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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.08.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940811024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894081102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894081102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-08
- Tag1894-08-11
- Monat1894-08
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Gröbere Schriften laut unserem Preis verzeichnis- Tabellarischer und Ziffcrosag nach höherem Tarif. Srtra-Vcilagen (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne PoslbesörLerung 60.—, mit Postbesorderung 70.—. ^nnatfmeschlulr für Äugigen: Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morge n-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn- und Festtag« srüd '/,9 Uhr. Bet de» Filialen und Aanalunestellen je rin» halbe Stund« früher. Anzeigen sind stet« an die Expedition zu richten. Druck und Verlag von L. Polz in Leipzig ^-4«8. Sonnabend den 11. August 1894. 88. Jahrgang. Zur gefälligen Leachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den IS. August, Bormittags nur bis '/»O Uhr geöffnet. Lxpeättlon äes L-elprlKer ^nseblatteZ. Politische Tagesschau. * Leipzig. 1l. August. Bon der durch die Presse gehenden Nachricht, daß die Irf«r» per Mtlttnirftrafprocetzorvnmig bcvorstehe, hatten wir keine Notiz genommen, weil vorauSgcsehen werden konnte, daß diese regelmäßig im Hochsommer auslauchendc Meldung mm Mindesten verfrüht war. Man brauchte, um in dieser Beziehung allen Meldungen gegenüber mißtrauisch zu bleiben, nur an d«e Erklärung des KrieasministerS sich zu er innern. Aus eine Anfrage des Abg. Rickert antwortete General Bronsart von Schellendorf im Reichstage: „Die preußische Militairvcrwaltung ist nach wie vor ausrichtig und ernst bestrebt, eine einheitliche Straf- proceßordnung für daS gcsammte deutsche Heer zu schaffen. Die zu diesem Zweck jetzt innerhalb meines Ressort» erforderlich gewesenen Berbandlungcn baden ihren Abschluß gesunden — einen vorläufigen wenigstens. Ich habe bei Antritt meiner neuen Stelle den wenige Tage zuvor festgestellten Entwurf einer neuen Strasproccßordnung vorgesunden. Wann dieser Entwurf dem hohen Hause zur Berathung und Verabschiedung wird zugehen können, das kann ich allerdings nicht Vorhersagen und vorherbestimmen, denn dieser Entwurf wird noch verschiedene Stadien der geschäftlichen Verhandlungen zu durchlaufen haben. Ich kalte eS aber nicht für ausgeschlossen, daß die in dem Civilproceß geplanten Aenderungen nicht ganz ohne Rückwirkung bleiben werden auch auf die Feststellung der Militairstrasproccßordnung." AuS dieser Erklärung erhellt, daß der KricgSministcr den Entwurf, den er vorfand, keineswegs als end- ziltigen ansad, daß er vielmehr abwarten wollte, wie die >m Civilproceß geplanten Aenderungen ausfallen würden. Letztere werden aber erst im kommenden Winter den Reichs lag beschäftigen. Es ist also schon nach der Erklärung des Krieg-Ministers frühestens für das Jahr 1895 eine Reform des Militairstrafprocesses zu erwarten. Inzwischen sind die Meldungen entgegengesetzten Inhalts von München aus bereits dementirt worden. Und heute schreiben die osficiösen .Verl. Pol. Nachr.": „Die Meldung aus München, Inhalts deren nichts davon bekannt sei, daß den Eiuzelregierungen der Entwurf einer reformirten Militairproceßordnung vor gelegt sei. dürfte richtig sein. Denn eS liegt in der Natur der Sache, daß der nach den Er klärungen