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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 15.08.1894
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-08-15
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940815011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894081501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894081501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-08
- Tag1894-08-15
- Monat1894-08
- Jahr1894
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Be-ttgS-Preir G d« Hnnpterpedtttoa oder d«n im Stadt» d«,trk »ad de» Bar orten ernchtetm «»* *- aodrsiellea ab geholt: vierteljährlich4S<H bei iwaunaltarr täglicher Zustellung tnt Han» » »HO. Durch die Post bezogen kür Deutschland und Oesterreich: vieriel,ührlich X 8.—. Direct» täglich« Sreuzbandieaduo, tat >»<la»d: monatlich 7.50. U«Morgku.Au»gab« erscheint täglich'/,7 Uhr, dt« Abrnd-Ausgab« Wochentag« b Uhr. Ledartio« und Erpe-itio«: Jshannesgaffe 8. UeErpeditiou ist Wochentag« nnunterbroche» g«äffa«t vo» früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Filiale«: Vits Me««'» Darti«. (Alsred H«H»H UniversitLttstrab« 1, La»«» Lös»«. Jath«eine,str. 1«. pari, »d König«»latz 7. Morgen-Ausgabe ripMtr TaMall Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd GeschSstsverkehr. Anzeigeu-Prei- dk 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter dem Redactioutstrich (4 g»' spalten) 50^, vor den Familiennachrichtr» (6 gespalten) 40^. Gröbere Schriften laut nnserem Preis- verzeichuib. Tabellarischer und Zifferasatz »ach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gesalzt), »ne mft der Morgen-Ausgabe, odue Postbesördernug 60.—, mit Postdesorderuag X 70.—. Armahmeschluß fir Anzeige»: Ab«ad'Aa»gode: Bormlttag« 10 Uhr. Piorg» »-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Sonn» »ad Festtags früh '/^ Uhr. Bei den Filialen und Annahmestelle» je eia« halb« Stund« früher. A»ieige» stad stet» an di« Srpedttian »» richten. Druck »nd Verlag »an E. Bolz in Leipzig ^414. Mittwoch dm tS. August 1894. 88. Jahrgang. Amüiche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Da« Kontor der Reichshauptbank sür Werthpapiere bleibt wegen Umzug« in neue Geschäftsräume — Berlin 0, Hausvogteiplatz 14 — während der Zeit vom SO. bis 25. August d. I. sür Len Wer» kehr geschlossen. Während dieser Zeit durch die Post eingehende Aus träge können, soweit nicht Gefahr im Verzüge ist, erst nach dein Sb. August zur Erledigung gelangen. N,ue Depot« werdeu erst vom 1. September ab wieder angenommen werden. Bilt,. den 6. Jul« 1894. Netch«dank-Lirekt»rium. vr. Koch. vr. Galleukamp. Bekanntmachung, Grnrralrevisiau über Me Droschke« detreisen». Die Seneralrevisto» über dt« Droschken mit ungerade« Nummern findet Dienstag, den NI. August «r., auf de» Wege an der Tribüne der Rennbahn statt. ES haben am gedachten Tage ihre Geschirr« vorzufahren die Loacrssionare mit den Anfangsbuchstaben 4—k Vormittag« 8 Uhr 6—ck » 9 - L-A . »/.IO . «—8 , '/,ll . 8ed—2 » ', .12 . Die Aussahrtszetten find »ünctlichft einzuhalten. Die Con» cesfionare haben bet Vorführung ihrer Nummern zugegen zu sein. Droschken und Gespanne müssen in Bezug aus ihre Beschaffenheit den in §. 