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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.08.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-08-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940820023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894082002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894082002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-08
- Tag1894-08-20
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Wie im Lager der Letzteren die extremen Agrarier den übrigen Mitgliedern durch hochgeschraubte Forderungen Kümmernisse und durch Gründung »euer Blätter Sorge» bereiten, so ge witzen auch im ultramontanen Lager die Landwirlbc durch ihre Ansprüche in immer schrofferen Gegensatz zu ihren nicht- aßrariscken Genossen und ziehen durch ihre Versuche, neue, diese Ansprüche rücksichtslos vertheidigende Blätter zu gründen, den grimmen Zorn der alten Parteiorgane aus sich. Wie stark die Erbitterung jener Blätter ist, kann man aus einem „Politische Maulwürfe" überschriebenen Artikel der „Wcstsäl. Rundsch." ersehen, in dem es heißt: „Ter Classenkamps, der Widerstreit der Wünsche und Strebungen im wirthschastlichen Leben hat sich immer mehr zugespitzt. Die allgemeinen und politischen Interessen sind vollständig in den Hinter- grund getreten, persönliche und Standesvortheile geben allein noch den Ausschlag in Staat und Parlament. Die Selbstsucht beherrscht die Gemüther. Gewiß ist diese Entwickelung der Dinge zu beklagen, aber ändern kann der Einzelne nichts daran. Hier heißt es einfach, mit um die Welte lausen, denn den Letzten beißen die Hunde. Und wer ist immer dieser Letzte gewesen, den die Hunde in die Hacken beiße»?— DerLauer! Gegen ihn, gegen die berechtigtsten Forderungen der Landwirthschaft steht die Großindustrie, im Bunde mit dem gelammten Bürsenanhang, einmüthig La in rücksichtsloser Verfechtung ldrer Sonderinteressen. WaS Wunder.Laß iil den Kreisen der zielbewußlen, selbstständigen Landwirthe immer dringender das Bestreben sich geltend macht, aus eigener Kraft für eine energische Berlretung der allgemeinen Standesintercssen zu sorgen ? Das wichtigste Kamps- mittet aber in der Gegenwart ist unstreitig die Presse, und deshalb ist es selbstverständlich, daß die Gründung von Zeitungen, welche dem Bauernstände dienen, in erster Linie als Bedürfnis; erkannt wird. Diese Berhältnisse sollen nun in der Weise zur Sprengung des Centrums ausgcbeutet werden, daß man ln vorwiegend katholischen Provinzen Reptilienblätter gründet. Dieselben sollen zunächst prunkend bauernsreundlich sein, kräftig räsonnire» und die regierungsfreundliche Tendenz möglichst verschleiern, damit die Bauern nicht zu früh Lunte riechen. In den »kreisen, welche der Regie- rung nahe stehen, setzt man große Hoffnungen aus dieses rassinirte Vor gehen: man hofft zuversichtlich, in nicht zu fernerZeit der Ecntruinspreffe den Boden zu entziehen und die Landbevölkerung mit Sack und Pack ins liberale Lager (!) hinüber zu leiten. Für das Münsterland ist bereits ein „katholisches" Blatt von diesem Schlage init Hilfe der Liberalen, der Freimaurer und der lutherschen Beamten ins Leben gerusen worden. Die Behörden wenden demselben alle Inserate zu, und die liberalen Fabrikanten in Münster, Bocholt, Gronau u. s. w. sammeln für dasselbe Druckausträge. In der Loge ist ausdrücklich die Parole ausgcgeben, das neue „katholische" Bauern-Biatt mit allen Mitteln zu unterstützen. Jetzt wird derselbe Versuch für das katholische Rheinland angekündigt: als Gründer bezeichnet die protestantische „Kreuzzeitung'' die katholischen Abgeordneten Gras Hocnsbroich und Graf von Loö. Das Blatt soll vom 1. Lctobcr ab in Köln erscheinen. Es ist also offenbar Shstem in der Sache. Mit einem neuen Mittel sucht man den alten Lieblingsplan durchzusühren, auf Umwegen das zu erreichen, was bisher, Dank der Wachsamkeit der Katholiken, aus keine Weile zu ermöglichen war: die Spaltung derCentrums- »artei. Bezeichnend ist es, daß es ausnahmslos Mitglieder des Adels sind, welche diesen centrumSfeindiiche» Strebungen ihren Arm leihe». Gerade wie im vorigen Jahre in der Militairfrage die Herren n Ballestrein, v. Huene, v. Prajchma, v. Matuschka, Prinz Arenberg u. s. w. es waren, welche dem Centrum unverhofft in den Rücken fielen, so sind es jetzt v. Schorlemer, v. Hocnsbroich, v. Loö re, die an der Zerbröckelung und Unterminirung des Centrums- Wurmes arbeiten. Wenngleich der Einfluß gerade dieser Männer, deren Namen von früher her im katholischen Volke einen guten Klang hat, nicht unterschätzt werden darf, so ist eine Gefahr für die katholische Sache doch nur dann vorhanden, wenn ihnen gestattet wird, auch fernerhin noch unter katholischer Flagge zu segeln. Wird dagegen ohne Zau dern und mit vollster Entschiedenheit das Tischtuch zerschnitten wischen dem katholischen Volke und den abtrünnigen Inn ern, so werden diese sehr bald erkennen, daß die westfälischen und rheinischen Bauern viel zu rinsichlig sind, um ihnen Vorspann zu leisten zur Erreichung ihrer versteckten, selbstsüchtigen Ziele. Biel- leicht nimmt die bevorstehende Versammlung der deutschen Katho liken in Köln Veranlassung, dem beabsichtigten Bauernfang so gleich gründlich ein Ende zu machen, klar« Rechnung, lieben Freunde!" Wird dieselbe Tonart auf dem Katholikentage in Köln gegen die „Bauernfänger" angeschlagen, so wird das Prä sidium seine liebe Roth haben, am Ende die vielzerübmte Harmonie wieder herzustellen und in einem Schlußtablcau den berühmte» Tburm deü Eentrums im Lichte unzerstörbarer Festigkeit erscheinen zu.lassen. Jedenfalls wird der dem Centrum in der Redemptoristen frage vom BundeSrathe bereitete Sieg stark bcrhalten müssen, um die Partei in ihren eigenen Augen als eine geschloffene und imponircndc Masse erscheinen zu lassen. DaS Machtwort der „Freisinnigen Zeitung", daß der Programmentw»rs der freisinnigen Bolkspartci nicht eher werde veröffentlicht werde», als eS der Programm- commission gefällt, hat die gewünschte Wirkung doch nicht geübt. Die Zeiten, in denen den Weisungen des Herrn Eugen Richter unbedingt Folge geleistet wurde, sind eben unwiederbringlich vorüber. Die „ Volk Szci tung" wenigstens scheint der Parole, den Mund zu halten, nicht folgen zu wollen. Im Gegcntheil: Herr Bollratk, Ehesredacteur der „Volkszeitung" und früher als Abgeordneter einer der treuesten Knappen deS PartcihäuptlingS, sagt der „alternden Minorität" der Partei gehörig die Meinung. Sie habe abgewirthschastet und solle gefälligst der jüngeren Generation, die einen offeneren Blick für die Bedürfnisse der Zeit habe, freies Feld lassen. Die „Alten" seien zu konservativ, um eine Verknöcherung der Partei zu verhindern. Herr Richter antwortet aus diesen scharfen Angriff mit jenem Gcmiscb von Elegie und Spott, das ihm eigen ist, seit die vielen Nieder lagen der Partei seinen Nimbus in so bedenklicher Weise gemindert haben. Er meint, daß die Alte» der Partei gern die „Jungen" an das Ruder laste» würden, wen» sic zu der Ueberzeugung gelangten, daß die Bestrebungen der Reformer in der Mehrheit oder auch nur in einem erheb lichen Theile der Partei Anklang fände». Einstweilen aber sei er noch der Meinung, daß die freisinnige Volkspartci ibre Aufgaben nur erfüllen könne, wenn sie genau auf derjenigen Linie weiter marschire, dieeinzuhaltcn sie immer bemüht gewesen sei. Eine rundere Absage an die „Rcformpläne" läßt sich nickt gut denken. Und da Herr Richter zur Zeit noch die Macht in der Partei hat und die rücksichtsloseste Ausübung seines Einflusses ihm von je eine liebe Gewohnheit ist, so wird wohl auch der Grimm des Herrn Vollrath und seiner „VolkSzcilung" das völlige „Unter den Tisch fallen" der Rcformabsichten nicht verhüten können. Vom gemäßigt-liberalen Standpunkte auS kann dieses Resultat nur als erwünscht angesehen werden. Denn so sicher wir auch sind, daß die „Reformen" weder durchführbar, noch auch ernsthaft gemeint gewesen sind, so kalten wir cS doch für möglich, vaß der Gedanke eines freisinnig - volksparteilich - socialrcformatorischen Programms jene poiitisch unreifen Elemente angelockt hätte, die sich nicht darüber klar sind, daß eine so plötzliche und vollständige Umkehr von altgewohnten Bahnen kein Zeichen der Gesundheit einer Partei sein kann, sondern nurdcrBeweiö eines pathologischen Zustandes ist. Durch das Heranlocken jener unklaren Elemente wäre der Zerfall deS Freisinns zwar nicht ver hindert, aber dock ausgeschobcn worden, denn eS Kälte immer hin einiger Zeit bedurft, ehe die Wähler cingeseken hätten, daß ihnen auck dicsmat wieder taube "Nüsse geboten wurde». Dank Herrn Richters Starrsinn wird nun der beschleunigte Sturz nickt aufgehaltcn werden, und daS ist höchst erfreulich. Denn solange der „Freisinn" noch existirt. wird er nicht aushöre n, den Liberalismus zu compromiltircn. Zwischen dem Fürst-PrimaS von Ungarn Vasznry und der römischen Euric, hat ein Briefwechsel statt- gesunde», der den Primas über die Ansicht des Papstes betreffs der durch die Annahme der Ebczesetzresorm ge schaffenen Situatioi» und der cinzunehmenten Haltung deS Episkopates orientier. Der Fürst Prima« — so behauptet man — werde dieses Schreibe» des Papstes entweder der einzuberusenden BischofSconferenz unterbreiten oder in einem Eireularsckreiben an den Episkopat mitlhcilcn. Im letzteren Falle sei die beabsichtigte gemeinsame Actio» der Bischöfe vorläufig nicht zu erwarten. — Nachdem der Vorschlag des Fürsten LiviuS OdeSealchi aus Gründung einer conservativen „Mittelpartci" selbst in klerikalen Kreisen Ungarns wcnig Anklang gesunden, versuchen cS die rcsormscindlichen kreise mit einer anderen Parieigründung. Eine in vielen Tausend Exemplaren ge druckte Proclamation fordert zur Bildung einer „ungarischen Volkspartci" auf, die aber nichts anderes wäre als eine klerikale. Die Proclamation verspricht dem Volke die schönsten Dinge. Den kleinen Grundbesitzern, Handwerker» und Arbeitern werden billiger Staatscredit, Nichtexcquirbarkeit des Besitze-, Einschränkung der Gewerbesreiheit, staatliche Vorschuß- und Pensionscojsen und ArbeitS-Beriiiitlclungs-Anstaltcn versprochen. Dazu sei es aber nvlhwendig, die Fahne der „neuen Bolkspartei" unverzüglich zu entfalte», denn nach den überraschenden Wendungen der letzten Zeit sei es jcbr wahrscheinlich geworden, das; die Auflösung des Ab geordnetenhauses und Ausschreibung von Neuwahlen unvermeidlich sein würde». Damit die „Gegner von Glauben und Religion" nicht wieder siegten, müsse sich die neue Partei mit dem Losungs wort. „Gott, König und Vaterland" schleunigst constituire». Diese Partei werde alle Anstrengungen machen, um „die Abschaffung der dem Gesetze Gottes widersprechenden Gesetze" durchzufetzen. Bleibt die Haltung deS höheren