des KriegSministerS Herrn von Bronsart im Kriegsministerium vorbereitete Entwurf eines solchen Gesetzes den Bundesregierungen als preußischer Antrag nicht eher vorgelegt werden kann, als bis er die Zustimmung de« obersten Kriegsherrn ge funden hat. Man wird aber in der Annahme nicht seblgehen, daß in dieser Beziehung eine Entschließung bisher nickt erfolgt ist. Daraus, daß dem BundeSrath ein bezüglicher Entwurf nicht vorgelegt ist, ist Kader vorerst noch kein Schluß auf den weiteren Verlauf der Sacke zu ziehen " WeSbalb die Entscklicßung des obersten Kriegsherrn bisher noch nicht erfolgt ist, dürste durch die obige Erklärung des Generals Bronsart von Schellendorf zur Genüge klar gestellt sein. vevenkltche Grundsätze für de» nächsten «riep entwickelt die bekannte französische Militairzeitschrift „Progrös Militairc". Sie kommt auf den Krieg zwischen China und Japan zu sprechen und meint, die Art, wie derselbe ausgebrocken sei, werde auch anderwärts eine Umgestaltung des „früher sogenannten Völkerrecht-" herdeisübren. Unter Verzichtlcistung auf diplomatische Heucheleien und sogar auf die AnstandSregeln, durck welche die Ritterlichkeit barbarische Gebräuche habe überwinden wollen, baden sich diese zwei Völker aufeinander gestürzt, ohne vorher einen Laut darüber von sich zu geben, was sie gegen einander im Schilde sübrten. Das französische Fachblatt scheint diesen Regeln der Ritterlichkeit und des Anstandes auch dann keine Thräne nachweinen zu wollen, wenn sie in den kriegerischen Verwickelungen deS gesitteten Abendlandes ihre Geltung verlören. Denn cs schreibt wörtlich: „Seit Jahren schon hat sich eine instinctmäßige Ucberzeugung aller oder doch fast aller Geister bemäch tigt: daß nämlich der nächste Krieg, welcher über kurz oder lang unvermeidlich zwischen den Mächten des europäischen Westens ausbrechen wird, auf dem Wege des plötzlichen UeberfallS ohne voransgehenve Er klärung beginnen wird. Diesseits und jenseits der Vogesen und Alpen ist bereits Alles auf diese Möglichkeit eingerichtet, welche durch die bisherigen Gepflogenheiten ausgeschlossen schien. Der Krieg wäre demnach kein ehren- mäßigcr Zweikampf mehr, dem gewisse Versuche zur Beilegung deS Handels vorausgingen, und welcher nur mit gegenseitigem Einvernehmen der Parteien beginnen könnte. ES fände im Gegentheil ein plötzlicher und gewissermaßen verrätherischer Angriff von Seiten eines der Gegner statt, etwas wie der Dolch stoß CaserioS, unerwartet, ohne eS zu sein, und gegen den man sich hätte schützen können, wie wir uns an unseren Grenzen schützen." Diese Erörterung nimmt sich, wie die „Straßburger Post" hierzu mit vollem Rechte bemerkt, in einem so vornehmen Blatte recht seltsam aus. Wenn entschieden werden soll, ob da ein gutes oder böseS Gewissen die Feder geführt hat, so scheint aus den ersten Blick der Schluß der obigen Auslassung eine Ver Wahrung gegen die letztere Annahme sein zu sollen. Eben damit würde aber dann unterstellt, daß„andere Mächte deS europäischen Westens" als Frankreich wohl dazu fähig wären, bei China und Japan in die Schule zu gehen. In erster Linie wäre da wohl Deutschland gemeint, von dem man sich versehen könne, vaß es nach Art der ostasiatischen Halbbarbarcn über das unschuldige Frankreich verrätherisck herfiele. Eigenthüm lich, daß dieser Gedanke aus französischem Boden ent standen und ausgesprochen worden ist, während dies seits der Vogesen wohl kein Mensch an so etwa« denkt und auch den Franzosen so etwas nicht Zutrauen