6, die Dienstkleidungen der Droschkenführer Len in §. 10 des Droschken-Regulativ- vom 22. November 1890 gegebenen Be stimmungen allenthalben entsprechen. Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Anordnungen werden nach 8- 53 des Regulativs bestraft werden und haben die Toncessionare nach Befinden überdies die Außerbetriebsetzung der nicht Vorschrift«, mäßig vorsahrenden Geschirr« zu gewärtigen. Leipzig, am 17. Juli 1894. Da« Polt,r1-««t »er Stadt Leipzig v. ü. 2977. Br«tschnrid«r. Bekanntmachung. Der Redacteur A. Schroot in Leipzig ist wegen Beleidigung de« Vr. moä. Solomon in Seringswalde, enthalten in einem unter der Rubrik „Vermischtes" überschriebenen, in Nr. 29 der ehemals in Leipzig erschienenen Zeitschrift „Neue deutsche Zeitung" vom 4. Februar 1893 abgedruckten Artikel vom Königlichen Schöffen» geeicht zu Leipzig am 22. April 1893 zu 4 (vier) Monaten Be» sängniß, welche Strafe im Gnadenwege auf 8 Wochen Haft herab» gesetzt worden ist, und zur Tragung der Kosten de« Verfahrens rechtskräftig verurtheilt worden. '' Leipzig» am 11. Angust 1894. Königliche» Amtsgericht, Abthetlung HI'. Winaler, A.-R1cht«r. Diebstahls - Bekanntmachung. Gestohlen wurde laut hier erstatteter Anzeige: 1) eine tombakne Thltnder-Nemontoir-Uhr mit Srcunde nnd Fabrikaunimrr 105, am 5. d. M.; 2) eine silbern« Dtzltnder-Uhr mit geriefter Rückseite und Schildchen, kurzer silberner Lsträagiger Kette mft Silbermünze d. I. 1828, am 5. d. M.; 3) et« Klemmer mit Schildkrotfassung und ein alte« schwarz, lederne» Lt«arren-Etut, einen Glaserdiamant enthaltend, am 2. d. M. ; 4) ein brauner Sommerüberzieher mit braunem Futter, braunen Hornknöpsen und Stoffhenkel, von Anfang Juli bis Anfang dieses Monats; b) ein Stück schwarzer Kleiderstoff, schräg genärbt, ca. SO w lang, am 26. oder 27. v. M.; 8) rin Regenschirm mit schwarzseidenim Bezug und gelbe» tnopfartigen Griff, am 31. v. M.; 7) et« Kinderwagen mit gelbem Rohraeflecht, auf Federn, mit Gummiridern, grünem Lederverdeck und ebensolchem Polster, am 11. d. M. Etwaig« Wahrnehmungen über den verblieb der gestohlenen Gegenständ« oder über den Thäter find ungesäumt bet nosrrrr Srimiual.Abtheiluug zur Anzeige zu bringen. Leipzig de» 1». August 1894. Das Poltzeiamt »aseldst. In Stellvertretung: vr. Gchmtd. Ml. Fernsprechverkehr mit Eisenach. Zwischen den Stadt-Aernsprechet«richt«naen in Leipzig nnd Markranstädt und der S»adt-Fer«sprccheinrichtung in Eisenach ist der Sprechverkehr eröffnet worden. Die Gebühr für da« gewöhnliche Gespräch bi« zur Dauer von drei Minuten beträgt eine Mark. Leipzig, den 13. August 1894. Der Kaiserliche Ober-Poftdtrector. Halt«. Kal. Klmzemrkeiislhiilk ?n Kniffig Der Unterricht im bevorstehenden Semester beginnt Mittwoch, den 3. Oktober. Di, vorgängige Aofnahwe und Rachprüsungen finden Montag, den 1. Dekoder, und Dten«tao, de« 2. veloder. statt. Anmeldungen, unter Beibrii scheine«, letzten Echulzeugnifle« Ldailgkeit, füonen schriftlich oder müadb »der im Kch-llocal, Graistftrasze 7. bi« stiätesten« Sanntag, de« 23. Septemoer, Mittag» 12 Utzr bewirft werdeu. «ridztg, den 28. Znni 1894. Dt« Direettan der Kgl. vaugewerkenschule. Banrath Wtlh. Hey. ibriugung des Geburt»» und Imps» isse« und Zeugnisse» über praktisch« lich beim