ungarischen Klerus wie > 'her, so dürste die neue „Volkspartci" der Regierung tau»; sonderliche Schwierigkeiten in den Weg legen. — In Böhmen beabsichtigt man deulschliberalcrseitS auf die Grün düng deS vorwiegend dcutschnationalcn „Bundes der Deutschen Böhmens" diejenige eines „Bundes der Deutschen deS nordwestlichen Böhmens" folgen zu lassen. Es bleibt nur zu wünschen, daß die Deutschen Böhmens nicht vor lauter „Bünden" sich ernstlich untereinander streiten. Es wird denn auch von mehreren Seite» der dringende Wunsch geltend gemacht, daß bald eine Ber- traucnömäniicrversammlung rer Deutschen Böhmens zu- sainmentrete und über eine eventuelle Parteiorganisation, sowie darüber schlüssig werde, welche Persönlichkeit an Stelle des verewigten Ilr. S:chmcykal definitiv an die Spitze deü ExecutivconiitöS der Vertrauensmänner zu berufen sei. Es wird nicht leicht sein, einen Schmcvkal zu ersetzen, aber man wird einen Ersatzmann finden müsse». Professor Knoll soll hierzu bereits in Aussicht genommen worden sein, jedoch sich sehr rcscrvirt gczccgt haben, da zwischen ihm und dem der zeitigen Finanzminister 1>r. von Plcncr schon seit längerer Zeit gewisse Meinungsverschiedenheiten obwalten. Zu den zahlreichen Gruppen, welche sich im sranzösisckr» Parlament in letzter Zeit — nicht zum Vortbeil der Regie rung — gebildet haben, ist soeben eine neue unter Führung des radicalcn Abgeordneten Bazille getreten. Dieselbe ist insoscr» von Bedeutung, als sie eine ganze Reihe bis dahin „unab- bängiger" Abgeordneter, die aber bis vor Kurzem fast immer für daS Eabinet Diipuy »nt die Politik dcS Elysäe gestimmt batten, zu einer Fraktion zusamnienfaßt, deren Programnl vielfach in direktem Widerspruch zu der RegierunzS- politik stcdt, und da die Gruppe zwischen der radi kale» und socialistisckcn Linken einerseits und den Regierung« - Republikanern andererseits steht, so scheint sic berufen, in mcbr den» einem Falle in den kommcn- ke» parlamentarischen Kämpfen den Ausschlag zu geben. Vielleicht wird dann Casimir-Pcrier zur Auslösung der kanimcr, die sich überdies aus anderen Gründen austrängt, schreiten müssen. Die neue Gruppe steht rechts, nicht nur von den Socialdemokrate» und der „äußersten Linken", sondern auch von den „soeialistischcn Radicalcn" unter Goblct. Sie selbst nennt sich „Gruppe der republi kanischen Reform er" und repräsenlirt die letzten Reste des alten radicalcn Programms. Sic fordert: Administrative Deeentralisation, volle Vereins- und Ecaliiions-Freikeit, Regelung der Beziehungen von Kirche und Staat. (Die einstige radikale Forderung der Trennung Kat sie als überlebt aufgegcbcn) Verkürzung des MilitairdiensteS; radikale Steuerreform aus ("rund des PrineipS, daß die Steuerlasten auf Eapital, Rente und Erbschaften zu ver- theiien seien, der kleine Man» und der Arbeiter aber steuer frei bleiben müßten. Schutz der Frauen- und Kinderarbeit. Freie und völlig »ngcbintcrlc Organisation der Arbeiter zur Vcrlbcikiguiig ihrer Rechte, SiaalSschutz gegen die Monopole und Finanz-Ringe u. s. w. Nanicnitich die letzteren For derungen setzen die (Kruppe in Widerstreit mit dem Elysöe. — Die Erkrankung des Minisicrpräsitciitcli Diipun scheint nach de» jüngste» Nackricklen nicht in Zusammenhang mit anarchistischen Allcntalcn aus sein Lebe» zu sichen. Sein Znstanb bessert sich zusehends, so daß bald eine völlige Ge nesung zu erwarte» ist. Die Aushebung des Belagerungszustandes in Licttir» und die in Anssickt gestellte tbeilweise Amnestie baden in Italien de» beste» Eindruck hervorgeruscn, und in ganz Sicilien habe» Demonstrationen