möchte. Sollte deshalb hier nicht das deutsche Sprichwort zutrcffcn, daß Niemand einen anderen hinter der Thür sucht, der nicht selbst dahinter gestanden hat — oder vorkommendcn Falles sich stellen würde? Deswegen verlohnt es sich wohl, die sonderbare Betrachtung deS „ProgröS Militaire" niedriger zu hängen; denn: uu komm« uverti vnut äeux. In Frankreich ist wieder ein neuer Scandal in Sicht. ES bandelt sich darum, „die Manöver der politischen Tyrannen aufzudecken, die daS Geschick deS Vaterlandes in ihren ver brecherischen Händen halten". Gemeint ist damit der Ministerpräsident Du puy. Ilm ihn zu vernichten, veröffentlicht der unvermeidliche „Figaro" Auszüge auS einer Broschüre, die demnächst erscheinen soll, uno die einen Herrn Bitrac-DeS- rozier« zuni Verfasser hat. Dieser Herr Vitrac, eine ziemlich anrüchige Persönlichkeit, ist Socialist und hat sich auS Gründen, die er später selbst darlegen wird, dazu hergegeben, der Gcbeimagent einer Regierung zu sein, die er „auS eigener Gesinnung und auS Familieiiüberlieferung verachtet". So bat er unter verschiedenen Eabinetten eine Rolle gespielt und war besonders im vorige» Jahre, als Dupny Ministerpräsi dent und Minister deS Innern war, als politischer Agent deS Ministers deS Innern thälig. Der Mann behauptet nun, wie schon telegraphisch gemeldet wurde, vor den letzten Wahlen im Juli 1899 von Dupuy durch Vermittlung deS Polizcipräfccten Lupine den Auftrag erhallen zu baden, Drumont, den Leiter der „Libre Parole", mit 28 000 FrcS. und einem Deputirtenmandat zu bestecken, damit er wäbrend der Wablzeit seine Angriffe aus den Präsidenten der Republik, die Minister, den Polizeipräsccten und die Herren Rouvicr, Burdeau und Aröne einstellc. DaS Ansinnen sei von Drumont abgelehnt worben, ebenso habe Boisandre, ein Mitarbeiter der „Libre Par.", dem dafür 5000 FrcS. versprochen worden seien, sich geweigert, Drumont zur An nähme deS Anerbietens zu bestimmen. Nun habe die Negierung durch eine Unterstützung von Ducret, dem damals wegen seines sauberen Zusammengehens mit dem Panama-Norlon im Gefängniß sitzenden Leiter der „Eocardc", daS Schweigen dieses Blattes erkauft. Diese letztere Geschichte will bekanntlich der berüchtigte DnpaS schon enthüllt haben, und sie wurde bereits ini Februar dieses Jahres, als Dupuy Kammerpräsident war, vor der Oeffcntlichkeit verhandelt. Dupuy hat damals die Thatsache deS Zuschusses nickt bestritten, er stellte nur in Abrede, daß er der „Eocardc diese Unterstützung angctragcn kabe. Seine heutige Erzählung stattet der „Figaro" mit allerlei sehr unwahrscheinlichen Einzelheiten aus — so will Vitrac die Verhandlungen mit L«pme am Telephon eines CasöS geführt haben, während er einen Dritten, den Redactcur der „Libre Parole", M. d'I .. an den zweiten „Hörer" treten ließ — so daß er mit der „Enthüllung" glücklich vier Spalten des Blattes auSfüllt. Da sowohl der Ministerpräsident Dupuy, als auch der Polizci- präscct Lspine von Paris abwesend sind, so wird die Sache eine Zeit lang unbeanstandet bleiben, doch hat der Geueral- secretair der Polizeipräsectur sie bereits für erfunden erklärt. Der Verfasser deS Bucks, Vitrac-DeSrozierS, hat übrigens, was auch nicht für die Wahrheit seiner „Enthüllungen" spricht in fluchtähnlicher Weise Paris verlassen. Offenbar steckt der Antisemit Drumont, der wegen deS neuen Anarchistengesetzes nach Brüssel anSgewandert ist und jetzt der Regierung Un- gelcgenheiten bereiten möchte, hinter diesen „Enthüllungen". Er hat