Unterzeichneten, Bekanntmachung. Bei der Unterzeichneten Verwaltung ist voraussichtlich die Stelle eine« juristischen Hilfsarbeiters, welchem hauptsächlich dir selbst ständige Bearbeitung der Armen», Arbeiterverstcheruags» und Ge» »rrbesachrn obliegt, bald za besetzen. Das Aasaagsgehalt beträgt 2250 ^ Geeignete Bewerber wollen ihr« Gesuch« »utrr Beifügung von Zeugnissen und Angabe de« Termins, z» welchem sie eventuell das Amt antretea könnten, bis »mn 31. dieses Monats anher rinreiche». Greiz, de» 11. Aaguft 1894. Der Gemeindedorstand Fürstlicher Residenzstadt. Strauß ' *1. Bürgermeister. Auf den Antrag des GastwirthS Otto Wendt in Schöningen soll dessen «ud Xo. »«». 405 hierselbst gelegenes Gaslivirlhschastsgrund- tück „Deutsches Haus" sainmt allem Zubehör, namentlich der Gast- wirthjchaslsgerechtigkcit, wie solches im Gruudbuche von Schöningen Band III, Blatt 82 eingetragen steht, vor dem Unterzeichneten Bericht« g« 23. August 18S4, Morgens 9 Uhr» öffentlich meistbietend verkauft werden. Schöningen, den 6. August 1894. Herzogliches Amtsgericht. Huch. Die Armenpflege in England. Dr. R6. England galt von jeder als da- klassische Land der socialen Gesetzgebung. Zn keinem Lande wird sür unverschuldete Nrrnuth und momentane Not» in so aus giebigem Maße gesorgt, wie in England. Zn keinem Lande freilich ist dies auch so unumgänglich nothwendig, nirgends treten die socialen Gegensätze schärfer und crasser hervor als dort. Bielleicht abgesehen von Brüssel, daS inmitten seiner nachgeahmteu pariskrischen Eleganz ebenfalls unsäg liche» Elend birgt, finden wir in keiner der modernen Hauptstädte eine solche Häufung von Cckmutz und Nothdurft, von Laster und Benommenheit, von physi schem und moralischem Niedergang, wie in dem Niesen leibe London. ES ist unglaublich, welche Anstrengungen von StaatSwegen und noch mehr von privater Seite gemacht werden, um dem Elend zu steuern, da» sich in dem berüch tigten Osten London» eingenistet hat, und eS ist unglaublich, wie groß diese» Elend immer noch ist. Die privaten Be strebungen sind zumeist darauf gerichtet, die Kinder auS der moralischen Versunkenheit ihrer Umgebung oder auS ihrer Hilflosigkeit zu erretten. Sic bilden in ihrer wahrbaft groß artigen Ausdehnung ein Caßitcl für sich, ein glänzendes Zeugniß menschlicher LiebeSlhätigkcit. Ter Staat beschäftigt sich mehr mit der Sorge für die Erwachsenen, und »nt dieser öffentlichen Armenpflege wollen wir unS hier befassen. Der englische Staat huldigt heute noch genau so wie schon vor vier Jahrhunderten dem Grundsatz, daß ein jeder Bürger, der gänzlich außer Stande ist, sich seinen Unterhalt zu erwerben — gleichviel, ob er zum Arbeiten geeignet ist oder nicht, ob er von moralischen GesichtSpuncten aus der Hilfe würdig ist oder nicht —, einzig und allein auf Grund seiner vollständigen Ohnmacht, sich selbst zu unterhalten, von StaatSwegen unterstützt werden muß. ES wird also wenigstens die Sicherheit gewährleistet, daß Niemand vor Hunger umzukom men braucht. E» Wird indessen gleich hinzugefiigt, daß dieUnter stützungvonStaatSwcgcn auf einMinimum deS rum Lebensunter halt Nothigen beschränkt werden muß. Der bekannte Staats mann Goschen, der von 1866 bis 187l an der Spitze der Armenverwaltung (Poor-Law-Board) stand, ließ sich über die Zdee der Unterstützung in einem osficiellen Schreiben folget,der maßen auS: „Der Grundsatz der öffentlichen Armenpflege ist, daß da- Wohlbefinden des zu Unterstützenden im Allge meinen unter dem de« unabhängigen Arbeiter- stehen muß. Wenn uicht die Lage de« Unterstützten weniger bcgehrenSwerth ist, als die de« nicht Unterstützten, vernichtet der Gesetz geber jeden Trieb zu Fleiß und Sparsamkeit und treibt die Bedürftigen dazu, sich aus Trägheit und ArbeitS- unlust der staatlichen Unterstützung in die Arme zu werfen. Der Unterstützte muß immer da- Gefühl haben, daß er trotz dieser Versorgung von StaatSwegen noch hinter dem ärmsten Mitgliede der menschlichen Gesellschaft, das sich seinen Unter halt selber verschafft, zurücksteht." Die logische Eonsequenz dieser Grundsätze sür die Armen- pfl«ge ist da« englische Arbeitshaus. Einem Jeden, auch Dem, der zu arbeiten ,m Stande ist, aber trotz besten Willen- keine Arbrrt finden kann, muß geholfen werden. ES muß aber der sichere Beweis geliefert werden, daß rS keine Absicht, sondern thatsächlich Noth ist, die ihn dazu treibt, um Unterstützung zu bitte», und einen Zustand begehrenSwerth zu finden, der doch immer noch mindrrwerthiger ist, al- der de- auch noch so schlecht bezahlten freien Arbeiter». Die Arbeit de» Arbeits losen muß controlirt werden können und darf so wenig wie möglich der freien Arbeit Concurrcnz machen. Die einzige Lösung dieser Fragen liegt in dem Arbeitshau», wo Holz spalten und Tauepflücken die tägliche Beschäftigung auS- machcn. England besitzt gegenwärtig 650 Arbeitshäuser mit einer sehr verschiedenen Jnsasscnzahl. Eine» der größten ist da von Marylebone bei London, wo sich 1800 Personen befinden. Die Unterstützung durch Aufnahme in ein Arbcit-hauS bildet dir Regel, Berabreichuna von Geld oder Eßwaarea die Aus nahme und kommt fast nur Wittwen gegenüber oder in Fällen von Unglück und Krankheit zur Anwendung. Die größere Zahl der in ein Arbeitshaus Aufgeiiommencn besteht au- alten oder invaliden Personen; nur etwa zehn Procent sind Leute, die zu arbeiten im Stande sind. Man sieht, da- Arbeitshaus bcsiüt keine große Anziehungskraft sür den noch Arbeitsfähigen. UeberdieS ist die Arbeit, da- Taue pflücken, eine wahre Strafe für jeden noch halbwegs rüstigen Arbriter. Die Absicht de- Gesetzgeber» wird aus diese Weise also vollkommen erreicht: die Gelegenheit, um sich vor dem Verhungern zu schützen, ist jeder Zeit vorhanden, doch sie ist so wenig verlockend, daß man nur im Falle äußerster Noth, wenn alle anderen Hilfsquellen versagen, nach ihr greift. Eine einzigeElafse vvnPersonen war bei dieser umfangreichen Organisation außer Betracht gelassen worden, nämlich die umherziehende», Beschäftigung suchenden, epistenzlosen Arbeiter. Sie wollen um keinen Preis langer al» eine Nacht in ein Arbeit-Haus ausgenommen werden. Die» ist aber ohne Störung der Arbeitsordnung unmöglich. Auch fürchtete man, alle BerusSbettler anzulocken durch die Gewährung einc» freicn Nachtquartier«. Alle diese Erwägungen und die ver fehlte Art wie man in England eine Lösung dieser Frage versucht ha», zeigen deutlich, wie unendlich schwer eS ist, die Armenpflege den praktischen Bedürfnissen anzupaffen, obnc Mißbrauche