für CriSpi staltgefunten, der eS verstanden bat, in verhäliiiißmäßig kurzer Zeit die so arZ gefährdete Ruhe und Ordnung aus dieser seit Langem vom revolutionären Geiste kurckwüblten Insel wieder bcr- zusteUen. ES gilt nun, die Wunden zu heilen, die dem Handel und Wandel in jenen von der Natur so reich aus- gcstatteten Gegenden geschlagen wurden, »nt mit nnerbitt sicher Strenge die revolutionäre Propaganda zu bekämpfen, die in Sieisic» so große AnSdobnung gewonnen batte, daß die Ruhe im ganzen Lande gefährdet war, und daß eö ohne die außerordciitsichc Energie der Negierung bei nahe zu einem Bürgerkriege gekommen wäre. Die letzten Ereignisse vor dem Ausbruche der revolutionären Bewegung i» Sicilien haben dargetba», das; die polilische Verwaltung in jener Provinz nicht auf der Höbe ihrer schwierigen Aus gabe stand, so daß die von EriSpi vorgcnommencii zahlreichen Veränderungen im Personale der höheren administrativen Acmter die Voraussetzung für eine Besserung der aus der Insel herrschenden Zustände bildeten. Außer der Roinagna gicbt cS in Italien wobl keine Provinz, in welcher die Be völkerung so schwer zu regieren wäre, als Sicilicii. wo politische und persönliche Leidenschaften in solchem Maße herrschen und der Ebaraktcr der Bevölkerung so scbr zu Allssckreituligcn lnnncigl. Es ist daher keine leichte Sache, für die politische Verwaltung SicilicnS geeignete Functionaire zu finden, welche den Tacl, die Gewandtheit und die Energie besitzen, die erforderlich sind, um die Bevölkerung in Schranke» zu halten und bedenkliche "I Sein Weib. Roman frei nach dem Englischen von Emil Bernseld. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) DaS Diner verlief ziemlich still, es war, als ruhe ein trübe« Licht auf der ganzen Versammlung und als sei kein einziger der Gäste in guter Laune — wenn wir natürlich Markbam auSnchmen, der an Annettes Seile in stiller Wonne schwelgte. Dr. Ncwbott, welcher die Stimmung nicht verkannte und der in dieser Situation keine günstige Gelegenheit zur Verfolgung seiner Pläne sab, war der erste, der, und zwar sehr bald nach Tische, unter dem Vergeben, daß er noch einen Krankenbesuch zu machen babc, zum Ausbruch schritt. Jane sah noch, wie Falconcr, der Annette bisher gemieden batte, doch sie nicht kränken wollte, einige Augenblicke seitwärts eifrig zu ihr sprach und wie daS Gesicht des jungen Mädchens Labe; crröthete und sich verklärte und webmüthig glücklich lächelte — dann verschwand sie aus dem Zimmer die Hand aus ibre Brust gedrückt, hinwegzucilen in irgend ein einsames Gemach, um allein zu sein und ihren Thränen — ach, wenn auch nur auf einen einzigen Moment — freien Laus zu lassen. Als Annette einige Minuten später in glückliche Gedanken vertieft — denn Falconer batte von Markbam zu ihr gesprochen, von seiner Liebe, seiner Bravbeit und den guten Aussichten, welche er durch seine Tüchtigkeit sickerlich für daS Leben brbe — als Annette in glückliche Gedanken verliest das Garderobezimmer betrat, um ibre Toilette zu machen, sank sie ein junges Mädchen in remselben anwesend, das seitwärts aus einem Kanapee saß, den Kops abgcwendet und aus die Lehne deS kleinen SopbaS gelegt, daS Gesicht in den Händen vergraben, ohne ihren Eintritt zu bemerken. Ein leichtes Veden durchlief zuweilen den schlanken Körper, als ob sie leise schluchze. Annette erkannte im Augenblick nicht, vaß cS die Gestalt der jungen Dienerin sei, die ihr zuvor beim Ablegen ihrer Sachen behilflich gewesen. Stützend über die Anwesen heit einer Leidenden, wofür sie dieselbe hielt, trat sie näher und berührte mit