auch, wie gemeldet, in der Angelegenheit sofort das Wort ergriffen und die Darstellung Vitrac'S über den Be stechungSversuch Dupuy'S bestätigt. Sein Mitarbeiter Boisandrc läßt aber gleichzeitig in der „Libre Parole' durckblicken, daß Vitrac-DesrozierS aus eigener Voll macht gehandelt und keine Beweise dafür geliefert habe, daß der Polizeipräsect Lupine ihm Auftrag ertheill hatte, mit Drumont zu unterhandeln, womit die ganze „Figaro" Sensation freilich in Nichts sich auslösen und als das sich entpuppen würde, wofür man sie in ministeriellen Kreisen hält, als Fcriensutter sür daS Pariser Publicum. Wieder einmal sind die großen englische« Flotten manöver vollständig verunglückt und der Ausfall wie der ganze Verlaus haben ebenso großes Aussehen wie bittere Enttäuschung in allen Kreisen de« Landes hervorgcruscn; eine tbcilwcisc Reorganisation in den EommandoS, in der Organisation der Flotte selbst lind eine grundlegende Acnderung im Floltenbauplane scheinen schon heule sich als unausbleiblich erwiesen zu baden. Tie Manöver als solche ind gar nickt gewesen, was sie sein sollten, und mußten schon am 7. August, anstatt programmmäßig erst in fünf Tagen, ab gebrochen werden, weil die commandirenden Admirale, anstatt aus die Intentionen der Admiralität einzugchcn, ihren eigene» Eingebungen folgten. Es bandelte sich »i der Hauptsache darum, sestzustellcn, ob die englische Flotte eine Vereinigung der französischen Mittelmcer- und Eanalgeschwader zu ver hindern mit Sicherheit im Stande sei. Hierbei sollte eine ganze Reihe tactischer Manöver cxecutirt werden. Statt dessen veranstalteten die englischen Admirale einfach eine Art Wettrennen im Großen. Die Ausgabe der je in zwei Gc- ckwader getheilten „blauen" und „rotben" Flotten war in erster Linie, die Vereinigung ihrer getrennten Abtheilungen in dem engen irischen St. GeorgS-Eanal zu erzielen, um so die 'kindlichen getrennten Geschwader knick ibre Uedermacht nach nnantcr zu vernichten. Die „blauen" Geschwader vereinigten ich zuerst, und anstatt nun den OrdrcS und dein Manöver- plane der Admiralität zu gehorchen und obwohl »umerisch gar nicht schlacklbereit, griff der Admiral der „rolhen" Flotte Fitzroy ohne weiteres die „Blauen" unter Admiral Seymour an und schlug sich nack seiner befestigten Operationsbasis durch, obwohl nach Ansicht aller Kriliter in einer wirklichen Seeschlacht kein einziges seiner Schisse davongckommcn wäre. Fitzroy'S Idee war allerdings auch gar nicht, sein Geschwader i» de» schützenden Hasen zu bringen, sondern in einem Kampfe ans Leben und Tod den Gegner so zu schwächen, daß daS zweite noch intacte von Norden berkommende „rotke" Geschwader der siegreichen, aber geschwächten „blauen" Flotte den Todesstoß gebe» lönnc. Trotzdem entschieden die Schiedsrichter zu Gunsten der „blauen" Flotte, erklärten gleich zeitig die Zeit für zu kurz, n>» einen Schlachtplan rur Anssührung zu bringen, und am 7. d. M. Abends bereits signalisirte das Flaggenschiss Admiral Seymour'S: „Die Flottenmanöver und Operationen sind beendet". Die verbleibenden siius Tage sollten zu kleinen gemeinsamen Evolutionen benutzt werden. Aber nicht nur ist der ganze eigentliche Manöverplan in den St. GeorgS-Eanal gefallen, sondern cs hat sich hcrauSgcstclll, daß Panzer ersten Ranges, wie die erst vor sccks oder sieben Jahren gehanten, an 15 Millionen Mark kostenden „Devastation" und „Eonqueror" sür den eigentlichen Seekrieg gar nicht mehr in Frage kommen können. Beide vcrinochtcn den schnelldampsciiden