „CenlrumS" vorschwebt, hat gegenwärtig nur noch in der bäuerlichen Bevölkerung einzelner Alpcnländer eine zuver lässige Anhängerschaft; »i de» Städten, zumal in Wien, bat sie allen Boren an die Antisemiten der verschiedene» Farben verloren, im tschcckiscken und im slawonischcn Sprachgebiet ist ihr sogar die niedere Geistlichkeit, die nur allzu lange zu einem fanatischen nationalen Hetzapvstolat verwendet wurde, abtrünnig geworden und zui» größten Theil inS national-demokratische Lager übergegangen. Zu allem Unglück gebricht eS der katholisch klerikalen Partei in Oesterreick an einer energischen, staalS- männisch veranlagten und angesehenen Persönlickkeil von der Art eine- Leo Tbun oder eine- Rudigicr, die ibrcn inneren und äußeren Wiederaufbau durchzusühren vermöchte; Graf Hohenwart ist alt und matt geworden, Prinz Alois Liechten stein wird von Niemandem ernst genommen, der Erbprinz Schwarzenberg ist mehr feudaler als kirchlicher Politiker. Unter diesen Umständen ist eine weitere Zerbröckelung der Partei zu Gunsten der fragwürdigen Verbündeten, in deren Schlepptau sie gerathen ist, unvermeidlich. Von dem über italienische Heeresersparnisse ab gegebenen Gutachten der Commission der italieni» scken Generale werden Reformen in Vorschlag gebracht, deren Durchführung im Orkinarium eine Gcsammt- Ersparniß in der Höbe von rund sechs Millionen zur Folge baden wird. Die Reformen bezieben sich zunächst auf eine Vereinfachung der Vermattung durch eine weit gehende Decentralisation, die den CorpS und Divisionen eine Reibe von heute dem Kriegsministerium Vorbehalten«! Entscheidungen überträgt und durch welche sich das Personal des KricgSininisteriumS bedeutend vermindern wird. Betreffs des RecrutirungSsystemS ist die bezirksweise Ergänzung >n Krieg und Frieden mit leichten Modisicationen enipsohlen worden, wodurch eine bedeutende Ersparnis; und zugleich eine Beschleunigung der Mobilmachung gegenüber der geniischten Mobilmachung zu erzielen sei. Vorgeschlagen ist ferner die Auflösung der zwölf ReaimentSverbände der Bersaglieri und Verminderung der Zahl der Bataillone von 30 aus 24. Die ArmeecorxS besitzen beule je ein Bersaglicri-Negimcnt zu drei Bataillone» als BersügungSlruppe wie die Corpöartillerie im Kriege; außerdem soll die Landwehr (Mobilmiliz) plan mäßig sür das Festland 12 Bataillone Bersaglieri ausstcllen, deren Leute, älteren Jahrgängen aiigebörcnk, von vielen Fachleuten sür den große Ausdauer in schncUen Bewegungen verlangenden Specialbicnst der Bersaglieri nicht mebr sür geeignet gehalten werden. Die 12 Bersaglieri-Bataillone der Mobilmiliz sollen daher durch ebensovielc der Liiiic»- Infanleric der Landwehr ersetzt werde», so daß ein Verlust an Zahl nickt eintritt. Auch die Auslösung der 12 aclive» Bataillone Bersaglieri soll einen Verlust an Leulen dieser Specialtruppe nicht nach sich ziehen; ein Tbcit der CadreS und sämniUichc Leute der eingehenden 12 Bataillone würden aus die 2 t übrigen verthcilt werden, so daß man dort mit Coiiipagnieit zu 200 Köpfen im Frieden rechne» könnte, die sich »n Kriege aus 250 erhöhle». Der lleberschuß an Reservisten der Bersaglieri flösse der Linien-Jnfantcrie zu. bei welcher auch Reformen geplant sein sollen, »m a» Stelle der beute schwachen stärkere und compacte« FriedcnScadreS zu erhalten. Bon den zwei Bersaglieri-Bataillonen jede- CorpS würde dauernd je eines den beiden Divisionen unterstellt werden. Erspart würden 12 RegimentSstäbe und l2 BalaillonSslabe. Eine Verminderung der Bataillonsziffer und Verstärkung der Compagnien ist deS Ferneren bei den Alpentruppen vor- gcscktagen. Endlich ist die llmgestattung der