der Hand theilnehmend ibre Schulter. „Fehlt Ihnen etwas '?" sagte sie sanft. „Sind Sie krank?" Jane richtete sich hastig empor und blickte verwirrt um sich. Ihre Augen waren vom Weinen geröthet, ihr Gesicht bleich. Sie erkannte Annette und crrötbete lebhaft; rasch strich sie mit der Hand ordnend über ihr Haar, denn sie hatte daS Dicnerinhäubchen, daS sic getragen, abgelegt, um ihren schmerzenden Kopf besser ruben zu können, und erhob sich, der Hinzugetretcnen erschreckt, schüchtern ihre Verbeugung machend, mit niedergeschlagenen Augen und verhaltenem Athen». Annette sah mit Erstaunen die Schönheit und bescheiden wundervolle Haltung de« jungen Mädchen«, das sie jetzt erst als die Dienerin erkannte, die bei Tische aus gewartet und den Damen in der Garderobe geholfen. „Sind Sie nicht wohl, armcö Kind", sagte sie tbeil- nchmend noch einmal. „Sic sollten ruhen! Ist Ihnen etwas zugcstoßcn? Ich hoffe nickt!" „Ob nicht« — cS ist nichts!" entgegnete Jane hastig. „Ich bin nur etwas müde, wir halten viel zu thun — dars ich dem Fräulein beim Ankleiden helfen ?" „Danke, danke Ihnen — lassen Sie! Sind Sie schon lange hier Dienerin?" „Erst kurze Zeit. — Befehlen Sie Ihre Ueberschuhe, Miß? Soll ich Jbnen beim Anlegen behilflich sein?" Annette begriff, daß die Zurückhaltung dcS Mädchen«, mit der dasselbe ihren Fragen auSwich, einer Fremden, ihr Fernstehenden gegenüber gerechtfertigt sei und unterdrückte tactvoll weitere Fragen. Aber ein lebhaftes Gefühl der Sympathie und Tbcilnahme, daS sich ihr für dieses schöne, offenbar von Kummer gedrückte junge Mädchen ausdrängte, ließ sie beim Geben innchaltcn, sich nock einmal zu ihr zu rückwenden und freundlich zu ihr sagen: „Sie leiden, arme« Kind. Sie haben Kummer. Ich bin schon die Freundin manches bedrückten Herzens gewesen. Ich hoffe Sie wieder - Zusehen. Mein Name ist Annette Ncwbott. Kommen Sie zu mir, wenn ich Ihnen helfen kann." Jane neigte stumm den Kops mit einer Bewegung, wie eS Annette schien, der leisen Ablehnung. XV. Einige Tage nach dem Diner erschien vr. Ncwbott zum Besuch bei Falconer Thrale, blaß, schlaff, hinfällig, wie immer in letzter Zeit — heute vielleicht noch etwas mehr als sonst — aber mit demselben versteckten Lodern und Glühen wie immer in den lauernden, rastlosen Augen. Falconer hatte Mühe, den Ausdruck der Verachtung zu unterdrücken, der sich in sein Gesicht drängte, als er den ihm vknig willkommenen Gast erblickte. Der Doctor war ihm nie sympathisch gewesen, er ahnte längst den Grund von dessen zerstörter Gesundheit, und was er jüngst von Evcrett über den Mann und die ausgesprochen verfolgten Absichten und Pläne desselben gehört, hatte nicht dazu gedient, ihm venselben angenehmer erscheinen zu lassen. „Guten Tag, Doctor Ncwbott", grüßte er ihn kühl. „Nehmen Sie Platz." „Guten Tag, Mr. Thrale!" erwiderte der Doctor. „Wahr haftig, ich glaube ich bin ein bischen abgespannt. Man über arbeitet sich; ich mußte Rübe haben." Er warf sich in den nächsten ihm bereit stehenden Stuhl. Seine zitternden Glieder, sein unsteter Blick, den er suchend auf dem Tisch umhcr- schwcisen ließ, sagten Falconer, wessen er bcdürse. Er sckcllte und befahl dem cintrctendcn Simpson, daö Brandy - Service und beiße« Wasser zu bringen. „Ah, ich tanke Ihnen, Mr. Tbralc", nickte der Doctor befriedigt. „In der Tbat, ein kleine« Reizmittel wird mir gut tbun Ich bin erschöpft; man überarbeitet sich." Er füllte.sich ein Glas mit Rum aus dem Service, das Simpson vor ihn nicdergesetzt, und trank cs aus. Dann mischte er sich mit dem beißen Wasser ein GlaS starken Grog«, daS er in