übrigen Schissen nicht zu folgen und blieben bilsloS und alle» Zufällen preis- gegeben zurück. — Daher die Beunruhigung. Der „Standard" sagt: „DaS Publicum muß die Lcction zu Herzen nehmen, denn sragSloS stellt sie Möglichkeiten in einem Kriege mit Frankreich dar. Gerade diese Frage sollte geprüft werde». So weit im Scheinkampf solche Frage beantwortet werden kann, ist diese Antwort auf daS peinlichste überraschend und muß ihre» Einfluß auf die zukünftige Constitution und die Entwickelung unserer Marine habe» Es ist eine offene Thatsache, so weit daS SchissSbewegungen beweisen können, daß die Flotten von Toulon und Brest so combiiiirt werden können, daß unsere Eanal- nnd Mittelmecrflottcn einer plötzlichen und vernichtenden Niederlage auSgcsetzt sind." „Ebronicle" sagt: „Die beiden Sckisse („Devastation" und „Eonqueror") haben sich als nutze loS, ja schlimmer als einfache Fallen sür Tausende Menschen leben in der Schlachtlinic erwiesen." Die „Times" kritisirt ebenfalls bitter und erklärt den „Sieg" der „blauen" «' Lei» Weid. Roman frei nach dem Englsichen von Emil Bernseld. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) vm. Je mehr man sich dem Ablauf deS IabreS genähert hatte, sür dessen Dauer die Rente zMsichert worden war, desto mehr batten bange Sorgen, Befürchtungen, tausend stets wechselnde Versuche, die Dinge zu deuten, Ioan« Herz be drückt Bittere Angst vor der Zukunst begann sie zu erfüllen — was sollte auS ihrer unglücklichen, jetzt ganz gelähmten Tante werden, wenn sic, Ioan, fort mußte, um eine Stellung anzunchmen, weil der Beistand, den man ihnen bisher ge währt, fernerhin ausfiel? Es war in jenem Briefe, der sie den der Sache benachrichtigt hatte, ausdrücklich nur ein Jahr sür die Dauer desselben festgesetzt worden; allerdings hatte man darin eine weitere Disposition, welche dann über ibre Zukunft getroffen werden solle, erwähnt — aber welcher Art werde diese Disposition sein? Eine Trennung von ihrer Tante, sür welche daS Scheiden von ibr, dem einzigen Wesen, da« sic liebte und von dem sie wieder geliebt wurde, der bitterste Schmerz, der Tod sein mußte? Und wie sollte ihr eigene« Schicksal werden? Durfte, konnte sie demselben mit Ruhe eutAtgrnsehen, der Gewißheit leben, nicht von ihrer Tante gerissen, nicht in Verhältnisse gebracht zu werden, dir vielleicht schlimmer waren als daS Elend, dem sie auf anderer Seite entgegcnging? In bitterer, schmerzlicher Weise empfand sie die blinde Abhängigkeit, in der sic und ibre Tante sich von dem Willen, vielleicht der Laune ihres unbekannten WohlthäterS befanden. Vergeblich hatte sie sich in dieser Zeit bemüht, daS Räthsel, ta« sie umgab, zu lösen. Wenn sie sich auch über einen und den anderen Punct, über den sic überhaupt Schlüffe zu ziehen ü> der 2agr war, ibre Ansicht gebildet, so waren dies immer dow nur unwesentlich« Vcrinutbungen, und sie vermochte nicht pl ahnen, ob sie damit auch das Rechte getroffen. Sie war der Meinung, daß Mr. Markbam ihre Geschichte kannte und er selbst der geheimnißvollr Wohlthäter sei, der auS irgend Welchem Grunde, welchrr sich ihrer Erkenntniß entzog, vir Verpflichtung habe, ihnen den betreffenden Beistand zu ge währen, und ebenso war sie der Ansicht, baß jener alte wort karge Schreiber selbst der geheimnißvolle Mr. Markham sei. Welchen Anspruch sie jedoch an dessen Fürsorge oder Theil- nähme habe, war ein Räthsel, da« sie auch nicht annähernd zu lösen wußte. So war das End^ deS festgesetzten IahrcS herangekommen, als