großzuziehen. Man errichtete die sogen Casus! Ward», worin jeder Herbergslose, der gänzlich von Geld entblößt war, rufgenomnien werden konnte und außer Speise freies Nachtlager erhielt. Um nun aber die Bettler fernzubalten, verpflichtete man die Ausgenommenen rur Arbeit — Taue pflücken — und entließ sie erst am Morgen deS zweiten TageS. Dadurch wurde aber der eigentliche Zweck der Casual Ward», den arbeitsuchenden Armen sortzuhelfen, illusorisch. Denn wen» diese am zweiten Tage entlassen wurden ohne einen Pfennig Geld und ohne zu wisse», wo Arbeit zu finden sei, waren sie gerade so weit, wie vor ihrer Ausnahme. Man bat in Folge dessen in der letzten Zeit auch angesangen, den (Lasual Warb« ihren gesängnißartigen Charakter zu nehmen und sie in Verbindung zu bringen mit den Arbeitsbörsen, wo die Arbeitsuchenden sich die nölhigen Ausklarungen holen können. TieAuSsübrungdergeschlichenausdaSgesammteArmenwesen bezüglichen Vorschriften ist in England in mustergiltiger Weise organisirt. An der Spitze der ganzen Verwaltung stehttaS Poor- Law-Board, bas Armen-Gesetz-Bureaus, seit 1871 eine Unter- ablheilung de- Local-Gcvernmcnt-Bcard, dessen Präsident Sitz und Stimme im Ministerium hat. Diese Körperschaft hat in Bezug auf daS Armenwesen sehr auSgcbreitete Be fugnisse und verwaltet die unter ihrer Aufsicht stehenden Ein richtungen in mustergiltiger Weise. Die Untersuchung und Beschlußfassung betreff« aller UnterslützungSgesuche liegt in den Händen von besoldeten Beamten, zum Tbeil auch in denen unbesoldeter Privatpersonen. Zeter Armentistricl zählt eine Bevölkerung von 20 000 Seelen und hat ein Board os Guardian«, ei» AussichlSbureau, dessen einzelne Mit glieder ihr Amt als Ehrenamt bekleiden. Diese» Collegium beschließt über alle UulerstüyungSgesucke auf Grund des Bericht« eines besoldeten Aruie»bc)ucherS oder nach eigner Anschauung. Bei der Beschlußfassung über Unterstützungen ist cS streng an die gesetzliche Borschrist gebunden, wonach Unterstützungen an arbeitsfähige Personen nur durch die Aus nahme in da« Arbeitshaus, daS unter der besonderen Aus- sicht des Collegiums steht, gewährt werden können. Der Secretair eines solchen Board os Guardians ist ein gut be soldeter Beamter, der, wie eS in manchen Armendiftricten Londons der Fall ist, ein Jahreseinkommen von 10 000 bis 12 000 bezieht. DaS Besuchen und Conlroliren der Armen wird ausschließlich von besoldeten Beamten besorgt. Obwohl daS Arbeitshaus die Regel und Unterstützung in der Wohnung die Ausnahme bildet, haben diese Armenbesucher oftmals an 200 Personen oder Familien zu controliren. so daß man zuweilen über den Mangel einer guten Controle klagen borl, ebenso über die Ein richtnng, daß die Empfänger ihre Unterstützung selbst ab> holen müssen in den Zahlstätten, zu denen aus dem platten Lande meisten- die WirthShäuser ausgesucht werden. Es ist da- eine Einrichtung, die der Abhilfe dringend bedürftig ist. Nicht in daS Gebiet der staatlichen Armenpflege gehören alle die Fälle, wo eS sich um die Beseitigung plötzlich ein- aetrelcner Nolh handelt, um momentane Unterstützungen an Personen, die im Stande sind, sich später selbst wieder weiter zu helfen. Sie alle kommen auf Rechnung der privaten LiebcSlhäligkeit, die, auS dem