jetzigen Militair- districle als zulässig erklärt worden. In Sachen des griechische» Staatsbankerotts war ge meldet worben, daß bisher ini Berliner Auswärtigen Amte zwischen den drei Regierungen über die zu ergreifenden Schritte Verbandlungen nickt statlgefundrn Kälten. Diese Meldung ist, wie die „Voss. Ztg." verbürgt, falsch. Nicht nur das Auswärtige Amt hat sich mit der Frage, wie auf diplomatische»! Wege Griechenland zur Erfüllung seiner inter nationalen Verpflichtungen gezwungen werden könne, sehr ein gehend beschäftigt, sondern eS habe» auch zwischen den Regie rungen zu Berlin, London und Paris Verhandlungen über eine gemeinsame diplomatische Action stattgesunden. Die »Boss. Ztg " konnte, wie uns rin Berliner Privattelegramm meldete, gestern noch hinzufügcn, daß bei diesen Verhandlungen zwischen den Cabinclten zu Berlin und Paris keinerlei Differcnzpuncte hervorgetrcten sind, daß diese beiden Cabinetle viettnchr zu einem gemeinsamen diplomaliscbeii Eingreifen fest entschlossen sind. Vorbedingung für ein solches Eingreifen ist, daß zuvor unter den drei Gläubiger-AuS- schüssen Einigkeit erzielt wird, und diese Ausschüsse festformnlirte Anträge an die Regierung gelangen lassen. Die Verhandlungen mit dem Londoner Cabinel haben anscheinend noch zu keinem Ergebnisse geführt. Man wird jedoch von dem bisherigen Verkalken der englischen Regierung und zumal, da daö Interesse der englischen Gläubiger nicht minder gefährdet ist, als das der deulschen und der französischen, erwarten dürfen, daß auch sie sich einem gemeinsamen Vergehe» Deutschlands unv Frankreicks entschließen wird, wenn ein solches nvlhig werde« svllle, und Herr TrikupiS sich nicht vorher zu annehmbaren Bedingungen entschließt. Bestätigt sich freilich die nach bis bcrigen Erfahrungen durchaus nickt unwahrscheinliche Mel düng, daß die englischen Gläubiger dabei sind, ein Soiiderabkommci, mit der griechischen Regierung zu treffen, so würde England sich an der Erwägung gemeinsamer Schritte nicht mehr belbciligcii, sondern dieselben Deutschland und Frankreich überlasse», lieber diese englischen Sonder- vcrbaiidluiige» ist Folgendes inilzulheilen: DaS Couiilv der englischen Bondsinbaber bat ans Grund der bekannten letzten, von TrikliPiS gcmachte», aber von ten deutschen, englischen und französischen Gläubiger» zurückgewieseucn Vorschläge ein Abkommen mit der griechischen Regierung gnlgcheißen, wonach jene Vorschläge aufrecht erhalten bleiben mit der Abänderung, daß während der ersten drei Jab« 34 statt 32 Proccnt der wirklichen Zinsen auSgezabtt und die zuwacksciide» 2 Procent zur Amortisation ver wandt werden sollen. Außerdem wurde anübedungen, daß die griechische Regierung die im vorige» November der Monopol Compagnie wcggcnomincneii Gelber zurückgicbt und die vom Comitv der Bondsinbaber ausgestellte» Coupon- teficitcerlificatc zu 5 Procent des NeniiwcrlbcS bezahlt Die Zustimmung der Gläubiger zu diesem Arrangement wird in Bälde erwartet. Bekanntlich ist in Allstland vor Kurzem eine Com mission eingesetzt worden, welcke mit der Sauimlung von Daten über Zahl und Tkätigkeit der deutschen Colo- nisten im Reiche betraut worden ist. Es dürste somit nicht obne Interesse sein, die Zabl der »i Rußland lebenden Deutschen z» ersah«». Die Zahl derselbe» beträgt in den baltischen Provinzen ungefähr 200,000, in den übrige» Thcile» Rußlands weit mebr als 400,olio. Nack den in Rußland publicirken Daten leben Deutsche i» den Gouverne ments: Petersburg 7000, Orcnburg 1500, Slawrvpol 1000, Saratow 40,000, Samara 8o,ooo, Cbersoir 5»,ooo, Tauricn 27,000, Beffarabien 22,000, IekaterinoSlatv 20,000 und TranSkankasien 