an einem der letzten Tage des Oktober etwas geschehen sollte, daS die ganze Lage der Dinge plötzlich änderte, und der überraschten, bestürzten Ioan daS Außerordent lichste, Unerwartetste, Letzte war, wa« sie sich hätte träumen lassen. An dem üblichen Tage, einem nebligen, unfreundlichen October-Sonnabend-Nachmittag, pünktlich zur üblichen Stunde, wie immer, erschien Mr. HumpbreyS, der alte Schreiber, in dem Vorzimmer der kleinen Wobnung und Lberbrachte dies mal ein großes Schreiben in der Form eines Dokumentes oder amtlichen Schriftstückes an Ioan, daS er sie aufforderte, in seiner Gegenwart zu öffnen und zu lesen. Ioan nahm eS mit zitternder Hand, fühlend, daß sie mit diesem Schreiben vor dem zweiten Schritt in das Geheimniß ihres Lebens stand, öffnete es — und als sie gelesen, ließ sie das Schrift stück mit kraftlosen Händen in ihren Schooß sinken, ihre Wangen wurden bleich, ihre Augen verstört, starr. WaS sie in dem Schreiben gefunden, war etwa«, daS sie erschreckt zu dem barten maschinenmäßigen Gesicht des alten Schreibers emporblicken ließ, als wolle sie selbst dort Rath, Hilfe, Sympathie suchen. Der alte Schreiber suchte sie ihr in seiner Weise zu ge währen. „Nur GeschästSsache, Miß; verstehen Sie wohl! reine Geschäftssache!" sagte er mit seiner blechernen» aus druckslosen Stimme. Seine Worte, sein Ton, sein kalte«, unbewegliche« Gesicht schreckten sie von ihm zurück. Fassungslos sank sie in sich selbst zusammen. Wachte sie denn oder träumte sie? Sie hatte in Märchen und romantischen Erzählungen von Prin zessinnen gelesen, denen ein unbekannter Freier ausgedrungen wurde, oder um die ein mit dämonischer Macht umkleideter Unhold gebeimnißvoll zu werben kam — aber lebte sie denn in einem Märchen, und war da« Phantastische, Unglaubliche, daß hier geschah. Wirklichkeit? DaS Schreiben enthielt einen seltsamen, vollständigen HeirathScontract, durch dessen Unterzeichnung sie sich ver pflichten sollte, binnen zwei Wochen, vom Tage de« Contract- empfange« an gerechnet, einen Mann, „Falconer Thrale", zu heirathcn, der ihr ebenso unbekannt war. wie bisbcr sogar sein Name. Sie sollte sich verpflichten, bis nach Vollzug der Eeremonie keinerlei Nachforschungen bezüglich der Peri m oder der Verhältnisse dieses Mannes anzustellen und, nachdem der selbe ihr Gatte geworden, durchaus außer Eommunication mit demselben, fern von ihm und in unabhängigem Haushalt von ihm zu leben. Er seinerseits verpflichtete sich ebenso, nicht mit ihr zu verkehren, und sie ganz ibrcm gesonderten Sein zu überlassen. Für den Fall ihrer Zustimmung sollte ibr eine lebenslängliche Rente von jäbrlich dreihundert Pfund Sterling zufallcn, welche ihr durch Dcponirung unentwerth- barer Papiere gesichert und sür den Fall, daß Ioan etwa vor ihrer Tante stürbe, für deren Lebenszeit an diese über gehen sollte. Ioan starrte verwirrt, fassungslos bald auf den alten Schreiber, bald vor sich nieder; eS brannte ibr im Kopf und Herzen vor Verstörtheit, vor Entrüstung über daS Unwürdige, das man ibr zugcmuthet. „GcsckiästSsache, nicht- als Geschäftssache, Miß!" tröstete der alte Schreiber mit seiner knarrenden Stimme. „Geschäftssache! Meine Zukunft, mein Schicksal, mein LebenSglück!" rief Ioan bitter schmerzlich auS. „Soll es denn nie ein Plätzchen im Leben sür mich geben, wo ich Ruhe finde?" Ihre Worte waren ihr im Fieber der Erregung fast unbewußt entschlüpft, sie hegte keine Hoffnung, daß sic zu dem Herzen dieses McnineS da vor ihr dringen, oder daß er