Herzen kommend und zum Herzen gehend, in der Regel auch eine viel wirksamere Hilfe bildet, als die nach strengen Gesetzen arbeitende staatliche Unterstützung. England besaß von jeher eine große Anzahl von wohlthätigen Einrichtungen und Anstalten, die nebeneinander wirkten, ohne mit der staatlichen Armenpflege in Verbindung zu treten. Erst der im Jahre 1870 crrichtetcnCharily-OrganisationS-Societv gelang cS, die verschiedenen Einrichtungen zu einer großen Gemein schaft zu vereinigen nnd Gesetz»iaßigkcit in da« regellose Nebeneinander zu bringen. In London zählt diese Ver einigung 39 Diftricte, in denen zahlreiche Besucher, zumeist Damen, thätig sind. Die Charily-Organisation--Society wirkt als JnformationSbureau sür Private, sür wohl- thätige Anstalten und für daS öffentliche Armcn- wesen, niit dem eS in ständigem Conncp steht. Durch dieses Zusammenwirken der privaten und der öffentlichen Woblthätigkeit wird die größtmögliche Gleich heit und Gerechtigkeit in der Unterstützung der Bedürftigen erlangt und die allgemeine Armenpflege jener Grenze de- Errcichbaren zugesührt, die vorläufig noch als da« Höchste bezeichnet werden niuß, was die sociale Gesetzgebung im Verein mit der menschlichen LiebeSlhätigkcit zu leisten im Stande ist. Deutsches Reich. «8. Berlin, 14. August. Es wird allenthalben angenehm berühren, daß da« Auvienzgesuch eine» Frauen -ConiitSS, welches beim Kaiser um gesetzgeberische Maßnahmen gegen die Prostitution bitten wollte, abschlägig beschicken worden ist. Diese Empfindung hindert jedoch nicht, über die neuer dings angekündigte Absicht der Regierung, wieder mit einem der sogenannten lvx Hein he ähnlichen Gesetzentwürfe hcrvor- zutreten, Genugthuung zu empfinden. Der stark bepackte Entwurf erregte in vielen Punclen Bedenken, aber die von ihm in Aussicht genommene strengere Ahndung strafbarer Handlungen, welche Aergerniß erregen und eine besondere Rohheit oder Unsittlichkeit LeS TbälerS bekunden, entspricht durchaus dem öffentlichen NcchlSgefühl. Die vorgcschlagene Verschärfung bestand, wie man sich erinnert, darin, daß dem Verurtheiltcn sür die ersten sechs Wochen der Ein- sperrung eine harte Lagerstätte und als Nahrung Wasser und Brot sollte zudiclirt werden können. Für jeden dritten Tag war die Gewährung der gewöhnlichen Lager ställe und Kost vorgeschrieben. Abgesehen von der deutsch freisinnigen und der socialdemokratischeu Presse sind gegen diese Bestimmungen der lox Heintze Einwendungen nicht er hoben worden. Es wurde vielmehr anerkannt, daß die jetzigen Freiheitsstrafen, namentlich die kürzeren, sür eine zahlreiche Menschenclaffe ein Uebel nicht bedeuten. DaS würde sich ändern, wenn an 28 DEN innerhalb secb» Wochen eine Pritsche als Bett, sowie Wasser und Brod als Nahrung in Aussicht ständen. Die abschreckende Wirkung einer derartigen Vorschrift ist nicht zu bezweifeln. Sie ist leider auch für diejenigen Elemente der „besseren Gesellschaft" nicht über flüssig, die eS lieben, an nächtlichen Passanten auf rohe Weise ihr Müthchen zu kühlen. Die Verschärfungen der lex Heintze waren übrigens keineswegs streng. In England, wo man sich doch auch aus Menschenwürde versteht, ist d>e „nennschwänzige Katze" in Anwendung, in Oesterreich werden „Fasttage