3000; Kalbolitc» sind unter ihnen nur einige Tausend, so der »i neuerer Zeit viel genannte Bischof Zerr von Tiraspol, i» dessen Diöccse auch ziemlich viele katholische Deutsche wobnen: die weitaus »leisten Deutschen sind evangelisch oder geboren einer evangelische» Seele an. So giebt eS unter ihnen viele Herrnhuter, deren Hanptcvlonie Sarepta im Gouvernement lLaratow bis 1877 besondere Privilegien genoß. In Georgien giebt eS viele evangelische Württenibcrgcr, die sich dort im Jab« l8I7 nieder ließen. In ankeren Gegenden giebt eS Mc»»on>ieii, die »ach Ruß land auSwandcrten, um den, Militairkicnsle zu entgehen. Katharina II. rief viele deutsche Colonistcit nach Rußland, denen sie, um sie dort zu behalten, viele Verreckte gewährte. So waren die Colonistcn noch bis zum Jahre 187 t von der Militairpflicht befreit. Die der Londoner „Daily Cbron." über Wien berichtet, stände der Anerkennung des Fürsten Ferdinand von Bul garien durch ten Zaren nichts im Wege, falls eine unter würfige Adresse der Sobranjc den Herrscher aller Reußen darum ersuchen würde. Fertig gebracht batte das ituiiststnct, den Zaren „versöhnlich" zu stimmen, der dänische Hof. Wie Feuilleton. ^ Sein Weib. Roman frei nach dem Englischen von Emil Bernseld. Nachdruck vertoien. (Fortsetzung.) Hätte Markbam'S Liebe weniger sein Herz und seinen Kopf erfüllt, als er nach WinnatS ging, eS wäre dort dem Zufälle vielleicht weniger leicht gemacht worden, seine ver- bängnißvolle Complication zu Stande zu bringen. Owen Markham langte in WinnatS an, fragte nach dem Hause der Wiltwe, suchte eS auf und hier fügte eS der Zufall, daß er auf Lucy Brownell traf, die ibm bei seinem Kommen neu gierig aus der Thür deS Häuschens cntgegentrat, während Ioan bereit- aus Arbeit war; er srug sie nack Miß Ioan Brownell, der Nichte der MrS. Brownell: „Ick bin die Nickte der MrS. Brownell", antwortete Lucy wahrheitsgemäß, wobei sie nur den kleinen Umstand verschwieg, daß sie die Nichte Lucy, nicht die 'Nickte Ivan sei. Der Grund davon war, daß Lucy die äußerste Neugierde empfand, zu erkunden, war der elegante fremde Stadtberr von Ioan wolle Als Markham ibr nach einer kurzen Unterbaltunz, in welcher sie sofort alle Minen ibrer Eroberungssucht springen ließ, um aus alle Fälle im Voraus Ioan bei dem Fremden auSzu- stecken, auf ihre Frage, was ibr „das Vergnügen dieses an- geiikbmen Besuche- verschaffe?" trocken zur Antwort gab, er wünsche ihre Bekanntschaft zu macke», da er vielleicht in der Lage sein werde, ihr eine bessere Stellung zu verschaffen, sübtte sich Lucy fester denn je überzeugt, daß eS sich um ein alanteS Abenteuer der bewußten „kleinen Dnckmäuserin" andle, und war mebr als je entschlossen, die Sacke durch die Macht ihrer eigenen Reize und den Zauber ihrer Liebens würdigkeit nach Möglichkeit zu durchkreuzen. Aus einem Tpaziergangr durch- Torf, ans dem sic sich an Markbam'S Arm hing, um unter allen Umständen vor den Dorfbewobnern mit dem Fremden als einer neuen Eroberung zu glänzen, war sie abwechselnd feurig, schmachtend, schüchtern, lebbast. wurde vor dem Gasthause des Dorfes schwach und bat Markham, aus eine Bank niedersinkend, mit leitender Stimme um ein Ela- Wasser mit etwas Brandy. Al« man sich trennte, kehrte Lucy in da« Häuschen der Dittwe zurück, äußerst vergnügt über den kecken Streich, den sie der Duckmäuser!» Ioan gespielt, während Markham herz lich froh war, sie los zu sein. Er hatte, nachdem Lucy ibn verlassen, bei einem Glase Ale in dem Gastbause die Wirtkin noch ein bischen über die junge Dame interpellirt, die soeben gegangen, und von der geärgerten guten Frau nur DaS über sie gehört, waS zu dem, das