kurzen Zwischenräumen gleichfalls hastig leerte. Das scharfe Reizmittel belebte ibn und gab ihm seine Kräfte für de» Augenblick wieder. Seine Stirn klärte sich aus, sein Blick gewann an Stetigkeit und sein Sprechen und Auftreten wurde sicherer. „Ab, das hat mir wohlgethan!" sagte er, sich behaglich dehnend und sich in seinem Stuhl bequem zurccktsetzend. „Man ist nicht mehr so jung, wie man war, man bedarf der Stärkung. Wahrhaftig, ich glaube, eö ist Zeit, daß ich aushöre zu arbeite» und mich vom Geschäft zurückziehe, lieber Thrale." Folconer zog ein wenig verwundert die Augenbrauen in die Höhe und blickte aus den Doctor hin. Diese freundschaft liche Anrede „lieber Thrale" inißsicl ibm; er liebte solche Vertraulichkeit von dem Manne nicht, und schien, da sic nicht die zwischen ibncn gebräuchliche war, eine besondere Richtung auzudeuten, welche der Doctor dem Gespräche zu gebe» beabsichtige. „Ja, in der Tbat", fuhr dieser nach einigen Angenblicken, anscheinend alle seine Worte wobl abwägend, fort: „ich muß aus Ruhe denken. Ich habe mich überarbeitet und bin ner vös geworden, — die Wahrheit gestehe» — habe ich be reit« zu Reizmitteln greisen müssen, um »tick ausrecht zu erhalten und meinen Pflichten genügen zu können. DaS untergräbt meine Gesundheit — in der Thal, ich bm eS mir selbst schuldig, nicht länger zu zögern, sonder» die Ebanecn, die sich mir biete», wahrziinehmen und mich für den Rest meines Lebens der woblvcrdienten Erholung binzugebeii." „Ganz recht", erwiderte Falconcr kühl, indem sein Blick und der Ton seiner Stimme zn fragen schienen, was dies Alles ihn angehe? „lind was Weiler?" „Wenn ick meine Praris, die eine sebr gute ist, verkaufe, werde ick genug daraus lösen, »m mit Behaglichkeit leben zu können. ES kommt nur daraus a», einen Käufer zu finden — und ich habe ibn gefunden!" „Ich gratulire Ihnen", dcmcrkte Falconer trocken. „ES freut mich, das; Sie das th»»". entgegnete der Doc tor ruhig, denn ich muß Ihrer Meinung darüber einen besonderen Wcrlb beilegen. Der Käufer, den ich ins Auge gefaßt, sind sic selbst." „Ick?!" ries Falconcr erstaunt. „Eben Sic Der Plan kann nicht verfehlen, Ihre Billigung zn finde». Sie sind Mcdiciner. Sie besitzen gelehrtes Wisse» und haben eingehende Studien gemacht, Sic sind gerade der Mann dazu, das Werk meines Lebens sortzusübrcii. Ich biete Ibncn meine PrariS zum Kauf an — sic ist noch immer eine vortreffliche — und ich entspreche dam» den Ab sichten Ihres Vaters, der immer wünschte, Sie als Arzt zu sehen. Kausen Sic meine Praris, so daß ich einer behagliche» Rübe pflegen kann, und Sic werden den Dingen »ach allen Seilen bin die teste Erledigung gegeben haben." Falconcr starrte den Doctor an, nickt wissend, ob er lacken, oder über die Unvcrsckämtbcit des Mannes, der kaltblütig von ibm forderte, daß er ibn in den Stand setze, sich >n be haglicher Rnbe von den Geschäften zurückzuzicben. ausbrauscn solle. Allein ein geheimes Etwas in dem Auftreten Ncwbott'S und besonders in dem cigciiihnmlickcn Schlußsätze seiner Rede sagte ibm, daß hinter den Worten dcS Dcclors mehr ver borgen liegen müsse — Etwas, das zur Zeit »och nicht darin ausgesprochen war. nud das dem Manne seine Sicherheit und Keckheit verlieh. Falconcr wünschte daS zu erfahre». Er hielt an sich. „Ihr Plan übcrasckt mich, Doctor Ncwbott", sagte er scheinbar gelassen. „Ich bin reich; ich bedarf keines geschäft lichem Arrangements wie der Mann von Berus, der von seinem Erwerbe leben will. Weshalb sollte ich eine Praxis kausen?" (Fortsetzung solgl.)
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