sie auch nur versieben würde. Aber eS war ein Aufschrei au« ihrem gequälten Innern, in dem sich ihre Angst für einen Moment Luft machen mußte, und zu welchem Ohr sollte sie rufen? Der alte HumphrcyS gab keine Antwort, sondern schabte nur mit der flachen Hand langsam an seinem glattrasirten Kinn, und Ioan saß einiHe Minuten in Schweigen versunken, ihr bleiche« Gesicht in beide Hände versenkt. Mr. HumphrcyS hüstelte und sah nach seiner Uhr. Ioan fuhr auS ihren Gedanken empor. Eine plötzliche Entschloffenhcik, den Dingen muthig in« Auge zu sehen, hatte sich ihrer bemächtigt, die in ihrer tapferen Natur lag. „Und wenn ich nicht einwillige?" fragte sie rasch, die kürzeste Phrase wählend, in die sie ihre Gedanken kleiden konnte. Der alte Schreiber erklärte ihr, obne seine Miene oder seinen Ton im Geringsten zu verändern, daß in diesem Falle die bisherige Rente erlösche und weder Mr. Markbam, noch der Urheber derselben, dem sie jetzt ihre Hand reichen sollte, irgendwie verpflichtet seien, mit den Zahlungen sortzusahrcn. Ioan setzte keinen Zweifel in die Worte des alten Manne« und hatte es nie gctban. Wäre nur ihre eigene Zukunft in Frage gewesen, sie würde keinen Augenblick mit ibrcr Antwort gezögert baden; sie hätte mit Entrüstung abgelchnt und war» auS diesem Hause geflohen, uni sich, gestützt auf ihre eigen» Kraft, ihre» Mulb, den Weg durchs Leben zu erkämpfen Aber ihre Tante! Ihre arme, unglückliche, gelähmte Tante — eS handle sich auch um deren Zulunst, um deren Schicksa' — und daS war niehr! „Es war in den früheren Bedingungen, die mir gestellt wurden, festgesetzt worben, daß ich mich nicht zu einer Heirath binden, noch einen Eheanlrag annebmcn solle?" forschte sie weiter in der schwachen Hoffnung, hierin vielleicht einen Aus weg zu finden. „Für die Dauer eine» IahreS — ja!" entgegnetc Mr. HumphrcyS mit eisiger Ruhe, die Spitze des Zeigefingers seiner einen Hand au die Spitze des Daumens der anderen legend, als wolle er die Zeit abzählen. „Und das Jahr ist abgclauscn — heut der letzte Sonnabend!" Ioan hatte eS wohl gewußt; sic schwieg und starrte vor sich hin. . „Ich soll fragen, ob in Miß Brownell'S Leben sonst irgend ein Hindernis; dem Plane einer Verheirathung enlgcgcnslehl?" fuhr der Schreiber fort. „Keines!" entgegnetc sie kurz, sich gewaltsam zusamincn- raffend, um seinem trockenen, gelassenen Ton in derselben Weise zu begegnen. „Sehr Wohl. Hm. Dann können wir abschließcn", sagte er mit einem unvollkommenen Versuche zu einer Verneigung. Ioan schauderte und ibre Blicke richteten sich unwill kürlich auf die Thüre des Krankenzimmers. Eie erhob sich, öffnete sie und schritt leise binein. Sinnend blickte sie umher, jeden einzelnen Gegenstand unter dem Eindruck der neuen Gefühle betrachtend, welche in dieser kritischen, bangen Situation aus sie cinstürmten. DaS Gemach war durch sie und Schwester Serene in größter Sorasalt gehalten und mit allem kleinen freundlichen Schmuck versehen, den ihre beschei denen Mittel ibr zu beschaffen gestattet hatten, um den Raum den Augen der Kranken trauter zu gestalten, die sür immer an ibn gefesselt war Ans ihrem Bett lag die Leitende, so ruhig und koch so bilflos, in Schlummer gesunken; aus einem Stuhl am Feuer des Kami»« in ibrcr Näbe saß Schwester Serene, die Hände über einem Buck aus ibrem Sckooße ge. faltet, müde, gleichfalls ein Schläfchen nickend. Ioan hielt leise mit ihrem Schritt ionr, ihr Herz schlug stürmisch, »s*
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