er selbst von ihr gesehen, vor trefflich paßte — seine Mission war erfüllt. Bei Falconer in London angelangt, beschrieb er ihm Ioan Brownell als ein schwarzhaariges und schwarzäugiges passabel hübsches Mädckeii von etwa zweiundzwanzig Jahren, das ihm kokett, leichtsinnig, obne gerade anscheinend schlecht zu sei», erschien. Es sei eine Person, die darauf auSgebc, Eroberungen zu machen oder Wohl gar irgend einen dummen Teufel, der sich fangen lasse, vor die nächste Magistratur zu schleppen, um unter die Haube zu kommen, und, kurz und gut, wie er leider sagen müsse, ein Mädchen, das ibm sehr mißfallen bade. Zn seiner höchsten Ueberraslbung bcnierklr Falconer, als er seinen Bericht geschlossen batte, kaltblütig: „Sehr gut. Ganz die Person, deren ich zu meinem Zweck bedarf!" Markham starrte seinen Freund erstaunt an — er batte Alles in der Welt eher erwartet als diese Antwort. Falconer erwies sich jedoch als sehr zurückhaltend und gab ihm keine nähere Erklärung. Er sagte ihm nur, daß er sich die Sache überlegen und Markbam Bescheid erkalten werde, waS weiter geschehen solle. Damit brach er von dem Thema ab und ging z» anderen Dingen über. Falconer'- kühle, verschlossene Zurückhaltung batte in zwischen auch die geheime Verwunderung des still in seiner abwartendcn Haltung verharrenden Anwalt- Everett erregt. Ter junge Mann batte ibm da- Document mit der Desla- mentSciausel, nachdem er Abschrift davon genommen, zum Erstaunen deS undurchdringlichen Advccalen kubl zurückgegeben mit rem Bemerken, e- sei allerdings eine sebr weitgehende Bedingung, die ibm da auserlegt werde; da er indessen noch Zeit habe, sich die Sacke zu überlegen, so werde er sie sich einmal durch den Kops gehen lassen, »nd Mr. Everett solle zu irgend einem späteren Zeitpunct, bevor die Frist ab- qelausen, seinen Entscheid hören. Für jetzt habe er sich ent schlossen, trotz deS entgegengesetzten RatbeS deS Anwalts taS Herrenbaus von Olv Hall unter der Obbut deS von Eoerett beschafften HauSmeisterS leer stehen zu lassen und seinen Wohnsitz nach Belieben irgend anderSwo zu nehmen, aber seine Absicht, auf Reisen zu gehen, vorläufig noch sür einige Zeit hinauSzusckiebeit. Acht Tage nach Markham'S Rückkehr auö WinnatS hatte der junge Abvocat seine weiteren Instructionen von Falconer erhallen und war jener Brief an Ioan Brownell abgesendct worden, welcher dieser als ein so rettender Stern in dunkler Nacht erscheinen und einen so überraschenden Wechsel in der Lage der beiden Frauen Hervorrufen sollte. Abermals wenige Tage später befand sich Ioan mit ihrer leidende» Tante, die jetzt als hilflose Kranke so ganz der Gegenstand ibrer Pflege und Sorgfalt war, wie sie sonst ihre Beichützcrin und Leiterin gewesen, ans der Neisc nach ihrem neue» Bcstiiniiinng-ort: London. Sie waren brieflich angewiesen worden, bei dem Inspector deS Perrons nach dem Wage» des Mr. Markbam zu fragen, und fanden daselbst einen mürrischen, wortkarge» alten Mann in abgeschabter Kleidung ibrer harrend, der sie in einen, bcrcitgchaltencn Wage» nach ihrer Wohnung sübrte und, nachdem er ibnen dieselbe als ibr neues Heini übergeben, in trockenem, maschinenmäßigem GcschästSton Abschied nabin, indem er erklärte, daß er, den Festsetzungen gemäß, pünctlich jeden Sonnabend erscheinen werde, um die Verpflichtungen de- Vertrages zu ersüllen und »hre etwaigen Wünsche c»t- gegenzunebmen. lind so gtsckab eS. Ioan'S insgeheim qebegte Erwartung, daß nach ihrer Ankunft in London Mr. Markham oder sein Beauftragter ibr uäbere Mittbcilung über ihre eigene Ge schickte oder über ihren unbekannten Wohltbätcr »tacken werde, erfüllte sich nicht. Woche auf