und harte« Lager" im weiteren Umfange verhängt, als naK dem deutschen Entwurf möglich gewesen wäre U Berlin, 14. August. Der letzte Jahresausweis der Neichshauplcasse halte ergeben, daß von dem etat-mäßig für da« Jahr 1893/94 auSzesetzl gewesenen NeichSzuschuß zu der Invalidität«- und Altersversicherung in Höbe von 12,6 Millionen rund 1'/» Millionen nicht verbraucht worden waren, vielmehr als Ersparniß betrachtet und mit dazu be nutzt werden kvnnlcn, einen verhältnißmäßig günstigen Ab- fchluß für die NeichScasse zu erzielen. Es ist nun darauf aufmerksam gemacht worden, daß diese Erscheinung sich seit dem Inkrafttreten de« Invalidität«- und Altcrs- vcrsicherungSgesctzeö von Jahr zu Jahr wiederholt hat, und cS ist der Vermuthung Ausdruck gegeben, daß sie auch in dem lausenden EtatS;ahre wiederkehren werde. Dir letztere Vermuthung dürste kaum verwirklicht werden. Tic Erhöhung, welche der betreffende Posten im Etat für 1894.05 gegenüber dem für l893/94 erfahren hat, betragt l,3 Millionen und ist an und für sich schon geringer, als die Steigerungen, welche früher an der gleichen ElatSstelle eingclrelcn sind. Es würde demnach, da namentlich mit einem allgemeinen Anwachsen der Invalidenrente gerechnet werden muß, schon hierin ein au-gleichender Factor gesucht werben müssen. Außerdem aber wird nicht vergessen werden dürfen, daß sür nahezu drei Viertel de» lausenden EtalS- jahreS durch die Ausdehnung der Invalidität«- und AlterS- versicherungSpsticht aus die Hausgewerbetreibenden der Textil industrie eine ganz neue Au-gabe geschaffen ist, welche auf die H>Lbe der Zahlungen aus dem NeichSzuschuß von ganz beträchtlichem Einfluß zu werden scheint. Mil der Aus dehnung der VersichcrungSpflichl haben die über 70 Jahre allen Hausgewerbetreibenden der Textilindustrie daS Anrecht auf Altersrente erworben und, wie ans den Bezirken der verschiedensten Versicherungsanstalten gemeldet wird, ist die Zahl der auS diesen Kreisen aus die AllcrSreute erhobenen Ansprüche durchaus nicht klein. Für diese im ursprünglichen Gesetze nicht vorgesehenen Renten muß daS Reich ebenio wie sür die anderen den Zuschuß leisten. Man wird demnach kaum in der Annahme sehlgeben, daß die im Etat für 1894/95 sür den ReichSzuschuß vorgesehene Summe völlig anfgczchrt werden wird. * Berlin, 14. Augnst. Ter „Fall Haas" beschäftigt noch immer die französische Presse. Unter den mannigfache» Aeußcrungen fallt besonder« eine aus. welche bcrvorbebt, daß eS meist Kundgebungen auS Elsaß-Lothringen seien, welche den schon halbvergessencn Groll Frankreichs immer wieder weckten. Ist daS auch uicht ganz als baare Münze zu ncbmcn — denn an dem Schüren der Revanchelust wirken Loch noch andere Factoren mir — so verdient doch Beachtung, waS die „Straßburger Post" dazu bemerkt. „Die Franzosen möchten", so schreibt sie, „selbst Rübe und Frieden haben. Sic suhlen sich aber auS ihrem Ruhebcdürfniß von Zeit zu Zeit auf- geriittelt durch Kundgebungen, wie den Eintritt des jungen HaaS in Metz in die Schule von Saint-Cyr. Cie be trachten solche Ereignisse als Notbschrcie der Elsaß Lothringer, welchen die Franzosen sich nickt entziehe» zu können glauben. Die Veranstalter solcher Kundgebungen in Elsaß-Lothringen tragen demnach die eigentliche