Woche verging, ebne daß etwas Andere« geschah, als daß niit der Pünktlichkeit eine- Uhrwerkes an jedem Sonnabende der wortkarge alte Mann in der Wohnung der beiten Frauen erschien, in un abänderlich denselben einsilbigen, maschinenmäßig geäußerten Redewendungen seine Krage an sie richtete, ob sie über etwas zu klagen hätten oder eine- Weiteren bedürften, und dann den Betrag der wöchentlichen Rente an sie ausbändigte. MrS. Brownell, an welche da« junge Mädchen ein und daS ankere Mal eine schüchterne Frage zu richten wagte, versicherte auSweickenb, daß sie selbst keine Auskunft zu geben wisse und insbesondere einen Mr. Markbam nie gekannt, noch je von ihm gekört babe; Ioan solle schweigen und sich an dem Guten genügen lassen, das ibnen zu Tbeil geworden und aus daS sie so lange vergeblich gebofft; wenn eS an der Zeit sei und man eS sür Recht befinde, werde sie Nähere« hören. Obwohl die Pflege ibrer leidenden Tante jetzt die ganze Sorgfalt und Ausmerksamkeit des jungen MävckcnS in An spruch nahm, begann Ioan in der tiefen Einsamkeit und Zurückgezogenheit, in ter sie teblen, doch allinablich unter dem Druck ter geistigen Lebe zu leiden, kie sie umgab, und sie batte eine« Tage« de» Mulb, tcm alte» Schreiber aus seine gewohnte Frage, ob sie etwas Besonderen betürsle», schüchtern ihren Wunsch nach einige» Büchern zur Lccliire zu außer». Ter Sckrciber erklärte, daß er Mr. Markbam diesen Wunsch berichten werte, Büß Brownell solle nur sagen, was für Bucker sic baden wolle. Romane ober Jahrgänge von lliiterbaltiiiigS'Iournaleii oder — Ioan unterbrach ibn und nannte eine Auswahl von Werken der Klassiker, die sie am liebsten enipsaiigcn werke. Am anderen Tage langte in ter Wohnung der beiten Franc» ein Packet mit den von Ioan gewünschte» Büchern an »nt ein beigesiigteö Schreiben, in dem ibr iiiitgetbcilt wnrte, daß zu ibrer lliiterstütziing in der Pflege der kranken Tante eine barmberzige Schwester cngagirt worden sei, die jcten Tag sür die Dauer deS Nachmittags bei ibnen verweilen werte, um Ioan sür einige Zeit vom Krankenbette abziilöscn. Ioan war glücklich! Konnte sie jetzt dock wenigstens in gelegen« lichen stillen, einsamen Spaziergängen ibrem Körper ein wenig ter freien Bewegung gönnen, unter deren Mangel bereits ibrc eigene Gcsuntbeit fast gewankt, in einem ter Parks ein wenig der sriscben Lust zu schöpfen, tic ihrer jungen Brust so sebr gefeblt! Es war eine Zeit der stillen Rübe »nd dcS Friedens für Ioan. Sie hatte ibre Blicker, die durck den alten Mann von Zeit zu Zeit durch andere nach ibrer Wabl ersetzt wurden, sie batte ibre kleinen Spaziergänge, sic batte die barmherzige Schwester Miß Serena z» ibrer Gesellschaft, wenn ibrc Tante schlief oder schlechtes Wetter Ioan'S Ans geben hinderte. Sie bätte ganz glücklich sein können, wenn nickt zwei Dinge sic betrückt, bekümmert batten: taS Leiten ibrer Tante und taS Geheimnis,, das über ihrem eigenen Sei» und ihrer Situation schwebte. MrS. Brownell, welche sich jetzt fast gar nickt mehr von ibrem Bett erhob, ging offenbar einer vollständige» Geläbml beit entgegen, einem traurigen, hilflosen Zustantc, in welchem sie jeroch, wie ter Arzt sagte, noch jahrelang dulden könne, obwohl auch eine Wendling z»m Schlimmeren und ein früherer Tod nickt ausgeschlossen sei, »nt nächst der Svm patbie mit dem Leiten ter geliebten armen Kranken bedrückte angstvoll auch ter Gedanke an ten Ablauf dcS IabrcS Ioan'S Seele, dem sie neck immer in voller Ungewißheit über ihr Schicksal entgegen sah — »»gewiß, WaS geschehen werde, wen» kie Zeit, für tie ma» ibr taS jetzt gewährte Gut«
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