Verantwortung dafür, daß der Krieg nur an einen, Faden hängt, welchen an sich die Franzosen selbst vermiede» sekcn möchten. Und da erhebt sich doch sehr bedeutend die Frage: Ist eS mit der Stellung eines deutschen RcickStagSabgeord- ncten verträglich, dem Feinde Deutschlands Handhaben zur Herbeiführung kriegerischer Verwickelungen dadurch zu gebe», daß sein Verhalten diesem Feinde die — wenn auch irrlhiim- liche — Meinung beibringt, die Elsaß-Lothringer denken Alle wie er?" V. Berlin, 14. August. (Telegramm.) Der Kaiser, der sich fortdauernd deS besten Wohlseins erfreut, gedachte bi« beute Nachmittag »och im Trupvenlagcr zu Aldershott zu verweile», sich gegen Abend mit dem Gefolge »ach GraveSend zu begeben und von dort a» Bord der kaiscrlicke» Hachl „Hobenzollern" die Rückreise nach Deutschland anzutrclen. — Die Kaiserin wird am Donnerstag, den 16. d. MtS., Vor mittags von Schloß Wilhelm-hohe abrcisen und Abend« gegen 6 Uhr auf der Wilvparkstalwn, bczw. im Neuen Palais wieder eintreffen. ^ Berlin, 14. August. (Telegramm.) JnGroß- Lichterfel de war heule bereits im Laufe deS Vormittag« da« stille Heim des Herrn StaatSministerS a. D. Holirecht der Sammclpunct für Freunde und Verehrer dcS Jubilars aus allen BevvlkerungSkreisen und allen Tbcilcn dcS Landes. Den 70jährigen Geburtstag hatte gestern Abend schon ein am Orte bestehender Gesangverein durch ein bübschcS Ständchen vorbereitet. Heute am frühen Morgen rr- össnetc wiederum ein Ständchen, von der Eapcllc des Garde - Schützen - Bataillons auSgeführt, die Festlichkeiten de- TageS. Derselbe halte zwar sehr regnerisch a»ge< sangen, aber Vormittags zertbeilte der frische Westwind daS Gewölk, und bis die ersten Gratulanten vom ncitivnalliberalcn Verein von Groß-Licktcrselde ihren Glückwunsch (in Gestalt einer sehr hübsch auSgesübrtcn Adresse) darbrachten, vcr kündeten freundliche Sonnenblicke, daß da» Fest seinen guten Verlauf nehmen werde. Es folgten zunächst Gratulanten Namen- der verschiedenen Vereine und gemeinnützigen In slitute, denen der Jubilar von jeher mit besonderem Interesse sich gewidmet hat (Pestalozzistiftung rc.). Gegen II Uhr fand sich der Gemcindevorsiand von Groß Lichterfeldc zur Gratulation ein, darauf Oberbürgermeister Zelle und die Stadtverordneten vr. LangerbanS und Gericke, um Namens des Magistrat- und der Gemeindevertretung Berlins ihren Glück wunsch darzubringcn. Dann empfing der Jubilar die Abordnung de« nationallibcralen Centralvorstandes (Abgg.vr. Sattler, von Eynern, vr. Krause, vr. Raydt-Hannover, Stadtrath Marg- graff-Großlichterfeldc und Generalsecretair Patzig), welche den Glückwunsch der Gcsammtpartei und die bereits mit- getbeilte Adresse überbrachle. Der Abg. vr. Sattler be grüßte den Jubilar mit einer Ansprache, in welcher besonder« hervorgeboben war, wie daS Berhältniß zwischen Fübrer und Parteigenossen ein durchaus freies, in den hervorragenden Eigcnsckastcn dcS Einen, in der rechten Wertbschätzung derselben bei den Anderen begründet sei, das Treue um Treue vorauSsetze. Den berzlichen Dank sür die treue Aus dauer, mit der sich Herr Hobrecht seinen Fübrcraufgabcn bis auf diese Stunde gewidmet bade, beantwortete der Gefeierte !'
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